neues buch: vom coffein zum furosemid von silvia rau

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Das Buch besticht nicht nur hin- sichtlich seines didaktischen Aufbaus, vielmehr schließt es vor allem eine Lücke für Studierende der Ernährungs- wissenschaften, der Pharmazie und Medizin.Aus der kaum mehr zu über- blickenden Fülle des Stoffes der Bio- chemie und Molekularbiologie wur- den jene Stoffgebiete ausgewählt, die für das Verständnis ernährungsbioche- mischer Zusammenhänge essenziell sind. Fazit: Für Studierende der Pharma- zie, aber auch für Apothekerinnen und Apotheker sollte dieses Buch zur Stan- dardlektüre gehören. Es lohnt sich in vielerlei Hinsicht. Manfred Schubert-Zsilavecz, Frankfurt 338 | Pharmazie in unserer Zeit | 31. Jahrgang 2002 | Nr. 3 NEUE BÜCHER | Silvia Rau | Pharmaziehisto- rische Forschun- gen | Bd. 4 | Pe- ter Lang GmbH | Europäischer Verlag der Wis- senschaften | Frankfurt a. M., 2001 | ISBN 3-631-37901-3 | f 35,30 Gertrud Rehner und Hannelore Daniel | 2. über- arbeitete und er- weiterte Auflage Spektrum, Aka- demischer Verlag 2002 | ISBN 3-8274-1157-2 | f 49,95 Vom Coffein zum Furosemid Entdeckung, Erforschung und Entwicklung der Diuretika im 19. und 20. Jahrhundert Diuretika gehören bei der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den wichtigsten Arzneimittelgruppen; sowohl bei der Bluthochdruck- als auch bei der Herzinsuffizienztherapie sind sie unverzichtbar. Es ist das Ver- dienst von Frau Dr.Rau,dass sie sich im Rahmen ihrer bei Prof. Dilg in Marburg durchgeführten Dissertation der Auf- gabe unterzogen hat, die historische Entwicklung dieser Pharmaka zu un- tersuchen, und mit der Veröffent- lichung ihrer Doktorarbeit nun ihre Er- gebnisse einer beiteren Öffentlichkeit zugänglich macht. In einem einleitenden Kapitel wird von ihr zunächst die Herkunft des Wor- tes Diuretikum erläutert, danach die Verwendung von Pflanzen als harn- treibende Mittel abgehandelt, die al- lerdings, wie Frau Dr. Rau zurecht er- wähnt, ihren therapeutischen Stellen- wert weitgehend verloren haben. Es folgt ein ausführliches Kapitel über die Entwicklung der Purine Cof- fein,Theobromin und Theophyllin als diuretisch wirksame Arzneistoffe.Es ist interessant nachzuvollziehen,wie sich die Auffassungen über diese Wirkstof- fe und zugleich deren Indikationen in den letzten Jahrzehnten geändert ha- ben. So ist beispielsweise Theophyllin als Diuretikum zwar obsolet, als An- tiasthmatikum dagegen nach wie vor bedeutsam. Ein weiteres, ebenfalls sehr umfangreiches Kapitel ist den Queck- silberverbindungen gewidmet. Man kann, ja sollte darüber erschrecken, wie diese hochgiftigen Schwermetall- salze mehrere Jahrhunderte hindurch bei verschiedenen Krankheiten weit- gehend unkritisch eingesetzt wurden. Im letzten Teil ihrer Arbeit geht Frau Dr.Rau auf die heute verwendeten Di- uretika ein. Sie beschreibt den Weg vom Farbstoff Sulfachrysoidin (Pron- tosil ) über das farblose Sulfanilamid (Prontalbin ) zu Acetazolamid (Dia- mox ), den Thiaziden und Thiazid-Ana- logen bis hin zum Furosemid (Lasix ). Darüber hinaus macht sie noch eine Reihe weiterer Entwicklungslinien, z.B. die der Cycloamidine, der Aldo- steron-Antagonisten oder von Tienyl- säure, deutlich. Es bereitet intelektuellen Genuss, die Dissertation von Frau Dr. Rau zu lesen, die von ihr erläuterten Entwick- lungslinien nachzuvollziehen,sich klar- zumachen, dass bei der Entwicklung der modernen Diuretika wie bei kaum einer anderen Arzneistoffgruppe Zu- fall,Intuition und systematische Suche zusammenkamen.Auf jeder Seite wird deutlich, dass gründlich recherchiert wurde. Naturgemäß und verständli- cherweise nimmt bei einer Dissertati- on aus dem Bereich der Pharmaziege- schichte die Vergangenheit einen größeren Raum ein als die Gegenwart. Vielleicht könnten in einer – wün- Biochemie der Ernährung Zwei Jahre nach dem großen Erfolg der ersten Auflage der „Biochemie der Ernährung“ haben die beiden Autorin- nen eine Überarbeitung und Erweite- rung des Lehrbuches vorgenommen, welches nunmehr druckfrisch vor- liegt. Die bewährte Gliederung in einen ausführlichen zellbiologischen Teil und einen zweiten Teil, der den Stoff- wechsel der Nährstoffe unter Berück- sichtigung der Organspezifität behan- delt, wurde auch in der neuen Auflage beibehalten. Einige Kapitel – insbe- sondere im zellbiologischen Teil – wur- den neu gefasst, viele Abbildungen auf den neuesten Stand gebracht. Die zweite Auflage enthält außer dem Haupttext so genannte Exkurse, die einzelnen Kapiteln zugeordnet sind, ohne direkt in den Haupttext in- tegriert zu sein. Diese Darstellungsart wurde gewählt,um die Kontinuität des Haupttextes zu wahren, anstatt ihn durch Details zu überfrachten. Die Ex- kurse befassen sich u.a. mit oxidativem Stress und seiner biologischen Ab- wehr, mit spezifischen Fragen der in- testinalen Resorption, mit den mole- kularen Grundlagen des Sauerstoff- transportes sowie dem Ethanolstoff- wechsel. Aus nachvollziehbaren Gründen wurde die Pathobiochemie der Ernäh- rung nicht berücksichtigt, abgesehen von kurzen Hinweisen. Dieses Gebiet ist tatsächlich so umfangreich, dass eine zufriedenstellende Behandlung den Umfang des Lehrbuches sprengen würde.

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Page 1: Neues Buch: Vom Coffein zum Furosemid von Silvia Rau

Das Buch besticht nicht nur hin-sichtlich seines didaktischen Aufbaus,vielmehr schließt es vor allem eineLücke für Studierende der Ernährungs-wissenschaften, der Pharmazie undMedizin.Aus der kaum mehr zu über-blickenden Fülle des Stoffes der Bio-chemie und Molekularbiologie wur-den jene Stoffgebiete ausgewählt, diefür das Verständnis ernährungsbioche-mischer Zusammenhänge essenziellsind.

Fazit: Für Studierende der Pharma-zie,aber auch für Apothekerinnen undApotheker sollte dieses Buch zur Stan-dardlektüre gehören. Es lohnt sich invielerlei Hinsicht.

Manfred Schubert-Zsilavecz, Frankfurt

338 | Pharmazie in unserer Zeit | 31. Jahrgang 2002 | Nr. 3

N EU E B Ü C H E R |

Silvia Rau |Pharmaziehisto-rische Forschun-gen | Bd. 4 | Pe-ter Lang GmbH |EuropäischerVerlag der Wis-senschaften |Frankfurt a. M.,2001 | ISBN 3-631-37901-3 |f 35,30

Gertrud Rehnerund HanneloreDaniel | 2. über-arbeitete und er-weiterte Auflage Spektrum, Aka-demischer Verlag2002 | ISBN 3-8274-1157-2 |f 49,95

Vom Coffein zum Furosemid Entdeckung, Erforschung undEntwicklung der Diuretika im 19. und 20. JahrhundertDiuretika gehören bei der Behandlungvon Herz-Kreislauf-Erkrankungen zuden wichtigsten Arzneimittelgruppen;sowohl bei der Bluthochdruck- alsauch bei der Herzinsuffizienztherapiesind sie unverzichtbar. Es ist das Ver-dienst von Frau Dr.Rau,dass sie sich imRahmen ihrer bei Prof.Dilg in Marburgdurchgeführten Dissertation der Auf-gabe unterzogen hat, die historischeEntwicklung dieser Pharmaka zu un-tersuchen, und mit der Veröffent-lichung ihrer Doktorarbeit nun ihre Er-gebnisse einer beiteren Öffentlichkeitzugänglich macht.

In einem einleitenden Kapitel wirdvon ihr zunächst die Herkunft des Wor-tes Diuretikum erläutert, danach dieVerwendung von Pflanzen als harn-treibende Mittel abgehandelt, die al-lerdings, wie Frau Dr. Rau zurecht er-wähnt, ihren therapeutischen Stellen-wert weitgehend verloren haben.

Es folgt ein ausführliches Kapitelüber die Entwicklung der Purine Cof-fein,Theobromin und Theophyllin alsdiuretisch wirksame Arzneistoffe.Es istinteressant nachzuvollziehen,wie sichdie Auffassungen über diese Wirkstof-fe und zugleich deren Indikationen inden letzten Jahrzehnten geändert ha-ben. So ist beispielsweise Theophyllinals Diuretikum zwar obsolet, als An-tiasthmatikum dagegen nach wie vorbedeutsam.Ein weiteres,ebenfalls sehrumfangreiches Kapitel ist den Queck-silberverbindungen gewidmet. Mankann, ja sollte darüber erschrecken,wie diese hochgiftigen Schwermetall-salze mehrere Jahrhunderte hindurchbei verschiedenen Krankheiten weit-gehend unkritisch eingesetzt wurden.Im letzten Teil ihrer Arbeit geht FrauDr. Rau auf die heute verwendeten Di-uretika ein. Sie beschreibt den Wegvom Farbstoff Sulfachrysoidin (Pron-tosil) über das farblose Sulfanilamid(Prontalbin) zu Acetazolamid (Dia-mox),den Thiaziden und Thiazid-Ana-logen bis hin zum Furosemid (Lasix).Darüber hinaus macht sie noch eineReihe weiterer Entwicklungslinien,z.B. die der Cycloamidine, der Aldo-steron-Antagonisten oder von Tienyl-säure, deutlich.

Es bereitet intelektuellen Genuss,die Dissertation von Frau Dr. Rau zu lesen, die von ihr erläuterten Entwick-lungslinien nachzuvollziehen,sich klar-zumachen, dass bei der Entwicklungder modernen Diuretika wie bei kaumeiner anderen Arzneistoffgruppe Zu-fall, Intuition und systematische Suchezusammenkamen.Auf jeder Seite wirddeutlich, dass gründlich recherchiertwurde. Naturgemäß und verständli-cherweise nimmt bei einer Dissertati-on aus dem Bereich der Pharmaziege-schichte die Vergangenheit einengrößeren Raum ein als die Gegenwart.Vielleicht könnten in einer – wün-

Biochemie der ErnährungZwei Jahre nach dem großen Erfolgder ersten Auflage der „Biochemie derErnährung“ haben die beiden Autorin-nen eine Überarbeitung und Erweite-rung des Lehrbuches vorgenommen,welches nunmehr druckfrisch vor-liegt.

Die bewährte Gliederung in einenausführlichen zellbiologischen Teil undeinen zweiten Teil, der den Stoff-wechsel der Nährstoffe unter Berück-sichtigung der Organspezifität behan-delt, wurde auch in der neuen Auflagebeibehalten. Einige Kapitel – insbe-sondere im zellbiologischen Teil – wur-den neu gefasst, viele Abbildungen aufden neuesten Stand gebracht.

Die zweite Auflage enthält außerdem Haupttext so genannte Exkurse,die einzelnen Kapiteln zugeordnetsind, ohne direkt in den Haupttext in-tegriert zu sein. Diese Darstellungsartwurde gewählt,um die Kontinuität desHaupttextes zu wahren, anstatt ihndurch Details zu überfrachten. Die Ex-kurse befassen sich u.a.mit oxidativemStress und seiner biologischen Ab-wehr, mit spezifischen Fragen der in-testinalen Resorption, mit den mole-kularen Grundlagen des Sauerstoff-transportes sowie dem Ethanolstoff-wechsel.

Aus nachvollziehbaren Gründenwurde die Pathobiochemie der Ernäh-rung nicht berücksichtigt, abgesehenvon kurzen Hinweisen. Dieses Gebietist tatsächlich so umfangreich, dass eine zufriedenstellende Behandlungden Umfang des Lehrbuches sprengenwürde.

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Nr. 3 | 31. Jahrgang 2002 | Pharmazie in unserer Zeit | 339

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in der Literatur nur wenig gesicherteErkenntnisse über die Behandlung vonDiarrhö und Obstipation,die einen ak-zeptablen Evidenzgrad im Sinne derEvidenz-basierten Medizin aufweisen.Vor diesem Hintergrund erweist sichdieser Band aus der Buchreihe „Opti-mierte Arzneimitteltherapie“ als kom-petenter Praxisleitfaden, der alles ent-hält, was man über die Arzneimittel-therapie von Obstipation und Diarrhöwissen muss.Dabei wird nicht nur aufdie Wirkstoffe, sondern auch auf dieGrundlagen eingegangen. AnerkannteIndikationen werden ebenso bespro-chen wie die unerwünschten Wirkun-gen. Nutzen-Risiko-Relation und Auf-wand-Nutzen-Relation sind die zentra-len Parameter für die Arzneimittelaus-wahl. Kompetente Hinweise und Rat-schläge für die Betreuung von Patien-ten sowie Tipps für Patienten rundendas Buch ab.

Fazit: Ein überaus wertvollerPraxisleitfaden, vor allem für die Bera-tungstätigkeit im Umgang mit hilfe-suchenden Patientinnen und Patientenin der Apotheke!

Manfred Schubert-Zsilavecz, Frankfurt

D. J. Ziegenhagenund W. Kruis |Springer Verlag,2002 | ISBN 3-540-67893-X |f 19,95

Dieter Kerner |SchattauerGmbH | Verlag für Medizin undNaturwissen-schaften, Stutt-gart-New York |1998 | 5. Auflage| ISBN 3-7945-1775-X |f 25,95

schenswerten – zweiten Auflage oderin einer nachfolgenden Dissertationgleichwohl die Entwicklungen aufdem Diuretikagebiet in den letzten 25 Jahren,d.h.seit der Einführung vonFurosemid, noch eingehender darge-stellt und der klinische Stellenwert dereinzelnen Diuretika-Gruppen verglei-chend diskutiert werden. Annotatio-nen am Rande: Die Strukturformelnsollten einheitlicher gestaltet und teil-weise korrigiert werden, z.B. Cl an-stelle CL; bei Etacrynsäure könnte er-wähnt werden,dass es sich um ein Pro-Drug handelt;die kaliumretinierendenDiuretika wurden ein wenig stiefmüt-terlich behandelt.Diese Anmerkungenschmälern jedoch den Wert der Publi-kation von Frau Dr. Rau nicht. Es istdieser Dissertation vielmehr eine wei-te Verbreitung nicht nur bei den an Di-uretika Interessierten, sondern bei alldenen zu wünschen, die sich mit derEntwicklung von Arzneimitteln befas-sen wollen.

Ernst Mutschler, Mainz

vorisierten Lektüre einer ganzen Be-rufsgruppe. Aus historischen Doku-menten hat Kerner die Krankheitsge-schichten berühmter Komponisten re-konstruiert und die Verflechtungen mitIhrem künstlerischen Werk einfühlsamherausgearbeitet.Zahlreiche Abbildun-gen und Ausschnitte aus Partituren il-lustrieren diese medizinisch-pharma-zeutisch-literarische Fundgrube fürden Heilberufler und Musikfreund.

In der Neubearbeitung durch denMedizinhistoriker Prof. Hans Schade-waldt stellt die 5.Auflage einen echtenMeilenstein in der Entwicklung diesesBuches dar. Schadewaldt hat neue Er-kenntnisse vor allem von Mozart undBeethoven in den Biographien ausge-wertet und das Buch um neue, zumTeil überraschende medizinhistorischeErkenntnisse erweitert.Das Werk ist ei-ne literarische Fundgrube für Ärzte,Apotheker und Musikliebhaber sowiefür alle Leserinnen und Leser, die anauthentischen biographischen Zeug-nissen aus dem Leben großer Kompo-nisten und Musiker interessiert sind.

Fazit: Ein faszinierendes Buch fürdie Privatbibliothek eines jeden Apo-thekers und zugleich ein ausgesuchtesGeschenk für vielen Anlässe!

Manfred Schubert-Zsilavecz, Frankfurt

Obstipation undDiarrhö

Grundlagen und TherapieProbleme mit dem Stuhlgang gehöreninsbesondere bei älteren Menschen zuden häufigsten Gesundheitsstörungen.Mit überwiegend rezeptfreien Medi-kamenten und Diäten zur Selbstbe-handlung werden in der Bundesrepu-blik jährlich Umsätze im Milliardenbe-reich erzielt.

Außer zu lebensbedrohlichen aku-ten Durchfallerkrankungen finden sich

Große MusikerLeben und Leiden„Der Kerner“ gehört seit Jahrzenten zuden großen Klassikern der medizin-historischen Weltliteratur, und dankder Musikbegeisterung vieler Ärztin-nen und Ärzte sowie Apothekerinnenund Apotheker gehört das Buch zur fa-