methoden der computeranimation (examen.press)

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  • eXamen.press

  • eXamen.press ist eine Reihe, die Theorie undPraxis aus allen Bereichen der Informatik frdie Hochschulausbildung vermittelt.

  • Dietmar Jackl Stephan NeunreitherFriedrich Wagner

    Methoden derComputeranimation

    Mit 243 Abbildungen und 18 Farbtafeln

    123

  • Dietmar JacklUniversitt RostockFachbereich InformatikAlbert-Einstein-Str. 2118059 [email protected]

    Stephan NeunreitherGrunewaldstr. 7910823 [email protected]

    Friedrich WagnerGrote Raak 20222417 [email protected]

    Bibliografische Information der Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet berhttp://dnb.ddb.de abrufbar.

    ISSN 1614-5216ISBN-10 3-540-26114-1 Springer Berlin Heidelberg New YorkISBN-13 978-3-540-26114-8 Springer Berlin Heidelberg New York

    Dieses Werk ist urheberrechtlich geschtzt. Die dadurch begrndeten Rechte, insbesondere dieder bersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen,der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfltigung auf anderen Wegen und derSpeicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vor-behalten. Eine Vervielfltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfallnur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der BundesrepublikDeutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulssig. Sie ist grundstzlichvergtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts-gesetzes.

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    Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2006Printed in Germany

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    Satz: Druckfertige Daten der AutorenHerstellung: LE-TEX, Jelonek, Schmidt & Vckler GbR, LeipzigUmschlaggestaltung: KnkelLopkaWerbeagentur, HeidelbergGedruckt auf surefreiem Papier 33/3142 YL 5 4 3 2 1 0

  • Im Gedenken anCosima

    Dietmar Jackel

    Fur meine Eltern, meinen Bruder und fur Sylvia

    Stephan Neunreither

  • Vorwort

    Dieses Buch wurde in seinen wesentlichen Teilen aus der Vorlesung Compu-teranimation entwickelt, die seit acht Jahren am Fachbereich Informatik derUniversitat Rostock gehalten wird. Es ist in elf Kapitel gegliedert.

    Kapitel 1 fuhrt in das Fachgebiet Computeranimation ein, indem zuerst eingeschichtlicher Uberblick uber diese Thematik gegeben wird. Dieser Exkursfuhrt von den Wurzeln der Computeranimation, die in der Zeichentrickfilm-technik liegen, bis zu heutigen hohen Entwicklungsstand, der sich besonders inden groen Filmproduktionen widerspiegelt. Wie derartige Filme entstehen,wird im Unterabschnitt 1.2.2 detailliert diskutiert. Abschlieend werden diekunstlerischen Grundregeln fur die Gestaltung von Animationsfilmen vorge-stellt.

    Im Kapitel 2 sind jene Methoden zusammengefasst, die seit vielen Jahrenzum Standard der Animationssysteme gehoren. Hierzu zahlen vor allem dieMethoden zur Spezifikation einfacher Bewegungsablaufe unter Verwendungsog. Keyframes. Zur Erzeugung kontrollierter Bewegungsablaufe von gelenkig-verbundenen Strukturen dienen oftmals auch kinematische Verfahren. Mit derim Abschn. 2.2 diskutierten direkten Kinematik erfolgt die Berechnung derPositionen der Glieder einer solchen Figur unter Vorgabe der Gelenkwinkel.Verwendet man hingegen Verfahren, die auf der inversen Kinematik (Abschn.2.3) beruhen, so gibt man Zielstellung von ausgewahlten Gelenken einer ki-nematischen Kette vor und approximiert die Gelenkwinkelanderungen, dieerforderlich sind, um die gewunschten Gelenkstellungen zu erreichen. Im Rah-men der inversen Kinematik werden mehrere alternative Verfahren diskutiert,sowie ihre Vor- und Nachteile besprochen.

    Zu den im Kap. 3 diskutierten Animationstechniken zahlen die Defor-mationen, mit denen es moglich ist, Objekte dynamisch in ihrer Form zuverandern, um beispielsweise den Einfluss von Kraften darzustellen. Wir un-terscheiden hierbei zwischen den geometrischen und den dynamischen Defor-mationsmethoden, die in den Abschn. 3.1 und 3.2 behandelt werden. Zu deneinfachsten geometrischen Deformationstechniken zahlen die globalen Defor-mationen, die sich auf die gesamte Geometrie eines Objektes auswirken. Im

  • VIII

    Gegensatz dazu sind Freiformdeformationen begrenzbar und hinsichtlich dergewunschten Verformung wesentlich besser zu steuern. Eine weitere, gleichfallsbehandelte, Freiformdeformationsmethode ist die Wire-Technik. Dieses Ver-fahren zeichnet sich dadurch aus, dass die gewunschte Deformation mittels pa-rametrischer Kurvenpaare definiert wird. Weitere Themen dieses Abschnittessind Skinning-Techniken sowie die Aspekte der Animation von geometrischenDeformationen.

    Im Zusammenhang mit den dynamischen Deformationen werden vor al-lem jene Korper behandelt, die aus Feder-Masse-Systemen konstruiert sindund die sich besonders fur den interaktiven Einsatz in Echtzeit eignen. MitHilfe der Finiten-Elemente-Methode lassen sich deformierbare Objekte im Un-terschied zu den quasi diskreten Feder-Masse-Modellen als Kontinuum behan-deln und dadurch genauere Ergebnisse erzielen. Zu den weiteren Verfahren,die im Kontext der dynamischen Deformationen prasentiert werden, zahlendie diskretisierten, deformierbaren Korper sowie die Modalen Deformationen,die zum Ende dieses Kapitels vorgestellt werden.

    Zu den gebrauchlichen Deformationstechniken zahlen auch die im Kap. 4diskutierten Morphing-Techniken, deren Ziel es ist, kontrollierte Transmuta-tionen zwischen Ursprungs- und Zielobjekten durchzufuhren. Hierbei werdendie 2D-, 3D- und Volume-Morphing-Verfahren in separaten Abschnitten be-handelt. Morphing-Verfahren basieren auf den sog. Warping-Methoden. ImAbschnitt 4.1 werden mit dem Mesh-Warping sowie dem Warping mit Mar-kierungsvektoren und radialen Feldfunktionen die gebrauchlichsten bildbasier-ten Methoden vorgestellt. Oberflachenbasierte Verfahren sind Gegenstand desAbschn. 4.2. Das zentrale Problem dieser Verfahren besteht in der Herstellungeiner moglichst plausiblen Korrespondenz zwischen den polygonalen Netzendes Start- und Zielobjektes. Es werden unterschiedliche Konzepte zur Losungdieses Korrespondenzproblems behandelt. Von etwas geringerer Bedeutung alsbild- und oberflachenbasiertes Morphing oder Warping sind die volumenba-sierten Methoden. Diese Verfahren werden aus Grunden der Vollstandigkeitund um den Themenkomplex abzurunden im Abschn. 4.3 vorgestellt.

    Die im Kap. 5 diskutierten Facial-Animation-Methoden, die auch als spe-zielle dynamische Deformationstechnik zu betrachten sind, dienen zur Erzeu-gung differenzierter und moglichst naturlich erscheinender Gesichtsausdrucke.Die in diesem Kapitel behandelten Verfahren sollen lediglich einen Einblick indas groe Gebiet der Gesichtsanimation vermitteln, ohne vertieft in die Mate-rie einzudringen. Im Wesentlichen werden in diesem Kontext die klassischenAnsatze der parametrischen und der muskelgesteuerten Gesichtsanimation be-handelt.

    Animationen, die von speziellen Funktionen oder Programmen erzeugtwerden, zahlen zu den prozeduralen Animationstechniken. Sie werden im Kap.6 vorgestellt. Die von diesen Prozeduren erzeugten Animationen laufen auto-nom ab, wobei der Benutzer das Animationsverhalten der Prozedur mit unter-schiedlicher Parametrisierung bestimmen kann. Prozedurale Animationstech-niken werden fur einfache Effekte z.B. zur Erzeugung von Partikelsystemen

  • IX

    genutzt. Beispiele hierfur sind Feuer, verspritzende Flussigkeiten, Explosions-erscheinungen, aber auch Stoffe oder Naturszenarios wie Walder oder Gras-landschaften. Prozedurale Animationen dienen aber auch zur Steuerung voneinzelnen autonomen Akteuren, Schwarmen und Herden.

    Die Performance Animation ist Thema des Kap. 7. Hierbei werden bei-spielsweise die Korperbewegungen eines Menschen mit Hilfe mechanischer,optischer oder elektromagnetischer Sensoren aufgezeichnet und auf ein virtu-elles Modell ubertragen. Die Positionen und Orientierungen von signifikantenKorperteilen werden mit einem als Motion Capturing bezeichneten Verfahrenregistriert. Anschlieend erfolgt mit den aufgezeichneten Bewegungsdaten dieSteuerung eines computergrafischen Modells, unter Verwendung von Metho-den der direkten Kinematik. Die Performance Animation ist geeignet, sehrnaturlich wirkende Bewegungsablaufe zu erzeugen.

    Die Modellierung und Animation von Naturerscheinungen gehoren zu denaktuellsten Problemstellungen in der Computergrafik. Das Kapitel 8 soll unterdem Gesichtspunkt der Modellierung und Animation einen Einblick in diesesumfassende Gebiet vermitteln, in dem einige der grundlegenden Verfahrenzum Stand der Technik vorgestellt werden. Im Einzelnen wird die Modellie-rung und Animation von Gasen behandelt, wobei das Schwergewicht auf einemoglichst verstandliche Darstellung der CFD-Methode gelegt wird. Nebendem Naturphanomen Feuer wird vor allem die Darstellung atmospharischerErscheinungen, wie z.B. Sonnenaufgange oder Halos diskutiert. Des Weite-ren wird die Modellierung und Animation von Wolkensystemen, Flussigkeitenund Meereswellen ausfuhrlich behandelt. Da uns die Erscheinungsformen unddas Bewegungsverhalten von Naturphanomenen vertraut sind, kann unser vi-suelles System nur in eingeschranktem Mae mit vereinfachten Geometrie-und Bewegungsmodellen getauscht werden. Um plausible Animationen zu er-zielen, ist es daher vielfach notwendig, komplexe dynamische Prozesse mitrechenaufwandigen Methoden zu simulieren.

    Die Modellierung und Animation von Stoffen und Geweben wird im Kap. 9behandelt. Die ersten Ansatze dieser Disziplin stammen aus der Mitte der 80erJahre, wobei die meisten davon versuchen, sehr spezielle Probleme zu losen.Im Rahmen dieses Kapitels werden geometrische und physikalisch-basierteMethoden behandelt.

    Kapitel 10 befasst sich mit der Animationssteuerung durch neurona-le Netze. Kunstliche neuronale Netze konnen in der Computer-Animationzur Losung von Problemen der inversen Kinematik oder zur Emulation vonphysikalisch-basierten Bewegungsmodellen verwendet werden. Speziell fur die-se, die vielfach ein nicht-lineares, dynamisches Systemverhalten aufweisen, las-sen sich neuronale Netze effizient einsetzen. Nach einer kurzen Einfuhrungin die Grundlagen der kunstlichen neuronalen Netze, wird hier ihre Ein-satzmoglichkeit fur Probleme der inversen Kinematik und der inversen Dy-namik diskutiert.Die physikalisch-basierte Animation mechanischer Systeme ist das zentra-le Thema im Kap. 11. Im Einzelnen wird der Ablauf einer Simulation von

  • X

    der Erstellung des Modells, der Aufstellung der Bewegungsgleichungen biszur Durchfuhrung und Evaluierung vorgestellt. Nach der Abgrenzung vonphysikalisch-basierter Simulation zur physikalisch-basierten Animation wirddie Dynamik von Punktteilchen und starren Korpern behandelt. In einem se-paraten Abschnitt folgt die Erkennung und Behandlung von Kollisions- undRuhekontakten. Da auch die mathematische Formulierung und Behandlungvon Zwangsbedingungen (Constraints) fur die Erstellung eines physikalischenBewegungsmodells von groer Bedeutung ist, wird auch fur diesen Themen-bereich im Abschn. 11.5 hinreichend Platz eingeraumt.

    Dieses Buch ist fur Studierende der Fachrichtung Informatik oder Medien-technik gedacht, die besonderes Interesse an der Computergrafik und an demthematischen Schwerpunkt Computeranimation haben. Des weiteren emp-fiehlt es sich fur Programmierer mit dem Aufgabenbereich Computergrafik,die sich mit den Grundlagen, den Methoden und Algorithmen der Computera-nimation vertraut machen mochten. Auerdem werden Computeranimateureangesprochen, die bislang Computeranimationssysteme nur aus der Sicht desAnwenders kennen gelernt haben und die daran interessiert sind, auch dieMethoden zu verstehen, die innerhalb dieser Systeme verwendet werden.

    Auf die Behandlung von Rendering-Verfahren wird in diesem Buch be-wusst verzichtet, sofern diese nicht fur die Aspekte der Computer-Animationunmittelbar von Bedeutung sind. Dem Leser waren daher Grundkenntnisseauf dem Gebiet der Computergrafik und hier speziell der Rendering-Methodendienlich.

    An dieser Stelle mochten wir uns bei allen Kollegen, Mitarbeitern und Stu-denten bedanken, die zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben. Unsererbesonderer Dank gilt vor allem Herrn Bertram Walter und Herrn Frank Pa-gels fur ihre Implementierungen zur Simulation atmospharischer Phanomenesowie von Meereswellen und Gasen.

    Frau Prof. Schumann sowie den Herren Dr. Karsten, Thomas Nocke, Herr-man und Peter Birkholz sei gedankt fur ihrer wichtigen Hinweise und Korrek-turen und auch ihre fur wertvolle Anregungen und Diskussionen.

    Nicht zuletzt mochten wir unseren aufrichtigen Dank Frau Iris Heiligersfur ihren groen Einsatz bei der Durchsicht des Manuskripts sowie Frau SylviaNeunreither fur ihre vorzuglichen Lektoratsarbeiten aussprechen.

    Malchow, Berlin, Hamburg Dietmar Jackelim Januar 2006 Stephan Neunreither

    Friedrich Wagner

  • Inhaltsverzeichnis

    Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII

    1 Einfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Geschichte der Computeranimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Produktionsphasen eines Computeranimationsfilms . . . . . . . . . . 6

    1.2.1 Pre-Production . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.2.2 Production . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81.2.3 Post-Production . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

    1.3 Grundregeln der Animation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

    2 Globale Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.1 Keyframes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

    2.1.1 Parametergesteuerte Keyframe-Transformationen . . . . . . 182.1.2 Kamerafahrten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

    2.2 Direkte Kinematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382.2.1 Kinematische Ketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382.2.2 Denavit-Hartenberg-Notation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

    2.3 Inverse Kinematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452.3.1 Geometrische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492.3.2 3D-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502.3.3 Secondary Task . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512.3.4 Kombination von inverser und direkter Kinematik . . . . . 522.3.5 Alternative Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522.3.6 Ausrichtung gelenkig-verbundener Strukturen an

    mehreren Zielpositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

    3 Deformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593.1 Geometrische Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

    3.1.1 Globale Deformationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613.1.2 Freiformdeformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663.1.3 Wires . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

  • XII Inhaltsverzeichnis

    3.1.4 Skinning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713.1.5 Aspekte der Animation geometrischer Deformationen . . 72

    3.2 Dynamische Deformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723.2.1 Feder-Masse-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 733.2.2 Finite Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 753.2.3 Elastisch-deformierbare Kurven, Flachen und Korper . . 803.2.4 Hybride Verfahren fur dynamische Deformation . . . . . . . 823.2.5 Modale Deformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 823.2.6 Vor- und Nachteile dynamischer Animationstechniken . . 87

    4 Warping und Morphing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 894.1 Image-Warping und Image-Morphing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

    4.1.1 Mesh-Warping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 924.1.2 Two-Pass Mesh-Warping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 934.1.3 Warping mit Markierungsvektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 954.1.4 Warping mit Feldfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

    4.2 Oberflachenbasierte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 994.2.1 Verfahren von Kanai, Suzuki und Kimura . . . . . . . . . . . . 1004.2.2 Weitere oberflachenbasierte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 104

    4.3 Volumenbasierte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1104.3.1 Verfahren von Hughes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1104.3.2 Verfahren von He, Wang und Kaufmann . . . . . . . . . . . . . 112

    5 Gesichtsanimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1175.1 Anwendungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1175.2 Parametergesteuerte Gesichtsanimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

    5.2.1 Erweiterte parametergesteuerte Verfahren . . . . . . . . . . . . 1215.3 Muskelgesteuerte Gesichtsanimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

    5.3.1 Gesichtsmuskelsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1225.3.2 Das Facial-Action-Coding System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1255.3.3 Muskelmodell von K. Waters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

    5.4 Gesichtsanimation mit parametrischen Flachen . . . . . . . . . . . . . . 1305.5 Gesichtsanimation mit Federmodellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

    5.5.1 Muskel- und Hautmodell von Kahler et al. . . . . . . . . . . . . 1325.6 Visual Speech . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

    5.6.1 Animation von Gesichtern in MPEG-4 . . . . . . . . . . . . . . . 1375.6.2 Digital Story Teller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

    6 Prozedurale Animationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1416.1 Partikelsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1436.2 Stochastische Partikelsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

    6.2.1 Partikelsystemdynamik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1446.3 Strukturierte Partikelsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1466.4 Thermale und orientierte Partikelsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1476.5 Animation von Massenszenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

  • Inhaltsverzeichnis XIII

    6.6 Schwarme und Herden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1516.7 Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

    6.7.1 Aufbau autonomer Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1546.7.2 Lernmodelle autonomer Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1556.7.3 Kunstliche Fische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1566.7.4 Evolution von Akteuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1586.7.5 Verkettete Steuereinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1616.7.6 Weitere Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

    7 Motion Capturing und Motion Editing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1657.1 Aufnahmetechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

    7.1.1 Elektromechanische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1677.1.2 Lichtleitersysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1687.1.3 Elektromagnetische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1697.1.4 Akustische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1707.1.5 Optische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1707.1.6 Roboter, Animatronik und Waldos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

    7.2 Praxis des Motion Capturing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1727.2.1 Vorbereitung und Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1727.2.2 Aufnahme der Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1737.2.3 Bereinigung der Daten und Nachbearbeitung . . . . . . . . . . 1737.2.4 Abbildung der Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1757.2.5 Wiederverwendung von MoCap -Daten . . . . . . . . . . . . . . . 175

    7.3 Motion Editing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1767.3.1 Editieren mit Zwangsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1777.3.2 Editieren mit globalen Kontrollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1847.3.3 Zukunftige Trends des Motion Editing . . . . . . . . . . . . . . . 192

    8 Modellierung und Animation von Naturerscheinungen . . . . . 1938.1 Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

    8.1.1 Partikelbasierte Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1948.1.2 Gitterbasierte Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1948.1.3 Hybride Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1958.1.4 Physikalisch-basierte Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

    8.2 Atmospharische Erscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2068.2.1 Visuelle Simulation der Atmosphare . . . . . . . . . . . . . . . . . 2078.2.2 Regenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2128.2.3 Halo-Erscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2168.2.4 Zur Theorie der Halo-Erscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2178.2.5 Simulation und Darstellung der Halo-Erscheinungen . . . 220

    8.3 Wolken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2218.3.1 Prozedurales 2D-Wolkenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2228.3.2 Texturierte Ellipsoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2238.3.3 Volumetrische Wolken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2248.3.4 Fraktale Wolken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

  • XIV Inhaltsverzeichnis

    8.3.5 Wolkenerzeugung und Animation mit Zellenautomaten . 2298.4 Flussigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

    8.4.1 Hohenfeldverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2348.4.2 3D-Verfahren zur Flussigkeitsanimation . . . . . . . . . . . . . . 235

    8.5 Wasserwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2388.5.1 Bump-Mapping-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2398.5.2 Parametrisierbare Wellenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2408.5.3 Fourier-Synthese von Meereswellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

    9 Modellierung und Animation von Stoffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2479.1 Erste geometrische Stoffmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

    9.1.1 Das Verfahren von Weil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2489.1.2 Das Verfahren von Agui et al. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

    9.2 Physikalisch-basierte Stoffmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2519.2.1 Fruhe physikalisch-basierte Ansatze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2519.2.2 Das Verfahren von Breen et al. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2529.2.3 Das Verfahren von Provot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2559.2.4 Das Verfahren von Baraff und Witkin . . . . . . . . . . . . . . . . 2579.2.5 Weitere physikalisch-basierten Techniken . . . . . . . . . . . . . 2609.2.6 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

    10 Animationen mit neuronalen Netzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26710.1 Kunstliche Neuronale Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

    10.1.1 Lernregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26910.2 Inverse Kinematik mit Neuronalen Netzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 27110.3 Inverse Dynamik mit Neuronalen Netzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272

    10.3.1 Bestimmung der Steuerkrafte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

    11 Physikalisch-basierte Animation mechanischer Systeme . . . . 27911.1 Ablauf der physikalisch-basierten Animation . . . . . . . . . . . . . . . . 280

    11.1.1 Auswahl eines physikalischen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . 28011.1.2 Formulierung der Bewegungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . 28111.1.3 Festlegung der Simulationsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . 28211.1.4 Simulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28311.1.5 Grafische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28411.1.6 Evaluierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284

    11.2 Von der Simulation zur Animation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28511.3 Modellierung mechanischer Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

    11.3.1 Dynamik von Punktteilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28611.3.2 Dynamik starrer Korper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

    11.4 Automatische Kontaktbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29411.4.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29411.4.2 Kontaktbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29611.4.3 Kollisionssimulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29711.4.4 Behandlung von Ruhekontakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

  • Inhaltsverzeichnis XV

    11.5 Constraints und ihre Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30711.5.1 Mathematische Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30811.5.2 Behandlung von Constraints . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31111.5.3 Vergleich der Losungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

    11.6 Techniken zur Bewegungssteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32011.6.1 Direkte und Inverse Dynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32211.6.2 Controller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32311.6.3 Steuerung mit Constraints . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32611.6.4 Optimierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32611.6.5 Weitere Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328

    A Losungsverfahren fur Bewegungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . 331A.1 Numerische Losung von Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . 331A.2 Der Lagrange-Formalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333A.3 Erganzungen zur Lagrange-Faktoren-Methode . . . . . . . . . . . . . . . 335A.4 Simulationsverfahren fur beliebige Zustandsgroen . . . . . . . . . . . 338

    B Quaternionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341

    C Losungsverfahren fur lineare Gleichungssysteme . . . . . . . . . . . 345C.1 Gau-Seidel-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345C.2 SOR-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346C.3 CG-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

    Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351

    Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

  • 1

    Einfuhrung

    1.1 Geschichte der Computeranimation

    Eine Vielzahl von Verfahren, die auch heute noch in der Computeranimati-on angewendet werden, haben ihren Ursprung in den Techniken der tradi-tionellen Zeichentrickanimation, die zu Beginn des zwanzigsten Jahrhundertsentwickelt wurden. Als Vater der traditionellen Zeichentrickanimation kannWinsor McCay angesehen werden, der 1914 den ersten Zeichentrickfilm Ger-tie the Trained Dinosaur (s. Abb. 1.1) produzierte. McCay zeichnete dieca. 10.000 Einzelbilder dieses Films per Hand, ohne dass er sich speziellerTechniken behalf. Im gleichen Jahr entwickelte Earl Hurd, Angestellter desJohn Bray Filmstudios, mit der sog. Cel Animation bereits ein Verfahren,das die manuelle Erstellung von Bildsequenzen erheblich erleichterte. Hierbeiwurden Bildvordergrund und Bildhintergrund voneinander getrennt. Wahrenddie Erzeugung des statischen Bildhintergrundes nur einmal erfolgte, wurden

    Abb. 1.1. Szenen aus den Kurzfilmen (links)Gertie the Trained Dinosaur,(rechts)

    Steamboat Willie (aus [1])

  • 2 1 Einfuhrung

    Abb. 1.2. Erste Farbkamera mit drei separaten Filmstreifen (aus [2])

    die Vordergrundobjekte mit all ihren Bewegungsphasen auf transparente Cel-luliodfolien gezeichnet. Indem diese Folien uber den Bildhintergrund gelegtund anschlieend fotografiert wurden, konnte das wiederholte Zeichnen desgleichen Bildhintergrundes vermieden werden.

    Ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung der traditionellen Zeichentrick-Animation waren die ab 1916 von Otto Messner in den Pat Sullivan Stu-dios geschaffenen Filme von Felix the Cat. Im Gegensatz zum Dinosau-rier Gerti war Felix bereits ein sog. Studio Character, dem ein speziellesPersonlichkeitsprofil zugeordnet war, das beim Publikum breiten Zuspruchfand und dadurch den Pat Sullivan Studios uber Jahre hinweg viel Geld indie Kasse brachte.

    In den zwanziger Jahren begann auch Walt Disney mit der Erstellung vonZeichentrickfilmen, wobei sein bekanntester Cartoon Mickey Mouse erst-mals 1928 in dem Kurzfilm Steamboat Willie (s. Abb. 1.1) mit einer Langevon sieben Minuten zu sehen war. Steamboat Willie war der erste verton-te Trickfilm und damit ein weiterer Meilenstein in der Filmgeschichte, derzudem auch die Grundlage des geschaftlichen Erfolgs von Walt Disney wur-de. Walt Disney setzte auch als erster Produzent das 3-Farben-Technicolor-Verfahren fur Trickfilme ein. Disneys erste farbige Zeichentrickfilme Flowersand Trees und Three Little Pigs entstanden 1932. Zur Bildaufzeichnungwurden Kameras mit drei separaten Filmstreifen eingesetzt, die mit entspre-chenden Farbfiltern ausgestattet waren (s. Abb. 1.2). Die traditionelle Zei-chentrickanimation erreichte 1937 mit dem Oskar-pramierten, abendfullendenSpielfilm Snow White and the Seven Dwarfs einen ersten Hohepunkt. Esfolgten weitere Filme wie: Fantasia und Pinocchio (1940), Lady and theTramp (1955) oder The Jungle Book (1967), die heute zu den Klassikerndes Zeichentrickfilms gezahlt werden.

  • 1.1 Geschichte der Computeranimation 3

    Die Entwicklung der Computer Animation begann 1949. Am MassachusettsInstitute of Technology (MIT) war der erste elektronische, noch mit Rohrenausgestattete Computer mit dem Namen Whirlwind entstanden, der alsAusgabegerat ein Oszilloskop aufwies. Mit dem Whirlwind-Computer ent-wickelte Charly Adams ein Programm, das einen springenden Ball in Echtzeitberechnen und darstellen konnte und das sowohl als erste Computergrafik,als auch als erste Computeranimation bezeichnet wird. In den nachfolgendenJahren zeigte vor allem das Militar verstarktes Interesse an der Computer-grafik, das vor allem an der Entwicklung des SAGE-Computersystems (s.Abb. 1.3) zum Ausdruck kam. Dieses System, das von 1951 bis 1955 von IBMzur Luftraumuberwachung entwickelt wurde, bestand aus 82 Grafikkonsolenund erlaubte das interaktive Arbeiten mit Hilfe eines sog. Lightpen, mit demder Benutzer direkt am Bildschirm grafische Manipulationen, wie das Loschenoder Verschieben von Bildlinien, ausfuhren konnte.

    Im militarischen Auftrag stellte Edward E. Zajac 1963 den ersten an einemIBM Grorechner erstellten Animationsfilm vor, um damit die Bewegungenund unterschiedlichen Ausrichtungen eines Erdsatelliten im Weltraum zu il-lustrieren (s. Abb. 1.4). Im gleichen Jahr prasentierte auch Ivan Sutherlandmit seinem Sketchpad-System (s. Abb. 1.4) das erste interaktiv arbeitendeCAD-System, dessen Konzept richtungsweisend fur das gerade entstehendeFachgebiet Computergrafik werden sollte. Sutherlands Sketchpad-Systembrachte auch den wissenschaftlichen Durchbruch der Computergrafik. So ent-standen, beginnend mit dem 1968 gegrundeten Computer Graphics Depart-ment an der Universitat Utah, an zahlreichen Universitaten in den USA undEuropa Forschungsaktivitaten auf dem neuen Gebiet der digitalen Grafik.

    Ab Mitte der sechziger Jahre entstanden auch zahlreiche Firmen, derenZiel es war, grafische Rechnersysteme zu entwickeln. So wurde 1965 die FirmaAdage gegrundet, die zwei Jahre spater ihren ersten echtzeitfahigen Grafik-rechner auf den Markt brachte. 1968 entstanden weitere Firmen, wie Evans &Sutherland, Calma, Computek, Houston Instruments und Imlac sowie Com-

    Abb. 1.3. (links) Sage-Luftraumuberwachungssystem, (rechts) Lightpen (aus [2])

  • 4 1 Einfuhrung

    Abb. 1.4. (links) Zajacs Satellitensimulation, (rechts)Sketchpad-System (aus

    [2])

    puterVision, Applicon und Vector General, die 1969 gegrundet wurden. DreiJahre spater, 1972, erfolgte die Grundung von Megatek und Summagraphics.

    Ein Meilenstein war auch die Entwicklung eines echtzeitfahigen und vollfarbtuchtigen Auensichtsystems des ersten interaktiven Flugsimulators derNASA, der im gleichen Jahr seinen Betrieb aufnahm. Von universitarer Seitewurden 1972 von Edwin A. Catmull die Animation einer Hand (Utah hand)auf der Grundlage des skriptbasierten Animationssystems MOVIE , sowiedie ersten Gesichtsanimationen von Frederic I. Parke prasentiert. Gemessenam damaligen Stand der Technik, waren die Arbeiten von Catmull und Parkesehr beeindruckend und wurden vielfach der staunenden, gerade entstehendenGrafikszene in den USA und Europa vorgefuhrt.

    Bereits im Jahr 1973 fand die erste SIGGRAPH Konferenz statt, die sichheute als eine der wichtigsten wissenschaftlichen Tagungen auf dem Gebietder Computergrafik etabliert hat. Auch aus kunstlerischer Sicht hinterlasstdie Computeranimation ihre Spuren. Die von Peter Foldes produzierte Com-puteranimation Hunger gewinnt 1974 auf dem Filmfestival von Cannes denPreis der Jury fur Animationen. Foldes verwendete fur diese Arbeit ein vonBurtnyk und Wein entwickeltes zweidimensionales Keyframing Verfahren furBilder.

    Ende der achtziger Jahre entstanden am Jet Propulsion Lab mit den Arbei-ten von Jim Blinn eine Serie vielbeachteter Computeranimationen, mit denender Vorbeiflug der Voyager- und Pioneer-Raumsonden an den Planeten Jupi-ter und Saturn simuliert und veranschaulicht wurde. Fur diese Animationenwurden erstmalig Texturierungsverfahren, wie das zuvor von Blinn entwickelteBump-Mapping, eingesetzt, mit der eine bislang nicht erreichte Realitatsnaheerzielt wurde.

    Der erste Spielfilm, in dem Computeranimation ausgiebig eingesetzt wur-de, war der in den Walt Disney Studios von 1980 bis 1982 produzierte Film

    Tron. Tron enthielt ausschlielich synthetisch erzeugte Filmszenen in der

  • 1.1 Geschichte der Computeranimation 5

    Lange von 15 Minuten sowie weitere sog. Mixed-Media-Filmsequenzen in glei-cher Lange, in denen reale Schauspieler und synthetisch erzeugte Objektekombiniert wurden. Dieses Filmprojekt wurde jedoch wegen seiner hohen Pro-duktionskosten und des sehr geringen wirtschaftlichen Erfolges ein Desasterfur den bereits erwarteten Siegeszug der Computeranimation in der Filmindu-strie. Hollywood wandte sich fur langere Zeit von der Computeranimation abund setzte wieder ausschlielich auf manuelle Zeichentricktechnik. Computera-nimationen wurden hingegen lediglich fur kurzere Filmsequenzen eingesetzt.Beispiele hierfur sind Filme wie: The Last Starfighter (1985), The Abyss(1989), die Star Wars-Trilogie und in die Star Trek- Serienfilme. Beson-ders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Film Star Trek II - TheWrath of Khan, in dem erstmalig fur den Genesis-Effekt Partikelsystemeeingesetzt wurden. Auch die synthetische Wasserkreatur aus dem Film TheAbyss, die Gesichter der Mannschaft einer Unterwasserstation imitiert, giltals Meilenstein der Computeranimation.

    Ein groes Manko bei der Darstellung animierter virtueller Charakterewaren ihre unnaturlichen, roboterartigen Bewegungen. Jim Henson (Erfin-der der Muppets) fuhrte 1986 bei Digital Productions ein Gerat namens

    Waldo vor, das fur die Fernsteuerung von Puppen entwickelt wurde. DieIngenieure von Digital Productions verbanden Waldo mit ihren Rechner-systemen und erzeugten einige Testanimationen. Es entstand eine Methode,um Bewegungen der mechanischen Eingabegerate auf das Computermodellzu ubertragen; eine Technik die spater als Performance Animation bezeichnetwurde.

    Vor allem in Kurzfilmen zeigten sich in der zweiten Halfte der achtzi-ger Jahre die rasanten Fortschritte auf dem Gebiet der Computeranimation.Als Beispiele sind vor allem die von PIXAR produzierten Filme, wie LuxoJr. (1986), Reds Dream (1987) oder auch Tin Toy (1988) zu erwahnen,wobei der letztgenannte Computeranimationsfilm sogar einen Oscar erhielt.Aufgrund dieser Erfolge erhielt Pixar 1991 von den Walt Disney Studios denAuftrag, den ersten vollstandig computeranimierten Spielfilm Toy Story zuerstellen, der 1995 fertig gestellt wurde. Fur die Herstellung dieses Films miteiner Lange von 70 Minuten waren 800.000 Stunden Rechenzeit verteilt auf177 Sun Sparc 20 Workstations erforderlich. Im Gegensatz zu Disneys Tronwurde Toy Story, der drei Oskar Nominierungen erhielt, ein Kassenerfolg.

    Der wirtschaftliche Erfolg von Toy Story war zugleich der Ausloser furdie Produktion weiterer abendfullender Computeranimationsfilme, wie ToyStory 2 (1999), Shrek (2001), Monsters Inc. (2001). In Final Fanta-sy (2001) wurden erstmalig virtuelle Charaktere prasentiert, die von realenSchauspielern kaum noch zu unterscheiden waren. Zu den Hauptanwendun-gen der Computeranimation in der Spielfilmproduktion gehoren allerdings dieSpezialeffekte, die vielfach zu den geschaftlichen Erfolgen von Spielfilmen bei-trugen. Einige Beispiele hierfur sind die Filme Jurassic Park I-III, Titanic,

    Gladiator, A.I., Harry Potter, Pearl Harbor, Lord of the Rings usw.Obgleich die Computeranimation heute einen sehr hohen technischen Stand

  • 6 1 Einfuhrung

    erreicht hat und zur Erzeugung von Spezialeffekten unverzichtbar gewordenist, konnte sich der manuell erstellte Zeichentrickfilm bislang behaupten. Dasliegt vor allem an dem unverwechselbaren Erscheinungsbild der von Hand ge-zeichneten Bildsequenzen, das von vielen Freunden des Cartoon-Films denrein synthetisch erzeugten Computeranimationfilmen vorgezogen wird [3].Um den Eindruck eines handgezeichneten Trickfilms zu bewahren, werdenoftmals die am Computer generierten Bildsequenzen in entsprechender Weisenachtraglich manipuliert, um den gewunschten Cartoon-Touch zu erhalten.

    1.2 Produktionsphasen eines Computeranimationsfilms

    Bevor nachfolgend die Produktionsphasen eines Computeranimationsfilms dis-kutiert werden, soll in diesem Zusammenhang der enorme Aufwand, der furdie Durchfuhrung eines derartigen Projektes erforderlich ist, kurz erwahntwerden. Es ist ein Irrglaube anzunehmen, dass die am Computer erstelltenFilme kostengunstiger sind. Zwar ist der Aufbau der Kulissen einfacher undvirtuelle Schauspieler verlangen schlielich keine Gagen, aber fur die erfolg-reiche Durchfuhrung eines derartigen Projektes ist eine wesentlich exaktereund damit auch zeitaufwendigere Produktionsplanung (Pre-Produktion) er-forderlich. Weiterhin sind eine Vielzahl von Spezialisten sowie eine sehr um-fangreiche Gerateausstattung und im Vergleich zu konventionellen Spielfilmenoftmals wesentlich langere Produktionszeiten notwendig. So kann die Produk-tion eines derartigen Films bis zu vier Jahre dauern, wobei in den Haupt-produktionsphasen neben dem Management bis zu 200 Computeranimateu-re, Computerspezialisten, Techniker und Programmierer tatig sein konnen.Nachfolgend werden die Produktionsphasen eines Computeranimationsfilmsdiskutiert, die in groen Teilen mit denen eines traditionellen Zeichentrick-films ubereinstimmen. Der Produktionsprozess lasst sich grob in drei Stufenaufteilen: Pre-Production, Production und Post-Production. Von dem hierprasentierten Schema konnen in der Praxis durchaus Abweichungen auftre-ten.

    1.2.1 Pre-Production

    Von der Filmidee zum Storyboard. Am Anfang dieses Prozesses steht im-mer die Idee, die Geschichte und die darzustellende Handlung. Diese Filmideewird als kurze Beschreibung der Handlung, die auch als Synopsis bezeichnetwird, fixiert. Sie ist in der Regel nicht langer als eine Seite. Auf der Grund-lage der Synopsis wird das Storyboard erstellt, in dem die gesamte Handlungdetailliert beschrieben ist.

    Die Erstellung des Storyboard ist ein sehr aufwendiger Prozess, der als Sto-ryboarding bezeichnet wird. Im Storyboard ist der Handlungsablauf detailliertin einzelne Szenen unterteilt, die bereits aus einer Reihe von Hand gezeichne-ten Schnappschussen bestehen. Diese Handskizzen stellen die Schlusselbilder

  • 1.2 Produktionsphasen eines Computeranimationsfilms 7

    Abb. 1.5. Ausschnitt aus dem Storybook des FilmsJurassic Quark

    der Szenen dar und sind, wie in Abb. 1.5 dargestellt, mit entsprechendenKommentaren und Dialogen versehen. Der zeitliche Ablauf der Handlung,einschlielich der Lange der einzelnen Szenen, sind nach der Fertigstellungdes Storyboards hierin exakt festgelegt. Weiterhin werden in dieser Produkti-onsphase auch die Sound-Effekte und die Begleitmusik aufgezeichnet.

    Wahrend bei der Erstellung traditioneller Zeichentrickfilme die Bild- aufdie Tonsequenzen abgestimmt werden mussen, besteht bei computeranimier-ten Filmen die Moglichkeit, Musik, Gesang oder akustische Effekte nachtraglichan bereits bestehende Bildfolgen anzupassen. Wie bei der Drehbucherstellungwird das Storyboard ebenfalls iterativ in mehreren Durchlaufen vom Preli-minary Storyboard uber das Presentation Storyboard bis zum ProductionStoryboard verfeinert.

    Im Preliminary Storyboard werden die Bewegungen der Akteure, sowieder Kamera in ihrem zeitlichen Ablauf grob und skizzenhaft dargestellt.

    Das Presentation Storyboard stellt eine Zusammenfassung der geplantenFilmproduktion dar. Es enthalt bereits groformatige, farbige Bilddarstellun-gen von den wichtigen Schlusselszenen und dient letztendlich als Hilfe fur denProduzenten, Auftrags- oder Geldgeber, Entscheidungen uber die Fortfuhrungdes Projektes zu treffen.

    Das Production Storyboard ist das verbindliche Dokument, an dem sich dieFilmproduktion zu orientieren hat. Es enthalt in detaillierter Form Anweisun-gen uber die einzelnen Aktionen, Bewegungs- und Zeitablaufe einschlielichder Schnittanweisungen, sowie der Beleuchtungs- und Kameraparameter. ImProduction Storyboard ist jedes Frame nummeriert und mit Zeitparameternversehen. Weiterhin sind in jedem Bild Anweisungen fur die Kamerabewegungund den Schnitt vorhanden.

    Character Sheets. Zusatzlich zum Storyboard werden auch die sog. Cha-racter Sheets erstellt. Hierin wird die Personlichkeit der einzelnen virtuel-len Charaktere beschrieben, sowie Anweisungen fur ihre Animation gegeben.

  • 8 1 Einfuhrung

    Ein sorgfaltiger und wohl uberlegter Entwurf der handelnden Charaktere istfur den wirtschaftlichen Erfolg eines Computeranimationsfilms von entschei-dender Bedeutung. Vor allem ist es notwendig, den virtuellen Charakterenglaubwurdige Personlichkeiten zu verleihen. Dies bedeutet, dass ein Charakterdie Emotionen vermitteln muss, die seine Rolle innerhalb der Filmhandlungausdrucken soll. Hierzu sind eine Vielzahl von Charakter- und Bewegungs-studien erforderlich, um mit unterschiedlichen Posen und Gesichtsmimikendie Ausdrucksfahigkeit des virtuellen Akteurs zu uberprufen. Gegebenenfallsmuss dessen Erscheinung korrigiert oder auch vollig neu entworfen werden.

    Von gleichrangiger Bedeutung sind auch produktionstechnische Aspekte.So ist beispielsweise die 3D-Animation, sowie das Rendering eines Zauberersmit langem Bart, langen Haaren und einem zerfurchten Gesicht, der zudemnoch einen wallenden Umhang tragt, viel aufwendiger als die Darstellung einesCharakters mit eng anliegender Kleidung, kurzen Haaren und glattem Gesicht.

    Weiterhin ist die erforderliche Gelenkigkeit der Figur fur die Animationvon groer Bedeutung. So ist auch die Skelettstruktur eines Charakters ein-schlielich der Freiheitsgrade seiner Gelenke, sowie die Einschrankungen derGelenkwinkel in den Character Sheets vorzugeben und an die geforderte Aus-drucksfahigkeit anzupassen.

    Wichtig ist, dass beim Entwurf der virtuellen Akteure das zur Verfugungstehende Produktionsbudget streng beachtet wird. Ein zu komplexer Cha-rakterentwurf kann den Produktionsaufwand, das heit den Aufwand fur diespatere Animation und das Rendering, extrem steigern, somit verteuern undletztendlich das gesamte Projekt gefahrden.

    Modellierung. Wahrend beim traditionellen Zeichentrickfilm nach dem Sto-ryboarding von erfahrenen Animateuren, den sog. Senior Animators die Keyf-rames und von den Junior Animators die Zwischenbilder, die Inbetweens, ge-zeichnet werden, sind bei der dreidimensionalen Computeranimation die virtu-ellen Charaktere erst als Modelle zu erzeugen. Neben den Charakter-Modellen,sind naturlich auch die Modelle der Hintergrundszenen anzufertigen, welcheinnerhalb der Filmhandlung vorkommen. Ein wirtschaftlicher Nebeneffekt ist,dass die einmal erzeugten Modelle beliebig oft fur andere Produktionen ver-wendbar oder auch vermarktbar sind. So hat sich hierfur bereits ein Marktentwickelt, der im stetigen Wachsen begriffen ist.

    1.2.2 Production

    Animation. Nach der Modellierung kann der eigentliche Animationsprozesserfolgen, wobei in der Regel zwischen Primar- und Sekundaranimation un-terschieden wird. Unter der Primaranimation ist die Animation weitraumigerBewegungsablaufe wie beispielsweise Lauf- oder Kampfbewegungen zu verste-hen. Die Sekundaranimationen sind zwar den Primaranimationen uberlagert,sie konnen jedoch vollig autonom ausgefuhrt werden. Beispiele sind das Ver-

  • 1.2 Produktionsphasen eines Computeranimationsfilms 9

    zerren des Gesichtes wahrend eines Kampfvorgangs oder die Atmung einesvirtuellen Laufers.

    Die Festlegung der primaren Bewegungsablaufe erfolgt in der Regel mitsehr stark vereinfachten Geometriemodellen, wobei auch einfache Rendering-Verfahren verwendet werden. Oftmals sind, um bestimmte Bewegungssequen-zen zu erzeugen, viele Versuche erforderlich. Der hierzu notwendige Auf-wand wird durch die groe Anzahl der Animateure deutlich, die bei groenFeaturefilm-Produktionen, wie Shrek oder Final Fantasy, zwischen 20 und30 liegen kann.

    Die Animation der in der Filmhandlung agierenden virtuellen Figuren undObjekte kann mit einer Anzahl unterschiedlicher Techniken erfolgen, die nach-folgend beschrieben werden.

    Stop-Motion-Technik. Eine haufig verwendete Methode ist die Stop-Motion-Technik. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass die Positionen und Orientie-rungen der Glieder eines Charakters schrittweise verandert werden, wobeidie Animations- und Rendering-Schritte wechselseitig ausgefuhrt werden. DieAusfuhrung der Objektbewegungen erfolgt hierbei mit kinematischen Verfah-ren. Die Anwendung der Stop-Motion-Technik erfordert sehr viel Sorgfalt undErfahrung. Da sich einzelne Bewegungsschritte nicht mehr nachtraglich kor-rigieren lassen, ist es im Fall einer fehlerhaften Animation notwendig, dengesamten Bewegungsablauf eines Charakters neu zu erstellen.

    Motion Capturing. Motion Capturing ist eine Methode, um sehr natur-lich wirkende Bewegungssequenzen zu erzeugen. Hierbei gibt ein Darsteller,an dessen Korper Sensoren angebracht sind, den gewunschten Bewegungsab-lauf vor. Die Sensorpositionen werden hierbei fortlaufend mit mechanischen,optischen, elektromagnetischen oder akustischen Verfahren aufgezeichnet. Inder Regel ist eine Nachbearbeitung der Bewegungsdaten erforderlich, bei derneben der Glattung und der Erganzung der Koordinatensequenzen auch ei-ne Anpassung an die Geometrie des virtuellen Charakters erfolgt. Anschlie-end stehen die Bewegungsdaten zur Steuerung des virtuellen Akteurs zurVerfugung. Entsprechend den Geometriemodellen werden auch die beim Mo-tion Capturing gewonnenen Bewegungsdaten zum Zweck der Wiederverwen-dung in Bibliotheken archiviert und auch vielfach vermarktet.

    Prozedurale Animation. Die prozedurale Animation dient zur Erzeugungspezieller Animationen, bei der ein Bewegungsablauf von einer Prozedur vor-gegeben ist oder durch ein System von Regeln bestimmt wird. Beispiele fureine einfache prozedurale Animation ist der klassische, mit Hilfe von Parti-kelsystemen erzeugte Genesis Effekt im Film Star Trek II - The Wrath ofKhan aber auch die Massenkampfszenen in Lord of the Rings, wo sogarden einzelnen Rittern ein individuelles, regelbasiertes Bewegungsrepertoire zurAusfuhrung von Kampfaktionen [4] zugeordnet wurde.

  • 10 1 Einfuhrung

    Physikalisch-basierte Animation. Der dynamische Bewegungsablauf vie-ler Objekte in der realen Welt, beispielsweise durch Einwirkung externerKrafte, wird durch die Gesetze der Physik bestimmt. Damit auch virtuelleObjekte, wie beispielsweise Gelenksysteme, plausible Bewegungen ausfuhrenkonnen, sind die physikalischen Gesetzmaigkeiten zu berucksichtigen. Diephysikalisch-basierte Modellierung ist jedoch, ahnliche wie bei der prozedu-ralen Animation, auf eine sehr begrenzte Anzahl von Anwendungen einge-schrankt, da der Aufwand fur eine physikalisch korrekte Beschreibung kom-plexer Szenarien sehr hoch ist.

    Spezialisierte Animationsverfahren. Hierunter sind beispielsweise jeneMethoden zu verstehen, mit denen oftmals Naturerscheinungen, wie Meeres-wellen, Wolken oder auch Flussigkeiten dargestellt werden. Desgleichen falltdie Gesichtsanimation oder die Animation von Stoffen in diese Kategorie. Die-se sehr speziellen Verfahren sind oftmals prozedural oder physikalisch-basiert.

    Rendering. Nachdem die Animation innerhalb einer in sich abgeschlosse-nen Bildfolge festgelegt ist, muss mit der Positionierung der Lichtquellen dieAusleuchtung der Szenen festgelegt werden. Um die Lichtverteilung mit un-terschiedlichen Beleuchtungskonfigurationen beurteilen zu konnen, erfolgt einschnelles Rendering der Bildsequenzen mit geringerer Auflosung und gerin-gerer Qualitat, d.h. ohne Anti-Aliasing, Motion-Blur, Caustics oder Depthof Field. Fallt die abschlieende Uberprufung der Animation und Szenen-ausleuchtung zufriedenstellend aus, so wird der finale Rendering-Prozess aus-gefuhrt. Hierbei werden die Szenen mit zumeist sehr hoher Auflosung undBildqualitat berechnet.

    Im Fall komplexer Szenarien werden diese in einzelne Layer unterteilt,separat gerendert und in der nachfolgenden Post-Processing-Phase mittelsImage Compositing zusammengefugt. Im Film Final Fantasy wurden bei-spielsweise die auerst aufwendig modellierten Charaktere auf separaten Lay-ern gerendert. Die komplexen Hintergrundszenen mussten nach [5] sogar aufsechs verschiedene Layer aufgeteilt werden.

    Das finale Rendering erfolgt in der Regel auf verteilten Rechnersystemen,die aus mehreren hundert PCs bestehen konnen. Jeder dieser Rechner ist furdas Rendering eines kompletten Layers oder Bildes zustandig und transferiertsein Ergebnis zu einem Zentralsystem, das die dezentral berechneten Bilder inihrer korrekten Reihenfolge fur den nachfolgenden Video- oder Film-Schnittabspeichert.

    1.2.3 Post-Production

    Image Compositing. In der Post-Production-Phase erfolgt mit dem ImageCompositing das Zusammenfugen der einzelnen Layer eines Bildes. Die Tech-nik des Image Compositing lasst sich anhand eines sehr einfachen Beispiels,das in der Abb. 1.6 dargestellt ist, in seinen Grundzugen verdeutlichen. In

  • 1.2 Produktionsphasen eines Computeranimationsfilms 11

    reale Landschaftsynthetischer Saurier

    Sauriermaske

    Schattenmaske

    inverseSauriermaske

    Hintergrund+ Saurier

    Hintergrund+ Saurier+ Schatten

    inverseSchattenmaske

    Saurierschatten

    f)

    h)

    i)

    b)

    d)

    e)

    g)

    a)

    c)

    Abb. 1.6. Prinzip des Image Compositing (s. Farbtafel I)

    diesem Beispiel wird das synthetisierte Bild eines Sauriers mit Hilfe einerzuvor erzeugten binaren Maske kombiniert. Diese Maskierung hat den Sinn,dass nur die Teile der Saurierszene selektiert werden, die in das Gesamtbildeingefugt werden sollen. Die Pixelwerte des Saurierbildes in den schwarzenBereichen der Maske werden hierbei auf den Wert Null gesetzt, wahrend siein den weien Gebieten unverandert bleiben. In umgekehrter Weise wird mitdem Landschaftsbild verfahren. Dort wird mit der inversen Sauriermaske je-ner Bereich maskiert, der vom Saurier uberdeckt wird. Die Komposition aus

  • 12 1 Einfuhrung

    Saurier- und Hintergrundbild erfolgt durch Addition beider Bildmatrizen. DasHinzufugen des Schattens, den der Saurier auf den Boden wirft, wird in ana-loger Weise ausgefuhrt. Um einen realistischen Bildeindruck zu erzielen, istes erforderlich, die Lichtverhaltnisse der separat erzeugten Bilder aufeinanderabzugleichen. Hierzu ist es mitunter notwendig, die Helligkeit der einzelnenBildteile, und zwar Bild fur Bild, manuell einzustellen.

    Wesentlich aufwendiger gestaltet sich das Image Compositing wenn einvirtueller Charakter sehr eng mit einem realen Schauspieler interagiert. Stel-len wir uns als Beispiel eine Szene vor, in der ein virtueller Charakter, derbeispielsweise eine langst verstorbene Darstellerin reprasentiert, mit einembekannten Schauspieler tanzt. Um dies zu realisieren, sind fur das Image Com-positing zusatzliche Schritte erforderlich. Zuerst wird die Tanzszene mit einerrealen Darstellerin ausgefuhrt, die moglichst in ihrer Groe und in ihren Pro-portionen dem Vorbild entspricht.

    Damit diese Darstellerin bei Verwendung der Color Keying-Methode ein-facher maskiert und aus der Tanzszene entfernt werden kann, tragt sie in derRegel ein Trikot und Handschuhe in der Farbe eines Farbschlussels (color key).Auch ihr Kopf ist in der gleichen Farbe eingehullt. Infolge dieser farblichenAuskleidung ist es mittels Farbseparierung leichter moglich, die reale Personaus der Tanzszene zu entfernen und durch den virtuellen Charakter zu erset-zen. Die Einpassung des virtuellen Charakters in die maskierten Bereiche derBildsequenz erfolgt anschlieend Bild fur Bild von Hand. Bei diesem Verfah-ren sind vielfach aufwendige Nachbearbeitungsschritte unumganglich.

    Video/Film-Schnitt. Der Filmschnitt mit linear auf Magnetband oder Filmaufgezeichneten Material wird zunehmend durch die seit wenigen Jahren auf-kommende Technik des nicht-linearen Schnitts verdrangt (Non-Linear Editing NLE ). Hierzu ist es notwendig, das gesamte fur den Schnitt benotigteFilmmaterial auf einen Plattenspeicher zu transferieren, der im Gegensatzzum Magnetband, einen wesentlich schnelleren, wahlfreien Zugriff auf einzel-ne Bilder ermoglicht. Hierdurch ergibt sich die Moglichkeit, kurze Bildfolgenan beliebigen Stellen eines Films einzufugen, zu kopieren, zu manipulierenoder zu loschen. Weiterhin konnen die Bildsequenzen in beliebiger Folge undunterschiedlichen Uberblendungen aneinandergereiht werden.

    Die hierfur benotigten Speicherkapazitaten sind allerdings enorm. So hatein Film von 90 Minuten Lange und einer Auflosung im Cineonformat in un-komprimierter Form einen Speicherbedarf von 6.5 TeraByte. In ungeschnit-tener Form ist fur das gesamte Filmmaterial, das beim Produktionsprozessentstanden ist, ein noch erheblich groerer Speicherplatz erforderlich. Um die-se Datenmenge mit vertretbarem Aufwand speichern zu konnen, ist es not-wendig, das Filmmaterial beispielsweise entsprechend dem MPEG-2 Standardzu komprimieren. Um die MPEG-2 Kodierung bzw. Dekodierung (Codec) inEchtzeit ausfuhren zu konnen, sind fur das Non-linear Editing Schnittplatzemit leistungsfahigen Prozessoren erforderlich.

  • 1.3 Grundregeln der Animation 13

    Vertonung. Die Dialoge, sowie Musik und Gerauscheffekte, wurden bereitswahrend der Pre-Production-Phase im Einzelnen festgelegt. In der Post-Production-Phase erfolgt die Feinabstimmung mit den korrespondierendenBildsequenzen, wobei bei der Gesichtsanimation besonders auf eine lippen-synchrone Abstimmung von Bild und Ton zu achten ist. Hierzu ist es oftmalsnotwendig, mit Hilfe sog. Sound Morphing-Verfahren die geforderte Synchro-nitat zu erreichen.

    Belichtung. Kinofilme werden vielfach im 35mm-Format aufgezeichnet. Beidem hierzu haufig verwendeten digitalen Cineonformat ist eine Auflosung von4.096 3.112 Bildpunkten mit einer Farbtiefe von 3 10 Bit erforderlich.Das Datenvolumen eines Bildes betragt somit 48 MByte. Fur die Belichtungdes Films wird ein Laserbelichter eingesetzt, der die Filmebene zeilenweisebeschreibt. Die Belichtung eines Bildes mit der o.g. Auflosung dauert nach [6]drei Sekunden. Fur die Belichtung eines Kinofilms, der aus ungefahr 135.000Einzelbildern besteht und der eine Spiellange von anderthalb Stunden besitzt,sind demnach circa 113 Stunden (ca. 5 Tage) erforderlich.

    1.3 Grundregeln der Animation

    Die wichtigsten Grundregeln fur die Gestaltung von Animationen, die auchnoch heute aktuell sind, wurden in den zwanziger und dreiiger Jahren in denDisney Studios entwickelt. F. Thomas und O. Johnston stellten diese Gestal-tungsregeln, die aus der Beobachtung der Natur entstanden sind, in ihremBuch Disney Animation: The Illusion of Life vor. Insgesamt wurden 11 Re-geln festgelegt, die nachfolgend aufgefuhrt sind:

    Squash and Stretch. Die Squash and Stretch-Regel besagt, dass ein elas-tischer Korper beim Aufprall auf einen anderen Gegenstand gestaucht undbeim Abprallen wieder gestreckt wird. Dieser Effekt der Gestaltveranderung,der dazu dient, die Geschwindigkeit zu betonen, wird um so deutlicher, jeelastischer der Korper ist. Wichtig ist jedoch, dass das Volumen des Objekteshierbei konstant bleibt.

    Timing and Motion. Die Geschwindigkeit, mit der eine Handlung aus-gefuhrt wird, hat sowohl eine emotionale als auch eine physische Bedeutung.So wird von der Art der Bewegung ein Eindruck vom Gewicht eines Korpersvermittelt. Das Aufheben einer schweren Bowlingkugel erfolgt beispielsweiseviel langsamer als das Greifen nach einem leichten Tennisball. Der Anima-teur muss daruber hinaus die Bewegung innerhalb eines angemessenen Zeit-ablaufs gestalten. Das fur die Bewegung vorgesehene Zeitintervall, darf zumeinen nicht so kurz sein, dass der Zuschauer den Bewegungsablauf nicht rich-tig wahrnehmen kann; zum anderen darf die Bewegung auch nicht zu starkausgedehnt werden, weil sonst die Aufmerksamkeit verloren geht.

  • 14 1 Einfuhrung

    Anticipation. Eine Aktion kann in ihre Vorbereitungsphase, in ihre Ausfuh-rung sowie in eine Abschlussphase aufgeteilt werden. Unter Anticipation wirdhierbei die Vorbereitung der eigentlichen Aktion verstanden. Ein Beispiel istdas Zuruckziehen des Fues bevor ein Ball getreten wird. Die Anticipationlasst den Zuschauer eine bestimmte Handlung erwarten und bereitet ihn vor,damit er schnelle Aktionen besser wahrnehmen kann. Mit der Anticipationkann beispielsweise auch die Schwere eines Gegenstandes betont werden. Sogeht ein virtueller Charakter zuerst in die Knie, bevor er ein schweres Paketanhebt, wahrend er sich bei einem leichten Gegenstand lediglich bucken wurde.

    Staging. Unter Staging wird die unmissverstandliche Darstellung einer Hand-lungsidee verstanden. Ein wichtiges Ziel des Staging ist es, die Aufmerksam-keit des Zuschauers in das Zentrum der Handlung zu lenken. Ein im Zentrumder Handlung befindlicher Charakter sollte sich daher vom Rest der Szene be-sonders gut abheben. Dies kann beispielsweise durch Bewegung geschehen, dain einer uberwiegend statischen Szene sich die Aufmerksamkeit vorzugswei-se auf ein bewegtes Objekt richtet. Ist hingegen alles in einer Szene bewegt,so wird ein ruhendes Objekt besonders gut wahrgenommen. Auch mit Farbelasst sich die Aufmerksamkeit auf das Zentrum einer Handlung fokussieren.In einer uberwiegend grauen Szene wird beispielsweise ein buntes Objekt be-sonders gut registriert.

    Follow Through and Overlapping Action. Follow through ist der ab-schlieende Teil einer Aktion. Ein Beispiel ist das Werfen eines Balls. DieHand des Werfers bewegt sich auch dann noch weiter, nachdem der Ball siebereits verlassen hat.

    Overlapping bedeutet, dass die Nachfolgeaktion ausgelost wird, bevor dieVorgangeraktion beendet ist. Hierdurch werden Lucken zwischen den einzel-nen zusammenhangenden Aktionen vermieden und das Interesse der Zuschau-er aufrecht erhalten.Zum Overlapping traf Walt Disney die folgende Feststellung: It is not neces-sary for an animator to take a character to one point, complete that actioncompletely, and then turn to the following action as if he had never given it athought until after completing the first action. When a character knows, whathe is going to do, he doesnt have to stop before each individual action andthink to do it. He has it planned in advance in his mind.

    Straight Ahead Action and Pose-to-Pose Action. Straight Ahead Acti-ons in den von Hand gezeichneten Animationen sind Bildfolgen, die von einemAnimationszeichner vom Anfang einer Szene bis zur ihrem Ende in einem Zuggezeichnet werden. Diese Technik wird verwendet, um beispielsweise spontanwirkende, wilde Raufszenen zu erzeugen. Im Gegensatz hierzu steht Pose-to-Pose Action. Hierbei wird eine Bildfolge sehr sorgfaltig mit Keyframes, denStart- und Endposen, sowie nach einem genauen Zeitablauf geplant.

  • 1.3 Grundregeln der Animation 15

    Slow In and Out. Das Slow In and Out-Prinzip bedeutet, dass die bewegtenObjekte abgebremst und beschleunigt werden mussen. Ein Bewegungsablauferscheint plausibler, wenn die Geschwindigkeit eines Objektes etwas variiert.So ist es in der Trickfilmtechnik sinnvoll, die Geschwindigkeit eines Balles vordem Auftreffen auf den Boden etwas abzubremsen und nach dem Abpral-len zu beschleunigen. Die Abbrems- und Beschleunigungsvorgange sind dabeimoglichst kurz zu halten.

    Arcs. Die Arcs-Regel besagt, dass die Bewegungsablaufe einer Aktion dennaturlichen Bewegung entsprechen mussen. Die Bewegungen sollten dahernicht eckig, sondern rund und gleichmaig verlaufen.

    Exaggeration. Exaggeration erfullt den Zweck der Uberbetonung bestimm-ter Bewegungen, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers fur bestimmte Ak-tionen mit besonders hoher Bedeutung zu erwecken. Hiervon sollte jedochsparsamer Gebrauch gemacht werden, da sonst sehr leicht der gesamte Bewe-gungsablauf zu unrealistisch erscheint.

    Secondary Action. Eine Secondary Action ist das direkte Resultat einerzuvor erfolgten primaren Aktion. Sie wird eingesetzt, um eine Animationnaturlicher und lebendiger erscheinen zu lassen und entspricht der im Ab-schn. 1.2.2 erwahnten Sekundaranimation.

    Appeal. Appeal bedeutet, dass Handlung und Charaktere dem Zuschauerge-schmack entsprechen mussen. Die Charaktere sollten lebendig erscheinen undeine Personlichkeit besitzen, die moglichst vergleichbar mit dem Charisma rea-ler Schauspieler ist. Die Szenen durfen weder zu simpel und langweilig, nochzu komplex und unverstandlich sein. Spiegelsymmetrien sind in den Szenenmoglichst zu vermeiden.

  • 2

    Globale Bewegungen

    In diesem Kapitel werden die Techniken zur Erzeugung von globalen Bewe-gungsablaufen behandelt. Eine haufig hierfur verwendete Methode, die im er-sten Teil dieses Kapitels diskutiert wird, ist die Keyframe-Interpolation. Wieim nachfolgenden Abschnitt gezeigt, lassen sichKeyframes verwenden, um Ob-jekte in einfacher Weise global zu verformen oder ihre raumliche Bewegung mitHilfe geometrischer Transformationen festzulegen. Dies trifft auch auf komple-xere Rotationsbewegungen mit Hilfe von Quaternionen zu, die anschlieendbehandelt werden. Auch fur Kamerafahrten, die sehr haufig in Computera-nimationen Anwendung finden, erfolgt die Festlegung des Bewegungsablaufsmit Hilfe von Keyframes. In diesem Fall sind es die Start- und Zielpositionender Segmente des Kamerapfades mit den korrespondierenden Ausrichtungenund Offnungswinkel des Kameraobjektivs.

    Die kinematischen Methoden gehoren zum zweiten Themenbereich. ImZusammenhang mit der Vorwartsberechnung von kinematischen Ketten wirdhier die Denavit-Hartenberg-Methode vorgestellt. Von groer Bedeutung sindauch die Methoden der inversen Kinematik, die gleichfalls ausfuhrlich behan-delt werden. Neben dem klassischen Ansatz zur Losung inverser kinematischerProbleme mit Hilfe der Jacobi-Matrix werden auch alternative Verfahren aufder Basis der transponierten Jacobi-Matrix sowie des CCD-Ansatzes erklart.

    2.1 Keyframes

    Die Keyframe-Interpolation wird bereits seit mehr als 60 Jahren zur manuel-len Erstellung von Zeichentrickfilmen verwendet und gehort damit zu denaltesten noch gebrauchlichen Animationsverfahren. Bis heute wird immernoch ein erheblicher Anteil aller Computeranimationen mit dieser Technikrealisiert. In ihrer ursprunglichen Form wird ein Bewegungsablauf mit Hilfevon Basisbildern den sog. Keyframes vorgegeben. Die Festlegung dieserKeyframes, auch Hauptphasen genannt, mit der ein Bewegungsvorgang fur

  • 18 2 Globale Bewegungen

    Keyframe 1

    Keyframe 2

    Inbetweens

    Keyframe 4

    Keyframe 3

    Abb. 2.1. Bestimmung des Bewegungsablaufs einer gelenkig verbundenen Figurmit Hilfe von Keyframes

    groere Zeitschritte festgelegt wird, erfolgt bei der manuellen Zeichentrickfil-merstellung durch den Hauptphasenzeichner. Das Zeichnen aller in den Zwi-schenphasen befindlichen Bildern ist die Aufgabe eines weiteren Spezialisten,des Inbetweener.

    In ahnlicher Weise erfolgt auch die rechnergestutzte Keyframe-Animation.Keyframes sind hier die Hauptbewegungsphasen, die wir jeweils als Start- undZielkonfiguration eines interpolierten Bewegungsablaufs betrachtet konnen.Sie werden vom Benutzer mit Hilfe von Parameter- oder Koordinatenfolgen,die diskreten Zeitpunkten entlang einer Zeitachse zugeordnet sind, festgelegt.Bei einer Figur, die aus starren gelenkig verbundenen Segmenten besteht, kanndies, wie Abb. 2.1 zeigt, durch die Festlegung der Gelenkkoordinaten erfolgen.Diese Geometriekoordinaten werden in einen durch die Zeitachse erweitertenKoordinatenraum eingetragen.

    Um naturlich wirkende Bewegungsablaufe zu erzeugen, sind abrupte Rich-tungsanderungen der Objektsegmente zu vermeiden. Dies lasst sich dadurcherreichen, dass die Koordinatentupel durch Spline-Kurven verbunden wer-den, an denen sich die Inbetweens ausrichten. Hierbei ist zu beachten, dassdie Abstande zwischen den Hauptphasen vom Bewegungsablauf abhangen.Schnelle Bewegungsanderungen werden mit kurzen Keyframe-Abstanden, imExtremfall ohne Zwischenphasen, festgelegt. Die Definition langsamer undgleichmaiger Bewegungsablaufe kann hingegen mit sehr groen Abstandenzwischen den Schlusselbildern erfolgen.

    2.1.1 Parametergesteuerte Keyframe-Transformationen

    Eine einfache Moglichkeit, Keyframes fur die Erzeugung von Computerani-mationen einzusetzen, bieten die parametergesteuerten Keyframe-Transfor-mationen. So lasst sich die Form eines Objektes, durch Parameter gesteuert,in Zeitschritten verandern. Dies ist in einfachster Weise mit Hilfe der achsen-unabhangigen Skalierung der Fall. Allerdings ist hier die parametergesteuerteFormanderung auf die Variation der Seitenverhaltnisse begrenzt. Vielfaltigere

  • 2.1 Keyframes 19

    Moglichkeiten bieten hingegen die Superquadriken. Die Abbildung 2.2 zeigteinen Superellipsoid, dessen Form implizit mit der Gleichung

    =3.0

    =0.2

    =3.0

    =1.0

    =3.0

    =2.0

    =3.0

    =3.0

    =2.0

    =3.0

    =1.0

    =3.0

    =0.2

    =3.0

    =0.2

    =2.0

    =0.2

    =1.0

    =0.2

    =0.2

    =1.0

    =0.2

    =2.0

    =0.2

    KF1

    Kf7

    Kf8

    Kf9

    Kf11

    Kf10

    Kf12 Kf2

    Kf3

    Kf4

    Kf5

    Kf6

    t1

    1.0

    0.2

    2.0

    3.0

    t2

    t3 t4

    t5

    t6

    t7

    t8

    t9

    t10

    t11

    t12

    tKf1 Kf12

    t

    Abb. 2.2. Parametergesteuerte Keyframes-Transformation mit Superellipsoiden:Keyframes Kf1,..., Kf12 (oben), Verlauf der linearen sowie mit Splines interpolierten(gestrichelt) Transformationsparameter (unten)

  • 20 2 Globale Bewegungen[[x

    rx

    ]2/+[y

    ry

    ]2/]/+[z

    rz

    ]2/= 1 (2.1)

    bestimmt wird. Die Keyframes werden hier mit den Parametern und fest-gelegt, die diskreten Zeitpunkten ti zugeordnet sind. Diese Parameter lassensich als Stutzstellen betrachten, mit denen sich im einfachsten Fall der Werte-verlauf durch lineare Interpolation bestimmen lasst. Hierbei wird jedoch derkontinuierliche Ablauf der Objektbewegungen infolge der Diskontinuitaten anden Stutzstellen der Parameterkurven gestort. Um einen kontinuierlichen Ab-lauf der Objektbewegung zu erhalten, wenden wir die Spline-Interpolation an.In Abbildung 2.2 sind oben die mit denKeyframe-Parametern 1 bis 12 defor-mierten Superellipsoiden, dargestellt. Sie werden als Keyframes Kf1 bis Kf12den Zeitpunkten t1 bis t12 zugeordnet. Auf dem unteren Teil von Abb. 2.2sind die Kurven der linear sowie mit Splines interpolierten Parameterverlaufevon und aus Glg. 2.1 gezeigt.

    Neben den Superquadriken gibt es eine Vielzahl weiterer Verfahren, umObjekte mit Hilfe parametergesteuerter Keyframe-Transformationen in kon-trollierter Weise dynamisch zu deformieren. Im Kapitel 3 werden diese Me-thoden separat behandelt.

    Rotationstransformationen

    Logos oder Schriftzuge, die im Raum um beliebige Achsen rotierten oder diesich, durchKeyframes gesteuert, auf vorgegebenen Raumkurven bewegen, sind

    YY

    XX

    ZZ

    (b)(a)

    Abb. 2.3. Mehrdeutigkeiten bei Rotationsbewegungen durch inkrementelle Ande-rungen der Euler-Winkel: (a) Rotation um die X-Achse, (b) Rotation um die Y -und Z-Achse

  • 2.1 Keyframes 21

    -0.2

    0.2

    .0

    0.4

    0.6

    0.8

    1.0

    1.0

    a a a00 11 22, ,

    a a a02 10 21, ,

    a a a01 12 20, ,

    2.0 3.0 4.0

    [ ]rad

    Abb. 2.4. Anderung der Koeffizienten der Transformationsmatrix in Glg. 2.2abhangig vom Drehwinkel . Es wird eine 270 Rotation um eine diagonal im Raumausgerichtete Drehachse ausgefuhrt

    haufige Anwendungen der Computer Animation. Nachfolgend sollen die hier-bei auftretenden Probleme sowie ihre Losungen diskutiert werden.

    Um ein Objekt beliebig im Raum ausrichten zu konnen, mussen hierzu dieDrehwinkel um die X-,Y- und Z-Achse bestimmt werden. Die Bestimmungdieser sog. Euler-Winkel ist jedoch nicht eindeutig. Nach [7] kann die gleicheAusrichtung eines 3D-Objektes mit zwolf verschiedenenWinkelkombinationenerreicht werden. Wegen dieser Mehrdeutigkeiten fuhrt eine lineare Interpola-tion zwischen zwei gleichen, mit Keyframes definierten Objektorientierungenzu unterschiedlichen Bewegungspfaden.

    So soll zum Beispiel der Buchstabe R 180 um die X-Achse gedreht

    werden. Im einfachsten Fall wird, wie in der Abb. 2.3a dargestellt, der Win-kelparameter einer Matrix, welche die Rotation um die X-Achse bewirkt, ingleichen Schritten von 0, ..., verandert. Alternativ hierzu kann aber auch diegleiche Endposition dieses Zeichens mit einer inkrementellen Drehung im posi-tiven Richtungssinn um die Z-Achse bei gleichzeitiger Rotation im negativenRichtungssinn um die Y -Achse erreicht werden (s. Abb. 2.3b).

    In jenen Fallen, in denen ein beliebiger Punkt P = (x, y, z) um eine frei imRaum ausgerichtete Achse rotieren soll, ist es erforderlich, die Euler-Winkel und damit die Parameter der Transformationsmatrix nach jedem Rota-tionsschritt neu zu bestimmen. Die Abbildung 2.4 zeigt am Beispiel einerdiagonal im Raum ausgerichteten Drehachse und einer Rotation um 270 denWerteverlauf der Parameter in der Transformationsmatrix:

    xrotyrotzrot

    =

    a00 a01 a02a10 a11 a12a20 a21 a22

    xyz

    . (2.2)

  • 22 2 Globale Bewegungen

    Mit Quaternionen lassen sich derartige Transformationen wesentlich eleganterdurchfuhren.

    Quaternionen-Rotationen. Ein Quaternion ist eine komplexe Zahl, die auseinem reellen und drei imaginaren Anteilen besteht. Sie wurden 1843 von demirischen Mathematiker Sir William Hamilton definiert. Mittels Quaternionen1

    ist es in einfacher Weise moglich, eine Koordinatenrotation um eine beliebigim Raum ausgerichtete Achse auszufuhren. Der reelle Anteil s des Quater-nions q = (s,v) = s + bi + cj + dk steht fur den Drehwinkel, wahrend diedrei imaginaren Anteile des Vektors v die Ausrichtung der Rotationsachsebestimmen. Die Quaternionen-Rotation erfolgt mit:

    Rq(P) = qe pq1e .

    Hierbei ist qe ein Einheitsquaternion

    qe = (cos,n sin) = (cos, nx sin, ny sin, nz sin) mit |n| = 1,

    die den Drehwinkel sowie die Ausrichtung des Drehachsenvektors reprasen-tiert. p = (0, r) ist hingegen ein Quaternion, dessen Skalarteil den Wert Nullaufweist und dessen Imaginarteil die zu transformierenden Koordinaten desPunktes P darstellt. Die Inverse2 von qe erhalten wir mit q1e = qe. DieMultiplikation dieser drei Quaternionen nach den im Anhang vorgestelltenRegeln ergibt:

    n

    r

    pY

    Drehachse

    Z

    X

    Abb. 2.5. Quaternionen-Rotation

    1 Die Rechenregeln fur Quaternionen sind im Anhang B erklart.2 Ist q ein Einheitsquaternion, so ist die Inverse gleich des komplementaren Qua-ternions q1e = (s,v) = qe

  • 2.1 Keyframes 23

    Rq(P) = (0, (s2 v2)r+ 2v(v r) + 2 sv r).Mit den Festlegungen fur qe und p erhalten wir die Quaternionen-Rotationmit:

    Rq(P) = (0, r(cos2 sin2 ) + 2n(n r) sin2 + 2 cos sin(n r))= (0, r cos 2+ (1 cos 2)n(n r) + sin 2(n r)).

    Dieses Ergebnis lasst sich wie folgt interpretieren:Wird die Operation qe(. . .)qeauf das Quaternion p = (0, r) angewendet, so erhalten wir, wie die Abb. 2.5zeigt, die Drehung eines durch den Vektor r bestimmten Punktes P um dieAchse n (hier n=Einheitsquaternion) mit dem Winkel 2:

    Rq(p) (0,

    xyz

    ) =

    qe=(s,v) (cos

    2,

    nx sin/2ny sin/2nz sin/2

    )

    p=(0,r) (0,

    xyz

    )

    qe=(s,v) (cos

    2,

    nx sin/2ny sin/2nz sin/2

    ) . (2.3)

    In vielen Fallen ist es erforderlich, die Quaternionen-Rotation in die kor-respondierende Matrixtransformation zu uberfuhren. Wir erhalten mit denKomponenten der Einheitsquaternion

    qe = (cos

    2,

    nx sin/2ny sin/2nz sin/2

    ) = (s,

    vxvyvz

    )

    die Koeffizienten der korrespondierenden Transformationsmatrix

    M =

    a00 a01 a02a10 a11 a12a20 a21 a22

    mit

    a00 = 1 2 (v2y + v2z), a01 = 2 (vxvy s vz), a02 = 2 (vxvz + s vy),a10 = 2 (vxvy + s vz), a11 = 1 2 (v2x + v2z), a12 = 2 (vyvz s vx),a20 = 2 (vxvz s vy), a21 = 2 (vyvz + s vx), a22 = 1 2 (v2x + v2y).

    Die Bestimmung der Parameter des Quaternions mit den Parametern derTransformationsmatrix ist gleichfalls in einfacher Weise moglich. Mit den Dia-gonalelementen der Transformationsmatrix erhalten wir den Skalarteil desQuaternions s = 0.5

    a00 + a11 + a22 + 1, mit dem sich die drei Vektorkom-

    ponenten von q berechnen lassen:

  • 24 2 Globale Bewegungen

    vx =a21 a12

    4s, vy =

    a02 a204s

    , vz =a10 a01

    4s.

    Beispiel. Anhand eines einfachen Beispiels soll nun die Anwendung der Qua-ternionen-Rotation verdeutlicht werden. Ein Punkt P mit den Koordinaten(2, 1, 0) soll um einen Vektor n rotiert werden, der kollinear zur Raumdiagona-len ausgerichtet ist. Die Koordinaten von P sind in inkrementellen Schrittenvon 0 bis 270 (s = 3/4) zu rotieren. Um die Forderung |q| = 1 zu erfullen,muss n auf die Einheitslange n = (

    1/3,

    1/3,

    1/3) skaliert werden. Wir

    setzen diese Parameter in Glg. 2.3 ein und erhalten:

    (0,

    xyz

    ) =(cos(t 3/4),

    1/3 sin(t 3/4)1/3 sin(t 3/4)1/3 sin(t 3/4)

    )(0,

    210

    )

    (cos(t 3/4),

    1/3 sin(t 3/4)

    1/3 sin(t 3/4)1/3 sin(t 3/4)

    ) mit 0 t 1.

    v P: (2,1,0)

    YX

    Z

    n 1 3 1 3 1 3, ,d i

    Abb. 2.6. Beispiel zur Quater-nionen-Rotation

    Y

    X

    Z

    (1-u)

    v(u)vb

    ve

    Abb. 2.7. Spharische Vektor-interpolation

    Indem wir den Parameter t mit konstanten Schritten von 0 bis 1 inkremen-tieren, erhalten wir den in der Abb. 2.6 dargestellten Raumkurvenverlauf.

    Vielfach ist es erforderlich, zeitgleich zur Koordinatenrotation auch dieOrientierung der Drehachse zu andern. Hierzu bietet sich die in der Abb.2.7 dargestellte spharische Vektorinterpolation an, bei der der normalisierteDrehachsenvektor einen Kreisbogen auf einer Kugeloberflache beschreibt. MitGlg. 2.4 kann diese Interpolation in einfacher Weise durchgefuhrt werden:

  • 2.1 Keyframes 25

    v(u) = vbsin(1 u)

    sin+ ve

    sinusin

    , u = 0, ..., 1. (2.4)

    Hierin ist v(u) der interpolierte Vektor und der Winkel zwischen Anfangs-und Endvektor vb und ve. Der Drehachsenvektor beschreibt auf seinem Wegvom Anfangs- zum Endpunkt eine spharische Raumkurve mit minimalerLange.

    2.1.2 Kamerafahrten

    Bei Kamerafahrten bewegt sich eine virtuelle Kamera innerhalb einer 3D-Szene auf einer zuvor festgelegten Raumkurve und erzeugt dabei eine Bildfol-ge aus unterschiedlichen Positionen und Richtungen. Die Keyframes sind indiesem Fall die zuvor festgelegten Kameraparameter. Zu diesen Parameterngehoren neben der Kameraposition, die Projektionsrichtung, der Offnungswin-kel des virtuellen Objektivs und der Orientierungswinkel, die jeweils diskretenOrten auf der Raumkurve zugeordnet sind. In Abbildung 2.8 tragen diese Or-te, die den Verlauf der Raumkurve bestimmen, die Bezeichnungen K1 bis K5.

    Nachfolgend soll ein einfaches Beispiel zur Implementierung einer Kame-rafahrt diskutiert werden. Hierzu sind die folgenden Schritte erforderlich:

    1. Festlegung des durch die 3D-Szene fuhrenden Kamerapfades mitHilfe der Schlusselpositionen.

    Abb. 2.8. Der Verlauf der Raumkurve wird mit den Kamerapositionen K1 bisK5 bestimmt. Fur jede der Schlusselpositionen wird die Ausrichtung der Kamerafestgelegt

  • 26 2 Globale Bewegungen

    2. Bestimmung der Pfadlange und Einteilung des Pfades in aquidistante Ab-schnitte (bei gleichbleibender Geschwindigkeit).

    3. Bestimmung der Kameraausrichtung.4. Abbildungstransformation.

    Bestimmung des Kamerapfades

    In dem vorliegenden Beispiel, Abb. 2.9, wurden die Kontrollpunkte P0 bis P9mit den Koordinaten:

    P0 = (0.2, 0.2, 0.2),P1 = (0.4, 0.2, 0.2),P2 = (0.7, 0.4, 0.2),P3 = (0.8, 0.6, 0.2),P4 = (1.0, 1.0, 0.2),P5 = (0.8, 1.0, 0.2),P6 = (0.4, 0.8, 0.8),P7 = (0.44, 0.6, 0.2),P8 = (0.2, 0.3, 0.2) und P9 = (0.0, 0.2, 0.2) vorgegeben.

    Mit Hilfe der Kontrollpunkte wird der Kamerapfad unter Verwendung vonB-Splines berechnet. Alternativ hierzu kann der Pfad auch mit anderen ge-eigneten Spline-Kurven bestimmt werden2. Bei dem in diesem Beispiel ver-wendeten kubischen B-Splines B(u) = [B0,3(u) B1,3(u) B2,3(u) B3,3(u)]T ,werden nach Glg. 2.5 jeweils vier Kontrollpunkte zur Berechnung eines Kur-vensegmentes benotigt. Wir erhalten die Koordinaten des erste Kurvenseg-ment S0(u) mit den Kontrollpunkten: P0 = (0.2, 0.2, 0.2), P1 = (0.4, 0.2, 0.2),P2 = (0.7, 0.4, 0.2) und P3 = (0.8, 0.6, 0.2):

    Z

    X

    Y

    P0

    P1P2

    P3

    P4

    P5

    P6

    P7P8P9

    1

    1

    Abb. 2.9. Festlegung der Kontrollpunkte des Kamerapfades

    2 Splines werden ausfuhrlich in der Grundlagenliteratur zur Computergrafik [8], [9]behandelt

  • 2.1 Keyframes 27

    Z

    X

    Y

    P0S0

    S1S2

    S3

    S4S5

    S6

    P1P2

    P3

    P4

    P5

    P6

    P7

    P8

    P9

    1

    1

    Abb. 2.10. Berechneter Kamerapfad bestehend aus den Segmenten s0 bis s6

    S0(u) = [P3 P2 P1 P0]

    B0,3(u)B1,3(u)B2,3(u)B3,3(u)

    (2.5)

    =

    0.8 0.7 0.4 0.20.6 0.4 0.2 0.20.2 0.2 0.2 0.2

    u3/6(3u3 + 3u2 + 3u+ 1)/6(

    3u3 6u2 + 4)/6(1 u)3

    /6

    .

    In gleicher Weise werden die Koordinaten der Kurvensegmente S1 bis S6bestimmt:

    S1(u) =[P4 P3 P2 P1

    ] B(u),S2(u) = [P5 P4 P3 P2 ] B(u),S3(u) =

    [P6 P5 P4 P3

    ] B(u),S4(u) = [P7 P6 P5 P4 ] B(u),S5(u) =

    [P8 P7 P6 P5

    ] B(u),S6(u) = [P9 P8 P7 P6 ] B(u).Das Ergebnis ist die in Abb. 2.10 dargestellte Raumkurve.

    Pfadlange. Um zu erreichen, dass sich die Kamera mit konstanter Geschwin-digkeit auf der zuvor berechneten Raumkurve bewegt, konnte der Gedankeaufkommen, fur jedes der sieben Segmente den Parameter u mit konstanten

  • 28 2 Globale Bewegungen

    Schritten, entsprechend der Reihenfolge in Abb. 2.10, zu inkrementieren. Dieswurde allerdings voraussetzen, dass alle Kurvensegmente die gleiche Langebesitzen. Da dies nicht der Fall ist, muss die Gesamtlange des Kamerapfadesberechnet und anschlieend in n aquidistante Abschnitte unterteilt werden,wobei n der Anzahl der inkrementellen Bewegungsschritte der virtuellen Ka-mera entspricht. Fur jeden Schritt auf der Raumkurve ist die Nummer desjeweilige Kurvensegmentes sowie dessen u-Parameter in Glg. 2.5 zu bestim-men, um die Kameraposition zu berechnen.

    Indem wir die Raumkurve, wie in Abb. 2.11 dargestellt, durch geradeStrecken approximieren, lasst sich die Kurvenlange s naherungsweise berech-nen. Wir erhalten die Abschatzung:

    s k

    sk

    mitsk =

    x2k +y

    2k +z

    2k,

    sowie die exakte Losung mit:

    s = 10

    (dxdu

    )2+(dydu

    )2+(dzdu

    )2du.

    In das Kurvenintegral werden fur die Koordinaten der Kurve x, y und z diekubischen B-Spline Funktionen eingesetzt:

    si = 10

    ((d(3

    k=0 Bk,3(u)xi+k)du

    )2+

    (d(3

    k=0 Bk,3(u)yi+k)du

    )2(2.6)

    +(d(3

    k=0 Bk,3(u)zi+k)du

    )2)1/2du.

    Mit den ersten Ableitungen der drei Terme aus Glg. 2.6 erhalten wir:

    dx

    du=

    12(xi+2 xi) + u(xi 2xi+1 + xi+2) + u

    2

    2(xi + 3xi+1 3xi+2 + xi+3)

    dy

    du=

    12(yi+2 yi) + u(yi 2yi+1 + yi+2) + u

    2

    2(yi + 3yi+1 3yi+2 + yi+3)

    dz

    du=

    12(zi+2 zi) + u(zi 2zi+1 + zi+2) + u

    2

    2(zi + 3zi+1 3zi+2 + zi+3).

    Mit Hilfe der numerischen Integration lasst sich Glg. 2.6 losen. Im vorliegendenFall erhalten wir mit den Stutzstellen P0, P1, P2 und P3 die Lange vonSegment s0:

  • 2.1 Keyframes 29

    X

    Y

    Z

    si 1

    si 1

    si zi

    yixi

    Abb. 2.11. Bestimmung der Kurvenlange

    s0 = 10

    ((0.25 + 0.1u 0.15u2)2 + ( 1

    10+

    u

    5+

    u2

    10))du = 0.3022.

    Fur alle weiteren Segmente erhalten wir: s1 = 0.3022, s2 = 0.2788, s3 =0.3237, s4 = 0.4602, s5 = 0.3899, s6 = 0.3412 sowie die Gesamtlange des Ka-merapfades ssum = 2.3291, die auf die Einheitslange skaliert wird:

    ssum =1

    ssum

    nsi = 1.

    Um die stuckweise definierte Raumkurve gleichmaig durchfahren zu konnen,muss der Kamerapfad, wie bereits eingangs erwahnt, in gleiche Zeitschritteunterteilt werden. Hierzu fuhren wir die Variable v ein, die quasi als Zeitva-riable fungiert. Wir erhalten mit v den jeweiligen Segmentindex i sowie dieLaufvariable u des dazugehorigen Kurvensegmentes (v i, u). Die Bestim-mung von i erfolgt mit

    i1k=0

    sk v 1 entspricht einer zeitlichen Uberabtastung (oversampling), da zwi-schen zwei Frames mehrere Simulationsschritte durchgefuhrt werden. Ein sol-ches Vorgehen ist haufig erforderlich, um die Stabilitat des mathematischenLosungsverfahrens zu gewahrleisten.

  • 11.3 Modellierung mechanischer Systeme 285

    gefuhrt hat, hat man dann aber die Moglichkeit, die gewunschten Bewegungsablaufejederzeit auf Knopfdruck generieren und durch kleine Anderungen der Simulations-parameter geeignet modifizieren zu konnen.

    11.2 Von der Simulation zur Animation

    Das im vorigen Abschnitt skizzierte Ablaufschema der physikalisch-basierten Ani-mation ist auch fur Simulationen in einem rein technischen Umfeld gultig. Bei einersolchen Anwendung werden mit Hilfe der Simulation bestimmte Informationen uberdie dynamischen Eigenschaften des physikalischen Modells gewonnen. Das Modellmitsamt der Simulationsparameter ist dabei fest vorgegeben, wahrend das Ziel in dermoglichst exakten Bestimmung des resultierenden Zeitverlaufes liegt. Die Aufgaben-stellung bei der physikalisch-basierten Animation besteht dagegen in der Erstellungrealistisch wirkender Animationen nach den Vorgaben und Wunschen des Anima-teurs. Hieraus resultieren zwei wichtige Abgrenzungskriterien zur rein technischenVerwendung von Simulationen:

    Wahrgenommene statt physikalische Korrektheit. Der Anspruch vonComputeranimationen liegt in ihrer visuellen Glaubwurdigkeit bzw. in ihrerAsthetik. An die grafische Darstellung werden daher hohe Anspruche gestellt,wahrend physikalisch unkorrekte Ergebnisse toleriert werden konnen, wenn sienicht wahrnehmbar sind oder den Gesamteindruck der Animation nicht beein-trachtigen.

    Bewegungssteuerung. Um den Vorstellungen des Animateurs gerecht werdenzu konnen, muss eine geeignete Steuerung der Bewegungen ermoglicht werden.Der Animateur kann z.B. daran interessiert sein, Zielkonfigurationen fur be-stimmte Teile des Systems vorzugeben, spezielle Objektbeziehungen festzulegenoder Bewegungen zu erhalten, die durch einen minimalen Kraftaufwand gekenn-zeichnet sind. Die Konzeption und Anwendung geeigneter Steuertechniken stelltdaher eine zentrale Aufgabe im Rahmen der physikalisch-basierten Animationdar.

    Im Abschnitt 11.6 wird das komplexe Problem der Bewegungssteuerung, das sich invielen Aspekten mit der Formulierung der Bewegungsgleichungen und der Festlegungder Simulationsparameter uberschneidet, ausfuhrlich besprochen. Zunachst soll aberdie konkrete physikalische Modellierung von mechanischen Systemen beschriebenwerden.

    11.3 Modellierung mechanischer Systeme

    In diesem Abschnitt werden zunachst die grundlegenden physikalischen Gesetz-maigkeiten fur die Simulation punktformiger, massenbehafteter Teilchen erlautert.Diese Ausfuhrungen bilden auch die Grundlage fur die anschlieend besprocheneModellierung von Punktteilchen-Systemen und von dreidimensionalen starren Kor-pern. Deformierbare Korper werden an dieser Stelle nicht behandelt (s. hierzu Ab-schn. 3.2).

  • 286 11 Physikalisch-basierte Animation mechanischer Systeme

    11.3.1 Dynamik von Punktteilchen

    Newtons Bewegungsgesetz fur ein einzelnes Punktteilchen mit dem Impuls p unterdem Einfluss einer aueren Kraft F lautet F = p. Die zeitliche Anderung des Im-pulses ist also genauso gro wie die Krafte, die auf das Teilchen wirken. Der Impulssetzt sich dabei aus der Masse des Teilchens m und seiner Geschwindigkeit v := rzusammen, wobei r den Ortsvektor des Teilchens bezeichnet: p := mv. Bei einerkonstanten Masse, was in den meisten Fallen gegeben ist und im Folgenden stetsangenommen werden soll, erhalt man somit die bekannte Form F(t) = m r(t) oderF(t) = m a(t) mit der Beschleunigung a(t) := r(t). Diese Beziehung stellt einegewohnliche Differentialgleichung zweiter Ordnung bezuglich r(t) dar.

    Fur ihre Losung, d.h. fur die Bestimmung des Bahnverlaufes r(t) von einemStartzeitpunkt t0 bis z