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Trikotagenhersteller bei Chemnitz. Kleiner Laden,
gute Leute, verstaubte Technik, wenig Perspekti-
ve. Denn das Gros der Branche schneidet und näht
schon längst in Südostasien. 15 Mitarbeiter sind
es zu Beginn, eine kleine Ausgründung aus einem
einstmals großen Wäschekombinat.
Das Projekt wirkt wenig überzeugend, fast
halsbrecherisch. Für den ersten Kredit muss Jass-
ner sein Haus im heimischen Ostalbkreis belei-
hen. Doch der Mann glaubt an seine Marktnische:
modische Markenunterwäsche für Männer statt
Einheitsware. Eine Lifestyle-Marke aus Chemnitz?
Selbst Anfang der Neunziger ist so was noch echtes
Neuland, Marken wie Calvin Klein sind bestenfalls
ein exotisches Mitbringsel aus New York. 15 Euro
jährlich investiert der deutsche Mann zu dieser
Zeit in seine Slips, 27 Euro sind es bei den Frauen.
Und als Jassner dann auch noch den Firmennamen
„bruno banani“ ins Handelsregister eintragen las-
sen will, bekommt er vom zuständigen Sachbear-
beiter erst mal eine Abfuhr: „Einen dümmlicheren
Namen hätten Sie sich wohl nicht einfallen lassen
können.“ Zu unseriös, geht nicht.
Geht dann aber doch. Und innerhalb weniger
Jahre gelingt es Jassner, den vormals notleiden-
den Ostbetrieb mit neuem Sortiment nach vorn zu
bringen. Aus dem Stand heraus schafft er schon im
ersten Jahr zwei Millionen D-Mark Umsatz, zehn
Jahre später sind es 40 Millionen Euro. Mitunter
kommen die Aufträge so schnell rein, dass Jass-
ner eine Neukundensperre verhängen muss.
Dafür muss man verrückt sein. Etwas zumin-
dest. In einem Ultraleichtfl ugzeug die Welt
umrunden. Zwei deutsche Hobbyfl ieger,
Andreas Zmuda und Doreen Kröber, sind so seit
Jahren unterwegs. Sie haben alles aufgegeben
daheim in Deutschland, das ganze Leben auf ein
fl iegendes Dreirad und zwei Gepäcksäcke konzen-
triert. Im Sommer 2012 sind sie in Florida zum Aben-
teuer ihres Lebens gestartet, bruno-banani-Wäsche
im Sack und das Firmenlogo des Sponsors auf der
Tragfl äche. Seitdem wird weltweit berichtet von
den beiden Berlinern in ihrer fl iegenden Kiste und
ihrem Geldgeber, der Wäschefi rma aus Deutsch-
land. Medienwert? Unbezahlbar.
Die Geschichte von bruno banani schmückt jede
Marketing-Vorlesung. Sie handelt vom Aufstieg des
vormaligen kleinen VEB Trikotex bei Chemnitz zu
einem globalen Fashion-Label. Und von einem
schwäbischen Manager, der in den Osten geht,
um sich selbstständig zu machen und dort ausge-
rechnet in die sich auflösende Textilindustrie zu
investieren. Es ist die Geschichte eines Mannes,
der die Deutschen rausholen will aus dem Feinripp.
Es ist die Geschichte des heute 73-jährigen Unter-
nehmers Wolfgang Jassner, der das Unternehmen
gemeinsam mit seinem Sohn und einem Manager
führt und bis heute die Wirksamkeit intelligenten
Marketings beweist.
Und das ging so: 1993 übernimmt der vorma-
lige Textilmanager Jassner als Mehrheitsinvestor
gemeinsam mit einem ostdeutschen Partner einen
Die Shorts fürs WeltallGroße Marketing-Gelder hat nicht jeder. Muss auch nicht. Der Textilunternehmer Wolfgang Jassner zeigt mit seiner Marke bruno banani, dass sich Aufmerksamkeit und Bekanntheit auch bei überschaubarem Budget gewinnen lassen. Wenn es denn clever investiert wird
Wolfgang Jassner hat einen einfachen Rat: „Seien Sie einfach anders als die anderen.“ Mit diesem Rezept macht er inzwischen einen dreistelligen Millionenumsatz
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Für „bruno banani“ gab’s vom Handelsregister-Beamten
erst mal eine Abfuhr
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entsteht die „Perfactory“, ein cooler Glasblock,
ausgelegt auf hohe Verarbeitungsqualität und
effi zienten Workfl ow für rund 35 Näherinnen und
die Verwaltung. Vom Chefbüro zur Fertigung sind
es nur ein paar Schritte. Und 2014 schafft das Un-
ternehmen erstmals mehr als 100 Millionen Euro.
Von Anfang an setzt Jassner auf den Aufbau ei-
ner Marke, einer „fetzigen“ Marke, wie er es nennt.
Nur: Große Marketing-Budgets sind nicht vorhan-
den – spektakuläre Ideen dafür schon.
Gemeinsam mit dem schwäbischen Marken-
experten und Werber Gerhard Fischbach, der Jass-
ner über viele Jahre begleiten wird, entwickelt er
„Extremtests“ für Unterwäsche. Es sind meist et-
was schrille PR-Events, zum Teil ähnlich jenen der
Getränkemarke Red Bull. Einen „Space Test“ mit
bruno-banani-Unterwäsche in der Raumstation
MIR („erste Designermarke-Unterhose im Weltall“),
ein „Speed Proof“ („schnellste Designermarke der
Welt“). bruno banani ist die erste Designermarke
auf dem Mount Everest, reist 10 000 Kilometer
durch die Wüsten Afrikas, durchläuft Drucktests
in den Tiefen des Bermudadreiecks und Crash-
tests beim TÜV. 2009 verspricht das Unternehmen
eine „Abwrackprämie“ für alte Unterwäsche. Das
schräge Kampagnen-Motiv mit leicht bekleideter
Kanzlerin und Kabinett schafft es sogar ins Bonner
Haus der Geschichte. Und im Februar 2014 schickt
bruno banani einen Rennrodler von der Südsee-
insel Tonga an den Start zu den Olympischen Win-
terspielen in Sotschi. Der Mann heißt auch noch so
wie die Firma, die Geschichte von dem dunkelhäu-
tigen Rodler aus dem Südpazifi k, gesponsert von
einer deutschen Wäschefi rma, geht um die Welt.
Das Ergebnis der spektakulären Turnereien ist
eine starke, weithin bekannte und vielfach prä-
mierte Marke: bruno banani kennen heute rund
zwei Drittel aller Deutschen, bei den Jüngeren liegt
die Markenbekanntheit sogar bei 90 Prozent. Die
MIR-Aktion bringt Jassner in New York einen Award
für eine der effektivsten Werbekampagnen welt-
weit. Seine Zielgruppe defi niert er nicht über Alter,
Einkommen oder Sinus-Milieus, sondern nennt sie
Als überzeugter Anhänger der sogenannten
engpasskonzentrierten Strategie fokussiert er sich
zunächst nur auf Design-Unterwäsche für Männer.
Und er ist schnell: Nach 1000 Tagen gehört er in
seinem Marktsegment bereits zu den drei führen-
den Anbietern. „Wir haben den schlafenden Markt
erweckt“, sagt der Gründer. Weltmarken wie Calvin
Klein, Hugo Boss oder Joop laufen hinterher. Sechs
Jahre nach Start baut Jassner eine völlig neue Fer-
tigung und Verwaltung auf der grünen Wiese. Es
bruno bananis Werbung mit Politikern schaffte es bis ins Bonner Haus der Geschichte (links). Das Tages-geschäft übernimmt inzwischen Jan Jassner gemeinsam mit einem ange-stellten Manager
Starke Marke: Lizenzen machen heute die Hälfte des Umsatzes aus
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einfach „young-minded“. „bruno banani“, hat das
Wirtschaftsmagazin „brand eins“ einmal geschrie-
ben, „ist der Thomas Gottschalk der Unterwäsche-
Industrie: eine Spur zu laut, volksnah, mit Hang
zum Stil-Exzess – und genau deshalb erfolgreich.“
Um seine kleine Wäschemarke groß zu machen,
investiert Jassner bis zu 15 Prozent des Umsatzes
ins Marketing. Für einen Mittelständler ist das eine
Menge. Doch man muss auch nicht die Budgets von
Coca-Cola bewegen, um Gehör zu fi nden. Sein Rat:
„Seien Sie einfach anders als die anderen.“ Das
ist ihm gelungen. Schon 2000 kann bruno banani
seinen Namen per Lizenzvergabe zu Geld machen.
Nach Jahren spektakulärer Events steht die Marke
nun auch für Innovation, Farbe, Humor, Kreativität
und Frische. Und ist begehrt bei Lizenznehmern,
die damit ihren No-Name-Produkten eine junge
Markenaura geben.
Wachstumspotenzial im Ausland
Heute macht bruno banani über 50 Prozent des
Umsatzes mit der Vergabe von Fertigungsrechten
an 15 Lizenznehmer quer durch alle Branchen: Ta-
schen, Bettwäsche, Brillen, Handtücher, Schmuck,
Schals, Deos, Socken, Schuhe. „Wir sind eine Life-
style-Marke“, sagt Jassner, „und nur noch nebenbei
ein Hersteller von Underwear.“ Denn in der kleinen
Chemnitzer Manufaktur steckt wenig Wachs tums-
potenzial. Rund neun Minuten dauert es, bis ein Paar
Shorts zugeschnitten und ganz traditionell an der
Maschine genäht ist. Rationalisierungspotenzial:
null. Deshalb entsteht nur ein Teil der Herrenwä-
sche und Bademoden in Eigenfertigung, alle ande-
ren Textilien werden zugekauft. „Wir müssen froh
sein“, sagt der Gründer, „wenn wir diese Produktion
auch in Zukunft in Deutschland hinbekommen.“
Ja, die Zukunft. Der Senior ist nach eigenen
Worten „immer noch voll dabei“. Er selbst konzen-
triert sich auf die Themen Strategie und Marke, sein
42-jähriger Sohn Jan und ein angestellter Manager
steuern das Tagesgeschäft. Jährlich fünf Prozent
Wachstum ist das ausgegebene Ziel, das klingt
machbar. Jassner junior übernimmt ein kernge-
sundes und beruhigend durchfi nanziertes Unter-
nehmen, doch auch er muss sich neuen Herausfor-
derungen stellen. Der Aufbau eigener Filialen im
europäischen Ausland ist eines der Ziele, denn bis-
lang generiert Deutschland zwei Drittel des Umsat-
zes. Zugleich verändert sich der Einzelhandel, rund
1000 Textilgeschäfte gehen jedes Jahr bundesweit
aus dem Markt. Die Fachhändler mit Point-of-Sale-
Aktionen stärken ist eine Antwort. Eine andere der
Aufbau eigener Filia len und Outlets. Neun bruno-
banani-Stores gibt es inzwischen, weitere werden
folgen. Und 15 Prozent des Umsatzes laufen inzwi-
schen über die eigene Online-Plattform, auch das
noch nicht das Ende der Planung.
Die Unterhose hat inzwischen einen weiteren
„Extremtest“ bestanden: Ein Stuntmann ist mit ihr
im Filmpark Babelsberg auf einem Motorrad durchs
Feuer gerast. „Die Marke hält ihre Flughöhe“, sagt
der Senior zufrieden, „sie ist dort, wo sie hinsoll.“
Auch Andreas Zmuda und Doreen Kröber haben
ihre Reisefl ughöhe noch nicht verlassen. Ihr Aben-
teuer in der fl iegenden Kiste haben sie gerade erst
verlängert, Ende offen. Ein paar fl iegerische Welt-
rekorde sind schon gebrochen, ein paar sollen noch
folgen. Und bruno banani bleibt an Bord.
STEPHAN SCHLOTE
WEITERE INFORMATIONEN
Buchhinweis: „Not for Everybody. Die Erfolgs-
geschichte von bruno banani“. Wiley-VCH 2013
Handarbeit: Am Standort Chemnitz wird nur noch ein Teil der Produktion gefertigt, der Rest zugekauft. Neun Minuten dauert die Herstellung eines Paars Herrenshorts
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