die elektrochemische fluorierung – ein Überblick

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[33] Mersmann, A.: Verfahrenstechnik (Mainz) 5 (1971) Nr. 1, S. 231 [34] Shi, M. G.; Mersmann, A.: Chem.-1ng.-Tech. 56 (1984) Nr. 5, S. [35] Zech, J. B.: Dissertation, TU Munchen 1977. [36] Mersmunn, A.: ,,Thermische Verfahrenstechnik", Springer-Ver- [37] Billet, R.; Mackowiuk, J.: Verfahrenstechnik (Mainz) 16 (1982) Nr. 2, S. 67/74. [38] Stichlrnair, J.; Stemmer, A.: ,,Stoffubergang in Fullkorperkolon- nen unter besonderer Berucksichtigung der Maldistribution", Vortrag bei der internen Arbeitssitzung des GVC-Fachausschus- ses ,Thermische Zerlegung von Gas- und Fliissigkeitsgemi- schen", Bochum 1984. 28. 4041405. lag, Berlin 1980. Die elektrochemische Fluorierung - ein Uberblick Enno Hollitzer und Peter Sartori* Es wird ein zusammenfassender Oberblick uber die prapara- tiv und technisch wertvolle Methode der Elektrolyse in Fluor- wasserstoff-Losung oder -Suspension gegeben und eine defi- nitionsgemaBe Trennung der verschiedenen Elektrofluorie- rungs-Methoden versucht. Dazu ist eine tabellarische Zusam- menfassung aller Arbeiten der letzten zehn Jahre als Supplement verfugbar.') Electrochemicalfluorination - a review. The versatile meth- od of electrolysis in hydrogen fluoride solution or suspension is reviewed. An attempt is made to give separate definitions for the different methods of electrochemical fluorination. In addition a supplement, containing tables of all papers and pa- tents published in the past ten years is available.') 1 Einleitung Am 30. Dez. 1983 ist in Gainesville, Florida/USA, J. H. Si- mom verstorben, dessen Arbeiten die Grundlagen fur die Methode der elektrochemischen Fluorierung bilden. Ober diese industriell und praparativ sehr wertvolle Arbeitstechnik gibt es einige - inzwischen schon wieder erganzungsbedurfti- ge - Zusammenfassungen. Die letzte umfangreiche Arbeit dieser Art stammt von Weinberg [l] aus dem Jahre 1975, in der auch auf die grundlegenden Arbeiten von Simons [2 - 41 ein- gegangen wird. Eine 1980 von Nuguse [5] erarbeitete Zusam- menstellung ist leider nicht allgemein zuganglich. In den letz- ten zehn Jahren erschien eine Vielzahl von Veroffentlichun- gen, die z. T. aufgrund verbesserter Analytik, z. T. basierend auf dem Einsatz moderner Werkstoffe in den Elektrofluorie- rungs-Apparaturen, neue Erkenntnisse zu dieser vielseitigen Arbeitsmethode erbracht haben. In diesem Oberblick wird die Literatur von 1974 bis Ende 1983 zusammengefaBt, soweit sie allgemein zuganglich war, mit Betonung der praparativen Arbeiten nach dem Simons- Verfahren. Um die Diskussion richtig zu steuern, ist eine erneute Be- griffsbestimmung erforderlich, weil sich - ausgehend von ei- ner sehr allgemeinen Definition der elektrochemischen Fluo- * Dipl.-Chem. E. Hollitzer und Prof. Dr. P. Surtori, Fachgebiet An- organische Chemie der Universitat - Gesamthochschule - Duis- burg, Lotharstr. 1, 4100 Duisburg 1. 1) Eine beschrankte Zahl von Kopien kann bei Prof. Surtori angefor- dert werden. rierung - die gleiche Bezeichnungsweise fur mehrere Verfah- rensvarianten herausgebildet hat, obwohl diese miteinander wenig zu tun haben. 2 Definition Die allgemeine Definition der elektrochemischen Fluorie- rung ist etwa die: ,Man fluoriert durch anodische Oxidation ein Substrat, das in fluorid-haltigem Losungsmittel gelost oder suspendiert ist." Die von Simons angegebene Verfahrensweise benutzt als Losungsmittel wasserfreien Fluorwasserstoff und fuhrt die Elektrolyse an Nickel-Elektroden durch. Als Produkte ent- stehen perfluorierte Derivate des Edukts zusammen mit per- fluorierten Molekulfragmenten und teilfluorierten Verbin- dungen mit relativ hohem Fluorierungsgrad. Andert man mit dem Elektrodenmaterial und Elektrolysepotential auch das Losungsmittel und die Fluorid-Quelle, treten andere Reak- tionen in den Vordergrund. So wird im Losungsmittelsystem [(C2H5),N]F.3 HF/Acetonitril an Platin-Elektroden bei Ein- satz von Alkyl-substituierten Aromaten entweder ein Wasser- stoff der Alkyl-Gruppe mit hoher Selektivitat durch Fluor ersetzt [6] oder ein Substituent am Aromaten gegen Fluor ausgetauscht [7]. Tab. 1 gibt einen Oberblick uber die ver- schiedenen Elektrolytsysteme, die bei der elektrochemischen Fluorierung Anwendung finden. Die gleichartige Bezeichnung aller Arbeitstechniken als ,Elektrochemische Fluorierung" hat vie1 Verwirrung gestif- tet, speziell im Hinblick auf die Diskussion moglicher Reak- tionsmechanismen. Welche Bandbreite an moglichen Reak- Chem.-1ng.-Tech. 58 (1986) Nr. 1, S. 31-38 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim 1986 31 0009-286X/86/0101-0031 $ 02.5010

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Page 1: Die elektrochemische Fluorierung – ein Überblick

[33] Mersmann, A.: Verfahrenstechnik (Mainz) 5 (1971) Nr. 1, S. 231

[34] Shi, M. G.; Mersmann, A.: Chem.-1ng.-Tech. 56 (1984) Nr. 5, S.

[35] Zech, J . B.: Dissertation, TU Munchen 1977. [36] Mersmunn, A.: ,,Thermische Verfahrenstechnik", Springer-Ver-

[37] Billet, R.; Mackowiuk, J.: Verfahrenstechnik (Mainz) 16 (1982) Nr. 2, S. 67/74.

[38] Stichlrnair, J.; Stemmer, A.: ,,Stoffubergang in Fullkorperkolon- nen unter besonderer Berucksichtigung der Maldistribution", Vortrag bei der internen Arbeitssitzung des GVC-Fachausschus- ses ,Thermische Zerlegung von Gas- und Fliissigkeitsgemi- schen", Bochum 1984.

28.

4041405.

lag, Berlin 1980.

Die elektrochemische Fluorierung - ein Uberblick

Enno Hollitzer und Peter Sartori*

Es wird ein zusammenfassender Oberblick uber die prapara- tiv und technisch wertvolle Methode der Elektrolyse in Fluor- wasserstoff-Losung oder -Suspension gegeben und eine defi- nitionsgemaBe Trennung der verschiedenen Elektrofluorie- rungs-Methoden versucht. Dazu ist eine tabellarische Zusam- menfassung aller Arbeiten der letzten zehn Jahre als Supplement verfugbar.')

Electrochemical fluorination - a review. The versatile meth- od of electrolysis in hydrogen fluoride solution or suspension is reviewed. An attempt is made to give separate definitions for the different methods of electrochemical fluorination. In addition a supplement, containing tables of all papers and pa- tents published in the past ten years is available.')

1 Einleitung

Am 30. Dez. 1983 ist in Gainesville, Florida/USA, J . H . Si- mom verstorben, dessen Arbeiten die Grundlagen fur die Methode der elektrochemischen Fluorierung bilden. Ober diese industriell und praparativ sehr wertvolle Arbeitstechnik gibt es einige - inzwischen schon wieder erganzungsbedurfti- ge - Zusammenfassungen. Die letzte umfangreiche Arbeit dieser Art stammt von Weinberg [l] aus dem Jahre 1975, in der auch auf die grundlegenden Arbeiten von Simons [2 - 41 ein- gegangen wird. Eine 1980 von Nuguse [5] erarbeitete Zusam- menstellung ist leider nicht allgemein zuganglich. In den letz- ten zehn Jahren erschien eine Vielzahl von Veroffentlichun- gen, die z. T. aufgrund verbesserter Analytik, z. T. basierend auf dem Einsatz moderner Werkstoffe in den Elektrofluorie- rungs-Apparaturen, neue Erkenntnisse zu dieser vielseitigen Arbeitsmethode erbracht haben. In diesem Oberblick wird die Literatur von 1974 bis Ende 1983 zusammengefaBt, soweit sie allgemein zuganglich war, mit Betonung der praparativen Arbeiten nach dem Simons- Verfahren. Um die Diskussion richtig zu steuern, ist eine erneute Be- griffsbestimmung erforderlich, weil sich - ausgehend von ei- ner sehr allgemeinen Definition der elektrochemischen Fluo-

* Dipl.-Chem. E. Hollitzer und Prof. Dr. P. Surtori, Fachgebiet An- organische Chemie der Universitat - Gesamthochschule - Duis- burg, Lotharstr. 1, 4100 Duisburg 1.

1) Eine beschrankte Zahl von Kopien kann bei Prof. Surtori angefor- dert werden.

rierung - die gleiche Bezeichnungsweise fur mehrere Verfah- rensvarianten herausgebildet hat, obwohl diese miteinander wenig zu tun haben.

2 Definition

Die allgemeine Definition der elektrochemischen Fluorie- rung ist etwa die: ,Man fluoriert durch anodische Oxidation ein Substrat, das in fluorid-haltigem Losungsmittel gelost oder suspendiert ist." Die von Simons angegebene Verfahrensweise benutzt als Losungsmittel wasserfreien Fluorwasserstoff und fuhrt die Elektrolyse an Nickel-Elektroden durch. Als Produkte ent- stehen perfluorierte Derivate des Edukts zusammen mit per- fluorierten Molekulfragmenten und teilfluorierten Verbin- dungen mit relativ hohem Fluorierungsgrad. Andert man mit dem Elektrodenmaterial und Elektrolysepotential auch das Losungsmittel und die Fluorid-Quelle, treten andere Reak- tionen in den Vordergrund. So wird im Losungsmittelsystem [(C2H5),N]F.3 HF/Acetonitril an Platin-Elektroden bei Ein- satz von Alkyl-substituierten Aromaten entweder ein Wasser- stoff der Alkyl-Gruppe mit hoher Selektivitat durch Fluor ersetzt [6] oder ein Substituent am Aromaten gegen Fluor ausgetauscht [7]. Tab. 1 gibt einen Oberblick uber die ver- schiedenen Elektrolytsysteme, die bei der elektrochemischen Fluorierung Anwendung finden. Die gleichartige Bezeichnung aller Arbeitstechniken als ,Elektrochemische Fluorierung" hat vie1 Verwirrung gestif- tet, speziell im Hinblick auf die Diskussion moglicher Reak- tionsmechanismen. Welche Bandbreite an moglichen Reak-

Chem.-1ng.-Tech. 58 (1986) Nr. 1, S. 31-38 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim 1986 31 0009-286X/86/0101-0031 $ 02.5010

Page 2: Die elektrochemische Fluorierung – ein Überblick

Tabelle 1. Elektrolytsysteme fur elektrochemische Fluorierungen.

Verfahren Elektrolyt Anodenmaterial Potential

Elektrofluorierung wasserfreier Fluorwasserstoff (HF),, Ni 5 bis 7 V elektrochemische Perfluorierung Electrofluorination, Simons-Verfahren

Elektrofluorierung in Salzschmelzen NH,F.HF oder C (poros) 5 bis 7 V Molten salt electrofluorination

evtl. Zusatz von NaF, KF, LiF

KF.2 HF; T > 100 OC

Elektrofluorierung in polaren Losungsmitteln CH,COOH/KF.HF Pt elektrochemische Teilfluorierung HF/BF, Pt Electrofluorination [(C2H5)4N] F.3 HF/CH,CN; Pt

[(C,H,),NH], SiF,/CH,CN Pt AgF/CH,CN Pt

Sulfolan; C,H,CN; CH,Cl, bis 50 V

Tabelle 2. Vergleich verschiedener Fluorierungsreaktionen.

IIC,H,),NI F.3HF/Benzonitril an Pt-Elektroden 181

C F I bF ( 2 Mol.-70) 14 bis 16 V

303 K F acF3 4,2 A/dm2

I(C,H,l,Nl F .3HF/Benzonitril an Ni-Elektroden [81

35 bis 4OV wCF3 3 A/drn' M C F 3 I.,, .

F + Spuren von bF +Fb

(HF), an Ni-Elektroden [91

5.5 bis 5.8V

acF3 0.9 278 bis bis 1,4 280K A/dm2 - mcF3 (47,6 Mol.-%I

Tabelle 3. Auswirkung der Anodenmaterialien auf die Ergebnisse der elektro- chemischen Fluorierung.

Anodenmaterial Verfahren Ergebnis

Ni elektrochernische hoher Perfluorierung Fluor-Substitutionsgrad,

hohe Oxidationsstufe

C Elektrofluorierung hoher in Salzschmelzen Fluor-Substitutionsgrad,

hohe Oxidationsstufe

Pt elektrochernische partielle Teilfluorierung Fluor-Substitution

tionen berucksichtigt werden muB, zeigt exemplarisch ein Vergleich verschiedener Fluorierungsreaktionen im System: Tetraethylammoniumfluorid/polare Losungsmittel bzw. (HF), mit Trifluormethylbenzol als Edukt nach Tab. 2. Die Abhangigkeit der Ergebnisse vom Anodenmaterial veran- schaulicht Tab. 3. Es erscheint deshalb sinnvoll, die Bezeichnungen neu zu defi-

nieren. Als Grundlage dafur kann das unterschiedliche Pro- duktbild dienen. Wir schlagen daher die in Tab. 3 kursiv gedruckte Bezeich- nungsweise fur die einzelnen Verfahren vor. Da unter den Bedingungen der elektrochemischen Teilfluo- rierung auch die verschiedenen Losungsmittel angegriffen werden und in Form von Fluorierungsprodukten in der Pro- duktpalette auftauchen, wird das ohnehin komplexe Produkt- gemisch noch komplizierter [lo]. In diesem uberblick wird deshalb, nicht zuletzt der groBeren Zahl an Veroffentlichungen wegen, besonderes Gewicht auf die Darstellung der neuen Arbeiten nach dem urspriinglichen Verfahren der elektrochemischen Perfluorierung gelegt.

3 Apparativer Aufbau

Am Prinzip der von Simons vorgeschlagenen Apparatur [2] hat sich bis heute relativ wenig geandert. Der Aufbau gliedert sich in drei Bereiche: die Elektrolysezelle als Reaktor, eine Vorrichtung zum Aufbereiten und Sammeln von gasformigen Produkten und die Strom-Spannungs-Versorgung mit MeB- und Regelteil.

3.1 Elektrolysezelle

Der Zellmantel ist in der Regel ein zu Kuhlzwecken doppel- wandig ausgefuhrter Zylinder, der zumeist aus Stahl[11- 151 oder Nickel [16 - 221 gefertigt ist, in Einzelfallen auch aus Kupfer [23] oder PTFE [22, 24 - 271. Die Volumina der Zel- len beginnen bei 0,2 1 und gehen bis zum ProduktionsmaB- stab. Als Elektrodenmaterial dient in aller Regel Nickel-Blech oder Nickel-Schaum [22,24] sowohl als Anoden- als auch als Kathodenmaterial. Fur elektrolytische Fluorierungen in orga- nischen Losungsmitteln werden meist Platin-Elektroden nach Hollard verwendet, fur Elektrofluorierungen in Salzschmel- Zen in der Regel porose C-Anoden. Eisen, z.T. in Form des Stahlmantels, 1aBt sich ohne AusbeuteeinbuBen nur als Ka- thodenmaterial benutzen. Fur die Elektrodenanordnungen kommen zwei Varianten in Betracht: planare Nickel-Platten oder ineinander geschachtel- te Nickel-Zylinder. In beiden Fallen werden die Elektroden durch PTFE-Distanzstucke auf einen Abstand von 2 bis 10 mm gehalten und alternierend zur Anode bzw. Kathode zu- sammengefabt. Die elektrischen Anschlusse werden durch den Deckel nach auBen gefuhrt. Zwar werden in letzter Zeit immer haufiger Referenz-Elektroden eingesetzt, doch zeich- net sich bislang noch keine Vereinheitlichung bezuglich der

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Page 3: Die elektrochemische Fluorierung – ein Überblick

verwendeten Halbzelle ab. Die gebrauchlichsten Typen sind: a) Ag/AgNO, (0,l oder 0,Ol molar)/CH,CN [6], b) Ni-Draht (z. T. PTFE-ummantelt) [22, 241, c) Pt-Draht [15], d) Pd/H, [26], e) Cu/CuF, [25], f) Kalomel [lo]. Die Halbzellen a), e) und f) finden nur bei elektrochemischen Teilfluorierungen Anwendung. Eine Teilung der Zelle in Anoden- und Kathodenraum durch ein Diaphragma [26], eine PTFE-Folie [25] oder ein Stahlblech [15] ist moglich, aber fur den Reaktionsablauf meist nicht erforderlich. Wegen konstruktiver Schwierigkeiten wird meist auf eine me- chanische Durchmischung des Elektrolyten verzichtet. Mit solchen Zellen sind Fluorierungen von nicht mischbaren oder unloslichen Verbindungen PuBerst problematisch, wenn nicht gar unmoglich. Mechanisches Ruhren, sei es direkt oder ma- gnetisch [6, 28, 291 bzw. durch Rotation der Anode [26], ist apparativ aufwendig. Einblasen von gasformigen Produkten oder Inertgasen durch eine Siebplatte am Boden der Zelle [16,25] oder durch eine porose Anode [30] ist relativ einfach zu realisieren. Allerdings treibt der starke Gasstrom relativ vie1 H F aus der Zelle. Die eleganteste Losung ist das Umpum- pen des Elektrolyten [7,11,17,22,31]. Diese Methode verei- nigt zwei Vorzuge: erstens wird effektiv durchmischt und zweitens konnen die gebildeten perfluorierten Produkte auf- grund ihrer hoheren Dichte und Nichtmischbarkeit in einem Abscheider auBerhalb des Reaktors gesammelt werden. Das Umpumpen dominiert bei den technischen, kontinuierlich betriebenen Anlagen. Als weitere Wege, das Reaktionsprodukt aus der Zelle zu ent- fernen, bleiben das Dekantieren [32], das Uberdrucken der schweren Phase mit Inertgas [33] oder das Auslaufenlassen der Produkte durch ein AblaBventil im Zellboden. Gerade die letzte Methode ist jedoch sehr storanfallig: Schon relativ geringe Mengen an gebildetem Feststoff in (HF), konnen das Ventil vollig verstopfen, so daB man auf die Methode des De- kantierens zuruckgreifen muB.

3.2 Sammeln der gasformigen Produkte

Fliichtige Produkte werden zusammen rnit dem kathodisch entwickelten Wasserstoff durch einen Stahl-Kuhler, dann uber festes NaF geleitet, um mitgerissenes H F zu binden. Im nachgeschalteten Absorber werden stark oxidierende Gase, wie OF, oder F,, durch Na,S?O, und KI - entweder als Fest- stoff oder in Form waBriger Losung - reduziert. Die so vorge- reinigten Gase konnen dann in Kuhlfallen aufgefangen wer- den, wahrend Wasserstoff entweicht. Die Verwendung moderner Werkstoffe wie PFA oder FEP eroffnet einen weiteren Weg. Das durch den Kiihler austre- tende Gas wird direkt in solchen Kiihlfallen bei -78 OC kon- densiert. Das Restgas gelangt uber ein festes Na,S,O,/KI- Gemisch und einen H,SO,-Blasenzahler ins Freie. Diese neue, von uns benutzte Anordnung, hat gegenuber der herkommlichen Methode mehrere Vorteile. Erstens entfallt das Entsorgen oder das aufwendige Aufarbeiten des mit HF beladenen Natriumfluorids. Aus den FEP-Schutzfallen laBt sich H F durch Phasentrennung und Destillation leicht vom Produkt trennen und so zuruckgewinnen. Zweitens werden andere oxidierende Substanzen als OF, oder F,, wie z.B. Fluoroxi-Verbindungen, vor dem Na,S,O,/KI-Absorber auf- gefangen und so analytisch erfaDbar. Dieser Vorteil wird aller- dings mit erhohter Explosionsgefahr erkauft, da sich unter Umstanden leicht zersetzliche Substanzen zu hoheren Kon- zentrationen anreichern konnen. Durch Vertauschen von Fal-

len und Absorber kann man diese Gefahr ausschlieflen, ohne auf den Vorteil der HF-Kondensation verzichten zu mussen, eine besonders im technischen MaBstab wichtige MaRnah- me.

3.3 Strom-Spannungs-Versorgung mit MeR- und Regelteil

Die Strom-Spannungs-Versorgung ubernimmt in der Regel ein Potentio- oder Galvanostat. Im Falle konstanter Spannung 1aBt sich die Ladungsmenge Q mittels eines Ampere-Stunden- Zahlers (Integrator) bestimmen, bei konstantem Strom nach Q = Z t berechnen (Z Stromstarke, t Zeit). In Einzelfallen wird der Strom uber einen Rechteck-Generator gepulst [6, 331 oder in kurzen Zeitabstanden fur wenige Sekunden abge- schaltet [7]. Haufiges Umpolen sol1 die Polarisierung und das Blockieren der Elektrode durch Feststoff verhindern; denn der kathodisch gebildete Wasserstoff treibt eventuell gebilde- tes Polymerprodukt von der Elektrodenoberflache weg. Durch eine Fullstandsiiberwachung konnen HF-Verluste au- tomatisch ausgeglichen werden [39].

4 Einzelverfahren

Das Hauptinteresse an den Produkten der elektrochemischen Perfluorierung konzentriert sich auf Alkyl-Sauerstoff-, -Schwefel- und -Stickstoff-Derivate als Edukte, weil damit auch die wichigsten funktionellen Gruppen erfaBt werden, welche die Elektrofluorierung (gebunden an hoch- und per- fluorierte Reste R) unzersetzt passieren. Rein anorganische und elementorganische Edukte anderer Spezies treten dage- gen in den Hintergrund. Fruher nahm man an, daB bei der elektrochemischen Perfluo- rierung ausschlieBlich perfluorierte Verbindungen mit erhal- tener funktioneller Gruppe in mehr oder weniger guter Aus- beute entstehen. Die Anwendung moderner Analysemetho- den auf die Produktgemische der elektrochemischen Perfluo- rierung zeigt jedoch eine wesentlich groBere Produktpalette, die von verschiedenen Arbeitskreisen teilweise in jahrelanger Arbeit aufgetrennt und identifiziert wurde [35 - 391. So gelang z.B. Berenblit et al. [38] im Produktgemisch der elektrochemischen Perfluorierung von Methyl-3-methoxi- propionat der Nachweis von mehr als 30 verschiedenen teil- und perfluorierten Verbindungen. In vielen Arbeiten begnugt man sich aber mit der Angabe weniger Hauptprodukte. Da- mit werden die verschiedenen veroffentlichten Verfahren und Anwendungen untereinander nur rnit Schwierigkeit ver- gleichbar, besonders wenn - wie auch ein Beispiel aus Tab. 2 zeigt - das identifizierte Produkt nur zu 2 Mol.-% im Gemisch enthalten ist und Angaben uber den Rest der Produkte fehlen. Vielfach stellt sich also die elektrochemische Perfluorierung als ein Trenn-, Analysen- und Identifizierungsproblem dar. Aus diesem Grunde versucht man auch haufig, das Verfahren so zu optimieren, daB moglichst wenige und vor allen Dingen die begehrten Komponenten entstehen. Da aber der Mecha- nismus noch unklar ist, erfordert auch diese Vorgehensweise einen hohen Arbeitsaufwand, der aber vielfach durch den ho- hen technischen Wert der Produkte mehr als ausgeglichen wird. Aus der nachfolgenden Zusammenstellung lassen sich doch einige allgemein gultige Regeln ableiten. Ein vorgegebenes Molekulgeriist kann wahrend der elektro- chemischen Perfluorierung a) unverandert bleiben oder eine b) Isomerisierung, c) Cyclisierung, d) Polymerisation oder e) Fragmentierung erleiden. Unter diesem Aspekt konnen die nachstehend aufgefuhrten,

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Page 4: Die elektrochemische Fluorierung – ein Überblick

im Hinblick auf ihr Verhalten bei der elektrochemischen Per- fluorierung untersuchten Verbindungsklassen betrachtet wer- den: 1) Aliphaten, 2) Benzol-Derivate, 3) Carbonsauren und deren Abkommlinge, Aldehyde und

4) Ether, 5) Amine, 6) Pyridin-Derivate, 7) Schwefel-Verbindungen, 8) Chlor-, Brom- und Iod-Verbindungen. Dabei wird generell unterstellt, daB der C-H-Rest mehr oder weniger vollstandig fluoriert wird; ein Rest R geht also uber in R,. Eine Zusammenstellung der einzelnen Arbeiten der letzten zehn Jahre ist als Supplement verfugbar (s. FuBnote auf S. 31).

Alkohole,

I ) Aliphaten

In dieser Stoffklasse treten die geringsten Anderungen im Molekulgerust auf, da Aliphaten vor allen Dingen nicht cycli- siert und selbst ungesattigte Verbindungen nur selten polyme- risiert werden [16]. Die haufigste Reaktion besteht in der Fragmentierung bis zum CF,. In einigen Fallen wird auch die Verlangerung des Kohlenstoff-Gerustes um einige Einheiten beobachtet [22, 24, 361. Alkene und Alkine werden bei der Elektrolyse in Fluorwasserstoff durch formale Addition von H,, HF oder F, in die entsprechenden Alkane uberfuhrt. Be- merkenswert ist, daB bei der elektrochemischen Perfluorie- rung von Propen u. a. C,H,, in 25,5 Mo1.-% Ausbeute auftrat [22,24]. Dies deutet darauf hin, daB schon die nicht- fluorierte Verbindung fragmentiert wird. Im Hinblick auf Iso- merisierung ist festzustellen, daB im allgemeinen verzweigte Kohlenwasserstoffe in n-Alkane umgewandelt werden, die dann mit ihren Derivaten im Produktgemisch dominieren. Andererseits ist aber auch beim Ausgang von isomeren- reinen Edukten nicht von vornherein gesichert, daB neben un- verzweigten Derivaten nicht auch verzweigt-kettige Isomere auftreten.

2) Benzol-Deriuate

Der Einsatz von Aromaten in die elektrochemische Perfluo- rierung fuhrt in den meisten Fallen zur Polymerisation. Ben- zol selbst liefert dabei ein schwarzes Polymer der ungefahren Zusammensetzung C,H,F,,2 [40, 411. Auch Brom-, Chlor- und Fluorbenzol liefern Polymere [41]. Gunstiger ist das Bild bei CFpbs t i tu ie r ten Benzolen. Hier wird die Feststoffbil- dung weitgehend unterdruckt [9], und es bietet sich damit ein Weg zur Gewinnung von Perfluoralkylcycloalkanen an. Ne- benprodukte sind in der Regel per- und teilfluorierte C,- bis C,-Verbindungen. Isomerisierung vom Sechs- zum Funfring tritt in geringem Umfang auf.

3) Carbonsauren, -anhydride, -halogenide, Ester, Aldehyde und Alkohole

Der Einsatz von freien Carbonsauren selbst in die elektroche- mische Perfluorierung bietet wenig Vorteile. Schon von Si- mons [2] wurde festgestellt, daB eine fast vollstandige Decarb- oxylierung eintritt und wegen der nur geringen Mengen an Carbonsaurefluorid im Elektrolyten das Elektrolyseprodukt hauptsachlich aus teil- und perfluorierten Alkanen besteht. Ahnliches wird bei Verwendung von Tetraethylammonium- fluorid in organischen Losungsmitteln an Nickel-Elektroden gefunden [8].

Alkoxy-Carbonsauren erlauben hingegen die Darstellung fluorierter Alkoxyalkanoylfluoride in maBigen Ausbeuten [42]. Ahnlich verhalt es sich mit Carbonsaureanhydriden, die zwar nicht so bereitwillig decarboxylieren, aber ebenfalls nur mal3ige Ausbeuten an Saurefluoriden liefern [42]. Im Gegen- satz dazu ist die Verwendung von Saurehalogeniden von An- fang an eine der wichtigsten Reaktionen fur die Darstellung perfluorierter und fluorierter Saurefluoride gewesen. Weit verbreitet ist vor allem der Einsatz von Saurechloriden und Saurefluoriden. Bei Saurechloriden wird zwar haufig ange- nommen, daB sie mit H F glatt zu Carbonsaurefluoriden und HCl reagieren und der entstehende Chlorwasserstoff wegen seiner Schwerloslichkeit aus der Elektrolyselosung unveran- dert ausgetragen wird, so daR die Gleichgewichtsreaktion RC(0)Cl + HF * RC(0)F + HC1 vollstandig auf die rechte Seite verschoben wird. Jedoch beobachtet man unter prakti- schen Elektrolysebedingungen, daB der Elektrolyt keines- wegs chloridfrei ist, so daB sich wahrend der Elektrolyse auch chlorhaltige Produkte mit mehr oder weniger hohem Fluorie- rungsgrad bilden konnen. Es ist deshalb zweckmaBig, von Saurefluoriden auszugehen, wenn diese zur Verfugung ste- hen. Carbonsaure-Ester werden in dem vorliegenden groBen UberschuB von HF in Alkohol und Saurefluorid gespalten. NaturgemaB kommt es dann zu einem sehr komplexen Pro- duktgemisch, insbesondere, wenn sich Alkohol und Saure in ihrer Kohlenstoff-Zahl unterscheiden. Zum Mechanismus: Den bisher genannten Carbonsauren und Carbonsaure-Derivaten entsprechen unter den Bedingungen der elektrochemischen Perfluorierung Edukte des allgemei- nen Typs

0 4 R - C (Y = F, H, eventuell Cl).

‘Y

Angriff von Fluor unter den Bedingungen der anodischen Oxidation (Addition oder Abstraktion) fuhrt entsprechend zur Bildung von

F I

R - C - 0 . I

Y

Dieses intermediar gebildete Radikal erklart zwanglos die Produktgruppen, die sich aus solchen Carbonyl-Derivaten bilden konnen. Es kann: 1. unter Abspaltung eines H- oder F-Radikals zum Oxolan,

Oxan, oder - in sehr seltenen Fallen - zum Oxepan cycli- sieren. Voraussetzung fur Ringbildung ist eine Kohlen- stoff-Kette rnit mehr als drei Kohlenstoff-Atomen, wobei ab einer Lange von sieben bis acht C-Atomen die Cyclisie- rungs-Tendenz merklich abnimmt. Der Funfring ist vor hohergliedrigen Ringen eindeutig bevorzugt;

2. mit einem F-Radikal kombinieren und so eine Fluoroxi- Verbindung bilden, die unter Energiezufuhr, etwa im elek- trischen Feld der Helmholtz-Doppelschicht, in COF, und Perfluoralkan, Fluoralkan oder Alkan zerfallt [43]. Diese Reaktion durfte fur die sehr haufig beobachtete Bildung von Perfluoralkanen mit einer gegenuber dem Ausgangs- gerust um ein C-Atom verkurzten Kette verantwortlich sein;

3. unter Wasserstoff-Abstraktion durch ein Fluor-Radi- kal Alkanoylfluoride wechselnden Fluorierungsgrades bis zum Perfluoralkanoylfluorid bilden.

Da Fluoroxi-Verbindungen auch als Fluorierungsmittel be- kannt sind, kann Carbonsaurefluorid auch nach

34 Chem.-1ng.-Tech. 58 (1986) Nr. 1, S. 31-38

Page 5: Die elektrochemische Fluorierung – ein Überblick

F 0

I I I 'V

I I I 4 R - C - O F + -C-H + - C - F + R - C + H F

Substanzklasre Mol.-% rel. Verhaltnis Mol.-% rel. Verhaltnis Hal.-% rel. VerhBltnis

R-C:; 19 1 7 0.1 28 1.5

R-C:; - 3 -13 1 - - 7.7-36 2.7

- 5-6 - - -

R-OH 3-6 1 - - 10-20 3

Y

Ref.

1111

1461

1451

I451

gebildet werden, solange ein OberschuB an Carbonsaure- Derivaten niedrigen Fluorierungsgrades vorhanden ist [4], s. Reaktionsschema in Abb. 1.

cycl. Ether

Y

H-0-C-R

!

I 1 I 1 I 1481 - - 1.7 40 23.5

wendeten Anodenmaterial. Eine Zuordnung der Produkte zu einem dieser moglichen Mechanismen ist entgegen allen an- derslautenden Annahmen noch nicht moglich. Insbesondere konnen Ruckschlusse aus Elektrolysen in polaren Losungs- mitteln in Gegenwart von Fluorid-Ionen-Quellen (elektro- chemische Teilfluorierung) auf die hier vorliegenden Reak- tionen nicht gezogen werden. Es ist also bei dem schon von Weinberg [l] diskutierten Erkenntnisstand geblieben.

n yzc, ,CHZ

0

1 0.7 - - 22.9 32.1 I

t c_

X=H. H a l , OH, OR F'

Y= H. F I I V Y

Abb. 1. Reaktionsschema.

I I I I

lmm Die Bedingungen, unter denen Perfluorcarbonsaurefluorid [44] oder Perfluoroxolane [45] entstehen, sind nicht soweit geklart, daB sie sich in jedem Fall reproduzieren oder vorher- sagen lassen. Der Vergleich der neuen Arbeiten 1aBt aber dar- auf schlieBen, daB das relative Verhaltnis von Oxolan zu Car- bonsaurefluorid von der Reaktionszeit abhangt. Da in den verschiedenen eben erwahnten Reaktionsschritten das Alka- noylfluorid sowohl Produkt wie auch Edukt ist, sollte sich das Gleichgewicht im Verlauf der Elektrolyse auf die Seite der cyclischen Ether und Alkane verlagern. Da andererseits aber auch Ringspaltung eintritt, wenn auch nur zu einem sehr ge- ringen Prozentsatz, sollte sich im Laufe der Zeit die Saure- fluorid-Konzentration einem Gleichgewicht nahern. Dieser Zusammenhang fur die Zeitabhangigkeit des Verhaltnisses

0 // R - C : (Cyclen + R-F)

'F

wurde auch experimentell beobachtet [17, 221. Wie vorstehend gezeigt, lassen sich aus dem Produktspektrum die einzelnen Reaktionen der funktionellen Gruppe - in dem hier betrachteten speziellen Fall der Carbonyl-Derivate - ab- leiten. Hingegen ist es auch heute noch nicht moglich, eine all- gemeine Aussage uber den Mechanismus zu machen, der eine C - H- in eine C - F-Gruppierung uberfuhrt. Die fur die elek- trochemische Perfluorierung erforderlichen Potentiale lassen jede mogliche Deutung zu: anodische Oxidation, Bildung von Fluor-Radikalen, Bildung von ,nascierendem" Fluor, Bildung von Metall-Fluoriden hoher Oxidationsstufen aus dem ver-

4) Ether

Acyclische Ether sind in der Berichtszeit nur in geringem Um- fang bearbeitet worden, und das Material erlaubt keine Verall- gemeinerungen. Ether sind an sich als Edukte in der elektro- chemischen Perfluorierung sehr stabil. Eine Spaltung der C - 0 - C-Bindung wird nur in untergeordnetem MaBe beob- achtet, sie steigt aber mit abnehmender Kettenlange [37,49]. Mehrere Ether-Brucken fuhren jedoch zur Bildung von Pro- dukten des Q p s

P 'F

R,- 0 - (CF,), - C 9

so bildet Monoglyme als Produkt CF,OCF,C(O)F in einer Ausbeute von ca. 50 Mo1.-YO [49]. Ahnlich verhalten sich cyclische Ether als Edukte. Bei Furan bleibt z. B. die Spaltung unter 3% der analysierbaren Produk- te [47]. Hingegen kann Dioxan zusatzlich noch zum Perfluor- (2-methyl-)173-dioxolan isomerisieren. Die iibrigen cycli- schen Ether werden aber sehr haufig fragmentiert [37,47,49, 501, wobei bei cyclischen Ethern mit anderer RinggroBe eine Spaltung in a-Stellung dominiert [48].

5) Amine

In primaren Aminen und Nitrilen wird die C - N-Bindung leicht, in sekundaren und tertiaren Aminen schwer gespal- ten. In allen Fallen tritt als Nebenreaktion die Bildung von NF,

Chem.-1ng.-Tech. 58 (1986) Nr. 1, S. 31-38 35

Page 6: Die elektrochemische Fluorierung – ein Überblick

nach NR, 1 3 NF, + 3 RF auf [35,36]. So verhalten sich auch die N-Alkyl-Pyrrolidine und -Piperidine. Letztere isomerisie- ren in gewissem Umfang zu den entsprechenden Perfluor- Pyrrolidinen [51, 521. N-Alkyl-Morpholine mussen als Son- derfall betrachtet werden, da bei ihnen in erheblichem Um- fang C - N-Bindungsspaltung auftritt [52]:

I 110 bis 20%) d Rf

Eine Umlagerung des Rings wird nicht beobachtet [53, 541. Bei Einsatz von hoheren Aminen erfolgt eine Verbreiterung der Produktpalette dadurch, daB sowohl Isomerisierung der Alkyl-Reste als auch eine gleichzeitige Fragmentierung der C - C-Bindungen auftritt und entsprechende perfluorierte oder hochfluorierte Produkte gebildet werden. Bei N,N- Dialkylanilinen erfolgt hauptsachlich eine Fluorierung des aromatischen Systems zum Perfluorcyclohexyldialkylamin und Perfluorhexyldialkylamin [l, 551. Daneben treten auch hier Produkte einer Fragmentierung von C - C-Bindungen auf.

6) Pyridin-Deriuate

Pyridin und seine Mono-, Di- und Trimethyl-Derivate liefern bei der elektrochemischen Perfluorierung zwischen 25 und 50% Polymerprodukte; daneben Perfluorpiperidin und Per- fluoralkane. Mit zunehmendem Alkylierungsgrad steigt die Ausbeute an heterocyclischen Derivaten im Vergleich zu of- fenkettigen Verbindungen [56].

7 ) Schwefel- Wrbindungen

Bei Schwefel-Verbindungen tritt sehr haufig sowohl bei Mer- captanen als auch bei Sulfonsaure-Derivaten C - S-Bindungs- spaltung ein, so daB in den Produkten der elektrochemischen Perfluorierung von Mercaptanen neben Perfluoralkanen auch SF,, Polymere und sogar elementarer Schwefel auftreten [57]. Daneben entstehen Schwefel(V1)fluorid-Derivate des Typs R,SF,, %SF4Rr, F,SR,SF, und RfSF4R;SF,. Auch hier be- steht eine starke Neigung zur Isomerisierung der Alkyl-Reste [57, 581. Obwohl Sulfonsaure-Derivate bis zu 40% SO,F, ergeben konnen [59], bilden sie doch daneben bis zu 60% Perfluoral- kylsulfonsaurefluoride als technisch besonders interessante Produkte [60 - 621.

8) Halogen-Austausch bei Chlor-, Brom- und Iod- Wrbindungen

Allgemein seien unter Halogen die Elemente Chlor, Brom und Iod verstanden. Ein Austausch dieser Elemente gegen Fluor kann in manchen Fallen schon durch die Einwirkung des Fluorwasserstoffs des Elektrolyten erfolgen. Dies gilt ins- besondere fur Carbon- und Sulfonsaurehalogenide und fur Organochlorsilane [63]. Chlor-Fluor-Austausch am Gerust- Kohlenstoffatom erfolgt nur unter Elektrolysebedingungen. Hier ist allerdings das Bild nicht sehr klar. Offensichtlich 1aBt sich in Ethern ein Chlor-Atom in a-Stellung wesentlich leich- ter als in P-Stellung durch Fluor substituieren [64]; bleibt aber andererseits das Chlor in Sulfonsaurehalogeniden in a- Stellung und wird das Kohlenstoff-Gerust sukzessive verlan- gert, so nimmt die Fragmentierung stark zu. So bildet CICH,SO,CI noch zu 44,6 Mo1.-Yo CF,SO,F, wahrend

CH,CHClSO,CI nur noch 4,9 Mo1.-% C,F,SO,F liefert [59, 601. Weiterhin scheint der Chlor-Substituent im Molekul stark zu wandern und kompliziert damit das Produktgemisch, in dem sich u. a. auch CCIF,, CCI,F, und CHC1,F bilden [64].

In Aromaten erfolgt hingegen durch mehrfache Chlor- Substitution eine Stabilisierung. Monochlorbenzol ergibt bei der elektrochemischen Perfluorierung noch Polymere, wah- rend Polychlorbenzole zu Perfluorpolychlorcyclohexanen elektrofluoriert werden [9, 411. C - Br-Bindungen sind noch wesentlich instabiler, so daB selbst in Gegenwart von Chlor ein selektiver Brom-Austausch gegen Fluor moglich ist. Auf diese Weise bildet beispielsweise Br,CCI- CCl, in uber 90proz. Ausbeute F,CCl-CCl, [31, 651. Ebenso instabil ist die C - I-Bindung, so dalj sich der Ein- satz von Iodalkanen oder ahnlichen Verbindungen nicht lohnt.

5 Patent-Literatur

Die Ergebnisse der nachstehenden Patente sind bereits aus- fiihrlich in der Literatur behandelt: [66,67] in [9], [68] in [64], [69, 701 in [71], [72] in [45], [73] in [74], [75] in [61]. Generell lassen sich aus der Patent-Literatur der letzten zehn Jahre, nicht zuletzt aufgrund der sehr allgemeinen Formulie- rungen, nur wenige Erkenntnisse gewinnen. Im Bereich der Aromaten scheint das Einfuhren einer PE- Folie zwischen die Elektroden die Fluorierung zugunsten ei- ner Dimerisierung zuruckzudrangen. So fuhren ortho-, para- dirigierende Substituenten am Benzol zur Bildung von 4,4’- substituierten Biphenylen [41]. Bei cyclischen Ethern tritt beim 2,3-Dihydro-4H-pyran Poly- merisation auf, eine fur diese Stoffklasse ungewohnliche Reaktion [76]. Interessant ist auch die Abhangigkeit der Cyclisierungs- Tendenz von der Eduktkonzentration bei symmetrischen Di- estern [77]. Mit steigender Konzentration nimmt offensicht- lich die Cyclisierungs-Tendenz ab. Dieses Ergebnis bestatigt den allgemeinen Trend, daB eine hohere Konzentration eine starkere Fragmentierung nach sich zieht. Nach russischen Untersuchungen sind unter den Verbindun- gen des Phosphors auch die Perfluor(trialky1)phosphinoxide uber die elektrochemische Perfluorierung zuganglich. Aller- dings mussen dem Elektrolyten bei Alkyl-Resten mit einer Kohlenstoff-Zahl > 4 erhebliche Mengen an Brom zugesetzt werden [78, 791. Eine letzte interessante Reaktion stellt der Versuch einer elek- trochemischen Fluorierung eines PVC-Gewebes dar [80]. Das Polymer wurde direkt um die Anode gewickelt. Dabei weist das Produkt eine gegeniiber dem Edukt stark verringer- te Molmasse auf. Auch auf apparativem Gebiet enthalt die Patent-Literatur keine wesentlichen Verbesserungen. So finden sich im Be- reich der elektrochemischen Fluorierung lediglich Arbeiten, die Methoden zum Abtrennen von Perfluorcarbonsaurefluo- riden [81] bzw. Perfluoralkansulfonylfluoriden [82] von den iibrigen Fluorierungsprodukten zum Inhalt haben. Fur die elektrochemische Perfluorierung in Salzschmelzen wird das Problem des Einspeisens von gasformigen Edukten in einen umgepumpten Elektrolyten [83] sowie das Abtrennen von hochsiedenden Produkten vom Zellinhalt behandelt [84].

6 SchluRbemerkung

Fur die elektrochemische Perfluorierung unter den ublichen Arbeitsbedingungen ergeben sich folgende Erfahrungswer- te:

36 Chem.-1ng.-Tech. 58 (1986) Nr. 1, S. 31-38

Page 7: Die elektrochemische Fluorierung – ein Überblick

Die C - 0- sowie die C - N-Bindungen sind im allgemeinen recht stabil gegen fluorierende Spaltung. MaRige Spaltungen erfahren die Elementkombinationen C - C, C - S, C - C1, C - P, P - 0 und in einigen Fallen C - Si. C - H wird in gro- Rem Umfang durch C - F ersetzt. An C gebundenes Br oder I wird bereits in HF, spatestens aber bei der Elektrolyse vollstandig durch Fluor substituiert. Die Fragmentierung des Ausgangsmolekuls nimmt im allgemeinen mit steigendem Elektrolysepotential, steigender Konzentration des Edukts, steigender Temperatur und Stromdichte zu [17,22,24,37,59, 601. Andererseits durfen gerade fur Potential, Konzentration, Temperatur und Stromdichte bestimmte empirisch zu ermit- telnde Werte nicht unterschritten werden, da sonst der Um- satz aul3erordentlich klein und damit der praparative Erfolg sehr gering ist. Eine definierte elektrochemische Fluorie- rungsreaktion mu13 also fur jedes Edukt optimiert werden. In vielen Fallen wird aber der Aufwand durch vielseitig einsetz- bare Produkte belohnt.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danken wir fur die Unter- stutzung unserer in -dieser Zusammenstellung mit aufgefuhrten Ar- beiten, dem Fonds der Chemischen Industrie und der Bayer AG fur Sachspenden.

Eingegangen am 13. Marz 1985 [B 52221

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K . N. Bil’dinov, N. I. Galkina, G . A . Pozdeeva, N. M . Rostor-

Sicherheitstechnische Uberlegungen bei Atmungsvorgangen in Lagertanks - EinfluB der Kondensation von Produkt- dampfen

Douglas Fullarton*

In Tanks zur Lagerung von Fliissigkeiten bedarf es besonderer Beliif- tungsvorrichtungen, um zu verhindern, daB sich unzulassige Unter- driicke aufbauen. Die sehr dunn gehaltenen Tankwande (sw = 5 mm) beulen bereits bei Differenzdrucken von 10 mbar ein. Bei der Lagerung brennbarer Fliissigkeiten ist oft eine Inertisierung mit Gaspendel- und Abluftreinigungsanlagen erforderlich. Bei der Auslegung der Tankschutzarmaturen und den zugehorigen Rohrleitungen miissen die maximalen Volumenstrome bekannt sein, die bei der witterungsbedingten Atmung auftreten. Den Berechnungen wird der besonders kritische Fall zugrunde gelegt, daB sich durch starke sommerliche Einstrahlung der Tankinhalt auf bis zu 55°C envarmt und dann durch einen plotzlich einsetzenden Gewitterregen schnell auf ca. 15°C abgekiihlt wird. Im folgenden sol1 vor allem der EinfluB der Kondensation von Produktdampfen auf die Abkiihlung und die maxi- malen Volumenstrome diskutiert werden. In der Literatur wird sowohl eine Verminderung [l] als auch eine Erhohung [2] der maximalen Volumenstrome vorhergesagt .

1 Theoretische Grundlagen

Eine ausfiihrliche Ableitung der grundlegenden Gleichungen und eine Diskussion der entsprechenden Voraussetzungen ist in [3] dargestellt. Im wesentlichen ist zu nennen, daB im Hinblick auf eine konservative Abschatzung angenommen wird, daB der Behalter leer bzw. nur mit Gas gefiillt ist. Die Temperatur im Tank sei ausgeglichen. Bei Abkuh- lung des Tanks und Kondensation von Produktdampfen ergibt sich der aus der Umgebung in den Tank eintretende Volumenstrom aus der thermischen Kontraktion des Gasvolumens und zusatzlich aus dem Kondensatmassenstrom &IK?

* Dip].-Ing. D. Fullarton, Institut fur Thermische Verfahrenstechnik

1) Eine Zusammenstellung der Formelzeichen befindet sich am SchluB

der Univ. Karlsruhe, Kaiserstr. 12, 7500 Karlsruhe 1.

des Beitrages.

gueva, P. V. Serebrov, M . S. Shcherbakova). [78] USSR.P. 384, 349 (1974), CA 81: 152 414 y (Erf.: L. M. Yagu-

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Kogyo Co., Ltd.).

. V dTG M , V=-- + -

TG d t @C

Die Abkiihlung des Gases und der Tankwand folgt aus den Energiebi- lanzen um den Tankinhalt und die Tankwand:

PwCwSwA -- Tw - a i A (Tc - Tw) + kfKAhv - a,A (Tw - TJ . (3) d t

Im auBeren Warmeubergangswiderstand a, ist nicht nur der Warme- ubergang aufgrund von freier und erzwungener Konvektion an die Umgebung, sondern auch die Warmeabfuhr aufgrund des an der TankauBenwand ablaufenden Regenwasserfilms und aufgrund von Verdunstung enthalten. Man erkennt , daB aufgrund der Kondensation von Produktdampfen zwei gegenlaufige Effekte die Abkiihlgeschwin- digkeit und damit den maximalen Volumenstrom beeinflussen. Einer- seits bewirkt die Produktkondensation einen zusatzlichen Gasein- strom, andererseits bewirkt die an der Tankwand freiwerdende Kon- densationswarme M , A h, eine langsamere Abkiihlung. Dieses gekoppelte Differentialgleichungssystem, verknupft mit einem Stoffubertragungsansatz fur den Kondensatstrom, kann numerisch gelost werden. Im folgenden sol1 aber eine fur die Praxis in den meisten Fallen ausreichende Naherungslosung dargestellt werden. Hierzu wird analog zu der Vorgehensweise in [2] die Losung in drei Teilschritten aufgebaut. Schritt I: Grenzfall Tw = Ta , keine Kondensation. Es wird angenom- men, daB sich die Tankwand schlagartig auf die Umgebungstemperatur abkuhlt, so als ob der gesamte Tank in ein ,,WasSerbad” getaucht wurde. Somit kann die Energiebilanz fur den Tankinhalt, G1. (2), direkt integriert werden, und man erhalt den maximalen Volumen- strom:

a , A To- T, VN= - -, @CcG TO

(4)

Geht man von einer Abkiihlung des Gases von To= 328 K auf T, = 288 K und einem inneren Warmeiibergangskoeffizienten von ai = 5 W/m*K aus, ergibt sich

VN=1,5 D ( D + 4 H ) , (4 a)

VN in m3/h, D und H in m. Dies ist die sog. Naumann-Gleichung, die aufgrund ihrer Einfachheit oft der Auslegung der Tankschutzarmatu- ren zugrundegelegt wird.

38 Chem.-1ng.-Tech. 58 (1986) Nr. 1, S. 38-40 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim 1986 0009-286X/86/0101-0038 $ 02.50/0