die eignung von new public management zur steuerung offentlicher kulturbetriebe

281

Upload: robert-knappe

Post on 18-Dec-2016

256 views

Category:

Documents


3 download

TRANSCRIPT

Page 1: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe
Page 2: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Robert Knappe

Die Eignung von New Public Management zur Steuerung öffentlicher Kulturbetriebe

Page 3: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

GABLER RESEARCH

Page 4: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Robert Knappe

Die Eignung von New Public Management zur Steuerung öffentlicher Kulturbetriebe

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Ulrich Krystek

RESEARCH

Page 5: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Bibliografi sche Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über

<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Dissertation der Technischen Universität Berlin, D 83

1. Aufl age 2010

Alle Rechte vorbehalten

© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010

Lektorat: Ute Wrasmann | Hildegard Tischer

Gabler Verlag st eine Marke von Springer Fachmedien.

Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.

www.gabler.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede

Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist

ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere

für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspei-

cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem

Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche

Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten

wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg

Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier

Printed in the Netherlands

ISBN 978-3-8349-2529-9

Page 6: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

V

Geleitwort

Viele öffentliche Unternehmen sind seit jeher auf Subventionen angewiesen. Sie geraten

dabei angesichts einer gewachsenen und weiterhin ansteigenden Verschuldung der

öffentlichen Hand in den Sog eines Verteilungskampfes um begrenzte Ressourcen. Die

jüngste Wirtschafts- und Finanzkrise und die gesetzlich verankerte Schuldenbremse

verstärken diese Tendenz zusätzlich und dramatisch. Angesichts von kontinuierlich

steigenden Personal- und Sachkosten bei politisch motivierter, moderater Preissetzung für

die Partizipation an kulturellen Gütern eröffnet damit sich eine Finanzierungslücke, die

Baumol und Bowen bereits 1966 als ökonomisches Dilemma in Kulturbetrieben

identifiziert haben. Daraus ergibt sich die zentrale Fragestellung der vorliegenden Arbeit:

Wie können die betrieblichen Strukturen von Kultureinrichtungen und das Kulturbetriebs-

management mit dem Ziel einer effizienteren Produktion reformiert werden?

Jeder konstruktive Beitrag zur Beantwortung dieser intertemporal gültigen Frage

reduziert den Finanzierungsdruck und die Abhängigkeit von öffentlicher Bezuschussung.

Allein vor diesem höchst aktuellen Hintergrund ist die Untersuchung von Robert Knappe

sehr verdienstvoll und begrüßenswert.

Der Autor untersucht die Frage ausgehend vom New Public Management (NPM),

welches sich in den spezifisch deutschen Ausprägungen des Neuen Steuerungsmodells

(NSM) und verschiedenen Verwaltungsreformen auch in Kulturbetrieben niedergeschlagen

hat. Nach einer sehr fundierten, theoretischen Einführung und Modellierung des

Kulturbetriebs wird der Forschungsfrage durch eine umfangreiche empirische Untersu-

chung nachgegangen. Der Autor vollzieht eine Evaluation der NPM-Reformen in den

Teilbereichen externes Rechnungswesen (insbesondere Einführung der Doppik), internes

Rechnungswesen (Kosten-Leistungs-Rechnung und Controlling) und Personalmanage-

ment. Dazu wurden 20 Expertengespräche mit kaufmännisch Verantwortlichen von

deutschen Theatern und Orchestern geführt und thesengeleitet ausgewertet. Nicht zuletzt

die einschlägigen beruflichen Erfahrungen des Autors in kaufmännisch leitenden

Positionen von Kulturbetrieben lassen die Analyse zu einem sehr fundierten und

differenzierten Urteil kommen. Dem Autor gelingt somit ein außerordentlich wichtiger

Beitrag zu dem noch jungen Zweig der evaluatorischen Public Management-Forschung.

Den Spannungsfeldern von dominierenden Sachzielen (öffentlicher Auftrag und

künstlerische Qualität) bei gleichzeitig wirtschaftlichem Ressourceneinsatz (Formalziel)

sowie künstlerischer Freiheit neben ökonomischen Entscheidungskriterien wird dabei in

sehr differenzierter Weise Rechnung getragen. Zusätzlich gewährt die Arbeit eine

Page 7: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

VI

empirisch fundierte, höchst interessante und kenntnisreiche Exploration der Wirkungszu-

sammenhänge im Kulturbetrieb.

Das bereits im Vorfeld der Arbeit deutlich gewordene, große Interesse an den Er-

gebnissen lässt auf einen großen Verbreitungsgrad dieser Schrift schließen, der nicht nur

dem Verfasser als Anerkennung seiner außerordentlich gründlichen Arbeit zu wünschen

ist, sondern auch sachlich gerechtfertigt ist. Die Arbeit kann als ein in diesem Themenfeld

grundlegendes Werk einem breiten Leserkreis bestens und ohne Einschränkungen

empfohlen werden.

Prof. Dr. Ulrich Krystek

Page 8: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

VII

Danksagung

An erster Stelle möchte ich den Berichtern, Herrn Prof. Dr. Ulrich Krystek und Herrn Prof.

Dr. Christof Helberger, danken, welche die Entstehung der Dissertation mit großem

Einsatz über mehrere Jahre hinweg unterstützt haben. In ihnen habe ich zwei engagierte

Begleiter gefunden, die in allen Entwicklungsphasen offen und konstruktiv mit meinen

Anliegen umgegangen sind. Herrn Prof. Dr. Klaus-Dirk Henke danke ich für die

Übernahme des Vorsitzes des Promotionsausschusses. Frau Gerlinde Seeger und Herrn

Dipl.-Ing. Marko Reimer bin ich für die Organisation und Koordination verbunden.

Den 20 Interviewpartnern des empirischen Teils aus dem ganzen Bundesgebiet

danke ich für die aufgebrachte Zeit in dichtgefüllten Terminkalendern. Die Gespräche

haben teilweise nach turbulenten Premieren oder vor bedeutsamen Ministerialsitzungen

stattgefunden. Ihre Offenheit und das entgegengebrachte Vertrauen haben den empirischen

Teil der Arbeit erst ermöglicht.

Wertvolle fachliche Anregungen verdanke ich Herrn Dr. Christoph Andersen, Frau

Dipl. Mus. Dipl.-Kffr. Nicola Hartz und Herrn Dipl.-Kfm. Wolfgang Lennartz, welche das

Manuskript einer kritischen Prüfung unterzogen haben. Frau Undine Schulte-Tornay und

Herr Dipl.-Kfm. Hansgeorg Hoffeins haben mit sprachlichem Einfühlungsvermögen dazu

beigetragen, die Lesbarkeit zu erhöhen. Frau Tanja Minx war so freundlich, mit

routinierter und professioneller Hand das Layout der Arbeit zu optimieren. Frau Dipl.-

Medienberaterin Stefanie Saier hat die umfangreiche Transkription der Interviews

übernommen.

Ich danke meinen Eltern sowie allen Personen und Institutionen, die mich in der

Vergangenheit uneigennützig unterstützt und gefördert haben; ebenso allen Menschen,

welche in den vergangenen Jahren zu wenig Aufmerksamkeit erhalten haben und mir

dennoch verbunden geblieben sind.

Robert Knappe

Page 9: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

VIII Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort ............................................................................................................................ V

Danksagung...................................................................................................................... VII

Inhaltsverzeichnis ...........................................................................................................VIII

Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................XIII

Abbildungsverzeichnis .................................................................................................... XV

Tabellenverzeichnis ........................................................................................................XVI

Anhangsverzeichnis .....................................................................................................XVIII

1 Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen .......................................... 1

1.1 Einführung ........................................................................................................... 1

1.2 Entwicklung der Forschungsfrage..................................................................... 3

1.3 Ablauf der Untersuchung ................................................................................... 9

1.4 Kontextmodell des öffentlichen Kulturbetriebs.............................................. 10

1.5 Das Modell der heterogenen Akteursrationalitäten ....................................... 11 1.5.1 Einführung................................................................................................... 11 1.5.2 Interpretationen und Definitionen des Rationalitätsbegriffs

in der Literatur ............................................................................................. 12 1.5.3 Prämissen des Modells der heterogenen Akteursrationalitäten................... 15 1.5.4 Konkretisierung der drei heterogenen Rationalitäten im Kulturbetrieb ...... 17 1.5.5 Zusammengefasste Modellierung................................................................ 19

1.6 Variablenmodell der empirischen Untersuchung........................................... 20

1.7 Methodik der qualitativen Inhaltsanalyse....................................................... 21

1.8 Effektivitäts- und Effizienzkriterien................................................................ 23

2 Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands ............................................... 29

2.1 Charakterisierung der Theater und Orchester .............................................. 29 2.1.1 Einführung................................................................................................... 29 2.1.2 Einordnung in den öffentlichen Sektor........................................................ 30 2.1.3 Einnahmestrukturen der Theater ................................................................. 31 2.1.4 Ausgabestrukturen der Theater.................................................................... 32

2.2 Auswertungen der Theaterstatistik ................................................................. 34 2.2.1 Rechtsformen der Theater ........................................................................... 35 2.2.2 Mengenmäßige Entwicklung von Output und Personalbestand.................. 37 2.2.3 Entwicklung der Gattungen im Programmangebot der Theater.................. 41 2.2.4 Wertmäßige Entwicklung des Inputs........................................................... 43 2.2.5 Relative Effizienzkennzahlen ...................................................................... 46 2.2.6 Personalstruktur in den Theatern................................................................. 49 2.2.7 Geschichte des öffentlichen Dienstes und Tarifwerke

in Theatern und Orchestern.......................................................................... 51 2.2.8 Haushaltsrechtliche Bestimmungen ............................................................ 52

Page 10: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Inhaltsverzeichnis IX

3 New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors ... 53

3.1 Reformansätze in Vergangenheit und Gegenwart ......................................... 53

3.2 Zum Begriff New Public Management ............................................................ 56

3.3 Literaturüberblick zum NPM .......................................................................... 59

3.4 Zur theoretischen Fundierung von NPM ........................................................ 62

3.5 Wesentliche Instrumente und Konzeptionen von NPM................................. 64 3.5.1 Gewährleistungsstaat, Wirkungsorientierung und Kontraktmanagement ... 64 3.5.2 Produktkataloge, Globalbudgets und dezentrale Ressourcenkompetenz .... 69 3.5.3 Wettbewerbsorientierung und stärkere Nutzung von Marktmechanismen . 71 3.5.4 Formen der Privatisierung und Public Private Partnerships........................ 72 3.5.5 Bürger- und Kundenorientierung, Qualitätsmanagement............................ 74 3.5.6 Reformen des externen Rechnungswesens.................................................. 75 3.5.7 Reformen des internen Rechnungswesens .................................................. 79 3.5.8 Die Controlling-Funktionen im NPM ......................................................... 80 3.5.9 Personalmanagement und Personalentwicklung ......................................... 83

3.6 Widerstände und Barrieren.............................................................................. 86

3.7 Kritik an NPM ................................................................................................... 90 3.7.1 Kritik am Paradigma des NPM.................................................................... 90 3.7.2 Governance-Konzepte als Ablösung von NPM? Ein Ausblick................... 92

4 Entwicklung der Thesen ........................................................................................... 95

4.1 Hauptthese: NPM führt zu Effizienzsteigerung ............................................. 95

4.2 Thesen zum externen Rechnungswesen........................................................... 95 4.2.1 Wirklichkeitsnähere Abbildung durch Doppik............................................ 95 4.2.2 Neuer steuerungsrelevanter Informationsgehalt durch Doppik................... 96 4.2.3 Steigerung der Nachhaltigkeit durch Doppik .............................................. 96

4.3 Thesen zum internen Rechnungswesen ........................................................... 97 4.3.1 Erhöhung der wirtschaftlichen Transparenz durch KLR............................. 97 4.3.2 Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz durch KLR ................................ 98 4.3.3 Erhöhung der Rationalität des Handelns durch Controlling........................ 98

4.4 Thesen zum Personalmanagement................................................................... 99 4.4.1 Steigerung der Effizienz durch Leistungsorientierte Bezahlung (LoB) ...... 99 4.4.2 Steigerung der Effizienz durch Führungsinstrumente ................................. 99 4.4.3 Steigerung der Effizienz durch Personalentwicklung ............................... 100

4.5 Zusammenfassende Darstellung sämtlicher Thesen .................................... 101

5 Empirische Untersuchung ...................................................................................... 103

5.1 Grundgesamtheit und Auswahl der Stichprobe ........................................... 103 5.1.1 Primärkriterium 1: Verhältnis von Theatern zu Orchestern ...................... 104 5.1.2 Primärkriterium 2: Einbeziehung sämtlicher Bundesländer Deutschlands104 5.1.3 Sekundärkriterium 1: Trägerschaft ............................................................ 105 5.1.4 Sekundärkriterium 2: Größenklasse ......................................................... 106 5.1.5 Sekundärkriterium 3: Rechtsform ............................................................. 107 5.1.6 Leitfadeninterviews mit Experten ............................................................. 107 5.1.7 Codierung der Quellenangaben ................................................................. 109

Page 11: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

X Inhaltsverzeichnis

5.2 Auswertungsmethodik .................................................................................... 109 5.2.1 Schritt 1: Extraktion .................................................................................. 110 5.2.2 Schritt 2: Aufbereitung und Verdichtung .................................................. 112 5.2.3 Schritt 3: Zuordnung der Extraktionen zu den Thesen und Bewertung .... 112 5.2.4 Schritt 4: Analyse und Interpretation......................................................... 113

5.3 Gütekriterien der empirischen Sozialforschung........................................... 114 5.3.1 Objektivität ................................................................................................ 114 5.3.2 Reliabilität ................................................................................................. 115 5.3.3 Validität ..................................................................................................... 116

6 Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen .............................................. 119

6.1 Explorativer Befund........................................................................................ 119

6.2 These 1: Doppik führt zu wirklichkeitsnäherer Abbildung des Ressourcenverbrauchs.............................................................................. 121

6.2.1 Bestätigende Befunde ................................................................................ 121 6.2.2 Falsifizierende Befunde............................................................................. 124 6.2.3 Neutrale Befunde....................................................................................... 128 6.2.4 Abschließende Bewertung der These ........................................................ 128

6.3 These 2: Doppik führt zu einem neuen steuerungsrelevanten Informationsgehalt..................................................... 130

6.3.1 Bestätigende Befunde ................................................................................ 130 6.3.2 Falsifizierende Befunde............................................................................. 132 6.3.3 Neutrale Befunde....................................................................................... 137 6.3.4 Abschließende Bewertung der These ........................................................ 137

6.4 These 3: Doppik führt zu nachhaltigerem Wirtschaften ............................. 139 6.4.1 Bestätigende Befunde ................................................................................ 139 6.4.2 Falsifizierende Befunde............................................................................. 140 6.4.3 Neutrale Befunde....................................................................................... 143 6.4.4 Abschließende Bewertung der These ........................................................ 143

6.5 Fazit zur Einführung der Doppik .................................................................. 145

7 Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen ............................................... 149

7.1 Explorativer Befund........................................................................................ 149

7.2 These 4: Erhöhte Transparenz durch KLR.................................................. 153 7.2.1 Bestätigende Befunde ................................................................................ 153 7.2.2 Falsifizierende Befunde............................................................................. 155 7.2.3 Neutrale Befunde....................................................................................... 157 7.2.4 Abschließende Bewertung der These ........................................................ 158

7.3 These 5: Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz durch KLR ................. 159 7.3.1 Bestätigende Befunde ................................................................................ 159 7.3.2 Falsifizierende Befunde............................................................................. 161 7.3.3 Neutrale Befunde....................................................................................... 164 7.3.4 Abschließende Bewertung der These ........................................................ 164

Page 12: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Inhaltsverzeichnis XI

7.4 These 6: Erhöhung der Rationalität durch Controlling .............................. 166 7.4.1 Bestätigende Befunde ................................................................................ 166 7.4.2 Falsifizierende Befunde............................................................................. 168 7.4.3 Neutrale Befunde....................................................................................... 170 7.4.4 Abschließende Bewertung der These ........................................................ 171

7.5 Fazit zum internen Rechnungswesen............................................................. 172

8 Unabhängige Variable Personalmanagement....................................................... 175

8.1 Explorativer Befund........................................................................................ 175

8.2 These 7: Effizienzsteigerung durch LoB ....................................................... 177 8.2.1 Bestätigende Befunde ................................................................................ 177 8.2.2 Falsifizierende Befunde............................................................................. 177 8.2.3 Neutrale Befunde....................................................................................... 180 8.2.4 Abschließende Bewertung der These ........................................................ 181

8.3 These 8: Effizienzsteigerung durch Führungsinstrumente ......................... 182 8.3.1 Bestätigende Befunde ................................................................................ 182 8.3.2 Falsifizierende Befunde............................................................................. 184 8.3.3 Neutrale Befunde....................................................................................... 184 8.3.4 Abschließende Bewertung der These ........................................................ 185

8.4 These 9: Effizienzsteigerung durch Personalentwicklungsmaßnahmen .... 187 8.4.1 Bestätigende Befunde ................................................................................ 187 8.4.2 Falsifizierende Befunde............................................................................. 188 8.4.3 Neutrale Befunde....................................................................................... 188 8.4.4 Abschließende Bewertung der These ........................................................ 190

8.5 Fazit Personalmanagement............................................................................. 191

9 Auswertung der übrigen Variablen ....................................................................... 193

9.1 Vermittlungsprozessvariable Implementation.............................................. 193 9.1.1. Auslösende Faktoren und Prozesspromotoren .......................................... 193 9.1.2. Begünstigende Faktoren ............................................................................ 195 9.1.3. Behindernde Faktoren................................................................................ 197

9.2 Intervenierende Variablen Künstlerische und Wirtschaftliche Rationalität ........................................................................... 199

9.2.1. Typus I: Sachzieldominierter Kulturbetrieb .............................................. 199 9.2.2. Typus II: Paritätisch geführter Kulturbetrieb ............................................ 201 9.2.3. Typus III: Formalzieldominierter Kulturbetrieb........................................ 203 9.2.4. Interpretation der Klassifikationen ............................................................ 204

9.3 Intervenierende Variable Bürokratische Rationalität ................................. 205

9.4 Intervenierende Variable Rahmenbedingungen .......................................... 205

9.5 Intervenierende Variable Kulturpolitik und Kulturverwaltung ................ 207

9.6 Abhängige Variable Künstlerischer Erfolg................................................... 208

9.7 Abhängige Variable Wirtschaftlicher Erfolg................................................ 211

9.8 Interdependenzen der Erfolgsvariablen........................................................ 213

Page 13: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

XII Inhaltsverzeichnis

9.9 Exkurs: Kulturbetriebsspezifische Entscheidungskriterien........................ 217 9.9.1 Entscheidungssituation .............................................................................. 217 9.9.2 Schritt 1: Künstlerische Bewertung (Sachzielebene) ................................ 218 9.9.3 Schritt 2: Wirtschaftliche Bewertung (Formalzielebene).......................... 218 9.9.4 Schritt 3: Entscheidungsfindung................................................................ 220 9.9.5 Zusammenfassung und Interpretation ....................................................... 222

10 Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse .................................. 225

10.1 Hauptthese: Effizienzsteigerung durch NPM ............................................... 225

10.2 Bewertung der Modellierung des Kulturbetriebs ........................................ 228

10.3 Fazit und Ausblick........................................................................................... 230

Anhang.............................................................................................................................. 237

Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 245

Quellenverzeichnis........................................................................................................... 269

Page 14: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Abkürzungsverzeichnis XIII

Abkürzungsverzeichnis

AV = Anlagevermögen

BAT = Bundesangestelltentarifvertrag

BHO = Bundeshaushaltsordnung

BMT-G = Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter der Gemeinden

BSC = Balanced Score Card

BTT = Bühnentechnikertarifvertrag

BTTL = Bühnentechnikertarifvertrag Landesbühne

DB = Deckungsbeitrag

DOV = Deutsche Orchestervereinigung

EK = Eigenkapital

FK = Fremdkapital

GEMA = Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte

GG = Grundgesetz

GMD = Generalmusikdirektor

GoöB = Grundsätze ordnungsgemäßer öffentlicher Buchführung

HGrG = Haushaltsgrundsätzegesetz

HR = Human Resources

HRM = Human Resource Management

IPSAS = International Public Sector Accounting Standards

KGSt = Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung

KLR = Kosten- und Leistungsrechnung

KonTraG = Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich

LHO = Landeshaushaltsordnung

LoB = Leistungsorientierte Bezahlung

MbO = Management by Objectives

MTB = Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes

MTL = Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder

NB = Nebenbedingung

NIÖ = Neue Institutionenökonomie

Page 15: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

XIV Abkürzungsverzeichnis

NKR = Neues kommunales Rechnungswesen

NPM = New Public Management

NÖR = Neues öffentliches Rechnungswesen

NSM = Neues Steuerungsmodell

NV = Normalvertrag

PPP = Public Private Partnership

TQM = Total Quality Management

TVK = Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern

TVöD = Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst

TV-L = Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder

VKA = Verband kommunaler Arbeitgeber

Page 16: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Abbildungsverzeichnis XV

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Zusammenhang zwischen betriebswirtschaftlichen Instrumenten

und NPM-Zielsetzung........................................................................................... 6

Abb. 2: Methodischer Ablauf und Gliederung der Arbeit ................................................. 9

Abb. 3: Kontextmodell öffentlicher Kulturbetriebe......................................................... 10

Abb. 4: Darstellung der Einbettung der Prämissen der heterogenen

Akteursrationalitäten in die Makroebene betrieblichen Handelns...................... 15

Abb. 5: Zusammenfassende Darstellung des Modells der heterogenen

Akteursrationalitäten........................................................................................... 19

Abb. 6: Variablenmodell der Untersuchung .................................................................... 20

Abb. 7: Beurteilungskriterien im öffentlichen Sektor nach Budäus, Schedler u. a. ........ 23

Abb. 8: Relative Einnahmestrukturen der deutschen Theater in der Spielzeit 2006/07 .. 31

Abb. 9: Zusammensetzung der selbst erwirtschafteten Einnahmen der deutschen

Theater in der Spielzeit 2006/07 ......................................................................... 32

Abb. 10: Relative Ausgabestrukturen der deutschen Theater in der Spielzeit 2006/07 .... 33

Abb. 11: Relative Personalkostenstrukturen der deutschen Theater in der Spielzeit

2006/07 ............................................................................................................... 33

Abb. 12: Begriffskategorisierung zu NPM und Mehrfachbedeutung von Public

Management........................................................................................................ 59

Abb. 13: Legitimationsquellen des NPM........................................................................... 65

Abb. 14: Zwei für den Kulturbetrieb konkretisierte und interdependente

Wirkungsketten gemäß NPM.............................................................................. 67

Abb. 15: Drei-Komponenten-Rechnungssystem nach Klaus Lüder (Integrierte

Verbundrechnung) .............................................................................................. 78

Abb. 16: Übersicht der interdependenten Wirkungszusammenhänge im

Kulturbetrieb gemäß empirischer Erhebung..................................................... 216

Abb. 17: Modifiziertes Variablenmodell nach der empirischen Untersuchung............... 229

Page 17: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

XVI Tabellenverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Skizzierung von drei wichtigen Rationalitäten in Kulturbetrieben .................... 18

Tab. 2: Strukturelle und inhaltliche Unterschiede zwischen

privatwirtschaftlicher Unternehmung und öffentlichem Sektor ......................... 30

Tab. 3: Verteilung der Rechtsformen in den deutschen Theatern, vgl.

Deutscher Bühnenverein (1995 bis 2007). ......................................................... 36

Tab. 4: Absolute Outputentwicklung und Personalbestand (Stellen) der

deutschen Theater, vgl. Deutscher Bühnenverein (1995 bis 2007) .................... 39

Tab. 5: Absolute Outputentwicklung und Personalbestand (Stellen) der

deutschen selbständigen Kulturorchester, vgl. Deutscher Bühnenverein

(1996 bis 2007) ................................................................................................... 40

Tab. 6: Anzahl der Aufführungen in den Gattungen pro Spielzeit der deutschen

Theater, vgl. Deutscher Bühnenverein (1995 bis 2007) ..................................... 42

Tab. 7: Absolute Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben (in Mio. €) der

deutschen Theater, vgl. Deutscher Bühnenverein (1995 bis 2007) .................... 44

Tab. 8: Absolute Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben (in Mio. €) der

deutschen selbständigen Kulturorchester, vgl. Deutscher Bühnenverein

(1996 bis 2007) ................................................................................................... 45

Tab. 9: Absolute Entwicklung wichtiger Effizienz-Kennzahlen der deutschen

Theater, vgl. Deutscher Bühnenverein (1995 bis 2007) ..................................... 47

Tab. 10: Absolute Entwicklung wichtiger Effizienz-Kennzahlen der

deutschen selbständigen Kulturorchester, vgl. Deutscher Bühnenverein

(1996-2007) ........................................................................................................ 48

Tab. 11: Absolute Personalentwicklung (in Stellen) der deutschen Theater, vgl.

Deutscher Bühnenverein (1995 bis 2007) .......................................................... 50

Tab. 12: Drei Ebenen der staatlichen Leistungstiefe ........................................................ 64

Tab. 13: Gegenüberstellung von Kameralistik und Doppik...............................................77

Tab. 14: Arten des Widerstandes gegen Wandel und deren Folgen ................................. 87

Tab. 15: Sämtliche Thesen der Untersuchung im Überblick .......................................... 101

Tab. 16: Verteilung des ersten Primärkriteriums ............................................................ 104

Tab. 17: Verteilung des zweiten Primärkriteriums ......................................................... 104

Tab. 18: Verteilung des ersten Sekundärkriteriums........................................................ 105

Tab. 19: Verteilung des zweiten Sekundärkriteriums..................................................... 106

Tab. 20: Verteilung des dritten Sekundärkriteriums....................................................... 107

Page 18: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Tabellenverzeichnis XVII

Tab. 21: Interviewstatistik (Verteilung der Extraktionen aus den Interviews

auf die 11 Variablen) ........................................................................................ 111

Tab. 22: Zeitpunkte der Umstellung auf Doppik, N = 20 ............................................... 119

Tab. 23: Übersicht über Rechtsform, Rechtsperson und Buchungsweise ...................... 120

Tab. 24: Anteil der Abschreibungen an den gesamten Aufwendungen gemäß

der Theaterstatistik 2006/07 bei 14 der 15 befragten Theatern ........................ 131

Tab. 25: Verteilung der Ausprägungen des internen Rechnungswesens in der

gesamten Stichprobe, im Kontext des Primärkriteriums 1

und des Sekundärkriteriums 2 .......................................................................... 152

Tab. 26: Tarifwerke im nicht-künstlerischen Personal in der Stichprobe....................... 175

Tab. 27: Status der LoB in den Kulturbetrieben, welche den TVöD bzw.

TV-L anwenden ................................................................................................ 176

Tab. 28: Operationalisierung und Bewertung der Sachzielerreichung

pro Aufführung ................................................................................................. 218

Tab. 29: Operationalisierung und Bewertung der Formalzielerreichung

pro Aufführung ................................................................................................. 219

Tab. 30: Übersicht über Sach- und Formalzielerreichung

für die Entscheidungsalternativen..................................................................... 220

Tab. 31: Sechs Allokationsbeispiele mit den jeweiligen Zielerreichungen .................... 220

Tab. 32: Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse ............................................... 227

Tab. 33: Aggregationen der Einnahmen der deutschen Theater (Abb. 8 und 9) ............ 237

Tab. 34: Aggregationen der Ausgaben der deutschen Theater (Abb. 10 und 11)........... 238

Tab. 35: Beispiel Extraktionstabelle Externes Rechnungswesen ................................... 243

Tab. 36: Beispiel verdichtete Extraktionstabelle Internes Rechnungswesen.................. 244

Page 19: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

XVIII Anhangsverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Anhang 1: Erläuterung zu Abb. 8 und 9 ........................................................................ 237

Anhang 2: Erläuterung zu Abb. 10 und 11 ................................................................... 238

Anhang 3: Fragebogen der Experteninterviews............................................................. 239

Anhang 4: Extraktionsregeln ......................................................................................... 242

Anhang 5: Kurzer Auszug aus der Extraktionstabelle der Variable

Externes Rechnungswesen ........................................................................... 243

Anhang 6: Kurzer Auszug aus der verdichteten Extraktionstabelle

der Variable Internes Rechnungswesen ....................................................... 244

Page 20: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 1

1 Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

1.1 Einführung

Die größten künstlerischen Blüten wurden in der abendländischen Kulturgeschichte stets

durch Subventionen im weiteren Sinn1 erreicht, je nach Epoche durch Monarchien, die

Kirche, die Aristokratie oder den Staat. Diese Abhängigkeit besteht größtenteils auch heute

noch: Allein in der BRD wurden in 2005 auf gesamtstaatlicher Ebene rund 8 Mrd. € (1,6 %

aller öffentlichen Ausgaben) bzw. 97 € pro Einwohner für kulturelle Zwecke eingesetzt,

mit preisbereinigt sinkender Tendenz.2 Jedoch werden Zuwendungen an Kulturbetriebe

regelmäßig hinterfragt, da der Konsens über die finanzielle Unterstützung im Kontext

steigender Staatsverschuldung und anderer dringlicher gesellschaftlicher und politischer

Aufgaben nicht mehr unangefochten dasteht. Die Stagnation oder Kürzung der Zuwendung

bei zugleich inflations- und tarifbedingt steigenden Ausgaben ist die vielerorts eingetretene

Konsequenz.3 Die private Kulturfinanzierung macht etwa einen Anteil von 6-7 % der

gesamten Kulturfinanzierung in Deutschland aus: Sponsoring (350 Mio. €), kapitalbasierte

Stiftungen mit kulturellem Zweck (Erträge p. a. ca. 125 Mio. €), mäzenatische Spenden (50

Mio. €).4 Die Rahmenbedingungen für die private Kulturfinanzierung verbessern sich.5 Es

kann jedoch mittelfristig nicht von einer signifikanten Entlastung der öffentlichen Hand bei

den institutionellen Zuwendungen für Kulturbetriebe ausgegangen werden, da die private

Kulturfinanzierung nur in einem geringen Maß den Kernaufgaben der etablierten

Kulturbetriebe zugute kommt, sondern eher Projekten in angrenzenden Bereichen, etwa der

Kulturvermittlung: Der Anteil der privaten Finanzierung beträgt an den Einnahmen der

deutschen Theater lediglich 0,8 %.6 Somit erhöhen sich der wirtschaftliche Druck und die

Notwendigkeit zur Professionalisierung der Ablauf- und Aufbauorganisation in

Kulturbetrieben. Begriffe wie Effizienzsteigerung und Optimierung gewinnen auch im

Kultursektor an Bedeutung − unter der Voraussetzung einer differenzierten Anwendung,

welche künstlerische und qualitative Aspekte sowie die Zweckbestimmung berücksichtigt.

Die öffentlichen Haushalte der Gebietskörperschaften befinden sich in einer nicht

minder prekären finanziellen Situation. Die freigiebige öffentliche Ausgabepolitik der

1 Vgl. Thiel (2003), S. 177 f. 2 Vgl. Statistische Ämter der Länder und des Bundes (2008), S. 15 ff. 3 Zwischen 1992 und 2005 wurden 33 der ehemals 168 deutschen Kulturorchester aufgelöst bzw.

fusioniert, was zu einem Stellenabbau bei Orchestermusikern im genannten Zeitraum von bundesweit 16 %, allein in Ostdeutschland von 30 % geführt hat, vgl. KGSt (1997), S. 7; Mertens (2005), S. 4, 11, 14 f.; Ossadnik (1987), S. 279.

4 Angaben gemäß Kulturkreis der deutschen Wirtschaft, vgl. http://www.kulturkreis.eu/index.php? option=com_content&task=blogcategory&id=44&Itemid=177 am 31.10.2009.

5 Zum Beispiel das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007 mit erhöhten steuerlichen Anreizen.

Page 21: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

2 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

1960er- bis 1980er-Jahre hat im Kontext eines hohen Wohlfahrtsniveaus eine großzügige

Versorgung mit öffentlichen Gütern bewirkt, die in den wirtschaftlich schwächeren

Folgeperioden nur schwerlich aufrechtzuerhalten war.7 Die aufgebaute kulturelle Vielfalt

mit nominal steigendem Finanzierungsbedarf steht im Spannungsverhältnis zu dem

globalen Wettbewerbsdruck und den verringerten sowie sich weiterhin verringernden

Spielräumen der öffentlichen Hand angesichts der wachsenden Verschuldung.

Reformprozesse im öffentlichen Sektor gehören zur Politik- und Kulturgeschichte

und sind kein neues Phänomen.8 Im Zentrum dieser Arbeit steht das post-bürokratische

Paradigma des New Public Management (NPM), welches seine ideellen und konzeptionel-

len Wurzeln in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat. Seit den 1990er-Jahren kommt

es in Deutschland verstärkt in verschiedenen Ausprägungen zur Anwendung, etwa in dem

Neuen Steuerungsmodell (NSM) der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungs-

vereinfachung (KGSt) oder unter dem Schlagwort der Verwaltungsmodernisierung, wobei

eine scharfe Abgrenzung dieser Begriffe nicht immer möglich ist. NPM propagiert die

substantielle Überwindung des Weberschen Idealtypus einer rational-legalen Bürokratie9 in

Richtung einer stärkeren Orientierung an den privatwirtschaftlichen Unternehmen mit

ihren Managementtechniken. Es möchte als Ansatz zur Lösung des Trilemmas zwischen

Effektivität, Effizienz und Legitimität gelten. Insofern hat das NPM eine präskriptive und

handlungssteuernde Orientierung. Durch NPM werden sowohl die Strukturen zwischen

Staat, Verwaltung und Bürgern (externe Strukturreform/außenorientierte Elemente) als

auch die Verwaltung bzw. öffentlichen Betriebe als Reformobjekt an sich (Binnenreform)

betrachtet.10

Als unmittelbarer oder verselbständigter Teil der Leistungsverwaltung werden

somit öffentlich-rechtliche Kulturbetriebe auch von NPM berührt. NPM könnte durch

seine u. a. effizienzorientierte Zielsetzung einen Beitrag zur Milderung der oben

beschriebenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Kulturbetriebe leisten, sei es durch

unmittelbare Vorteile aus der Einführung bestimmter Instrumente und Techniken oder

veränderte Rahmenbedingungen. Somit liegt es nahe zu untersuchen, inwieweit sich die

einschlägigen Reformbestandteile, insbesondere im betriebswirtschaftlichen Bereich, in

den Kulturbetrieben niedergeschlagen haben und zu welchen Folgen dies geführt hat. Dies

6 Vgl. Deutscher Bühnenverein (2007), S. 257 ff. 7 Vgl. Pitschas (2004), S. 2; Thom/Ritz (2006), S. 12 f.; Mertens (2005), S. 14. 8 Verwaltungsreformen im Sinn bürokratischer Arbeitsprozessoptimierungen wurden auch schon vor NPM

umgesetzt. Zwischen der Neukonstruktion der ministeriellen Verwaltungsorganisation in Preußen 1806 bis in die 1980er-Jahre wurden 42 Reformkonzepte und Einzelmaßnahmen gezählt, vgl. Walken-haus/Voigt (2006), S. XVIII.

9 Vgl. Lane (2009), S. 11 f.

Page 22: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 3

geschieht im empirischen Teil dieser Arbeit. Dadurch wird die Anwendung von NPM

sektor- und instrumentenspezifisch auf das Erreichen der jeweiligen Ziele hin überprüft.11

Es wird versucht aufzuzeigen, wo die Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen von

Reformansätzen für Kulturbetriebe liegen und welche die Zusammenhänge und

Bedingungen hierfür sind. Zugleich wird der Kulturbetrieb als Ort betrieblichen

Geschehens theoretisch modelliert, praktisch untersucht und auf seine Funktionsweise hin

beleuchtet.

1.2 Entwicklung der Forschungsfrage

Der Kultursektor wird seit den 1960er-Jahren durch Forschung und Publikationen

intensiviert wissenschaftlich und praxisorientiert erschlossen.12 Baumol/Bowen gelten als

Begründer der Kulturökonomik. Sie haben in ihrer grundlegenden Arbeit „Performing Arts

– The Economic Dilemma“ (1966) die ökonomischen Zusammenhänge bei den

Aufführungskünsten erforscht, dabei ein Kostendilemma identifiziert und eine

Finanzierungslücke postuliert, begründet mit der hohen Personalintensität, langfristigen

relativen Preisentwicklungen und der niedrigen Partizipation an Skaleneffekten aus

technischem Fortschritt.13 Der volkswirtschaftliche Zweig der weiteren Forschung

konzentriert sich auf ökonomische Gesetzmäßigkeiten und Gegebenheiten, ggf.

konkretisiert in den einzelnen Kultursparten,14 und auf die Kultur als Wirtschaftsfaktor,

sowohl als Bestandteil des Bruttoinlandsprodukts als auch in Bezug auf indirekte Effekte

aus Umwegrentabilitäten etc.15 Der betriebswirtschaftliche Zweig fokussiert Fragen der

Steuerung, des Rechnungswesens, Controllings, des Personalmanagements, der

Organisationsentwicklung und des Marketings inklusive dem noch jungen Zweig des

Audience Developments.16 Bemühungen um einen sektorspezifisch theoretisch fundierten

Wissenschaftszweig der interdisziplinären Kulturbetriebslehre existieren erst seit jüngerer

10 Vgl. Walkenhaus/Voigt (2006), S. XII; Blanke/Einmann et al. (2005), S. 568. 11 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 36. 12 Vgl. Throsby (1994), S. 2 f. 13 Vgl. Baumol/Bowen (1966), S. 161-235. 14 Vgl. Blümle (2004); Heilbrun/Gray (2001); Hutter (1992); Pommerehne/Frey (1993); Throsby (2001);

Tietzel (1995); Towse (2003); für den nahe stehenden Hochschulbereich vgl. Helberger (1989) und Helberger (1989a).

15 Vgl. DIW (1992); DIW (2002); Ermert (2002); Jaeger/Stier (2001), S. 57-128; Knappe (2007); Niederholtmeyer (1993) mit einer Literaturübersicht zum Forschungsstand.

16 Vgl. Allmann (1998); Almstedt (1999); Beutling (1993); Bielfeldt (2009); Boerner (2002); Boethi-us/Wrangsjö (2000); Giller (1995); Greve (2002); Hamann (2001); Hamann (2005); Hartung (1998); Keil (2001); Konrad/Gemünden (2002); Schneidewind (2000); Schugk (1996); Schwarzmann (2000); Stein (1982); Szirota (1999); Walk (1992).

Page 23: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

4 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

Zeit.17 Bei wissenschaftlichen Arbeiten ist in der Minderheit der Publikationen ein

empirischer Teil enthalten. Hierbei kamen vorwiegend explorative Erhebungen durch

Fragebögen oder Fallstudien einzelner Kulturbetriebe zur Anwendung.18

Die praxisorientierten Publikationen des Kulturmanagements setzen sich mit Fra-

gen der privaten Kulturfinanzierung, des Managements von Kulturbetrieben und Künstlern

sowie dem Spannungsfeld von Kunst und Gewinnstreben auseinander19. Das Handbuch

von Röper (2001) bietet in der Art eines Kompendiums eine fundierte und differenzierte

Gesamtübersicht über den Stand des deutschen Theatermanagements zur Jahrtausendwen-

de.20 In vielen Publikationen werden als Schlussfolgerung u. a. kulturpolitische

Implikationen zu adäquaten Rahmenbedingungen für Kulturbetriebe und die private

Kulturfinanzierung formuliert.21

Die große Mehrheit der Veröffentlichungen berührt aus ihrer jeweiligen Teildiszip-

lin heraus im Kern oder wenigstens peripher die Frage – wenn auch nicht immer explizit

gestellt −, wie Kulturbetriebe mit begrenzten Ressourcen ihren Auftrag möglichst effizient

und damit auch in Zeiten stagnierender oder sinkender öffentlicher Zuwendungen erfüllen

können. Diese Frage steht aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch im Zentrum der

vorliegenden Arbeit. Zudem stimmt sie mit einer wesentlichen Zielsetzung des

Reformansatzes New Public Management (NPM) überein (vgl. Kap. 3), welcher normativ

Maßnahmen empfiehlt, um die Effizienz und Effektivität im öffentlichen Sektor zu

erhöhen. Von diesen Maßnahmen werden drei betriebswirtschaftliche Teilgebiete (externes

Rechnungswesen, internes Rechnungswesen, Personalmanagement) auf ihre Funktionalität

für Kulturbetriebe hin untersucht. Dabei ergibt sich auch ein Anknüpfungspunkt zum

praktischen Kulturmanagement, da die Kulturbetriebe als Zuwendungsempfänger

dauerhaft von der öffentlichen Refinanzierung abhängig und ferner von den untersuchten

Teilreformen (u. a. Einführung der Doppik, KLR, leistungsorientierte Bezahlung) in einer

großen Anzahl konkret betroffen sind. Wenn die Erschließung von Effizienzgewinnen

gelingt, bedeutet dies eine finanzielle Entspannung bzw. wachsende künstlerische

Freiräume. Daher ist die Funktionalität von NPM in Bezug auf das Effizienzziel das

17 Vgl. Mörth (1995); Zembylas (2004); Zembylas/Tschmuck (2006). An der Zeppelin Universität

Friedrichshafen wurde 2009 der erste Lehrstuhl für Kulturbetriebslehre in Deutschland eingerichtet. 18 Vgl. Allmann (1998), S. 5-62; Bielfeldt (2009), S. 93-216; Giller (1995), S. 183-210; Herrmann (2001),

S. 53-83, 212-228; Konrad/Gemünden (2002); Schneidewind (2000), S. 117-200; Stein (1982); Szirota (1999), S. 149-192; Walk (1992), S. 38-51.

19 Vgl. Bendixen (2002); Brezinka (2002); Fischer (2004) , Heinrichs (1997); Heinrichs (1997a); Heinrichs (2006); Heinze (2004); Klein (2008); Konrad (2006); Rauhe/Demmer (1994); Schäfer/Vermeulen (1996); Schneidewind/Tröndle (2003); Schulze/Rose (1998); Tröndle (2006).

20 In Form eines Lexikons vgl. auch Jacobshagen (2002). 21 Vgl. Frey (2003), S. 105-156; Konietzka/Küppers (1998); O’Hagan (1998), S. 73-162; Wegner (1999),

S. 234-255.

Page 24: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 5

zentrale Kriterium zur Beurteilung der Eignung der NPM-Teilreformen (vgl. Titel der

Arbeit). Somit lautet die übergeordnete Forschungsfrage: Ist die Anwendung von NPM

dazu geeignet, in den Kulturbetrieben eine höhere Effizienz22 durch eine optimierte

Steuerung23 zu erreichen?

Zur Beantwortung der Frage wurde eine umfangreiche empirische Studie vorge-

nommen. Sie evaluiert die Wirkung der NPM-Teilreformen durch eine thesengeleitete,

qualitative Kausalitätsanalyse, welche auf einem Variablenmodell basiert. Die sich hierbei

ergebenden Befunde und Analyseergebnisse dürften auch einen Aussagewert für das

praktische Kulturmanagement besitzen. Die Grundgesamtheit der empirischen Studie

bilden die 196 Theater und selbständigen Kulturorchester in Deutschland gemäß der

Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins, wobei die Ergebnisse auch auf andere

Kultureinrichtungen in weiten Teilen übertragbar sein dürften (Museen, Bibliotheken etc.).

Der methodische Ansatz, durch qualitative Analysen die Wirkung von betriebswirtschaftli-

chen Instrumenten für die Grundgesamtheit auf ihre Zielerreichung hin thesengeleitet

kritisch-evaluativ zu prüfen, ist zumindest in der oben aufgeführten gängigen Literatur zum

Kulturmanagement bislang nicht unternommen worden. NPM beinhaltet konkrete

Gestaltungsempfehlungen und Managementinstrumente, welche dazu dienen sollen,

• die Effizienz und Effektivität im öffentlichen Sektor zu erhöhen und

• damit eine Leistungssteigerung zu bewirken,

• öffentliche Ausgaben und die Staatsquote zu senken,

• Kostenbewusstsein und Anreizkompatibilität bei den Akteuren zu schaffen;

• bürgerorientiert,

• output- und outcome-orientiert,

• transparent, berechenbar, zielgelenkt und zielgesteuert, unternehmerisch und flexibel,

• in dezentralen verantwortlichen Einheiten zu produzieren.24

22 Der zu Grunde liegende Effizienz-Begriff wird im Kap. 1.8 näher definiert. 23 Der Begriff der Steuerung wird als innerbetriebliche Steuerung und Bestandteil des Management-Zyklus

verstanden: Eine optimierte Steuerung liegt dann vor, wenn die Entscheidungsqualität über die Allokation von finanziellen oder personellen Ressourcen zunimmt und infolge dessen die betrieblichen Ziele (Output) in effizienterem Maße erreicht werden.

24 Vgl. Budäus (1998), S. 46 f.; Buschor (1994), S. XIII-XVI; Jones (2006), S. 112; Kettiger (2000), S. 5. In späteren Publikationen werden die zunächst quantitativ interpretierten Begriffe auch durch qualitative Aspekte ergänzt, vgl. Politt/Bouckaert (2003), S. 28.

Page 25: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

Angesichts der Vielseitigkeit von NPM ist eine Beschränkung auf Teilbereiche geboten. Es

werden in dieser Arbeit die drei wichtigsten betriebswirtschaftlichen Instrumente des

NPMs untersucht:

1. Externes Rechnungswesen, insbesondere die Ablösung der Kameralistik durch die

Doppik (Kap. 6).

2. Internes Rechnungswesen, insbesondere die Einführung der Kosten- und Leistungs-

rechnung und des Controllings (Kap. 7).

3. Einführung von Elementen des Personalmanagements (Kap. 8).

Diese nicht originär auf NPM zurückzuführenden Themenstränge gelten u. a. als Synonym

für eine „moderne“ Verwaltung. Sie wurden an vielen Stellen im öffentlichen Sektor

umgesetzt oder befinden sich in der Einführung, häufig in Orientierung an Idealen des

privaten Sektors.

Jedes dieser Instrumente verfolgt wiederum untergeordnete (Eigen-)Ziele, die aber

letztlich in Kongruenz zu den übergeordneten NPM-Zielen stehen. In differenzierter Weise

werden die untergeordneten Ziele bei der Thesenentwicklung berücksichtigt und erläutert.

Einen Überblick gibt die nachfolgende Abb. 1:

Instrument Spezifische Ziele des Instruments Übergeordnete NPM-Ziele

Einführung der Doppik

(vgl. Thesen 1-3)

Abbilden des realen Ressourcenverbrauchs

Abbildung der tatsächlichen Vermögensverhältnisse

Nachhaltiges Wirtschaften

Intergenerative Gerechtigkeit

Einführung der KLR & Controlling

(vgl. Thesen 4-6)

Rationales Wirtschaften und Entscheiden

Zielorientiertes Handeln durch

Planung und Kontrolle

Führungsunterstützung

Informationsgewinnung

Transparenz der innerbetrieblichen Leistungsströme

Aufrechterhalten der Potenziale

Anwendung von Personalmanagement

(vgl. Thesen 7-9)

Optimaler Einsatz und Entfaltung des Faktors

menschliche Arbeitskraft

Erhaltung und Steigerung der Ressourcen und

Fähigkeiten

Zufriedenheit und Motivation der

Mitarbeiter

Effizienz und Effektivität

erhöhen

Öffentliche Ausgaben

senken

Anreizkompatibilitäten im

öffentlichen Sektor erhöhen

Bürgerorientierung

ausweiten

Output- und Outcome-

Orientierung stärken

Abb. 1: Zusammenhang zwischen betriebswirtschaftlichen Instrumenten und NPM-Zielsetzung

Quelle: Eigene Darstellung.

Page 26: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 7

Abb. 1 kann entnommen werden, dass die Instrumente des externen und internen

Rechnungswesens für die betriebliche Steuerung und die finanzielle Allokation innerhalb

des Kulturbetriebs eine entscheidende Rolle spielen. Einer der Hauptadressaten ist die

Geschäftsführung des Kulturbetriebs, welche auf diesen Informationsquellen aufbauend in

die Lage versetzt werden soll, eine rationale Betriebsführung auszuüben und dabei das

Effizienzziel zu verfolgen. Das Personalmanagement betrifft die Allokation des gerade in

Kulturbetrieben wichtigen Produktionsfaktors der menschlichen Arbeitskraft. Hier

Verbesserungen zu erreichen bedeutet eine unmittelbare Steigerung des Outputs und der

Effizienz. Somit werden durch die drei aus den NPM-Reformen ausgewählten Teilbereiche

die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Einflussfaktoren auf die abhängigen Erfolgsvari-

ablen von Kulturbetrieben erfasst.

Der Kanon der NPM-Instrumente findet seit den 1990er-Jahren (z. B. im Rahmen

des Neuen Steuerungsmodells, auf kommunaler Ebene beginnend) sukzessive Beachtung

und entsprechenden Eingang in die Verwaltungen und Betriebe. Somit ist zu erwarten, dass

für die empirische Erhebung (Juli 2008 bis Februar 2009) zwischenzeitlich ausreichende

Erfahrungen gesammelt wurden.25

Die empirisch nachweisbare gestiegene Verbreitung von bestimmten Instrumenten

bewirkt in den Betrieben nicht zwingend Veränderungen von Verhaltensweisen, Strukturen

oder Entscheidungen.26 Es entsteht u. U. eine hybride Mischung aus der althergebrachten

Betriebskultur und aufgesetzten neuen, Transaktionskosten verursachenden Management-

werkzeugen. So kann die Situation eintreten, dass sich die Prozessqualitäten nicht

verbessern und der Implementierungsaufwand im Extremfall zu einer Abnahme der

Effizienz führt.27 Daher wird mit der empirischen Erhebung das Spannungsfeld zwischen

der Umsetzung der NPM-Instrumente und dem Erreichen der Ziele in der Praxis der

öffentlichen Kulturbetriebe überprüft. Diese Art der analytischen (ex-post) Wirkungsfor-

schung mit Erhebung von Outputs und den Verhaltens- und Performanceänderungen ist für

öffentliche Betriebe in der Forschung unterrepräsentiert.28 Dabei ist methodisch

insbesondere zu beachten:

25 Vgl. Bogumil/Kuhlmann (2006), S. 62 f. 26 Vgl. Jann (2006a), S. 104; Bogumil/Kuhlmann (2006a), S. 349 f. 27 Vgl. Politt/Bouckaert (2003), S. 27 f. 28 Vgl. Bogumil/Kuhlmann (2006), S.54 f.; Jann (2006), S. 14 f.

Page 27: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

8 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

• Die Korrelation zwischen der NPM-Umsetzung und einer ggf. beobachteten

Effizienzsteigerung muss nicht zwingend eine Kausalität bedeuten. Hintergrundvariab-

len sind möglichst zu lokalisieren, z. B. eine parallel erfolgte Zuwendungsabsenkung

bei gleich bleibendem Output.

• Der Effizienz-Begriff ist differenziert zu definieren, z. B. hinsichtlich qualitativer

Aspekte.29

• Dem besonderen Charakter der betrieblichen Struktur und des öffentlichen Auftrags,

etwa durch die hohe Bedeutung von Sachzielen, ist Rechnung zu tragen.30

29 Vgl. Politt/Bouckaert (2004), S. 177 f. 30 Vgl. Kosiol (1972), S. 223 f.; Ossadnik (1987), S. 276 ff.

Page 28: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 9

Methodischer Ablauf Gliederung der Arbeit

Entwicklung der Modellierung und des Untersuchungsdesigns (Kap. 1)

Forschungsfrage (Einleitung und Kap. 1)

Beschreibung der Methodik (Kap. 5)

Ausführliche Auswertung und Interpretation (Kap. 6-9)

Überprüfung des Variablenmodells und Fazit (Kap. 10)

Empirische Erhebung: 20 Experteninterviews

Transkription

Qualitative Inhaltsanalyse: Extraktion

Verdichtung Zuordnung zu Thesen Bewertung der Thesen

Anwendung der NPM-Theorie auf den Untersuchungsgegenstand, daraus Entwicklung der Thesen (Kap. 4)

Stand der NPM-Theorie (Kap. 3)

Charakerisierung des Untersuchungs-gegenstands der öffentlich finanzierten

Theater und Orchester (Kap. 2)

1.3 Ablauf der Untersuchung

Der Ablauf der Untersuchung wird nachfolgend in Abb. 2 chronologisch im Kontext der

Gliederung dieser Arbeit dargestellt:

Abb. 2: Methodischer Ablauf und Gliederung der Arbeit

Quelle: Eigene Darstellung.

Page 29: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

10 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

NPM-Paradigma

wirkt auf alle Ebenen ein

Weiteres Umfeld: Besucher/Publikum Andere Kultur- und Freizeitbetriebe Presse/Fachwelt/Szene Bürger/Wähler

Legislative Gewalt: (Landes-)Parlament/Gemeindeversammlung Kultur-/Theaterausschuss Kultur- und Finanzpolitiker/Fraktionen

Exekutive Gewalt: Regierung und Verwaltung Minister/Bürgermeister Kultur- und Finanzverwaltung

Kulturbetriebe: Aufsichtsgremien/Gesellschafter Intendanz/Geschäftsführung Künstlerische Leitung Künstlerische Ensembles Gäste/Solisten Technik, Verwaltung, Service

Interdependenzen Informations- asymmetrien Zielkonflikte

Mikroebene (Kulturbetrieb)

Forschungsfrage:

Mehr Effizienz durch NPM?

Makroebene(Umfeld)

Mesoebene (öffentlicher

Sektor)

1.4 Kontextmodell des öffentlichen Kulturbetriebs

Die öffentlich finanzierten Kulturbetriebe agieren im Kontext zahlreicher externer und

interner Stakeholder, welche unterschiedliche und teilweise konfliktäre Interessen

gegenüber dem Kulturbetrieb geltend machen. Aus diesen vielschichtigen Anspruchshal-

tungen, nicht zuletzt begründet in der öffentlichen Finanzierung, ergeben sich für den

Kulturbetrieb Restriktionen und Abhängigkeiten. Die nachfolgende Übersicht (Abb. 3)

greift die unterschiedlichen Stakeholder und Interdependenzen auf:

Abb. 3: Kontextmodell öffentlicher Kulturbetriebe

Quelle: Eigene Darstellung.

Page 30: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 11

Die Darstellung (Abb. 3) dient im Folgenden als ein Bezugsrahmen, aus dem heraus das

Variablenmodell zur Bearbeitung der Forschungsfrage abgeleitet wird. Der Erkenntnisge-

genstand des Kulturbetriebs wird in dieser Arbeit auf der Mikro-Ebene unter betriebswirt-

schaftlichen Gesichtspunkten analysiert. NPM wirkt zwar in seiner Eigenschaft als

Reformansatz für den gesamten öffentlichen Sektor auf sämtliche Ebenen ein, die

Resultate hieraus werden allerdings in der Arbeit lediglich auf der betrieblichen Ebene des

Kulturbetriebs analysiert. Die Interdependenzen zur Meso- und Makro-Ebene wurden in

den intervenierenden Variablen berücksichtigt (vgl. Kap. 1.6). Das Kontextmodell

beansprucht nicht, eine Systemtheorie für den Kulturbetrieb und seine Interaktionen mit

der Umwelt zu sein.

1.5 Das Modell der heterogenen Akteursrationalitäten

1.5.1 Einführung

Im folgenden Kapitel wird der Mikro-Untersuchungsgegenstand der öffentlichen

Kulturbetriebe differenzierter modelliert. Dies geschieht aus zwei Gründen:

1. Jegliches betriebliche Geschehen wird von den ausführenden Menschen determiniert,

somit auch das Produktionsergebnis und die dabei erreichte Effizienz.

2. Der im Kontextmodell mit Pfeilen dargestellte Einfluss des NPM-Paradigmas erfolgt

nicht nur abstrakt über die Körperschaften und Gruppen der drei Ebenen, sondern

konkret über handelnde und entscheidende Personen. Diese haben erheblichen Einfluss

auf die Art und Weise sowie den Umfang der NPM-Implementation.

Durch die noch tiefer ansetzende Modellierung des Outputs der Kulturbetriebe wird die

Mikroebene des Kontextmodells selbst zum Makrophänomen (bzw. Explanandum),

welches mikrofundiert im Sinne des methodologischen Individualismus mittels der

Akteursrationalitäten, welche in Interaktion stehen, erklärt werden kann (Explanans).31

Das Handlungsergebnis der Gesamtheit ergibt sich aus der Aggregation der indivi-

duellen Verhaltensweisen. Dieser Ansatz kann als Versuch einer sektorspezifischen

ökonomischen Interaktionstheorie angesehen werden, die das Ziel verfolgt, den Einfluss

der individuellen handelnden Personen auf die abhängigen Erfolgsvariablen unter

Berücksichtigung der strukturierenden Regelsysteme und Interdependenzen eines Betriebs

in das Gesamtmodell einzubeziehen.32

31 Vgl. Heine/Hirsch et al. (2006), S. 4 f.; Meyer (2005), S. 1-7. 32 Vgl. Homann/Suchanek (2005), S. 100 ff.; Meyer/Heine (2005), S. 15.

Page 31: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

12 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

Beim heuristischen Modell der heterogenen Akteursrationalitäten handelt es sich um ein

präempirisches Schema: Es dient der Strukturierung komplexer sozialer Phänomene durch

die Zusammenfassung mentaler Strukturen und Regeln des Denkens und Handelns.33 Ziel

ist es nicht – wie bei einer eigenständigen Mikrotheorie – das Verhalten eines Individuums

detailliert und funktional zu ergründen und dadurch die Wirklichkeit abzubilden, sondern

mittels einer pragmatischen (Komplexitäts-)Reduktion das Resultat der Aggregation vieler

individueller Verhaltensweisen unter Beibehaltung des zweckmäßigen ökonomischen

Paradigmas erklären zu können.34 Das Modell ist nicht im Popperschen Sinn falsifizierbar

und soll lediglich einen Erklärungsgehalt bei der Interpretation der übergeordneten

empirischen Ergebnisse liefern. Somit ist das treffende Beurteilungskriterium nicht die

Wahrheit, sondern die Zweckmäßigkeit bzw. Fruchtbarkeit.35

1.5.2 Interpretationen und Definitionen des Rationalitätsbegriffs in der Literatur

Die Prämissen menschlichen Entscheidens und Handelns erfahren u. a. in der ökonomi-

schen, psychologischen und soziologischen Literatur eine große Bedeutung, nicht zuletzt

für die Modellierung. Die Ansichtsweisen schlagen sich auch in unterschiedlichen

Interpretationen des Rationalitätsbegriffs nieder:

Zunächst differenziert die ökonomische Theorie zwischen subjektiver und objekti-

ver Rationalität. Bei der objektiven Rationalität strebt ein Individuum eine Maximierung

des Zielerreichungsgrads an. Es verfügt über vollständige Information über Zweck-Mittel-

Beziehungen bzw. betreibt erheblichen Aufwand, um an fehlende Informationen zu

gelangen. Die extreme Variante der substanziellen Rationalität liegt dann vor, wenn die

vom Individuum unterstellten Zweck-Mittel-Beziehungen objektiven Maßstäben genügen

und zudem intertemporal konsistent, somit statisch und unabhängig von Lernprozessen

sind.36 Gepaart mit der Annahme vollständiger Informationen entspricht dies der Prämisse

des klassischen homo oeconomicus. Diese kann durchaus zweckmäßig für eine

Modellierung sein, gilt jedoch als wenig realitätsnah.

Bei der subjektiven Rationalität optimiert ein Individuum seine Entscheidungen

lediglich innerhalb des begrenzten Rahmens der unvollständigen Informationen. Allein aus

der Sicht des Individuums kann die Zweckmäßigkeit der Zweck-Mittel-Beziehung beurteilt

werden (interne Konsistenz, meist gemessen an der Transitivität). In der weit verbreiteten

Variante der beschränkten Rationalität (bounded rationality) verhält sich der Mensch

33 Vgl. Siegenthaler (2005), S. 5. 34 Vgl. Heine/Hirsch et al. (2006), S. 16; Homann/Suchanek (2005), S. 341, 345; Lindenberg (1990), S. 11. 35 Vgl. Homann/Suchanek (2005), S. 362. 36 Vgl. Fritsch/Wein et al. (2007), S. 358; Siegenthaler (2005), S. 3 f.; Simon (1981), S. 111 f.

Page 32: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 13

lediglich als Satisfizierer, der den Transaktionskosten verursachenden Suchprozess nach

der nutzensteigernden Entscheidungsalternative dann abbricht, wenn mit dem (erwarteten)

Ergebnis ein bestimmtes Anspruchsniveau erreicht wird.37 Restriktionen ergeben sich

ferner aus der Schwierigkeit der Antizipation, begrenzten geistigen und körperlichen

Ressourcen und psychologischen Determinanten. Diese Überlegungen wurden von

Friedrich von Hayek, Herbert Simon, Max Weber u. a. angestellt38 und führten zu einer

Distanzierung von der traditionellen ökonomischen Rationalitätsannahme. So nennt

Herbert Simon39 als Grenzen der Rationalität z. B. das unvollständige Wissen und die

Schwierigkeit der Antizipation. Auch der jüngere Forschungszweig der Behavioral

Economics (prominent geworden durch Daniel Kahneman und Amos Tversky, früher

Vertreter z. B. der deutsche Nobelpreisträger und Spieltheoretiker Reinhard Selten) geht

von diesen Prämissen aus.

Viktor J. Vanberg40 differenziert den Rationalitätsbegriff wie folgt: Unter Rationa-

litätsprinzip versteht er die subjektive Konsistenz einer punktuellen Entscheidung eines

Akteurs, welche zum Zeitpunkt der Handlung die subjektiven Präferenzen (Ziele und

verfolgte Zwecke) und die subjektiven Vorstellungen (Theorien über Wirkungszusammen-

hänge) berücksichtigt und in eine absichtsgeleitete Entscheidung mündet. Darüber hinaus

geht die Rationalitätshypothese. Sie besagt, dass über die punktuelle, lokale Entschei-

dung hinaus das Gesamtsystem von Präferenzen und Theorien eines Akteurs in sich

konsistent sein muss und/oder die Realitätsadäquatheit des Gesamtsystems des Akteurs in

Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und faktischen Wirkungszusammenhänge im

Sinn einer objektiven Zweckmäßigkeit gegeben sein muss. Dabei knüpft Vanberg an einem

theoretischen Ansatz des Biologen und Evolutionstheoretikers Ernst Mayr (1991) an, der

bei seiner Modellierung teleonomischer Vorgänge bei höheren Organismen „offene

Programme“ – darunter versteht Mayr informationsbasierte Problemlösungsansätze durch

Lernen, Konditionieren und Erfahrungen - als handlungsleitend herausgestellt hat.41

Niklas Luhmann42 verwendet den Rationalitätsbegriff auf der aggregierten Ebene

der Teilsysteme. Gemäß seiner funktional-strukturellen Systemtheorie, anknüpfend an die

Theorien Talcott Parsons’ (1964), entwickeln soziale und gesellschaftliche Teilsysteme

jeweils ihre eigene Rationalität.43 Folglich sind übergreifend gültige Zweck-Mittel-

37 Vgl. Fritsch/Wein et al. (2007), S. 358 f. ; Simon (1981), S. 30 38 Vgl. Heine/Hirsch et al. (2006), S. 7 f.; Siegenthaler (2005), S. 3 f., 12 f.; Simon (1981), S. 116-121. 39

Vgl. Simon (1981), S. 30 ff. 40 Vgl. Vanberg (2002), S. 3-6. 41 Vgl. Mayr (1991), S. 66; Siegenthaler (2005), S. 7. 42 Vgl. Luhmann (1974), S. 38-48 u. 113-123. 43

Vgl. Luhmann (1974), S. 10

Page 33: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

14 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

Beziehungen zu negieren. Die Generalisierung von Verhaltenserwartungen erfolgt

innerhalb des jeweils betrachteten Systems.44

In den 80er-Jahren verbreitete sich das Konzept der Mentalen bzw. Internen Mo-

delle nach Philip Johnson-Laird (1983) und Dedre Gentner/Albert Stevens (1983). Es

drückt im Kerngehalt aus, dass einzelne Akteure, Gesamtheiten oder Gruppen zum einen in

ihrem Selbstbild Annahmen über eigene Eigenschaftsausprägungen und deren

Nebendingungen verfügen und zum anderen in ihrem Weltbild Erwartungen und

heuristische Funktionszusammenhänge besitzen. So entsteht eine durch Framing-Effekte

und kognitive Einflüsse erzeugte „Weltbrille“, ein „internes Modell“, eine „theory in use“.

Das Konzept der Mentalen Modelle erklärt somit Verhaltens- und Eigenschaftsmuster.

Dabei sieht es Lernprozesse vor und lässt somit eine intertemporale Anpassung an situative

Gegebenheiten zu. Ein großer Nutzen der Mentalen Modelle liegt in der Komplexitätsre-

duktion angesichts begrenzter Fähigkeiten und unbegrenzten Wollens.45

Der Verwaltungswissenschaftler Heinrich Reinermann (2000) differenziert zu-

nächst zwischen unterschiedlichen Akteursgruppen im öffentlichen Sektor (Politiker,

Parteien, Wähler, Verbände und Bürokraten), für die allesamt in Anlehnung an Rieger,

Schumpeter und Niskanen das Eigennutz-Axiom unterstellt wird. Sein Rationalitätsbegriff

bezieht sich auf die Interpretationsbreite von Wirtschaftlichkeit: So können politische,

technische, ökologische, medizinische und ökonomische Argumentationsketten zu

unterschiedlichen und dennoch aus Sicht ihrer Vertreter zu gleichermaßen effizienten

Ergebnissen führen. Bernhard Blanke nennt die Realisierung dieses Phänomens die

„Amalgamisierung unterschiedlicher Rationalitäten im Verwaltungshandeln“.46 Ein

Vorläufer dieser Überlegungen ist Paul Diesing, der bereits 1962 zwischen der

technischen, ökonomischen, sozialen, juristischen und politischen Rationalität im Sinn von

Entscheidungslogiken differenziert.47 Gemäß Reinermann hat die politische Rationalität im

öffentlichen Sektor traditionell das stärkste Gewicht. Zur Festigung des NPM-Paradigmas

entwickelt er Handlungsmaximen für Bürokratie und Management als „charakteristische

Konzepte der Bewältigung von Realhandlungen“48 und stellt diese einander gegenüber. Aus

der Überholtheit der Prämissen des Bürokratiemodells - bedingt durch die sich wandelnde

Umwelt und umfangreiche Aufgaben im öffentlichen Sektor bei stagnierenden Budgets -

44 Vgl. Kaufmann (2005), S. 104 ff.; Luhmann (1974), S. 113-123. 45 Vgl. Weber/Gothe et al. (2001), S. 105-111; Bramsemann/Heineke (2004), S. 562. 46 Blanke/Einemann et al. (2005), S. 448. 47 Vgl. Diesing (1962). 48 Reinermann (2000), S. 19.

Page 34: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 15

leitet er normativ das Primat des Management-Paradigmas ab und legitimiert somit NPM.49

1.5.3 Prämissen des Modells der heterogenen Akteursrationalitäten

Zunächst wird das allgemeine konzeptionelle Gerüst des für diese Arbeit entworfenen

Modells dargestellt (Abb. 4):

Abb. 4: Darstellung der Einbettung der Prämissen der heterogenen Akteursrationalitäten in die Makroebene betrieblichen Handelns

Quelle: Eigene Darstellung.

Die Prämissen des Modells der heterogenen Akteursrationalitäten lauten im Einzelnen:

• Alle Akteure unterliegen begrenzten Fähigkeiten (Kognition, Wissen, Informations-

verarbeitung) und unbegrenztem Wollen (Ziele) und sind damit im Gegensatz zum

neoklassischen homo oeconomicus restringiert.

• Es existieren in den Kulturbetrieben die drei Rationalitätskategorien künstlerische,

wirtschaftliche und bürokratische Rationalität, in die sich das gezeigte Verhalten sowie

die geäußerten Argumentationen der Akteure unabhängig von der konkreten Person

einteilen lassen.

49 Vgl. Reinermann (2000), S. 14-22; ähnlich Blanke/Einemann et al. (2005), S. 442 f., 446 ff.;

Tatsächlich gezeigtes Verhalten/geäußerte Argumentation eines Akteurs

Werte und Normen

Einnahme einer bestimmten Rationalität, durch die Nutzensteigerung erwartet wird

Situative Faktoren Betriebskultur

Eigenes Wollen (Ziele)

Eigenes Können (Fähigkeiten)

Erfahrungen und Lernprozesse

Heuristisch zusammen-gefasst im

Modell der

heterogenen Akteurs-

rationalitä-ten

Basis

Restriktion

Externe Einflüsse

Summe aller beobachtbaren Einzelverhalten, determiniert durch Verteilung der Akteursrationalitäten

Andere Akteure

Organisationshandeln und Output

Prallt auf Regelwerk der Institution und beeinflusst

Mi k ro eb en e

Makr oe b e n e

Page 35: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

16 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

• Jede Rationalitätskategorie repräsentiert ein prototypisches Set von Zielen, Motiven,

Werten und Normen, die Eigenschaftskomplexe ergeben, welche wiederum Verhal-

tenspattern und Argumentationsmuster von Menschen erklären können. Die drei

Bezeichnungen implizieren keine Gruppenzugehörigkeiten im soziologischen Sinn und

sind nicht als (Wert-)Urteile über bestimmte Berufsgruppen zu interpretieren.

• Die Akteure können – müssen aber nicht – vorsätzlich, opportunistisch oder

mikropolitisch begründet zwischen den Rationalitätskategorien wechseln. Den

Akteuren ist im Rahmen ihrer individuellen Fähigkeiten eine Verhaltensflexibilität,

eine Pluralität und ein Abwägungsspielraum möglich. Es werden somit nicht-

personengebundene Akteurs- und Präferenzkategorien definiert, die im Alltag des

Kulturbetriebs aufeinander stoßen. So können beispielsweise Künstler angesichts ihrer

Erfahrungen aus freiberuflichen Tätigkeiten eine starke wirtschaftliche Rationalität

einnehmen. Ebenso kann ein Geschäftsführer aufgrund persönlicher Sachkenntnis eine

bestimmte Opernproduktion mit künstlerischen Argumenten unterstützen. Die in den

drei Kategorien dargestellten Präferenzen stellen daher keine intertemporalen Präfe-

renzen dar, sondern Präferenzmuster eines Denk- und Handlungsschemas mit dem

begrenzten Gültigkeitsraum einer punktuellen Entscheidungssituation.

• Situative Elemente (konkreter Diskussionsgegenstand, Betriebskultur, Mehrheitsver-

hältnisse, Gruppendynamik) beeinflussen die Wahl der Rationalitätskategorie ebenso

wie Werte, Normen, Lern- und Erfahrungsprozesse jedes einzelnen Akteurs.

• Alle Akteure folgen dem Handlungskalkül der erwarteten Nutzensteigerung durch die

Wahl und durch das Einnehmen einer Rationalität. Wie bewusst oder unbewusst das

Ergreifen einer Rationalität erfolgt, spielt für den Erklärungsgehalt des Modells keine

Rolle. Es ist durchaus möglich, dass zunächst das nutzensteigernde Argumentationser-

gebnis feststeht und anschließend die Wahl für eine kompatible Rationalität getroffen

wird (strategisches Verhalten). Es besteht jedoch eine subjektiv logische Konsistenz

zwischen den Anreiz- und Situationsbedingungen, der vertretenen Rationalität und der

nach außen gezeigten Reaktion bei gleichzeitiger unvollständiger Information hinsicht-

lich der Nutzenerwartungswerte der Handlungsalternativen (bounded rationality), d. h.

Einhaltung des Rationalitätsprinzips nach Vanberg. Das Verhalten der Akteure ist

folglich ökonomisch-rational im Sinn von nicht-willkürlicher Handlungsweise gemäß

subjektiver Rationalität unter Restriktionen. Daher kann grundsätzlich am ökonomi-

Brühlmeier/Haldemann et al. (2001), S. 18 ff.

Page 36: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 17

schen Paradigma festgehalten werden.50

• Entscheidungen in Kulturbetrieben (z. B. bei Planungsprozessen) sind ein Ergebnis der

Verteilung (Menge, Intensität und Macht) der vertretenen Rationalitätskategorien.

• Die Summe der Einzelentscheidungen determiniert den Output des Kulturbetriebs, das

von außen wahrnehmbare Handeln und damit das Ergebnis des latenten Zielkonflikts

zwischen Sach- und Formalzielen.

Dieser Rationalitätsbegriff kann gemäß den Kriterien von Weber/Schäffer/Langenbach51

wie folgt klassifiziert werden:

• Rationalitätssubjekt sind die Handlungen und die vertretenen Positionen der

Individuen.

• Es wird auf die okkasionelle Rationalität im Sinne Spinners als Rationalitätsmaßstab

und Geltungsbereich abgestellt, d. h. bei vertikaler Einzelfallbetrachtung ist die

Handlung in sich rational und konsequent, aber bei horizontalem Vergleich im

Zeitablauf nicht zwingend (sog. prinzipielle Rationalität).

• Der Rationalitätsgrad ist vollständig, d. h. innerhalb der Einzelfallbetrachtung ist von

vollständiger Rationalität auszugehen.

• Das Rationalitätsobjekt ist auf das Vertreten einer Position bzw. Meinung

beschränkt, insofern geht es hier lediglich um eine prozedurale Rationalität.

1.5.4 Konkretisierung der drei heterogenen Rationalitäten im Kulturbetrieb

Im Kulturbetrieb treffen ständig unterschiedliche Berufsgruppen aufeinander, die

voneinander abhängig sind (Künstler, Intendanz, Dramaturgie, Geschäftsführung,

Verwaltung, Technik, Politiker etc.). Folglich kann aus den Interaktionen der Akteure ein

Erklärungsgehalt für die abhängigen Variablen und die Forschungsfrage hervorgehen.

Es wurden drei Rationalitätskategorien mit zugehörigen Merkmalsausprägungen

entworfen, welche als die wichtigsten in Bezug auf die NPM-bezogene Forschungsfrage

erschienen (vgl. Tab. 1). Sie werden auch als intervenierende Variable im Untersuchungs-

design berücksichtigt:

50 Vgl. Heine/Hirsch et al. (2006), S. 20; Heineke (2005), S. 34 ff.; Homann/Suchanek (2005), S. 366 f.,

378. 51 Vgl. Heineke (2005), S. 34 f.; Weber/Schäffer et al. (2001), S. 47.

Page 37: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

18 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

Künstlerische Rationalität Wirtschaftliche

Rationalität Bürokratische Rationalität

Ziele/ Spezifische Präferenzen

Kunstausübung auf hohem Niveau Perfektion, Ehrgeiz Ruhm, Reputation, Tarifrechtliche Absicherung

Gewinnerzielung für Betrieb und eigene Person Erschließen von Effizienzen und Potenzialen Stetige Optimierung

Umsetzung von Rechtsvorschriften Gerechtigkeit durch Gleichbehandlung Kontinuität

Handlungskalkül Individualität Emotionalität

Pragmatismus und Stringenz Aktive Eigeninitiativen Strategisches Denken

Korrektheit Objektivität Sicherheit

Orientierung Künstlerische Ideale Künstlerische Leistung

Gewinnmaximierung Input-Output-Optimierung Wettbewerber und Märkte

Recht- und Ordnungsmä-ßigkeit des Handelns

Selbstbild/ Wertebasis

Dauerhaft gesicherte Daseinsberechtigung begründet durch gesellschaftliche Akzeptanz; daraus resultiert Autarkieempfinden

Unternehmerisches Selbstverständnis; daraus resultiert Freiheitsempfin-den unter Anerkennung von Restriktionen Affinität zum privaten Sektor

Verwaltendes Selbstverständnis; daraus resultiert Bewusstsein für Abhängigkeit von Politik und Parlament; Affinität zum öffentlichen Sektor

Risikoprofil Gemischt Offenheit Experimentierfreude

Risikoaffin Offenheit und Flexibilität Innovationsfreude

Risikoavers Veränderungsvermeidend

Motivation Intrinsisch (Kunst) und extrinsisch (materiell)

Intrinsisch (Selbstver-wirklichung) und extrinsisch (materiell)

Intrinsisch (Pflichterledi-gung) und extrinsisch (materiell, Sicherheit)

Arbeitshaltung Unterordnung des Individuums im Klangkörper möglich

Teamorientierung starke Kommunikation situativ eingesetzte Autorität

Zuständigkeitsdenken Passivität, da Determination durch Systemregeln

Methoden Disziplin und Fleiß Intuition und Inspiration Ästhetik Körperbeherrschung

Management-Instrumente: Marketing, Controlling, Menschenführung, Entscheidungszyklen etc.

Anwendung des öffentlichen Rechts und Verordnungen, standardisierte Verwaltungsvorgänge

Ursachen- zuschreibung

Interne Kausalattribution Interne Kausalattribution Externe Kausalattribution

Betriebl. Zielorientierung

Sachzielorientierung (Kunstmaximierung)

Formalzielorientierung (Ergebnissteigerung)

Neutral Planeinhaltung

Tab. 1: Skizzierung von drei wichtigen Rationalitäten in Kulturbetrieben

Quelle: Eigene Überlegungen und vgl. Knappe (2007), S. 94 ff.; Reinermann (2000), S. 19 f.; Schein (2004), S. 196-201; Süßmair (2000), S. 99 ff.

Page 38: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 19

1.5.5 Zusammengefasste Modellierung

Fügt man die drei Rationalitätskategorien (verkürzt auf die wesentlichen Aussagen) in das

konzeptionelle Gerüst ein, so ergibt sich zusammenfassend folgende Darstellung (Abb. 5):

Abb. 5: Zusammenfassende Darstellung des Modells der heterogenen Akteursrationalitäten

Quelle: Eigene Darstellung.

Das Modell (Abb. 5) wird in seiner Eigenschaft als präempirisches Schema herangezogen.

Dabei werden direkte oder beiläufig enthaltene Informationen in den Aussagen der

Interviewpartner über die Rationalitäten sowie deren Auswirkungen auf die abhängigen

Variablen in der empirischen Untersuchung erfasst und ausgewertet. Es kann jedoch aus

methodischen Gründen nicht das Ziel verfolgt werden, dieses Modell und die drei

Rationalitäten explizit zu testen.

Tatsächlich gezeigtes Verhalten/geäußerte Argumentation eines Akteurs

Einnahme einer bestimmten nutzensteigernden heterogenen Akteursrationalität:

Summe aller beobachtbaren Einzelverhalten, determiniert durch Verteilung der Akteursrationalitäten

Andere Akteure

Organisationshandeln und Output

Prallt auf Regelwerk der Institution und beeinflusst

M i k ro eb en e

M akr oe b e n e

Künstlerische Rationalität

Kunstmaximierung

Emotionalität Autarkieempfinden Leistungs-Affinität

Sachzielorientierung Ehrgeiz und Reputation Materielle Absicherung

Bürokratische Rationalität

Rechtmäßigkeit des

Handelns Objektivität und

Korrektheit Affinität zum

öffentlichen Sektor Standardisierte Vorgänge

Planeinhaltung als Ziel Determination durch

Systemregeln

Wirtschaftliche Rationalität

Unternehmerisches Handeln

Strategisches Denken Affinität zum privaten

Sektor Pragmatismus und Stringenz

Formalzielorientierung Anwendung von

Management-Instrumenten

Page 39: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

20 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

1.6 Variablenmodell der empirischen Untersuchung

Abb. 6: Variablenmodell der Untersuchung

Quelle: Eigene Darstellung, Systematik in Anlehnung an Gläser/Laudel (2006), S. 79.

Die Forschungsfrage soll anhand des in Abb. 6 dargestellten Variablenmodells bearbeitet

werden. Die drei betriebswirtschaftlichen Reformelemente des NPM werden als

unabhängige, exogene Variablen eingeführt. Sie wirken ursächlich auf die abhängigen

Variablen ein. Als Wirkung wird der Output der Kulturbetriebe in Form des künstlerischen

und wirtschaftlichen Erfolgs betrachtet (abhängige, endogene Variablen).

Implementierungsprozess (Umsetzung der NPM-Instrumente)

Intervenierende Variablen

Abhängige Variablen

Unabhängige Variablen (Einfluss von NPM-Instrumenten)

Externes Rechnungswesen

(Doppik)

Internes Rechnungswesen

(KLR/Controlling)

Personal- management

(HRM)

Wirtschaftlicher Erfolg

Künstlerischer Erfolg

Kulturpolitik und Kulturverwaltung

Künstlerische Rationalität

Wirtschaftliche Rationalität

Bürokratische Rationalität

Rahmen- bedingungen

Vermittlungsprozess-Variablen

Page 40: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 21

Der Zusammenhang zwischen den NPM-Reformelementen und dem Output ist

mittelbar. Als weitere Variablenkategorie wird daher die Vermittlungsprozessvariable

„Implementierungsprozess von NPM-Instrumenten“ eingeführt. Dabei ist der Gedanke

leitend, dass aus der Implementierung selbst ein eigenständiger Erklärungsgehalt

hervorgeht, zumal die drei betrachteten Reformstränge externes und internes Rechnungs-

wesen sowie Personalmanagement bei der Umsetzung auf den jeweiligen Betrieb

spezifisch konkretisiert werden müssen. Je nach individueller Konzeption und

Ausgestaltung von NPM-Instrumenten und je nach Verlauf des Implementierungsprozesses

kann die Auswirkung auf die abhängigen Variablen unterschiedlich ausfallen. Nicht zuletzt

um diese Differenziertheit zu ermöglichen, wurde ein qualitativer Forschungsansatz

gewählt.

Intervenierende Variable wirken direkt auf die abhängigen Variablen oder indirekt

über die Vermittlungsprozessvariable. Ihnen gilt kein originäres Erkenntnisinteresse.

Dennoch sind sie zu berücksichtigen, da sie den Output beeinflussen und bei der

Kausalanalyse ggf. auf Hintergrundvariablen weisen können.52 Die drei aufgeführten

Rationalitätskategorien fußen auf dem Modell der heterogenen Rationalitäten (vgl. Kap.

1.5). Die Rahmenbedingungen fokussieren sowohl rechtliche Aspekte (Haushalts-,

Gesellschafts-, Tarifrecht etc.) als auch strukturelle Aspekte (Region, Konkurrenz, Presse

etc. (vgl. Makroebene in Abb. 3). Die intervenierende Variable Kulturpolitik und

-verwaltung beinhaltet Einflüsse der exekutiven und legislativen Staatsgewalt (vgl. Meso-

Ebene in Abb. 3). Die Dimensionen der Variablenmessung werden in Kap. 5.2.1 erläutert.

1.7 Methodik der qualitativen Inhaltsanalyse

Als empirische Forschungsmethode wurde die qualitative Inhaltsanalyse in Verbindung

mit halbstrukturierten Leitfaden-Experteninterviews gewählt. Die spezifische Ausprägung

der hier angewendeten qualitativen Inhaltsanalyse geht auf Gläser und Laudel zurück,

welche wiederum auf Mayring rekurrieren.53 Die wesentlichen Kennzeichen und

Techniken lauten:54

• Die Analyse erfolgt theoriegeleitet (in diesem Fall NPM in Verbindung mit einer

Variablen-Modellierung des Kulturbetriebs).

52 Vgl. Gläser/Laudel (2006), S. 79 f. 53 Vgl. Gläser/Laudel (2006); Mayring (2007). 54 Vgl. Flick (2007), S. 414; Gläser/Laudel (2006), S. 42 ff.; Mayring (2007), S. 42-46.

Page 41: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

22 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

• Es wird ex ante ein Regelsystem erstellt, welches ein systematisches Verfahren zur

Informationsentnahme determiniert und damit die intersubjektive Überprüfbarkeit

herstellt.

• Das Regelwerk beinhaltet ein ebenfalls ex ante zu bestimmendes, einheitliches

Kategoriensystem, in welchem die Analyseziele konkretisiert werden. Sämtliche

extrahierte Informationen werden in dem Kategoriensystem eingeordnet.

• Die Beachtung des Kontextbezugs, ermöglicht durch das Mitführen der Quellenanga-

ben während sämtlicher Auswertungsschritte, verhindert eine Fehlinterpretation durch

losgelöste, isoliert betrachtete Einzelinformationen.

• Es erfolgt eine kritische Methodenreflexion durch die Bewertung mit Gütekriterien.

Die qualitative Inhaltsanalyse eignet sich für die Bewältigung großer Textmengen, da sie

sich bereits im ersten Auswertungsschritt vom Urtext löst, abstrahiert und somit das

Material ohne Informationsverlust reduziert. Varianten der qualitativen Inhaltsanalyse,

welche hier nicht angewendet wurden, sind die Textanalyse mittels Kodierung, das freie

Interpretieren sowie sequenzanalytische Methoden (objektive Hermeneutik, Narrationsana-

lyse).

Es liegt eine qualitativ-rekonstruierende Untersuchung vor. Die Einführung und

Wirkungsentfaltung von NPM-Instrumenten wird somit als zu rekonstruierender

Sachverhalt behandelt. Kausalzusammenhänge im Handlungssystem des Kulturbetriebs

sollen durch bis in die Tiefe von Prozessabläufen reichende Experteninterviews aufgeklärt

werden. Der Erklärungsgehalt für die Beurteilung der Thesen ergibt sich bei den hier

vorliegenden Forschungsfragen aus der differenzierten Analyse der Aussagen. Dabei

werden bei entsprechenden Indizien in der qualitativen Auswertung auch die Randbedin-

gungen, eventuelle Hintergrundvariablen und der Stärkegrad der Kausalitäten erfasst.

Gemäß dem Grundsatz der zu berücksichtigenden Gegenstandsadäquanz der Me-

thodik erschien ein qualitativer Forschungsansatz gegenüber einem quantitativen der

angemessener zu sein. Das Erkenntnisinteresse liegt primär in der vielfältigen und

inhaltlich differenzierten Erforschung der Kausalitäten. Dies ist für das fundierte

Verständnis einer Institution und der Ursachen für die Eignung bzw. Nicht-Eignung der

NPM-Instrumente unabdingbar55.

55 Vgl. Bouckaert/van Dooren (2003), S. 133; Gläser/Laudel (2006), S. 71 f.

Page 42: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 23

Es wurde angestrebt, die Ursachen, Bedingungen und die von den Experten geschilderten

Hintergründe zu erfassen, um – soweit möglich – verallgemeinerbare Aussagen abzuleiten.

Ferner verfolgen die fokussierten NPM-Instrumente teilweise qualitative Ziele

(Wirklichkeitsnähe, Nachhaltigkeit, Transparenz, Steuerungsrelevanz, vgl. Kap. 4), deren

Modellierung in quantitative Größen schwierig erschien (Problematik der Konstruktvalidi-

tät56).

1.8 Effektivitäts- und Effizienzkriterien

Das in der NPM-Literatur verbreitete Vierebenen-Konzept zur Bewertung und Steuerung

von Verwaltungshandeln nach Budäus, welches wiederum auf Buschor rekurriert, sowie

das 3-E-Modell zur Wirkungsorientierung dienen als Ausgangspunkte der Überlegungen

zu den in dieser Arbeit verwendeten Effizienzkriterien. Beide Modelle sind weitgehend

kongruent57 und werden in nachfolgender Abb. 7 vereinigt:

Abb. 7: Beurteilungskriterien im öffentlichen Sektor nach Budäus, Schedler u. a.

Quelle: In Anlehnung an Budäus (1998), S. 59; Buschor/Schedler (1994), S. XIII f.; Schedler/Proeller (2006), S. 76.

56 Vgl. Schnell/Hill et al. (2005), S. 156 ff. 57 Budäus differenziert zwischen Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Da die gängige ökonomische Literatur

diese Begriffe gleichsetzt, wird hier abweichend zu Budäus gemäß dem 3-E-Modell die Economy (Sparsamkeit) eingeführt, welche inhaltlich das umfasst, was Budäus mit Wirtschaftlichkeit bezeichnet (sparsamer Mitteleinsatz), vgl. Budäus (1998), S. 60.

Effektivität (Zielebene)

Effizienz (Maßnahmenebene)

Economy (Mittelebene)

Ordnungs-mäßigkeit

Zielvorgaben

Input

Herstellungs prozess

Output

Outcome

Page 43: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

24 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

Den Konzepten liegt nachfolgend beschriebene Wirkungskette zu Grunde58 (vgl. auch Kap.

3.4.1): Zunächst werden politische Ziele definiert. Zur Erreichung der Ziele wird ein

Mitteleinsatz (Input) beschlossen. Dieser mündet in einen Herstellungsprozess, aus dem

unmittelbar Leistungen (Output) hervorgehen. Der Output generiert mittelbar individuelle

und gesellschaftliche Wirkungen und Nutzen (Outcome).59 NPM fordert eine stärkere

Orientierung an den Wirkungen, welche möglichst effizient und effektiv erreicht werden

sollen, im Gegensatz zur traditionell im öffentlichen Sektor verankerten Input- und

Ordnungsmäßigkeits-Orientierung.60

Aus dem Vierebenen-Konzept und dem 3-E-Modell ergeben sich vier Beurteilungs-

kriterien für Allokationen im öffentlichen Sektor (vgl. Abb. 7):

1. Zielebene (Effektivität): Verhältnis von Zielerreichung (Outcome) zu Zielvorgabe

2. Maßnahmenebene (Effizienz): Verhältnis von Output zu Input

3. Mittelebene (Economy): Verhältnis von Ist-Kosten zu Soll- bzw. Standardkosten

4. Ordnungsmäßigkeitsebene: Einhalten der gesetzlichen Vorschriften

Das erste Kriterium, Effektivität, liegt in der Verantwortung der Meso-Ebene (vgl. Abb.

3), insbesondere der legislativen Gewalt mit Unterstützung durch die exekutive Gewalt.

Weil sich diese Arbeit auf die Mikro-Ebene der Kulturbetriebe konzentriert und die

Messung des Outcomes (z. B. Umwegrentabilitäten61, Bildung, Freizeitangebot,

Bürgerzufriedenheit, Reputation) im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden kann,

wird auf die Beurteilung von Effektivität der Kulturbetriebe verzichtet.

Die zweite und dritte Ebene sind die zentralen Kriterien dieser Untersuchung: All-

gemein stellt Effizienz bzw. Wirtschaftlichkeit62 auf die Relation von Leistungsoutput

und Ressourceninput ab.63 Wirtschaftlichkeit gilt gesetzlich und damit verbindlich als zu

prüfender Grundsatz für alle Bereiche der öffentlichen Verwaltung in sämtlichen Phasen

58 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 219 f.; ähnlich auch bei Bouckaert (2006), S. 120 f. 59 Einige Autoren differenzieren zusätzlich zwischen Impact (individueller Nutzen) und Outcome

(gesellschaftliche Folgewirkungen), vgl. Kap. 3.5.1. 60 Vgl. Haiber (1997), S. 12. 61 Unter Umwegrentabilitäten versteht man positive externe Effekte, welche die Wohlfahrt anderer

Wirtschaftssubjekte steigern, jedoch beim Verursacher nicht gleichermaßen wirtschaftlich kompensiert werden. Im Fall der Kulturbetriebe besteht der Output zunächst in der Kulturproduktion an sich. Jedoch werden zusätzliche ökonomische Wirkungen ausgelöst: u. a. eine Belebung der Nachfrage bei Lieferanten und Dienstleistern, im Tourismus, der Gastronomie, Beschäftigung sowie eine Standortattraktivitätsstei-gerung der Stadt - letztlich also einen Nutzenzugewinn für Bürger und die lokale Wirtschaft, welcher über die Produktion und den Besuch von kulturellen Veranstaltungen hinausgeht. Diese indirekten Effekte aus Umwegrentatbilitäten werden auch zur Legitimation der öffentlichen Bezuschussung des Kultursektors argumentativ herangezogen, vgl. DIW (2002), S. 16, 19 u. 53f.; Knappe (2007), S. 34.

62 Im Gegensatz zu Budäus setzen viele Autoren Effizienz mit Wirtschaftlichkeit gleich, vgl. Brede (2005), S. 208; Schedler/Proeller (2006), S. 76; vgl. auch Wirtschaftlichkeitsdefinitionen für den kommunalen Leistungsvergleich bei Adamaschek (1997), S. 61.

63 Vgl. Haiber (1997), S. 38; Simon (1981), S. 202; Wöhe/Döring (2000), S. 1.

Page 44: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 25

der Aufgabenerfüllung.64 Angesichts der Mittelknappheit zur Befriedigung der Bedürfnisse

ist sie bei einer rationalen Alternativenauswahl eine bedeutende ökonomische Betrach-

tungsgröße.65 Dabei steht aus Sicht des Gesetzgebers das Minimalprinzip im Vordergrund,

d. h. das Erreichen eines vorgegebenen Outputs mit minimalem Mitteleinsatz.66

Die dritte Ebene, Economy bzw. Sparsamkeit, zielt auf einen minimalen Ressour-

ceneinsatz (Input) ab.67 Diese Ebene steht in Zusammenhang mit der Effizienz-Ebene:

Wenn sich die Economy erhöht, steigt c. p. die Effizienz, da der unveränderte Output mit

geringerem Input erreicht wird. Da öffentliche Theater und Orchester in erheblichem

Umfang auf Zuwendungen als größte Bestandteile ihres Inputs angewiesen sind, wird der

hohen Bedeutung dieses Teilziels durch eine explizite Darstellung Rechnung getragen.

Effizienz und Economy können sowohl mengen- als auch wertmäßig betrachtet und

beurteilt werden. Die Interdependenzen zwischen Wert- und Mengengerüst und Einflüsse

durch Preisentwicklungen bzw. Inflation mit entsprechenden Folgen für die Messung und

Beurteilung stellen jedoch keine Besonderheit im öffentlichen Sektor dar und werden

daher nicht weiter thematisiert.

Die Effektivität ist prinzipiell unabhängig von der Effizienz. Jedoch kann eine

steigende Effizienz mittelbar dazu führen, dass entweder aus einem höheren Output ein

höherer Outcome oder bei konstantem Output ein geringerer Input resultiert. Folglich

stehen im Rahmen einer übergreifenden Opportunitätsbetrachtung mehr Ressourcen zur

Verfügung, um zusätzliche politische Ziele zu erreichen, oder die Steuerbelastung zu

senken. Somit ist die Bemühung um die Erhöhung von Effizienz (und Economy) auch ein

indirekter Beitrag zur Steigerung der Effektivität im gesamten öffentlichen Sektor.

Die Effizienz ist in der Dann-Komponente der Hauptthese und einiger Unterthesen

dieser Arbeit enthalten. Die Economy wird dabei unter Effizienz subsumiert. Bei den

betrachteten Kulturbetrieben wird eine Effizienzsteigerung dann erreicht, wenn z. B.:

• Auf der Mengenebene mehr Aufführungen und/oder mehr Besuche aus einer

konstanten Zuwendung generiert werden.

• Steigende Eigenerlöse zu verringerter Abhängigkeit von öffentlichen Mitteln führen

(Erhöhung der Einspielquote).

• Die öffentliche Bezuschussung gemessen am einzelnen Besuch sinkt.

64 Vgl. § 6 Abs. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG); Konkretisierung in § 7 Abs. 1 Bundeshaushaltsord-

nung (BHO). Somit könnte Wirtschaftlichkeit in einer weiten Interpretation auch unter Ordnungsmäßig-keit subsumiert werden.

65 Vgl. Kirchgässner (2000), S. 12-15. 66 Vgl. Verwaltungsvorschrift (VV) zu § 7 BHO; Haiber (1997), S. 38; Schmidt (2006), S. 46; Wöhe/Döring

(2000), S. 1. 67 Vgl. Schedler/Proeller (2006), S. 76.

Page 45: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

26 1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen

• Preis- und Lohnerhöhungen aus eigener Kraft der Kulturbetriebe bewältigt werden

können.

• Die Qualität des künstlerischen Angebots bei konstanter Zuwendung steigt, indem

z. B. freigewordene Ressourcen in den künstlerischen Output (Einladung renommierter

Solisten etc.) gelenkt werden.

• Die Qualität des künstlerischen Angebots bei sinkender Zuwendung nicht abnimmt.

Die Effizienzmessung zur Beurteilung der Thesen erfolgt im empirischen Teil anhand der

Aussagen der Interviewpartner (vgl. auch Ausführungen zur Validität in Kap. 5.3.3). Dabei

wird nicht das Ziel verfolgt, Effizienzentwicklungen exakt zu quantifizieren, was sich

anhand vielschichtiger Interdependenzen in Bezug auf die Erfolgsvariablen ohnehin sehr

schwierig gestalten würde.

Da es zum Auftrag und zur Existenz der Kulturbetriebe gehört, auch qualitative

Ziele zu verfolgen, ist es legitim, dass diese gleichberechtigt neben wirtschaftlichen Zielen

als eine mögliche Output-Komponente bei der Erhebung berücksichtigt werden. Der

quantitative Output wird in der abhängigen Variable „Wirtschaftlicher Erfolg“ erfasst, der

qualitative Output in der abhängigen Variablen „Künstlerischer Erfolg“. Bislang ist keine

allgemein anerkannte Lösung der Messproblematik von Sachzielen und künstlerischer

Qualität gefunden worden,68 zumal eine Objektivierung und Validierung von externen

Output-Messungen selbst im quantitativen Bereich schwierig ist.69 In dieser Untersuchung

fließen qualitative Outputs in der Weise in die Auswertung ein, dass die Aussagen der

Experten, damit der Insider, über künstlerische Entwicklungen der Theater und Orchester

herangezogen werden. Für die Beantwortung der Forschungsfrage ist die relative

Entwicklung innerhalb einer Zeitspanne bei den einzelnen Häusern der Stichprobe von

Bedeutung, jedoch keine vergleichende Betrachtung, welche problematische absolute

Messungen erfordern würde. Daher schlägt die konzeptionelle Schwierigkeit der

Qualitätsmessung weniger zu Buche.70 Ein künstlerischer Erfolg und damit eine steigende

Qualität des Outputs werden im Rahmen dieser Untersuchung dann angenommen, wenn

ein Interviewpartner beispielsweise äußert, dass innerhalb eines Zeitraums:

68 Vgl. Ossadnik (1987a), S. 146 f., 156 f. Bereits die Definition des künstlerischen Auftrags als zu

erreichendes Sachziel und damit eine qualitative Konkretisierung des Output-Ziels wird aufgrund von Subjektivismen und verschiedener Kunstbegriffe als unrealistisch eingeschätzt, vgl. Ossadnik (1987), S. 283.

69 Vgl. Bouckaert (2006), S. 125-129; Buschor/Schedler (1994), S. 111-115, 190-194. 70 Sie besteht vielmehr darin, dass die Aussagen und Urteile der Experten bezüglich künstlerischer Qualität

nicht intersubjektiv überprüft werden können, z. B. hinsichtlich der Attraktivität des Spielplans, vgl. auch Ausführungen zu den Gütekriterien Kap. 5.3.

Page 46: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

1. Gang der Untersuchung und methodische Grundlagen 27

• die Klang- und Aufführungsqualität steigt,

• die Spielplangestaltung attraktiver wird,

• Presse und Expertenzirkel positivere Urteile fällen,

• mehr Uraufführungen und Premieren stattfinden und

• künstlerische Ziele erreicht werden, etwa die Bewältigung schwieriger oder groß

besetzter Werke, die zuvor nicht möglich waren.71

Die Ordnungsmäßigkeit, das vierte Kriterium, geht durch die intervenierende Variable

„Rahmenbedingungen“ in die Auswertung ein. Hier wird zu untersuchen sein, ob und ggf.

inwiefern Restriktionen aus zwingenden Vorschriften die Effizienz und den Erfolg

beeinflussen.

71 Vgl. auch Ossadnik (1987a), S. 147.

Page 47: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 29

2 Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

2.1 Charakterisierung der Theater und Orchester

2.1.1 Einführung

Ein wesentlicher Bestandteil des Bühnenlebens der Bundesrepublik Deutschland besteht

aus den 143 öffentlich getragenen Theatern mit insgesamt 826 Spielstätten, in denen

293.838 Sitzplätze verfügbar sind. In der Spielzeit 2006/07 wurden:

• 63.652 Veranstaltungen angeboten,

• die von 20,9 Mio. Gästen besucht wurden,

o davon 5,5 Mio. bei Schauspielen,

o 4,4 Mio. bei Opernaufführungen,

o 2,5 Mio. bei Kinder- und Jugendtheateraufführungen,

o 1,5 Mio. bei Konzerten,

o 1,4 Mio. bei Balletten,

o 1,2 Mio. bei Musicals,

o 0,7 Mio. bei Operetten,

o 0,5 Mio. beim theaternahen Rahmenprogramm,

o 1,6 Mio. bei sonstigen Aufführungen.

Bei auswärtigen Gastspielen wurden keine Besucherzahlen erhoben.

Neben den 143 Theatern mit 69 integrierten Kulturorchestern existieren noch 53

selbständige Kulturorchester und 14 Rundfunkorchester. In Summe ergeben sich somit 136

deutsche Orchester mit 10.168 Musikern, welche in 6.846 Konzerten etwa 4,2 Millionen

Zuhörer erreicht haben.72 Hinzukommen noch Privattheater, insbesondere Musicals,

Festspiele und Festivals. In dieser Arbeit lag der Schwerpunkt bei den öffentlich

getragenen Aufführungskünsten; die Grundgesamtheit der empirischen Untersuchung

besteht aus den Theatern und selbständigen Kulturorchestern. Ebenso wenig werden

Museen, die Filmkunst und Bibliotheken bei den Ausführungen und der Empirie explizit

berücksichtigt.

Die Zielsetzung und Aufgaben der Kulturbetriebe ergeben sich einerseits inter-

temporal aus Satzungen, Gesellschaftsverträgen, Gründungsgesetzen etc. und andererseits

aus Zuwendungsverträgen mit den Trägern, in denen Leistungsziele vereinbart werden

können, z. B. Anzahl von Aufführungen in den einzelnen Sparten oder an bestimmten Orten.

72 Vgl. Deutscher Bühnenverein (2007), S. 253-261; Unvollständige Daten der Rundfunkorchester in der

Quelle bedingen geringere Anzahl der Besuche als real geschehen.

Page 48: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

30 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

2.1.2 Einordnung in den öffentlichen Sektor

Zunächst werden die öffentliche Verwaltung und öffentliche Unternehmen in ihren groben

Charakteristika den privatwirtschaftlichen Unternehmen gegenübergestellt (Tab. 2):

Öffentliche Verwaltung Öffentliche Unternehmen Privatwirtschaftliches

Unternehmen

Rechtlich unselbständige Verwaltung, Regie- oder

Hoheitsbetriebe, wirtschaftlich und rechtlich Bestandteil

übergeordneter Strukturen

Öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Körperschaft, wirtschaftlich eigenständig

handelnd, jedoch abhängig von öffentlichen Zuwendungen

Unabhängige privatrechtliche Körperschaft,

ohne öffentliche Zuwendungen überlebensfähig

Quantitative und qualitative Sach- und Leistungszielerrei-

chung/Erfüllung der gesetzlichen Pflichten

Quantitative und qualitative Sach- und Leistungszielerreichung

Dominante Formalziele wie Gewinnerzielung und Wachstum

als Haupttriebskraft

Trägt durch Vorbereitung, Vollzug und Kontrolle politischer Entscheidungen auch zum

Staatszweck bei

wohlfahrtsstaatliche Versorgung/öffentlicher Auftrag

Erfüllt keine expliziten Funktionen für den Staat

Tendenz zur Reduktion des Angebots

Branchenspezifische Differenzen Marktwachstum, Angebotsauswei-tung

Steuern, Beiträge, Gebühren Eher marktunabhängige Umsatzerlöse, Zuwendungen etc.

Marktabhängige Umsatzerlöse als alleinige Einnahmequelle

Kollektive Bedarfsdeckung Staat und Privatpersonen als Hauptabnehmer

Privatwirtschaft und Privatpersonen als Hauptkäufer

Budgetmaximierung als verbreiteter Motivator

Strategisches Management und Kostensenkung als Erfolgsfaktoren

Politisch-bürokratisch-juristisch-ökonomischer Rationalitäten-

Mix, keine eindeutigen Ziel-Mittel-Ketten und „verfilztes

Zielsystem“; Ziele extern definiert

Ökonomische Rationalität und

damit implizite Zielvorgabe

Begrenzter Autonomiegrad und geringe Handlungsspielräume

der Leitung

Relativ hoher Autonomiegrad und große Handlungsspielräume

der Leitung

Strukturen nach organisations-theoretischen, aber auch

demokratietheoretischen Gesichtspunkten aufgebaut

Strukturen vorwiegend nach organisationstheoretischen Gesichtspunkten aufgebaut

Kein Marktdruck, gesetzlich vorgegebener Bestandsschutz

Je nach Betriebskultur und

Einzelfallgegebenheiten eine

Mischung zwischen

privatwirtschaftlichen und

öffentlich-rechtlichen

Charakteristika

Hoher Wettbewerbsdruck; kein Bestandsschutz

Komplexe interdependente Verantwortungsstrukturen mit Abhängigkeit von Stakeholdern,

deren Vorgaben sich häufig ändern

Aufsichtsgremien, politische Aufsichtsbehörden stehen

neben/über betrieblicher Geschäftsführung

Klare, einfache, meist unipersonale Verantwortlichkei-

ten

Tab. 2: Strukturelle und inhaltliche Unterschiede zwischen privatwirtschaftlicher Unternehmung und öffentlichem Sektor

Quelle: Haiber (1997), S. 12 ff.; Reichard (1998), S. 57 ff.; Schäfer (1999), S. 1104f.; Schedler/Proeller (2006), S. 15 ff.

Page 49: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 31

In der Spielzeit 1994/95 waren noch 59 % aller Theaterbetriebe als Regiebetrieb

konstituiert und konnten somit mehrheitlich in der Eigenschaft als rechtlich unselbständi-

ge, nachgeordnete Einrichtungen bzw. städtische Ämter der öffentlichen Verwaltung

zugeordnet werden. Dieser Anteil hat kontinuierlich abgenommen: 2006/07 waren nur

noch 26 % aller Theater als Regiebetrieb, dafür 32 % als GmbH, 20 % als Eigenbetrieb,

22 % in sonstigen Rechtsformen konstituiert.73 Somit ist für die Theater eine Entwicklung

von der öffentlichen Verwaltung hin zu selbständiger agierenden öffentlichen Unterneh-

men festzustellen.

2.1.3 Einnahmestrukturen der Theater

In den 143 deutschen Theatern wurden in der Spielzeit 2006/07 eigene Einnahmen von 438

Mio. € erwirtschaftet, die durch 2.076 Mio. € öffentliche Mittel ergänzt wurden, um die

Gesamtausgaben in Höhe von 2.548 Mio. € zu decken. Jeder Theaterbesuch wurde somit

durchschnittlich mit 101,75 € bezuschusst.74

Aus der Aggregation der statistischen Daten sämtlicher deutscher Bühnen ergeben

sich nachfolgend dargestellte durchschnittliche Einnahmeproportionen (Abb. 8):

Abb. 8: Relative Einnahmestrukturen der deutschen Theater in der Spielzeit 2006/07 Quelle: Eigene Darstellung. Daten aus Deutscher Bühnenverein (2007), S. 257 ff., vgl. absolute Werte und

Aggregationen im Anhang 1.

73 Vgl. Deutscher Bühnenverein (2007), S. 253; Für die Orchester liegt keine vergleichbare aggregierte

Statistik vor, eine ähnliche Entwicklung ist jedoch wahrscheinlich. 74 Vgl. Deutscher Bühnenverein (2007), S. 257 ff.

Vollpreiskarten7%

Abonnements2%

Sonstige Kartenerlöse

2%

Fremdveran-staltungen

2%

Gastspiele1%

Programmverkauf0%

Garderobe0% Medienerlöse

0%

Spenden und Sponsoring

1%

Sonstiges3%

Öffentliche Zuweisungen

84%

Page 50: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

32 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

Vollpreiskarten41%

Abonnements13%

Sonstige Kartenerlöse

11%Fremdveran-

staltungen2%

Auswärtige Gastspiele

8%

Programm-verkauf

1%

Garderobe2%

Medienerlöse0%

Spenden und Sponsoring

5%

Sonstiges17%

Die wichtigste Kennzahl für die wirtschaftliche Effizienz, das Einspielergebnis (Anteil der

selbst erwirtschafteten Erlöse an den Gesamtausgaben) liegt im Bundesdurchschnitt bei

18,0 %.75 Betrachtet man nur die selbst erwirtschafteten Erlöse, so ergibt sich folgende

Zusammensetzung (Abb. 9):

Abb. 9: Zusammensetzung der selbst erwirtschafteten Einnahmen der deutschen Theater in der Spielzeit 2006/07

Quelle: Eigene Darstellung. Daten aus Deutscher Bühnenverein (2007), S. 257 ff., vgl. absolute Werte und Aggregationen im Anhang 1.

2.1.4 Ausgabestrukturen der Theater

Die Ausgabestruktur ist von dem hohen Personalkostenanteil in Höhe von 74 % der

Gesamtkosten, geprägt.76 Dabei ist zu beachten, dass in den sächlichen Betriebsausgaben

zusätzlich noch Anteile für Personaldienstleistungen enthalten sein können (Reinigung,

Garderobiere, Einlass, Kantine, Telefondienste, Pforte, sonstige Fremdvergaben), somit die

tatsächliche Personalintensität vermutlich noch höher als 74% liegt.77 Es vermittelt sich

folgendes Bild (Abb. 10):

75 Ebenda, S. 259. 76 Ebenda (2005), S. 241. 77 Vgl. Mertens (2005), S. 14.

Page 51: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 33

Sonstiges4%

Geräte,Ausstattungen

1%

Grundstücke, Gebäude, Anlagen

4%

Gastspiele1%

Abschreibungen3%

Finanzierung, Zinsen2%

Sächliche Betriebsausgaben

9%

Bauaufwand2%

Personal74%

Leitung4%

Orchester15%

Chöre7%

Sänger4%

Schauspieler5%

Nicht darstld. künstl. Personal

7%

Tänzer3%

Künstl.-techn. Personal

32%Unständiges Personal

12%

Verwaltung, Hauspersonal,

Vertrieb8%

Sonstige Personalkosten

3%

Abb. 10: Relative Ausgabestrukturen der deutschen Theater in der Spielzeit 2006/07

Quelle: Eigene Darstellung. Daten aus Deutscher Bühnenverein (2007), S. 258 f. (vgl. absolute Werte und Aggregationen im Anhang 2). Geringfügige Abweichungen ergeben sich aus Differenzen in den Quelldaten

zwischen Einzelwerten und Summierungen.

Der umfangreiche Personalkostenanteil setzt sich wie folgt detailliert zusammen (Abb. 11):

Abb. 11: Relative Personalkostenstrukturen der deutschen Theater in der Spielzeit 2006/07

Quelle: Eigene Darstellung. Daten aus Deutscher Bühnenverein (2007), S. 258 f., vgl. absolute Werte und Aggregationen im Anhang 2. Vgl. ergänzend langfristige Ausgabestrukturen im Personalbereich bei Greve

(2002), S. 87.

Page 52: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

34 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

In den 143 öffentlichen Theatern waren am 1.1.2007 insgesamt 38.260 Menschen ständig

und sozialversicherungspflichtig beschäftigt, davon 16.744 in den künstlerischen

Ensembles, 12.463 im technischen und künstlerisch-technischen Bereich, 3.164 in

Verwaltung, Hauspersonal und Vertrieb, 995 in der Leitung sowie 850 Auszubildende.

Hinzukommen 8.229 unständige produktionsbezogene Gastverträge, 3.497 Abendgäste

und 6.487 Werkverträge.78

Die hohe Personalintensität ist ein Wesensmerkmal des Theaterbetriebs.79 Es kann

gemäß Abb. 11 davon ausgegangen werden, dass bis zu 88% der Personalkosten fix sind,

d. h. unabhängig von der Ausbringungsmenge (Output). Die frei disponiblen künstleri-

schen Budgets und damit direkt zuordenbaren Einzelkosten für Inszenierungen befinden

sich in den Ansätzen für unständiges Personal (Abendgäste, Solisten, Aushilfen,

Werkverträge, Gastregisseure und -dirigenten etc.) sowie in den sächlichen Betriebsausga-

ben (Materialkosten für Bühnenbildner, Ausstattungen, Urheberrechtsabgaben etc.). Aus

den Proportionen wird deutlich, dass zur Refinanzierung einer 1 %-igen Steigerung der

Personalkosten die selbst erwirtschafteten Erlöse um ca. 4 % steigen müssten. Unterstellt

man, dass über zehn Jahre hinweg Tarifabschlüsse von 2,5 % stattfinden, so müssten sich

c. p. in diesem Zeitraum die eigenen Einnahmen verdoppeln, um bei vollem Substanzerhalt

ohne Erhöhung der Zuwendungen auszukommen. Da jährliche Preissteigerungen bei

Kartenerlösen etc. in der Größenordnung von 10 % nicht realistisch zu erzielen und

vermutlich auch kulturpolitisch schwer zu begründen sind, zeigt sich zum einen die starke

Abhängigkeit von öffentlicher Bezuschussung80 und zum anderen die Relevanz der

Forschungsfrage nach Effizienzsteigerungen aus anderen Quellen.

2.2 Auswertungen der Theaterstatistik

In den folgenden Unterabschnitten wird die Entwicklung der Jahre 1995-2007 der

wichtigsten Input-, Output- sowie Effizienz- und Economy-Kennzahlen (vgl. Ausführun-

gen zu den Beurteilungskriterien in Kap. 1.6) sämtlicher deutscher Theater und Orchester

aufgeführt.81 Dies dient zum einen der Feststellung übergeordneter Entwicklungsverläufe

in diesem Sektor, zum anderen der treffsichereren Kausalattribution und Validitätssteige-

rung der empirischen Untersuchungsergebnisse. Der zeitliche Bezug der Auswirkungen der

in den Interviews abgefragten NPM-Instrumente sowie die Entwicklung der abhängigen

Erfolgsvariablen stimmt weitgehend überein (vgl. insbesondere Fragen 7, 53, 54, s. Anhang 3).

78 Vgl. Deutscher Bühnenverein (2007), S. 256. 79 Vgl. Ossadnik (1987), S. 279. 80 Vgl. Mertens (2005), S. 14.

Page 53: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 35

Die Jahresangaben der nachfolgenden Tabellen und Grafiken sind so zu interpretieren, dass

Bestandsgrößen am 1.1. des jeweiligen Jahres gemessen wurden (z. B. Anzahl Theater,

Personal in Stellen). Stromgrößen beziehen sich auf die Spielzeit, welche im Vorjahr

beginnt und im angegebenen Jahr endet (z. B. Veranstaltungen in Jahresspalte 2007 =

Summe der Veranstaltungen vom 1.8.2006 bis zum 30.7.2007). Als Datenquelle dienten

die Summentabellen der publizierten Theaterstatistiken des Deutschen Bühnenvereins der

Spielzeiten 1994/95 bis 2006/0782, welche in eigenen Rechnungen verarbeitet wurden. Im

Jahr 2003/04 fand eine Überarbeitung und Erweiterung der statistischen Systematik statt,

so dass eventuelle Veränderungen und Nicht-Angaben zu diesem Zeitpunkt auf

Definitionsänderungen etc. zurückzuführen sind.

Bei den Orchestern wird abweichend ein späteres Bezugsjahr für die relative Be-

trachtung gewählt, weil zwischen den Spielzeiten 1994/95 und 1995/96 erhebliche

Schwankungen bei vielen Kennzahlen vorliegen, jedoch unmittelbar anschließend eine

deutliche Beruhigung der Werte einsetzt. Ohne diese Anpassung hätte bereits das erste

Betrachtungsjahr die relative Darstellung über sämtliche Folgejahre erheblich verzerrt.

2.2.1 Rechtsformen der Theater

In den betrachteten Jahren 1995 bis 2007 hat sich eine starke Entwicklung zur rechtlichen

Verselbständigung von Kulturbetrieben und Herauslösung aus den hoheitlichen

Verwaltungen abgezeichnet. Der Anteil der nicht rechtsfähigen Regiebetriebe hat sich in

diesem Zeitraum mehr als halbiert und wurde mengenmäßig 2005 von der GmbH

eingeholt. Auch die sonstigen Rechtsformen sind neben der GmbH stetig gewachsen,

insbesondere durch Eigenbetriebe und Stiftungen (vgl. Tab. 3).

81 Vgl. dazu im Folgenden auch eine ältere Auswertung bei Wegner (1999), S. 119-149. 82 Vgl. Deutscher Bühnenverein (1995 bis 2007).

Page 54: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

19

95

1996

19

97

1998

19

99

2000

20

01

2002

20

03

2004

20

05

2006

20

07

Reg

iebe

trie

be

92

83

77

73

71

71

66

65

65

k. A

. 43

42

37

Gm

bH

32

34

36

39

39

40

40

42

43

k. A

. 45

44

46

e.V

. 8

8 8

8 8

8 8

8 8

k. A

. 6

6 5

Zw

eckv

erba

nd

9 7

9 9

9 9

9 9

8 k.

A.

6 6

5

Sons

tige

15

22

22

23

25

25

27

27

26

k.

A.

43

43

47

Sum

me

The

ater

betr

iebe

15

6 15

4 15

2 15

2 15

2 15

3 15

0 15

1 15

0 14

9 14

5 14

3 14

3

Tab

. 3:

Ver

teilu

ng d

er R

echt

sfor

men

in d

en d

euts

chen

The

ater

n, v

gl. D

euts

cher

Büh

nenv

erei

n (1

995

bis

2007

)

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng.

Rel

ativ

e H

äufi

gke

it d

er R

ech

tsfo

rmen

un

ter

den

deu

tsch

en T

hea

tern

0%10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

9596

9798

9900

0102

0304

0506

07

Jah

r

Reg

iebe

trieb

Gm

bH

e. V

.

Zwec

kver

band

Son

stig

e (u

. a.

Eig

enbe

trieb

,S

tiftu

ng)

36 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstand

Page 55: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 37

2.2.2 Mengenmäßige Entwicklung von Output und Personalbestand

Bei den Theatern lässt die steigende Anzahl von Veranstaltungen und das noch stärker

steigende Repertoire an Inszenierungen bei gleichzeitig abnehmender Zahl von

Theaterbetrieben auf eine steigende Programmvielfalt schließen. Zudem ist jedoch eine um

9,1 % rückläufige Besucherzahl im relevanten Zeitraum zu beobachten, was evtl. auf eine

abnehmende Anzahl der Theaterbetriebe von 156 auf 143 zurückgeführt werden kann

(- 8,3 %). Die Personalkapazitäten entwickeln sich langfristig parallel zu den rückläufigen

Besucherzahlen; diesbezüglich ist die Economy mengenmäßig im Verhältnis zu den

Besuchen konstant geblieben bzw. im Verhältnis zu den Veranstaltungen gestiegen. Die

Output-Effizienz hat sich insofern erhöht, als dass mit geringeren personellen Mitteln ein

mengenmäßig umfangreicheres kulturelles Angebot geschaffen wurde. Dieses wurde

jedoch - gemessen an absoluten und relativen Besuchszahlen - rückläufig frequentiert. Im

betrachteten Zeitraum ist die Anzahl der bedienten Spielstätten trotz der erwähnten

Theaterschließungen um 32,4 % auf 826 Orte gestiegen, das offerierte Platzangebot um

21,7 % auf 293.838 Plätze (statisch in Bezug auf die Summe der Spielstätten, d. h. ohne

Berücksichtigung der Verteilung der Veranstaltungen auf die Spielstätten als p. a.

angebotene Verkaufskarten). Dies kann als ein Bemühen der Kulturbetriebe um attraktive

und vielfältige Spielorte sowie um die Nähe zum Publikum interpretiert werden. Die

steigende Anzahl von Veranstaltungen bei sinkenden Besuchszahlen lässt als Nebeneffekt

dieser Angebotsdiversifizierung auf eine abnehmende Auslastung der Raumkapazitäten

schließen. Da unter den 826 Spielstätten jedoch viele nur gelegentlich bespielte

Sonderbühnen (Freiluftbühnen, Innenhöfe, Schlösser, Kirchen etc.) enthalten sind, wäre es

verfrüht, aus diesem Befund auf eine sinkende Auslastung der Hauptstandorte der 143

Theater zu schließen. Hierzu erlauben die Daten der Theaterstatistik keine Aussage.

Eine sinkende Anzahl von Theatern erzeugte mit reduzierten Personalressourcen in

den vergangenen 13 Jahren einen steigenden Output, gemessen an Veranstaltungen,

bedienten Spielstätten und Repertoire. So hat sich z. B. der mengenmäßige Veranstaltungs-

Output pro Theater von 433,3 in 1995 auf 489,9 in 2007 erhöht. Insoweit ist die Effizienz

gestiegen. Jedoch ist die Nachfrage gemessen an absoluten Besuchen rückläufig. Die

wichtigste Input-Ressource, das Personal, hat sich mengenmäßig im Vergleich zur

Nachfrage neutral entwickelt, in Bezug auf den Output sind die Effizienz und Economy

jedoch deutlich gestiegen, vgl. zu allen Befunden Tab. 4.

Page 56: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

38 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

Für die Gastspiele der Orchester liegen keine durchgängigen Besucherzahlen vor. Somit

beschränken sich die Quoten auf die Besucher am Heimatort. Durch eine Neugliederung

der Statistik zwischen 2004 und 2005 erfährt die Statistik gewichtige Veränderungen: Die

Anzahl der Orchester nimmt um fünf zu, die Zahl der angebotenen Konzerte um 922

Konzerte bzw. 19,2 %, die Besuche verlieren sogar nominal, so dass folglich die relativen

Kennzahlen einbrechen. Langfristig ist vergleichbar zu den Theatern auch bei den

Orchestern zu sehen, dass trotz Personalabbaus (187 Stellen bzw. 4,7 %) eine Output-

Steigerung gemessen an angebotenen Konzerten erreicht wurde (Zuwachs um 721

Konzerte bzw. 14,0 %), vgl. Tab. 5.

Seit der deutschen Wiedervereinigung ist ein starker Personalrückgang zu ver-

zeichnen: Allein in den Kulturorchestern sind zwischen 1992 und 2005 insgesamt 16 % der

Musikerstellen entfallen, in Westdeutschland 6 %, in Ostdeutschland fast 30 %, das

entspricht knapp 2.000 Stellen; die Anzahl der orchestralen Klangkörper reduzierte sich

von 168 auf 135.83

83 Vgl. Mertens (2005), S. 4.

Page 57: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Rel

ativ

e O

utp

ute

ntw

ickl

un

g u

nd

Per

son

alb

esta

nd

in d

euts

chen

Th

eate

rn

85%

90%

95%

100%

105%

110%

115%

120%

9596

9798

9900

0102

0304

0506

07

Jah

r

1995 = 100 %

Ver

anst

altu

ngen

Bes

uche

Per

sona

l (in

Ste

llen)

Insz

enie

rung

en im

Rep

erto

ire

19

95

1996

19

97

1998

19

99

2000

20

01

2002

20

03

2004

20

05

2006

20

07

Anz

ahl T

heat

er

156

154

152

152

152

153

150

151

150

149

145

143

143

Anz

ahl V

eran

stal

tung

en

67.5

91

69.1

59

71.7

85

71.9

18

71.3

11

71.1

00

70.0

55

69.6

32

72.0

96

70.5

60

69.7

78

69.2

38

70.0

58

Bes

uche

23

,1 M

io.

23,0

Mio

.22

,9 M

io.

23,0

Mio

.22

,7 M

io.

22,5

Mio

.22

,3 M

io.

21,7

Mio

.22

,0 M

io.

21,7

Mio

.21

,2 M

io.

20,7

Mio

.21

,0 M

io.

Insz

enie

rung

en

(Rep

erto

ire)

4.

264

4.35

5 4.

415

4.65

6 4.

604

4.71

8 4.

391

4.41

4 4.

539

4.61

6 4.

629

4.64

4 4.

945

Bes

uche

r pr

o V

eran

stal

tung

34

2 33

3 31

8 31

9 31

9 31

6 31

8 31

1 30

6 30

8 30

3 30

0 29

9

Per

sona

l (in

Ste

llen)

42

.162

41

.649

43

.155

42

.785

42

.695

42

.518

42

.103

42

.121

42

.020

38

.607

38

.342

38

.210

38

.260

Per

sona

l (St

elle

n)

in R

elat

ion

zu V

eran

st.

0,62

0,

60

0,60

0,

59

0,60

0,

60

0,60

0,

60

0,58

0,

55

0,55

0,

55

0,55

Tab

. 4:

Abs

olut

e O

utpu

tent

wic

klun

g un

d P

erso

nalb

esta

nd (

Stel

len)

der

deu

tsch

en T

heat

er, v

gl. D

euts

cher

Büh

nenv

erei

n (1

995

bis

2007

)

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng.

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 39

Page 58: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Rel

ativ

e E

ntw

ickl

un

g d

es O

utp

uts

, der

Bes

uch

er u

nd

des

Per

son

alb

esta

nd

s in

deu

tsch

en O

rch

este

rn

70%

80%

90%

100%

110%

120%

9697

9899

0001

0203

0405

0607

Jah

r

1996 = 100 %

Mus

iker

Kon

zerte

insg

esam

tB

esuc

her a

m O

rtB

esuc

her p

ro K

onze

rt

19

96

1997

19

98

1999

20

00

2001

20

02

2003

20

04

2005

20

06

2007

Anz

ahl O

rche

ster

55

55

55

53

52

50

49

48

48

53

53

53

Kon

zert

e 5.

150

5.04

1 5.

303

5.24

9 4.

810

4.68

6 4.

718

4.83

3 4.

795

5.71

7 6.

043

5.87

1

Bes

uche

r am

Ort

2.

437.

316

2.45

5.95

6 2.

562.

598

2.54

3.90

3 2.

435.

218

2.45

8.53

7 2.

553.

331

2.47

6.98

3 2.

683.

444

2.59

5.21

4 2.

539.

284

2.65

5.98

0

Bes

uche

r je

K

onze

rt a

m O

rt

824

830

797

761

800

830

818

761

846

641

604

665

Mus

iker

3.

986

4.07

5 4.

166

4.03

5 3.

904

3.70

6 3.

665

3.48

5 3.

420

3.75

9 3.

830

3.79

9

Mus

iker

/Kon

zert

0,

77

0,81

0,

79

0,77

0,

81

0,79

0,

78

0,72

0,

71

0,66

0,

63

0,65

Tab

. 5:

Abs

olut

e O

utpu

tent

wic

klun

g un

d P

erso

nalb

esta

nd (

Stel

len)

der

deu

tsch

en s

elbs

tänd

igen

Kul

turo

rche

ster

, vg

l. D

euts

cher

Büh

nenv

erei

n (1

996

bis

2007

)

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng.

40 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

Page 59: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 41

2.2.3 Entwicklung der Gattungen im Programmangebot der Theater

Im betrachteten Zeitraum hat das Angebot an den personalintensiven Gattungen Oper,

Ballett und Operette teils geringfügig, teils stärker abgenommen (-6,3 %, -6,0 % bzw.

-28,3 %), wobei die Reduktion von Opern und Balletten ein wenig schwächer ausfällt als

die Abnahme der Theaterbetriebe (-8,3 %). Daher kann global, ohne Beachtung von

Verteilungsaspekten und qualitativen Faktoren, von einer Aufrechterhaltung des

mengenmäßigen Angebots an Opern und Balletten in Relation zur Anzahl der Theater

gesprochen werden. Die These der Diversifizierung des Programms und damit Erweiterung

der Vielfalt spiegelt sich auch hier in der steigenden Anzahl der Konzerte (1.193 bzw.

66,4 %), Kinder- und Jugendtheater (1.925 bzw. 20,5 %), sonstige Formate (762 bzw.

11,6 %) und Schauspiele (1.483 bzw. 6,8 %) wider. Das Angebot an Musicals ist stark

gesunken (-1.371 bzw. -37,8 %). Damit ist die steigende Anzahl der Veranstaltungen

(2.467 bzw. 3,6 %) – und damit die Outputsteigerung der Theater bei sinkenden

Kapazitäten – im Wesentlichen auf die Gattungen Kinder- und Jugendtheater, Schauspiele

und Konzerte zurückzuführen.

Angesichts der in Kap. 2.1.1 aufgeführten absoluten Besuchszahlen für die Gattun-

gen wird ersichtlich, dass je nach Gattung erhebliche Unterschiede bei den durchschnittli-

chen Besuchszahlen pro Veranstaltung vorliegen (Oper 662, Ballett 563, Operette 500,

Musical 546, Schauspiel 235, Kinder- und Jugendtheater 217, Konzerte 496, Sonstige 71

durchschnittliche Besucher in der Spielzeit 2006/07). Daher darf die nachfolgende

Übersicht (Tab. 6) über die absoluten Veranstaltungszahlen nicht als Frequentierung bzw.

Nachfrage gewertet werden.

Page 60: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

19

95

1996

19

97

1998

19

99

2000

20

01

2002

20

03

2004

20

05

2006

20

07

Ope

rn

7.03

2 7.

012

6.96

5 6.

908

6.96

1 6.

786

6.72

5 6.

946

7.04

5 6.

572

6.68

9 6.

780

6.59

1

Bal

lette

2.

678

2.63

0 2.

815

2.73

0 2.

692

2.72

7 2.

648

2.53

9 2.

650

2.64

4 2.

452

2.52

6 2.

518

Ope

rette

n 2.

008

2.37

1 1.

956

2.17

1 1.

854

1.86

0 1.

775

1.53

4 1.

557

1.59

1 1.

500

1.31

7 1.

440

Mus

ical

s 3.

623

3.14

1 3.

390

3.07

0 3.

269

3.33

5 3.

143

2.91

0 2.

971

2.60

9 2.

420

2.23

9 2.

252

Scha

uspi

ele

21.9

09

22.1

81

23.1

26

23.6

38

23.5

17

22.9

58

23.0

52

23.6

23

23.9

69

23.3

62

23.2

74

23.0

18

23.3

92

Kin

der-

u. J

ugen

dthe

ater

9.

370

9.99

0 10

.203

9.

971

9.78

7 9.

782

9.61

2 9.

693

10.4

44

9.95

7 10

.717

10

.714

11

.295

Kon

zert

e 1.

797

2.07

0 2.

120

1.96

9 2.

042

2.09

7 2.

213

2.20

4 2.

346

2.63

7 2.

770

2.82

7 2.

990

Sons

tige

6.57

3 7.

001

8.07

3 8.

152

7.64

6 8.

394

8.00

6 7.

836

7.94

2 8.

271

5.90

0 6.

924

7.33

5

Tab

. 6:

Anz

ahl d

er A

uffü

hrun

gen

in d

en G

attu

ngen

pro

Spi

elze

it d

er d

euts

chen

The

ater

, vgl

. Deu

tsch

er B

ühne

nver

ein

(199

5 bi

s 20

07)

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng.

Rel

ativ

e E

ntw

ickl

un

g a

usg

ewäh

lter

Ver

anst

altu

ng

styp

en in

den

deu

tsch

en T

hea

tern

60%

80%

100%

120%

140%

160%

9596

9798

9900

0102

0304

0506

07

Jah

r

Ope

rnO

pere

tten

Sch

ausp

iele

Kin

der-

/Jug

endt

heat

erK

onze

rte

42 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

Page 61: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 43

2.2.4 Wertmäßige Entwicklung des Inputs

Im Betrachtungszeitraum sind die Gesamtausgaben der Theater um 13,1 % bzw. 296

Mio. € angewachsen. Dies refinanzierte sich aus selbst erwirtschafteten Einnahmen

(starker Anstieg um 49,7 % bzw. 145 Mio. €) und öffentlichen Zuwendungen und

Zuschüssen (7,3 % bzw. 142 Mio. €). Letztere sind seit dem Spitzenwert in 2003 sogar

rückläufig (69 Mio. € bis 2007 bzw. 3,2 %). Die Personalkosten sind um 163 Mio. €

gestiegen (das entspricht 9,5 % in 12 Jahren bzw. ein durchschnittliches jährliches

Wachstum von nominal 0,76 %), die Sachkosten 200 Mio. € bzw. 56,8 %. Nach wie vor

machen die Personalkosten den größten Anteil der Ausgaben der Theater aus (geringfügig

sinkend von 76,5 % auf 74,0 %), vgl. Tab. 7. Der geringe absolute Anstieg beim

Personalaufwand kann aus dem Personalabbau in Stellen (3.902 Stellen bzw. 9,3 %), der

Substitution durch Sachkosten etwa beim Outsourcen an Dienstleistungsunternehmen

(Reinigung, Hauspersonal, Bewachung etc.),84 bzw. Verkleinerung der künstlerischen

Ensembles und ggf. stärkeres Zurückgreifen auf freie Engagements (Gäste) sowie einigen

zurückhaltenden Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst, welche gemäß § 55 TVK analog

auch für Orchester gelten, erklärt werden.

Die absoluten Ausgabesteigerungen wurden in den betrachteten 12 Jahren etwa

hälftig durch eigene Einnahmen und öffentliche Mittel kompensiert. Da der Anteil der

selbst erwirtschafteten Erlöse global betrachtet unter 20 % liegt, ist insoweit die Effizienz

gestiegen (vgl. auch nächsten Abschnitt).

Die Kulturorchester erwirtschafteten 111 Mio. € selbst, empfingen 212 Mio. €

öffentliche Zuweisungen, um Gesamtausgaben von 316 Mio. € tätigen zu können. Das

entspricht einem Einspielergebnis von 35 %. Jeder Besuch wurde hier durch 81,56 €

bezuschusst.

Bezüglich der Einnahmen und Ausgaben ist festzustellen, dass die selbst erwirt-

schafteten Einnahmen im Betrachtungszeitraum deutlich stärker gewachsen sind als die

öffentlichen Zuweisungen (31,6 Mio. € bzw. 35,5 % in Relation zu 18,8 Mio. € bzw.

10,0 %), vgl. Tab. 8.

84 Vgl. Deutscher Bühnenverein (2005), S. 4.

Page 62: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Tab

. 7:

Abs

olut

e E

ntw

ickl

ung

der

Ein

nahm

en u

nd A

usga

ben

(in

Mio

. €)

der

deut

sche

n T

heat

er, v

gl. D

euts

cher

Büh

nenv

erei

n (1

995

bis

2007

)

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng.

19

95

1996

19

97

1998

19

99

2000

20

01

2002

20

03

2004

20

05

2006

20

07

Eig

ene

Ein

nahm

en

293

315

318

332

339

357

367

377

388

385

415

424

438

Öff

tl. Z

uwen

dung

en

1.93

4 1.

989

1.99

8 2.

018

2.00

2 2.

030

2.04

9 2.

103

2.14

5 2.

106

2.04

8 2.

079

2.07

6

Aus

gabe

n 2.

252

2.32

8 2.

340

2.38

0 2.

367

2.41

2 2.

441

2.50

3 2.

560

2.52

6 2.

521

2.54

2 2.

548

da

von

Sach

kost

en

352

380

375

383

389

410

423

447

448

435

509

541

552

da

von

Per

sona

lkos

ten

1.72

2 1.

783

1.78

9 1.

807

1.82

0 1.

860

1.86

3 1.

897

1.91

1 1.

918

1.91

8 1.

909

1.88

5

Ant

eil P

erso

nalk

oste

n 76

,5 %

76

,6 %

76

,4 %

75

,9 %

76

,9 %

77

,1 %

76

,3 %

75

,8 %

74

,7 %

75

,9 %

76

,1 %

75

,1 %

74

,0 %

44 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

Rel

ativ

e E

ntw

ickl

un

g v

on

Ein

nah

men

un

d A

usg

aben

der

deu

tsch

en T

hea

ter

90%

100%

110%

120%

130%

140%

150%

9596

9798

9900

0102

0304

0506

07

Jah

r

1995 = 100 %

Eig

ene

Ein

nahm

enÖ

ffent

liche

Zuw

endu

ngen

Aus

gabe

n

Page 63: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

19

96

1997

19

98

1999

20

00

2001

20

02

2003

20

04

2005

20

06

2007

Eig

ene

Ein

nahm

en

89,1

93

,3

93,9

93

,6

93,6

97

,4

98,1

10

3,9

105,

6 11

1,1

114,

5 12

0,7

Öff

entli

che

Zuw

endu

ngen

18

8,3

189,

2 18

8,4

190,

0 19

5,1

194,

8 20

4,0

203,

5 20

5,6

211,

9 20

3,1

207,

1

Aus

gabe

n 27

7,2

282,

5 28

2,3

283,

6 28

8,7

292,

2 30

2,1

307,

4 30

8,2

316,

3 31

8,2

326,

5

Ein

spie

lquo

te

32,7

%

32,2

%

33,0

%

33,3

%

33,0

%

32,4

%

33,3

%

32,5

%

33,8

%

34,3

%

35,1

%

36,0

%

Tab

. 8:

Abs

olut

e E

ntw

ickl

ung

der

Ein

nahm

en u

nd A

usga

ben

(in

Mio

. €)

der

deut

sche

n se

lbst

ändi

gen

Kul

turo

rche

ster

, vg

l. D

euts

cher

Büh

nenv

erei

n (1

996

bis

2007

)

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng.

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 45

Rel

ativ

e E

ntw

ickl

un

g d

er E

inn

ahm

en u

nd

Au

sgab

en d

er d

euts

chen

Orc

hes

ter

90%

100%

110%

120%

130%

140%

9697

9899

0001

0203

0405

0607

Jah

r

1996 = 100 %

Ausg

aben

Eige

ne E

inna

hmen

Öffe

ntlic

he Z

uwen

dung

en

Page 64: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

46 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

2.2.5 Relative Effizienzkennzahlen

Die wichtigste Kennzahl der operativen Effizienz, die Einspielquote der Theater (Anteil

der selbst erwirtschafteten Erlöse in Relation zu den Gesamteinnahmen) ist im

Betrachtungszeitraum um knapp 4 Prozentpunkte von 14,1 % auf 18,0 % gestiegen und

weist einen stetigen Wachstumstrend auf. Angesichts der in den vorherigen Abschnitten

dargelegten wirtschaftlichen Strukturen ist dieser Entwicklungsschritt größer und

bedeutsamer, als es der Zahlenwert suggeriert (3,9 Prozentpunkte entsprechen einer

relativen Steigerung um 27,7 %). Der absolute Betriebszuschuss pro Besucher nahm

jedoch um 18,31 € zu (Anstieg um 23,8 %). Diese Entwicklung ist circa zur Hälfte auf die

gesunkene Gesamtanzahl von Besuchen bzw. Besuchern pro Veranstaltung zurück-

zuführen. Der operative Betriebszuschuss ist von 1,782 Mrd. € auf 1,999 Mrd. €

angestiegen, dies entspricht 217 Mio. € bzw. 12,2 %, vgl. Tab. 9. Das ist ein Beleg dafür,

dass die wirtschaftliche Effizienz der Theater gemessen am Input-Output-Verhältnis in

Bezug auf die produzierten Veranstaltungen und gemessen an der wirtschaftlichen

Unabhängigkeit in den betrachteten 12 Jahren gestiegen, jedoch in Bezug auf die

öffentliche Subventionierung des einzelnen Besuches gesunken ist. Bei dieser nominalen

Betrachtung blieben Inflationseffekte unberücksichtigt.

In den Orchestern ergibt sich ein partiell abweichendes Bild: Die Einspielquote,

welche strukturell deutlich höher als bei den Theatern liegt, ist vergleichbar um

3,3 Prozentpunkte von 32,7 % auf 36,0 % gestiegen (relative Erhöhung um 10,1 %) und

weist ebenfalls einen kontinuierlich positiven Trend auf. Die absolute öffentliche

Zuwendung des einzelnen Besuchs ist mit geringfügigen Schwankungen im Betrachtungs-

zeitraum nahezu nominal konstant geblieben. Gleicher Endbefund gilt auch für die Kosten

des einzelnen Konzerts, wobei nach der Jahrtausendwende eine deutliche mehrjährige

Schwankung um knapp 20 % nach oben zu verzeichnen ist, vgl. Tab. 10.

Page 65: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Re

lati

ve

En

twic

klu

ng

wic

hti

ge

r E

ffiz

ien

z-K

en

nza

hle

n d

er

de

uts

che

n T

he

ate

r

80%

90%

100%

110%

120%

130%

140%

9596

9798

9900

0102

0304

0506

07

Jahr

1995 = 100 %

Bet

riebs

zusc

huss

jeB

esuc

her

Ein

spie

lquo

te

Bes

uche

r pro

Vors

tellu

ngAu

sgab

en p

roVo

rste

llung

Tab

. 9:

Abs

olut

e E

ntw

ickl

ung

wic

htig

er E

ffiz

ienz

-Ken

nzah

len

der

deut

sche

n T

heat

er, v

gl. D

euts

cher

Büh

nenv

erei

n (1

995

bis

2007

)

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng.

19

95

1996

19

97

1998

19

99

2000

20

01

2002

20

03

2004

20

05

2006

20

07

Ein

spie

lquo

te

14,1

%

14,6

%

14,7

%

15,1

%

15,3

%

15,7

%

16,0

%

16,1

%

16,4

%

16,3

%

17,0

%

17,3

%

18,0

%

Bet

rieb

szu-

schu

ss je

B

esuc

her

(in

€)

77,0

3 80

,28

80,8

7 80

,94

82,3

7 85

,27

86,2

9 90

,78

89,5

7 90

,73

92,2

4 97

,66

95,3

4

Aus

gabe

n je

V

eran

stal

tung

(i

n €)

43

.486

44

.223

43

.562

44

.264

44

.175

45

.820

46

.562

47

.732

47

.171

47

.844

47

.373

46

.852

47

.320

Bes

uche

r je

V

eran

stal

tung

34

2 33

3 31

8 31

9 31

9 31

6 31

8 31

1 30

6 30

8 30

3 30

0 29

9

Bes

uche

23

,1 M

io.

23,0

Mio

. 22

,9 M

io.

23,0

Mio

. 22

,7 M

io.

22,5

Mio

. 22

,3 M

io.

21,7

Mio

. 22

,0 M

io.

21,7

Mio

. 21

,2 M

io.

20,7

Mio

. 21

,0 M

io.

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 47

Page 66: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Tab

. 10:

Abs

olut

e E

ntw

ickl

ung

wic

htig

er E

ffiz

ienz

-Ken

nzah

len

der

deut

sche

n se

lbst

ändi

gen

Kul

turo

rche

ster

, vgl

. Deu

tsch

er B

ühne

nver

ein

(199

6-20

07)

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng.

19

96

1997

19

98

1999

20

00

2001

20

02

2003

20

04

2005

20

06

2007

Öff

entli

che

Zuw

endu

ng je

B

esuc

her

in €

77

,26

77,0

5 73

,53

74,6

9 80

,12

79,2

2 79

,90

82,1

4 76

,61

81,6

6 79

,98

77,9

8

Aus

gabe

n je

an

gebo

tene

s K

onze

rt in

53.8

22

56.0

40

53.2

26

54.0

26

60.0

21

62.3

54

64.0

27

63.6

02

64.2

75

55.3

27

52.6

48

55.6

18

Ein

spie

lquo

te

32,7

%

32,2

%

33,0

%

33,3

%

33,0

%

32,4

%

33,3

%

32,5

%

33,8

%

34,3

%

35,1

%

36,0

%

47 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 48 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

Rel

ativ

e E

ntw

ickl

un

g w

ich

tig

er E

ffiz

ien

z-K

enn

zah

len

der

deu

tsch

en O

rch

este

r

90%

95%

100%

105%

110%

115%

120%

125%

9697

9899

0001

0203

0405

0607

Jah

r

1996 = 100 %

Ein

spie

lquo

te

Öfft

l. Zu

wen

dung

pro

Bes

uche

r

Aus

gabe

n pr

o K

onze

rt

Page 67: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 49

2.2.6 Personalstruktur in den Theatern

Im Betrachtungszeitraum fand ein Personalabbau in den Theatern statt, welcher aber

nahezu perfekt korreliert mit der Anzahl der Theater, die in gleichem Maße gesunken ist.

Dieser Zusammenhang drückt sich in der Quote Personal pro Theater aus, die abgesehen

von zwischenzeitlichen Ausschlägen in den letzten Jahren der Erhebungsperiode fast

dieselben Werte einnimmt wie in den ersten Jahren (270 bzw. 268 Stellen pro Theater).

Der Abbau betrifft das künstlerische (9,5 % bzw. 1.862 Stellen) wie das nicht-

künstlerische Personal (9,0 % bzw. 2.040 Stellen) in gleichem relativen Maß. Lediglich als

Untergruppe des nicht-künstlerischen Personals haben die Beschäftigten der Verwaltung

(gemäß Gliederung der Theaterstatistik inkl. Vertrieb) die größten Einschnitte erfahren

(21,7 % bzw. 662 Stellen). Wie bereits in Kap. 2.2.2 und 2.2.3 festgestellt wurde, konnte

jedoch mit geringeren personellen Kapazitäten eine höhere Anzahl von Veranstaltungen

angeboten werden, ohne überproportionale Abnahme der personalintensiven Gattungen,

vgl. Tab. 11.

Page 68: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

19

95

1996

19

97

1998

19

99

2000

20

01

2002

20

03

2004

20

05

2006

20

07

Kün

stle

risc

hes

Per

sona

l 19

.601

19

.260

18

.738

18

.391

18

.418

18

.251

17

.936

17

.971

17

.958

17

.895

17

.832

17

.728

17

.739

Nic

ht-k

ünst

ler.

Per

sona

l 22

.561

22

.389

21

.534

21

.580

21

.496

21

.459

21

.394

21

.285

21

.205

20

.858

20

.510

20

.482

20

.521

da

von

Ver

wal

tung

3.

048

2.97

9 2.

883

2.81

4 2.

781

2.80

8 2.

773

2.86

5 2.

857

2.64

9 2.

441

2.38

6 2.

386

SUM

ME

Per

sona

l 42

.162

41

.649

43

.155

42

.785

42

.695

42

.518

42

.103

42

.121

42

.020

38

.607

38

.342

38

.210

38

.260

A

nzah

l The

ater

betr

iebe

15

6 15

4 15

2 15

2 15

2 15

3 15

0 15

1 15

0 14

9 14

5 14

3 14

3

Per

sona

l pro

The

ater

27

0 27

0 28

4 28

1 28

1 27

8 28

1 27

9 28

0 25

9 26

4 26

7 26

8

Ver

anst

altu

ngen

67

.591

69

.159

71

.785

71

.918

71

.311

71

.100

70

.055

69

.632

72

.096

70

.560

69

.778

69

.238

70

.058

Tab

. 11:

Abs

olut

e P

erso

nale

ntw

ickl

ung

(in

Stel

len)

der

deu

tsch

en T

heat

er, v

gl. D

euts

cher

Büh

nenv

erei

n (1

995

bis

2007

)

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng.

50 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

Rel

ativ

e S

telle

nen

twic

klu

ng

im V

erg

leic

h z

um

Ver

anst

altu

ng

san

geb

ot

der

deu

tsch

en T

hea

ter

75%

80%

85%

90%

95%

100%

105%

110%

9596

9798

9900

0102

0304

0506

07

Jah

r

1995 = 100 %

Kün

stle

risch

es P

erso

nal

Nic

ht-k

ünst

leris

ches

Per

sona

l d

avon

Ver

wal

tung

Ver

anst

altu

ngen

Page 69: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands 51

2.2.7 Geschichte des öffentlichen Dienstes und Tarifwerke in Theatern und Orchestern

Die Geschichte des öffentlichen Dienstes reicht bis in den Absolutismus zurück, zu dessen

Zeiten die Monarchen abhängige Beschäftigte unterhielten. Der Preußenkönig Friedrich

Wilhelm I. verpflichtete seine Bediensteten zu uneingeschränktem Staatsdienst, der nicht

als herkömmliche Erwerbstätigkeit verstanden wurde. Das Leitbild der preußischen

Verwaltung war schon zu diesen Zeiten durch Werte wie Genauigkeit, Sparsamkeit,

Pünktlichkeit und bedingungslose Pflichterfüllung geprägt. 1794 wurde erstmalig eine Art

des Beamtenstatus in der Kodifikation des öffentlichen Dienstrechts im Allgemeinen

Landrecht für die Preußischen Staaten definiert. Erst im 20. Jahrhundert wurden vermehrt

Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst beschäftigt, vor allem in städtischen

Versorgungs- und Verkehrsbetrieben. 1920 wurden die ersten Tarifverträge für

Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst geschlossen. Das Dritte Reich spannte das

Berufsbeamtentum stark in die Reichsführung mit ein, ebenso wie sich viele Beamte in der

NSDAP engagierten. Die junge Bundesrepublik Deutschland entschied sich für die

Beibehaltung des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 4 GG85). Nicht gänzlich unproblema-

tisch angesichts der angestrebten Reformen im Personalwesen ist die konservierende

Bestimmung des für alle Beschäftigtengruppen geltenden Art. 33 Abs. 5 GG: „Das Recht

des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des

Berufsbeamtentums zu regeln“, zu denen u. a. die Unkündbarkeit, das Alimentationsprin-

zip und das Senioritätsprinzip gehören.86 Gerade letztere sind jedoch ein mindestens

vordergründiger Widerspruch zum vom NPM geforderten Leistungsprinzip.87

Jahrzehntelang bestimmte in den Theatern eine sehr heterogene Tarifvertrags-

struktur mit sieben Tarifwerken, drei Arbeitgebergremien und fünf Gewerkschaften den

Alltag.88 Durch die Zusammenfassung von NV Solo, NV Tanz, NV Chor, BTT bzw. BTTL

im neu geschaffenen NV Bühne vom 1.1.2003 wurde teilweise eine Vereinheitlichung und

Flexibilisierung erreicht. Daneben ist im künstlerischen Bereich der TVK für die Orchester

maßgeblich. Auch im nicht-künstlerischen Bereich findet durch den TVöD vom 1.10.2005

bzw. TV-L vom 12.10.2006 eine Vereinheitlichung insofern statt, als die Differenzierung

zwischen Arbeitern (alte Tarifwerke MTB/MTL/BMT-G) und Angestellten (BAT)

85 Wortlaut des Art. 33 Abs. 4 GG: „Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in

der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.“

86 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 320-325, 334. 87 Ebenda S. 357, 364.

Page 70: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

52 2. Charakterisierung des Untersuchungsgegenstands

aufgegeben wird.89 Die Umstellungs- und Überleitungsprozesse sind noch nicht an allen

Orten beendet. Im Bereich des TVöD ist jedoch eine heterogene Entwicklung auf

nationaler Ebene eingetreten, da die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) die

Verhandlungen zum TVöD nicht mitgetragen hat, einige Bundesländer aus der TdL

ausgetreten sind und infolgedessen die Kommunen, Länder und der Bund zu uneinheitli-

chen Tarifabschlüssen gelangen.90 Da im Zuge der Modernisierungsprozesse der

Tarifwerke für die Altbeschäftigten Vereinbarungen zur Besitzstandswahrung getroffen

wurden, entsteht ein Ungleichgewicht bei den Beschäftigungsbedingungen zu den jüngeren

Beschäftigen, worunter langfristig die Attraktivität und damit die Qualität der künstleri-

schen Berufe und des öffentlichen Dienstes leiden könnten.91 Eine starke Verbreitung

haben daneben Haustarifverträge erfahren. Im Jahr 2003 zählt Rolf Bolwin, geschäftsfüh-

render Direktor des Deutschen Bühnenvereins, bereits 180 abgeschlossene Haustarifver-

träge in deutschen Orchestern und Theatern, von denen 80 Gehaltseinbußen für das

künstlerische Personal beinhalten.92 Diese enthalten jedoch häufig Bezugnahmeklauseln

und bauen somit auf den genannten allgemeinen Tarifwerken auf. An den grundsätzlichen

Kostenstrukturen können jedoch auch diese lokalen Regelungen dauerhaft nichts ändern.

2.2.8 Haushaltsrechtliche Bestimmungen

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich Rechnungslegung, Prüfungsbefugnisse,

haushaltsrechtliche Grundsätze, z. B. zum Haushalts- bzw. Wirtschaftsplan und

Stellenplan, sind für bundes- bzw. landeseigene Betriebe, Zuwendungsempfänger und

juristische Personen öffentlichen Rechts in der Bundeshaushaltsordnung (BHO) bzw. den

Landeshaushaltsordnungen (LHO) und deren Verwaltungsvorschriften (BHO/LHO VV)

enthalten. Die Anwendung dieser Gesetze ergibt sich aus Art. 109 Abs. 3 GG, welcher in

§ 1 HGrG konkretisiert wird. Auf kommunaler Ebene ist neben diversen kommunalen

Verordnungen vor allem die Gemeindehaushaltsverordnung maßgeblich.93

88 Vgl. Wagner (1995), S. 201. 89 Vgl. Bolwin (2003), S. 12 ff.; Deutscher Bühnenverein (2005a), S. 124-129. 90 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 330 ff. 91 Ebenda, S. 360-264; Bolwin (2003), S. 13 f. 92 Vgl. Bolwin (2003), S. 13 f. 93 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 142, 172.

Page 71: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 53

3 New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

3.1 Reformansätze in Vergangenheit und Gegenwart

Ausgangspunkt der historischen Betrachtung ist das klassische Webersche Bürokratiemo-

dell, das über viele Jahrzehnte hinweg die deutsche und internationale Verwaltung als

Idealtypus geprägt hat. Mit seinen zentralen Werten Unparteilichkeit, Regelgebundenheit,

Sachlichkeit, Kontrollierbarkeit, Trennung von Amtsinhaber und Ressourcen steht es für

ein robustes, kalkulierbares und krisensicheres Verwaltungsparadigma zur Herrschaftsaus-

übung im monokratischen Nationalstaat, das dem gesellschaftlichen Weltbild des

Rationalismus entsprach. Diese Werte etablierten eine vereinheitlichte Normdurchsetzung

nach innen, das staatliche Gewaltmonopol und die entprivilegierende Rechtsgeltung.

Insofern sind sie gemeinsam mit dem Nationalstaat als epochale Modernisierungsleistung

nicht zu unterschätzen.94

Dennoch gab es innerhalb dieses Paradigmas in Deutschland bereits in jungen

Jahren der Nachkriegsbundesrepublik – erstmalig 1952 – Kommissionen zur Verwaltungs-

vereinfachung, deren Empfehlungen jedoch nicht realisiert wurden. Stattdessen folgte ab

1966 die Periode des Aktiven Staats, der durch Planung und aktiv eingreifende Politik

zum Gegenteil neigte, nämlich einer expandierenden Verwaltung.95

Es mehrte sich jedoch die systematische Kritik an der staatlichen Bürokratie mit

den Argumenten der Ineffizienz, hoher Kosten und der Beschränkung von Bürgerrechten.

In den 1960er- und 1970er-Jahren fanden eine Reihe von Gebiets- und Funktionalreformen

statt, die jedoch ihre Zielsetzung der Dezentralisierung und stärkeren Bürgerpartizipierung

nicht erreichten.96 Es folgten umfassendere Reformen ab 1978 im Kontext des Leitbilds

des Schlanken Staats, welche sich inhaltlich noch stärker vom Weberschen Modell

distanzierten und erste Gesichtszüge eines New Public Managements annahmen. Zunächst

stand nur die Privatisierung von Staatsunternehmen im Vordergrund (z. B. Deutsche

Bundespost, Deutsche Lufthansa u. a.).97 Später wurden auch in der Sozialpolitik

sukzessive Einschnitte unternommen. Alles geschah mit der zentralen Idee, dass weniger

Staat und mehr Markt praktiziert werden solle, da der Staat in vielen Bereichen überfordert

und handlungsunfähig sei und die individuelle Eigenverantwortung zurückgedrängt wurde.

Diese Ansichten und die sich anschließende Politik speisten sich aus einer Mischung von

94 Vgl. Adorno (1960), S. 103 f.; Blanke/Einemann et al. (2005), S. 439; Budäus (1998), S. 1 ff.; Prätorius

(2006), S. 60 f.; Thom/Ritz (2006), S. 3 ff. 95 Vgl. Walkenhaus/Voigt (2006), S. XXIV f. 96 Vgl. Prätorius (2006), S. 58 f.

Page 72: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

54 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

Ordo- und Neoliberalismus. In den 80er-Jahren standen die Verwaltungsreform-

bemühungen vornehmlich auf Länderebene explizit unter der Ankündigung einer

„Entbürokratisierung“ durch Regelabbau, Verfahrensvereinfachung und Kompetenz-

bereinigung.98

Die Anforderungen an den öffentlichen Sektor haben sich teils gewandelt und sind

teils gewachsen: Komplexität, stetiger Wandel, Multikausalitäten, Vernetzung, Mobilität,

Flexibilität, Wertepluralismus etc. prägen das neue Umfeld, dem sich auch die Verwaltung

nicht verschließen kann. Eine auf konstanten Verhältnissen aufbauende bürokratische

Organisationskultur wirkt immer weniger angemessen.99 Binnenreformen mit den Zielen

einer stärkeren Managementorientierung und eines Effizienzgewinns setzten in den 90er-

Jahren zunächst auf kommunaler Ebene ein, ausgelöst von dem 1991 entwickelten Neuen

Steuerungsmodell (NSM) der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsverein-

fachung (KGSt). Dieses Steuerungsmodell sollte die Leistungsfähigkeit der öffentlichen

Verwaltung erhöhen, mehr Flexibilität, eine stärkere Kundenorientierung und eine

intensivierte Leistungs- und Kostenkontrolle bewirken. Als Maßnahmen zur Zielerrei-

chung sind vorgesehen:

• Delegation der Personal- und Finanzverantwortung an die dezentralen Ämter.

• Übertragbarkeit der Haushaltsmittel auf das Folgejahr zur Vermeidung des

„Dezemberfiebers“.

• Gegenseitige Deckungsfähigkeit der Haushaltsmittel zur Beseitigung der vorgeschrie-

benen Verwendung für eine genau bestimmte Ausgabenart.

• Einführung von Produktkatalogen als Basis für eine neue ziel- und outputorientierte

Steuerung durch Kontrakte, unterstützt durch ein umfassendes Controllingkonzept.

• Entflechtung der Verantwortungskompetenzen von Rat und Verwaltung: Der Rat

entscheidet über das „Was“, die Verwaltung über das „Wie“ der kommunalen Leis-

tungserstellung. Der Rat habe die Zielerreichung der Verwaltung zu überwachen.

Die Anwendung dieser NSM-fundierten Gestaltungsoptionen und weiterer Steuerungsme-

chanismen für das kommunale Theater wird von der KGSt in ihrem Gutachten „Führung

und Steuerung des Theaters“100 differenziert aufgezeigt und weist eine große inhaltliche

Nähe zum NPM auf. Einige Jahre später hat die KGSt einen Produktkatalog für den

97 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 560-566; Walkenhaus/Voigt (2006), S. XXVI. 98 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 560-566; Prätorius (2006), S. 59. 99 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 6 f. 100 KGSt (1989); vertiefend in Richter/Sievers et al. (1995).

Page 73: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 55

kommunalen Kultursektor101 entwickelt, welcher modellhaft als Steuerungsgrundlage für

das Kulturamt bzw. Kulturbüro konzipiert ist. Die Schnittmenge zwischen Verwaltungsre-

formen der 1990er-Jahre im Sinn des NSM und der seit Jahrzehnten diskutierten

Theaterreform liegen in der Forderung nach verstärkter betrieblicher Selbständigkeit der

Theater, Verbesserungen des Rechnungswesens und der Haushaltsführung (insbesondere

gegenseitige Deckungsfähigkeit, erweiterte Mittelübertragbarkeit, Auflösung von

Sammelnachweisen, mehrjährige Finanzplanung, Eigenverwendung von Mehreinnahmen),

Einführung von Steuerungsinstrumenten wie Controlling und Berichtswesen und

Steigerung der Wirtschaftlichkeit durch Marketing.102

Um die Jahrtausendwende hat nahezu jede Kommune in unterschiedlichem Maße

Elemente des NSM eingeführt.103 Die starke konzeptionelle Nähe von NSM zu New

Public Management (NPM) kann dadurch erklärt werden, dass NSM als Adaption von

NPM für die kommunale Ebene und damit erste deutsche Implementation des internationa-

len NPM-Reformprozesses interpretiert werden kann. Angeregt durch NSM haben auch

Bund und Länder in unterschiedlichem Umfang einzelne NPM-Reformansätze verfolgt.104

Die Ergebnisse sind jedoch nur unzureichend dokumentiert und ausgewertet, so dass ein

empirisch fundiertes, flächendeckendes Urteil über die Auswirkungen der Reformen in

Deutschland nicht möglich ist.105

Auf internationaler Ebene liegen Ursprung und Ausgangspunkt der NPM-Reformen

weiter zurück: In den 1970er-Jahren wurde in den angelsächsischen Länder eine weltweite

Public Management-„Bewegung“ ausgelöst. Zentralistisch durchorganisierte Fachver-

waltungen, ausgebaute Wohlfahrtssysteme und ein großer staatlicher Wirtschaftssektor

haben unter zunehmendem Finanzdruck der öffentlichen Haushalte dazu geführt, dass

ausgehend von Großbritannien als Ursprungsland, des weiteren Kanada, Australien,

Neuseeland und den USA, Reorganisationen gemäß Kriterien eines NPM gefordert

wurden.106 Maßgeblichen Einfluss auf diese Entwicklungen hatte die Kritik der Chicagoer

Schule und die Public-Choice-Theorie seit Mitte der 60er-Jahre107. Die Aufgaben und das

Selbstverständnis des Staates und der Regierung wurden neu definiert und dabei stärker

ausdifferenziert.108 Die wesentlichen Leitideen waren dabei eine strikte Trennung der

101 Vgl. KGSt (1997). 102 Vgl. Wagner (1995), S. 205-211. 103 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 436 f.; Buchholtz (2001), S. 90-93; Dose (2006), S. 339-343;

KGSt (1989), S. 49 f. 104 Vgl. Walkenhaus/Voigt (2006), S. XXV f. 105 Vgl. Reichard (2006), S. 284 f.; Walkenhaus/Voigt (2006), S. XII. 106 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 441 f.; Thom/Ritz (2006), S. 13. 107 Vgl. Lane (2000), S. 3. 108 Vgl. Lane (2000), S. 4 f.; Reichard (2006), S. 284.

Page 74: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

56 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

Handlungsträger von politischen Entscheidungen und deren Ausführung, Bürokratieabbau,

stärkeres unternehmerisches Handeln und Privatisierungen zur Steigerung der Effizien.109

Die USA bestritten in den 80er-Jahren einen Weg, der sich teilweise von den britischen

Ansätzen unterschied. Er zielte stärker auf eine Markt- und Wettbewerbsorientierung ab

und ist vor allem managerialistisch fundiert.110 Im Gegensatz zu Deutschland wurden die

Reformen in diesen Frühadapterländern zentralstaatlich auf Regierungsebene beschlossen

und dann in der Gliederung der Gebietskörperschaften abwärts implementiert, zuletzt in

den Kommunen.111

Die Reformwelle sprang in einem zweiten Entwicklungsabschnitt auf Skandinavien

und das europäische Festland über, insbesondere auf die Niederlande mit dem Tilburger

Modell. Die Reformen sind hier konsensorientiert und eher behutsam, aber stetig

verlaufen.112 Die Schweiz ist seit den 90er-Jahren ein Zentrum der Forschung, Weiterent-

wicklung und der praktischen Umsetzung von NPM.113 Deutschland gehört mit Österreich,

Frankreich, Italien und Japan zu den reformkonservativen Staaten, in denen Veränderun-

gen nur begrenzt eingetreten sind.114 Die Ursache kann in der historischen Prägung dieser

Länder gesehen werden: Sie sind von römisch-rechtlichen und/oder absolutistischen

Traditionen geprägt worden. Insbesondere in Deutschland herrschen eine Regelungskultur

und eine bürokratische Verwaltungspraxis, die Reformresistenzen mit sich bringt.115

3.2 Zum Begriff New Public Management

Der Begriff NPM wurde zu Beginn der 1990er-Jahre geprägt.116 Er beinhaltet keine

eindeutig abgegrenzte und in sich geschlossene Theorie. NPM tangiert durch seine

Eigenschaft als umfassendes Staatsreformkonzept originär die Disziplinen Volks- und

Betriebswirtschaftslehre, Politik- und Rechtswissenschaft.117 Die vielschichtige, teils auch

mehrdeutige Verwendung des Begriffs erschwert eine allgemein akzeptierte Definition.

Als Annäherung erfolgt zunächst eine Beschreibung des NPM-Verständnisses auf zwei

Ebenen, danach eine Abgrenzung zu verwandten Begriffen:118

109 Vgl. Barzelay (2003), S. 159; Blanke/Einemann et al. (2005), S. 442 f.; Kettl (2005), S. 8-18. 110 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 441 f.; Kettl (2005), S. 19-23; Pitschas (2004), S. 14. 111 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 14. 112 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 441 f.; Lane (2000), S. 3; Thom/Ritz (2006), S. 14. 113 Vgl. Schedler (2004), S. 121 f. 114 Vgl. Reichard (2006), S. 284; Thom/Ritz (2006), S. 14. 115 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 446 f.; Landesregierung Nordrhein-Westfalen (2003), S. 14;

Pitschas (2004), S. 16. 116 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 9. 117 Vgl. Lane (2000), S. 3; Walkenhaus/Voigt (2006), S. XIII. 118 Vgl. Pook/Tebbe (2002), S. 12 f.; Schedler/Proeller (2006), S. 287 ff.

Page 75: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 57

Auf übergeordneter Ebene wird unter NPM ein normatives Konzept einer umfassenden

Staats- und Verwaltungsreform sowie der dazugehörigen reformorientierten Steuerungs-

theorie und Führungslehre verstanden.119 NPM schlägt sich in einer weltweiten

Reformbewegung mit einer neuen post-bürokratischen Doktrin des öffentlichen Sektors

nieder, welche mit einem Paradigmenwechsel verbunden ist.120 NPM propagiert die

substantielle Überwindung des Weberschen Idealtypus einer rational-legalen Bürokratie in

Richtung einer stärkeren Orientierung an privatwirtschaftlichen Unternehmen und

Managementtechniken mit dem Ziel, das Staats- und Bürokratieversagen zu reduzieren.121

Insofern hat NPM eine präskriptive und handlungssteuernde Orientierung.122 Auf einer

tieferen Ebene, die als Konkretisierung des normativen Konzepts interpretiert werden

kann, wird NPM als Ober- und Sammelbegriff für einzelne konkrete Elemente der

Verwaltungsreform verwendet,123 wie sie auch im Kap. 3.4 aufgeführt werden. Die

hierunter fallenden Ansätze entspringen aus unterschiedlichen Perspektiven und

Disziplinen, so dass es in Abhängigkeit von dem jeweiligen Autor unterschiedliche

inhaltliche Schwerpunkte geben kann.124 Es werden sowohl die Beziehungen zwischen

Staat, Verwaltung und Bürgern (externe Strukturreform/außenorientierte Elemente)

betrachtet als auch die Verwaltung als Reformobjekt an sich (Binnenreform).125 Insofern

ist NPM ein Mosaik von Reformbausteinen, welche in unterschiedlichen Kombinationen

umgesetzt wurden und werden. Dies geschieht landesspezifisch und unter Berücksichti-

gung der jeweiligen Gegebenheiten, was zu Unterschieden und Gegensätzen bei der

Implementierung führt. Daraus wird ersichtlich, dass es nicht ein einziges und einheitliches

NPM geben kann, obschon die übergeordnete Zielsetzung in ihren Grundsätzen konstant

ist.126

Der Gegenstandsbereich von NPM ist der öffentliche Sektor. Dieser umfasst alle

Institutionen, welche Aufgaben von öffentlichem Interesse erfüllen. Reichard zählt im

Wesentlichen dazu: öffentliche Verwaltungen, öffentliche Unternehmungen, Non-Profit-

Organisationen und u. U. auch private Unternehmungen, sofern sie im öffentlichen Auftrag

produzieren.127 Nicht explizit erwähnt wird in dieser Aufzählung die Legislative, die

119 Vgl. Kettiger (2004), S. 213; Reichard (2006), S. 285; Thom/Ritz (2006), S. 9 f. 120 Vgl. OECD (1995), S. 8 f.; Prätorius (2006), S. 61; Reichard (2006), S. 283 ff.; Schedler/Proeller (2006),

S. 5. 121 Vgl. Barzelay (2003), S. 159; Budäus (1998), S. 1 ff.; Prätorius (2006), S. 59 ff.; Thom/Ritz (2006),

S. 10. 122 Vgl. Koch (2004), S. 3. 123 Vgl. Budäus (1998), S. 1-4. 124 Vgl. Lane (2000), S. 1; Reichard (2006), S. 283. 125 Vgl. Buchholtz (2001), S. 89 ; Budäus (1998), S. 6. 126 Vgl. Schedler (2004), S. 122 f.; Thom/Ritz (2006), S. 10-13. 127 Vgl. Reichard (2006), S. 282.

Page 76: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

58 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

ebenfalls Bestandteil des komplexen Beziehungsgefüges im öffentlichen Sektor und auch

Untersuchungsgegenstand von NPM ist. Damit wird außerdem deutlich, dass NPM einen

größeren Gegenstandsbereich und eine wesentlich breitere inhaltliche Dimension als der

Begriff der Verwaltungsreform ausfüllt, welcher vor allem eine Binnenreform meint, nicht

jedoch eine umfassende Staatsmodernisierung. NPM und Verwaltungsreform sind somit

begrifflich nicht gleichzusetzen, obwohl viele Elemente der Verwaltungsreform im NPM

enthalten sind, so dass eine Schnittmenge bei den konkreten Maßnahmen existiert.128

Mit dem nahezu wortgleichen Public Management bezeichnen viele Autoren vor

allem eine Wissenschaftsdisziplin, analog zu Öffentlicher Betriebswirtschaftslehre: Public

Management ist jene Managementlehre, welche die Besonderheiten des öffentlichen

Sektors (z. B. Demokratieprinzip, Legitimation, Legalität, politische Steuerung und

Kontrolle) berücksichtigt. Damit ist Public Management ebenso wie NPM interdisziplinär

und geht sowohl in seinem Gegenstandsbereich als auch in der Methodik weiter als die

Öffentliche Betriebswirtschaftslehre. NPM ist hingegen ein spezifisches Konzept, das sich

vom Public Management durch eine institutionelle Sichtweise aller Kontraktpartner (vgl.

Kontextmodell im Kap. 1.4) abhebt und darüber hinaus die sich aus dieser Sicht

ableitenden normativen Kriterien für Steuerungsmechanismen des Gesamtsystems

beinhaltet. Zu Letzteren gehören z. B. die für NPM charakteristische Output- und

Wirkungsorientierung.129 Da die Trennlinie nicht immer scharf gezogen wird, gibt es

erhebliche inhaltliche Schnittmengen zwischen der Literatur und der Begriffsverwendung

des Public Managements und des NPMs.130

128 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 438 u. 447. 129 Vgl. Reichard (2006), S. 282-285; Schedler/Proeller (2006), S. 5 f. 130 Vgl. Budäus (1998), S. 46 ff.

Page 77: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 59

Die Zusammenhänge der Begriffe und Konzepte könnte stark vereinfacht wie folgt (Abb.

12) strukturiert werden:

Abb. 12: Begriffskategorisierung zu NPM und Mehrfachbedeutung von Public Management

Quelle: Eigene Darstellung.

3.3 Literaturüberblick zum NPM

Die Referenz-Publikation für NPM stammt von Schedler/Proeller (2006). Die Autoren

behandeln den NPM-Ansatz in Gänze von der theoretischen Konzeption bis zur

praktischen Umsetzung. Diese Monographie liegt den nachfolgenden detaillierten

Ausführungen zu NPM zu Grunde und wird daher an dieser Stelle nicht weiter erläutert.

Weitere Monographien liegen von Lane und Barzelay vor. Das NPM-Konzept von

Lane (2000) stimmt weitgehend mit Schedler/Proeller überein. Im weiteren Verlauf

werden im Gegensatz zu erstgenannten Autoren mikroökonomische Analysen öffentlicher

Betriebe und internationale makroökonomische Vergleiche des öffentlichen Sektors unter

Gesichtspunkten der Effizienz, der Informationsasymmetrie und der Allokation

angestellt.131 Diese münden in Überlegungen zum Kontraktmanagement und zur

Gesetzgebung aus regulatorischer Sicht. Barzelay (2001) gibt einen internationalen

Überblick zum Stand des NPMs in Forschung, Lehre, Umsetzung und kritischer

Diskussion ohne spezifische Vertiefungen. In einer Herausgeberschrift zum NPM befassen

sich Budäus/Conrad et al. (1998) nach einer Einführung in das NPM vorwiegend mit dem

Management, Steuerungsfragen und der Modernisierung der öffentlichen Verwaltung.

Pitschas (2004) setzt sich mit der Umsetzung von NPM in Deutschland auseinan-

der. Als wichtigste Reforminhalte stellt er eine Leistungssteigerung und Strukturreform der

Verwaltung, das Spannungsfeld zwischen Qualitäts- und Kundenorientierung, sowie die

131 Zahlreiche internationale Analysen auch in OECD (1995); Politt/Bouckaert (2004).

Theoretische / Normative Basis Funktionale Basis

(New) Public Management

Neues Steuerungsmodell

(NSM)

Verwaltungsreformen

Anwendungsinstrumente aus:

Public Management

(Öffentliche) BWL

Page 78: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

60 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen stärkerer marktwirtschaftlichen Mechanismen

im öffentlichen Sektor heraus. Als unerlässlichen bzw. wichtigsten Schritt zur

Implementation sieht er den Personalbereich an. Den künftigen Beschäftigten des

öffentlichen Dienstes solle ein neues ethisches Bild vermittelt werden, gepaart mit einer

fachlichen Professionalisierung und stärkeren persönlichen Verantwortungsübernahme.

Somit sei die Stärkung des Personalmanagements und der Mitarbeiterorientierung der

effektivste Weg, um die NPM-Ziele zu erreichen.132

Diese Schwerpunktsetzung findet sich auch bei Thom/Ritz (2006), die NPM nur als

eine temporäre Reformphase ansehen. Sie stellen ein mit den Grundzügen von NPM zu

vereinbarendes, übergreifend gültiges Konzept namens IOP (Innovations- und

Informationsmanagement, Organisatorische Gestaltung und Personalmanagement) auf.

In ähnlicher Weise betont auch Koch (1996, 2003, 2004)133 die Wichtigkeit des

Human Resource Managements, indem er NPM als Bezugsrahmen verwendet und

insbesondere auf dem Kontraktmanagement und der Wettbewerbsintensivierung aufbauend

die Gestaltung der Modernisierung öffentlicher Dienste (New Public Services) entwickelt.

Der Staat müsse zur Enabling Authority werden und die interne Managementumwelt

funktionalere Strukturen annehmen.134

Eine Reihe von Autoren vertieft die juristischen Implikationen des NPM. So be-

leuchten Kettiger (2000), Mastronardi (2004) und Schedler (2004a) die gesetzgeberischen

und verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für NPM. Sie lauten im Wesentlichen Abkehr

von der konditionalen Programmierung mit Anspruchsvoraussetzungen hin zu einer finalen

Ausrichtung durch Zielvorgaben, Verzicht auf Detailregelungen, Deregulierung, stärkere

Gesetzesevaluation, Koppelung von Aufgaben (Gesetz) und Ressourcen (Finanzplan),

Befristungen von Vorschriften, Verbreitung von Experimentierklauseln und Straffung des

Rechtsetzungsverfahrens.135 Brühlmeier/Haldemann et al. (2001) betrachten differenziert

das Zusammenspiel der Staatsgewalten im Rahmen der wirkungsorientierten Verwaltungs-

führung als ein Kernelement von NPM und entwickeln dabei ein NPM-konformes

Planungskonzept für den öffentlichen Sektor.

Evaluationen von NPM-Implementierungen liegen mit den Veröffentlichungen von

Lienhard/Ritz et al. (2005) sowie Ritz (2002)136 für die Schweiz und mit Dent/Chandler et

132 Vgl. Pitschas (2004), S. 2 3 f., 37-42; ähnlich auch bei Oechsler/Vaanholt (1998a). 133 Vgl. auch Koch/Peter (2003). 134 Vgl. Koch (2004), S. 15 f. 135 Vgl. Kettiger (2000), S. 15-23; Mastronardi (2004), S. 67-117; Schedler (2004a), S. 17-46. 136 Vgl. Ritz (2002), S. 26-38.

Page 79: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 61

al. (2004)137 für Großbritannien und weitere Länder vor. Ritz (2002) entwickelt eine

Evaluationsmethodik für NPM-Reformen, welche die spezifischen Ziele und Begriffe

berücksichtigt.138 Für Deutschland sei die Bestandsaufnahme der Verwaltungsreformen

durch das Deutsche Institut für Urbanistik (2005) genannt. Diese bezieht sich nicht

dezidiert auf NPM, sondern auf das NSM und einzelne Verwaltungsreformelemente. In

einer repräsentativen explorativen Erhebung in 2004 wurde der Reformstand in den

deutschen Kommunalverwaltungen ermittelt, welcher den Inhalten des empirischen Teils

dieser Arbeit nahe kommt: Es dominieren in Deutschland Einzelreformen auf den Gebieten

des Haushalts- und Rechnungswesens und der Prozessoptimierung mit den Zielen der

Effizienzsteigerung und Bürgerorientierung gegenüber den ganzheitlicheren Steuerungs-

konzepten in der Schweiz.139 Generell wird bemängelt, dass sowohl evaluatorische

(Performanz-)Studien von erfolgten NPM-Reformen als auch die Wirkungsevaluation von

politischen Maßnahmen bei erfolgter NPM-Umsetzung nur gering verbreitet sind, zumal

NPM die kritische Hinterfragung politischen Handelns als zentralen Reformbestandteil

fordert.140 Seit einigen Jahren gewinnt jedoch die evaluatorische Forschung im öffentlichen

Sektor zunehmend an Bedeutung.141

Die aufgeführte Literatur bezieht sich ausdrücklich auf das New Public Manage-

ment. Daneben existiert eine große Bandbreite an Veröffentlichungen zum Public

Management, zum NSM und zur Öffentlichen Betriebswirtschaftslehre, welche eine

erhebliche Schnittmenge in der theoretischen Konzeption des öffentlichen Sektors und in

der konkretisierten Ausgestaltung zum NPM aufweisen.142

137 Mit eingeschränktem NPM-Bezug, jedoch internationaler Perspektive vgl. Wollmann (2003). 138 Vgl. Ritz (2002), S. 18-25. Diese Methodik kam hier u. a. nicht zur Anwendung, da die vertiefte Analyse

der Mikro-Ebene im Vordergrund stand. 139 Vgl. Deutsches Institut für Urbanistik (2005), S. 12 f., 17 f.; vgl. auch eine Studie der Hans-Böckler-

Stiftung zur NSM-Wirkung mit positiven Ergebnissen bezüglich realisierter Einsparungen, die jedoch von den Autoren kritisch beurteilt werden: Bogumil/Kuhlmann (2006a), S. 357-367.

140 Vgl. Bogumil/Kuhlmann (2006a), S. 349 f.; Ritz (2002), S. 1. 141 Vgl. z. B. Kuhlmann/Bogumil et al. (2004) bzw. speziell Speier (2002) und Hunold (2003) zur

Einführung der KLR in Kommunalverwaltungen; vgl. Bogumil/Grohs et al. (2007) zur NSM-Einführung in deutschen Kommunen; vgl. Killian/Richter et al. (2006) zur Ausgliederung und Privatisierung in Kommunen; vgl. Bogumil/Holtkamp et al. (2007) mit einer kritischen Evaluation der NSM-Einführung, insbesondere hinsichtlich verfehlter finanzieller Konsolidierungsziele, vgl. ebenda, S. 45-50.

142 Vgl. Bals (2008); Blanke/Einemann et al. (2005); Bouckaert/Halligan (2008); Bovaird/Löffler (2003); Budäus (1998); Buschor/Schedler (1994); Grimberg (2004); Hieber (2005); Jann/Röber (2006b); Kettl (2005); Kiesel (2005); Kissler/Bogumil et al. (1997); OECD (1995); Politt/Bouckaert (2004); Pricewa-terhouseCoopers (2009); Schmidt (2004); Winter (2005).

Page 80: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

62 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

3.4 Zur theoretischen Fundierung von NPM

Es gibt bislang keine eigenständige, in sich geschlossene Verwaltungsreformtheorie.143

Ausgehend von Erkenntnissen der Theorien des Staats- und Marktversagens bedient sich

NPM bei seinem theoretischen Fundament – nicht immer widerspruchsfrei – bereits

existenter ökonomischer Ansätze,144 die sich mehrheitlich unter dem Begriff Moderne

Institutionenökonomik subsumieren lassen:

Public Choice (Neue Politische Ökonomie) untersucht Situationen des Staats-

versagens, indem es ökonomische Theorien, insbesondere die neoklassische Wirtschafts-

theorie und Mikroökonomik, auf politikwissenschaftliche Ansätze überträgt. Menschliches

Verhalten – und damit das Handeln von Politikern, Parteien, Wählern, Verwaltungen und

Interessenverbänden – wird als rational angesehen, Nutzenmaximierung wird unterstellt.

Die Anwendung des methodologischen Individualismus impliziert, dass politische

Prozesse aus der Aggregation der Handlungen von eigennutzmaximierenden Individuen

mit jeweils eigener Präferenzstruktur erklärt werden können.145 Die Bürokratietheorien

Niskanens und Downs finden im Kontext von Public Choice ebenfalls Niederschlag im

NPM.146 Das Bild des Bürokraten ist demnach ein gänzlich anderes als das des stetig

loyalen und selbstlosen bei Weber. NPM kann als der Versuch gesehen werden, durch

Gestaltungsempfehlungen den Eigennutz der Akteure im öffentlichen Sektor in eine

Gemeinwohlmaximierung zu lenken.147

Die zweite Theorie, auf die NPM Bezug nimmt, ist die im Wesentlichen auf Ronald

Coase zurückgehende Neue Institutionenökonomik (NIÖ)148. Als Institutionen werden

u. a. Unternehmen, Märkte, Verträge, Demokratie, Staat, Verfassung verstanden. Der

ökonomische Austausch zwischen diesen Institutionen wird mit dem Ziel analysiert, die

Struktur, Verhaltenswirkungen, Effizienz und den Wandel der Institutionen zu erklären.149

Drei zentrale Ansätze gehören zur NIÖ und spielen für NPM eine bedeutende Rolle:

Die Property-Rights-Theorie unterscheidet vier Typen von Verfügungsrechten:

die Güternutzung, Güterveränderung, Güterveräußerung und die Gewinnaneignung.

Inhaber von Verfügungsrechten sind Nettonutzenmaximierer, was den Anreiz mit sich

bringt, Erträge zu behalten und Kosten auf andere Institutionen abzuwälzen. Daraus lässt

143 Vgl. Walkenhaus/Voigt (2006), S. XIII. 144 Vgl. Reinermann (2000), S. 38, 130-134; Thom/Ritz (2006), S. 15. 145 Vgl. Budäus (1998), S. 4; Reichard (2006), S. 285; Thom/Ritz (2006), S. 15 f. 146 Vgl. Reinermann (2000), S. 64-71. 147 Ebenda, S. 40. 148 Vgl. Coase (1984), S. 229 ff.; Reinermann (2000), S. 77-94. 149 Vgl. Lane (2000), S. 9; Reichard (2006), S. 285; Thom/Ritz (2006), S. 18 f.

Page 81: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 63

sich folgern, dass die Verfügungsrechte möglichst vollständig bei einer Institution liegen

sollen, damit keine externen Effekte produziert werden. Dies ist der theoretische Ursprung

für die NPM-Forderungen nach Zusammenführung von Fach- und Ressourcen-

verantwortung an eine einzige Stelle und eigenverantwortlichem Verwaltungshandeln in zu

schaffenden Freiräumen.150

Die Principal-Agent-Theorie untersucht das Verhältnis und die Anreizwirkungen

zwischen dem Auftrag erteilenden Prinzipal und dem ausführenden Agenten. Durch die

bestehende Informationsasymmetrie (hidden information) kann es zu hidden action,

adverse selection und moral hazard kommen, die sich ggf. zu Ungunsten des Prinzipals

auswirken. Bei unterstellter Eigennutzmaximierung bestehen Zielkonflikte zwischen

Prinzipal und Agenten, die es zu harmonisieren gilt, z. B. durch Anreiz-, Kontroll- und

Informationsmechanismen. Dies schlägt sich in den NPM-Ansätzen zum Personalwesen,

Kontraktmanagement und Berichtswesen/Controlling nieder.151

Der dritte und letzte Ansatz innerhalb der NIÖ ist die auf Ronald Coase und Oliver

Williamson zurückgehende Transaktionskostentheorie. Als Transaktionskosten werden

die Verhandlungs-, Informations-, Vertrags-, Kontroll-, Durchsetzungs- und Anpassungs-

kosten definiert. Ihre Höhe wird durch begrenzte Rationalität, opportunistisches Verhalten

bei unvollständiger Information und die Häufigkeit von Transaktionen beeinflusst.

Unterschiedliche institutionelle Arrangements werden daraufhin analysiert, in welcher

Konstellation die Summe aller Produktions- und Transaktionskosten die niedrigste ist.

Dabei gilt es, eine Kongruenz zwischen den Charakteristika der Institution (z. B. Markt,

Hierarchie, Netzwerk) und den Charakteristika der Transaktionsabwicklung herzustellen.

Dies ist die richtungsweisende Basis bei Überlegungen innerhalb des NPM zur staatlichen

Leistungstiefe, Privatisierungen und Outsourcing/make-or-buy-Entscheidungen und

Bürgerämtern.152

Starken Einfluss hat auch der Managerialismus auf NPM ausgeübt. Der bis heute

mit Abwandlungen gültige und praktizierte Managementzyklus mit den Stationen

Vorschau und Planung, Organisation, Leitung, Koordination und Kontrolle geht auf Henri

Fayol zurück, der seine Erkenntnisse bereits 1916 wenige Jahre nach dem Taylorschen

Scientific Management veröffentlichte. Eine Voraussetzung zur Entfaltung der Produktivi-

tätssteigerung durch Management sind ausreichend große Handlungsspielräume. Daraus

erklären sich u. a. die NPM-Forderungen nach dezentraler Ressourcenverantwortung,

150 Vgl. Fritsch/Wein et al. (2007), S. 8 ff.; Thom/Ritz (2006), S. 19. 151 Vgl. Fritsch/Wein et al. (2007), S. 282-299; Thom/Ritz (2006), S. 20. 152 Vgl. Fritsch/Wein et al. (2007), S. 10-14; Lane (2000), S. 9; Thom/Ritz (2006), S. 20f.

Page 82: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

64 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

Deregulierung, ferner auch die Weiterentwicklung des Rechnungswesens, Zielverein-

barungen, leistungsorientierte Entlohnungssysteme und veränderte Führungsstile.153

Weitere Anleihen von NPM sieht Reinermann bei der Systemtheorie, der Chaosfor-

schung und der Informatik.154

3.5 Wesentliche Instrumente und Konzeptionen von NPM

Vergleichbar dem theoretischen Bezugnahmen bedient sich NPM auch in seinen

Gestaltungsempfehlungen teilweise bereits existenter Instrumente. Bei den nachfolgend

dargestellten Konzepten, insbesondere im Rechnungs- und Personalwesen, resultiert daher

eine große Schnittmenge zu Inhalten betriebswirtschaftlicher Disziplinen. Auf dieser

funktionalen Ebene gibt es ebenso Überschneidungen mit dem NSM und zu Verwaltungs-

reformen.

3.5.1 Gewährleistungsstaat, Wirkungsorientierung und Kontraktmanagement

NPM fordert den Wandel vom produzierenden Staat zum Gewährleistungsstaat155: Die

Aufgabenbreite des Staates wird nach wie vor von den demokratischen Instanzen

bestimmt. Die Leistungstiefe wird jedoch gegenüber dem Wohlfahrtsstaat differenziert

gestuft und beschränkt, vgl. Tab. 12; der Staat führt nur noch den Kernbereich (Stufe 1)

persönlich aus:

Stufe Beschreibung Verantwortung /Ausführung Beispiele

1 Kernaufgaben staatlichen Handelns

Vollzugsverantwortung und Ausführung ausschließlich und

zwingend beim Staat

Bundeswehr, Polizei, Rechtsschutz, Finanzverwaltung

2 Periphärbereich staatlichen Handelns

Staat hat nur Gewährleistungs-verantwortung, Ausführung nicht

zwingend durch Staat

Daseinsvorsorge und Intendanturdienste (Altenpflege, Schwimmbäder, Jugendhilfe,

Kindergärten), Planungsleistungen

3 Privatisiertes Handeln

Ausführung durch Private Staat überwacht und reguliert

Wohnungsbaugesellschaften, Banken, Versicherungen, Versorger, sonstige

Unternehmensbeteiligungen

Tab. 12: Drei Ebenen der staatlichen Leistungstiefe

Quelle: In Anlehnung an Blanke/Einemann et al. (2005), S. 456; Walkenhaus (2006), S. 323.

153 Vgl. Buchholtz (2001), S. 88; Landesregierung Nordrhein-Westfalen (2003), S. 18; Thom/Ritz (2006),

S. 21 ff. 154 Vgl. Reinermann (2000), S. 51-63, 95-124. 155 Vgl. Budäus (1998), S. 3; Kettiger (2004), S. 211 f.

Page 83: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 65

Auch wenn der Staat die Produktion nicht zwingend vollziehen muss (zu den Formen der

Privatisierung vgl. Kap. 3.5.4), trifft ihn dennoch die Gewährleistungsverantwortung für

die Erfüllung. Die ermöglichende Funktion des Gewährleistungsstaats bezieht auch private

Akteure mit ein, ohne ihnen detaillierte Umsetzungswege vorzuschreiben. Privatisierung

geht mit Regulierung einher, wobei Letzteres zu einer wesentlichen Aufgabe des

Gewährleistungsstaats wird. Daher ist weniger von Bedeutung, wie die Eigentumsver-

hältnisse sind, sondern eher wie die Steuerungsmechanismen, Verfügungsbefugnisse und

Einflussmöglichkeiten gestaltet werden. Der ideologische Antagonismus zwischen Neo-

Liberalismus mit dessen Gefahr des Marktversagens und dem Sozialstaat mit dessen

Gefahr des Politik- und Staatsversagens wird aufgehoben, weil sich der Gewährleistungs-

staat zwischen beiden Polen bewegen kann.

NPM postuliert (vgl. Abb. 13), die utilitaristische Nutzenorientierung mit der deon-

tologischen Pflichtenethik zu vereinen, indem Letztere zur Zielfindung im demokratischen

System angewendet wird, und Erstere bei der Realisierung der Ziele:156

Instrumente Zielfindungsverfahren des NPM des NPM

Abb. 13: Legitimationsquellen des NPM

Quelle: Schedler/Proeller (2006), S. 33.

Daraus folgt teilweise eine Entpolitisierung der Leistungserstellung im öffentlichen Sektor.

Das gegenwärtig dominante Legalitätsprinzip, demzufolge jedes staatliche Handeln und

jeder Verwaltungsakt auf Gesetzen, Verordnungen etc. beruhen muss (vgl. Art. 20 Abs. 3

GG), wird im NPM zu Gunsten des dazu im Spannungsverhältnis stehenden Leistungs-

156 Vgl. Kettiger (2004), S. 212 ff.; Schedler/Proeller (2006), S. 31-36; Schuppert (2006), S. 150 ff.

Utilitarismus Pflichtenethik

Primat des Nutzens Primat der Politik

Output-Optik: „nützlich“

Input-Optik: „demokratisch“

Marktgesetze Politische Gesetze

New Public Management

Page 84: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

66 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

prinzips geschwächt. Dies soll mehr Einzelfallgerechtigkeit, mehr Wirtschaftlichkeit, eine

Beschleunigung von Entscheidungsprozessen und damit eine stärkere Flexibilität und

Agilität auf den Märkten bewirken, ferner auch eine Befreiung von diversen rechtlichen

Zwängen des öffentlichen (Dienst-)Rechts, besonders wenn die Entpolitisierung mit einer

Privatisierung einhergeht.157

Problematisch ist dennoch die noch nicht hinreichend entwickelte, dem Gewährleis-

tungsstaat entsprechende Konzeption des Gewährleistungsverwaltungsrechts. Dieses

müsste vor allem eine Regulierungskonzeption enthalten, welche die notwendigen

Steuerungstechniken festlegt.158 Der Legitimationszwang des Verwaltungshandelns wurde

noch nicht mit ausreichenden Spielräumen ausgestattet, um die nutzenorientierte Seite des

NPM voll zur Entfaltung zu bringen. Dies ist auch mit Schwierigkeiten behaftet, weil z. B.

die Unparteilichkeit und weitere Werte des Verwaltungshandelns in Widerspruch zu den

utilitaristischen Werten stehen.

Das Erreichen der intendierten Wirkungen tritt im NPM als drittes Legitimations-

erfordernis staatlichen Handelns zu den beiden herkömmlichen hinzu (Demokratieprinzip:

Legitimation staatlichen Handelns durch Basierung auf demokratischen Willens- und

Entscheidungsprozessen bzw. Staatskonstitution als Rechtsstaat: Legalitätserfordernis für

staatliches Handeln und daher Garantie des Schutzes des Individuums vor dem Staat durch

gesicherte Grundrechte). Dies wird die Wirkungsorientierung des Verwaltungshandelns

genannt.159 Aus einem Mitteleinsatz (Input) entstehen in einem Produktionsprozess

Leistungen (Output). Diese lösen bei den direkt Betroffenen unmittelbare Wirkungen

(Impact) aus, die wiederum mittelbare gesamtgesellschaftliche Wirkungen bzw. Nutzen

(Outcome) generieren (vgl. Kap. 1.8). 160

Die Anwendung dieses Zyklus als Steuerungsinstrument setzt klare und differen-

zierte Zielvorstellungen in den einzelnen Politikfeldern und das Wissen über dazugehörige

Wirkungsketten samt Kausalitäten von Einzelmaßnahmen voraus.161 Im Bereich des

Kulturbetriebs könnte der beschriebene Zyklus beispielhaft wie folgt aussehen (Abb. 14):

157 Vgl. Arndt/Rudolf (2000), S. 34 f.; Haiber (1997), S. 2; Thom/Ritz (2006), S. 26 ff. 158 Vgl. Schuppert (2006), S. 151 f. 159 Vgl. Kettiger (2004), S. 215 , Schedler (2004), S. 144; Schedler/Proeller (2006), S. 8 f. 160 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 219 f.; ähnlich auch bei Bouckaert (2006), S. 120 f. 161 Vgl. Schedler (2004), S. 125

Page 85: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 67

Abb. 14: Zwei für den Kulturbetrieb konkretisierte und interdependente Wirkungsketten gemäß NPM

Quelle: Eigene Konkretisierung, Systematik in Anlehnung an Buchholtz (2001), S. 44f.; Schedler/Proeller (2006), S. 72-75; Schmidt (2006), S. 50; Thom/Ritz (2006), S. 219f., 253.

NPM fordert die Outputorientierung anstelle der in der Kameralistik und parlamentari-

schen Haushaltsbeschlüssen üblichen Inputorientierung,162 die den Mitteleinsatz und damit

die Gesamttätigkeit der Verwaltung und der öffentlichen Betriebe in fein untergliederten

Titeln festlegt. Zur Wahrung demokratischer Prinzipien bleibt es dem Parlament

unbenommen, im Einzelfall operative Fragen oder den konkreten Input zu regeln.163

Im Rahmen des Kontraktmanagements werden Leistungs- bzw. Zielvereinbarun-

gen als Steuerungsinstrument getroffen, in denen klar ausformulierte und operationalisierte

Ziele festgelegt werden. Sie konkretisieren, auf welchem Weg die übergeordnete politische

Zielsetzung realisiert werden soll, und greifen damit auf die Wirkungskette zurück.

Dadurch sind sie ein Mittel, um die Effektivität staatlichen Handelns zu erhöhen.

Kontrakte werden sowohl zwischen Regierung und Verwaltung (Managementvereinba-

rung) als auch verwaltungsintern (Quasi-Marktkontrakt) und zwischen Verwaltung und

externen, privaten Leistungsanbietern (Marktkontrakt) geschlossen.

162 Vgl. Schedler/Proeller (2006), S. 5; Wagner (1995), S. 208 f. In der Literatur wird zumeist lediglich die

Outputorientierung genannt, konsequenterweise müsste darüber hinausgehend regelmäßig die Outcome-Orientierung gefordert werden. Auch die Effizienzkriterien müssten diesbezüglich angepasst werden, etwa die Relation von Outcome zu Input als zentraler Effizienzmaßstab.

Politische Zielsetzung

Input

Produktions-/Vollzugsprozess

Output

Outcome

Impact

Standortattraktivität für Bürger, Unternehmen und Touristen

Jährliche Zuwendungen an Kulturbetrieb durch Globalbudget

In Kontrakten definiertes Angebot von Konzerten, Opern etc.

Aufführungen durch Kulturbetrieb

Steigerung Nutzenniveau u. Nach-fragebefriedigung bei Besuchern

Umwegrentabilitäten, Spill-Over Effekte, Imagegewinn

Steigerung der kulturellen Bildung

Sonderzuwendungen für musikpädagogisches Angebot

Kontrakt über zielgruppen-spezifisches Kulturangebot

Musikvermittlung durch Kooperationsprojekte mit

Schulen

Annäherung an neues Publikum, Interesse/Inspiration

wird geweckt

Persönlichkeitsentwicklung, Er-schließung neuer Besuchergruppen

Wirkungsreihenfolge gemäß NPM

Konkretisierung 1 Konkretisierung 2

Page 86: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

68 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

Entscheidungen über die operative Ausführung verbleiben beim Leistungserbringer; der

Kontrakt fungiert lediglich als Richtschnur. Die Konditionen werden nicht mehr per

obrigkeitliche Anweisung, sondern eher in partnerschaftlicher Willensbildung bestimmt.

Zu den Inhalten eines Kontrakts gehören Qualität und Quantität von Produkten oder

sonstigen Leistungen, zeitliche Verfügbarkeit, Preise und die Geltungsdauer.164 Zur

Umsetzung müssen Kontrollmechanismen etabliert und ggf. Sanktionen bei Verstößen

vereinbart werden.165

Bei Anwendung eines Wirkungsmodells als Basis eines Kontrakts bedarf es einer

durch Indikatoren und Kennzahlen operationalisierten Kausalkette, die Leistungen und

Wirkungen in gegenseitige Beziehung setzt. Hierin liegt angesichts von Interdependenzen,

time lags, Forschungslücken, Nebenwirkungen, Definitionsschwierigkeiten etc. ein

erhebliches Umsetzungshindernis166. Die gegenseitige Einigung auf Kennzahlen und Mess-

bzw. Hilfsgrößen setzt u. U. einen Diskussionsprozess auf hohem fachlichen Niveau und

Wissensstand voraus. Letztlich sollen Kontrakte direktes staatliches Handeln und Steuern

reduzieren und so zu mehr Effizienz führen. Kritisch ist anzumerken, dass schlecht

verhandelte oder unvollständige Verträge sowie asymmetrische Informationsverteilung

und mögliche Korruption die Effizienz beeinträchtigen können.167

Die Umsetzung dieser Konzepte erfordert eine Staatsreform, die auf der hohen

Ebene der Staatsleitung angesetzt werden muss. Hierbei wird erneut ersichtlich, dass NPM

zwar auch eine Verwaltungsreform bedeutet, aber deutlich darüber hinausgeht. Für das

Zusammenspiel von Parlament, Regierung und Verwaltung sind neue, rechtlich definierte

Steuerungsinstrumente erforderlich, die seitens NPM (noch) nicht allgemeingültig definiert

wurden,168 was angesichts der internationalen Systempluralität und individuellen

Anpassungsbedürftigkeit von NPM-Implementationen auch nicht verwundert. Die

folgenden Beispiele solcher Steuerungsinstrumente beruhen auf einem verbreiteten

Konzept von Mastronardi169: Mit dem Leistungsauftrag kann das Parlament direkt

gegenüber der Verwaltung mehr oder weniger detailliert bestimmten, welche Ziele durch

welche Verwaltungsprodukte zu erreichen sind, inklusive der zugehörigen Messindikato-

ren. Alternativ dazu kann das Parlament in Ausübung seiner Funktion des generellen

Richtliniengebers per Beschluss der Regierung einen entsprechenden Auftrag erteilen, die

163 Vgl. Mastronardi (2004), S. 90 f. 164 Vgl. Lane (2000), S. 10 ff.; Schedler/Proeller (2006), S. 56, 155 ff.; Thom/Ritz (2006), S. 248 f. 165 Vgl. Schedler/Proeller (2006), S. 161 f. 166 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 251-256. 167 Vgl. Lane (2000), S. 152-157. 168 Vgl. Schedler (2004), S. 128 f. 169 Vgl. Mastronardi (2004), S. 88 f.; Schedler/Proeller (2006), S. 155-163; andere Implementationswege z.

Page 87: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 69

ausführende Verwaltung mit Leistungsvereinbarungen zu steuern und zu kontrollieren.

Gemäß diesen Steuerungsinstrumenten wird die Gewaltenteilung stärker durch

Kooperation, Zielorientierung und -vorgabe sowie Freiräumen bei den ausführenden

Organen vollzogen. Schedler fordert für den effizienten Einsatz dieser Steuerungsinstru-

mente ein politisches Controlling, welches aber noch detailliert entwickelt werden

muss.170

Ein in ähnliche Richtung gehender Ansatz dürften Evaluationen von einzelnen

staatlichen Gesetzen, Programmen, Institutionen, Reformen, Produkten etc. sein, wie sie

verstärkt in der Schweiz praktiziert werden. Sie untersuchen u. a. intendierte und nicht

intendierte Wirkungen staatlichen Handelns und den daraus entspringenden Nutzen, also

das komplizierte kausale Geflecht zwischen Output, Impact und Outcome. Aus den

Ergebnissen dürfen wesentliche Erkenntnisse zur Steigerung der Effektivität erhofft

werden.171

3.5.2 Produktkataloge, Globalbudgets und dezentrale Ressourcenkompetenz

Produktkataloge sind eine künstlich geschaffene Basis für die betriebliche Leistungs- und

Wirkungssteuerung auf der Output-Ebene, Politikformulierung und Evaluierung, so dass

Entscheidungen treffsicher abgeleitet werden können. Als Produkte kommen die im

Außenverhältnis zu erbringenden Dienstleistungen und Aufgaben in Betracht, für die es

eine nachfragende Kundschaft gibt. Sie müssen differenzierbar, hinreichend bestimmt, in

Qualität und Quantität messbar, steuerungsrelevant sein und das Zielsystem der Institution

berücksichtigen. Ihrer Definition kommt eine große Bedeutung zu, denn sie sind die

Grundlage für Verwaltungsleistungen hinsichtlich der Vorgabe, Messung, Kalkulation,

Qualitätsverbesserung, Aufgaben- und Finanzplan, KLR, Budgetierungen und Kontrolle.

Ferner sollen sie Kosten bzw. Deckungsbeiträge transparent machen. Daher bietet es sich

an, die Produkte als Kostenträger in der KLR zu verwenden. Mehrere verwandte

Einzelprodukte können zu Produktgruppen zusammengefasst werden; deren Gesamtheit ist

der Produktkatalog. Höhere staatliche Instanzen befassen sich eher mit Produktgruppen,

niedrigere Instanzen mit einzelnen Produkten. Bislang sind Produktdefinitionen

weitgehend ein verwaltungsinterner Prozess. Weil die Definition von Produkten und

Messindikatoren jedoch auch von politischem Interesse ist, sollten die Politik und

demokratische Instanzen mittelfristig miteinbezogen werden. Als Gestaltungsempfehlung

B. bei Thom/Ritz (2006), S. 32.

170 Vgl. Schedler (2004), S. 128 f. 171 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 197-206.

Page 88: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

70 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

für Definitionen gilt, dass Produkte aus Sicht des Leistungsabnehmers formuliert werden

sollten. Die Gesamtzahl der definierten Produkte muss zwar ein Mindestmaß erfüllen,

sollte aber nicht zu hoch sein, um eine Steuerbarkeit mit möglichst wenig Aufwand zu

ermöglichen. Problematisch wird die Produktdefinition bei verwaltungsinternen Produkten

oder öffentlichen Gütern, z. B. Umweltschutz, welche nicht abgesetzt werden und daher

keine originären Geldwerte besitzen.172

Im Rahmen von Kontrakten wird auch über das Mittelvolumen für die Herstellung

von Produkten oder Produktgruppen entschieden. Organisationseinheiten können dabei

Steuergelder als Globalbudget (auch Globalhaushalt genannt) gekoppelt mit Leistungs-

bzw. Wirkungsvereinbarungen als „globale“ Netto-Gesamtsumme zugewiesen werden, die

entweder für bestimmte Produkte/Produktgruppen oder bestimmte Ämter/Dienststellen

gebunden ist. Finanz- und Leistungsseite werden somit verknüpft. Die Finanzseite wird

nicht mehr im Haushaltsplan der Gebietskörperschaft mit separaten Einnahmen und

Ausgaben geführt, sondern es wird saldiert. Der Grad der Outputorientierung kann in

Abhängigkeit von der Wahl der Bemessungsgröße für die Höhe des Budgets variieren. So

stellen beispielsweise Produktpreise multipliziert mit der Abnahmemenge eine hohe

Outputorientierung dar bzw. der pauschale Betriebskostenzuschuss den gegenteiligen Fall

einer Inputorientierung. Auch eine Mischform mit fixem Anteil und variabler Mengen-

komponente ist denkbar. Nicht nur die Bemessung, sondern auch die Handhabung und

damit die traditionellen Budgetprinzipien erfahren mit dem Globalbudget eine

Liberalisierung und Outputorientierung: So ist etwa die sachliche Mittelbindung für

einzelne Aufwandsarten nicht mehr zwingend vorgegeben (d. h. Abkehr von dem

Grundsatz der Spezifikation hin zur gegenseitigen Deckungsfähigkeit der Haushaltsmittel),

was den ausführenden Betrieben und Verwaltungen mehr Handlungsspielräume gibt

(dezentrale Ressourcenkompetenz).173 Zusätzliche Aufwendungen können – im

Gegensatz zur reinen kameralistischen Lehre – getätigt werden, auch ohne dass sie

budgetiert sind, wenn ihnen zusätzliche Einnahmen gegenüberstehen (Nettoprinzip). Falls

das Budget nicht vollständig aufgebraucht wurde, muss dies nicht zwangsläufig zu einer

Budgetkürzung im Folgejahr führen, was traditionell das sog. „Dezemberfieber“

heraufbeschworen hat, sondern kann zu einem zu vereinbarenden Prozentsatz oder

vollständig bei der Institution verbleiben. Diese vergrößerten Freiheiten für eigenständiges

Wirtschaften sollen zu mehr unternehmerischem Handeln und zu mehr Effizienz führen.174

172 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 281, 456 f.; Mastronardi (2004), S. 95; Schedler (2004), S. 130 f. 173 Vgl. Brede (2005), S. 117 f.; Schedler (2004), S. 138 f.; Schedler/Proeller (2006), S. 165 ff. 174 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 457; Brede (2005), S. 117 f.; Mastronardi (2004), S. 88 f.;

Page 89: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 71

3.5.3 Wettbewerbsorientierung und stärkere Nutzung von Marktmechanismen

Mit Wettbewerbsorientierung ist im NPM nicht die pauschale Forderung nach Privati-

sierung von staatlicher Produktion gemeint, sondern primär die Anwendung von

vorhandenen oder teils konstruierten Marktmechanismen bei der staatlichen Leistungser-

stellung zur Verbesserung der Allokation. Die Vorteile des Marktes werden für staatliche

Güter und Dienstleistungen implementiert. Dabei stehen die staatlichen Institutionen als

Marktteilnehmer zueinander oder auch in Konkurrenz zu privaten Anbietern im

Wettbewerb. Angesichts von Zuwendungen, Subventionen und einschränkendem

öffentlichen Recht muss auf Chancengleichheit geachtet werden.175 Der vom Wettbewerb

ausgehende Druck und die Orientierung an best solutions/best practice vergleichbarer

Institutionen bzw. Konkurrenten führen bestenfalls zu einer mittelfristig gesteigerten

Effizienz durch interne Rationalisierung.176 Dies ist nicht zuletzt deshalb notwendig, weil

die Verwaltung zu schleichenden Wachstums- und Veränderungsprozessen neigt.177

Die Anwendung kann in drei Formen geschehen: Der nicht-marktliche Wettbe-

werb umfasst interne Leistungsverrechnungen zwischen Institutionen des öffentlichen

Sektors, Leistungsvergleiche, Benchmarking und Qualitätswettbewerb, und setzt damit auf

Transparenz und Vergleiche. Er findet überall dort Einsatz, wo es kein privatwirtschaftli-

ches Konkurrenzangebot gibt. Gleiches gilt für den quasi-marktlichen Wettbewerb, bei

dem innerhalb des öffentlichen Sektors Wettbewerbssurrogate künstlich geschaffen

werden, z. B. durch interne Ausschreibungen, Kontrakte mit Verantwortungsdelegation im

Rahmen der Dezentralisierung oder durch die Aufhebung von geographisch bedingten

Monopolen. Der dritte und letzte Typus ist der marktliche Wettbewerb, bei dem

entweder ausschließlich private Anbieter oder private und öffentliche Anbieter mit

Ausschreibungen und beim Contracting Out (vgl. auch Kap. 3.5.4) zueinander in

Konkurrenz gestellt werden.178

Thom/Ritz (2006), S. 256-260.

175 Vgl. Lane (2000), S. 10-12, 147-159; Schedler/Proeller (2006), S. 192-203. 176 Vgl. Pitschas (2004), S. 4. 177 Vgl. Walkenhaus/Voigt (2006), S. XIII. 178 Vgl. Haiber (1997), S. 318; Lane (2000), S. 10-12, 147-159; Schedler/Proeller (2006), S. 192-203.

Page 90: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

72 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

3.5.4 Formen der Privatisierung und Public Private Partnerships

Die materielle (echte) Privatisierung der staatlichen Leistungserstellung ist die radikalste

Form der Staatsverschlankung, da die Eigentumsrechte und die Aufgabenerfüllung vom

Staat zu einem privaten Akteur übergehen.179 Der Betrieb als solcher existiert weiter.

Privatisierung bewirkt gemäß NPM Entpolitisierung. Diese wiederum führt zu einer

Beschleunigung von Entscheidungen, zu größeren Handlungsspielräumen und zu einer

stärkeren Orientierung am betriebswirtschaftlichen Kalkül bzw. an einer ökonomischen

Rationalität, damit idealerweise auch zu besseren wirtschaftlichen Ergebnissen.180 Dabei

kann es zu Konflikten mit Sachzielen kommen, die im öffentlichen Interesse stehen, z. B.

Qualitätszielen, Sicherheitsstandards oder langfristiger Strukturerhaltung.181 Hier müssen

Regelungen gefunden werden, beispielsweise durch Satzungen, Zielvereinbarungen in

Form öffentlich-rechtlicher Verträge,182 Zuwendungsverträge, ein begleitendes

Beteiligungscontrolling, die an die private Leistungserstellung verbindliche Bedingungen

knüpft, um die Anforderungen des öffentlichen Auftrags nicht zu gefährden.

Im Gegensatz zur materiellen Privatisierung wird beim Contracting Out (Auslage-

rung) eine staatliche Betriebsstätte, z. B. eine Sozialstation oder ein Bauhof, geschlossen

und damit einhergehend eine für den Bürger bestimmte Leistungserstellung insgesamt auf

den privaten Sektor übertragen. Dies geschieht in der Hoffnung, Rationalisierungs-

potenziale zu erschließen, etwa durch Wettbewerbsdruck in einem Ausschreibungsverfah-

ren. Es besteht die Notwendigkeit eines sorgfältig zu gestaltenden vertraglichen

Regelwerks.183

Von der materiellen ist die formelle (unechte) Privatisierung abzugrenzen. Bei ihr

erfolgt lediglich eine Umwandlung des öffentlich-rechtlichen Betriebs in eine Eigengesell-

schaft mit privatrechtlicher Rechtsform. Dabei verbleiben die Eigentumsrechte und die

Haftung beim öffentlichen Träger. So kann je nach konkreter Ausgestaltung zwar mehr

Staatsferne und eine effizienzorientierte betriebsinterne Anreizstruktur erreicht werden,

aber nicht automatisch eine Markt- und Wettbewerbsorientierung. Die formelle

Privatisierung wurde beispielsweise bei vielen Kulturbetrieben vollzogen, die vom

Regiebetrieb in einen Eigenbetrieb oder eine öffentlich-rechtliche Stiftung umgewandelt

wurden (vgl. Kap. 2.2.1).184

179 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 232 f. 180 Vgl. Haiber (1997), S. 31-35. 181 Vgl. Haiber (1997), S. 11 f., 37. 182 Vgl. Mastronardi (2004), S. 116. 183 Vgl. Brede (2005), S. 42; Schedler/Proeller (2006), S. 202 f.; Thom/Ritz (2006), S. 233. 184 Vgl. Brede (2005), S. 39; Thiel (2003), S. 228.

Page 91: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 73

Das Outsourcing ist mit dem Contracting Out verwandt. Jedoch besteht der wesentliche

Unterschied darin, dass beim Outsourcing lediglich Teilleistungen innerhalb der nach wie

vor staatlichen Produktion zur Eigenversorgung und Entlastung des staatlichen

Auftraggebers auf Private übertragen werden. Dies geschieht im Rahmen von Kauf-,

Werk- oder Dienstleistungsverträgen, z. B. Reinigung, Pförtner und Besucherservice im

Kulturbetrieb.185

Bei Public Private Partnerships (PPP) gehen Staat und Private eine hybridartige

langfristige Kooperation zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ein. Es findet also nicht wie

bei den zuvor genannten Privatisierungsformen eine Grenzverschiebung statt, sondern von

Beginn an eine strategische Allianz, wohingegen die operative Durchführung, z. B. bei

Finanzierung, Herstellung oder im Management, durchaus einseitig erfolgen kann. Ihr

Ursprung liegt in den USA der 40er-Jahre in der Politik des „New Deal“ des Präsidenten

Franklin D. Roosevelt, der auf die gemeinsame Verantwortung von Staat und Wirtschaft

abstellte. In der PPP werden Chancen, z. B. die Erzielung von Synergieeffekten,

Innovationspotenzialen und der Zutritt zu neuen Märkten, und unternehmerische Risiken,

etwa aus mehrschichtiger asymmetrischer Information und der free-rider-Problematik,

gleichermaßen geteilt. Hinsichtlich der Organisationsform kann sie in den Typologien der

informellen PPP, der vertraglich vereinbarten PPP oder in einer gemeinsamen Gesellschaft

existieren.186

Bei jeder Form der privaten Beteiligung muss bedacht werden, dass damit zum

einen ein Machtverlust der öffentlichen Hand einhergeht und zum anderen das private

Engagement sicherlich nur dann angeboten wird, wenn dieses finanziell lukrativ ist. So

kommt die Frage auf, warum der private Part nicht von der öffentlichen Hand selbst

geleistet wird. Dies zeigt den Bedarf einer differenzierten Auswertung mittels einer sog.

Privatisierungsformel, ob die Synergieeffekte aus Kooperationen, das eingebrachte Know-

how und die kurzfristigen Haushaltsentlastungen aus der privaten Beteiligung für die

öffentliche Hand auch langfristig einen positiven Netto-Nutzen bringen. Angesichts

drohender Macht- und Gewinnverluste wären die kurzfristigen Haushaltsentlastungen

andernfalls teuer erkauft.187

Deregulierung bedarf Aufsichtsämter und -behörden zur Eindämmung von Kom-

merzialisierungstendenzen und zur Gewährleistung der Sicherheit und Qualität der

Versorgung. Es darf nicht übersehen werden, dass sowohl die Deregulierungsmaßnahmen

185 Vgl. Brede (2005), S. 42 ff.; Deutscher Bühnenverein (2005), S. 4; Thom/Ritz (2006), S. 236 186 Vgl. Brede (2005), S. 39 ff.; Roggencamp (1999), S. 26-29, 44 f., 55 ff., 147-156; Thom/Ritz (2006),

S. 236-239.

Page 92: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

74 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

als auch die Beaufsichtigung bürokratischen Aufwand verursachen und Ressourcen

verbrauchen (vgl. dazu die Hypothesen Downs188).

3.5.5 Bürger- und Kundenorientierung, Qualitätsmanagement

NPM kritisiert, dass der Staat und die Verwaltung die Eigenverantwortlichkeit und die

Freiheiten der Bürger in der Vergangenheit teilweise unterdrückt haben.189 In Ausübung

der herrschaftlichen Aufgaben hat der Bürger u. U. zu stark gespürt, dass er der staatlichen

Gewalt unterworfen ist.190

Dem entgegenwirkend möchte die Bürgerorientierung einen Kontrapunkt setzen.

Sie bedeutet die stärkere Einbeziehung der Bürger in Entscheidungen mit Mitteln der

direkten Demokratie, z. B. Bürgerentscheide und Bürgerbegehren. Auch die Direktwahl

der Bürgermeister und dessen gestärkte Machtposition gegenüber dem Rat sind

Maßnahmen zur vermehrten Orientierung am Bürgerwillen.191

Kundenorientierung heißt eine Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen in

der Art, dass das Angebot stärker der Nachfrage entspricht. Die Kundennähe der

Verwaltung soll steigen. Dies kann auch mit einer Qualitätssteigerung verbunden sein, die

inhaltlich von den Kunden bestimmt werden kann.192 Die inzwischen stark verbreiteten

kommunalen Bürgerbüros, in denen unterschiedlichste Bürger- und Unternehmerbelange

in einer zentralen Anlaufstelle mit meist großzügigeren Öffnungszeiten angenommen

werden, sind ein Zwischenergebnis von NSM und NPM. Es entsteht bestenfalls eine

Service- und Dienstleistungsmentalität im positiven Sinne, indem der Bürger als Kunde

freundlich und unterstützend behandelt wird; aus der „Ordnungskommune“ wird eine

„Dienstleistungskommune“.193 Eine Steigerung der Servicezufriedenheit wird durch eine

stärkere Partizipation der Kunden und durch Befragungen ausgeübt, was jedoch mit den

üblichen Problemen empirischer Sozialforschung und mit Kosten behaftet ist194. Ferner

dienen besonders öffentliche Güter der Gesamtbevölkerung und nicht nur nutzensteigernd

einzelnen Kunden, außerdem wirken sie langfristig. Dies erschwert die Bewertung durch

die Kunden. Überdies werden Kunden schnell zu Lobbyisten, die versuchen, ihre

Partikularinteressen durchzusetzen, zumal Kunden keine homogene Gruppe sind.

Besonders bei gewachsenen dezentralen Entscheidungsspielräumen in der Verwaltung

187 Vgl. Brede (2005), S. 46-50. 188 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 18. 189 Vgl. Pitschas (2004), S. 2. 190 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 457. 191 Vgl. Dose (2006), S. 343. 192 Vgl. Haiber (1997), S. 2. 193 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 457, 532 f.; Dose (2006), S. 343. 194 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 457; Mastronardi (2004), S. 91 f.

Page 93: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 75

eröffnet sich ein neues chancenreiches Betätigungsfeld für Lobby-Gruppen, die nicht im

Interesse der Allgemeinheit agieren müssen, etwa bei Genehmigungsverfahren im

Bauwesen, im Verbraucherschutz oder im Gesundheitssektor. Bei all diesen Aspekten wird

deutlich, dass der Kundenbegriff und dessen Folgen noch klarer definiert werden

müssen.195

Durch den Vergleich mit den vielfältigen Qualitätsverbesserungen in der Privat-

wirtschaft sind die Ansprüche der Bürger an die Produkte des öffentlichen Sektors stark

gestiegen. Daraus resultierte ein Anpassungsdruck zu Qualitätssteigerung und die

intensivierte Diskussion über öffentliche Haushalte.196 Die Steigerung der Servicequalität

und der Kundenorientierung sind Komponenten des Qualitätsmanagements. Verstanden

als umfassendes Total Quality Management (TQM), ist Qualität als Resultat einer Vielzahl

von nicht-linear zusammenhängenden Faktoren zu sehen. Alle Stakeholder und damit auch

die internen Organisationsmitglieder sind in die Betrachtung einzubeziehen. Das breit

angelegte Qualitätsverständnis bezieht sich auf Organisationsstrukturen und -systeme,

Prozesse, Potenziale und Ergebnisse. Die Umsetzung bedarf einer lernfähigen und

-willigen Organisation und Führung sowie einer praktizierten Qualitätspolitik. Auf

überbetrieblicher Ebene können auch Input, Output, Impact, Outcome und politisch-

administrative Prozesse einem Qualitätsmanagement unterzogen werden.197

3.5.6 Reformen des externen Rechnungswesens

Traditionell unterliegen die Institutionen des öffentlichen Sektors dem Rechnungssystem

der Kameralistik. NPM und die weiteren Reformstränge kritisieren an diesem System

u. a. die starke Input-Orientierung, die umständliche und fehleranfällige Verbindung mit

weiteren Büchern und Rechnungen (Vermögen/Anlagen, KLR, Investitionen etc.), die

schwierige Konsolidierung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten, die enge Fixierung auf die

Zahlungsebene ohne Erfolgs- und Reinvermögensausweis und somit mangelnde

Transparenz über den vollständigen Ressourcenverbrauch, unvollständige Periodenabgren-

zung und die Nicht-Berücksichtigung periodenübergreifender wirtschaftlicher

Zusammenhänge. Weitere Schwachstellen werden in dem kameralistisch geprägten

Haushaltsrecht gesehen, dabei dennoch mit der Kameralistik selbst kausal attribuiert, etwa

bei der eng definierten Zeit- und Zweckbindung von Haushaltsmitteln und dem daraus

resultierenden „Dezemberfieber“, welches durch dysfunktionale Anreize zu Unwirtschaft-

195 Vgl. Mastronardi (2004), S. 91 ff.; Schedler (2004), S. 154 f. 196 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 12 f. 197 Ebenda,, S. 186 ff.

Page 94: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

76 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

lichkeit führen kann. Die Zielsetzung eines effizient arbeitenden, wirkungsorientierten

Gewährleistungsstaats scheint in der Kameralistik nicht realisierbar zu sein.198

Der kaufmännischen Buchführung (Doppik) wird dagegen zugesprochen, die be-

sagten Defizite beseitigen zu können. So verwundert es nicht, dass aufgrund der

Überlegenheitsannahme, zudem im Kontext von zahlreich erfolgten Ausgliederungen aus

der öffentlichen Kernverwaltung, die Doppik in den vergangenen zwei Jahrzehnten die

Kameralistik an vielen Stellen abgelöst hat.

198 Vgl. Bals (2008), S. 157 f.; Budäus (1998), S. 70 ff.; Fudalla/Wöste (2005), S. 27; Lüder (2001), S. 7-13;

Schedler/Proeller (2006), S. 175 f.

Page 95: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 77

Die wesentlichen Unterschiede zwischen den Systemen der Buchführung werden in

nachfolgender Tab. 13 aufgeführt:

Kameralistik Doppik Ziel: Neutrale Darstellung von Zu- und Abfluss von Geld eines Etats, basierend auf Haushaltsplan mit Soll-Werten

Ziel: Vollständige, gewinnorientierte Darstellung von wirtschaftlichem Erfolg (GuV) und von Vermögen und Schulden (Bilanz) eines Betriebs

Einfache Buchführung (auf einem Konto), ggf. zweimalige Erfassung durch Soll- und Ist-Stellung oder im Sach- und Zeitbuch

Doppelte Buchführung (auf zwei Konten: Soll und Haben)

Geldverbrauchskonzept: Einnahmen und Ausgaben als Bezugsgrößen

Ressourcenverbrauchskonzept: Erträge und Auf-wendungen als Bezugsgrößen

Fast ausschließlich zahlungswirksame Vorgänge und Zahlungsanweisungen werden erfasst

Auch zahlungsunwirksame Vorgänge werden erfasst, z. B. Forderungen, Verbindlichkeiten, Abschreibungen

Keine vollständige Periodenabgrenzung bei Vorgängen, die sich auf mehrere Perioden beziehen, sondern Orientierung am Geldfluss

Periodenabgrenzung mittels Rechnungsabgren-zungsposten und weiterer Bilanzkonten

Keine explizite Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, da Prinzip des Ausgleichs von Einnahmen und Ausgaben

Betrachtung des wirtschaftlichen Erfolgs in der Gewinn- und Verlustermittlung (GuV)

Implizite Planvollzugskontrolle, da Soll und Ist getrennt ausgewiesen und Verknüpfung von Haushaltsvollzug, Mittelbewirtschaftung und Kassen, Vorausschätzungen prinzipiell möglich

Explizite Planvollzugskontrolle und Voraus-schätzungen mittels Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) und betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA)

Standardmäßig keine Erfassung von Schulden und Vermögen, daher vollständiger Einblick in wirtschaftliche Situation nicht auf Anhieb möglich, sofern keine Sonderbücher geführt werden

Umfangreicher Einblick in wirtschaftliche Situation auf Anhieb möglich

Kein einheitlicher Jahresabschluss, daher auch fehlende Entscheidungsgrößen und mangelnde Vergleichbarkeit mit anderen Betrieben

Einheitlicher Jahresabschluss, daher Entscheidungsgrößen und Vergleichbarkeit mit anderen Betrieben gegeben

Konsolidierungen und Einbeziehung von weiteren Gesellschaften bzw. Körperschaften problematisch

Konsolidierungen und Einbezug von weiteren Gesellschaften unproblematisch

Rationalität der Rechtmäßigkeit: Einhaltung der parlamentarisch beschlossenen Soll-Ansätze

Rationalität der Wirtschaftlichkeit: sparsamer Mittelverbrauch

Anreiz zur Ineffizienz durch Mittelkürzung bei Nicht-Ausschöpfen des Solls („Dezemberfieber“), sofern haushaltsrechtlich so vorgesehen

Anreiz zur Effizienz bei praktizierter Mittelübertra-gung ins Folgejahr, sofern haushaltsrechtlich so vorgesehen

Tab. 13: Gegenüberstellung von Kameralistik und Doppik

Quelle: Almstedt (1999), S. 265; Blanke/Einemann et al. (2005), S. 167f., 262 ff.; Brede (2005), S. 190-196; Haiber (1997), S. 42 ff., 66 ff.; Schedler/Proeller (2006), S 175f.

Daneben existieren Mischformen, etwa die Erweiterte Kameralistik mit Schnittstelle zur

KLR, die einige Vorteile der Kameralistik mit denen der Doppik verbindet. Der vielerorts

vollzogene oder bevorstehende Wechsel zur Doppik ist nach Ansicht Bredes eher der

Technisierung mit Standard-Software, negativen Vorurteilen über die Kameralistik und

dem Trend der wachsenden betriebswirtschaftlichen Ausrichtung der Verwaltung als ihrer

Nicht-Eignung zuzuschreiben. Dennoch räumt Brede ein, dass Nachteile der Kameralistik

wie die unvollständige Vermögens- und Schuldenerfassung, nicht vorhandene Wirkungs-

Page 96: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

78 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

und Ergebnisrechnung und umständliche individuelle Einbettung einer KLR nicht von der

Hand zu weisen sind.199

Lüder (2001) hat mit dem Drei-Komponenten-Rechnungssystem (Abb. 15) eine

Weiterentwicklung des Rechnungswesens entworfen, welches auf Basis der Doppik die

Besonderheiten und die Bedürfnisse des öffentlichen Sektors berücksichtigt. Die drei

Komponenten bestehen aus einer Finanzrechnung mit integrierter Kapitalflussrechnung

(Cashflow-Rechnung), einer Vermögensrechnung (Bilanz), die auch die langfristigen

Verbindlichkeiten und das veräußerbare Verwaltungsvermögen erfasst, sowie der

Ergebnisrechnung (GuV):

Abb. 15: Drei-Komponenten-Rechnungssystem nach Klaus Lüder (Integrierte Verbundrechnung)

Quelle: Lüder (2001), S. 37; Saß (2005), S. 360.

Damit genügt das Drei-Komponenten-Rechnungssystem den Kriterien eines Full-Accrual-

Accounting-Konzepts mit sachlicher und zeitlicher Abgrenzung. Ein Haushaltsausgleich

bezieht sich nicht mehr auf die Liquiditätsebene, sondern auf die Vermögensrechnung

(Erträge = Aufwendungen), was eine stärkere Nachhaltigkeit und Generationengerechtig-

keit bewirken soll.200

Ähnliche Formen des Rechnungssystems kursieren in der Literatur und in der Pra-

xis auch unter den Begriffen Neues Öffentliches Rechnungswesen (NÖR), Neues

Kommunales Rechnungswesen (NKR) und Neues Kommunales Finanzmanagement

(NKF).201 Die Finanzrechnung kann als eine Integration des kameralistischen Haushalts-

plans in ein doppisches Gesamtsystem interpretiert werden. Mit den International Public

199 Vgl. Brede (2005), S. 194 ff. 200 Vgl. Bals (2008), S. 173; Haiber (1997), S. 65-73; Saß (2005), S. 361; Wagner (1995), S. 207 f. Dabei

kann je nach gesetzlicher Grundlage der jeweiligen Körperschaft der Ausgleich differenzierter definiert werden, etwa ohne Berücksichtigung außerordentlicher Ergebnisse oder mit der Möglichkeit der Einbeziehung von Rücklagen, vgl. Ade (2007), S. 266.

201 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 167-170.

Finanzrechnung

Einzahlungen

./.

Auszahlungen

(nach Arten gegliedert)

Liquiditätssaldo

Vermögensrechnung

Aktiva Passiva Kapital- Kapital- verwendung herkunft

Vermögen EK

Liquide FK Mittel

Ergebnisrechnung

Erträge

./. Aufwendungen

(nach Arten gegliedert)(verbunden mit KLR)

Ergebnissaldo

Page 97: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 79

Sector Accounting Standards (IPSAS) und den Grundsätzen ordnungsgemäßer öffentlicher

Buchführung (GoöB) liegen Grundregeln der Rechnungslegung für den öffentlichen Sektor

vor.202

3.5.7 Reformen des internen Rechnungswesens

Die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) – als Bestandteil des internen Rechnungs-

wesens und als eine Informationsbasis des Controllings – ermöglicht vertikale, horizontale

und zeitliche Vergleiche. Dadurch wird ein Aussagegehalt zur Beurteilung der eigentlichen

Leistungs- und Wertschöpfungsprozesse gewonnen, welcher in der nach Titeln und

Haushaltsstellen gegliederten Kameralistik nicht ersichtlich ist. Somit wird in vielen

Kulturbetrieben durch die Einführung der KLR der Leistungs- und Wertschöpfungsprozess

erstmals ein expliziter und regelmäßig erhobener Betrachtungsgegenstand im Rechnungs-

wesen, welcher zur Steuerung und für Managemententscheidungen herangezogen werden

kann.

In der KLR müssen geeignete Kostenarten, -stellen und -träger definiert werden, die

auf dem Kontenplan, der Organisationsstruktur und den Produkten bzw. Output-

Leistungen basieren. Somit gibt es eine Verbindung zum externen Rechnungswesen und

zum gesamten betrieblichen Geschehen. Die Aufgaben der KLR bestehen auch im

öffentlichen Sektor aus Kontrolle (Kosten- und Erfolgsentwicklung, Wirtschaftlichkeit),

Planung, Information und Analyse (Preis- bzw. Gebührenkalkulation, Bereitstellung von

Informationen für betriebliche Entscheidungen, Optimierung der Leistungserstellung,

allgemeine Steuerung) sowie Dokumentation (Ermittlung von Herstellungskosten und

Selbstkostenpreisen). Die KLR schafft Transparenz über wirtschaftliche Zusammenhänge,

etwa zu den Kostenstrukturen (Fixkostenblöcke, Grenzkosten, Deckungsbeiträge,

Remanenzen etc.), die auch nach außen, z. B. gegenüber dem Zuwendungsgeber oder der

Öffentlichkeit, als Argumentations- und Legitimationsmittel verwendet werden können.

Ferner ermöglicht sie unter Einbeziehung weiterer Auswertungstechniken (z. B. der

Plankostenrechnung) im Gegensatz zur vergangenheitsorientierten Kameralistik auch

zukunftsorientierte Analysen. NPM fordert den Einsatz einer sektorspezifisch adaptierten

KLR als Führungsinstrument, nicht nur in den öffentlichen Betrieben, sondern auch in den

Verwaltungen. Dabei treten folgende spezifische Problemfelder im öffentlichen Sektor auf:

• die sinnvolle Definition von Kostenträgern,

• die Messung von quantitativ und/oder qualitativ schwer erfassbaren Leistungen,

202 Vgl. Budäus/Behm et al. (2004), S. 230.

Page 98: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

80 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

• die geforderte kalkulatorische Internalisierung von ggf. aus der Gemein-

wohlorientierung resultierenden positiven bzw. negativen externen Effekten,

• die Berücksichtigung von Leistungsverflechtungen mit anderen öffentlichen

Institutionen, politischen Gremien bzw. interne Leistungsverrechnungen,

• die adäquate kalkulatorische Abbildung von langfristigem Werteverzehr im

Anlagevermögen zur Indikation eines Refinanzierungsbedarfs,

• die Erfassung und Implementierung des Mengengerüsts und

• die Schlüsselung der meist umfangreichen Gemeinkosten.

Da für das interne Rechnungswesen keine verbindlichen Vorschriften existieren, gibt es für

weiterführende Varianten der KLR, z. B. der Prozesskostenrechnung, Teilkostenrechnung,

Grenzplankostenrechnung oder noch zu entwickelnde Instrumente, keine grundlegenden

Barrieren.203 Becker/Weise räumen der Plankostenrechnung einen hohen Stellenwert zur

Wirkungsentfaltung der KLR im öffentlichen Sektor ein.204 Für die Gestaltung der KLR

sollten die Belange der betrieblichen Steuerung der maßgebliche Faktor sein, so dass das

individuelle Informationsbedürfnis durch die KLR gestillt werden kann.205

3.5.8 Die Controlling-Funktionen im NPM

Das Controlling hat dem Namen nach im Non-Profit-Sektor seinen Ursprung und somit

eine lange Tradition. Controller wurden bereits im 14. Jahrhundert in der Kirchenverwal-

tung und im 15. Jahrhundert in der britischen Staatsverwaltung eingesetzt. Bis ins

19. Jahrhundert waren sie ausschließlich im Staatsdienst für das kameralistische

Rechnungswesen, die Innenrevision und Zahlungsanweisungen tätig. Der erste Beleg einer

privatwirtschaftlichen Controllerstelle datiert auf 1880 in den USA.206 Insofern hat die

NPM-Forderung nach einem Verwaltungscontrolling gewisse anachronistische Züge, wenn

auch der Controlling-Funktion erhebliche Veränderungen und Erweiterungen widerfahren

sind:

Auf übergeordneter Ebene ist das Controlling durch eine Denk- und Arbeitshaltung

der informationsbasierten Steuerung und Zielorientierung charakterisiert, die durch

ihren intentionalen Charakter und eine bewusste Wahl der Methodik von der tradierten

Kultur des öffentlichen Sektors, nämlich der reaktiven und passiven Weisungs- bzw.

203 Vgl. Brede (2005), S. 199-206; Buchholtz (2001), S. 94-98; Budäus (1994), S. 255 ff.; Budäus (1998),

S. 61 ff.; Coenenberg/Fischer et al. (2009), S. 21ff.; Flury (2002), S. 96 ff.; Haiber (1997), S. 310-319; Schedler/Proeller (2006), S. 175-181; Schneidewind (2006), S. 101-137.

204 Vgl. Becker/Weise (2002), S. 184. 205 Vgl. Flury (2002), S. 108. 206 Vgl. Müller (2006a), S. 63.

Page 99: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 81

Vorschriftsausführung, stark abweicht.207 Dem Controlling liegt ein stetig zirkulierender

Regelkreis zu Grunde, der in seinen Schritten dem Fayolschen Managementzyklus (vgl.

Kap. 3.4) ähnelt: Gesetzte Ziele (Soll-Werte) werden mit den erreichten Ist-Werten

verglichen, Abweichungsursachen analysiert, Maßnahmen zur Gegensteuerung geplant

und umgesetzt sowie Ergebnisse gemessen und kommuniziert. Das setzt voraus, dass zuvor

die angestrebten Ziele systematisiert und die kybernetischen Prozesse gestaltet und

institutionalisiert worden sind, was auch zu den Controlling-Aufgaben gehört. Letztlich

sollen durch die Implementierung des Controllings – und diese Ziele sind ebenfalls nicht

originär im öffentlichen Sektor beheimatet – die Arbeitsabläufe und die wirtschaftlichen

Ergebnisse auf Basis geeigneter Analyseinstrumente nachhaltig verbessert und das Kosten-

bewusstsein geschärft werden.208

In einer weiter gefassten Definition kommt dem Controlling innerhalb des beste-

henden Führungssystems mit seinen Teilsystemen Ziele, Planung und Kontrolle,

Information, Personalführung, Organisation und Rechnungswesen/Budgetierung eine

koordinierende Funktion zu.209 Allen Ansätzen gemein ist die Funktion des Controllings

als interner Dienstleister: Die Verwaltungsleitung bzw. Geschäftsführung soll in den

Bereichen Prognose/Planung, Steuerung, Ermittlung/Dokumentation und Kontrolle durch

maßgeschneiderte Informationsversorgung und das Einbringen von Methodenkompetenz

zur Sicherung der Rationalität durch das Controlling in der Betriebsführung unterstützt

werden. Kognitive Grenzen und empirisch nachweisbare Unterschiede in den Eigenschaf-

ten, Fähigkeiten und Verhaltensweisen von Managern und Controllern machen die

Controllingfunktion zu einem wichtigen Begleiter und konstruktiven Ratgeber für das

Management. Das Controlling kann als Hüter des betriebswirtschaftlichen Gewissens zur

Steigerung der Führungsrationalität und der Treffsicherheit von Zweck-Mittel-Relationen

beitragen. Dazu richtet das Controlling auf Basis einer funktionskräftigen Kosten- und

Leistungsrechnung weitere Controllinginstrumente wie z. B. Kennzahlen- und Indikatoren-

systeme, ein differenziertes Berichtswesen oder Budgetierungskreisläufe etc. ein.210

Die Umsetzungstiefe von Controlling fällt auf den Ebenen der deutschen Gebiets-

körperschaften heterogen aus, so dass kein allgemeines Urteil über den Stand und die

Qualität der Umsetzung gefällt werden kann.211 Jedoch wird das auf die kurzfristigere

Sicht ausgerichtete operative Controlling im öffentlichen Sektor weit häufiger praktiziert

207 Vgl. Schedler/Proeller (2006), S. 233; Thom/Ritz (2006), S. 172 ff. 208 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 285, 457; Flury (2002), S. 40 f. 209 Vgl. Budäus (1998), S. 64 ff.; Thom/Ritz (2006), S. 175. 210 Vgl. Brede (2005), S. 71; Haiber (1997), S. 13 ff.; KGSt (1989), S. 17 f.; Müller (2006a), S. 63-68;

Thom/Ritz (2006), S. 173, 176-186; Weber/Schäffer (2008), S. 33-53.

Page 100: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

82 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

als das auf die mittel- und langfristigere Sicht und übergeordnete Ziele fokussierende

strategische Controlling. Dies wird mit Mittelknappheit, dominierendem operativen

Tagesgeschäft und Umsetzungsschwierigkeiten begründet.212

Ein produktiv eingesetztes Controlling setzt ein betriebliches Führungssystem mit

Zielen und Planungen voraus, ferner sollte die Führung antizipativ und dezentral erfol-

gen.213 Da diese Voraussetzungen im öffentlichen Sektor nicht immer gegeben sind, erklärt

dies teilweise, warum die Einführung eines wirksamen Controllings nicht ohne Einbettung

in ein Gesamtkonzept der Betriebssteuerung und ggf. Änderungen der Betriebskultur

möglich ist. Daneben ist ein modifizierter Erfolgsbegriff zu definieren, in den der

sachzielorientierte öffentliche Auftrag integriert werden sollte.214 Auch zur Steuerung der

verselbständigten öffentlichen Betriebe durch die Regierung bzw. das Parlament bedarf es

eines (Beteiligungs-)Controllings, das weniger eine operative (Detail-)Kontrolle, sondern

vielmehr eine strategische Steuerung praktiziert.

Controlling kann nicht nur auf betrieblicher Ebene praktiziert werden, sondern

gewinnt im NPM auch auf politischer Ebene an Bedeutung: Im Konzept des Gewährleis-

tungsstaats gilt es, ein Wirkungscontrolling zur Messung der Erreichung der Impacts und

Outcomes durchzuführen (Wirkungsrechnung/politisches Controlling/Evaluationen).

Dabei werden den mittelbar erzielten Wirkungen die zur Erreichung erforderlichen Kosten

gegenübergestellt.215 Der Wirkungsrechnung werden Validität, Reliabilität und

Widerspruchsfreiheit insbesondere bezüglich der zu Grunde liegenden Kausalketten

abverlangt, was bei der Umsetzung zu Definitions- und Messproblemen führt. Außerdem

setzt die Wirkungs-Beurteilung ähnlich wie Kontraktvereinbarungen voraus, dass zuvor

klare Ziele mit zugehörigen Messmethoden definiert wurden. Eine einfachere Variante der

Messung, etwa bei qualitativen Eigenschaften des Outcomes, besteht in regelmäßigen

indikatorbasierten Lageberichten.216

Für alle genannten Einsatzmöglichkeiten gilt, dass das Controlling stets bedarfsge-

recht, d. h. situativ gestaltet und dimensioniert sein muss, damit es einen über den eigenen

Aufwand hinausgehenden Mehrwert für die Steuerung erbringt.217

211 Vgl. Müller (2006a), S. 63-68. 212 Vgl. Brede (2005), S. 71 f., 76. 213 Vgl. Flury (2002), S. 46 f. 214 Vgl. Haiber (1997), S. 12-15. 215 Vgl. Brede (2005), S. 197 ff., 206 ff.; Flury (2002), S. 85. 216 Vgl. Brede (2005), S. 206-210; Budäus (1998), S. 63; Schedler/Proeller (2006), S. 180 f.; Thom/Ritz

(2006), S. 176-180. 217 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 174 f.

Page 101: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 83

3.5.9 Personalmanagement und Personalentwicklung

Es wird zwischen dem unmittelbaren öffentlichen Dienst (Beschäftigte bei Bund, Ländern,

Gemeinden, Gerichten oder Kulturbetrieben in der Betriebsform des Regiebetriebs) und dem

mittelbaren öffentlichen Dienst unterschieden (z. B. Träger der gesetzlichen Sozialversiche-

rungen, Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Bundesbank, öffentlich-rechtlich selbständige

Einrichtungen wie z. B. einige Krankenhäuser und Kulturbetriebe). Bundesweit gab es 2005

insgesamt 4,78 Mio. Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Im unmittelbaren Dienst waren

dies 1,56 Mio. Beamte, 1,78 Mio. Angestellte im Tarifsystem des BAT bzw. im TVöD, 0,52

Mio. Arbeiter im MTB/MTL/BMT-G bzw. im TVöD. Die Aufwendungen für den soeben

zitierten Personalkorpus lagen in 2004 bei 173 Mrd. Euro, was ca. 28,5 % der Gesamtausga-

ben des Bundes, der Länder und der Kommunen entspricht.218

Es ist allgemein anerkannt, dass das Personalwesen eines der größten Problem- und

Reformfelder im öffentlichen Sektor darstellt.219 Das kongruiert mit der zunächst trivialen

Einsicht, dass alle Tätigkeiten von den beschäftigten Menschen ausgeführt werden und

diese somit ein wesentlicher Erfolgsfaktor sind. Die meisten Reformen im öffentlichen

Sektor betreffen die auszuführenden Tätigkeiten, welche jedoch unausweichlich von den

Menschen und deren Umfeld abhängen: Qualifikation, Betriebs- und Verwaltungskultur,

Selbstverständnis, Arbeitsweise und -gewohnheiten, Klima innerhalb der Belegschaft und

Motivation haben entscheidenden Einfluss auf die Arbeitsergebnisse.220

Dennoch gibt es keinen einheitlichen und spezifischen personalwirtschaftlichen

Ansatz im NPM. Daher erweist es sich als problematisch, eine Abgrenzung von

Maßnahmen und Reformen im Personalwesen vorzunehmen, die vorwiegend oder

ausschließlich durch das NPM intendiert werden. Die verbreiteten Forderungen nach

Modernisierung, Flexibilisierung, Leistungs- und Zielorientierung sowie die zugehörigen

Maßnahmen und Instrumente, z. B. Human Resource Management (HRM) oder Führung

durch Leadership, bestehen und gelten weitgehend unabhängig von NPM. Jedoch gehen

sie mit den Forderungen und Zielen des NPMs konform. NPM wirkt insofern für das

Personalmanagement förderlich, als dass durch seine Umsetzung die persönlichen

Entscheidungsspielräume und Verantwortlichkeiten wachsen und weniger technokratisch

gestaltet sind als im herkömmlichen bürokratischen System.221

218 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 303-306, 330. 219 Vgl. Budäus (1998), S. 31, 82 f.; Eichhorn (1994), S. 241 f.; Kissler/Bogumil et al. (1997), S. 200 f.;

Pitschas (2004), S. 4; Zimmer/Priller et al. (2003), S. 50. 220 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 408; Budäus (1998), S. 31 f.; KGSt (1989), S. 15 f.;

Kissler/Bogumil et al. (1997), S. 200 f. 221 Vgl. Halblützel (2006), S. 345-349; Löffler (2003a), S. 245-250; Schedler/Proeller (2006), S. 229 ff.

Page 102: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

84 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

NPM geht von einem optimistischen Menschenbild aus, das der Theorie Y von McGregor

ähnelt. Es beinhaltet, dass der Mensch grundsätzlich intrinsisch motiviert und bemüht ist,

eine gute Arbeit zu leisten, dass er Verantwortung und Entscheidungsspielräumen

gegenüber aufgeschlossen ist sowie Anpassungsfähigkeit und Lernbereitschaft mitbringt.

Ein Management mit betriebswirtschaftlicher Rationalität ist trotz der Komplexität des

Menschen und seinen sozialen Bedürfnissen grundsätzlich möglich.222 Das Personal wird

nicht als Kostenfaktor, sondern als entscheidendes Erfolgspotenzial wahrgenommen und

entsprechend behandelt.223 Daher muss die klassische, administrativ arbeitende

Personalverwaltung um ein strategisches Personalmanagement erweitert werden, das die

bereits heute gegebenen und künftig noch wachsenden Anforderungen an die Qualifikation

mit den vorhandenen Potenzialen und Kompetenzen abgleicht und notwendige

Entwicklungsschritte initiiert.224 Angesichts breitem Personalabbau und immer

komplizierter und vielfältiger werdender Umwelt225 gilt die Notwendigkeit der

Professionalisierung auch für den öffentlichen Dienst und die Politik.226

Das in der Privatwirtschaft etablierte Human Resource Management (HRM) gilt

im öffentlichen Sektor als schwach ausgeprägt: Personalabteilungen fokussieren zu wenig

Fragen des Personalmanagements bzw. das Personal selbst. Die Bedürfnisse, Chancen und

Entwicklungspotenziale der öffentlich Bediensteten werden nicht gezielt berücksichtigt. Zu

den Instrumenten des HRM gehören die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter, eine

motivierende Stärkung der Verantwortung und der Kompetenzen, Leistungs- und

Mitarbeiterbeurteilungen, Mitarbeitergespräche, strategische und ressourcenorientierte

mittelfristige Personalplanung, bewusstes Gestalten der Einführungsphase neuer

Mitarbeiter und monetäre Leistungsanreize.227 Die Bedeutung der Personalauswahl ist

nicht zu unterschätzen, da aufgrund der meist langen Dienstzeiten hinter jedem einzelnen

Mitarbeiter große Wertschöpfungspotenziale stehen. Insofern ist der Aufwand in die

Professionalisierung der Kandidatenauswahl als Investition zu betrachten. Ziel sollte sein,

die dienstlichen Erfordernisse mit den Erwartungen, Kompetenzen und Bedürfnissen der

Bewerber in das jeweils bestmögliche Verhältnis zu setzen.228

222 Vgl. Schedler/Proeller (2006), S. 51-57, 291 ff. 223 Vgl. Budäus (1998), S. 75 f.; Hautmann/Leipold et al. (1998), S. 54 f.; Schedler/Proeller (2006), S. 243 f. 224 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 408 f.; Kissler/Bogumil et al. (1997), S. 203. 225 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 409. 226 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 9. 227 Vgl. Berman (2006), S. 8 ff.; Blanke/Einemann et al. (2005), S. 417-421, 457 f.; Budäus (1998), S. 74 f.;

Conrad (2003), S. 256-262; von Eckardstein/Ridder (2003), S. 26; Koch (1998), S. 2 f.; Ridder/Neumann (2003), S. 122 f.

228 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 413 f.

Page 103: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 85

Weiterer Reformbestandteil ist die stärkere Fokussierung auf Führung und Leadership als

Weg zur Erreichung der Leistungsziele. Die Führungskompetenzen gelten bei Vorgesetz-

ten im öffentlichen Dienst als unterentwickelt.229 In einer veränderten Führungskultur

verstehen sich Führungskräfte weniger als hierarchisch Vorgesetzte, die Anweisungen und

Vorschriften erteilen, sondern eher als Coach und Fragesteller. Sie versuchen, ihren

Mitarbeitern Erfolgserlebnisse zu ermöglichen und sie entsprechend zu befähigen

(Empowerment). Ein offenes gegenseitiges Feedback, regelmäßige Mitarbeitergespräche

und eine Kultur des Vertrauens gehören dabei selbstverständlich zum respektvollen

Umgang miteinander.230

Ein wichtiges Führungsinstrument ist die auf dem Management by Objectives

(MbO) basierende Zielvereinbarung. Hierbei werden zwischen Mitarbeiter und

Vorgesetzten Ziele verhandelt, ausformuliert und operationalisiert. Es liegt dabei ein

kooperativer und mitarbeiterorientierter Führungsstil vor, der die besonders in Deutschland

verbreitete autoritäre Regelungskultur einschränkt. Übergeordnete Unternehmensziele

bilden dabei die Grundlage. Sie sollten transparent sein und kommuniziert werden. Dem

Geführten kann durch klare Zielformulierung eine Selbstkontrolle erleichtert werden, was

den Führenden von seiner Kontrollfunktion jedoch nicht entbindet. Den Mitarbeitern ist

Eigenverantwortung und Autonomie zu übertragen; ferner sollen sie in Entscheidungspro-

zesse eingebunden und gut informiert werden.231

Die Analyse und Optimierung von Strukturen und Abläufen sind Bestandteile des

Organisations- und Prozessreengineerings. Die Arbeitsformen orientieren sich durch die

kritische Prozessoptimierung stärker an den Aufgaben und den betrauten Personen.

Dadurch sollen die Arbeitsabläufe an Umsetzungsgeschwindigkeit, Flexibilität und

Kundenorientierung gewinnen.

Die erläuterten neuen Rollenverständnisse und Aufgaben erfordern für alle

Beteiligten und den Betrieb zusätzliche Kompetenzen, die u. U. erst erworben werden

müssen. Das zeigt einen unausweichlichen Bedarf an gezielter und individualisierter

Personal- und Organisationsentwicklung auf, die in den Managementprozess

eingebunden und ständig evaluiert werden muss, um nachhaltige Verbesserungen zu

gewährleisten. Oberstes Ziel ist die adäquate Befähigung des Personals im Einklang mit

den betrieblichen Erfordernissen. Es kann dabei durchaus zu einem gewollten Anstieg des

Leistungsdrucks oder im

229 Vgl. Landesregierung Nordrhein-Westfalen (2003), S. 13 ff.; Tondorf (1997), S. 8. 230 Vgl. Klimecki (1993), S. 45 ff.; Löffler (2003a), S. 243-251; Studer (2006), S. 360-364 231 Vgl. Koch (1998), S. 7-10.

Page 104: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

86 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

Extremfall zu temporärer Überforderung kommen.232 Die von NPM und anderen Quellen

gewünschten Reformen im Personalwesen betreffen auch die Systematik der Tarifverträge

bzw. das Beamtenrecht: Negative Anreizstrukturen, die dysfunktionales Verhalten der

Beschäftigten belohnen, z. B. durch starre Besoldungsstrukturen und großzügige

Sicherheiten, sollen reduziert werden. Im Gegenzug sollen positive Anreize verstärkt

werden, indem Verhalten belohnt wird, bei welchem persönliche Bedürfnisbefriedigung

mit den Betriebszielen kongruent ist, z. B. durch Leistungslohn-Elemente in variablen

Gehaltskomponenten. Außerdem soll die Personalpolitik stärker dem jeweiligen Betrieb

dezentral überlassen werden, also auch Entscheidungen hinsichtlich der Stellenzahl und

Bewerberauswahl. Die Durchlässigkeit für Quereinsteiger soll sich erhöhen. Rigiditäten

mit laufbahnrechtlichen Gründen sollen sich verringern.233

3.6 Widerstände und Barrieren

Wie in jeder Organisation sind auch im öffentlichen Sektor Veränderungsprozesse

vielfältigen Barrieren und Widerständen ausgesetzt. Folgende Gegebenheiten können

ursächlich sein:234

• Einzelne Personen, Personenkonstellationen, Interessengruppen oder gruppen-

dynamische Effekte.

• Ablehnung der Initiierungs- und Umsetzungsart der Reform.

• Mangelnde Spezifizierbarkeit oder Inkonsistenzen von Reformzielen.

• Ungünstiger Reformzeitpunkt und weitere situative Faktoren.

• Reforminhalte werden nur unzureichend von den höheren Ebenen unterstützt oder auf

der ausführenden Ebene wegen mangelnder Akzeptanz nur halbherzig umgesetzt,

manipuliert oder vorsätzlich missbraucht.

• Mangel an Zeit, Ressourcen und institutionellen Anreizstrukturen.

• Unklare Führungsstrukturen der Umsetzung und unklare Kompetenzdefinitionen.

• Veränderung der politischen Machtverhältnisse während der Umsetzung.

Die erstgenannten Punkte sind noch am ehesten durch gezielte Steuerung zu beeinflussen.

232 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 218-223, 409 ff., 423-429; Budäus (1998), S. 77-80; Conrad

(2003), S. 256-262; Haiber (1997), S. 18 f.; Landesregierung Nordrhein-Westfalen (2003), S. 14-19; Schedler/Proeller (2006), S. 55 f., 232-236; Studer (2006), S. 358-363; Thom/Ritz (2006), S. 32.

233 Vgl. Kissler/Bogumil et al. (1997), S. 200; Landesregierung Nordrhein-Westfalen (2003), S. 14, 40 f.; Schedler/Proeller (2006), S. 241-244; Tondorf (1997), S. 12 f.

234 Vgl. Schedler/Proeller (2006), S. 284 ff.; Thom/Ritz (2006), S. 95 f.

Page 105: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 87

Ausgehend von der modelltheoretischen Annahme des verfolgten Eigennutzes der Akteure

kann es rational sein, die Mitwirkung an einzelnen Reformelementen zu verwehren, da ggf.

Anstrengung und Nachteile aus der Veränderung erwartet werden, aber u. U. kein

kompensierender Reformnutzen. In der Entstehungsgeschichte staatlicher Institutionen

sind Kontinuität und Robustheit aber auch bewusst als Schutz vor politischen Krisenpha-

sen organisatorisch verankert.235 Dies erschwert das gewollte Umsetzen von Veränderun-

gen. Widerstände gegen organisatorischen Wandel und deren Folgen können zusammen-

fassend wie folgt kategorisiert werden (Tab. 14):

Art des Widerstandes verursacht durch führt zu

Wissensbarrieren Personenbedingte Informationsdefizite Unkenntnis

Fähigkeitsbarrieren Personenbedingte Qualifikationsdefizite Schlechterfüllung

Willensbarrieren Personenbedingte Motivationsdefizite Weigerung

Systembarrieren Systembedingte Ressourcendefizite Trägheit

Normbarrieren Personen- und Systembedingte Entfaltungsdefizite Anpassung

Tab. 14: Arten des Widerstandes gegen Wandel und deren Folgen

Quelle: Thom/Ritz (2006), S. 97 ff.

Für den öffentlichen Sektor sind die Normbarrieren besonders hervorzuheben: Sie

kennzeichnen das „Nicht-Dürfen“ der Mitarbeitenden. Stark ausgeprägte Normen und

Regelungen der Bürokratie bremsen das Potenzial fähiger Mitarbeiter und stellen eine

Restriktion für intendierte Kulturveränderungen dar.236

Die stärkere Managementorientierung im NPM und damit verbundene Entpolitisie-

rung von Entscheidungen und Prozessen engt die Freiheit der Entscheidungsträger ein und

läuft dem Charakteristikum der Politisierung des öffentlichen Sektors zuwider.237

Das zeitliche Zusammenfallen von NPM-Reformen mit der anhaltenden Finanzkri-

se der öffentlichen Hand und Personalabbau erschwert die Akzeptanz von NPM oder

dominiert es sogar. Es macht sich schnell Ernüchterung breit, verbunden mit dem Urteil

von Betroffenen, dass NPM vorrangig finanzielle Einsparungen bringen soll. Reformansät-

ze wirken dann wie Euphemismen, wenn als Absicht primär fiskalische Interessen

unterstellt werden, z. B. der tief greifende Personalabbau im öffentlichen Dienst. Das

verdeckt letztlich qualitative Vorteile und strategische Ziele von NPM und senkt die

Umsetzungschancen, da die Motivation des Personals und die inhaltliche Überzeugungskraft

235 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 96. 236 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 99. 237 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 410.

Page 106: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

88 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

von NPM abnehmen. Es kommt zu Reformmüdigkeit und gefühlter Sinnentleerung.238

Zentrale Reformwerte wie Leistungsorientierung, Innovation, pragmatische Prob-

lemlösungskompetenz, Qualitäts- und Wirkungsorientierung stehen in diametralem

Gegensatz zu den tradierten Weberschen Werten.239 Insofern treffen bei der Einführung

von NPM zwei Wertgefüge aufeinander, deren Transformation fraglich erscheint. Fest

steht, dass zur vollumfänglichen Umsetzung von NPM grundlegende Rahmenbedingungen,

z. B. die rechtsstaatliche Ordnung, geändert werden müssten: Entscheidungsspielräume der

Verwaltung müssten beispielsweise erweitert werden, um pragmatische Lösungskompe-

tenzen umzusetzen, was der Gleichbehandlung der Bürger durch strikte Regelanwendung

zuwiderläuft. Ob diese Veränderungen stets tatsächlich gewollt und von Vorteil sind, muss

kritisch hinterfragt werden.240

Das hinter NPM stehende Menschenbild muss auf seine Gültigkeit hinterfragt wer-

den. Nicht jeder Mensch reagiert auf steigende Verantwortungsbereiche, Autonomie und

Förderung positiv; eine Leistungsmotivation setzt Freude an Leistung voraus, was

insbesondere im öffentlichen Dienst mit seinen Sicherheits- und Schutzräumen nicht

immer gegeben sein muss. Folglich könnten die Ziele des Personalmanagements nicht

immer auf den beschriebenen Wegen erlangt werden.

Auch auf theoretischer Ebene kann ein Widerspruch identifiziert werden: das posi-

tive Menschenbild der modernen Managementlehre mit der implizierten Forderung nach

Handlungsfreiräumen und intrinsischen Motivatoren einerseits bzw. Public Choice und die

Principal-Agent-Theorie mit dem zu Grunde liegenden Menschenbild des eigennutzorien-

tierten homo oeconomicus und den daher notwendigen extrinsischen Leistungsanreizen

und Kontrollmechanismen andererseits.241

Widerstände können sich auch aus Gründen ergeben, die in der konkreten Realisie-

rung liegen. Angesichts der Komplexität von NPM werden oft nur Teile umgesetzt. Dabei

kann sich nicht die volle Wirkung entfalten. Zudem werden die Reformen nicht immer

adäquat den individuellen Gegebenheiten angepasst oder die Implementierung wird nicht

ausreichend koordiniert. Das senkt die Akzeptanz und erschwert weitere Reformschritte.

Übertriebene bis euphorische Erwartungen an Reformerfolge und deren Nutzen können zu

Frustrationen führen.242

238 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 363, 436 f., 448 f., 529 f.; Hautmann/Leipold et al. (1998), S. 13;

Schedler/Proeller (2006), S. 288. 239 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 446 f. 240 Ebenda, S. 448. 241 Vgl. Schedler/Proeller (2006), S. 291-294. 242 Vgl. Thom/Ritz (2006), S. 36 f.

Page 107: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 89

Letztlich gewünscht und zielführend ist ein nachhaltiger Kulturwandel im öffentlichen

Sektor. Dieser ist nur dann möglich, wenn die neuen Werte und Konzepte von den

kulturprägenden Verantwortungsträgern aller Institutionen kommuniziert und vorgelebt

werden. Das setzt voraus, dass die politische Spitze und die obersten Führungskräfte von

den Reforminhalten und -zielen selbst überzeugt sind.243 Doch gerade bei diesem

Personenkreis besteht häufiger Skepsis und Zurückhaltung als auf der mittleren Ebene und

an der Basis.244

Allgemein kann aus der Reformpraxis heraus formuliert werden, dass nachhaltige

Erfolgschancen von NPM-Reformen vor allem dann gegeben sind, wenn das politisch-

administrative System möglichst umfassend miteinbezogen wird und die Gegebenheiten

und die Komplexität des öffentlichen Sektors berücksichtigt werden.245

Die im NPM zentrale Idee der Wirkungsorientierung kann auf praktische Handha-

bungsprobleme stoßen: Die Wirkungsmessung und -zuordnung wird durch exogene

Einflussfaktoren, Nebenwirkungen und time lags erschwert. Ferner sind die notwendigen

Kausalketten, insbesondere vom Output bis zum Outcome, nicht immer vollständig oder

nur mit erheblichem Forschungsaufwand verfügbar. Es besteht eine Prognoseproblematik

bezüglich der zur Planung notwendigen Kenntnis über die Zukunftsentwicklung. Eine

temporäre Lösung kann darin bestehen, anstelle der abstrakteren Wirkungen zunächst die

Leistungen zu messen und zu bewerten.246 Jedoch ist auch dieses nicht immer problemfrei:

In Singapur und Neuseeland wurde beispielsweise in einigen Sektoren eine konsequente

Budgetierung nach Leistung eingeführt. Bei der Leistungsmessung kam es zu Messprob-

lemen, da ein Interpretationsspielraum bestanden hat (z. B. Treffgenauigkeit der

Wettervorhersage) und da qualitative Aspekte ignoriert wurden (z. B. in der Ministerialbü-

rokratie: zur Beurteilung wurde lediglich Anzahl von Korrespondenzen herangezogen ohne

Berücksichtigung von Länge und Inhalt). Bei statistischen Erhebungen von Rechtsüber-

schreitungen und Kriminalität waren deutliche Rückgänge zu verzeichnen, als diese

budgetäre Auswirkungen bekamen, was ebenso auf Spielräume beim Zählen, Messen und

Interpretieren zurückgeführt wird. Folglich kann in der Operationalisierung und

Leistungsobjektivierung von öffentlichen Diensten eine Barriere gesehen werden.247

243 Vgl. Rechnungshof von Berlin (2006), S. 46; Thom/Ritz (2006), S. 79 f. 244 Vgl. Rechnungshof von Berlin (2006), S. 47; Schedler/Proeller (2006), S. 285. 245 Vgl. Schedler/Proeller (2006), S. 287. 246 Ebenda, S. 291. 247 Vgl. Jones (2004), S. 196 f.; ähnliche Befunde, insbesondere für Wirkungsindikatoren in der Schweiz vgl.

Rieder (2005), S. 153-157; zur Methodologie von NPM-Reformen vgl. auch Rieder/Lehmann (2002), S. 37-40.

Page 108: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

90 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

3.7 Kritik an NPM

3.7.1 Kritik am Paradigma des NPM

Häufig geäußerte Kritikpunkte und mögliche Entgegnungen werden im Folgenden

dialogartig zusammengefasst:

• NPM verfolgt eine „Ökonomisierung“ des Staats und der Verwaltung und ist

einseitig mikroökonomisch orientiert. Es geht im Kern nur um Einsparungen248:

Die Intention einer verstärkten Anwendung der (mikro-)ökonomischen Rationalität als

Entscheidungsgrundlage durch NPM ist unbestritten. Dies ist jedoch kein Selbstzweck,

sondern geschieht in dem Anliegen, die immer knapper werdenden öffentlichen

Ressourcen möglichst effizient und effektiv einzusetzen, etwa durch die abverlangte

Wirkungsorientierung bei politischen Entscheidungen. Dies dient – im Fall der

Realisierung – der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt und damit allen Bürgern.249 In

welchem Umfang die ökonomische Rationalität an Bedeutung gewinnt, entscheidet

letztlich der Gesetzgeber durch die Umsetzungstiefe und -ausgestaltung von NPM.

Somit ist gesichert, dass die demokratische Legitimation erhalten bleibt.

• NPM ist lediglich ein naiver Transfer von privatwirtschaftlichen Konzepten auf

den öffentlichen Sektor. Es besitzt keinen innovativen Gehalt, sondern ist eine

substanzlose Mixtur bereits vorhandener Theorien250: NPM leugnet nicht, dass es

sich bereits existenter Konzepte und Theorien bedient, geht jedoch über diese deutlich

hinaus, vor allem in der interdisziplinären Verbindung der Ansätze, welche die

unterschiedlichen Ebenen vom Bürger bis zum Staat systematisch in einen Zusam-

menhang bringt.251 Damit kann NPM idealerweise die paradigmatische Grundlage und

der Nährboden werden, auf dem die Anwendung moderner Management-Konzepte

möglich wird. Dass NPM als ein international rezipiertes Konzept aus einer Reihe von

Bausteinen besteht, erleichtert bzw. ermöglicht erst die notwendige Anpassung an die

höchst unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten. Die anfängliche Zeit der Früh-

adoptionen mittels naiver Übertragung auf den öffentlichen Sektor ohne Modifikatio-

nen ist beendet. Forschung und Praxis haben erkannt, dass eine wichtige Aufgabe darin

besteht, die einzelnen NPM-Ansätze den Erfordernissen anzupassen. Sofern sich

privatwirtschaftliche Konzepte bewährt haben, ist gegen eine Übertragung aus

248 Vgl. Dose (2006), S. 343; Löffler (2003), S. 19-25; Pitschas (2004), S. 2; Reichard (2003), S. 119 f. 249 Vgl. Lane (2000), S. 72-75; Reichard (2003), S. 119 f. 250 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 363; Rommel/Christiaens et al. (2005), S. 14 f.; Schedler/Proeller

(2006), S. 281; Thom/Ritz (2006), S. 3; Walkenhaus/Voigt (2006), S. XI, XXVI f. 251 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 559; Kopp (1997), S. 6 f.; Schedler/Proeller (2006), S. 184 f.;

Page 109: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 91

Gründen der Zweckmäßigkeit nichts einzuwenden. Mit Intensivierung der noch jungen

evaluativen Forschung werden zunehmend fundierte Erfahrungswerte gewonnen, die

Anhaltspunkte für die weitere Implementierung geben.252

• Das Staatsbild des NPM ist unrealistisch und mit dem herrschenden

Demokratieverständnis, den Weberschen Idealen und der Gewaltenteilung

unvereinbar: Dies ist vermutlich der wesentliche Grund, warum in Deutschland ein

vollumfänglich implementiertes NPM mittelfristig unrealistisch ist und die

Binnenreform der Verwaltung mit einzelnen NPM-Teilreformen zur Zeit dominiert.

Selbstverständlich muss sich auch NPM demokratisch und rechtsstaatlich

legitimieren.253 Die Kantone der Schweiz sind experimentierfreudig und erproben

bereits seit bis zu zwei Legislaturperioden das interdisziplinäre Kernelement von

NPM, die wirkungsorientierte Verwaltungsführung (WoV), auf breiter Basis. Die

Erfahrungswerte werden 2013 in einem Parlamentsbericht zusammengetragen und

werden vermutlich Anlass zur Strukturdiskussion auch in anderen Ländern geben.254

• NPM verkennt die Eigenheiten der jeweiligen Akteure im öffentlichen Sektor und

geht einseitig von einer betriebswirtschaftlichen (Management-)Rationalität aus:

Die Problematik ist den Vertretern des NPM durchaus bewusst. Daher wird in

unterschiedlichen Rationalitäten-Kategorien geforscht. Es kann davon ausgegangen

werden, dass die Akteursgruppen und deren Entscheidungslogik langfristig lern- und

anpassungsfähig sind, somit interdisziplinäre NPM-Ansätze noch weiterentwickelt

werden und fruchten können.255 Die Vorzüge der Wirkungsorientierung bedürfen noch

der intensivierten Kommunikation gegenüber der Bevölkerung. Wenn diese populär

geworden ist, wird die Implementierung und damit verbundene Kompetenzumgestal-

tung bzw. das veränderte Rollenverständnis bei einigen Akteuren leichter fallen.256

• NPM zielt primär auf eine Privatisierung öffentlicher Aufgaben und eine

Aushöhlung des Staates ab: Die Konnotation von NPM mit einer Privatisierungswel-

le wurde durch eine Entwicklungsphase des NPMs in den 1980er-Jahren in bestimm-

ten Ländern (Großbritannien u. a.) geprägt. Privatisierungen verfolgen keinen Selbst-

zweck, haben daher keine normative Allgemeingültigkeit und wurden in der theoreti-

schen Diskussion inzwischen durch Ansätze der (Good) Governance weitgehend

Thom/Ritz (2006), S. 3.

252 Vgl. Lane (2000), S. 6 f. 253 Vgl. Mastronardi (2004), S. 118 f.; Pitschas (2004), S. 24 f. 254 Vgl. Heimgartner/Dietrich (2008), S. 16 f.; ein Zwischenstand vgl. Rieder/Lehmann (2002), S. 28-35. 255 Vgl. Schedler (2004), S. 127 f.; Thom/Ritz (2006), S. 29 ff. 256 Vgl. Kettiger (2004), S. 215 ff.; Schedler (2004), S. 126 f.; Schedler/Proeller (2006), S. 282.

Page 110: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

92 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

abgelöst (vgl. nächstes Kapitel).257 Es wird anerkannt, dass ein leistungs- und anpas-

sungsfähiger Staat eine gewisse Mindestgröße benötigt (vgl. Leistungstiefen in Kap.

3.5.1). Im Übrigen wurde und wird NPM auch in Staaten angewendet, welche

traditionell einen starken, umfangreichen öffentlichen Sektor besitzen (Skandinavien

u. a.).

• Die Effizienzziele des NPMs können zu Lasten der Qualität oder Sicherheit

öffentlicher Güter gehen. Die Dezentralisierungs- und Privatisierungstendenzen

entmachten den Staat und die politische Einflussnahme258: NPM schafft verstärkte

Handlungsspielräume an den ausführenden Stellen, z. B. durch Globalbudgets. Die

verringerten Möglichkeiten der direkten Einflussnahme durch die Politik steigern

zweifelsfrei den Bedarf an starken und differenzierten Kontrollmechanismen, zumal in

Folge der neuen Freiheiten Verteilungskämpfe um Macht und Ressourcen entstehen

können, die eine Chance und zugleich auch eine Gefahr darstellen.259 Hier ist primär

die Regulierungskompetenz des Gesetzgebers gefragt. Es steht der Politik frei,

(Kooperations-)Modelle zu schaffen, in denen bestimmte, ausdrücklich definierte

Mitspracherechte und Detailentscheidungen der Legislative vorbehalten bleiben. Dies

ist vorrangig eine individuelle Frage des jeweiligen Vertrags bzw. des jeweiligen

Gesetzes.

3.7.2 Governance-Konzepte als Ablösung von NPM? Ein Ausblick

Der Begriff der Governance schlägt sich seit einigen Jahren vertieft in der Literatur und

Diskussion nieder. Dabei ist er noch unschärfer definiert als NPM. Allgemein handelt es

sich bislang um ein sehr dehnbares sprachliches Konstrukt als allgemeiner Sammelbegriff

für Steuerungs- und Regelungsbeziehungen.260 Im Folgenden wird von einem normativen

Governance-Begriff ausgegangen, der von einigen Autoren als Ablösung von NPM als

Steuerungskonzept für den öffentlichen Sektor gesehen wird:261

Im Konzept der (Public) Governance wird die starke Managementorientierung von

NPM und NSM mit der Begründung abgelehnt, die Zivilgesellschaft sei zu wenig als

Handlungsakteur einbezogen worden, wodurch es – analog zum Staats- und Marktversagen

– zum Gesellschaftsversagen kommen kann. Dieser Gedanke mündet in eine stärkere

Verantwortungsübertragung an den Bürger und in eine größere aktive Beteiligung

257 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 449 f.; Dose (2006), S. 343 f.; Prätorius (2006), S. 62;

Schedler/Proeller (2006), S. 289. 258 Vgl. Dose (2006), S. 343. 259 Vgl. Brede (2005), S. 117 f.; Schedler (2004), S. 139 ff.; Schedler/Proeller (2006), S. 281, 290. 260 Vgl. Budäus (2005), S. 2. 261 Vgl. Budäus (2005), S. 2; Lane (2000), S. 6; Thom/Ritz (2006), S. 10 ff.; Walkenhaus/Voigt (2006),

Page 111: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors 93

desselben („Bürgerkommune“). Der Staat soll als Initiator und Moderator des

bürgerschaftlichen Engagements wirken und zur Partizipation animieren. Er ist zwar

letztlich doch gesamtverantwortlich – insoweit deckt sich das Staatsbild mit dem NPM-

Gewährleistungsstaat, teilt sich aber die Verantwortung mit den Bürgern („neues

Staatsparadox“). Es geht weniger um die starre Alternativenwahl zwischen Markt und

Staat, die im Konzept des schlanken Staats zu Gunsten einer stärkeren Marktorientierung

gefällt wurde, sondern mehr um eine neue Verantwortungsteilung und -stufung

(Gewährleistung, Finanzierung, Vollzug, Führung). An die Stelle von Markt und

Hierarchie treten als Steuerungsform kooperative Netzwerke, Koproduktion mit Bürgern

und weiteren Privaten, gesellschaftliche Leistungsaktivierung und Dialog. Insofern wird an

den öffentlichen Sektor die Anforderung herangetragen, nicht nur post-bürokratisch,

sondern auch post-modern zu agieren, nämlich neben der herkömmlichen Trias

Gesetzgeber, Regierung und Bürger auch in Interaktion und Konkurrenz zu alternativen

Leistungsanbietern und vielfältigen gesellschaftlichen Akteuren.262 (Public) Governance

berücksichtigt als junge, neue Disziplin einer Regierungslehre den interdisziplinären

Charakter und die verschiedenen Akteure stärker als NPM. Insofern ist Governance auch

ein integrativer Ansatz, in dem betriebs- und marktwirtschaftlichen Aspekten weniger

Raum zugestanden wird.263

Eine Entgegnung wird zunächst dadurch erschwert, dass es (noch) kein allgemein

akzeptiertes, klar konturiertes und in sich geschlossenes Governance-Konzept gibt. Somit

liegt ein (temporärer) Vorteil von NPM in der Verknüpfung von Politik- und Regierungs-

ebene bis hin zu konkreten Instrumentarien. Dabei zeichnet sich jedoch ab, dass

Instrumentarien des NSM bzw. der Verwaltungsreform auch von Governance beansprucht

werden, etwa das reformierte öffentliche Rechnungswesen.264

Governance sieht die Reformziele der Effizienz- und Effektivitätssteigerung, der

Bürger- und Dienstleistungsorientierung im öffentlichen Sektor als sekundär an und betont

anstelle dessen Partizipation und bürgerschaftliches Engagement.265 Diese Gewichtung

erscheint in Zeiten erneut stark steigender Staatsverschuldung und der damit verbundenen

negativen Wohlfahrtseffekte und intergenerativen Lastenverschiebungen fraglich. Die in

dieser Arbeit empirisch betrachteten Kultureinrichtungen gehören zur Leistungsverwaltung

bzw. zu öffentlichen Betrieben, welche im Zuge der Leistungserstellung permanent mit

S. XII

262 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 440 f., 566-577; Kettiger (2004), S. 212 ff.; Prätorius (2006), S. 61; Thom/Ritz (2006), S. 11 f.; Walkenhaus (2006), S. 319-325; Walkenhaus/Voigt (2006), S. XXVI f.

263 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 450 f.; Budäus (2005), S. 9. 264 Vgl. Saß (2005), S. 356-359.

Page 112: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

94 3. New Public Management im Kontext der Reformen des öffentlichen Sektors

Effizienzfragen konfrontiert sind. Daher kann die stärkere Management-Orientierung im

NPM als hochrelevant für den Teilbereich der öffentlichen Unternehmen angesehen

werden. Zwar gewinnen auch Ehrenamt und Mäzenatentum im Kulturbetrieb zunehmend

an Einfluss, aber eine substanzielle Entlastung des Produktionsprozesses und der damit

verbundenen Management-Entscheidungen und Kosten ist dabei nicht greifbar.

Ökonomische Zielsetzungen und Fragen der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Sektors

behalten ihre Berechtigung bzw. erfahren durch die geschilderte Betroffenheit infolge der

Wirtschafts- und Finanzkrise eine noch gesteigerte Aktualität. Jann urteilt:

„Nicht die Einführung moderner Management- und Steuerungsmethoden ist zu rechtfertigen,

sondern deren Ablehnung.“266

Es erscheint daneben fraglich, ob Governance und NPM als unvereinbare entgegengesetzte

Pole einer Achse gesehen werden müssen. Die politische Leitidee vom schlanken Staat ist

mit bürgerschaftlichem Engagement vereinbar, wo dieses zur Erfüllung öffentlicher

Aufgaben eingesetzt werden kann: Ein Staat kann schlank und aktivierend sein. NPM lehnt

eine Einbindung zusätzlicher Akteure nicht kategorisch ab, auch wenn es dieses im

Gegensatz zu Governance nicht als Selbstzweck ansieht. In der Forschung zu Rationalitäts-

Kategorien kommt dieses u. a. zum Ausdruck.267

Nicht zuletzt muss sich auch Governance legitimieren, sowohl in den Interaktionen

mit einem demokratisch gewählten Parlament als auch hinsichtlich seiner Problemlösungs-

kompetenz. Die gegenwärtig positive Konnotation von Governance belegt noch keine

Funktionalität.268 Diesbezüglich ist NPM – bei allen zwischenzeitlich gewonnenen

kritischen Einschränkungen – theoretisch und empirisch stärker ausgereift.

265 Vgl. Budäus (2005), S. 9. 266 Zitiert nach Thom/Ritz (2006), S. 33. 267 Vgl. Schedler/Proeller (2006), S. 63 ff. 268 Vgl. Budäus (2005), S. 11.

Page 113: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

4. Entwicklung der Thesen 95

4 Entwicklung der Thesen

4.1 Hauptthese: NPM führt zu Effizienzsteigerung

Es ist ein zentrales Ziel von NPM, die Effizienz und Effektivität im öffentlichen Sektor

durch Anwendung bestimmter Instrumente zu steigern.269 Dabei werden die Legitimation

und Legalität des Staates vorausgesetzt. Da die Kulturbetriebe in hohem Maße von

Steuergeldern abhängig sind und zudem zu den produzierenden öffentlichen Betrieben

gehören, ist die genannte NPM-Zielsetzung durch die Knappheit an finanziellen

Ressourcen für die Grundgesamtheit hochrelevant. Das Teilziel der Effektivität wird nicht

explizit betrachtet, da die innerbetriebliche Perspektive (Effizienz als Input-Output-

Verhältnis)270 bei dieser Arbeit im Vordergrund steht. Ferner hätte die Frage, ob das

Outcome die erwünschten Zielwirkungen erreicht (Effektivität im NPM-Verständnis), eine

andere methodische Vorgehensweise bei der empirischen Untersuchung erfordert. Somit

lautet die Hauptthese: Die Einführung von NPM-Instrumenten in öffentlich

bezuschussten Theatern und Orchestern führt zu einer Steigerung der Effizienz.

Diese These wird im empirischen Teil abschließend im Kap. 10 an den nachfolgenden

Thesen anknüpfend beurteilt. Die Thesen 5 und 7 bis 9 beinhalten das Effizienzziel der

Hauptthese explizit, die übrigen Thesen 1 bis 4 und 6 implizit: durch eine verbesserte

Steuerung auf Basis eines Zugewinns an steuerungsrelevanten Informationen soll gemäß

NPM (vgl. Kap. 1.2 und Tab. 1) mittelbar eine Effizienzsteigerung der Kulturbetriebe

eintreten.

4.2 Thesen zum externen Rechnungswesen

4.2.1 Wirklichkeitsnähere Abbildung durch Doppik

Die Erweiterung der reinen Liquiditätsbetrachtung in der Kameralistik zur doppischen

Darstellung von Erfolgsrechnung (GuV) und Vermögensrechnung (Bilanz) möchte einen

gesteigerten Aussagegehalt erreichen. Die zusätzlichen Informationen sollen eine neue

betriebswirtschaftliche Erkenntnis hervorbringen. Dies geschieht durch die umfassendere

Abbildung des Betriebs im Rechnungswesen, z. B. durch Ausweis von Vermögen und

Schulden in der Bilanz, durch die neue Transparenz über Ressourcenverbrauch und

-aufkommen in der GuV. Auf diese Weise wird der über die Liquiditätsentwicklung

269 Vgl. Buchholtz (2001), S. 88; Schedler/Proeller (2006), S. 55; Wagner (1995), S. 205. 270 Vgl. Budäus (1998), S. 59.

Page 114: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

96 4. Entwicklung der Thesen

hinausgehende Erfolg des Handelns festgestellt.271 Zwei im öffentlichen Bereich besonders

wichtige Punkte sind das Anlagevermögen, welches den Wert des öffentlichen Eigentums

ausweist, und die Rückstellungen, welche insbesondere Pensions- und Rentenansprüche

z. B. aus Altersteilzeitvereinbarungen beinhalten. Diese Darstellungen führen im Idealfall

dazu, dass die Darstellung des Betriebs im Rechnungswesen näher an der wirtschaftlichen

Realität liegt. Daher lautet These 1: Wenn die Kameralistik durch die Doppik abgelöst

wird, dann führt dies zu einer wirklichkeitsnäheren Abbildung des Ressourcen-

verbrauchs (GuV) und der Vermögensverhältnisse (Bilanz).272

4.2.2 Neuer steuerungsrelevanter Informationsgehalt durch Doppik

Da die Umstellung des Rechnungswesens und die damit verbundene Informationszunahme

kein Selbstzweck ist, muss erwartet werden, dass ein zusätzlicher Nutzen aus den

gewonnenen Daten hervorgeht. Da das Oberziel die Steigerung der Effizienz ist, bedarf es

entsprechender Handlungsentscheidungen. Voraussetzung hierfür ist die Verfügbarkeit von

neu gewonnenen, steuerungsrelevanten Informationen. Nicht zuletzt der erfolgsfokussie-

rende Charakter der Doppik stellt einen Wesensunterschied gegenüber der finanz-

wirtschaftlich, primär am Ausgleich von Ausgaben und Einnahmen orientierten

Kameralistik dar.273 Doppik wird z. B. von Fudalla/Wöste als Grundlage für die

Beurteilung, Steuerung und Kontrolle der Wirtschaftlichkeit gesehen.274 Folglich lautet

These 2: Wenn doppik-basierte Darstellungen vorliegen, so geht aus diesen ein neuer

steuerungsrelevanter Informationsgehalt hervor.

4.2.3 Steigerung der Nachhaltigkeit durch Doppik

Es wäre eine falsche Erwartungshaltung, unmittelbare Beiträge der Doppik zur Haushalts-

konsolidierung zu erwarten. Jedoch wird mit dem Umstellungsprozess durchaus verfolgt,

auf Basis neuer Informationen aus der Doppik und weiteren NPM-Instrumenten eine

langfristige Haushaltskonsolidierung durch nachhaltige Wirtschaftsführung zu erreichen.

Dies bezieht sich vor allem auf die Ressourcensteuerung, welche gegenüber der

liquiditätsorientierten Kameralistik auf einer erweiterten Ressourcendefinition basiert.275

Nur wenn die in einer Periode verbrauchten Ressourcen auch in dieser Periode

erwirtschaftet wurden, so liegt Nachhaltigkeit im Sinn einer intergenerativen Gerechtigkeit

271 Vgl. Brede (2005), S. 196; Fudalla/Wöste (2005), S. 16 f., 22, 27; Schmidt (2004), S. 339. 272 Der Gegenstandsbereich dieser und der nachfolgenden Thesen bezieht sich, ohne dass es erneut explizit

genannt wird, auf die Grundgesamtheit der öffentlich bezuschussten Theater und Orchester in Deutschland, vgl. Kap. 5.1.

273 Vgl. Blanke/Einemann et al. (2005), S. 262 f.; Schmidt (2004), S. 340. 274 Vgl. Fudalla/Wöste (2005), S. 10, 27.

Page 115: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

4. Entwicklung der Thesen 97

vor. Dieses Ziel ist gemäß NPM nur mit dem kaufmännischen Rechnungswesen zu

erreichen.276 Im Rahmen dieser Arbeit soll untersucht werden, ob es Anzeichen dafür gibt,

dass aus den neu hinzukommenden nicht-zahlungswirksamen Geschäftsvorfällen in den

Kulturbetrieben eine Steigerung der Nachhaltigkeit beobachtbar ist. Daher lautet These 3:

Die Umstellung auf Doppik führt zu einem nachhaltigeren Wirtschaften.

4.3 Thesen zum internen Rechnungswesen

4.3.1 Erhöhung der wirtschaftlichen Transparenz durch KLR

Ergänzend zu dem globalen Wirtschaftsplan ermöglicht die Kosten- und Leistungsrech-

nung differenzierte Auswertungen des Realgüterprozesses: Mithilfe von Mengen und

Preisen lassen sich Kosten systematisch nach Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträ-

gern abbilden. Im Rahmen einer Vollkostenrechnung können die Selbstkosten der

Produkte (Inszenierungen, Konzerte, Ausstellungen etc.) ermittelt werden: Einzelkosten

werden sofort auf die Kostenträger gebucht, Gemeinkosten über einen Betriebsabrech-

nungsbogen, der die einzelnen Kostenarten den Kostenstellen zuordnet, letztlich auf die

Kostenträger verrechnet. Berücksichtigt man den Erlös der erstellten Leistungen und stellt

ihn den variablen Kosten gegenüber, lässt sich ein Deckungsbeitrag oder eine mehrstufige

Deckungsbeitrags-Hierarchie ermitteln. Dies dient der eher kurzfristig orientierten

betrieblichen Steuerung, da variable Kosten leichter und schneller zu beeinflussen sind.

Idealerweise wird transparent, an welchen Orten für welche Outputs in welchen

Größenordnungen Kosten anfallen und in welchem wirtschaftlichen Verhältnis die

einzelnen Produktionen kosten- und erlösseitig zum Ergebnis des Gesamtbetriebs stehen.

Somit kommt der KLR eine wichtige zusätzliche Informationsfunktion zu, da ihre Inhalte

nicht über den Haushaltsplan bzw. die Erfolgsrechnung abgebildet werden können.277 Die

Empirie wird untersuchen, inwieweit in den Kulturbetrieben durch die KLR der

Produktionsprozess abgebildet wird und dadurch eine zusätzliche wirtschaftliche

Transparenz entsteht. Folglich heißt These 4: Die Einführung einer KLR erzeugt eine

erhöhte Transparenz der wirtschaftlichen Zusammenhänge.

275 Ebenda, S. 35. 276 Vgl. Budäus (2006), S. 75. 277 Vgl. Buchholtz (2001), S. 3 f.; Budäus (1998), S. 61 f.; Schedler/Proeller (2006), S. 176 ff.; dezidiert zur

KLR im Kulturbetrieb vgl. Schneidewind (2006), S. 101-137.

Page 116: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

98 4. Entwicklung der Thesen

4.3.2 Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz durch KLR

Vergleichbar zu These 1 sind auch die Daten der KLR kein Selbstzweck, sondern stellen

gemäß der Theorie die sachliche Grundlage und Informationsbasis für Produktionsent-

scheidungen, Beurteilungen, Preisfindungen, Projektentscheidungen etc. dar. Letztlich ist

die KLR eine zentrale Voraussetzung zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Die neuen

Erkenntnisse aus der KLR erweitern die ursprünglich liquiditäts- und rechtsmäßigkeits-

orientierte Perspektive auf die Effizienzebene. Sobald KLR-Daten vorliegen, resultieren

Begründungszwänge für Entscheidungsträger.278 Die öffentlichen Kulturbetriebe

unterliegen z. B. mit der Spielplangestaltung regelmäßig Projekt- und Produktions-

entscheidungen. Es wird zu untersuchen sein, ob die KLR als eine sachliche Entschei-

dungsgrundlage eingesetzt und dadurch das beschriebene Ziel der Effizienzsteigerung

erreicht wird. Somit lautet These 5: Wenn die KLR als eine Entscheidungsgrundlage

adäquat genutzt wird, dann steigt die wirtschaftliche Effizienz.

4.3.3 Erhöhung der Rationalität des Handelns durch Controlling

In Vertiefung der These 5 zielt These 6 darauf ab, dass durch die Anwendung von

operativen und/oder strategischen Controlling-Instrumenten eine rationale Ziel-Mittel-

Beziehung hergestellt und gesichert wird. Dieser Aspekt ist auch auf übergeordneter Ebene

zwischen Zuwendungsgeber und -empfänger relevant, wird im Rahmen dieser Arbeit

jedoch ausschließlich innerbetrieblich betrachtet: Werden Controlling-Instrumente

eingesetzt, z. B. Berichte, Analysen, Budgets, Controlling-Gespräche, Kennzahlensysteme

etc., und sorgen sie für die Rationalität der getroffenen Entscheidungen (Führungsunter-

stützung durch Controlling)? Werden die betrieblichen Teilfunktionen Zieldefinition,

Planung, Ausführung und Kontrolle derart verknüpft, dass sie in funktionaler und

kongruenter Beziehung zueinander stehen (Koordinationsfunktion des Controllings)? Sind

die ausführenden innerbetrieblichen Verantwortungsbereiche in einen Controlling-Zyklus

eingebunden, der eine rationale Steuerung ermöglicht?279 Diese Aspekte werden

zusammengefasst in These 6: Wenn Controlling-Instrumente eingesetzt werden, dann

erhöhen diese die Rationalität des Handelns und Wirtschaftens.

278 Vgl. Brede (2005), S. 200; Buchholtz (2001), S. 3 f., 8, 189; Budäus (1998), S. 28 f., 62; Schulenburg

(2006), S. 112. 279 Vgl. Budäus (1998), S. 63 ff.; Fudalla/Wöste (2005), S. 30; Hahn/Hungenberg (2001), S. 265, 272-276;

Schedler/Proeller (2006), S. 173 f.; Schmidt (2004), S. 264 f.; Wagner (1995), S. 205, 209 f.; We-ber/Schäffer (2008), S. 33-53.

Page 117: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

4. Entwicklung der Thesen 99

4.4 Thesen zum Personalmanagement

4.4.1 Steigerung der Effizienz durch Leistungsorientierte Bezahlung (LoB)

NPM möchte ein „moderneres“ Personalmanagement. Dazu gehören u. a. auch funktionale

Anreizstrukturen in den Entlohnungssystemen. Variable Gehaltskomponenten stellen einen

extrinsischen Anreiz dar, der Leistungspotenziale freisetzen soll. Thom/Ritz urteilen, dass

der öffentliche Sektor allein schon wegen der Verbreitung von Leistungslohnsystemen im

privaten Sektor auf vergleichbare Verfahrensweisen zurückgreifen muss, um konkurrenz-

fähig zu bleiben.280 Generell bejaht NPM auch intrinsische Anreize. Da der Tarifvertrag für

den öffentlichen Dienst (TVöD), das am stärksten verbreitete Tarifwerk für Angestellte im

unmittelbaren und mittelbaren öffentlichen Dienst, seit Inkrafttreten im Oktober 2005

explizit in § 18 die Leistungsorientierte Bezahlung (LoB) vorsieht, findet an dieser Stelle

eine Konzentration auf materielle extrinsische Anreize statt. Deren Wirkung soll überprüft

werden.

Effizienzsteigerung ist bei dieser wie auch den folgenden Thesen als Verbesserung

des Input-Output-Verhältnisses bei den jeweils betroffenen Mitarbeitern gemeint. Eine

Outputsteigerung kann quantitativ oder qualitativ erfolgen. In der Input-Komponente muss

neben der Entlohnung auch der Aufwand für das jeweilige Management-Instrument

berücksichtigt werden. Dieser muss folglich durch die Output-Steigerung überkompensiert

werden, damit die These als gestützt gelten kann. Somit heißt These 7: Wenn die

Leistungsorientierte Bezahlung (LoB) eingeführt wird, führt diese zu einer

Effizienzsteigerung.

4.4.2 Steigerung der Effizienz durch Führungsinstrumente

NPM favorisiert keine bestimmte Führungstechnik, keinen bestimmten Führungsstil und hat

abgesehen von der normativen Positionierung zum optimistischen Menschenbild (vgl. Kap.

3.5.9) auch keine eigene Führungstheorie entwickelt. Es rekurriert auf die HRM-Theorie und

betont, dass die Defizite im Personalbereich im öffentlichen Sektor u. a. durch adäquate

Führung der Mitarbeiter zu lindern sind. Da NPM von einer positiv motivierten Grundhal-

tung der Beschäftigten ausgeht, ist es eine Führungsaufgabe, diese durch entsprechende

Techniken in Taten umzusetzen. Führung und Leadership haben die Aufgabe, Mitarbeiter

280 Vgl. Schedler/Proeller (2006), S. 241 f.; Thom/Ritz (2006), S. 343-353; Tondorf (1997), S. 12-15, 20 f.;

ähnlich auch die Studie von Burgess/Metcalfe vgl. Delfgaauw (2004), S. 5.

Page 118: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

100 4. Entwicklung der Thesen

„loszulassen“ und die Arbeitsanstrengungen auf die betrieblichen Ziele zu lenken.281

Im Kern der empirischen Untersuchung steht die Frage, ob es in den Kulturbetrie-

ben überhaupt eine explizit reflektierte und systematisch implementierte Führungskultur

oder Management-Technik gibt und ggf. zu welchen Auswirkungen diese geführt hat. Dies

könnten z. B. Mitarbeitergespräche oder -beurteilungen und Management-by-Techniken

sein. Daher lautet die offen formulierte These 8: Wenn Führungsinstrumente

systematisch eingesetzt werden, führen diese zu einer Effizienzsteigerung.

4.4.3 Steigerung der Effizienz durch Personalentwicklung

Auch die Instrumente der Personalentwicklung entstammen nicht originär dem NPM,

werden jedoch im Rahmen einer mitarbeiterorientierten Verwaltung im NPM als

unabdingbar eingestuft. Dies impliziert zunächst die Anerkennung des Personals als

Erfolgspotenzial. Die Säulen der Personalentwicklung sind Aus- und Weiterbildung,

qualitative Kompetenzerweiterung (Job Enrichment), quantitative Tätigkeitsanreicherung

(Job Enlargement) und Umschulung (Mehrfachqualifizierung, auch durch Job Rotation).

Diese sollen gewährleisten, dass das betriebsnotwendige Aktivitäts- und Qualitätsniveau

erreicht werden kann. Die Ziele und Entfaltungswünsche des Mitarbeiters sind mit den

betrieblichen Interessen in Einklang zu bringen.282

Auch die Kulturbetriebe unterliegen einem Wandel und Professionalisierungsdruck:

Rechtliche Verselbständigung (vom nachgeordneten Amt zur Theater-GmbH), Einzug von

Kulturmanagement-Elementen, Anwendung von Marketing im Wettbewerb um Besucher

und Aufmerksamkeit, international steigendes künstlerisches Niveau, Fundraising und

Sponsorengewinnung, technische Modernisierung von der Bühnentechnik bis hin zu IT-

Anlagen und nicht zuletzt die Verwaltungsmodernisierung selbst verlangen von den meist

langjährig Beschäftigten ein stetig zunehmendes Qualifikationsniveau. Dies kulminiert

abschließend in These 9: Wenn Personalentwicklungsmaßnahmen systematisch

eingeführt werden, führen diese zu einer Effizienzsteigerung.

281 Vgl. Schedler/Proeller (2006), S. 232-236; Thom/Ritz (2006), S. 386 ff. 282 Vgl. Klümper/Möllers et al. (2004), S. 274 ff.; Schedler/Proeller (2006), S. 243 f.; Thom/Ritz (2006),

S. 358 f.

Page 119: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

4. Entwicklung der Thesen 101

4.5 Zusammenfassende Darstellung sämtlicher Thesen

These BWL-Instrument Wenn-Komponente Dann-Komponente Zusammen-hang zur

Hauptthese

Haupt-these

Ext. und int.

ReWe, Personal-

management

Einführung von NPM-

Instrumenten

Effizienzsteigerung in öffentlich

bezuschussten Theatern und

Orchestern

1 Externes ReWe Einführung Doppik Wirklichkeitsnähere Abbildung

des Ressourcenverbrauchs und

des Vermögens

mittelbar

2 Externes ReWe Doppik-basierte

Darstellung

Neuer steuerungsrelevanter

Informationsgehalt geht hervor

mittelbar

3 Externes ReWe Umstellung auf Doppik

Steigerung der Nachhaltigkeit mittelbar

4 Internes ReWe Einführung KLR Erhöhte wirtschaftliche

Transparenz

mittelbar

5 Internes ReWe Adäquate Nutzung KLR

bei Entscheidungen

Steigerung der wirtschaftlichen

Effizienz

unmittelbar

6 Internes ReWe Nutzung von Controlling-

Instrumenten

Erhöhung der Rationalität des

Handelns und Wirtschaftens

mittelbar

7 Personal-

management

Einführung LoB Steigerung Effizienz unmittelbar

8 Personal-

management

Systematischer Einsatz

von Führungsinstrumenten

Steigerung Effizienz unmittelbar

9 Personal-

management

Systematische Einführung

von Personalentwicklung

Steigerung Effizienz unmittelbar

Tab. 15: Sämtliche Thesen der Untersuchung im Überblick

Quelle: Eigene Darstellung.

Page 120: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

5. Empirische Untersuchung 103

5 Empirische Untersuchung

5.1 Grundgesamtheit und Auswahl der Stichprobe

Die Grundgesamtheit besteht aus den 143 öffentlich getragenen Theatern und 53

selbständigen Kulturorchestern in Deutschland. Diese werden in der seit 1967 jährlich

erscheinenden Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins mit umfangreichem Daten-

material gelistet. Zum Zeitpunkt der Erhebung (Juli 2008 bis Februar 2009) war die

Statistik der Theatersaison 2006/2007 die aktuelle Fassung.283 In die Grundgesamtheit

wurden die Privattheater, Musicals, Festspiele und Rundfunkorchester sowie Kulturbetrie-

be in Österreich und der Schweiz nicht einbezogen; das entspricht den Tabellen 9c, 10, 11,

14 und 15.284 Hier ist die Relevanz von NPM nicht oder nur eingeschränkt gegeben bzw. es

liegen keine vergleichbaren Rahmenbedingungen (öffentlich-rechtliche und kulturpoliti-

sche Gegebenheiten, Finanzierungsstrukturen, Bedeutung des Marktes etc.) zu den

untersuchten Einrichtungen vor. Somit umfasst die Grundgesamtheit 196 Kulturbetriebe,

welche aus öffentlich getragenen und/oder durch Steuergelder bezuschusste Ein- und

Mehr-Sparten-Theatern, Opernhäusern und Orchestern bestehen.

Es wurde mit der Stichprobe eine Mischung aus Repräsentativität und Gewinnung

möglichst vielfältiger qualitativer Aussagen angestrebt. Daher wurde von einer Zufalls-

stichprobe abgesehen. Stattdessen wurde auf Basis nachfolgender Kriterien eine

systematische Stichprobenauswahl vorgenommen:

1. Verhältnis von Theatern zu Orchestern in der Grundgesamtheit

2. Einbeziehung sämtlicher Bundesländer Deutschlands

3. Trägerschaft

4. Größenklasse, gemessen an der Beschäftigtenanzahl

5. Rechtsform

Durch das Einbeziehen unterschiedlicher institutioneller Rahmenbedingungen (Kriterien 2

bis 5) soll eine eventuelle Beeinflussung des Untersuchungsergebnisses durch exogene

Rahmenbedingungen sichtbar gemacht werden, um ggf. Hintergrundvariablen lokalisieren

zu können. In der Theaterstatistik sind diese fünf Kriterien für die Grundgesamtheit nahezu

vollständig aufgeführt, daher ist die Verteilung der Merkmalsausprägungen der fünf

Kriterien in der Grundgesamtheit nahezu vollständig bekannt. Als Stichprobengröße wurde

N = 20 gewählt. Somit wird die Grundgesamtheit mengenmäßig zu 10,2 % erfasst. Da

keine Normalverteilung der Merkmalsausprägungen der Kriterien 2 bis 5 über die

283 Vgl. Deutscher Bühnenverein (2007). 284 Ebenda.

Page 121: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

104 5. Empirische Untersuchung

Grundgesamtheit vorliegt, kann die systematische Stichprobe keine perfekte Repräsentati-

vität der Grundgesamtheit ergeben. Dennoch wurde der Versuch unternommen, die

Auswahl der 20 Kulturbetriebe möglichst genau an der Verteilung der Merkmalsausprä-

gungen der Kriterien innerhalb der Grundgesamtheit zu orientieren, wie nachfolgend

dargestellt und begründet wird.

5.1.1 Primärkriterium 1: Verhältnis von Theatern zu Orchestern

Grundgesamtheit Anteil in % Realisierte Stichprobe Anteil in %

Anzahl Theater 143 73,0 15 75,0

Anzahl Orchester 53 27,0 5 25,0

Summe 196 100 20 100

Tab. 16: Verteilung des ersten Primärkriteriums

Quelle: Deutscher Bühnenverein (2007), S. 224-227, 253.

Beim Primärkriterium 1 (Tab. 16) stand die Repräsentativität im Vordergrund. Daher

wurde die Stichprobe so gewählt, dass die Grundgesamtheit exakt abgebildet wird.

5.1.2 Primärkriterium 2: Einbeziehung sämtlicher Bundesländer Deutschlands

Bundesland Anzahl Theater und Orchester in Grundgesamtheit

Anzahl in realisierter Stichprobe

Baden-Württemberg 23 1

Bayern 27 1

Berlin 11 3

Brandenburg 10 1

Bremen 4 1

Hamburg 5 2

Hessen 6 1

Mecklenburg-Vorpommern 6 1

Niedersachsen 11 1

Nordrhein-Westfalen 39 2

Rheinland-Pfalz 8 1

Saarland 1 1

Sachsen 20 1

Sachsen-Anhalt 12 1

Schleswig-Holstein 33 1

Thüringen 10 1

Summe 196 20

Tab. 17: Verteilung des zweiten Primärkriteriums

Quelle: Deutscher Bühnenverein (2007), S. 224-227, 253.

Beim zweiten Primärkriterium (Tab. 17) wurde das Ziel verfolgt, möglichst heterogene

Rahmenbedingungen inklusive kultur- und finanzpolitischer Ausrichtungen zu erfassen,

um eine hohe Vielfalt an Ergebnissen zu erreichen. Dies ist besonders hinsichtlich der

Page 122: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

5. Empirische Untersuchung 105

unabhängigen NPM-Variablen von Bedeutung, da in den Bundesländern unterschiedliche

Ausprägungen und Implementationsgrade von NPM vorherrschen.285 So wurden

beispielsweise die Grundsätze der ordentlichen Buchführung (GoB) für den öffentlichen

Bereich nicht bundeseinheitlich definiert, so dass in den Ländern teilweise unterschiedliche

Bewertungsregeln gelten. Ferner ist Kulturpolitik eine Angelegenheit der Bundesländer.

Auch bei der öffentlichen Kulturfinanzierung trägt der Bund bedingt durch die föderalen

Strukturen lediglich 12,7 %, die Länder 41,8 % und die Kommunen 45,5 %.286 Einflüsse

durch die legislative und exekutive Staatsgewalt wurden in der Variable Rahmenbedingun-

gen erfasst. Die Lokalisierung des Kulturbetriebs in einem bestimmten Bundesland könnte

daher signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse haben. Somit ist das hier vorliegende

Primärkriterium 2 der Hauptgrund dafür, dass keine Zufallsstichprobe vorgenommen

wurde. Zu Beginn der Erhebung wurden drei Pretest-Interviews in Berlin geführt; aufgrund

der guten Datenqualität erfolgte eine Übernahme in die endgültige Stichprobe.

5.1.3 Sekundärkriterium 1: Trägerschaft

Grundgesamtheit Anteil in % Realisierte Stichprobe Anteil in %

Stadt 88 44,9 7 35,0

Mehrfachträgerschaft/

Sonstige 78 39,8 7 35,0

Land 30 15,3 6 30,0

Summe 196 100 20 100

Tab. 18: Verteilung des ersten Sekundärkriteriums

Quelle: Deutscher Bühnenverein, (2007), S. 10-34, 253; Additionsfehler ist rundungsbedingt. Maßgeblich für die Zuordnung ist die Bezeichnung in der Theaterstatistik.

Der Träger kann in seiner Eigenschaft als Hauptfinanzierungsgeber maßgeblichen Einfluss

auf das Wirtschaften und Handeln des Kulturbetriebs ausüben, etwa durch die Gestaltung

von Zuwendungsvereinbarungen oder durch den Erlass von Verordnungen. Deshalb wurde

die Art der Trägerschaft bei der Stichprobenwahl mit dem Ziel der Repräsentativität

berücksichtigt (Tab. 18). Die Theaterstatistik weist die Trägerschaft bei den Orchestern in

einer abweichenden Kategorisierung gegenüber bei den Theatern aus. Die bei den

Orchestern zusätzlich genannten Rechtsformen wurden hier unter „Sonstige“ gezählt.

Die Abweichungen zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit ergeben sich aus

dem Umstand, dass in einigen Bundesländern ein bestimmter Typus der Trägerschaft

überdurchschnittlich häufig vorkommt, z. B. kommunale Theater in Bayern (Anteil 60 %),

285 Vgl. Jann (2006), S. 15; Jann (2006a), S. 100. 286 Vgl. Statistische Ämter der Länder und des Bundes (2008), S. 13, Wert aus 2005, gemessen am

Page 123: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

106 5. Empirische Untersuchung

Nordrhein-Westfalen (64 %) und Sachsen-Anhalt (80 %), zudem mit hohen absoluten

Zahlen (12, 16, bzw. 8). In Berlin und Hamburg weist die Theaterstatistik sämtliche

Theater als Landeseinrichtungen aus. Das einzige Theater des Saarlands ist ebenfalls in

Trägerschaft des Landes.287 Daraus folgt, dass mit der Entscheidung für die Einbeziehung

sämtlicher Bundesländer (Kriterium 2) die kommunale Trägerschaft in der Stichprobe

leicht unter- und die Landesträgerschaft überrepräsentiert sind.

5.1.4 Sekundärkriterium 2: Größenklasse gemessen an Beschäftigten (Theater) bzw. Musikern (Orchester)

Grundgesamtheit Anteil in % Realisierte Stichprobe Anteil in %

Groß (Theater >450,

Orchester >100)

75 38,9 7 35,0

Mittel (Theater 200-450,

Orchester 50-100)

80 41,5 11 55,0

Klein (Theater <200,

Orchester <50)

38 19,7 2 10,0

Summe 193 100 20 100

Tab. 19: Verteilung des zweiten Sekundärkriteriums

Quelle: Deutscher Bühnenverein, (2007), S. 118-137, 224-227; Additionsfehler ist rundungsbedingt, drei Kulturbetriebe der Grundgesamtheit ohne Personalangabe in der Statistik.

Da NPM Einfluss auf innerbetriebliche Strukturen und Steuerungsmechanismen nimmt, ist

die Betriebsgröße ein relevantes Kriterium für die Beurteilung von NPM. Sie wurde bei der

Stichprobenwahl ebenfalls mit dem Ziel der Repräsentativität berücksichtigt (Tab. 19). Die

gewählten Kategorien groß, mittel und klein wurden frei definiert.

Die etwas schwächere Repräsentation der kleinen Kulturbetriebe ergibt sich aus

ähnlichen Gründen wie bei der Trägerschaft: Kommunale Theater sind häufiger kleine Ein-

Sparten-Theater (z. B. Sprechbühnen, Kindertheater, Puppenbühnen) und treten in

konzentrierter Weise in den oben genannten Bundesländern auf. Durch diese Ungleich-

verteilung konnte bei der Berücksichtigung sämtlicher Bundesländer kein repräsentativeres

Abbild geschaffen werden; es wurden ersatzhalber mittelgroße Einrichtungen gewählt.

Grundmittelkonzept.

287 Vgl. Deutscher Bühnenverein (2007), S. 253.

Page 124: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

5. Empirische Untersuchung 107

5.1.5 Sekundärkriterium 3: Rechtsform

Grundgesamtheit (nur Theater)

Anteil in % Realisierte Stichprobe Anteil in %

GmbH 46 32,2 7 35,0

Regiebetriebe 37 25,9 3 15,0

Eigenbetriebe inkl. Landesbetriebe

28 19,6 6 30,0

Sonstige 32 22,4 4 20,0

Summe 143 100 20 100

Tab. 20: Verteilung des dritten Sekundärkriteriums

Quelle: Deutscher Bühnenverein, (2007), S. 253; Additionsfehler ist rundungsbedingt.

Bei der Einführung und Umsetzung von NPM-Instrumenten könnte ein Zusammenhang zu

rechtlichen Rahmenbedingungen bestehen (vgl. dazu auch die entsprechende intervenie-

rende Variable im Untersuchungsdesign). Deshalb wurde die Rechtsform bei der

Stichprobenwahl ebenfalls berücksichtigt (Tab. 20). In der Theaterstatistik ist für die

Orchester lediglich der Rechtsträger, nicht jedoch die Rechtsform aufgeführt.288 Daher

konnten bei der Grundgesamtheit nur die Theater berücksichtigt werden. Abweichungen

sind auch hier verteilungsbedingt.

5.1.6 Leitfadeninterviews mit Experten

Als Interviewpartner wurden in den 20 Kulturbetrieben jeweils die Personen mit der

höchsten wirtschaftlichen und/oder administrativen Verantwortung ausgewählt. Dies waren

die Geschäftsführer, kaufmännischen Direktoren bzw. Verwaltungsleiter der Einrichtun-

gen, in einem Fall ein Stellvertreter. Diese Personengruppe trägt im Regelfall alleinig oder

gemeinsam mit der Intendanz die finanzielle und administrative Verantwortung und

verfolgt damit das Erreichen der Formalziele.289 Bei ihr liegen ferner die höchste

Kompetenz des Verwaltungshandelns und damit auch die Verantwortung für eine

eventuelle Einführung von NPM-Instrumenten. Diese Durchsetzungs- und Gestaltungs-

kompetenz in Bezug auf das Forschungsthema begünstigt das für die Erkenntnisgewinnung

zu erreichende hohe Reflektionsniveau. Somit wurde davon ausgegangen, dass die

Geschäftsführer innerhalb der Kulturbetriebe über das vergleichsweise höchste Maß an

entsprechendem Handlungs- und Praxiswissen für die zu rekonstruierenden Prozesse

verfügen.290

288 Ebenda, S. 224-227. 289 Vgl. Ossadnik (1987), S. 284. 290 Vgl. Flick (2007), S. 214-217; Ossadnik (1987), S. 284.

Page 125: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

108 5. Empirische Untersuchung

Zugleich ist die Tätigkeit dieser Berufsgruppe eng mit dem künstlerischen Geschehen und

dem Planungsprozess der Kulturbetriebe verwoben. Daraus ergibt sich auch eine

Kompetenz für künstlerische Belange und übergeordnete Zusammenhänge (Gesamtleitung,

Außendarstellung, öffentlicher Auftrag etc.) sowie eine anteilige Realisierungs-

verantwortung für die Sachziele des Kulturbetriebs. In fünf Einrichtungen waren die

befragten Geschäftsführer in Personalunion kommissarische oder reguläre Intendanten.

Sämtliche Gesprächspartner wurden zunächst angeschrieben. Einige Wochen später

wurde ein Termin zum persönlichen Gespräch vereinbart. Insgesamt haben nur zwei der

angeschriebenen Interviewpartner das Gespräch abgelehnt, so dass die maximal mögliche

Repräsentativität auf Basis der aufgeführten Kriterien nahezu erreicht werden konnte.

Alle Gespräche wurden persönlich vor Ort in den Büros der Gesprächspartner ge-

führt. Sie fanden fast ausschließlich als Einzelinterviews statt. Lediglich in drei

Gesprächen nahm auf Veranlassung des Interviewpartners jeweils eine weitere Person teil.

Es handelte sich um einen Controller, eine Buchhalterin und einen Betriebsratsvorsitzen-

den. Einige Male wurden während des Gesprächs telefonische Einzelauskünfte aus anderen

Abteilungen eingeholt.

Die Gespräche wurden in der Form halbstandardisierter Leitfadeninterviews ge-

führt.291 Dazu diente ein vorab erarbeiteter Fragebogen (vgl. Anhang 3). Nach dem

einleitenden und Überblick verschaffenden Teil wurde vom Interviewer je nach den

Gegebenheiten im aufgesuchten Kulturbetrieb entschieden, in welcher Intensität die drei

Hauptthemen Externes Rechnungswesen, Internes Rechnungswesen und Personal-

management abgefragt wurden. Es wurden stets alle drei Themenbereiche angesprochen.

Das Interview endete immer mit allgemeinen Fragen zu den Rahmenbedingungen und den

abhängigen Variablen künstlerischer und wirtschaftlicher Erfolg. Diese Grobstruktur war

konstant; die Anzahl und die Reihenfolge der tatsächlich gestellten Fragen oblagen situativ

dem Gesprächsfluss, den sachlichen Gegebenheiten vor Ort und der Ausführlichkeit der

Antworten. Die ersten drei Interviews waren zur Erprobung des Fragebogens vorgesehen.

Im Anschluss daran wurden lediglich feine Formulierungsanpassungen vorgenommen und

die Frage zur bürokratischen Rationalität gestrichen (vgl. Auswertung). Daher sind diese

drei Gespräche in die Auswertung eingegangen.

Die Interviews wurden mit einem Aufnahmegerät mitgeschnitten und anschließend

wörtlich transkribiert. Die 20 Befragungen dauerten durchschnittlich 62 Minuten und

ergaben in Gänze 407 DIN-A4-Seiten Text (einzeilige Absatzformatierung).

291 Vgl. Gläser/Laudel (2006), S. 39 f.; Schnell/Hill et al. (2005), S. 386 ff.

Page 126: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

5. Empirische Untersuchung 109

5.1.7 Codierung der Quellenangaben

Auf den genannten fünf Kriterien basierend wurde für jeden der 20 Kulturbetriebe der

Stichprobe ein konstanter 11-stelliger Code ermittelt. Dieser ist wie folgt aufgebaut:

• Zeichen 1+2: Nummer des Interviews (01 bis 20)

• Zeichen 3: Primärkriterium 1 (T für Theater, O für Orchester)

• Zeichen 4+5: Primärkriterium 2 (Buchstabenkürzel für Bundesland)

• Zeichen 6: Sekundärkriterium 1: Trägerschaft (S, M, L)

• Zeichen 7: Sekundärkriterium 2: Größenklasse (G, M, K)

• Zeichen 8: Sekundärkriterium 3: Rechtsform (G, R, E, S)

• Zeichen 9: Gesprächspartner (G für Geschäftsführer, V für Verwaltungsleiter)

• Zeichen 10+11: Wirtschaftlichkeitskennziffer Einspielergebnis in Prozent292

Diesem Code schloss sich in den transkribierten Interviews eine Durchnummerierung der

Textabsätze an (Frage, Antwort, Frage usw.):

• Zeichen 12 bis 15: Fortlaufende Nummerierung des Interviewabsatzes

Fiktives Beispiel: Der Code „08TNWSMEV18-124“ führt auf den 124. Absatz im

Interview Nr. 8 zurück, das mit dem Verwaltungsleiter eines nordrhein-westfälischen

mittelgroßen Theaters in städtischer Trägerschaft, Rechtsform Eigenbetrieb, geführt wurde,

welches ein Einspielergebnis von 18 % erzielt. Durch diese Codierung wurde während

sämtlicher Auswertungsschritte die Quelle der Information stets mitgeführt. Somit waren

auch die wesentlichen Rahmendaten (Zeichen 1 bis 11) jederzeit sichtbar, was das

Erkennen eventueller Zusammenhänge begünstigt hat.

Sämtlichen Gesprächspartnern wurde die Anonymität zugesichert. Daher werden in

der nachfolgenden Auswertung als Beleg lediglich die Nummer des Interviews und der

Absatz zitiert, so dass indirekte Rückschlüsse durch Merkmalsausprägungen nicht möglich

sind, im fiktiven Beispiel: vgl. 08-124.

5.2 Auswertungsmethodik

Die Interviews wurden gemäß der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Dieser Ansatz

wurde bereits im einleitenden Kap. 1 erläutert. Das Vorgehen bei der Extraktion und

Verdichtung orientiert sich am Ansatz von Gläser und Laudel (2006); die Einbeziehung der

292 Vgl. Deutscher Bühnenverein, (2007), S. 196-220 (Spalte 9); Bei Orchestern hilfsweise S. 224-227

(Summe Spalten 7 bis 9/Spalte 6).

Page 127: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

110 5. Empirische Untersuchung

Thesen in die Extraktion, die Interpretation und die zuvor erläuterte Stichprobenauswahl

entsprang eigenen Überlegungen in der Absicht, ein individuelles, den Forschungsfragen

angemessenes Design zu finden.

5.2.1 Schritt 1: Extraktion

Die transkribierten Interviewtexte wurden unter Zuhilfenahme einer Makro-

Programmierung in Word auf Aussagen zu den elf Variablen hin ausgewertet. Jede

Variable wurde in acht konstante Dimensionen zuzüglich der Quellenangabe eingeteilt,

denen die Aussagen zugeordnet wurden:

1. Sachbezug/Gültigkeitsumfang

2. Zeitpunkt/Zeitraum

3. Aktion/Sachverhalt

4. Ursache

5. Wirkung

6. Subjektive Bewertung des Interviewten

7. Eigenschaften/Detailmerkmale

8. Sonstiges/((Kommentar in Doppelklammern))

9. Quelle (13-stellige Absatzcodierung, vgl. Kap. 5.1.7)

Die Extraktion unterliegt einem Regelwerk, um die intersubjektive Überprüf- und

Reproduzierbarkeit zu gewährleisten und ein Maximum an Objektivität zu erreichen. Die

hier verwendeten Regeln sind im Anhang 4 aufgeführt. Die Makro-Programmierung

erzeugte für jede Variable eine Extraktionstabelle, in der sämtliche einschlägigen

Aussagen chronologisch über alle Interviews hinweg aufgenommen wurden. Ein Auszug

einer unbearbeiteten Extraktionstabelle befindet sich als Muster im Anhang 5.

Somit erreicht die Extraktion eine zügige Trennung vom Rohmaterial unter Heraus-

arbeitung von abstrahierten und anonymisierten Kernaussagen, die bereits den Variablen

zugeordnet werden. Die Verwendung der Dimensionen führt zu einer Typisierung der

Aussagen, was für die spätere Auswertung und Kausalattribution von Bedeutung ist.293 Die

20 Interviews ergaben 2005 Extraktionen. In der nachfolgenden Tab. 21 wird eine

Übersicht über die nominale Datenmenge gegeben:294

293 Vgl. Gläser/Laudel (2006), S. 200-219. 294 Da sich einzelne Befunde je nach Verlauf des Gesprächs auf eine unterschiedliche Anzahl von

Extraktionen erstrecken, kann aus Tab. 21 kein quantitativer Erklärungsgehalt etwa hinsichtlich des Erkenntnisumfangs oder der Repräsentativität abgeleitet werden, auch nicht bei den nachfolgenden Auswertungsschritten. Dies ist im Rahmen der qualitativen Inhaltsanalyse auch nicht beabsichtigt.

Page 128: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

In

terv

iew

N

r.

Seit

en

A4

Dau

er

Min

. E

xter

nes

Rew

e.

Inte

rnes

R

ewe.

P

erso

nal-

man

ag.

Impl

e-m

enta

tion

K

ünst

l. R

atio

n.

Wir

t.

Rat

ion.

B

ürok

r.

Rat

ion.

R

ahm

en-

bedi

ng.

Pol

itik

/ V

erw

alt.

Kün

stl.

Erf

olg

Wir

t.

Erf

olg

Sum

me

Ext

rakt

. 01

17

57

14

20

14

10

6

3 1

11

3 6

19

107

02

19

63

15

11

14

8 4

1 2

12

4 8

16

95

03

20

64

12

13

20

13

4 3

0 16

17

6

17

121

04

17

44

16

26

21

7 2

2 0

13

5 4

10

106

05

18

70

12

21

22

11

2 1

0 11

6

4 6

96

06

20

70

10

10

9 5

0 2

0 13

8

8 8

73

07

19

63

9 11

15

7

5 4

0 19

7

4 4

85

08

21

58

14

19

13

10

3 6

0 13

12

10

10

11

0

09

26

72

27

18

13

13

1 0

0 23

7

11

10

124

10

17

57

14

23

8 2

1 2

0 22

3

1 10

86

11

14

48

9 6

4 4

3 4

0 20

4

4 4

62

12

22

70

10

11

14

14

3 4

0 12

5

10

10

93

13

19

63

12

10

15

8 1

4 0

19

4 2

10

85

14

26

65

10

13

8 23

2

5 0

24

8 1

16

110

15

22

71

5 16

12

19

4

4 0

21

6 1

7 95

16

22

64

6 22

15

10

4

5 0

21

3 6

13

105

17

22

70

11

8 17

24

8

5 0

16

6 2

12

109

18

20

57

12

14

12

4 5

3 0

27

7 10

9

103

19

22

50

9 23

24

16

3

3 0

30

5 3

14

130

20

24

61

5 9

11

17

2 5

0 27

7

11

16

110

SUM

ME

40

7 12

37

232

304

281

225

63

66

3 37

0 12

7 11

2 22

1 20

05

Tab

. 21:

Int

ervi

ewst

atis

tik

(Ver

teilu

ng d

er E

xtra

ktio

nen

aus

den

Inte

rvie

ws

auf

die

11 V

aria

blen

)

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng.

5. Empirische Untersuchung 111

Page 129: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

112 5. Empirische Untersuchung

5.2.2 Schritt 2: Aufbereitung und Verdichtung

Dieser Schritt verfolgt das Ziel der Verdichtung durch Reduzierung des Umfangs des

empirischen Materials, jedoch unter vollständiger Beibehaltung des Informationsgehalts.

Dies geschieht, indem in jeder der 11 Extraktionstabellen

• über die Tabelle verstreute Informationen zu identischen Inhalten und Gegenständen

zusammengeführt werden und

• dabei textliche Redundanzen beseitigt werden (unter Beibehaltung aller Quellenanga-

ben).

Dadurch wird gewährleistet, dass sämtliche Inhalte vorheriger Arbeitsschritte erhalten

bleiben. Widersprüchliche Aussagen und verschiedenartige Informationen bleiben

nebeneinander stehen. Lediglich offensichtliche Fehler und Missverständnisse werden

korrigiert bzw. kommentiert. Abschließend wird die Tabelle thematisch und nach

Erkenntnisinteressen sortiert. Ein Muster für diesen Auswertungsschritt befindet sich in

Anhang 6. Aufgrund des hohen Anteils einzelfallbezogener individueller Aussagen lag die

Redundanzquote bei ca. 20 %. Ähnliche Aussagen wurden nur dann zusammengeführt,

wenn diese in der Kernaussage exakt übereingestimmt haben. Die thematische Sortierung

innerhalb der Tabellen ermöglichte erwartungsgemäß den schnelleren Zugriff auf die

umfangreiche Datenmenge.

5.2.3 Schritt 3: Zuordnung der Extraktionen zu den Thesen und Bewertung

Die Extraktionstabellen wurden um 10 Spalten ergänzt. In diesen wurde die Bewertung

aller Extraktionen hinsichtlich der Haupt- und der neun Subthesen vorgenommen und wie

folgt gekennzeichnet:

• keine Eintragung = kein Zusammenhang

• „0“ = inhaltliche Nähe vorhanden, aber kein Urteil über Verifikation

oder Falsifikation der These möglich; neutraler Befund

• „+“ = empirischer Befund stützt These

• „++“ = empirischer Befund stützt These stark

• „-“ = empirischer Befund steht in Widerspruch zur These

• „--“ = empirischer Befund steht in starkem Widerspruch zur These

• Mischnotationen

z. B. „0+“

= Anzeichen für weitere Abhängigkeiten („es kommt darauf an; nur

wenn Bedingung X erfüllt“) oder Hintergrundvariablen

Page 130: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

5. Empirische Untersuchung 113

Anschließend wurden die 11 Extraktionstabellen in eine gemeinsame Tabelle überführt

und nach unterschiedlichen Kriterien zu Auswertungszwecken automatisch (oder ggf.

manuell) sortiert, z. B. nach den Eintragungen in den Thesenspalten. Dadurch entstand ein

komprimierter Überblick zu den Extraktionen, welche eine Verifikation bzw. Falsifikation

der Thesen indizieren.

5.2.4 Schritt 4: Analyse und Interpretation

Im letzten Auswertungsschritt wurden die gewonnenen Daten interpretiert und dabei

Rückschlüsse auf die Forschungsfragen gezogen. Die Ergebnisse dieses Arbeitsschrittes

werden in den nachfolgenden Kapiteln dargelegt. Die qualitative Inhaltsanalyse orientiert

sich dabei an dieser Vorgehensweise:295

• Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Befunden sind herauszustellen.

• Widersprüche und Varianzen im empirischen Material müssen aufgeklärt werden, da

im Vergleich zu quantitativen Verfahren keine Irrtumswahrscheinlichkeiten und

Störvariablen existieren.

• Bedingungen sind herauszuarbeiten, unter denen bestimmte Wirkungen eintreten bzw.

nicht eintreten (notwendige, hinreichende, fördernde, hemmende Bedingungen).

Dadurch wird angestrebt, Kausalitäten aufzudecken und differenzierte qualitative

Aussagen treffen zu können.

Eine vollumfängliche Triangulation mit quantitativen Daten wurde nicht vorgenom-

men (ein Vergleich der Inhalte der einzelnen Expertengespräche mit den intertemporalen

Daten der Theaterstatistik wäre von der Datenlage her möglich gewesen). Zum einen

wurde kein dezidiert fallspezifischer Erklärungsansatz gewählt und zum anderen lassen die

in der Theaterstatistik vorliegenden Daten keine ausreichende Beurteilung von relativer

Wirtschaftlichkeit sowie keinen Rückschluss auf NPM-Einflüsse zu. Insofern ginge aus der

quantitativen Gegenüberstellung kein nennenswerter Erkenntniszuwachs hinsichtlich der

NPM-bezogenen qualitativen Forschungsfrage hervor.

295 Vgl. Gläser/Laudel (2006), S. 241-245.

Page 131: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

114 5. Empirische Untersuchung

5.3 Gütekriterien der empirischen Sozialforschung

5.3.1 Objektivität

Das Gütekriterium Objektivität beleuchtet, ob eine intersubjektive Überprüfbarkeit der

Untersuchungsergebnisse in der Weise vorliegt, dass auch ein anderer Forscher zu

denselben Ergebnissen gelangen würde (Beobachterübereinstimmung). Sie ist ein bislang

wenig etabliertes Gütekriterium; folglich existiert keine allgemein akzeptierte Methodik.

Als eine Realisierungsmöglichkeit werden präzise Variablendefinitionen genannt, die

keine Interpretationsspielräume zulassen296.

Die hohe Strukturdeterminierung durch die qualitative Inhaltsanalyse verringert den

Raum für subjektive Auslegungen durch den Auswertenden, z. B. von einzelnen Aussagen.

Es ist möglich, sämtliche Arbeitsschritte der Auswertung und der Analyse zurückzu-

verfolgen, nicht zuletzt durch die permanent mitgeführte Absatzquelle. Auch in den

ausformulierten Untersuchungsergebnissen wurde bewusst eine hohe Zahl an Quellen-

angaben in den Fußnoten aufgenommen, welche auf den Urtext der Interviews verweisen,

sowie gelegentlich direkt zitiert. Somit ist jede Schlussfolgerung belegt.

Eine potenzielle Schwäche der Erhebungsart Experteninterview, die aber nicht

unter das Gütekriterium der Objektivität fällt, könnte weniger in der Subjektivität des

Forschers gesehen werden, jedoch in der Subjektivität der Befragten. Das Experten-

interview hat jedoch gerade zum Ziel, das persönliche Erfahrungswissen der Experten zu

erschließen und auszuwerten, welches auch subjektive Werturteile beinhaltet. Ferner

impliziert der Insider-Status als hochrangiger Repräsentant einer Organisation einen

Informationsvorteil, der gegenüber dem Fragenden strategisch eingesetzt werden könnte.

Belastbare Indizien hierfür gibt es in dieser Arbeit jedoch nicht. Ein gewisses Maß an

Vorsichtigkeit vor der Offenbarung von betrieblichen Informationen bzw. eine

Zurückhaltung vor dem Eingestehen von evtl. vorhandenen Defiziten kann aus

nachvollziehbaren Gründen nicht ausgeschlossen werden. Das bedeutet, die Erkenntnisse

aus dieser Studie können aus methodischen Gründen nicht umfangreicher ausfallen, als es

die Offenheit der Interviewpartner in den Gesprächen zulässt. Wenn Werturteile gefällt

wurden oder forciert emotional geschildert wurde (sog. Karthatischer Effekt bei Manager-

Experteninterviews297), so wurde dies in den Variablendimensionen entsprechend

gekennzeichnet und bei der Auswertung berücksichtigt.

296 Vgl. Flick (2007), S. 499 f.; Hübler (2005), S. 37. 297 Vgl. Bogner/Littig et al. (2005), S. 216.

Page 132: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

5. Empirische Untersuchung 115

Zu einer weiteren Steigerung der Objektivität wäre es notwendig gewesen, die von den

Interviewpartnern geäußerten Aspekte durch Gespräche mit anderen Personen

(Intendanten, Abteilungsleiter, Personalvertreter, Kulturpolitiker etc.) jeweils derselben

Einrichtung kritisch zu hinterfragen. Daraus würde aber angesichts begrenzter

Zeitkapazitäten eine Fallstudien-Methodik hervorgehen, unter der die Repräsentativität

stark gelitten hätte; dies widerspräche auch dem Forschungsziel, eine möglichst große

Bandbreite an Aspekten zu generieren.

5.3.2 Reliabilität

Das Gütekriterium Reliabilität misst die Verlässlichkeit, mit der Testergebnisse aufgrund

von konstanten Rahmenbedingungen und einer hohen Messgenauigkeit reproduzierbar

sind. Dabei wird eine Stabilität im Zeitverlauf und ein niedriger Anteil von zufälligen

Fehlern angestrebt.298 Nicht nur die Bedingungen, sondern auch der Untersuchungsgegens-

tand kann sich während des Forschungszeitraums verändern. Verfahren zur Sicherung der

Reliabilität stellen das Wiederholen von Tests, das Einbeziehen anderer Messverfahren

bzw. die Triangulation, die Konsistenzüberprüfung durch Teilung der Stichprobe in zwei

Hälften sowie das Festlegen von Konventionen für die Aufzeichnung dar.

Mit der hier gewählten qualitativen Inhaltsanalyse liegt ein dichtes Regelwerk mit

standardisierten Auswertungsschemata und -konventionen vor. Unterschiedliche Kon-

notationen und Begriffsverständnisse zwischen Frager und Befragtem traten gelegentlich

auf und wurden im Gespräch durch entsprechende Nachfragen bzw. Erläuterungen

umgehend geklärt, z. B. bezüglich weit definierter Begriffe wie „Personalmanagement“

oder „Rahmenbedingungen“. Der Umstand des persönlichen Gesprächs hat zum raschen

beidseitigen Erkennen und Beseitigen eventueller Missverständnisse und Unklarheiten

beigetragen. Während des Erhebungszeitraums von 8 Monaten kann eine wesentliche

Veränderung des Untersuchungsgegenstands und seines Umfelds ausgeschlossen werden.

Die fallbezogenen Rahmenbedingungen wurden abgefragt und individuell festgehalten.

Eine Halbierung der Stichprobe wurde nicht praktiziert, jedoch wurden mehrfach

gegenstandsbezogene Untergruppen gebildet und das Zustandekommen eines Befunds

innerhalb der Untergruppe kritisch überprüft.

298 Vgl. Flick (2007), S. 489 ff.; Hübler (2005), S. 39; Mayring (2007), S. 109; Schnell/Hill et al. (2005),

S. 154.

Page 133: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

116 5. Empirische Untersuchung

5.3.3 Validität

Die Validität hinterfragt das Zustandekommen der Daten und stellt auf die Gültigkeit der

Erhebung ab: Sieht der Forscher das, was er zu sehen meint? Wird das gemessen, was

gemessen werden sollte? Leben Forscher und Befragter in derselben Realität bzw.

Realitätsannahme? Mögliche Fehlerquellen sind z. B. das Hineininterpretieren oder Nicht-

erkennen von Zusammenhängen, das Stellen ungeeigneter Fragen oder systematische Fehler

(Störvariablen etc.).299 Die Validität bewertet insbesondere, ob die dem Forschungsmodell zu

Grunde liegenden Konstruktionen und Operationalisierungen geeignet sind, die realen

Phänomene treffsicher zu messen (Konstruktvalidität)300. Sie kann hauptsächlich in

quantitativen Erhebungen zu Schwierigkeiten führen, wenn menschliches oder betriebliches

Handeln in zuvor definierten ordinalen oder kardinalen Skalen gemessen werden muss. Ein

entscheidender Vorteil der Erhebungsmethode des halbstrukturierten Experteninterviews

besteht darin, dass der Befragte frei und selbstbestimmt antworten kann. Zwar werden auch

hier komplexe soziale Phänomene aus den Antworten abgeleitet, jedoch sind dabei keine zu

validierenden Skalen zu verwenden. Dadurch entfallen die schwierigen Schritte der

Operationalisierung sozialer Phänomene in quantitative Größen bzw. bei der Auswertung die

Rückübersetzung quantitativer Ergebnisse in soziale Phänomene und Kausalitäten. Dies lässt

zudem auf eine gute Inhaltsvalidität schließen, welche zum Ziel hat, dass alle Aspekte der

zu messenden Dimension berücksichtigt werden.301

Es wurden partielle Datenvergleiche zur Validitätssteigerung wie folgt durchge-

führt: Vor und nach den Interviews wurden die verfügbaren quantitativen Daten der

Theaterstatistik für die jeweilige Einrichtung zum Abgleichen einzelner bedeutender

Kennzahlen auf eventuell vorliegende Unstimmigkeiten oder Missverständnisse

herangezogen. Hierbei traten keine Differenzen auf.

In 10 Fällen war es möglich, Jahresabschlüsse oder Wirtschaftspläne der Einricht-

ungen zu erhalten. Diese wurden in Bezug auf den jeweiligen Einzelfall und bei

generalisierenden Schlussfolgerungen zur Validitätskontrolle einbezogen, in dem die in

den Interviews genannten Größenrelationen anhand von konkreten Zahlen überprüft

werden konnten. Bei zwei von ca. 800 Extraktionen traten Widersprüche auf, was auf eine

ausreichende Validität der Interviews schließen lässt. Die abweichenden Befunde wurden

in den Extraktionstabellen vermerkt.

299 Vgl. Flick (2007), S. 492 f.; Mayring (2007), S. 109 f.; Schnell/Hill et al. (2005), S. 154 ff. 300 Vgl. Hübler (2995), S. 39 ff. 301 Vgl. Schnell/Hill et al. (2005), S. 155 f.

Page 134: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

5. Empirische Untersuchung 117

Einige der explorativen Befunde in der Auswertung (z. B. Bestimmung des Abschrei-

bungsvolumens) beruhen auf den quantitativen Daten der Theaterstatistik.

Es wurde versucht, klassische Erhebungsverzerrungen wie z. B. die Beeinflussung

von Antworten durch soziale Erwünschtheit mit möglichst offenen Fragestellungen

entgegenzuwirken; ganz auszuschließen sind sie dennoch nicht.302 Im gewählten

Extraktionsschema wurden Fakten, Deskriptionen und belegbare Ursache-Wirkungs-

Beziehungen sowie Meinungsäußerungen getrennt erfasst und weiterverarbeitet (vgl. Kap.

5.2.1). Geäußerte Einschätzungen über zukünftige Entwicklungen und im Konjunktiv

formulierte Thesen (Wenn X eintreten würde, dann resultierte Y) wurden entweder bei der

Auswertung nicht berücksichtigt oder im Falle hoher Relevanz als subjektive Meinungsäu-

ßerung erfasst (vgl. Extraktionsregeln). Durch die bereits im ersten Auswertungsschritt

erfolgende Zuordnung zu Aussagekategorien wurde versucht, das höchstmögliche Maß an

Gültigkeit zu erreichen. Diese Zuordnung wurde auch bei der Aggregation der Daten und

den nachfolgenden Auswertungsschritten weitergeführt.

302 Wenn beispielsweise ein Interviewpartner sagt, die Deckungsbeiträge vergangener Inszenierungen seien

eine wichtige Orientierungs- und Entscheidungsgröße bei der Planung zukünftiger Spielzeiten, so fließt dieses als Faktum in die Auswertung ein, auch wenn eine derartige Aussage nur eine Behauptung gewesen sein könnte. Es wurde jedoch versucht, vertiefend nachzufragen, z. B. zu welchen Ergebnissen dies geführt habe. Daraus ergaben sich u. U. weitere Anhaltspunkte.

Page 135: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 119

6 Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

6.1 Explorativer Befund

Zum Zeitpunkt der Erhebung haben 17 der 20 befragten Einrichtungen bereits doppisch

gebucht. In einem Kulturbetrieb stand die Einführung der kaufmännischen Buchungsweise

unmittelbar bevor (6 Wochen nach der Befragung), in einem weiteren war die Umstellung

für das übernächste Jahr vorgesehen. Lediglich in einer Einrichtung der Stichprobe bestand

keine Absicht, sich von der praktizierten erweiterten Kameralistik zu trennen. Damit trat

die Kameralistik in ihrer ursprünglichen Form ohne doppische Erweiterungsbestandteile

kein einziges Mal auf. Die Ablösung der Kameralistik durch die kaufmännische

Buchführung befindet sich somit in einem stark fortgeschrittenen Stadium und hat 95 %

der Stichprobe erfasst. Die Zeitpunkte der Umstellung sind in Tab. 22 zusammenfassend

dargestellt:

bis 1979 1980-1984 1985-1989 1990-1994 1995-1999 2000-2004 2005-2010

Anzahl 1 0 3 1 6 4 4

Tab. 22: Zeitpunkte der Umstellung auf Doppik, N = 20

Quelle: Eigene Darstellung; Ein Fall nicht gelistet, da keine Umstellungsabsicht, Erhebungszeitraum Juli 2008 bis Februar 2009.

Die Kameralistik gilt als die traditionelle Art der Haushaltsführung im öffentlichen Sektor,

die Doppik als Buchungstechnik des privaten Sektors. Da die unmittelbaren staatlichen

Einrichtungen (Verwaltungen und Behörden, nachgeordnete Einrichtungen, Hoheitsbetrie-

be, Landesbetriebe) keine eigene Rechtsperson haben und öffentliche kulturelle

Einrichtungen diesen Status vor dem Einsetzen der Privatisierungstendenzen der letzten

Jahrzehnte ursprünglich mehrheitlich besaßen, soll ein eventueller Zusammenhang

zwischen Rechtsform, rechtlicher Selbständigkeit und Buchungsweise nachfolgend eruiert

werden:

Page 136: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

120 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

Rechtsform Anzahl in Stichprobe

davon mit eigener Rechtsperson

Buchungsweise

6 doppisch GmbH 7 7

1 kameral (Umstellung geplant)

1 doppisch

Regiebetriebe 3 0 2 kameral

davon: 1 Umstellung geplant mit städtischer Konzernbilanz

Eigenbetriebe inkl. Landesbetriebe

6 2 6 doppisch

Sonstige 4 4 4 doppisch

17 doppisch

Summe 20 13 3 kameral

davon: 2 Umstellung geplant

Tab. 23: Übersicht über Rechtsform, Rechtsperson und Buchungsweise

Quelle: Eigene Darstellung.

Wie Tab. 23 zu entnehmen ist, gibt es keine perfekte Korrelation zwischen den Merkmalen

Rechtsperson und Buchungsweise: In fünf Betrieben ohne eigene Rechtsperson wird

doppisch gebucht, folglich auch bilanziert (4 Eigenbetriebe, 1 Regiebetrieb). In einem

anderen Fall wird (noch) trotz eigener Rechtsperson kameral gebucht, zudem noch in einer

GmbH, welche historisch dem privaten Sektor zuzuordnen ist. Daraus folgt, dass die

rechtliche Verselbständigung von Kulturbetrieben keine notwendige Voraussetzung für die

Einführung von Doppik ist und ebenfalls keine hinreichende Bedingung für das

Vorhandensein von Doppik. Die umgekehrte Schlussfolgerung von Doppik auf rechtliche

Selbständigkeit ist ebenso nicht zulässig. In 6 von 20 Fällen, das entspricht 30 % der

Stichprobe,303 trifft der Zusammenhang zwischen den Eigenschaftsmerkmalen „rechtlich

unselbständig“ und „kameral“ bzw. „rechtlich selbständig“ und „doppisch“ somit nicht zu,

insbesondere bei den Eigen- und Landesbetrieben: Unter den vier rechtlich unselbständi-

gen Einrichtungen mit doppischer Buchungsweise befinden sich zwei Landes- und zwei

Eigenbetriebe.304

303 Diese Quote gilt sowohl mit als auch ohne Berücksichtigung der beiden geplanten Umstellungen. 304 Vgl. auch Mühlenkamp (1994), S. 22.

Page 137: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 121

6.2 These 1: Doppik führt zu wirklichkeitsnäherer Abbildung des Ressourcen-verbrauchs

6.2.1 Bestätigende Befunde

Gemäß dem explorativen Befund existiert in 17 Einrichtungen bereits eine Bilanz und zwei

Eröffnungsbilanzen befinden sich in Vorbereitung. Es kann davon ausgegangen werden,

dass in den meisten Fällen damit erstmalig eine vollständige Vermögensrechnung zur

Erfolgsrechnung hinzugetreten ist, in welcher die Kapitalherkunft (Passiva) und die

Vermögenssituation (Aktiva) ausgewiesen wird. Durch diese differenziertere Darstellung

entsteht für die Geschäftsführung eine wesentlich bessere und umfassendere Übersicht

über den wirtschaftlichen Status des Hauses; zugleich wurde die Bedeutung der Liquidität

relativiert.305 Die Entwicklung der Liquidität muss nicht mit dem GuV-Jahresergebnis,

welches den umfassender definierten Ressourcenverbrauch widerspiegelt, korrespon-

dieren.306

Bei Einführung der Doppik erfordert die Aufstellung der Eröffnungsbilanz eine

erstmalige Inventarisierung. In einem Theater wurden dabei Instrumente gefunden, u. a.

Kontrabässe und ein älterer Flügel, deren Existenz bislang unbekannt war.307

Die Entwicklung des Anlagevermögens samt Abschreibungen und Neuanschaffun-

gen wird im Anlagegitter (Anlagespiegel) im Jahresabschluss ausführlich dargelegt. Dies

erzeugt für die Geschäftsführung eine transparente Darstellung des wertmäßigen Bestands

bzw. des Ressourcenverbrauchs und damit eventueller Ersatzinvestitionsbedarfe zum

Substanzerhalt, z. B. hinsichtlich der Maschinerie, des Fuhrparks, der IT-Systeme. Das

unterstützt somit die Investitionsplanung, etwa indem Schwerpunkte auf Basis dieser

Informationsgrundlagen gebildet wurden.308 In einem Theater hat die erstmalige

Quantifizierung von Abschreibungen zu einer Versachlichung der Debatte mit dem Träger

über Investitionsbedarfe geführt, was nach Ansicht des Gesprächspartners sogar die

Realisierungschance einer notwendigen Generalsanierung erhöht hat.309

Bei den insgesamt 19 Bilanzen wurden in fünf Fällen Grundstücke, Gebäude

und/oder die Gebäudehülle aktiviert.310 In einem weiteren Kulturbetrieb wurde ein

renovierter Nebensaal im Wert von 3 Mio. € ins Anlagevermögen aufgenommen, welcher

305 Vgl. Interview 04-36; 10-55. 306 Ebenda, 03-56. 307 Ebenda, 06-68. 308 Ebenda, 07-20, -52. 309 Ebenda, 15-94. 310 Ebenda, 01-58; 07-36; 14-38 ff.; 15-44; 17-58.

Page 138: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

122 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

über 30 Jahre abgeschrieben wird.311 Dieser ist räumlicher Bestandteil des nicht bilanzierten

Hauptgebäudes. Folglich sind in 13 Anlagegittern keine Gebäude oder Grundstücke

enthalten.312 Es ist davon auszugehen, dass dies den Eigentumsverhältnissen entspricht, da

die Räumlichkeiten häufig vom Träger zur Nutzung überlassen werden. In der Mehrheit der

Fälle dominieren im Anlagevermögen somit die Sachanlagegüter, vorwiegend Betriebs- und

Geschäftsausstattung.313 Die vielfach wertvollen Instrumente befinden sich im Regelfall im

Eigentum der Musiker und werden bis auf wenige orchestereigene Instrumente (Pauken und

Schlagwerk, Flügel, Celesta etc.) nicht bilanziert. In sieben Fällen waren auch die (Bühnen-

)Maschinerie, technische Ausstattung und/oder ein Fuhrpark für den Abstecherbetrieb

Bestandteile des Vermögens. Drei der 15 befragten Theater aktivieren die Inszenierungen

des Repertoires, entweder gemäß Herstellungskosten (Materialaufwand und weitere

Einzelkosten, in einem Fall auch erfasste Arbeitsstunden der Werkstätten als Eigenleistung

für Bühnenbilder und Kostüme) oder gemäß Anschaffungskosten (bei eingekauften

Produktionen).314 Wenn die Eigentumsverhältnisse als Kriterium der Wirklichkeitsnähe

herangezogen werden, kann die These diesbezüglich als gestützt gelten.315

In 7 der 17 doppisch buchenden Einrichtungen fließen die Abschreibungen belas-

tend in die Gewinn- und Verlustrechnung ein, ohne zusätzliche entlastende Gegen-

buchungen.316 Dies ist der im privaten Sektor übliche Zustand; zu den übrigen Betrieben

siehe falsifizierender Befund. Grundsätzlich wird die periodengerechte Zuordnung von

Aufwendungen und Erträgen durch die Eigenschaften der doppisch geführten Bilanz und

GuV in stärkerem Maße als in der Kameralistik erreicht, was für die Steuerung von

größeren Theatern als unverzichtbar eingeschätzt bzw. auch als Motivation für die

Einführung der Doppik genannt wird.317 Die gesteigerte wirtschaftliche Transparenz hat in

einem Theater die Planungs- und Steuerungsprozesse verbessert, so dass mittelbar auch die

künstlerischen Produktionen davon profitiert haben.318 Ein Geschäftsführer urteilt, dass die

doppische Buchungssystematik stringenter ist und weniger politisch motivierte

Gestaltungsoptionen zulässt, was eine Versachlichung und korrektere Wiedergabe der

wirtschaftlichen Lage zur Folge hat.319

311 Ebenda, 03-30. 312 Ebenda, 02-26; 04-24; 05-26; 06-32; 08-46; 09-48; 10-26; 11-30; 12-24; 13-90; 16-28; 18-42; 20-87 313 Ebenda, 02-22; 03-28; 05-28; 09-44; 10-26; 18-64. 314 Ebenda, 01-40; 07-38; 09-46. 315 Der Konzerngedanke des NPM würde es auch gestatten, den Kulturbetrieb als wirtschaftliche Einheit im

Gesamtvermögen einer Kommune abzubilden, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen zwischen Träger und Einrichtung.

316 Ebenda, 05-30; 06-38; 10-33; 11-32; 18-188 ff.; 19-74; 20-102 ff. 317 Ebenda, 05-44; 09-72; 15-50. 318 Ebenda, 04-62. 319 Ebenda, 20-77.

Page 139: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 123

Dies wird u. a. durch Rechnungsabgrenzungsposten erreicht. Bei Abonnement-Serien

erfolgt eine Zahlung zu Beginn der Veranstaltungsserie, durch die der Karteninhaber den

Anspruch auf zukünftige Theater- und Konzertbesuche erwirbt. Sollte innerhalb einer

Abonnement-Serie der Abschluss eines Wirtschaftsjahres liegen, so ermöglichen die

bilanziellen Rechnungsabgrenzungsposten – im konkreten Beispiel der passivische – eine

korrekte wirtschaftliche Zuordnung von Erträgen zu Perioden320 und gleichzeitig eine

Differenzierung von Zahlungseingang und Ertrag, was in der Kameralistik ohne

zusätzliche Darstellungen nicht möglich war.

Ein weiterer die These stützender Punkt ist die im Rahmen der Eröffnungsbilanz-

aufstellung erstmalige Erfassung und Bewertung von Rückstellungen. Durch sie wird

Vorsorge für zukünftige Verbindlichkeiten getroffen, deren wirtschaftliche Verursachung

in der gegenwärtigen Periode liegt, jedoch der Höhe oder dem Zeitpunkt nach nicht genau

quantifiziert werden können. Rückstellungen können sich gemäß den handelsrechtlichen

Vorschriften z. B. auf Altersteilzeit- und Urlaubsansprüche der Beschäftigten,

Jubiläumszahlungen, unterlassene Instandhaltung und Prozessrisiken beziehen. Ihre

Bildung bzw. Auflösung unterliegt gesetzlichen Pflichten, Verboten und Wahlrechten, ist

erfolgswirksam und be- bzw. entlastet daher das laufende Jahresergebnis, wird in jedem

Jahresabschluss angepasst und trägt somit zur wirklichkeitsnahen Darstellung der

Ressourcen bei.321 Ein Befragter äußert, dass in seinem Theater erst durch die Doppik das

Ausmaß und die wirtschaftliche Tragweite langfristiger Verpflichtungen durch

wohlwollend abgeschlossene Altersteilzeit-Verträge deutlich wurden.322

Eine weitere neue Größe auf der Passiv-Seite ist das Eigenkapital inklusive evtl.

vorhandener Gewinnrücklagen bzw. Gewinn- oder Verlustvorträgen. In Abhängigkeit von

den haushalts- und gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten des Einzelfalls kann das

Eigenkapital inklusive Rücklagen eine neue wirtschaftliche Erfolgs- und Zielgröße

darstellen und ggf. die Profitabilität eines Betriebs offenbaren.323 So dienten in einem

Kulturbetrieb über Jahre hinweg aufgebaute hohe Eigenkapitalrücklagen der Finanzierung

von Tarifsteigerungen.324 Voraussetzung hierfür ist jedoch die ausreichende Deckung mit

Liquidität.325

Zusätzlich zur Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit) tritt die bilanzielle Überschuldung

als neuer potenziell kritischer Tatbestand hinzu. Wenn das Vermögen (Aktiva) nicht zur

320 Ebenda, 03-50; 09-80. 321 Ebenda, 01-64, -74; 02-66; 03-68; 04-38 ff.; 09-92; 15-72; 17-24. 322 Ebenda, 14-70. 323 Ebenda, 02-70. 324 Ebenda, 10-48.

Page 140: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

124 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

Deckung der Verbindlichkeiten ausreicht, entsteht ein nicht durch Eigenkapital gedeckter

Fehlbetrag. Solange die Zahlungsfähigkeit gegeben ist, muss eine existenzgefährdende

Situation nicht zwingend vorliegen.326

6.2.2 Falsifizierende Befunde

In 7 von 17 bilanzierenden Kulturbetrieben wird bezüglich des Anlagevermögens auf der

Passiv-Seite der Bilanz parallel ein Sonderposten geführt.327 Darunter befinden sich

bezeichnenderweise auch drei der fünf Einrichtungen, welche Gebäude und Grundstücke

aktiviert haben.328 In einem weiteren Kulturbetrieb wird ein Sonderposten gebildet, wenn

Anlagevermögen nicht aus dem eigenen Budget finanziert wird.329 Dabei wird der nicht-

zahlungswirksame Ressourcenverbrauch durch Abnutzung, Alterung bzw. Wertminderung

des Anlagevermögens im Jahresergebnis zwar erfasst und zahlenmäßig ausgewiesen. Die

GuV wird im Fall der Sonderpostenbildung jedoch nur im Anschaffungsjahr in Höhe der

Anschaffungskosten belastet, was der kritisierten kameralen Methodik entspricht.330

Ähnliches gilt für eine Einrichtung, welche hohe Spendenmittel für eine Baumaßnahme

akquiriert hat: Diese wurden auch als Ertrag ausgewiesen, jedoch in Bezug auf das

Jahresergebnis durch den Aufwand aus der Einstellung in den Sonderposten letztlich

neutralisiert.331

Hierüber kann man unterschiedlich urteilen: Der Sonderposten glättet einerseits die

intertemporale Darstellung. Es könnte der Fall eintreten, dass nach Umstellung auf die

Doppik das erstmalig erfasste Anlagevermögen entsprechendes Eigenkapital aufzehrt bzw.

die entstehenden Abschreibungen den Erfolg in Folgejahren belasten, so dass ein nicht

durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag und/oder ein strukturelles Defizit in der GuV

entsteht.332 Dies verhindert der Sonderposten. Auch die Glättung von Jahresabschlüssen

kann u. U. zum Wohl der Einrichtung beitragen, wenn eventuelle Fehlinterpretationen der

Jahresabschlüsse aus Detailunkenntnis dadurch vermieden werden. Im Sinne der These

jedoch - und im Einklang mit der NPM-Zielsetzung - wären der Ressourcenzuwachs durch

325 Ebenda, 14-106. 326 Ebenda, 03-68; 16-24. 327 Ebenda, 01-56 ff.; 02-38; 03-32; 04-26; 07-44; 08-74; 14-44. 328 Ebenda, 01-56 ff.; 07-36, -46; 14-42 ff. 329 Ebenda, 16-38. 330 Dies liegt an folgender Buchungsweise: Im Jahr der Anschaffung eines Anlageguts erfolgt eine

aufwandswirksame Einstellung in den Sonderposten. In Folgejahren wird das Anlagegut aufwandswirk-sam abgeschrieben, jedoch wird der Sonderposten in Höhe der Abschreibungen ertragswirksam aufgelöst. Durch die Abschreibung und zeitgleiche Sonderpostenauflösung neutralisiert sich die Ergebniswirkung in der GuV. Das bedeutet, dass der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Belastung in der GuV exakt derselbe wie in der Kameralistik ist, nämlich volle Aufwandswirksamkeit bereits im Anschaffungsjahr, trotz jährlicher Berechnung, Darstellung und Eingang der Abschreibungen in die GuV, vgl. Fudalla/Tölle et al. (2007), S. 161 f.; Fudalla/zur Mühlen et al. (2007), S. 88 f.

331 Ebenda, 03-34.

Page 141: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 125

Investitionszuschüsse oder Spenden sowie der Substanzverlust durch die folgenden

Abschreibungsperioden auch jeweils im Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag der

Erfolgsrechnung sichtbar auszuweisen. Das Ziel der transparenten Darstellung des

Ressourcenverbrauchs wird damit zwar durch das zahlenmäßige Offenlegen im

Jahresabschluss partiell erreicht, jedoch in Bezug auf die wirtschaftlich bedeutendste

Kennzahl, die Höhe des GuV-Jahresergebnisses, verfehlt. Die Nivellierung nicht-

zahlungswirksamer Vorgänge durch Sonderpostenbildung läuft gerade dem deklarierten

NPM-Ziel zuwider, durch die Einführung der Doppik einen umfassenderen und

periodengerechten Ressourcenverbrauch darzulegen.

Lediglich in einem Fall trat durch die konsequente Doppik-Einführung die folge-

richtige Problematik wiederholter GuV-Jahresfehlbeträge durch hohe Abschreibungen auf

das Gebäude auf (Volumen des Anlagevermögens: 17 Mio. €333), vgl. Darstellung in Kap.

6.3.1. In einem weiteren Fall, ein Regiebetrieb, bei dem Gebäude und Grundstück ohne

Sonderposten bilanziert wurden, wurde eine übergeordnete Konzernbilanz der Stadt

erstellt, so dass hier die Höhe der Abschreibungen für die Einrichtung selbst keine Rolle

spielt.334

Zwar erlauben Rechnungsabgrenzungsposten und Rückstellungen einen perioden-

gerechten Erfolgsausweis bzw. eine bilanzielle Vorsorge, jedoch ist die Liquidität damit

noch nicht gesichert. Da die Kassenbestände im Umlaufvermögen auf Bestandskonten

geführt werden, erfolgt hier keine Periodenzuordnung, sondern eine Stichtagsmessung. Nur

durch zusätzliche Cashflow-Rechnungen können Liquiditätsströme im NPM-Sinn

periodengerecht ermittelt und hinsichtlich ihrer Verursachung analysiert werden.

Diesbezüglich ist die Doppik der Kameralistik nicht überlegen. Ein Interviewpartner weist

darauf hin, dass auch die Darstellung von Rechnungsabgrenzungsposten zu keinen

Konsequenzen bei der Liquiditätsplanung führt.335

Zudem ist es auch innerhalb der Kameralistik möglich, Bedingungen zu schaffen,

in denen eine periodengerechte Zuordnung erfolgen kann. So war es einem Kulturbetrieb

seitens des Trägers gestattet, bereits im August das nachfolgende kamerale Haushaltsjahr

zu bebuchen, so dass Einnahmen und Ausgaben der unterjährig beginnenden und endenden

Spielzeit nur einem Haushaltsjahr zugeordnet wurden.336 An anderer Stelle wird darauf

hingewiesen, dass auch die Doppik keine theateradäquate periodengerechte Zuordnung

332 Ebenda, 08-46. 333 Ebenda, 15-44. 334 Ebenda, 17-58. 335 Ebenda, 03-50. 336 Ebenda, 12-10.

Page 142: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

126 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

erlaubt, wenn das Geschäftsjahr nicht der Spielzeit entspricht (meist 1. 8. bis 31. 7.).337

Ursache hierfür ist eine eventuelle Ungleichverteilung von Aufführungen im Winter- und

Sommerhalbjahr im Vergleich mehrerer Spielzeiten. Rechnungsabgrenzungsposten etc.

berücksichtigen zwar die Spielzeit, jedoch wenn man die Summe der Erträge und

Aufwendungen von Spielzeiten vergleichen möchte, so bestehen Ungleichverteilungen

zwischen den Jahresabschlüssen von Spielzeiten, wenn z. B. in einem Kalenderjahr 200

Aufführungen und im nächsten Kalenderjahr 220 Aufführungen absolviert werden (in

beiden Spielzeiten aber exakt 210), bedingt durch die Lage der Termine. Zudem erschwert

es interne Budgetierungsprozesse für aufführungsbezogene Einzelkosten, wenn das

Kalenderjahr der Bezugspunkt ist und dabei zwei Spielzeiten berührt werden. In einem

Kulturbetrieb trat die Situation ein, dass durch diesen Effekt ein Defizit als Jahresergebnis

erwirtschaftet wurde, obwohl die Spielzeit ausgeglichen geplant und realisiert wurde.338

Die Realisierung des Konzerngedankens des NPMs kann dazu führen, dass die

neuen Informationen der betroffenen Institution selbst nicht zur Verfügung stehen. So

berichtet der Verwaltungsleiter eines Regiebetriebs, dessen Kommune eine Eröffnungsbi-

lanz erstellt hat:

„Ich kann Ihnen noch nicht mal sagen, mit welchem Wert dieses Gebäude Theater in die Bilanz

eingewiesen wird, weil diese ganzen Dinge zentral organisiert sind über eine eigene Abteilung

Doppik [...]“339

Derselbe Kulturbetrieb wurde bislang mit einem eigenen kameralen Haushaltsplan geführt.

Es wäre von der Datenlage her möglich gewesen, neben der aggregierten kommunalen

Bilanz auch vergleichbare einrichtungsbezogene Darstellungen zu generieren (bzw. zu

kommunizieren), um den handelnden Personen des Theaters die Zusammenhänge

zwischen Erfolg und Vermögen offen zu legen.

Durch die Doppik neu entstehende Bewertungsspielräume, Gestaltungsmöglich-

keiten und Wahlrechte können zu unterschiedlichen Darstellungen und Ergebnissen

führen. Es wird teilweise geurteilt, dass dies mehr Intransparenz erzeuge, als zuvor in der

streng liquiditätsbezogenen Kameralistik herrschte. Zwei Geschäftsführer bekunden, dass

die Doppik einen größeren Umfang an Gestaltungsmöglichkeiten zulässt.340 So ist es in

einem Fall gelungen, ein drohendes Defizit durch geschickte Gestaltungsentscheidungen

zu „verhindern“:

337 Ebenda, 09-44. 338 Ebenda, 09-200. 339 Interview 17-18; Direkte Zitate werden zur Steigerung des Leseflusses ohne Inhaltsveränderung ggf.

geringfügig sprachlich korrigiert. 340 Vgl. Interviews 02-60; 08-108.

Page 143: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 127

„Das haben wir nur geschafft durch Bilanztrickserei. Also wie das die Controllerin geschafft

hat, weiß ich bis heute nicht.“341

Einige Ursachen unterschiedlicher Darstellungen lauten z. B.:

• Differenzen zwischen Buchwert, Marktwert und Nutzen von Anlagegütern. Beispiels-

weise haben der Kostümfundus und die Requisiten einen hohen praktischen Nutzen für

das Theater, sind jedoch mehrheitlich unverkäuflich und werden dennoch in aufwändi-

gen Verfahren bewertet und abgeschrieben. In einem anderen Beispiel kam es nach

abweichender Bewertungseinschätzung zur Sofortabschreibung des gesamten Fundus,

was das Jahresergebnis entsprechend belastet hat.342

• Der Wechsel eines Wirtschaftsprüfers führte zu einer veränderten Buchungs- und

Darstellungsweise des Anlagevermögens.343

• Mit der konkreten Person des Wirtschaftsprüfers wurde die Entscheidung beeinflusst,

ob ein Sonderposten gebildet wird oder nicht.

• Abgrenzungsentscheidungen, welche Gegenstände noch zum Gebäude bzw. welche

zur beweglichen Ausstattung gehören (z. B. technische Anlagen) und folglich unter-

schiedlich bilanziert und abgeschrieben werden.

• Bei aktivierten Inszenierungen besteht teilweise Unkenntnis über die Dauer des

Verbleibens im Spielplan. Dadurch kann es zu Anpassungen der Abschreibungsdauer

oder im Extremfall zu Sofortabschreibungen kommen. Da hier schwer zu objekti-

vierende Planungsprozesse die Informationsgrundlage bilden, werden die aktivierten

Inszenierungen auch als bilanzpolitischer Spielraum bewusst genutzt.344

• Bei Rückstellungen bestehen Bewertungsspielräume. So wird benannt, dass zur

Beeinflussung des Jahresergebnisses eine entsprechende Rückstellungspolitik inner-

halb der handelsrechtlichen Vorschriften betrieben wird.345

• In einem Betrieb werden keine Rückstellungen für Altersteilzeitansprüche gebildet, da

in Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer festgestellt wurde, dass den Zahlungsver-

pflichtungen auch Einsparungen durch günstigeres junges Personal, sinkenden

Krankenstand etc. gegenüberstehen, so dass die Gesamtwirkung als haushaltsneutral

eingeschätzt wurde.346

341 Ebenda, 08-107. 342 Ebenda, 09-44; 14-64. 343 Ebenda, 16-38. 344 Ebenda, 01-40; 07-38; 09-44. 345 Ebenda, 09-90 ff. 346 Ebenda, 09-98.

Page 144: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

128 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

6.2.3 Neutrale Befunde

Zwei Kulturbetriebe haben mit dem Systemwechsel auf die Doppik eine unübersichtliche

und für Fehlbuchungen anfällige Kameralistik abgelöst. Zum einen wurden sämtliche

Einnahmen auf einen einzigen Erlöstitel gebucht, so dass die Zusammensetzung des

Umsatzes im Jahresabschluss nicht ablesbar war. Zum anderen existierte bereits zu

früheren Zeiten eine Vermögensrechnung in der erweiterten Kameralistik, welche jedoch

ungünstig strukturiert war und schlecht geführt wurde, so dass erst der Systemwechsel auf

Doppik eine grundlegende Verbesserung der Informationslage bewirkt hat. Die höhere

Transparenz durch die Doppik ist somit gemäß der These eingetreten, jedoch kann die

Ursache nicht in der Vorteilhaftigkeit der Doppik, sondern in der Abschaffung der zuvor

dysfunktional gestalteten Kameralistik dieser konkreten Einzelfälle zugeschrieben werden

(Post hoc ergo propter hoc-Fehler bei der Kausalattribution der Gesprächspartner).347

In einer weiteren Einrichtung wird mehr wirtschaftliche Transparenz durch die

Doppik festgestellt, bedingt durch die neue tagesaktuelle Verfügbarkeit der Daten, was

auch die Qualität der Controlling-Prozesse verbessert hat.348 Dies kann durch die

Hintergrundvariable Rechtsform erklärt werden, weil die zeitgleiche rechtliche

Verselbständigung dazu geführt hat, dass die Buchungsvorgänge von der städtischen

Kämmerei in den Kulturbetrieb verlegt wurden.

Ein weiterer Erfahrungswert besteht darin, dass trotz erhöhter Transparenz auch

doppische Abschlüsse nicht vor (u. U. politisch motivierten) Diskussionen mit den Trägern

schützen, worin die Ursache für ein Defizit liegt und ob das Defizit durch die Einrichtung

vermeidbar gewesen wäre.349

6.2.4 Abschließende Bewertung der These

Die stützenden Befunde überwiegen gegenüber den falsifizierenden. Insbesondere gelten

die stützenden Befunde für eine größere Anzahl von Kulturbetrieben, weil die meisten der

transparenzfördernden Eigenschaften der Doppik systemimmanent sind, wohingegen viele

der falsifizierenden Indizien durch konkrete Gegebenheiten der Einzelfälle bedingt sind,

teilweise behoben werden könnten oder nur eine Minderheit der Stichprobe betreffen.

Dennoch ist ersichtlich geworden, dass die These nicht ohne Einschränkungen und

Differenzierungen gehalten werden kann.

347 Ebenda, 09-70 ff.; 12-60, -82. 348 Ebenda, 07-52. 349 Ebenda, 11-42.

Page 145: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 129

Eine Ambivalenz zeigt sich zwischen der Zielsetzung der zu steigernden Wirklichkeitsnähe

der Abbildung von Ressourcenverbrauch bzw. Vermögensverhältnisse und der praktischen

Umsetzung bzw. Handhabung. Dies gilt z. B. für die Konsequenz aus der Sonderposten-

Bildung, dass Anlagegüter die GuV nur im Anschaffungsjahr belasten, vergleichbar der

kameralen Buchungsweise. Weiterhin manifestiert sich dies in umfangreichen Wahl- und

Bewertungsmöglichkeiten, welche allesamt vom Gesetzgeber vorgesehen sind, jedoch im

Widerspruch zur Interpretation von Wirklichkeitsnähe im Sinn von Objektivität stehen.

Betrachtet man die These im Kontext der Entscheidungsalternative Kameralistik

versus Doppik, so ist nicht zu verkennen, dass die Kameralistik durch Erweiterungen

einige der Vorteile der Doppik erfahren kann, z. B. durch eine zusätzliche Vermögens-

rechnung und kalkulatorische Erfassung von Abschreibungen.

Es bleibt jedoch trotz der geäußerten Einschränkungen festzuhalten, dass mit der

Einführung von Vermögens- und Erfolgsrechnung und deren Verknüpfung durch doppelte

Buchführung für die hier untersuchten Kulturbetriebe mehrheitlich ein umfassenderes Bild

der wirtschaftlichen Verhältnisse geschaffen wurde.

Die soeben betrachtete These fokussiert den Informationsgehalt jedoch unabhängig

von dessen Relevanz. Wie die beiden folgenden Thesen zeigen werden, wird diese nicht

uneingeschränkt bejaht.

Page 146: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

130 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

6.3 These 2: Doppik führt zu einem neuen steuerungsrelevanten Informationsge-halt

6.3.1 Bestätigende Befunde

Es sind drei Kernbereiche, welche von etwa der Hälfte der Gesprächspartner, welche

bereits doppisch arbeiten, als neue steuerungsrelevante Informationen eingestuft und

positiv beurteilt werden:

• die periodengerechtere Zuordnung von Aufwand und Ertrag,

• die Erfassung des Vermögens samt umfassender bilanzieller Darstellung durch das

Anlagegitter inklusive Wertverlust sowie

• das Volumen der Rückstellungen.

Die wirtschaftliche Analyse erfolge tiefer und differenzierter, was auch auf gutes

Verständnis bei den politischen Entscheidungsträgern gestoßen sei. Auch das Kosten-

Nutzen-Verhältnis der doppischen Systeme wird von diesen Interviewpartnern positiv

eingeschätzt.350

In einem Theater wird davon berichtet, dass umfassende wirtschaftliche Analysen

doppikbasierter Kennzahlen und Berichte regelmäßig vorgenommen werden und bei

Entscheidungsprozessen die Grundlage bilden:

„Die Bilanz ist [...] der Ausgangspunkt der Diskussion im Aufsichtsrat und mit den Gesell-

schaftern über den wirtschaftlichen Status Quo des Theaters. Das zweite große Instrument sind

Liquiditätsanalysen und [...] der Jahresgewinn und der Jahresüberschuss plus der Zustand des

Eigenkapitals. Das sind eigentlich die beiden Messgrößen, anhand deren [...] die größeren

wirtschaftlichen Schritte für die Zukunft unternommen werden“.351

Auch im Fall von bilanzierten Sonderposten in Bezug auf das Anlagevermögen wird das

Abschreibungsvolumen sichtbar.352 Jedoch stellt sich die Frage, ob der Umfang des

Volumens steuerungsrelevant ist. Zur Analyse werden nachfolgend quantitative Daten

herangezogen. In der Theaterstatistik wird der Umfang der Abschreibungen für 14 der

befragten 15 Theater ausgewiesen. Damit die Vergleichbarkeit gegeben ist und die

Anonymität gewahrt bleibt, wird nachfolgend in Tab. 24 das Volumen der Abschreibungen

in Relation zu den Gesamtausgaben gesetzt:

350 Ebenda, 01-72; 04-36; 05-44; 07-20, -50; 09-72; 11-42; 14-70. 351 Interview 04-30. 352 Vgl. Interview 07-52.

Page 147: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 131

<1 % 1-2 % 3-4 % 5-6 % 7-8 % 9-10 % 11-12 %

Anzahl 2 7 2 0 1 1 1

Tab. 24: Anteil der Abschreibungen an den gesamten Aufwendungen gemäß der Theaterstatistik 2006/07 bei 14 der 15 befragten Theatern

Quelle: Eigene Berechnung anhand Deutscher Bühnenverein (2007), S. 162-181.

Der arithmetische Mittelwert liegt unter Berücksichtigung aller 15 Werte bei 3,47 %.353

Jedoch ist eine Zweiteilung des Sets ersichtlich. Die drei Spitzenwerte erklären sich bei

näherer Betrachtung wie folgt: In zwei Fällen ist das Gebäude Bestandteil des Anlagever-

mögens, gleichzeitig wird die Ergebniswirksamkeit der Abschreibung über einen

Sonderposten neutralisiert; in dem dritten Fall, ein kameralistisch geführter Regiebetrieb,

erfolgt der Ausweis der Abschreibungen rein nachrichtlich.354 Es handelt sich um eine

kalkulatorische Angabe aus der städtischen Kämmerei, die für das Theater ebenfalls nicht

erfolgswirksam im Sinne einer doppischen GuV ist. Das um die drei Extremwerte

bereinigte durchschnittliche Abschreibungsvolumen liegt absolut bei 549 T€ p. a., bei

einem durchschnittlichen Gesamtausgabevolumen von 27,3 Mio. €. Der bereinigte

Mittelwert des Anteils der Abschreibungen in Relation zum Ausgabevolumen beträgt

2,01 %. In dem bereinigten Set befinden sich noch drei Einrichtungen, welche über einen

Sonderposten anteilig oder vollständig Abschreibungen neutralisieren. Besonders der

absolute Wert von mehr als einer halben Million Euro lässt die Einschätzung zu, dass diese

Größenordnung steuerungsrelevant sein dürfte, da vergleichbare Summen selbst in

größeren Theatern als künstlerische Budgets für bestimmte Bereiche oder Inszenierungen

zur Verfügung stehen.

Die Steuerungsrelevanz von doppischen Kennzahlen wurde auch in der Weise

verstanden, dass ein Kulturbetrieb durch vorhandene Wahlmöglichkeiten in die Lage

versetzt wird, Gestaltungsoptionen zum Erreichen bestimmter betrieblicher Ziele

auszuüben. In diesem Sinn wurde die Steuerungsrelevanz bejaht.355

GuV und Bilanz dokumentierten das aktuelle Ausmaß und den Erfolg der umge-

setzten Sparmaßnahmen, wird an anderer Stelle befunden. Auslösendes Moment für die

Sparanstrengungen sind jedoch die Vorgaben des Trägers.356

353 Bei dieser und den nachfolgenden Rechnungen wurden die exakten Werte der Statistik herangezogen. 354 Vgl. Interview 01-56 ff.; 07-36 ff.; 19-74. 355 Ebenda, 09-90 ff. 356 Ebenda, 16-48.

Page 148: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

132 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

Ein Gesprächspartner urteilt, die Umstellung auf Doppik habe keine hervorgehobene

Relevanz und habe nicht per se zur realisierten Effizienzsteigerung der letzten zehn Jahre

beigetragen, sei jedoch gemeinsam mit der Einführung von KLR und Controlling ein

selbstverständliches Steuerungsinstrument, welches nicht hinterfragt werden dürfe.357

6.3.2 Falsifizierende Befunde

Zunächst steht der These die globale Einschätzung von drei Gesprächspartnern entgegen,

dass der Umfang der neu aus der Doppik hervorgegangenen Inhalte gering sei und damit

hinsichtlich der Steuerung vernachlässigt werden könnte.358 Ein weiterer Geschäftsführer

stellt den Nutzen von GuV und Bilanz in Frage und verweist an anderer Stelle auf den

prioritären Status der Liquidität:

„[Die Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse, Anm. d. Verf.] ist sehr, sehr klar und sehr,

sehr deutlich. [...] Es ist ja überdeutlich. Man fragt sich nur: Wofür? Ich brauche das Ganze

nicht. [...] Für mich ist das operative Geschäft das Entscheidende. Gewinn- und Verlustrech-

nung und [...] die Bilanz, [...] da geht man mit fiktiven Horten um, ja. Das sind fiktive Schlach-

ten, die da geschlagen werden, ja.“359

Wiederum ein anderer Gesprächspartner konstatiert, dass die künstlerischen Ziele das

wirtschaftliche Handeln dominieren würden; eine Ableitung von Zielen des operativen

Geschäfts aus der Bilanz komme in der Praxis nicht vor.360 In einer weiteren Einrichtung

wird eine mittelfristige Fünfjahresplanung erstellt, doch bilanzielle Aspekte spielten dabei

keine Rolle.361

Ein Geschäftsführer, welcher die Umstellung miterlebt hat, urteilt, dass die Doppik

zu keiner neuen Erkenntnis geführt habe; die alten Haushaltsansätze seien zunächst

weitergeführt worden.362 Ein Kollege differenziert, dass die Doppik zwar neue Einsichten,

jedoch angesichts gleichbleibender wirtschaftlicher Strukturen, z. B. den hohen

Personalfixkosten, keine neue steuerungsrelevante Erkenntnis hervorgebracht habe. Ferner

ließe sich auch in der Kameralistik vieles von dem abbilden, was durch die Doppik neu

hinzugekommen sei.363 Diese Aussage wird durch den Befund gestützt, dass auch zwei der

drei kameral buchenden Einrichtungen einen Anlagespiegel als erweiterndes Element

pflegen.364

357 Ebenda, 10-191 ff. 358 Ebenda, 03-68; 05-42; 08-76. 359 Interview 08-76. 360 Vgl. Interview 03-42. 361 Ebenda, 05-42. 362 Ebenda, 02-56. 363 Ebenda, 03-46. 364 Ebenda, 13-78; 19-14.

Page 149: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 133

Bei der Vorbereitung der Eröffnungsbilanz wurde an einem Ort geäußert, dass bislang nur

eine städtische (Konzern-)Bilanz vorgesehen sei, in der die Vermögenswerte und die

Kapitalseite aller kommunalen Einrichtungen aggregiert würden. Dies bedeutet für den

betroffenen Regiebetrieb keinen Erkenntniszuwachs.365

In zwei Umstellungsprozessen wurde vom Träger ein Kontenplan vorgegeben,

welcher die besonderen Aufwandskategorien der Theater nicht explizit berücksichtigt

(z. B. Bühnenbilder, Kostüme, Maske). Diese werden nun in Sammelkonten verbucht.

Durch diese neuen Aggregationen gehen wertvolle Informationen verloren bzw. können

die Informationen nur durch zusätzliche Darstellungen wie der KLR oder manuellen

Nebenrechnungen sichtbar gemacht werden. Ähnliches gilt für die Abschaffung der

kameralen Haushaltsstellen wie Orchester, Chor, Gäste etc., durch welche es vormals

möglich war, im kameralen Haushaltsplan die Kosten der Ensembles und Produktionen auf

einen Blick zu erfassen. Im doppischen Kontenplan wird jedoch nur ein aggregiertes

Personalaufwandskonto bzw. ein Sammelkonto „sonstiger betrieblicher Aufwand“

angesprochen:

„Wir verdichten alles [...] Ich habe nur ein Personalkonto, wo alles draufgebucht wird, alles.

[...] Da habe ich eine Ist-Zahl. [...] Mit der Zahl kann ich gar nichts anfangen. Das ist ja

hochinteressant, aber was nützt mir die Zahl? Ich muss doch Soll und Ist vergleichen, ich muss

Gastetat, Orchester – das machen wir alles selber. Aushilfen, Aushilfsetat, machen wir alles

selber [in separaten Excel-Rechnungen, Anm. d. Verf.].“366

An anderem Orte:

„Wir haben ein sehr differenziertes Haushaltsstellensystem zunächst mal im Laufe der Zeit

ausgearbeitet und haben dann unterhalb der einzelnen Haushaltsstelle zum Beispiel Kostüme,

Bühnenbilder, dann Unterkonten eingerichtet, und zwar produktionsbezogen. [...] So wussten

wir aber auch, [...] was haben wir sozusagen an Gemeinbedarf in der Kostümwerkstatt gehabt

und was ist produktionsbezogen angeschafft worden? [...] Zumindest aber waren wir in der

Verwaltung jederzeit in der Lage, die Kosten nachzuvollziehen. [...] Das alles wird sozusagen

fallbeilartig am 31. Dezember dieses Jahres ins Nichts geschickt. Was danach kommt? Was wir

sehen, ist ein aggregiertes Kontensystem. Also aus den Kostümen, Ansatz sagen wir mal

100.000 Euro, Bühnenbilder und Maske und was wir alles schön differenziert hatten, wird halt

ein Konto. Das heißt dann witzigerweise in dem Kontensystem: Sonstige Betriebsausgaben. Da

stehen jetzt 400.000 Euro drin.“367

365 Ebenda, 17-22. 366 Interview 14-108. 367 Interview 17-26.

Page 150: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

134 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

Aus diesen Zitaten werden folgende falsifizierende Befunde deutlich:

• Die Doppik-Einführung kann u. U. ein jahrelang aufgebautes internes Steuerungssys-

tem und eine bewährte Haushaltsgliederung außer Kraft setzen. Die Steuerungsme-

chanismen der Einrichtung und die zur Anwendung erforderliche Verzahnung mit dem

Rechnungswesen wurden in diesen Fällen nicht hinreichend oder überhaupt nicht bei

der Konzeption der neuen Systeme berücksichtigt.

• Um die internen Steuerungsinstrumente weiterzuführen, sind u. U. permanente

Nebenrechnungen mit entsprechendem Arbeitsaufwand notwendig. Die Komplexität

der Systeme wächst, die Fehleranfälligkeit und Unübersichtlichkeit steigen.368

• Ein gut strukturierter kameralistischer Haushaltsplan kann dem Ideal der Integration

von externem und internem Rechnungswesen näher kommen als die Doppik. Die

Haushaltsstellen bzw. Titel samt Unterkonten dienten in den Einrichtungen gleichzei-

tig auch als Budgets zum Soll-Ist-Vergleich, z. B. Jahresbudgets für Kostüme,

Bühnenbilder etc. oder auch Projektbudgets für Inszenierungen. Diese wichtigen

Steuerungsdaten waren auf einen Blick im Haushaltsplan (externes Rechnungswesen)

einfach und transparent ersichtlich und sind jetzt auf viele verschiedene Aufwandskon-

ten oder theaterunspezifische Sammelkonten in der GuV verteilt. Daher sind u. U. in

der Doppik zusätzliche Darstellungen bzw. Berechnungen im internen Rechnungswe-

sen notwendig.369

• Bei der Einführung der Doppik können Konflikte zwischen den (berechtigten)

Informationsbedürfnissen des Trägers (z. B. die gleichzeitige Verfügbarkeit und

Vergleichbarkeit von wirtschaftlichen Daten aller nachgeordneten Einrichtungen

zwecks externem Controlling und Benchmarking) und den internen Bedürfnissen der

Einrichtungen auftreten. Gegebenenfalls manifestieren sich diese Differenzen bei der

Umsetzung zu Lasten der internen Steuerung der Einrichtung, hier z. B. durch Vorgabe

eines dysfunktionalen Kontenplans. Ein Transparenzgewinn für den Träger kann einen

Transparenzverlust und permanenten Mehraufwand für die Einrichtung verursachen:

„Also Sie scrollen dann Konten runter und denken: Ach, hier ist mal wieder eine Zahl von

uns, ja? [...] Durch diesen Konsolidierungs-, Konzerngedanken gibt es ein Kontensystem für

alle. Und unsere Spezialitäten, die sind in diesem Grundkontensystem ja nicht drin. Noch

mal: Jemand, der das für einen Industriebetrieb gemacht hat, der kommt nicht auf die Idee,

ein Konto Bühnenbild einzurichten, das gibt es nämlich im Rest der Welt nicht. Genauso

wenig wie Kostüme. [...] Das, was wir haben, geht nachher in drei Positionen Sonstige unter,

368 Vgl. Interview 14-106. 369 Ebenda, 12-72; 14-108.

Page 151: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 135

in den Aggregaten. Und das muss ich dann so hinnehmen. [...] Ich wollte das lange Zeit nicht

wahrhaben, dass das so ist. Jetzt weiß ich, dass es so ist.“370

• Wenn durch den Träger ein Kontenplan vorgegeben wird (z. B. fest im SAP-System

hinterlegt), so ist auch zukünftig keine hausspezifische Anpassung möglich, was

zuvor möglich war. Dies kritisieren zwei Gesprächspartner als Flexibilitätsverlust.371

• Wie die Variable Implementation noch zeigen wird, wurden im Zuge der Vorbereitung

der Umstellung diese gewichtigen Fragen bzw. Probleme nicht diskutiert und folglich

auch nicht gelöst, was teilweise in den Einrichtungen zu Missmut und Unzufriedenheit

geführt hat.

Als weiterer Problembereich wird die Divergenz von Jahresergebnis (GuV) und

Liquidität genannt. In den meisten Einrichtungen wird dies nicht thematisiert oder nicht

problematisiert, sondern eher auf den niedrigen Anteil der nicht-zahlungswirksamen

Aufwendungen und Erträge verwiesen, was wiederum die Relevanz der Doppik schmälert

(vgl. These 1). Im Gegensatz dazu wird jedoch auch das Phänomen geschildert, dass sich

die Salden der Erfolgs- und Finanzrechnung auseinander bewegen und dass dafür keine

stichhaltige Ursache gefunden wird:

„Und ich stelle fest, dass das [Jahresergebnis und Liquidität, Anm. d. Verf.] im Moment immer

weiter auseinander geht: Die kaufmännischen Abschlüsse stimmen nicht mit den kameralen

Abschlüssen überein, können sie auch nicht, sind ja zwei unterschiedliche Systeme. Offen ist,

wie mit dieser Divergenz umgegangen wird. [...] Jetzt in den vier Jahren oder fünf läuft es halt

noch nicht so rund. [...] Entscheidend ist die kamerale Zahl. [...] Kaufmännisch hatte ich bisher

Überschüsse erwirtschaftet, das hat man dann so hingenommen. Wenn ich da jetzt ein Defizit

habe, wird man erst mal gucken: Wie ist das denn jetzt kameral? [...] Und außerdem ist es so:

Was hier schon kaum jemand versteht, wie wollen es eigentlich die Ministerialräte im Ministe-

rium verstehen?“372

Der differenzierte Ausweis von Erfolg und Liquidität erfüllt den Kerngehalt der These 1,

die wirklichkeitsnahe Ressourcendarstellung, und ist damit eine wesentliche Motivation für

die Doppik-Einführung, kann jedoch im Management zu Schwierigkeiten oder

Unklarheiten führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Wertigkeit und Behandlung

von Erfolg und Liquidität nach innen oder nach außen (noch) nicht eindeutig oder

widersprüchlich definiert sind. Ferner werden wirtschaftliche Kennzahlen und Daten in der

Praxis unterschiedlich interpretiert. Das gilt insbesondere für die abstrakteren doppischen

370 Interview 17-96. 371 Vgl. Interviews 14-108; 17-90 ff. 372 Interview 14-68, -92.

Page 152: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

136 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

Größen wie Eigenkapital, Rücklage, Rückstellung, Tatbestand der bilanziellen Über-

schuldung. Weitere Ursache für die negative Einschätzung ist auch eine partielle

Unkenntnis der nicht-zahlungswirksamen Vorgänge, welche intern und/oder auch

extern bestehen kann.

Vielfach wird berichtet, dass die Perspektive und das Interesse der Träger und

Zuwendungsgeber stark liquiditätsbezogen ist. Sechs der 17 doppisch buchenden Ein-

richtungen der Stichprobe müssen für ihre Zuwendungsgeber eine zweite, rein liquiditäts-

orientierte Version ihrer Berichte erstellen, bei denen z. B. Abschreibungen wieder heraus-

gerechnet werden.373 Dies erscheint besonders dann ambivalent, wenn der Zuwendungsge-

ber die Einführung der Doppik veranlasst hat. Aber auch einige Geschäftsführer halten die

Liquidität nach wie vor für die wichtigste wirtschaftliche Größe. Somit wurde mit der

erfolgsorientierten Doppik ein komplexeres System implementiert, dessen weiterführender

Nutzen angesichts der noch vorhandenen starken Liquiditätsorientierung partiell

hinterfragt oder auch verneint wird, bis hin zum (Extrem-)Urteil, die Kameralistik sei

wirklichkeitsnäher und klarer als die Doppik.374 Der empirische Befund kann somit die

Forderung des Neuen Öffentlichen Rechnungswesens (Klaus Lüder et al.) nach einer

dritten Komponente, der Finanzrechnung, stützen. Bei der Erhebung wurde ein

vollständiges 3-Säulen-Modell jedoch nicht vorgefunden, dafür unterschiedliche

Ausprägungen des Liquiditätsmanagements, vom Cash-Management im Sinn von

Anlagemanagement, bis hin zu Planungen zur Aufrechterhaltung der Solvenz mit einem

liquiditätsbezogenen Berichtswesen.375 Als Beispiel für die Notwendigkeit der Einführung

eines Liquiditätsmanagements wird u. a. der Befund genannt, dass zum Zeitpunkt der

Aktivierung von Inszenierungen mehr Liquidität abfließt als an Aufwand verbucht wird; es

bestehe in der GuV die Gefahr des „Reichrechnens“376. Die geschilderte Diskrepanz ist

gerade die Konsequenz der ressourcenorientierten Betrachtungsweise, wenn das aktivierte

Anlagegut vollständig bezahlt wird und kein Sonderposten vorhanden ist, also ein Aktiv-

Tausch vollzogen wird, und gilt über die Inszenierungen hinaus für jede Form von

Anlagevermögen.

Eine eingeschränkte Steuerungsrelevanz ergibt sich ferner aus:

• den Differenzen zwischen Buchwert, realem Verschleißzustand und Gebrauchswert für

den Kulturbetrieb (z. B. pauschal bewerteter Fundus; vollständig abgeschriebene aber

373 Vgl. Interviews 05-116; 06-72; 09-64, -106; 14-62; 15-34; 20-81, -120, -129, -168. 374 Ebenda, 01-40; 02-60; 06-72; 08-56; 12-38; 13-92; 14-64, -92; 18-58; 20-192. 375 Ebenda, 02-68; 04-58; 06-66; 08-82 ff.; 10-60; 13-86. 376 Ebenda, 09-58.

Page 153: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 137

funktionstüchtige technische Anlagen als stille Reserve),377

• dem Nichtvorhandensein oder Nichtbilanzieren von Altersteilzeit-Verträgen,378

• einem begrenzten Verständnis doppik-basierter Darstellungen durch interne Entscheid-

ungsträger, insbesondere künstlerischer Geschäftsführer oder Spartendirektoren379 und

• einem Sichtblendeneffekt gegenüber externen Stakeholdern, z. B. der Kulturverwal-

tung, hinsichtlich Ausübung von Wahlrechten bei Bewertung und Bilanzierung sowie

durch Komplexität der wirtschaftlichen Zusammenhänge und Einflussgrößen.380

6.3.3 Neutrale Befunde

Bereits im falsifizierenden Befund wurde mehrfach festgestellt, dass der GuV eine höhere

Bedeutung als der Bilanz beigemessen wird. Dies gilt auch unter Vertretern der Aufsichts-

gremien.381 Das erscheint zunächst erklärungsbedürftig, da die meisten der doppik-

spezifischen Sachverhalte, z. B. zahlungsunwirksame Buchungen, ihren Ursprung in der

Vermögensaufstellung haben. Es erhärtet aber den Befund, dass der geringe Umfang von

nachrangigem Einfluss auf das Wirtschaften ist. Es könnte auch bereits als Indiz dafür

gesehen werden, dass das Ziel des Kapitalerhalts bzw. des Reinvermögens – und somit

Ziele der Nachhaltigkeit (vgl. These 3) – in der Praxis ebenfalls von untergeordneter

Bedeutung sind. Selbst fünf Jahre nach der Einführung der Doppik wird noch von

erheblichen Problemen und notwendiger Nachjustierung gesprochen.382

6.3.4 Abschließende Bewertung der These

Für die Bestätigung als auch Falsifikation wurde eine Reihe von sachlichen Anhaltspunk-

ten aufgezeigt. Dabei fällt auf, dass die bestätigenden Befunde auf der Systematik der

Doppik beruhen, wohingegen die falsifizierenden Befunde teilweise durch eine

suboptimale Umsetzung oder Handhabung verursacht werden (dysfunktionaler, starrer

Kontenplan; Missachtung der internen Steuerung; Interessenkonflikte; Liquiditätsorientie-

rung; etc.). Dies relativiert somit den falsifizierenden Befund, da er nicht grundsätzlich

gegen die Doppik spricht. Außerdem zeigt dies die Notwendigkeit, Implementierungspro-

zesse sorgfältig zu konzipieren und umzusetzen (vgl. auch intervenierende Variable

Implementation). Die Bewertung der These ist nicht frei von der subjektiven Einschätzung

der Gesprächspartner hinsichtlich der Steuerungsrelevanz der Doppik. Diese fällt sehr

377 Ebenda, 09-44, -92; 14-64. 378 Ebenda, 13-90. 379 Ebenda, 05-36. 380 Ebenda, 01-40; 14-92; 20-192. 381 Ebenda, 02-48; 05-42; 08-76; 10-52. 382 Ebenda, 14-66 u. -92.

Page 154: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

138 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

heterogen aus: von „notwendiger Voraussetzung“ als Steuerungsgrundlage eines

Kulturbetriebs bis hin zu „unnötigen fiktiven Schlachten“.

Aus Sicht der Gesprächspartner spricht für die Doppik neben dem hohen Verbrei-

tungsgrad, dass in diesem Buchungssystem insbesondere größere wirtschaftliche Einheiten

adäquat abgebildet würden. Jedoch lautet der empirische Befund, dass nach der Doppik-

Einführung von keinen gravierenden Veränderungen im Wirtschaften berichtet wurde.

Insofern ist der Zuwachs an Informationen eindeutig zu bejahen, die Steuerungsrele-

vanz im Sinne eines Handlungspotenzials aus dem gestiegenen Erkenntnisniveau jedoch

in deutlich geringerem Maße (vgl. Ausführungen zur These 1).

Der Begriff der Steuerungsrelevanz konnotiert ein Wechselwirkungsverhältnis von

Information und Entscheidung. Dabei spielt auch das Zielsystem des Kulturbetriebs eine

Rolle. Aufgrund der Sachzieldominanz leuchtet es ein, dass die wesentlichen Steuerungs-

entscheidungen in Bezug auf die Sachziele gefällt werden und die Formalziele eher den

Status einer Restriktion oder eines konstanten Inputs haben (Maximalprinzip in Bezug auf

die Sachzielebene, vgl. auch Kap. 9.9). Der Wahl eines Buchungssystems kommt unter

Effizienzgesichtspunkten gemäß dem vorliegenden Befund demnach in Kulturbetrieben

nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Insbesondere die noch stark vorherrschende

Liquiditätsorientierung ist ein fester Bestandteil der Steuerungs- und Führungskultur im

öffentlichen Sektor, auch der gesetzlichen und parlamentarischen Beschlussfassung

(Haushaltsverabschiedung etc.).

Es bleibt abzuwarten, ob sich die ressourcenorientierte Betrachtungsweise zukünf-

tig auch stärker bei der legislativen Gewalt und der Regierung samt Administration

niederschlägt. Dies würde die Steuerungsrelevanz der Doppik beträchtlich erhöhen. Es

wird sich jedoch nichts daran ändern, dass beim Betrieb der Theater und Orchester

angesichts hoher konsumtiver Personal- und Sachkosten letztlich eine Liquiditätsdeckung

und –betrachtung vorhanden sein muss.

Page 155: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 139

6.4 These 3: Doppik führt zu nachhaltigerem Wirtschaften

6.4.1 Bestätigende Befunde

Ein zentraler Aspekt der Nachhaltigkeit ist der durch die Doppik begünstigte, bewusstere

Umgang mit Gewinnen. Erwirtschaftete Jahresüberschüsse können ggf. in Abhängigkeit

von Entscheidungen des Trägers und des Aufsichtsgremiums in der Einrichtung verbleiben

und als Risikovorsorge dienen, um eventuelle zukünftige Defizite aus eigener Kraft zu

kompensieren:

„[...] Zu kameralistischen Zeiten, [...], war es so, dass das Geld, das reinfließt, auch verbraucht

wurde. In Zeiten der Doppik [...] ist es so, dass wir über den heutigen Jahresüberschuss dem

Aufsichtsrat und den Gesellschaftern berichten und Verwendungsvorschläge machen, im

Prinzip aber dieser Jahresüberschuss dazu dient, zum Beispiel Risiken für die kommenden

Jahre auch auszugleichen. Ja, also wir können damit umgehen, während zu Zeiten der Kamera-

listik eben das Geld verbraucht werden musste, wie es bei öffentlichen Ämtern auch heute

noch so ist [...] – am Schluss werden dann die Bleistifte gekauft.“383

Auch an zwei anderen Orten wurden aufgebaute Gewinnrücklagen dazu herangezogen,

Steigerungen der Personalkosten temporär zu finanzieren. Somit diente eine doppische

Kennzahl als Planungsgrundlage für das zukünftige Wirtschaften und hat vorüberge-

hend zur Nachhaltigkeit beigetragen.384

Ein weiterer Aspekt besteht darin, dass durch den bilanziellen Ausweis von Ver-

mögen und Kapital ein „anderes, sparsameres, an der Kapitalerhaltung orientiertes“385

Wirtschaften eingetreten sei, ggf. auch mit aus eigener Initiative ergriffenen restriktiven

Maßnahmen bei drohendem Abschmelzen des Eigenkapitals, im Gegensatz zur früheren

Orientierung am Liquiditätsverbrauch. Abgesehen von der verbalen Beschreibung des

Interviewpartners ist es jedoch schwierig, dies empirisch zu operationalisieren und damit

zu überprüfen.

Ein partiell stützender Aspekt ist die Tatsache, dass die Bildung von Rückstellun-

gen gemäß dem Vorsichtsprinzip bereits im Jahr der Bildung, in welchem auch die

wirtschaftliche Verursachung liegt, erfolgswirksam ist und damit Vorsorge für dem

Zeitpunkt oder Umfang nach unbekannte Aufwendungen getroffen wird.386

Die Diskussion von Steuerungsentscheidungen mit dem Aufsichtsrat, einem exter-

nen Controller und dem Wirtschaftsprüfer auf Basis der Analyse doppischer Kennzahlen

383 Interview 04-34; vgl. ähnliche Befunde auch in Interviews 09-86; 12-62. 384 Ebenda, 10-48; 18-64. 385 Ebenda, 04-44.

Page 156: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

140 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

hat in einem Theater dazu geführt, dass wirtschaftliche Optimierungsprozesse

beschlossen und umgesetzt wurden. Die daraus entstandenen Kostenvorteile haben laut

Aussage des geschäftsführenden Intendanten auch die künstlerischen Budgets vor

drohenden Kürzungen partiell bewahrt und damit zur Nachhaltigkeit des Programmange-

bots beigetragen.387

6.4.2 Falsifizierende Befunde

Das gewichtigste falsifizierende Indiz ist die nüchterne Einschätzung der Mehrheit der

Interviewpartner, welche die Umstellung persönlich erlebt haben, dass die Doppik am

Wirtschaften und Steuern ihres Betriebs nichts oder nichts Wesentliches geändert hat. Die

Steigerung der Wirtschaftlichkeit wird auch negiert. Zwei Gesprächspartner differenzieren,

dass zwar neue Erkenntnisse und Informationen vorlägen, diese jedoch keine Konsequen-

zen nach sich ziehen würden, z. B.:

„Also wenn man sich den Jahresabschluss anguckt, haben wir natürlich eine Vielzahl von

Rückstellungen, die es vorher in der Form nicht gab. Wenn ich allerdings den Betrag der

Rückstellungen einfach mal in die Relation zum Gesamtumfang des Haushaltes setze, dann

weiß ich nicht, ob da eine Nachhaltigkeit entsteht. Also das sind Größenordnungen, die wären

sicherlich im Zweifel auch aus laufendem Betrieb zu erwirtschaften.“388

Zum Detailthema Rückstellungen äußern wiederum zwei andere Gesprächspartner, dass es

in dem Moment, wo der Aufwand anfällt, auf das Vorhandensein ausreichender Liquidität

ankomme, so dass in der erfolgswirksamen Rückstellungsbildung kein Sinn gesehen

wird.389

Häufig ist das Liegenschafts- bzw. Bauamt des Trägers für die Instandhaltung des

Gebäudes zuständig. Auch in den Fällen, wo Gebäude und Grundstücke aktiviert wurden,

wurde kein Beleg dafür gefunden, dass die Substanzerhaltung des Gebäudes oder der

technischen Anlagen durch doppische Informationsgrundlagen in einem stärkeren Ausmaß

als zuvor verfolgt oder gar realisiert wurde (abgesehen von dem einen Fall, in dem eine

versachlichte Diskussion begonnen wurde, vgl. oben).

Auch eine konsequente Orientierung der Ersatzinvestitionen an der Höhe der

Abschreibungen – ein Zusammenhang zwischen Daten des Anlagegitters inklusive

Abschreibungsvolumen und Investitionspolitik – konnte nicht nachgewiesen werden bzw.

wurde verneint (abgesehen von inhaltlicher Schwerpunktbildung). Die Problematik eines

386 Ebenda, 01-68, -74; 04-40. 387 Ebenda, 06-42. 388 Interview 02-66. 389 Vgl. Interviews 08-60 , 09-62.

Page 157: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 141

über Jahre hinweg schrumpfenden Anlagevermögens, was durch die transparente

Darstellung nun objektiv sichtbar wurde, wurde in einem Fall von den Trägern ignoriert.390

Es wurde ferner kein Beleg dafür gefunden, dass die kaufmännischen Größen Abschrei-

bungen und Investitionen zur gezielten Beeinflussung von Jahresergebnis, Eigenkapital

etc. herangezogen werden, wie es in der Privatwirtschaft nicht unüblich ist. Vielmehr

orientieren sich die Investitionen an sachlichen Notwendigkeiten (Verschleißzustand,

Defekte etc.) und den verfügbaren Mitteln. Diese Faktoren wiederum werden nicht durch

die Doppik beeinflusst.

Die jährlich durchzuführende Inventur soll eine regelmäßige Kontrolle über Vor-

handensein und Zustand der Vermögensgegenstände mit sich bringen. In einer Einrichtung

wurde die Inventur über einen Zeitraum von sechs Jahren nicht durchgeführt, das Testat

des Wirtschaftsprüfers dennoch erteilt.391

In dem einzigen Theater der Stichprobe, in welchem Abschreibungen inklusive des

Gebäudes die GuV voll belasten (Anlagevermögen in Höhe von 17 Mio. € ohne kontinu-

ierliche Re-Investitionen), entsteht regelmäßig ein Jahresfehlbetrag. Diese Problematik

wurde durch eine individuelle Zuwendungsvereinbarung zwischen den Trägern und der

Einrichtung gelöst. Die NPM-Ziele der Transparenz und der ressourcenorientierten

Darstellung wurden hier erfüllt, jedoch war das Theater aufgrund der begrenzten

Steigerungsmöglichkeiten der Eigenfinanzierungsquote nicht in der Lage, die

Wertverluste aus eigener Kraft zu erwirtschaften, was dem Theater angesichts der Höhe

der Abschreibungen auch nicht vorgeworfen werden kann. Die Steuerungsinstrumente

wurden zwar eingeführt, eine höhere Nachhaltigkeit konnte beim Wirtschaften jedoch

durch das „Einsourcen“ der Wertverlustproblematik in die Einrichtung nicht erreicht

werden. Dies wurde ex ante auch nicht thematisiert.392 Der Ausweis von Gewinnrücklagen

bringt für den Kulturbetrieb das Risiko mit sich, dass diese vom Zuwendungsgeber als zu

hoch betrachtet werden und in Konsequenz ein Abbau durch Zuwendungskürzungen

forciert wird. Diese Sorge der Einrichtung kann insbesondere dann aufkommen, wenn mit

dem Träger kein Dialog über wirtschaftliche Zielsetzungen geführt wird. So kann die

Extremsituation entstehen, dass von der Einrichtung der Anreiz empfunden wird, keine

oder nicht zu hohe Rücklagen zu erwirtschaften, da die ggf. vorhandene Profitabilität damit

offenbart würde.393

390 Ebenda, 08-48; 10-39 ff.; 20-162. 391 Ebenda, 06-66. 392 Ebenda, 15-34 ff.; ähnlich auch 11-50. 393 Ebenda, 02-70.

Page 158: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

142 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

Folglich lautet das an einem Ort auch bekundete betriebsinterne Steuerungsziel, im

Zustand der bilanziellen Überschuldung (nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag bei

gleichzeitiger Solvenz) zu verbleiben. Somit wurde als empirischer Befund auch die

Umkehrung des positiven Effekts der Risikovorsorge durch ermöglichte Rücklagenbildung

festgestellt.394 Dies kommt einem „doppischen Dezemberfieber“ nahe: steuerungspoli-

tisch forcierte Ausgaben zur Vermeidung oder Reduktion von GuV-Jahresüberschüssen

trotz der gegebenen Möglichkeit, Mittel ins Folgejahr zu übertragen. Gleichzeitig bedeutet

dies wie auch beim herkömmlichen kameralen „Dezemberfieber“ nicht zwingend eine

Mittelverschwendung, wenn satzungsgemäße Ausgaben und Investitionen getätigt werden,

welche das Erreichen der Sachziele des Kulturbetriebs fördern. Die oben geschilderte

Anreizsituation, regelmäßig kleine Defizite zu erwirtschaften, besteht für einen weiteren

Kulturbetrieb, welcher zwar auf Doppik umgestellt wurde, Rücklagen bilden darf, jedoch

per Fehlbedarfsfinanzierung bezuschusst wird.395

Ein weiteres Indiz gegen die Nachhaltigkeit sind die Folgekosten der Einführung

der Doppik. Im Regelfall wird die Anschaffung neuer IT-Systeme notwendig, was

Einrichtungs-, Pflege- und Beratungskosten verursacht, in Einzelfällen wurde aufgrund der

höheren Komplexität auch von dauerhaften Personalaufstockungen berichtet. Hinzu

kommen noch Unregelmäßigkeiten in der mehrjährigen Übergangsphase:396

„Und es ist saukompliziert beim Theaterbetrieb, also unser Jahresabschluss. Ich habe mir

extern einen ehemaligen Bilanzbuchhalter [...] eingekauft, der Controller alleine schafft das ja

gar nicht, er muss sich ja mit den ganzen [...] Führungsberichten beschäftigen, die einmal im

Monat generiert werden müssen. Und auch der hat seine Probleme.“397

Ein anderer Interviewpartner resümiert daher wie folgt:

„Also wir haben [als noch die Kameralistik galt, Anm. d. Verf.] genauso viel Geld eingespielt

und genauso schöne Kunst gemacht, vielleicht sogar an mancher Stelle noch ein bisschen

schöner, weil es einfacher war [...].“398

394 Ebenda, 03-68; ähnlich auch 09-204. 395 Ebenda, 20-81. 396 Ebenda, 02-72. 397 Interview 14-92. 398 Interview 20-149.

Page 159: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 143

6.4.3 Neutrale Befunde

Eine häufig geäußerte Kausalattribution lautet wie folgt:

„Das Dezemberfieber [...] haben wir überhaupt nicht. Und das ist wirklich ein ganz, ganz

wesentlicher Vorteil [...] der Doppik.“399

Die Merkmale Doppik und flexiblere Mittelbewirtschaftung treten gleichzeitig ein und

korrelieren somit; jedoch liegt die Ursache in der Hintergrundvariable der veränderten

haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen. Ein kaufmännischer Direktor bringt die

fehlerhafte Kausalattribution zu Gunsten der Vorteilhaftigkeit der Doppik auf den Punkt:

„Das ist ja [...] das, was [...] ich eigentlich schon seit Jahren gesagt habe: Dass die Vorteile des

kaufmännischen Rechnungswesens [...] für die einzelne Einrichtung fast gegenstandslos wären,

wenn man innerhalb der bestehenden haushaltsrechtlichen Vorschriften eine größere Flexibili-

sierung zuließe.“400

Da der Mittelübertrag in Folgeperioden und weitere Flexibilisierungen auch in der

Kameralistik möglich sind, jedoch offensichtlich an vielen Orten nicht praktiziert wurden,

wird dadurch die Vorteilhaftigkeit der Doppik relativiert: Sie ist weniger die Ursache als

vielmehr das auslösende Moment, da die Möglichkeit zur bilanziellen Gewinn-

thesaurierung ein regulärer Bestandteil der Doppik ist, dennoch haushaltsrechtliche

Veränderungen voraussetzt.

Es wird außerdem berichtet, dass die Bereitschaft zur sachlichen und ehrlichen

Analyse der vorliegenden Daten in den Aufsichtsgremien und in der Verwaltung nicht

immer gegeben ist, so dass eine gehaltvolle Datengrundlage, z. B. GuV und Bilanz, nicht

zwingend zu positiven Effekten führen muss.401

6.4.4 Abschließende Bewertung der These

Die falsifizierenden Befunde sind von schwererem Gewicht und Ausmaß als die

stützenden Befunde. Eine gestiegene Nachhaltigkeit wurde nur in Einzelfällen erreicht,

wenn die Zielsetzung der Geschäftsführung, der Träger und/oder der Aufsichtsgremien

diese explizit beinhaltet hat. Voraussetzung hierfür ist eine über mehrere Perioden

vorhergehende Gewinnthesaurierung. Ein direkter Zusammenhang zur Doppik konnte

dabei nicht nachgewiesen werden; ebenso wenig eine unmittelbare Steigerung der

operativen Wirtschaftlichkeit aus der Anwendung doppischer Buchführung. Dies wäre aber

399 Interview 04-36. 400 Interview 02-54. 401 Vgl. Interview 10-55.

Page 160: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

144 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

auch eine falsche Erwartungshaltung. Einspielquoten von teilweise unter 10 % schränken

die Möglichkeiten, Gewinne zu erwirtschaften, stark ein bzw. ist hier die Höhe der

Zuwendung die Hintergrundvariable für eventuelle „Gewinne“. Wenn es in einigen

Perioden aufgrund unterplanmäßiger Aufwendungen bzw. überplanmäßiger Erträge

gelingt, Überschüsse zu erwirtschaften, so liegt die Ursache nicht in der Doppik, sondern

am konkreten Handeln und Entscheiden des Kulturbetriebs und exogenen Faktoren wie

z. B. Publikumsnachfrage und öffentlicher Meinungsbildung.

Nachhaltigkeit trat nur im Sinn von Risikoreduktion auf, und dies mit methodischen

Einschränkungen: Die geschilderten Effekte, z. B. das eigenständige Ergreifen von

krisenbewältigenden oder präventiven Maßnahmen, können empirisch nur schwer

nachgewiesen werden, da zum einen keine Testgruppe existieren kann (Wie hätte derselbe

Betrieb in demselben Szenario bei kameralistischer Buchungsweise gehandelt?) und zum

anderen die Opportunitäten nicht nachweisbar sind (Was wäre geschehen, hätte der Betrieb

die ergriffenen Maßnahmen unterlassen?). Es ist jedoch plausibel, dass eine eventuell

zugelassene Gewinnthesaurierung stabilitätsfördernd wirkt. Dabei ist auch hier die

Kausalität eher im Haushaltsrecht und im Wirtschaften als in der Doppik zu sehen.

Nachhaltigkeit im Sinn von Substanzerhaltung kann nur dann gemessen werden,

wenn die Kulturbetriebe als wirtschaftliche Einheit inklusive Gebäude und Anlagen über

einen längeren Zeitraum beobachtet werden. Da in den meisten Fällen die Gebäude kein

Bestandteil des Eigentums der Kulturbetriebe sind, kann hierüber keine Aussage getroffen

werden. Das explizite Verfolgen des Ziels der Substanzerhaltung auf Basis bilanzieller

Daten konnte jedoch nicht festgestellt werden.

Die gefundenen Belege für Nachhaltigkeit betreffen die intertemporale Ebene,

insbesondere den Umgang mit Überschüssen und Wertverlusten. Die Einführung der

Doppik vermochte in einigen Fällen die Darstellung des wirtschaftlichen Zustands zu

verändern, auf deren Grundlage bestimmte Entscheidungen getroffen wurden. Somit ist die

Doppik für Teile der Stichprobe in Bezug auf Nachhaltigkeit eine fördernde Einflussgröße

oder ein Anstoß gebendes Moment, jedoch nie ein kausaler, direkt auslösender Faktor.

Einschränkend ist festzustellen, dass sich effizientere Anreizstrukturen für Kulturbetriebe,

welche das NPM-Ziel der Nachhaltigkeit verfolgen, auch innerhalb der Kameralistik durch

entsprechende haushaltsrechtliche Bestimmungen und die Art der Zuwendungs-

finanzierung in begrenztem Umfang schaffen ließen.

Page 161: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 145

6.5 Fazit zur Einführung der Doppik

Der Umstellungsprozess von der Kameralistik auf die Doppik ist weit vorangeschritten,

dies vollzog sich insbesondere in den späten 90er-Jahren und in der ersten Dekade des

21. Jahrhunderts. Die Kameralistik wurde weitgehend abgelöst, wobei ein Zusammenhang

zur Rechtsform oder rechtlichen Selbständigkeit nicht eindeutig festgestellt werden konnte.

Ein Zugewinn an Informationen für die Kulturbetriebe bezüglich der wirtschaftli-

chen Verhältnisse wurde mehrheitlich erreicht (These 1). Dieser ist auch eingeschränkt

steuerungsrelevant, wobei jedoch der zusätzliche Nutzen in der Praxis durch suboptimale

Umsetzungen oder andere (legitime) Zielprioritäten nicht immer gegeben ist (These 2). Am

schwächsten ausgeprägt ist der positive Befund bezüglich der realisierten Nachhaltigkeit,

welche aus der Doppik resultiert (These 3): Im Kontext der Einführung wurde vielen

Kulturbetrieben mehr Eigenverantwortung für den Umgang mit Mehreinnahmen und

Mehrausgaben bzw. Gewinnen und Verlusten übertragen, was kurzfristige Risiken

abmildern kann, jedoch hängt dies nicht kausal mit der doppischen Systematik, sondern

mit dem Haushaltsrecht und der Höhe der Zuwendungen zusammen.402

Auf den vorliegenden Befunden aufbauend ist festzustellen, dass die Kameralistik

nicht per se unterlegen oder dysfunktional ist. Der Umfang der nicht-zahlungswirksamen

Vorgänge ist eher gering. Auch in der Kameralistik lässt sich eine Vermögensrechnung

abbilden. Einige der Doppik zugeschriebenen Vorteile entspringen dem Haushaltsrecht,

z. B. die Möglichkeit der Mittelübertragung in Folgeperioden und die gegenseitige

Deckungsfähigkeit. Das häufig zitierte „Dezemberfieber“ ließe sich somit auch in der

Kameralistik reduzieren. Eine flexiblere Handhabung der Stichtage des Buchungsschlusses

erlaubt auch in der Kameralistik eine periodengerechtere Zuordnung. Klare und

verlässliche Absprachen oder Vereinbarungen zwischen Trägern und Kultureinrichtungen

bezüglich Steuerungsvorgaben bei doppischen Kennzahlen, wie im privaten Sektor

zwischen Eigentümern und Management unmittelbar möglich, sind nicht der Regelfall

bzw. durch die Gewaltenteilung und politische Prozesse erschwert.

Öffentliche (Kultur-)Betriebe dürfen im Regelfall keine Kredite oder langfristigen

Verbindlichkeiten zur Überbrückung von konsumtiv bedingten finanziellen Engpässen

aufnehmen. Somit ist die wesentliche Forderung der Nachhaltigkeit, welche in Zeiten

steigender Staatsverschuldung insbesondere an die Gebietskörperschaften gestellt wird,

nämlich dass das Ausgabevolumen durch die Einnahmen gedeckt sein muss, bereits durch

402 Vgl. große Veränderungen zu Befunden bei Schugk (1996), S. 147-150 und Beutling (1993), S. 92.

Page 162: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

146 6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen

entsprechende Rechtsvorschriften erfüllt. Das Baumolsche Kostendilemma in Form

langfristig nominal steigender Finanzierungsbedarfe angesichts der hohen Personalintensi-

tät bei konstantem Output kann auch durch die Doppik nicht strukturell überwunden

werden.

Vielmehr ist die Umstellung auf Doppik zunächst lediglich eine Entscheidung für

ein bestimmtes Buchungssystem, welche eher nach normativen Kriterien erfolgt. Der hohe

Verbreitungsgrad, vor allem im privaten Sektor, wirft die Frage nach der Vorteilhaftigkeit

nicht unmittelbar auf:

„[Die Doppik, Anm. d. Verf.] ist eine Selbstverständlichkeit, also das würde ich jetzt nicht als

Besonderheit hervorheben. [...] Das muss bei uns Standard sein. Das darf überhaupt gar nicht

anders – nein, das ist überhaupt nicht in Frage gestellt. [...] Hier ist es Voraussetzung.“403

Angesichts des Implementierungsaufwands, z. B. in einer mittelgroßen Kommune allein 25

Beschäftigte in einer eigenen Doppik-Abteilung und mehrjährigen Schwierigkeiten in der

Übergangsphase404, erscheint die Frage dennoch relevant zu sein:

„Ein Ergebnis muss man haben, aber warum doppelte Buchführung, warum bilanzieren?

Letztendlich nur, weil es die Kulturbehörde verlangt, muss ich ganz ehrlich sagen. [...] Das

heißt, solange sie [...] letztendlich unternehmerische Entscheidungen in einem sehr finanziell

marginalen Rahmen treffen, [...] wirken sich diese Erkenntnisse [aus Doppik und Bilanzierung,

Anm. d. Verf.] schlicht und ergreifend nicht aus.“405

Die Gegebenheiten und konkreten Erfahrungen im Einzelfall prägen das Urteil ganz

erheblich. Daher ist die Generalisierung von Befunden nur begrenzt möglich.

Bedingungen, welche das Gelingen der Einführung von Doppik begünstigen, lauten:

• ausreichend lange Vorbereitungszeit,

• klare Zielsetzung, welche sich konzeptionell in der Umsetzung niederschlägt,

• Berücksichtigung interner Steuerungsbedürfnisse der Kulturbetriebe,

• niedriges, an den Bedürfnissen orientiertes Komplexitätsniveau,

• ausreichendes Maß an kaufmännischen und IT-Kompetenzen,

• Anpassungen an individuelle Bedürfnisse sind auch später noch möglich und

• offene, verlässliche und frühzeitige Absprachen zwischen Kultureinrichtung und

Träger über Steuerungsziele, insbesondere doppische Kennzahlen (z. B. Erwünschtheit

und ggf. Höhe von Eigenkapital, Rücklagen und Liquidität; Umgang mit Substanzver-

lust im Anlagevermögen; Diskrepanzen zwischen Liquidität und Erfolg).

403 Interview 10-191 ff. 404 Vgl. Interview 17-18. 405 Interview 11-40.

Page 163: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

6. Unabhängige Variable Externes Rechnungswesen 147

Die Nutzung der neuen doppischen Gestaltungsmöglichkeiten ist evtl. noch nicht in Gänze

verbreitet.406 Ein abschließendes Urteil über die Doppik in Theatern und Orchestern könnte

angesichts der noch nicht flächendeckend angepassten adäquaten internen und externen

Steuerungskriterien noch verfrüht sein. Eine generelle Überlegenheit der Doppik

gegenüber der Kameralistik kann aus Sicht der Kulturbetriebe auf Basis des hier

vorliegenden empirischen Befunds jedoch nicht konstatiert werden. Dieses Urteil schließt

freilich Wirkungen und Nutzen, welche außerhalb der Grundgesamtheit bestehen, z. B.

Konzernbilanzen der Trägerkörperschaften, nicht mit ein.

406 Vgl. Interview 02-62.

Page 164: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Uabhängige Variable Internes Rechnungswesen 149

7 Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

7.1 Explorativer Befund

In 14 der befragten Kultureinrichtungen (70 %) werden dezentrale Budgets als internes

Steuerungsinstrument genutzt, mit steigender Tendenz sowohl die Anzahl der Einrichtun-

gen betreffend als auch die Zahl der Budgets pro Kulturbetrieb. Es haben sich unterschied-

liche Strukturen, teils personen- oder abteilungsbezogen, teils gegenstandsbezogen,

herausgebildet. Am häufigsten werden folgende Budgets praktiziert:

• auf höher aggregierter Ebene: künstlerische Budgets der Spartenleiter (Oper,

Schauspiel, Konzert, Ballett etc.), (Neu-)Produktionen/Inszenierungen; Beschaffungs-

budgets der Abteilungsdirektoren

• auf tiefer aggregierter Ebene: Gäste/Solisten, Kostüme, Werkstatt, Marketing,

Investitionen, Dekoration/Ausstattung.

Die Budgets können entweder projektbezogen (z. B. für eine bestimmte Inszenierung) oder

zeitbezogen (z. B. Globalbudget für einen Jahreszeitraum) sein.

Fast ebenso viele Gesprächspartner, 13 von 20 (65 %), bejahten die Existenz einer

eigenen Controlling-Stelle (eine Person in Vollzeit) oder eines anteiligen Tätigkeitsgebiets

Controlling innerhalb einer breiter definierten Stelle mit unterschiedlichen Aufgaben. In 7

der 13 Einrichtungen erfolgte die Einführung des Controllings nach dem Jahr 2000.

Insofern kann hier von einer relativ jungen Entwicklung mit wachsender Tendenz

gesprochen werden. In den sieben Kulturbetrieben ohne dauerhaft verankerte Controlling-

funktion werden jedoch auch punktuelle Auswertungen und Analysen vorgenommen. Dies

geschieht meist durch den Geschäftsführer oder Verwaltungsleiter persönlich, in einem

Fall durch den Steuerberater, in einem weiteren Fall durch das städtische Zentralcontrol-

ling, auch in festen Zyklen und gekoppelt an Dienstgespräche mit Abteilungsleitern.407

Sämtliche Kulturbetriebe verfügen über wirtschaftliche Auswertungen408, welche

abweichend von der GuV und Bilanz bzw. dem kameralistischen Haushaltsplan strukturiert

sind, um das betriebsinterne Informationsbedürfnis bzw. auch die Wünsche der

Aufsichtsgremien und der Politik zu befriedigen. Dies geschieht durch zusätzliche

Darstellungen im internen Rechnungswesen, welche von einfachen, händisch erstellten

punktuellen Konzertauswertungen bis hin zu komplexen, systematisch implementierten

und dauerhaft gepflegten, ggf. mehrstufigen KLR-Systemen reichen. Über eine

407 Ebenda, 07-8.

Page 165: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

150 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

abteilungs- oder spartenbezogene Kostenstellenrechnung verfügt die Hälfte der

Stichprobe (10 von 20 Einrichtungen). Noch verbreiteter (90 %) ist die Kostenträger-

rechnung.

Hierbei werden in der Praxis unterschiedliche Aggregationsebenen fokussiert:

• auf höher aggregierter Ebene: vollständige Konzert- und Abonnementserien, eine

Inszenierung inklusive sämtlicher Aufführungen, vollständige Gastspielreisen,

Produktionskosten ohne Aufführungen, Sparten gemäß Produktkatalog des Trägers,

Spielstätten

• auf tiefer aggregierter Ebene: einzelne Konzerte, Opernaufführungen, Schauspiele,

sonstige Veranstaltungen, Vermietungen, Gastspiele.

Die unterschiedlichen Aggregationsebenen werden innerhalb der einzelnen Kulturbetriebe

teilweise parallel (aufsummierend gestuft), teilweise voneinander unabhängig betrachtet

und gepflegt.

Elf Einrichtungen (55 %) erfassen die Erlöse im internen Rechnungswesen in ver-

gleichbaren Strukturen. Es erfolgt überwiegend, aber nicht in allen Fällen, eine Ermittlung

von Kosten und Erlösen auf denselben Kostenträgern.

Bei 8 dieser 11 Einrichtungen wird zudem ein Deckungsbeitrag ausgewiesen.

Lediglich in einem Fall, in einem kleinen Theater, wird eine mehrstufige Deckungsbei-

trags-Hierarchie erhoben.409

Das dominierende Rechnungssystem ist die Teilkostenrechnung (14 Einrich-

tungen bzw. 70 %). Zwei Kulturbetriebe praktizieren die Vollkostenrechnung (10 %) mit

Zuordnung der Arbeitszeiten zu den Kostenträgern, zwei weitere eine Teilkostenrechnung

mit partieller Verrechnung von Gemeinkosten (10 %) und wiederum zwei weitere machten

diesbezüglich keine präzisierenden Angaben. Ein Theater befindet sich im Umstellungs-

prozess von Teil- auf Vollkostenrechnung und bereitet die Systeme der Zeitaufschreibung

für die Mitarbeiter derzeit vor. Dabei wird die Zielsetzung verfolgt, den Einsatz der hohen

Personalfixkosten nicht nur abteilungsbezogen in der Kostenstellenrechnung, sondern

künftig auch produktionsbezogen in der Kostenträgerrechnung darzustellen. Dies soll im

letzten Entwicklungsschritt durch ein im Theaterwesen bundesweit einzigartiges

Personaleinsatzplanungsprogramm auch zur Diensteinteilung genutzt werden.410

408 Diese wurden in der nachfolgenden Tab. 25 als „Grundzüge einer KLR“ bezeichnet. 409 Vgl. Interview 19-128. 410 Ebenda, 05-46 ff.

Page 166: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Uabhängige Variable Internes Rechnungswesen 151

Zwei Theater haben kürzlich die Vollkostenrechnung wegen des hohen Pflegeaufwands bei

niedrigem Aussagegehalt auf eine Teilkostenrechnung umgestellt. In einem Fall führte die

nichtadäquate Struktur der Vollkostenrechnung zu nicht verwertbaren Aussagen. In dem

anderen Fall wurde die Erfahrung geschildert, dass das zeitaufwändige akribische Erfassen

von Arbeitsstunden samt Zuordnung zu den Kostenträgern zu keinen Veränderungen in

den Planungsprozessen geführt hat. Die neu gewonnenen Zahlenwerte wurden anfänglich

durchaus mit Interesse verfolgt, haben aber im Lauf von mehreren Jahren genauer

Kostenzuordnung zu keinen praktisch verwertbaren Erkenntnissen für die Theaterplanung

geführt.411

Instrumente des strategischen Controllings werden nur selten eingesetzt. Ein

Theater verfügt über ein Risiko-Früherkennungssystem und betreibt punktuell

Benchmarking412. Ein weiteres Theater ist vom Träger angehalten, eine Balanced Score

Card zu führen.413

Die Verteilung der Merkmalsausprägungen innerhalb der Stichprobe kann Tab. 25

entnommen werden:

411 Ebenda, 12-12; 15-58 ff. 412 Ebenda, 16-84 ff. 413 Ebenda, 14-122 ff.

Page 167: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Stic

hpro

be N

r.

01

02

03

04

05

06

07

08

09

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

Orc

hest

er/T

heat

er

T

O

O

T

T

T

T

T

T

T

O

T

T

T

T

T

T

O

T

O

Grö

ßenk

lass

e G

G

G

M

M

K

M

G

M

G

M

G

M

G

M

M

M

M

K

M

Inst

itut

iona

lisie

rtes

C

ontr

ollin

g X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Inte

rne

Bud

gets

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Gru

ndzü

ge e

iner

KL

R

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Kos

tens

telle

nrec

hnun

g X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Kos

tent

räge

rrec

hnun

g X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Lei

stun

gsre

chnu

ng/

Erl

öszu

ordn

unge

n X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

DB

-Rec

hnun

g X

X

X

X

X

X

X

X

Tei

l-/V

ollk

oste

nrec

h-

ung/

Gem

isch

t T

T

T

T

T

k.

A.

T

G

T

T

T

T

k. A

. V

T

G

T

T

V

T

Zei

tauf

schr

eibu

ng d

es

Per

sona

ls f

ür K

LR

ge

-

plan

t

pa

r-

tiell

X

X

part

ielle

s st

rate

gisc

hes

Con

trol

ling

X

X

Tab

. 25:

Ver

teilu

ng d

er A

uspr

ägun

gen

des

inte

rnen

Rec

hnun

gsw

esen

s in

der

ges

amte

n St

ichp

robe

, im

Kon

text

des

Pri

mär

krit

eriu

ms

1 un

d de

s Se

kund

ärkr

iter

ium

s 2

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng.

152 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

Page 168: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen 153

Dabei werden diese Einzelbefunde ersichtlich (vgl. Tab. 25):

• In dem kleinen Theater (Fall 19) mit dem komplexesten internen Rechnungswesen ist

kein Controller beschäftigt; diese Funktion übernimmt hier die Verwaltungsleitung.

• Darüber hinaus verfügen 5 mittelgroße und ein großer Kulturbetrieb noch über kein

institutionalisiertes Controlling.

• Die Kostenträgerrechnung erfährt einen deutlich höheren Verbreitungsgrad als die

Kostenstellenrechnung (90 bzw. 50 %).

• Drei Einrichtungen pflegen separiert eine Kostenträgerrechnung und Erlösstatistik,

führen diese jedoch nicht in Form einer Deckungsbeitragsrechnung zusammen.

• Fünf Einrichtungen arbeiten mit internen Budgets, verfügen jedoch über kein

institutionalisiertes Controlling.

• Unterstellt man, dass Controlling, Budgetierung und die KLR (insbesondere

Kostenträgerrechnung) die wichtigsten Reformbestandteile im Kontext des internen

Rechnungswesens für Kulturbetriebe sind, so verfügen mit Ausnahme eines Orchesters

sämtliche Kulturbetriebe (95 %) über mindestens zwei dieser drei Steuerungselemente

bzw. 9 Einrichtungen (45 %) über alle drei Komponenten. Dies kann zunächst als

relativ hoher instrumenteller Umsetzungsgrad der steuerungsbezogenen Reformen

gedeutet werden, ist jedoch unter der Einschränkung zu sehen, dass es sich im Detail

häufig um rudimentäre Ansätze handelt, die von den deklarierten NPM-Zielen noch

entfernt sind, wie auch die folgenden Einzelbefunde zeigen.

7.2 These 4: Erhöhte Transparenz durch KLR

7.2.1 Bestätigende Befunde

Ein Zugewinn an Informationen über die wirtschaftliche Entwicklung des betrieblichen

Geschehens durch die KLR und die weiteren Instrumente des internen Rechnungswesens

und somit die Schaffung von Transparenz ist gegeben. Es werden sachliche Informations-

grundlagen für betriebsinterne und externe Diskussionen und Entscheidungen geschaf-

fen.414 So werden insbesondere genannt:

Produktionsspezifische Kosten werden erfasst, ggf. Splittung in Einzel- und umge-

legte Gemeinkosten, auch als Basis für die Aktivierung von Inszenierungskosten in der

Bilanz (Dokumentationsfunktion der KLR, vgl. Kap. 3.5.7).415 Durch entsprechende

Strukturierung bzw. Hierarchisierung von Kostenträgern können die Kosten nach

414 Ebenda, 01-68; 02-90; 03-92; 08-88; 15-26.

Page 169: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

154 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

Spielstätten, Sparten, Inszenierungen und Einzelvorstellungen bzw. Gastspielreisen und

Einzelkonzerten auf Gastspielreisen dargestellt und ausgewertet werden.416 Dadurch wird

der Ressourceneinsatz auch gegenüber Aufsichtsgremien sowie der Kulturpolitik und -ver-

waltung transparent und leicht verständlich darstellbar; verdeckte oder unbeabsichtigte

Mittelverschiebungen zwischen den Sparten seien nicht mehr möglich.417 Parallel dazu ist

eine abteilungsbezogene Kostenstellenrechnung (Wo fallen welche Kosten an?) mit

Auswertung nach Kostenarten möglich.418 An die Kostenstellen sind teilweise dezentrale

Jahres- oder Produktionsbudgets gekoppelt.419

Erlöse werden Sparten, Inszenierungen und Vorstellungen zugeordnet, entweder

durch direkte Verbuchung auf Kostenträger und damit Gegenüberstellung zu den Kosten

oder durch separate Erfassung in eigenen Strukturen. Teilweise findet auch eine Erlöspla-

nung mit Aggregationen bis in den übergeordneten Wirtschaftsplan des Betriebs statt.420

Der Deckungsbeitrag I (Erlöse abzüglich variabler Kosten) bestimmter Konzert-

und Veranstaltungsformate wird ermittelt. Dadurch erfolgt eine wirtschaftliche

Typisierung und Charakterisierung des Programmangebots.421 Das nach Abzug der

variablen Kosten ggf. verbleibende Defizit eines Projekts wird ausgewiesen.422 In einem

Theater wird eine gestufte Deckungsbeitrags-Hierarchie mit Umlage der Fixkosten für alle

Inszenierungen aufgestellt. Diese wird auch dem Gemeinderat vorgelegt, welcher sich

inhaltlich differenziert mit den Daten auseinandersetzt und dabei durchaus auch bereit ist,

Projekte mit negativem DB zu unterstützen.423 Es wurde in einem Opernhaus ersichtlich,

dass bei der Besetzung von Titelrollen durch internationale Stars der DB I negativ wurde,

da selbst durch höhere Kartenpreise die gestiegenen Kosten gegenüber der B-Besetzung

nicht vollständig kompensiert werden konnten.424

Zudem haben sich hausspezifische Berichtssysteme herausgebildet, vom allabend-

lichen Kassenbericht über wöchentliche/monatliche Produktionsberichte bis hin zu

globalen quartalsweisen Auswertungen des internen Rechnungswesens, inklusive Soll-Ist-

Vergleichen, Abweichungsanalysen und Hochrechnungen.425 Im intertemporalen Vergleich

415 Ebenda, 07-6; 09-112. 416 Ebenda, 08-86; 03-78. 417 Ebenda, 05-102; 06-54, -62. 418 Ebenda, 05-46. 419 Ebenda, 05-62; 10-92. 420 Ebenda, 04-82; 07-72; 08-106; 11-08, -56; 15-52; 19-122; vgl. auch empirischer Befund bei Stein (1982),

S. 102. 421 Ebenda, 04-86; 07-70; 08-92 ff.; 10-77 ff.; 11-08, -56; 12-50; 19-154; 20-138. 422 Ebenda, 18-52. 423 Ebenda, 19-126 ff., -134 ff., -160 ff. 424 Ebenda, 01-92. 425 Ebenda, 04-128 ff.; 08-90, -202; 16-8.

Page 170: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen 155

werden Preissteigerungen z. B. bei beschafften Rohstoffen für Bühnenbilder sichtbar.426

Über die gewonnenen Erkenntnisse urteilen die Gesprächspartner in der Weise,

dass ein rationaleres Management bzw. Faktenwissen an die Stelle des vormals

vorhandenen Bauchgefühls getreten ist.427

7.2.2 Falsifizierende Befunde

Vereinzelt wird über eine unzulängliche oder suboptimale Umsetzung und Strukturierung

der KLR und des internen Rechnungswesens berichtet. Dies spricht grundsätzlich nicht

gegen die genannten Instrumente, zeigt jedoch, dass der Einsatz der KLR nicht immer zu

einer erhöhten Transparenz geführt hat. Diese Befunde lauten im Einzelnen:

In einem Bundesland wurde fast allen öffentlichen Einrichtungen ein einheitlicher

Produktkatalog vorgegeben. In dem betreffenden Theater existieren daher als einzige

Kostenträger Musiktheater, Sprechtheater, Konzerte, Gastspiele, Kinder- und Jugendthea-

ter, Sonstiges. Auf diesen sechs Kostenträgern werden sämtliche Kosten im Rahmen einer

Vollkostenrechnung aggregiert und nicht weiter durch ein Mengengerüst oder nach

Inszenierungen oder Einzelvorstellungen differenziert. Dies befriedigt das übergeordnete

Informationsbedürfnis des Trägers, jedoch wird die notwendige Transparenz für die

innerbetriebliche Steuerung nicht geschaffen.428 Im Zuge der Doppik-Einführung wurden

zudem die Anwendung einer Vollkostenrechnung und die Einführung eines komplexen

und teuren Softwaresystems vorgegeben. Dies kritisiert der Geschäftsführer:

„Der Nutzen ist wesentlich niedriger als Kosten und Aufwand. [...] Wir sind vermutlich das

einzige Theater, was eine Vollkostenrechnung tatsächlich exzessiv bis ins letzte Detail

[durchführt, Anm. d. Verf.]. Wir legen hier um, was der Anteil des Pförtners an der Zauberflöte

ist. [...] Ich brauche das nicht für die Steuerung des Theaters. [...] Ich brauche eigentlich nur

eine Teilkostenrechnung am Theater. Insbesondere muss ich schauen, ob der Kunstapparat mit

den Ist-Ausgaben immer noch im Plan ist, gerade bei den vielen Gästen, den unständig

Beschäftigten [...] Das bietet alles das Software-Modul überhaupt nicht. Ich bin noch nicht mal

in der Lage, über die Software meinen Ausstattungsetat zu steuern [lacht].“429

Zudem berücksichtigt die Software bei automatisiert generierten Prognose-Berichten die

theatertypische Ungleichverteilung der Erlöse und Kosten innerhalb des Kalenderjahrs

nicht, was ein falsches wirtschaftliches Bild erzeugt. Folglich müssen Excel-Tabellen

händisch weitergeführt werden.430 Ob die Ursache in der Software selbst, der hausspezifi-

426 Ebenda, 06-56. 427 Ebenda, 04-128 ff. 428 Ebenda, 14-86. 429 Interview 14-78. 430 Vgl. Interview 14-66.

Page 171: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

156 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

schen Implementierung oder in der Bedienung lag, konnte nicht abschließend geklärt

werden.

Zwei weitere Theater haben mit der Vollkostenrechnung keine Verbesserung der

Planung und keinen Erkenntnisgewinn erreicht. Es kam gegenteilig sogar zu unnötigem

Erklärungsbedarf, irreführenden Debatten und Fehlschlüssen bei den Vertretern des

Trägers:

„Man hat halt hier [vor Umstellung der Rechtsform, Anm. d. Verf.] die Zauberflöte vom ersten

Tag bis zum letzten einfach als Buchungsobjekt genommen, hat eine Vollkostenrechnung

gemacht und hat dann immer gesagt na gut, Gott im Himmel, 800.000 Euro Miese, so. Aber

das ist natürlich nun aus Steuerungssicht nicht so wahnsinnig interessant, wenn man halt

immer eine Vollkostenrechnung macht und letzten Endes nicht differenziert betrachten kann,

ob eine Vorstellung, die wir hier veranstalten, wenigstens noch Deckungsbeiträge bringt. Dann

ist es halt unter Steuerungsaspekten praktisch eine Nichtaussage.“431

Folglich wurde in beiden Fällen die Vollkostenrechnung nach einigen Jahren wieder

fallengelassen.432 Kritisch muss angemerkt werden, dass eine Vollkostenrechnung auch

eine Teilkostenrechnung/Deckungsbeiträge abbilden kann, sofern die variablen Kosten

resp. Erlöse auf die selben Buchungsobjekte (z. B. Kostenträger) kontiert und in der

Gliederung abgesetzt dargestellt werden. Dies war jedoch hier nicht der Fall, so dass die

Aufmerksamkeit einseitig bei den umfangreichen umgelegten Gemeinkosten lag, die aus

Sicht der Interviewpartner jedoch keinen Erklärungs- oder Steuerungsgehalt besitzen.

An zwei Orten wird bemängelt, dass die KLR-Systeme aufgrund der fehlenden

Controlling-Stelle nur unzulänglich gepflegt werden. Eine regelmäßige Berichterstellung

und Analyse über die verursachungsgerechte Buchung der Einzelkosten hinaus sei nicht

möglich. In einem Orchester werden lediglich halbjährliche KLR-Auswertungen

angefertigt. Folglich sei der Transparenz- und Erkenntnisgewinn gering.433

Es wird darauf hingewiesen, dass die KLR lediglich vergangenheitsbezogene

Daten erfasst,434 zudem auch erst dann, wenn Auszahlungen oder eingegangene

Rechnungen als Kosten (bzw. Einzahlungen als Erlös) verbucht wurden. Für die

Feinsteuerung ist die Datenaktualität daher u. U. nicht ausreichend; es kann sich ein time

lag auftun. Ferner berücksichtigt die KLR nicht automatisch den wirtschaftlichen Abgleich

mit bereits verplanten, aber noch nicht verausgabten Kosten, wenn ein in der Zukunft

liegendes Ergebnis prognostiziert werden soll.

431 Interview 12-12; vgl. auch 12-38. 432 Vgl. Interviews 12-38; 15-58. 433 Ebenda, 07-78; 11-08. 434 Ebenda, 15-50.

Page 172: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen 157

Die Interpretation von KLR-Daten ohne Zusatzinformationen bzw. Hinter-

grundwissen kann zu Fehlschlüssen führen. So ist z. B. ein Theater mit einem kleinen

Schauspielensemble gezwungen, regelmäßig Gäste zu engagieren, was keiner besonderen

Systematik unterliegt. Die Honorare für die Gäste erhöhen die variablen Kosten und

reduzieren den DB I, wohingegen die Kosten der festangestellten Ensembles nicht direkt

zurechenbar sind und daher den DB I nicht mindern. Im wirtschaftlichen Vergleich

mehrerer Produktionen drohen daher falsche Interpretationen.435

Ein Theater musste erfahren, dass Prognoseunsicherheiten einzelner Personen

hinsichtlich ihrer übermittelten Planwerte die Verlässlichkeit der praktizierten DB-

Feinplanung geschmälert haben. Daraufhin ist man zu einer gröberen Planungsstruktur mit

Produktions- und Jahresbudgets zurückgekehrt.436

Es wurden durch die KLR einige Erkenntnisse gewonnen und monetär beziffert,

die jedoch von der Grundaussage her nicht neu waren. Dazu gehört etwa, dass Konzerte

am Heimatort vorteilhafter sind als auf Tourneen, dass Schul- und Kinderkonzerte

wirtschaftlicher sind als häufig unterstellt oder dass die Sachkosten in Summe nicht so

stark steigen, wie es einzelne Positionen (Energie, Rohstoffe etc.) vermuten lassen.437 In

einem Theater stellt man regelmäßig fest, dass die Deckungsbeiträge von Repertoire-

Inszenierungen und populären Stücken die höchsten sind. In einem weiteren Mehrsparten-

Theater wird beobachtet, dass die Deckungsbeiträge in der Sparte Musiktheater strukturell

niedriger als in den anderen Sparten sind.438 Angesichts dieser trivialen Ergebnisse schreibt

ein Geschäftsführer der DB-Rechnung eine eingeschränkte Aussagekraft zu.439

7.2.3 Neutrale Befunde

In einem Theater existierte eine Integration von differenzierten Informationen des

internen Rechnungswesens über Produktionskosten etc. in den kameralen Haushaltsplan.

In einem weiteren Theater waren die unterjährig zu steuernden Budgets für bestimmte

Abteilungen in dem kameralen Haushaltsplan direkt enthalten. Durch die Einführung der

Doppik sind diese schlanken Strukturen hinfällig geworden und nicht mehr anwendbar. Es

müssen neue KLR-Systeme aufwändig separat aufgebaut werden.440

In einem Orchester werden die KLR-Auswertungen auch den Trägern zur Kennt-

nis gegeben. Dies erhöht für die betreffenden Personen die wirtschaftliche Transparenz

435 Ebenda, 19-148. 436 Ebenda, 15-54 ff. 437 Ebenda, 20-138. 438 Ebenda, 19-138. 439 Ebenda, 07-70. 440 Ebenda, 14-86, -108; 17-26.

Page 173: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

158 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

subjektiv in hohem Maße. Kritisch bemerkt jedoch der geschäftsführende Intendant, dass

damit eine selektive Wahrnehmung mit einseitiger Fokussierung auf die wirtschaftlichen

Daten gefördert werde und die wichtigere, nämlich künstlerische Seite in den Hintergrund

gerate.441 Zudem seien viele wirtschaftliche Details auch aus dem KLR-Bericht nicht

abzulesen. Positiv für den Kulturbetrieb sei die daraus resultierende Vertrauensbildung

seitens des Trägers.442 Die Offenlegung der KLR-Daten sichert jedoch nicht zwingend,

dass die wichtigen oder kritischen Stellen erkannt bzw. geklärt werden:

„Also zum Beispiel die Frage: Warum kriegt der eine Pianist 1.000 Euro und der andere 5.000?

Die ist uns [...] interessanterweise noch nie gestellt worden. Denn wahrscheinlich bewegen sich

die Leute, die das fragen würden, dann auf so einem dünnen Eis, wo sie meinen, da können sie

jetzt nicht mitreden [...]“443.

7.2.4 Abschließende Bewertung der These

Die These 4 kann als bestätigt gelten. Die punktuellen Schwachstellen und Defizite in der

Handhabung der KLR, wie unter den falsifizierenden Befunden geschildert, beeinträchti-

gen nicht das Potenzial dieses Instruments zur Transparenzgewinnung. Es bleibt eine

Gestaltungsaufgabe jedes Kulturbetriebs, eine adäquate Struktur und Anwendung der KLR

zu entwickeln und zu implementieren. In der überwiegenden Zahl der Fälle hat sich

angesichts des hohen Anteils der Fixkosten am Gesamthaushalt, insbesondere der

kurzfristig nicht beeinflussbaren Personalkosten, die Teilkostenrechnung bewährt.444 Die

Strukturen des internen Rechnungswesens sind insbesondere dann effizient, wenn es

gelingt, die weit verbreiteten internen Budgets zum Bestandteil des Rechnungswesens und

der KLR zu machen, so dass eine manuelle Nebenbuchhaltung nicht erforderlich ist.

Ähnlich wie bei den vorhergehenden Thesen zeigt sich erneut, dass die Einführung

der Doppik als Auslöser für Systemumstellungen gekoppelt mit einseitigen Vorgaben des

Trägers Intransparenz verursachen kann, wenn Theaterspezifika und die internen Bedürf-

nisse der Kulturbetriebe nicht beachtet werden. Dies kann jedoch konzeptionell der KLR

441 Ebenda, 20-140. 442 Ebenda, 20-157. 443 Interview 20-47. 444 Das erscheint zunächst widersprüchlich, da mit wachsendem Fixkostenanteil (im Kulturbetrieb 80 bis

90%, vgl. Schneidewind (2006), S. 129) der Aussagewert der Teilkostenrechnung abnimmt. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass die KLR vorwiegend zur Unterstützung der Spielplanung herangezo-gen wird. Die Spielplanung dominiert operative Planungsprozesse im Kulturbetrieb. Hierbei wird die Grundkapazität/Spielbereitschaft des Betriebs als gegeben vorausgesetzt, so dass detaillierte Informatio-nen über die Fixkostenzusammensetzung in diesem Kontext nicht relevant sind. Wenn im Zuge der Gesamtwirtschaftsplanung des Kulturbetriebs die Fixkostenentwicklung beobachtet und kalkuliert wird, so kann auf die einzelnen Sachkonten zurückgegriffen werden, auf denen u. U. auch Plan-Ist-Vergleiche zur Kostenkontrolle durchgeführt werden. Insbesondere bei der umfangreichen Personalkostenplanung stehen ggf. eigene Softwareanwendungen bzw. detaillierte kopfbezogene Berechnungstabellen zur Verfügung. Vgl. zur Thematik Voll- versus Teilkostenrechnung auch Schwarzmann (2000), S. 114 f.

Page 174: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen 159

nicht angelastet werden und führt daher nicht zur Falsifikation der These.

Es bestätigte sich auch hier, dass die KLR nur so gute Daten liefern kann, wie sie

auch eingespeist und aus dem System extrahiert werden. Zur laufenden Pflege und

Anwendung ist daher eine Mindestmenge an Personaleinsatz erforderlich, welche

wenigstens in Form eines fest eingerichteten (Teil-)Arbeitsgebietes Controlling erfolgen

sollte.

Aus dem explorativen Befund ging hervor, dass zwar in sämtlichen Kulturbetrieben

wenigstens grobe Auswertungen der anfallenden Kosten erfolgen, jedoch nur in 55 % auch

die Erlöse im internen Rechnungswesen systematisch erfasst werden. In 40 % der

Einrichtungen wird ein Deckungsbeitrag ermittelt. Dies wurde von den Gesprächspartnern

nicht explizit als ein Mangel an Transparenz benannt, indiziert jedoch zumindest die

Ausbaufähigkeit der vorhandenen Systeme bezüglich der Interdependenzen von Kosten

und Erlösen.

Eine gute Informationslage verursacht Kosten und erfüllt keinen Selbstzweck. Da-

her werden die nachfolgenden Thesen den Nutzen aus der Transparenz näher untersuchen.

7.3 These 5: Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz durch KLR

7.3.1 Bestätigende Befunde

Zunächst schildern zwei Interviewpartner, dass die KLR dazu beigetragen habe, in

Krisenzeiten bei wegbrechenden Finanzen bzw. während einer Interimsintendanz den

Betrieb wirtschaftlich und künstlerisch zu retten und zu konsolidieren:445

„Es gibt Leute, also Betriebswirte [...], Controller oder Revision in der Stadtverwaltung, die

sagen, es ist eine übergroße Arbeit, die wir uns machen. Nein, ist es nicht. Das hat uns nämlich,

auf Deutsch gesagt, einige Male den A[...] gerettet, dass wir so differenziert sind und dass wir

es auch für unsere Gremien und für die Geldgeber so durchsichtig machen. Das ist sehr, sehr

durchsichtig, also da weiß auch ein Laie [Bescheid, Anm. d. Verf.]. Unser [...] Aufsichtsrat ist

ausschließlich aus städtischen Politikern besetzt, ja, also das sind ja in so einer kleinen Stadt

Freizeitpolitiker, die im bürgerlichen Beruf Zahnarzt oder Spediteur oder so sind.“446

Dies beinhaltet die zentrale Aufgabe der Steuerung, welche z. B. durch Einzelkosten-

planung auch präventiv in einem Theater wirtschaftliche Turbulenzen verhindern kann.447

Ein Geschäftsführer lokalisiert den größten Effizienzhebel im Theaterbetrieb in der

wirtschaftlich fundierten internen Steuerung:

445 Vgl. Interviews 06-54; 15-26. 446 Interview 06-54. 447 Vgl. Interviews 06-56; 08-104; 19-192 ff.

Page 175: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

160 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

„Anhand unserer selbstgestrickten Excel-Tabellen und sparsamster Haushaltsführung haben

wir die letzten Jahre immer leichte Überschüsse erwirtschaftet. [...] Wie wir das hier intern

sozusagen steuern, das war dafür entscheidend.“448

Aus dem Zitat wird auch ersichtlich, dass KLR-Auswertungen nicht zwingend

automatisiert vollzogen werden, sondern teilweise parallel und manuell gepflegt werden.

Insbesondere wenn sich die Intendanz für Gespräche über die wirtschaftliche Seite

der Programmgestaltung offen zeigt, so ermöglichen die gewonnenen Daten einen Dialog

über die wirtschaftliche Optimierung bzw. einen gezielteren Mitteleinsatz in kommenden

Spielzeiten. Dies muss nicht einseitig wirtschaftliche Ziele verfolgen, sondern kann auch

Freiräume auf Ebene der Sachziele schaffen, etwa um bestimmte künstlerische

Großprojekte zu realisieren, die ohne wirtschaftliche Optimierung nicht möglich gewesen

wären.449 Somit versetzt die KLR den Kulturbetrieb bestenfalls in die Lage, Kongruenzen

zwischen wirtschaftlichen und künstlerischen Zielen zu lokalisieren. Bei entsprechender

differenzierter Auswertung und Interpretation sei es möglich, aus der KLR erkenntnisstif-

tende Informationen abzuleiten.450

Durch die KLR-Analysen wurde auch die Unwirtschaftlichkeit bestimmter Forma-

te aufgezeigt. So wurde in einem Orchester der jährliche Galaabend abgeschafft und in

einem Theater wurde die Sommerbespielung temporär ausgesetzt.451

Generell äußern die Gesprächspartner häufig dass Urteil, dass KLR und Control-

ling zu einem rationaleren und effizienteren Management beigetragen haben.452 Dies

konkret mit Beispielen zu belegen, fällt jedoch schwer. Als Argumente werden genannt,

dass durch diese Instrumente überhaupt erst die Möglichkeit entsteht, frühzeitig bei

Fehlentwicklungen einzugreifen453 bzw. ab einer bestimmten Betriebsgröße, die im

Theater gegeben ist, diese Instrumente Selbstverständlichkeiten bzw. auch rechtlich

vorgeschrieben sein können454. Ein weiterer Geschäftsführer urteilt, der wirtschaftliche

Erfolg habe sich infolge der neuen KLR nachrangig, aber dennoch nachweisbar

verbessert.455 Mehrfach wird berichtet, dass das Kostenbewusstsein z. B. bei den

Budgetverantwortlichen auf Abteilungsleiterebene gestiegen sei und ein Wandel der

Betriebskultur eingesetzt habe, da durch die KLR konkretes Zahlenmaterial als

Diskussionsgrundlage vorliege. Dies sieht ein Geschäftsführer als wirksamste Komponente

448 Ebenda, 14-182. 449 Ebenda, 04-110; 07-72; 18-76. 450 Ebenda, 04-122; 10-77 ff., -104; 18-52; 19-158. 451 Ebenda, 11-56; 19-154. 452 Ebenda, 01-96; 02-108; 04-128 ff.; 10-104, -134; 12-86. 453 Ebenda, 04-128 ff. 454 Ebenda, 12-86.

Page 176: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen 161

des internen Rechnungswesens.456 An einigen Orten wird durch die Integration der

Budgets in die Kostenstellen auch die Kontrollfunktion regelmäßig ausgeübt und

dezentralisiert.457 In einem Orchester werden die Plan-Daten der KLR inklusive positivem

DB für die Verhandlungen, d. h. zur Preisbildung des Orchesterhonorars bei Gastspielrei-

sen, als Grundlage herangezogen, um somit die Wirtschaftlichkeit zu einem frühen

Zeitpunkt zu sichern.458 Nicht zuletzt erhöhe sich durch die Nutzung des internen

Rechnungswesens die Planungsqualität und -sicherheit, was auf den Wirtschaftsvollzug

durch die jederzeit mögliche Soll-Ist-Kontrolle stabilisierend wirkt.459

7.3.2 Falsifizierende Befunde

Die gewichtigsten Befunde gegen den Effizienzgewinn durch KLR sind die Aussagen

vieler Interviewpartner über eine eingeschränkte Relevanz und daher sehr begrenzte

Auswirkung der KLR-Daten in der Praxis: Zunächst löst die Gewinnung der Daten,

ebenso wenig wie die Doppik-Einführung, keine unmittelbaren Kosten- oder Effizienzvor-

teile in der künstlerischen Produktion aus. Es entstehen im Gegenteil Implementierungs-

kosten und ein dauerhafter Pflegeaufwand460. Wenn primär Sparziele verfolgt würden, so

müsse man ohnehin den die Kostenstruktur dominierenden Personalaufwand durch

Stellenkürzungen o. Ä. reduzieren. Dabei sei die KLR nicht behilflich; es herrsche keine

Unkenntnis über die Lokalisierung der Kosten. Überkapazitäten seien ohnehin bereits an

vielen Orten abgebaut worden bzw. die daraus resultierende Arbeitsverdichtung habe

manche Häuser an die Auslastungs- und Belastungsgrenze des Personals geführt.461 Im

Bereich der kurzfristigen Vermietung von Räumlichkeiten werden in zwei Einrichtungen

die Vermietungspreise durch konstante Richtlinien, die in ihrer konkreten Gestaltung

auch kulturpolitisch geprägt sind, vorgegeben. Diesbezüglich bestünde kein Bedarf an

einer KLR-gestützten Gegenüberstellung von Kosten und Erlösen.462

In einem Theater werden die KLR-Daten als Anlage im Jahresabschluss zwar publiziert,

jedoch noch nie thematisiert. Externe Personen könnten nach Ansicht des Gesprächpartners diese

Daten ohnehin nicht adäquat einschätzen.463 Selbst interne Adressaten, z. B. die künstlerische

Leitung bzw. Intendanz, nehmen die Daten nicht näher zur Kenntnis oder lehnten die

Auseinandersetzung mit den Kostendaten als Basis für die künftige Planung bewusst ab:

455 Ebenda, 12-46. 456 Ebenda, 04-124; 07-56; 15-94; 19-204. 457 Ebenda, 10-92; 12-72; 15-86; 16-76. 458 Ebenda, 02-104; ähnlich auch 01-86. 459 Ebenda, 04-128 ff.; 06-54, -62; 17-172. 460 Ebenda, 02-94; 03-90, -96; 14-92, -106, -114, -267; 19-190; 20-138, -149. 461 Ebenda, 06-44; 09-138. 462 Ebenda, 02-86 ff.; 06-28.

Page 177: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

162 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

„Also wenn der Intendant sagt: Das interessiert mich null, Ihre Kosten- und Leistungsrechnung

und die GuV vom letzten Jahr schon mal gar nicht, ich mache jetzt hier den Ring, fertig,

machen wir. Dann ist es wurscht, wie man das abrechnet am Ende.“464

Auch an anderen Orten wird bekundet, dass die Daten zwar erhoben werden, jedoch keine

oder nur punktuelle Einbeziehung in die Entscheidungsfindung, z. B. in die

Spielplanung, erfahren.465 So berichtet ein geschäftsführender Intendant:

„Ich habe sowieso nie den Gedanken an irgendwelches Zahlenmaterial, wenn ich ein Konzert

akquiriere oder mir ein Programm ausdenke oder mir einen Solisten bestelle oder sonst

irgendwas. Das ist auch so was, wovon Politiker träumen, aber das geht in der Branche einfach

nicht.“466

Dies wird des Öfteren damit begründet, dass wirtschaftliche Ziele in Form einer

Maximierung von Erlösen bzw. Deckungsbeiträgen ohnehin nicht theateradäquat seien,

weil dies konsequenterweise in eine Kommerzialisierung des Programmangebots münden

würde. Nur in seltenen Fällen sei der DB I überhaupt positiv, d. h. die Erlöse sind selten

höher als die variablen Kosten, so dass nach betriebswirtschaftlicher Regelanwendung die

meisten Produktionen ohnehin eingestellt werden müssten, weil selbst die variablen Kosten

aufgrund der wirtschaftlichen Struktur einer Bezuschussung bedürfen. Es lasse sich

strukturell bedingt kein Gewinn erwirtschaften. Es gehöre zum Auftrag des Theaters, auch

Werke mit negativem Deckungsbeitrag zu spielen. Die Dominanz künstlerischer Ziele und

Interessen und damit verbundene freie Kunstentfaltung sei daher angemessen, nicht

zuletzt auch im Intendantenvertrag zugesichert. Das Einladen von renommierten Solisten

und Dirigenten, welche besondere kulturelle Erlebnisse verschaffen und auch vom

Publikum erwartet werden, stünde im Zielkonflikt zu einer Deckungsbeitrags-

Maximierung, da die Mehrkosten nicht durch die Mehreinnahmen gedeckt werden können,

sichere aber das Stammpublikum. Künstlerische Qualität habe Priorität und koste

entsprechendes Geld.467 In einem Orchester wird daher geurteilt, die KLR zeige keine

alternativen Handlungsoptionen auf.468 Wegen des eingeschränkten Aussagegehalts

haben zwei Theater von der eingeführten Deckungsbeitrags-Rechnung wieder Abstand

genommen und nutzen Budgets als Steuerungsinstrumente.469

463 Ebenda, 08-92 ff. 464 Interview 15-76. 465 Vgl. Interviews 02-84, -162; 03-78, -90; 09-114; 15-82; 17-26. 466 Interview 20-138. 467 Vgl. Interviews 01-92; 02-152 ff.; 03-42, -80; 07-70; 09-120, -168, -210; 11-52; 14-100; 15-82; 17-104;

18-76; 19-134 ff.; 20-12, -37, -138. 468 Ebenda, 03-92 u. -100. 469 Ebenda, 07-70; 15-54. Eine mögliche Herangehensweise an das vordergründige Dilemma zwischen Sach-

und Formalzielen mit ökonomisch-rationalen Kriterien wird im Kap. 9.9 aufgezeigt.

Page 178: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen 163

Ein in diesem Zusammenhang mehrfach geäußertes Argument gegen die Deckungsbei-

trags-Rechnung als Analyse- und Planungsinstrument lautet, dass erfahrungsgemäß die

Losgröße von Theaterproduktionen stets Eins beträgt: Jede Inszenierung, jedes Konzert

sei ein schwer zu prognostizierendes Unikat, insbesondere bezüglich der Einnahmen

wegen der unsicheren Publikumsnachfrage. Es fehlen die differenzierten Vergleichsmaß-

stäbe: ein DB I von -10 T€ kann für eine bestimmte Inszenierung ein hervorragendes

Ergebnis sein, für eine andere ein schlechtes. Somit könne der DB im Kulturbetrieb

lediglich eine nachträglich zu bestimmende Erfolgsgröße ohne Relevanz für die Planung

sein. Es haben sich keine Erfahrungswerte aufbauen lassen, auf deren Basis ein Spielplan

optimierbar sei:470

„Es interessiert mich eigentlich im Nachhinein nicht, was die Zauberflöte letzte Spielzeit

gekostet hat. Denn die nächste Zauberflöte kommt in 15 Jahren wieder. Im letzten Jahr hat die

im Rokoko-Kostüm gespielt und in 15 Jahren spielt sie nackt im Parkhaus, keine Ahnung, was

der Regisseur macht, ohne Bühnenbild, ohne alles, im schwarzen Aushang. Da nützt mir meine

Kostenrechnung gar nichts, was irgendwann mal die Zauberflöte gekostet hat. Also insofern

bin ich da so ein bisschen skeptisch, mache mir eher so ein bisschen einen Spaß draus, dass

man da die eine oder andere Auswertung [in der KLR, Anm. d. Verf.] hat. Der eigentliche

Punkt in der Planung von Theaterfinanzen liegt in der Abstimmung zu einem frühzeitigen

Zeitpunkt, in einer Abstimmung zwischen Wirtschaftsplan, Spielplan und Spielplandisposition,

mit Besetzungen einhergehend. Das ist der Knackpunkt in der Theaterplanung. Was ich dann

hinterher rechnen kann, das ist dann alles witzlos. Die grundlegende Planung muss stim-

men.“471

Mit dieser Thematik verbunden ist der Einwand, dass kurzfristige unterjährige

Steuerungsmaßnahmen, etwa durch das Absetzen eines erfolglosen Stücks oder Ansetzen

von zusätzlichen Vorstellungen eines erfolgreichen Stücks, wegen mittel- und langfristiger

Spielplanungen, organisatorischer Vorläufe und vertraglicher Verpflichtungen überhaupt

nicht möglich seien. Somit wird aufgrund der unflexiblen Betriebsform des Kulturbe-

triebs die generelle kurzfristige Steuerbarkeit zur Effizienzgewinnung als niedrig

eingeschätzt.

Der Zeitpunkt der Erkenntnis tritt zu spät ein, um Konsequenzen daraus zu

ziehen, was wiederum die Relevanz der KLR schmälert.472 Folglich sei die vorherrschende

Planungsweise spielzeit- bzw. jahresbezogen, nicht jedoch inszenierungsbezogen.473

In mehreren Einrichtungen wird kritisch angemerkt, dass die Kostenstellenleiter

über keine wirtschaftlichen Entscheidungskompetenzen verfügen. Der Geschäftsführer

470 Ebenda, 08-108, -194; 09-122; 11-42; 12-58; 15-50; 16-68; 19-316. 471 Interview 15-50. 472 Vgl. Interviews 03-82; 08-88, -100; 09-120; 11-8.

Page 179: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

164 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

übe neben den Budgetverantwortlichen eine Gesamtverantwortung aus, so dass die Kosten-

stellenrechnung als Teilelement der KLR von nachrangiger Bedeutung sei.474

7.3.3 Neutrale Befunde

In einem Theater musste im Jahr 2004 das Wegbrechen der Zuwendungen um mehrere

Millionen Euro verkraftet werden. Dies ist gelungen, u. a. durch das eigenverantwortliche

Erschließen von Effizienzgewinnen im Wert von 1 Mio. € pro Jahr. Der Geschäftsführer

urteilt jedoch, dass die KLR bei dieser umfangreichen wirtschaftlichen Konsolidierung

keine originäre Rolle gespielt habe.475

7.3.4 Abschließende Bewertung der These

Zunächst sollte definiert werden, welche der genannten Instrumente des internen

Rechnungswesens in den Geltungsbereich der KLR-fokussierten These fallen: Neben der

Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung sind dies die Deckungsbeitrags-

Rechnung, da diese Kosten und Erlöse saldiert, sowie vergleichbar aufgebaute, oft

händisch erstellte, von den Interviewpartnern so genannte „Konzertauswertungen“. Nicht

zur KLR gezählt werden an dieser Stelle zentrale und dezentrale Budgets, auch falls diese

organisatorisch oder abrechnungstechnisch an Kostenstellen gekoppelt sein sollten, weil

Budgets eine Planeinhaltung verfolgen, jedoch keine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

vollziehen bzw. Effizienzsteigerung intendieren, und außerdem dem kameralen,

titelbezogenen Soll-Ist-Vergleich sehr nahe stehen.

Auf Basis der geführten Gespräche konnten nur wenige Fälle nachgewiesen wer-

den, in denen die KLR im zuvor definierten Verständnis zu realisierten Effizienzvorteilen

geführt hat – sei es durch eine Steigerung der Economy (weniger Mitteleinsatz bei

konstantem Output) oder der Effizienz (mehr Output bei konstantem In-

put/Maximalprinzip). Unbestritten sind das Erreichen von treffsichereren Planungs- und

Steuerungsprozessen, wirtschaftlicher Transparenz und frühzeitiger Erkennbarkeit von

wirtschaftlichen Schieflagen durch die Anwendung von KLR. Dies sind wichtige Ziele der

Geschäftsführung, belegen jedoch noch keine Effizienzsteigerung, wie es die KLR als

Instrument der Entscheidungsfindung konzeptionell postuliert. Neben die im falsifizieren-

den Befund dargestellten Aspekte der mehrjährigen Planungsvorläufe, der nicht

ausreichend gegebenen Planbarkeit von Erlösen und der in der KLR unberücksichtigten

künstlerisch-qualitativen Effizienzperspektive tritt noch die zu beachtende Haushaltsstruk-

473 Ebenda, 03-82; auch bestätigt im empirischen Befund bei Stein (1982), S. 102. 474 Ebenda, 01-78 ff.; 02-82.

Page 180: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen 165

tur hinzu (vgl. Kap. 2.1.4): Da die freie Spitze für Produktionsentscheidungen, das

künstlerische Budget, nur einen kleinen Prozentsatz der Gesamtkosten des Theaters

ausmacht (ein Interviewpartner bezifferte dies auf ca. 7-10 %476), ist der Teil des

finanziellen Gesamtvolumens, der frei gestaltet und gesteuert werden kann, relativ niedrig.

Dies gilt folglich auch für das Potenzial der Effizienzsteigerungen aus diesem Anteil

heraus. Daher ist die These angesichts der umfangreich geäußerten negativen Befunde

zunächst mehrheitlich zu falsifizieren.

Jedoch erscheint es zumindest fragwürdig, ob das Potenzial der KLR als zukunfts-

orientiertes Planungsinstrument schon ausgereizt ist oder ob in der Ausgestaltung und

Nutzung noch Verbesserungsmöglichkeiten liegen, etwa durch eine Plankostenrechnung.

Wenn bereits in einer großen Anzahl der Fälle die Wenn-Komponente der These durch

Nicht-Nutzung, Nicht-adäquate Nutzung oder Nicht-Beachtung der KLR nicht realisiert

wird, so kann die Dann-Komponente, die Wirkungsentfaltung, gar nicht eintreten. Ob

Letztere tatsächlich zu mehr Effizienz führen würde, somit die KLR mehr Potenzial hat,

als bislang realisiert wird, darüber gehen die Meinungen der Experten auseinander.

475 Ebenda, 15-182. 476 Ebenda, 15-86.

Page 181: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

166 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

7.4 These 6: Erhöhung der Rationalität durch Controlling

7.4.1 Bestätigende Befunde

Das Controlling wird in den aufgesuchten Kulturbetrieben zu folgenden Zwecken eingesetzt:

• Punktuelle Einzelanalysen zur Effizienzkontrolle zur Vorbereitung von Make or

Buy-Entscheidungen und Outsourcing-Überlegungen.477

• Überwachung der Kostenentwicklung insbesondere bei variablen Kosten wie etwa

dem Gästebudget und Sachkosten (Materialeinkauf etc.).478

• Markterkundungen bei Beschaffungen zur Wahrung der Sparsamkeit.479

• Punktuelle Auslastungsanalysen auf der Mengenebene beim hausinternen Personal

(Werkstattauslastung, Disposition, Dienstpläne, Dienstzeiten).480

• Führungsunterstützung der künstlerisch Verantwortlichen, indem die Konsequen-

zen ihres Entscheidens bewusst gemacht werden; dies stärke das Verantwortungsbe-

wusstsein und die wirtschaftliche Rationalität der Budgetverantwortlichen.481

• Führungsunterstützung der wirtschaftlich Verantwortlichen durch Zuarbeit zur

Erstellung des Wirtschaftsplans, der Personalkostenplanung und Quartalsberichte.482

• Kontrolle, ob neu abzuschließende Vertragsverhältnisse liquiditätsmäßig und durch

die Wirtschaftsplanung gedeckt sind.483

• Unterjährige Planverfolgung und Hochrechnung (Forecast) auf globaler Ebene des

Wirtschaftsplans sowie in Bezug auf den Spielbetrieb (adressatenorientiertes Be-

richtswesen/Navigations- und Kontrollfunktion).484

• Vorab-Kalkulation von Gastspielreisen zur Absicherung der Wirtschaftlichkeit.485

• Frühzeitiges Aufspüren von nicht-planmäßigen wirtschaftlichen Entwicklungen, um

ggf. Abweichungsgespräche zwischen Budgetverantwortlichen mit der Geschäftslei-

tung zu initiieren und mit Daten zu versorgen.486

• Vorbereitung von regelmäßigen und außerordentlichen Controlling-Sitzungen mit

entsprechenden Datengrundlagen (Informationsfunktion).487

477 Ebenda, 16-68. 478 Ebenda. 479 Ebenda, 06-66. 480 Ebenda, 16-58. 481 Ebenda, 10-136. 482 Ebenda, 01-92. 483 Ebenda, 14-98. 484 Ebenda, 01-92; 02-96; 04-128 ff.; 12-58; 13-112; 19-192 ff. 485 Ebenda, 02-104. 486 Ebenda, 01-82; 04-96; 07-58; 13-108. 487 Ebenda, 07-8; 12-86.

Page 182: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen 167

• Unterstützung des Planungsprozesses der Spielplanung durch verlässliche mengen-

und wertmäßige Berechnungen, die letztlich in eine Kostenplanung und Entschei-

dungsfindung münden.488

• Rückblickende wirtschaftliche Analyse und Dokumentation des Spielbetriebs.489

Des Öfteren wird berichtet, dass die Konsequenzen der Einführung von Controlling-

Funktionen in der Schärfung des Kostenbewusstseins, der Disziplin und des Verantwor-

tungsgefühls der handelnden Personen liegen, was zu einer Stabilisierung und

Absicherung der wirtschaftlichen Entwicklung, nicht zuletzt der Geschäftsführung selbst,

sowie zu einem rationaleren und effizienteren Management führe.490 Daher bekennt ein

Gesprächspartner die hohe Bedeutung des Controllings wie folgt:

„Und ohne diesen Controller [...] – da muss man sich nichts vormachen, ich mache mir gar

nichts vor, wäre ich hier baden gegangen wie – wie sonst was, ja.“491

Als Teilinstrument des Controllings kommt der Budgetierung eine herausragende

Bedeutung zu. Ihre Anwendungshäufigkeit in der täglichen Praxis ist höher als die der

KLR. In einigen Häusern sieht der Budgetierungsprozess vor, dass die beteiligten

Verantwortlichen der dezentralen Budgets bei Projektkonzeptionen entsprechende Plan-

Werte ermitteln, welche in die (teilweise mehrstufigen) Planungsgespräche einfließen, und

bei Projektrealisierung auch die Einhaltung inklusive eventueller Unwägbarkeiten zu

verantworten haben.

Durch die konsequente Einbindung der Personen, die auch für die Umsetzung der

Tätigkeiten zuständig sind, teilweise auch für die administrative Pflege des laufenden

Budgets (dezentrales Controlling), sei somit ein frühzeitiges Gegensteuern bei

eventuellen Abweichungen möglich. Die vollumfängliche Delegation von Verantwortung

unter Einbindung in einen Controlling- und Planungs-Zyklus habe sich insofern bewährt,

als dass die Budgetdisziplin und das dezentrale Verantwortungsbewusstsein zugenommen

und das „Dezemberfieber“ abgenommen haben. In einem Kulturbetrieb wird der Erfolg

dieses Prozedere darin gesehen, dass es bislang zu keinen größeren unvorhergesehenen

Defiziten gekommen sei.492 Die Budgets erfüllen teilweise auch die Funktion der

Gewährung der künstlerischen Freiheit, weil die Verantwortlichen innerhalb der zur

Verfügung stehenden Summe frei entscheiden können, z. B. welche Gastsolisten

488 Ebenda, 05-46; 08-104; 17-172; 19-134 ff., -154. 489 Ebenda, 11-8, -56; 19-54. 490 Ebenda, 01-96; 02-108; 04-124 ff.; 06-54, -62; 10-104, -136 ff.; 12-78, -86; 16-96; 19-204. 491 Interview 06-64.

Page 183: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

168 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

eingeladen werden, und somit in finanziell angespannten Zeiten mindestens eingeschränkt

gestalten können.493

7.4.2 Falsifizierende Befunde

Auch im Zusammenhang mit dem Controlling wird bekundet, dass durch die Dominanz

der künstlerischen Planung die klassischen Aufgaben des Controllings nur eingeschränkt

umsetzbar seien:

„So ein Controller sollte sich vor allen Dingen Gedanken machen über die Zukunft und mit

seinen Ergebnissen, die er vorlegt, Perspektiven und Handlungsoptionen aufzeigen. Das ist

natürlich in so einer Oper etwas schwierig, wenn ich mit Deckungsbeitrags-Rechnungen von

der letzten Saison komme und die übernächste Saison planen will und ich sage: Also wisst ihr,

überlegt euch das mal mit der Elektra oder mit der Zauberflöte oder mit der Aida. Das kommt

erst mal so nicht gut an, ja? Erst braucht man einen Umdenkungsprozess an anderer Stelle. Ich

kann dem Generalmusikdirektor auch nur begrenzt verkaufen, dass seine Walküre hier im Haus

einen negativen Deckungsbeitrag verursacht, wenn die Top-Stars der Welt auf der Bühne

stehen. [...] Der Controller befasst sich hier mit Tätigkeiten, die eher dem Aktuellen dienen.

Also dass wir hier damit jemanden haben, der schnell und professionell eine Personalkosten-

planung macht und pflegt, dass er die Quartalsberichte und den Wirtschaftsplan miterstellt und

da praktisch sein Wissen und sein Forecast-Denken an der Stelle mit einbringt und korrigierend

eingreift. Aber das war es dann auch schon. Weil da mit einer Stelle am Ende auch wirklich

nicht so viel zu wollen ist, das muss man auch ehrlicherweise zugeben.“494

Ein anderer Kollege urteilt:

„Also die [künstlerischen Leitungspersonen, Anm. d. Verf.] [...] möchten jetzt auch nicht

zugeballert werden mit Riesenveranstaltungen an Controllinginstrumenten.“495

Analoge Befunde gelten auch für die Nicht-Kenntnisnahme von vorgelegten Controlling-

Daten an weiteren Stellen.496

In dem letzten Satz des vorhergehenden längeren Zitats wird deutlich, dass es auch

eine mengenmäßige Restriktion in der Controlling-Funktion gibt, wenn mit den

genannten Routine-Funktionen eine Vollzeit-Stelle in einem großen Theater ausgelastet ist

– zumal diese in vielen Häusern nicht einmal existiert.

Aus den in Kap. 2.1 vorgestellten Haushaltsstrukturen wird ersichtlich, dass der

überwiegende Anteil der Kosten fix ist und damit aus Sicht eines Gesprächspartners

kurzfristig nicht steuerungs- und beobachtungsbedürftig. Die Kostenseite könne gar nicht

492 Vgl. Interviews 04-98 ff.; 05-58; 12-76; 09-202; 10-102, -111, -136 ff.; 13-108. 493 Ebenda, 13-112; 14-100. 494 Interview 01-92. 495 Interview 12-74. 496 Vgl. Interviews 03-78; 08-92 ff.; 12-58; 14-78; 15-76; 17-114; 20-138.

Page 184: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen 169

in erheblichem Maß aus dem Ruder laufen, etwa bei den tariflichen Entlohnungen. Dies

schmälere die Relevanz des Controllings.497 Ein Verwaltungsleiter bekundet, dass das

Jahresergebnis von Multikausalitäten geprägt ist, welche – nicht zuletzt wegen der

unberechenbaren Eintrittserlöse – auch durch ein Controlling nicht zuverlässig

prognostiziert werden könnten. Die Gründe für ein Defizit oder einen Überschuss lägen

hauptsächlich in unvorhergesehenen Entwicklungen, im Glück oder Pech, im Zusammen-

treffen mehrerer gegensätzlicher Entwicklungen, welche nicht präzise oder rational

steuerbar seien, z. B. sicherheitstechnisch erforderliche Sofort-Baumaßnahmen:

„Man hat dann verschiedene Entwicklungsstränge. Manche kommen so, wie man denkt,

manche kommen anders, manche kommen gar nicht, manche sind überholt, manche werden

geändert. Also ein riesiges – [...] ein quasi chaotisches System. Und man hat sich verstärkende

Tendenzen, man hat sich aufhebende Tendenzen und wir hatten in der Vergangenheit

Glück.“498

Ein Geschäftsführer bekundet, dass das Controlling zwar bereits einschlägige Berichte

entwickelt, jedoch die Gesprächskultur zur gemeinsamen Erörterung von Handlungs-

optionen noch unterentwickelt sei. Folglich führen gewonnene Erkenntnisse nicht immer

zwingend zu Rücksprachen in die Fachabteilung und zu Veränderungen.499 Es wird an

anderem Ort kritisiert, dass die Fülle an erhobenen Daten dazu verleitet, viel Zeit in das

Nachverfolgen von Details zu investieren, was unproduktiv sei.500

In mehreren Einrichtungen wird geschildert, dass die Software-Systeme noch nicht

in Gänze den Anforderungen des Controllings entsprechen. Dies hemmt die Wirkungs-

entfaltung oder führt zu doppelten Erfassungsarbeiten.501

Der Versuch des externen Controllings eines Trägers, durch ein Benchmarking mit

einem anderen Theater Informationen über die Wirtschaftlichkeit zu erlangen, ist nach

Einschätzung des Geschäftsführers gescheitert, weil bei den Analyseergebnissen die

Rahmenbedingungen der beiden Theater nicht ausreichend Einfluss gefunden haben.

Folglich sei der Vergleich nicht zulässig.502

Der Versuch eines anderen Trägers, seine Kultureinrichtungen per Balanced Score

Card zu steuern, ist an den künstlerisch-qualitativen Kriterien gescheitert, weil hierfür

keine akzeptierten Kennzahlen gefunden wurden:

497 Ebenda, 15-182; 16-68; 18-86. 498 Interview 17-114; ähnlich auch 09-138; 19-164. 499 Vgl. Interview 01-98. 500 Ebenda, 09-138. 501 Ebenda, 01-98; 14-70. 502 Ebenda, 08-124; ähnlich 16-94.

Page 185: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

170 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

„Da haben sich die Direktoren gewehrt und auch die Intendanten, weil wir der Auffassung

sind, dass man Kunst von vornherein nicht qualitativ bewerten kann, es sei denn, [...] man stellt

ein Applausometer in die Vorstellung und misst die Anzahl der Buhrufe oder wie auch immer,

das haben wir abgelehnt und da ist auch nichts mehr [seitens des Trägers, Anm. d. Verf.]

gekommen. Es gibt eine Balanced Score Card bezogen auf quantitative Kennzahlen, aber nicht

auf qualitative.“503

Es werden lediglich Output-Daten und Produktkosten gemäß (NSM-)Produktkatalog der

Kulturbetriebe erfasst, was von den klassischen vier Dimensionen und der Grundidee der

BSC relativ weit entfernt ist.

7.4.3 Neutrale Befunde

Der geschäftsführende Intendant eines Orchesters berichtet, dass er eine strategisch

fundierte Programmplanung betreibt: Konzertprogramme werden in der Planung

zunächst klassifiziert und künstlerisch bewertet. Darauf aufbauend erfolgt die Realisie-

rungsentscheidung in der Weise, dass aus den gegebenen finanziellen Ressourcen der

größtmögliche künstlerische Output erfolgt, z. B. durch das bewusste Investieren in

ausstrahlende Programmhöhepunkte und das partielle Verzichten auf Mittelmaß. Dies

geschieht ohne begleitendes institutionalisiertes Controlling, sondern der Intendant nimmt

dies persönlich vor.504

In einem Theater wurde zur Pflege der Budgets eine individuell zugeschnittene

Software programmiert. Hier haben alle Beteiligten jederzeit die Möglichkeit der

Einsichtnahme in sämtliche Budgets.505 Ein großes Theater bekundete eine hohe

Effizienzsteigerung in den vergangenen zehn Jahren durch Stärkung der Eigenerlöse und

Senkung von Kosten. Hierbei seien das Controlling und die KLR jedoch von keiner

maßgeblichen richtungsweisenden Relevanz gewesen, sondern steuerten durch diese

Entwicklung hindurch und dokumentierten sie.506

Der steigende wirtschaftliche Druck in seinem Kulturbetrieb wird nach der Ein-

schätzung eines Verwaltungsleiters dazu führen, dass die Controlling-Funktion an

innerbetrieblicher Entscheidungsprägung und somit an Bedeutung gewinnen wird.507

503 Ebenda, 14-124. 504 Ebenda, 18-76. 505 Ebenda, 06-54. 506 Ebenda, 10-191 ff. 507 Ebenda, 03-200.

Page 186: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen 171

7.4.4 Abschließende Bewertung der These

Die Controlling-Funktion hat begonnen, sich als führungsunterstützendes Instrument zu

etablieren und zu bewähren, insbesondere bei Budgetierungen und auf der aggregierten

Ebene der Wirtschaftsplanung samt unterjähriger Planverfolgung. Die empirisch

nachgewiesenen Controlling-Funktionen tragen zur wirtschaftlichen Transparenz und

somit unmittelbar oder mittelbar zur Rationalitätssteigerung bei (vgl. These 4). Es wurde

jedoch auch deutlich, dass bereits die Wenn-Komponente der These, das Nutzen der

Controlling-Instrumente, oftmals bislang (noch) nicht realisiert wird, insbesondere bei

künstlerischen Entscheidungen, was jedoch nicht zur Falsifikation führt. Dies deutet

dennoch auf Grenzen des Controllings in seiner klassischen Konzeption im Kulturbetrieb

hin, insbesondere wenn es um künstlerische Freiheit, Experimentierfreude, Emotionalität

und Irrationalität geht, welche an dieser Stelle nicht normativ zu bewerten sind.

Die Rationalitätssicherung durch Controlling im Sinn der NPM-bezogenen These

kann daher für die nicht-künstlerischen Bereiche als mehrheitlich bestätigt gelten. Bei der

künstlerischen Entscheidungsfindung, etwa der Spielplanung, ist die These eher zu

falsifizieren, zumindest wenn unterstellt wird, dass Budget- und Planeinhaltung – also das

Beachten einer Restriktion – noch nicht hinreichend die Zielsetzung des Controllings

erfüllen. Jedoch kann in diesem wichtigen Bereich auch ein Mangel an Theorie, etwa der

spezifischen Konzeption des Controllings für rationale Entscheidungen im sachzieldomi-

nierten Kulturbetrieb gesehen werden (vgl. dazu auch den Ansatz in Kap. 9.9).508

Gemäß heutigem Stand ist die Idealvorstellung des NPM, nämlich das vollumfäng-

liche Einsetzen und Wirken von Controlling in sämtlichen betrieblichen Teilfunktionen

und Entscheidungen, nicht realisiert. Wohlgemerkt findet an dieser Stelle keine Bewertung

darüber statt, ob die konsequente Realisierung der NPM-Konzeption funktional oder

wünschenswert ist.

Auch im nicht-künstlerischen Bereich könnten noch zu erschließende Potenziale im

Controlling vorhanden sein, etwa im Gemeinkosten- und Fixkosten-Management: Diese

wurden nicht als Aufgabengebiet genannt und sind aufgrund der Haushaltsstrukturen

dennoch hochrelevant, beispielsweise im Vertrags-Controlling bei den Sachkosten in

Bezug auf die sparsame Mittelverwendung (Konditions- und Organisationsüberprüfung).

Ein weiterer, unterrepräsentierter Bereich neben dem meist wertmäßig arbeitenden

Controlling ist das Mengengerüst (Verbrauchswerte, Personalauslastung, Disposition,

508 Vgl. auch Beutling (1993), S. 64.

Page 187: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

172 7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen

Dienstverteilung, Spielplanstrukturierung, Organisation des Spielbetriebs), aus dem evtl.

weitere, nicht auf Anhieb erkennbare Optimierungspotenziale ohne Leistungseinbußen zu

gewinnen sind.

Ferner hat es sich als günstig erwiesen, wenn Budgets direkt bei Kostenstellenver-

antwortlichen angesiedelt werden und Teil des Kostenstellenberichts sind.509 Durch eine

weitgehende Einbeziehung in Planungsgespräche kann das persönliche Involvieren der

Kostenstellenverantwortlichen gefördert werden.

Hinsichtlich der Planung und laufenden Pflege der Budgets ergibt sich im Fall der

Einführung der Doppik angesichts entfallener kameraler Titel und Haushaltsstellen die

Notwendigkeit, die Abbildung der Budgets im IT-gestützten Rechnungswesen

einzurichten, insbesondere hinsichtlich einer eventuellen Interdependenz zu Sachkonten im

externen Rechnungswesen. Die Kontrollfunktion muss im internen Rechnungswesen neu

organisiert werden, da der implizite Soll-Ist-Vergleich durch die vormals (an einigen

Orten) erfolgte ständige Darstellung der Budgets samt Restmittel als Unterpositionen des

kameralistischen Haushaltsplans entfällt.

Techniken des strategischen Controllings sind bis auf die beschriebenen Ansätze

nicht existent. Es wurde eingewendet, dass die Betriebsgrößen dafür zu klein seien und

strategisches Denken und Planen dennoch implizit stattfänden, lediglich nicht formali-

siert.510

7.5 Fazit zum internen Rechnungswesen

KLR und Controlling haben in den Kulturbetrieben als noch relativ junge Instrumente

mehrheitlich zu wirtschaftlicher Transparenz, Stabilität, verbesserter Planungsqualität,

einer punktuellen Steigerung der wirtschaftlichen Rationalität und zu marginalen

Effizienzvorteilen geführt. Dies kann als Erfolg gewertet werden, erreicht jedoch die im

NPM deklarierten Ziele bei weitem nicht vollständig, zumal auch Kosten verursacht

werden. Dies ist partiell auch eine Frage von Zeit, Lernprozessen und weiteren

Implementationsschritten.

Controlling und KLR leisten einen Beitrag zur erhöhten Planungsqualität und Stabili-

sierung, auch in der künstlerischen Produktion. Insbesondere durch dezentrale Budgets wird

eine gestiegene (Mittelverwendungs-)Rationalität erreicht. Das Controlling wird mindestens

ebenso häufig auf gesamtbetrieblicher Ebene wie bei Einzelprojekten eingesetzt.

509 Vgl. Interview 12-72. Dies setzt eine entsprechende Zuordnung der Kostenarten bzw. Sachkonten in der

Finanzbuchhaltung voraus. 510 Ebenda, 16-92; 18-76.

Page 188: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

7. Unabhängige Variable Internes Rechnungswesen 173

Es wird im Kontext der wirtschaftlichen Strukturen deutlich, dass es unrealistisch wäre,

vom internen Rechnungswesen eine signifikante Steigerung der Eigenfinanzierungsgrade

oder anderer Effizienz-Kennzahlen zu erwarten, solange die Sachzieldominanz und ein

gewisser Grad an künstlerischer Freiheit als Wesensmerkmale des Kulturbetriebs normativ

akzeptiert werden. Es wurde außerdem gezeigt, dass eine Voraussetzung für die

Wirkungsentfaltung in der Einbeziehung der Daten in die Planungsgespräche liegt, welche

wiederum vom relativen Gewicht der wirtschaftlichen und künstlerischen Rationalität

innerhalb eines Kulturbetriebs abhängt. Es deutet einiges darauf hin, dass es die

Hintergrundvariable der finanziellen Gesamtausstattung des jeweiligen Kulturbetriebs ist,

welche darüber entscheidet, welches Gewicht der wirtschaftlichen Rationalität zukommt.

Dass sich international renommierte Intendanten und Dirigenten in einem über finanzielle

Spielräume verfügenden Kulturbetrieb nur wenig für Controlling-Daten interessieren,

erstaunt wenig und muss auch nicht zwingend ökonomisch nachteilig sein, solange diese

Personen künstlerische Spitzenleistungen als Output erbringen.

Die negativen Erfahrungen und geäußerten Urteile insbesondere zur KLR sprechen

nicht zwangsläufig grundsätzlich gegen dieses Instrument. Vielmehr steht gemäß den

empirischen Ergebnissen fest, dass eine Reihe von Bedingungen gegeben sein sollte bzw.

müssen, damit es zur Entfaltung von Effizienzsteigerungen durch das interne Rechnungs-

wesen kommen kann:

• Die Systeme des internen Rechnungswesens müssen adäquat eingerichtet und gepflegt

werden, möglichst durch eine institutionell fest verankerte Controlling-Stelle.

• Zum Erreichen eines wirtschaftlichen Aufwand-Nutzen-Verhältnisses empfiehlt sich

eine einfache Struktur und niedrige Komplexität im Rahmen einer Teilkostenrechnung.

• Die Ergebnisse müssen adäquat interpretiert und in die wirtschaftlichen, künstlerischen

und strategischen Planungsgespräche einbezogen werden.

• Bei künstlerisch und wirtschaftlich Verantwortlichen muss ein Mindestmaß an

Offenheit zum Dialog herrschen, um Zielkongruenzen differenziert herauszuarbeiten.

• Es ist ein Entscheidungsspielraum zwischen mehreren Alternativen erforderlich, deren

wirtschaftliche und künstlerische Implikationen wenigstens grob bekannt sein müssen.

Page 189: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

8. Unabhängige Variable Personalmanagement 175

8 Unabhängige Variable Personalmanagement

8.1 Explorativer Befund

Die vorhandenen Stellen im Personalwesen konzentrieren sich vom Tätigkeitsgebiet her

auf Personalverwaltung, Gehalts- und/oder Gästeabrechnung, Vertragsmanagement,

Personalcontrolling, Ausschreibungen, tarifliche und arbeitsrechtliche Angelegenheiten.

Lediglich in 4 Fällen (20 %) ist in den Personalabteilungen ein geringfügiges anteiliges

Tätigkeitsgebiet zum Personalmanagement dauerhaft vorgesehen. Die dazugehörigen

Funktionen werden im Regelfall von den direkten Vorgesetzten, Abteilungsleitern und

sonstigen Führungskräften beiläufig ausgeführt. Somit gibt es in der Stichprobe keinen

Kulturbetrieb, der eine separate Stelle für Aufgaben des Personalmanagements vorweist,

welche über die beschriebenen, vorwiegend administrativen Tätigkeiten hinausgehen. Bei

den Kulturbetrieben ohne eigene Rechtsperson sind die Arbeitsverhältnisse zumeist beim

Träger rechtlich positioniert, so dass in diesen Fällen die Personalverwaltung und/oder

-vertretung außerhalb des Kulturbetriebs an zentraler Stelle (Kommunal- bzw.

Landesverwaltung) angesiedelt ist.

In sechs Kulturbetrieben wird von starkem Personalabbau innerhalb von wenigen

Jahren berichtet, bis zu 25 % der festen Stellen. Langfristig betrachtet ist die Mehrheit der

Stichprobe von Stellenstreichungen, im Extremfall von Fusionen und Schließung von

künstlerischen Ensembles oder ganzen Sparten betroffen. Daraus resultiert eine höhere

Belastung und Arbeitsverdichtung für die verbliebenen Beschäftigten.

Neben den Tarifverträgen für das künstlerische Personal (TVK, NV Bühne) finden

nachfolgende Tarifwerke beim nicht-künstlerischen Personal Anwendung (Tab. 26):

Tarifvertrag Anzahl in Stichprobe Relativ in % Erläuterung

TVöD/TV-L 14 70 % davon 5 Mitglieder des VKA

BAT/BMT-G 4 20 % davon 1 Fall in Nachwirkung

Haustarifvertrag 1 5 %

1 Fall als eigenständiges Tarifwerk

5 weitere Fälle mit Haustarifvertrag,

welche auf TVöD basieren, jedoch

Gehaltseinbußen vorsehen

Ohne Tarifvertrag 1 5 % ausschließlich Einzelverträge

Summe 20 100 %

Tab. 26: Tarifwerke im nicht-künstlerischen Personal in der Stichprobe

Quelle: Eigene Darstellung.

Page 190: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

176 8. Unabhängige Variable Personalmanagement

Der TVöD bzw. TV-L sieht als einziges Tarifwerk eine variable Gehaltskomponente in

Form der Leistungsorientierten Bezahlung (LoB) vor (§ 18), wobei die Einführung der

notwendigen Bewertungssysteme mehrere Jahre dauern kann. Dieser Prozess war zum

Zeitpunkt der Erhebung wie folgt vorangeschritten (Tab. 27):

Status LoB Anzahl in Stichprobe Relativ in % Erläuterung

Leistungsbewertung

wird praktiziert 4 20 %

3 mit systematischer Leistungsbeurteilung

1 mit Zielvereinbarungen

Jahre der Einführung: 2006, 2007, 2x 2008

Leistungsbewertung

in Vorbereitung 6 30 %

Konzeptionelle Überlegungen und/oder

Verhandlungen mit Betriebsrat laufen

Abwartende Haltung 3 15 %

Tarifgemäße Pauschalausschüttung erfolgt,

Konzeption und Verhandlung über

Leistungsbewertung haben noch nicht

begonnen

Keine Angabe 1 5 %

Summe 14 70 %

Tab. 27: Status der LoB in den Kulturbetrieben, welche den TVöD bzw. TV-L anwenden

Quelle: Eigene Darstellung.

Es sind zwei Systeme der Leistungsmessung verbreitet, die entweder ausschließlich oder

kombiniert angewendet werden können (vgl. § 18 Abs. 5 TVöD-VKA): Die systematische

Leistungsbeurteilung, in der nach vorab betrieblich definierten, möglichst messbaren und

objektivierbaren Leistungskriterien vom Vorgesetzten in einer Bewertungsskala Punkte

vergeben werden, und die Zielvereinbarung. Diese sieht vor, dass entweder mit den

Beschäftigten individuelle Ziele zu definieren sind oder gruppenbezogene Ziele

(Teamleistungen) festgelegt werden. Hierbei sind unterschiedliche inhaltliche Niveaus der

Zielerreichung samt prozentualer Gewichtung vorab zu definieren. Jeweils nach Ablauf der

Beurteilungsperiode hat der Vorgesetzte seine Beurteilung dem Mitarbeiter in einem

persönlichen Gespräch darzulegen. Im Streitfall kommt eine betriebliche Kommission, ein

zu diesem Zweck konstituiertes, paritätisch besetztes Gremium, zum Einsatz.

Page 191: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

8. Unabhängige Variable Personalmanagement 177

8.2 These 7: Effizienzsteigerung durch LoB

8.2.1 Bestätigende Befunde

Zum Zeitpunkt der Erhebung sind erst in zwei Kulturbetrieben Zahlungen gemäß LoB

erfolgt.511 In einem Fall wurden bereits im Dezember der Jahre 2006 und 2007 variable

Gehaltsbestandteile vergütet, im zweiten Fall nur in 2007. In zwei weiteren Kulturbetrie-

ben stand die erstmalige Auszahlung gemäß § 18 TVöD wenige Wochen unmittelbar nach

der Erhebung bevor, wobei die zu Grunde liegenden Bewertungen und Mitarbeitergesprä-

che bereits durchgeführt wurden. Eine Effizienzsteigerung in Form von quantitativ oder

qualitativ verbesserten Arbeitsergebnissen oder höherer Motivation konnte bislang nicht

festgestellt werden. Daher existiert kein bestätigender Befund (vgl. auch abschließende

Betrachtung, Kap. 8.2.4).

8.2.2 Falsifizierende Befunde

Es ist davon auszugehen, dass jeder Beschäftigte an den Zahlungen partizipiert, jedoch

in unterschiedlichem Ausmaß, was der gewerkschaftlichen Position entspricht. So hat ein

Personalrat explizit durchgesetzt, dass die Erfüllung der arbeitsvertraglich geschuldeten

Pflichten bereits einen Zahlungsanspruch begründet; in einem anderen Theater wurde nach

anfänglichen Unruhen ein Sockelbetrag zur Anerkennung der vertraglich geschuldeten

Mindestleistung eingeführt, der somit allen Beschäftigten zusteht.512

An dem Ort, wo die LoB bereits drei Jahre in der Form der systematischen Leis-

tungsbeurteilung praktiziert wird, wird geurteilt, dass die Umsetzung von den Beschäftig-

ten mittlerweile als Pflichterledigung und Formerfüllung erlebt und gehandhabt wird,

welche jedoch zu keinen Verhaltensveränderungen führt:513

„Geändert hat sich nichts, nein. Denn sie [die Beschäftigten, Anm. d. Verf.] sind motiviert,

alle, eben durch dieses Teamgefühl. Und sie sind jetzt im dritten Jahr gut drin und wissen, dass

es [die LoB, Anm. d. Verf.] gemacht wird. Aber es hat ja jeder seine Leistungsgrenze, die auch

beachtet werden muss. Die aber auch dann in die Bewertung mit reinkommt, ne? Wenn ich

jetzt weiß, der Mann ist jetzt an seiner Leistungsgrenze, [...] also es geht nicht mehr besser bei

ihm, dann kriegt er ja trotzdem seine gute Bewertung. Also eine Änderung habe ich jetzt nicht

mehr gespürt. Anfangs den Widerstand dagegen, aber jetzt ist eigentlich Ruhe eingekehrt.“514

511 Hierbei sind die Fälle nicht berücksichtigt, welche von der pauschalen Auszahlung in der Übergangspha-

se bis zur Implementierung von Beurteilungskriterien auf Basis einer Dienst- bzw. Betriebsvereinbarung Gebrauch machen.

512 Vgl. Interviews 04-174; 12-90; 15-146; 19-226 ff. 513 Ebenda, 19-246 ff. 514 Interview 19-244.

Page 192: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

178 8. Unabhängige Variable Personalmanagement

Ein anderer Verwaltungsleiter berichtet über seine Erfahrungen mit der systematischen

Leistungsbeurteilung wie folgt:

„Diesmal ging es ums Geld, das hat man gemerkt in diesen Gesprächen. Die [Beschäftigten,

Anm. d. Verf.] waren auch sehr gut informiert, besser als ich dachte. Insofern hatte man zwei

Dinge selber am eigenen Leibe gespürt: Erstens diese Tendenz zur Milde, die man in solchen

Gesprächen entwickelt, weil eine Tendenz zur Strenge natürlich auch immer Auseinanderset-

zung heißt, also Meinungsverschiedenheit; und natürlich einen [belohnenden, Anm. d. Verf.]

Motivationsgesichtspunkt damit verbunden hat, obwohl wir eigentlich ja nur retrospektiv zu

bewerten hatten. Aber ich bin ja immer in einem Prozess und ich muss die Leute, die Mitarbei-

ter in der Schneiderei, in der Werkstatt, die alle Volllast arbeiten und [vom Theaterbetrieb,

Anm. d. Verf.] ja ausgequetscht werden, [...] die sollen sich auch morgen noch ausquetschen

lassen. Also habe ich immer eine in die Zukunft gerichtete Betrachtungsweise, obwohl die in

dem System [der LoB, Anm. d. Verf.] eigentlich keine Rolle spielen sollte. Ja, und dann noch

die Ärgervermeidungsstrategie. All das war bei mir ja auch der Anlass [...], diese Phasenver-

schiebung [in der positiven Beurteilung, Anm. d. Verf.] nach rechts anzunehmen. Die hat im

Theater etwas stärker stattgefunden als außerhalb.“515

Wie geschildert, führten die emotionalen Abhängigkeiten zu einer Tendenz der

überdurchschnittlichen Bewertung. Negative, unterdurchschnittliche Leistungsbeurtei-

lungen sind eine seltene Ausnahme.516 An anderer Stelle wird von Beurteilungsschwie-

rigkeiten der individuellen Leistung unter Berücksichtigung der jeweiligen Arbeitsbedin-

gungen berichtet, z. B. die Leistung einer Reinigungskraft im Kontext der zur Verfügung

stehenden Zeit sowie Größe und Architektur der Räume im Theater.517

Außerdem wird ein Gewöhnungseffekt beim Personal beschrieben. Die erstmalige

Bewertung, die zudem überdurchschnittlich ausgefallen ist, wirke wie ein Anker. Ein

Verwaltungsleiter äußert Sorgen vor innerbetrieblichen Unruhen, falls in Folgejahren die

Bewertungsmaßstäbe strenger angesetzt werden sollten. Zudem löse die anfängliche

überdurchschnittliche Bewertung im Vergleich der kommunalen Einrichtungen auch

Stolz im Theater aus, der eine psychologische Beibehaltungstendenz erzeugt.518

Diesbezüglich kann kritisch angemerkt werden, wenn auch nicht durch die Ge-

sprächspartner geäußert, dass durch die absolute Festlegung des Gesamtausschüttungs-

volumens in Euro mit Ausschüttungszwang, zum Zeitpunkt der Erhebung 1 % der Brutto-

Entlohnung aller Arbeitnehmer (vgl. § 18 Abs. 3 TVöD-VKA) die Euro-Bewertung einer

Leistungseinheit in Abhängigkeit von der Summe aller vergebenen Leistungspunkte

jährlich schwankt. Das hat zur Folge, dass Verbesserungen oder Verschlechterungen der

515 Interview 17-144; ähnlich auch 12-94. 516 Vgl. Interview 19-240 ff. 517 Ebenda, 17-148; ähnlich 07-148. 518 Ebenda, 17-154.

Page 193: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

8. Unabhängige Variable Personalmanagement 179

Gesamtleistung aller Beschäftigten zu keinen finanziellen Auswirkungen führen, da diese

durch die relative Euro-Bewertung nivelliert werden. Mit anderen Worten: Ob in einem

Betrieb in Gänze durchschnittlich 80 %, 100 % oder 120 % der Normleistung erbracht

werden, spielt für den absoluten Überweisungsbetrag keine Rolle. Mit der LoB werden

somit relative Leistungsniveaus im Vergleich der Beschäftigten untereinander und daher

keine absoluten Leistungen vergütet. Schwankungen des Gesamtniveaus wirken sich auf

den Einzelnen positiv oder negativ aus, ohne dass er dazu beiträgt, was auch zu

Verzerrungen und Irritationen führen könnte.519 Insofern müsste der geäußerte

Gewöhnungs-Effekt in Bezug auf den Auszahlungsbetrag ausbleiben, so lange sich das

Gesamtniveau proportional verschiebt.

In einem anderen Theater wird die Vergleichsproblematik unter den Beschäftig-

ten thematisiert:

„Jetzt hatten wir die Probleme, dass der eine sagt: Ich habe 370 [Punkte, Anm. d. Verf.], mein

Kumpel da hatte 380. Warum, wieso habe ich 10 weniger? Wenn er jetzt sieht, dass er letztend-

lich nur 10 Euro deswegen weniger hat und darauf wird es hinauslaufen, da sagt er auch: Steig

mir doch den Buckel runter! Ich weiß es nicht, ob es dann wirklich zur Motivation führt, dass

er sagt: Na ja, jetzt will ich aber mal 450 Punkte, da muss ich aber richtig ranklotzen.“520

Es wird deutlich, dass aus den relativ geringen finanziellen Auswirkungen sogar die

gegenteilige der ursprünglich intendierten Verhaltensveränderung eine rationale Reaktion

ist: Eine niedrigere Arbeitsbelastung, welche ggf. hohen Nutzen spendet, kann durch den

Verzicht auf wenige Euro Netto-Gehalt „erkauft“ werden. Dies wäre auch eine emotionale

Kompensation für die geschilderte, subjektiv erlebte ungerechte Beurteilung.521 Ferner

zeigt das Zitat, dass die in Aussicht gestellten extrinsischen materiellen Anreize im zwei-

bis dreistelligen Euro-Bereich pro Jahr u. U. nicht dazu ausreichen, eine signifikante

Leistungssteigerung auszulösen.

Auch bei diesem Reformelement muss kritisch betrachtet werden, ob die erreichten

Ergebnisse die Transaktionskosten überkompensieren. Der oben zitierte Geschäftsführer

äußert an anderer Stelle, dass der bisherige Implementationsprozess viel Aufwand und

Ärger ausgelöst habe, er das Instrument der LoB grundsätzlich jedoch positiv sehe, was

519 Wenn beispielsweise ein Beschäftigter in einem Jahr eine Leistungssteigerung von 5 % im Vergleich zum

Vorjahr erreicht hat, das Gesamtniveau im Betrieb aber durchschnittlich um 7 % gestiegen ist, so wird der Beschäftigte einen niedrigeren Auszahlungsbetrag als im Vorjahr erhalten.

520 Interview 15-150. 521 Dieser Befund steht in Kongruenz zur sozialpsychologischen Equity Theory von Adams, in welcher

bereits 1965 postuliert wurde, dass Menschen subjektive Input-Output-Verhältnisse bilden und diese mit ihrem sozialen Umfeld vergleichen. Aus diesem Vergleich resultieren im Bestreben um gerechte Behandlung entsprechende subjektiv-rationale Verhaltensänderungen, welche auch einen Demotivation-seffekt verursachen können, vgl. Berman (2006), S. 157 ff.; Gebert/von Rosenstiel (2002), S. 77-80; Tondorf (1997), S. 16.

Page 194: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

180 8. Unabhängige Variable Personalmanagement

jedoch eine dauerhafte Etablierung und Erhöhung des Ausschüttungsvolumens

voraussetzt.522

8.2.3 Neutrale Befunde

Ein kaufmännischer Direktor, der Zielvereinbarungen als Instrument der Leistungsmes-

sung umgesetzt hat, äußert sich so:

„Es ist uns einfach wichtig, dass ein Kommunikationsprozess in Gang kommt, und dass sich

eben einfach diejenigen, die hier für die Steuerung zuständig sind, die Abteilungsleiter, auch

Gedanken machen, was sie von ihren Mitarbeitern eigentlich wollen, dass sie denen das auch

mal sagen und versuchen, das niederzuschreiben. Den Widerstand gegen die LoB haben wir

vor allen Dingen aus diesen Bereichen gehabt. Die Mitarbeiter finden das, glaube ich, mal ganz

nett, dass mal einer mit ihnen [über ihre Arbeit, Anm. d. Verf.] spricht, während die Abtei-

lungsleiter diese Mühe so ein bisschen gescheut haben.“523

Nicht zuletzt werde damit auch die Diskussion über die Ziele und die Schaffung einer

Zielhierarchie im Kulturbetrieb angeregt, die bislang nicht explizit existent war.524 Die

Mitarbeitergespräche seien auch für Vorgesetzte eine Chance, Defizite und Schlechtleis-

tungen auf eine milde, positive und zugleich systematische Weise alternativ zu schwierigen

disziplinarischen Methoden zu beseitigen.525 Zu welchen betrieblichen Ergebnissen der

beschriebene Kommunikations- und Zielbildungsprozess geführt hat, kann noch nicht

gesagt werden, da die erste Auszahlung noch bevorsteht.

Für das künstlerische Personal und teilweise das leitende künstlerisch-technische

und künstlerisch-administrative Personal wird mehrfach hervorgehoben, dass der NV

Bühne individuelle Gehaltsverhandlungen zulasse, teilweise in vorgegebenen Bandbreiten,

teilweise frei. Dies sind zwar keine variablen Gehaltsbestandteile im engeren Sinn,

ermöglichen jedoch neben den tariflich fixierten Mindestvergütungen die Honorierung

individueller Leistungen und somit auch die Bindung hochqualifizierter Künstler. Durch

Nichtverlängerungsmitteilungen sei auch die Trennung von Personal einfacher möglich.

Ein Verwaltungsleiter äußert, diese Form der Freiheit sei die wünschenswerte LoB im

ursprünglichen Sinn des Instruments.526 Das künstlerische Tarifwerk steht jedoch in

keinem Zusammenhang zum TVöD.

Nicht genannt wurde von den Gesprächspartnern die im TVöD erstmals geschaffe-

ne Möglichkeit, den Erfahrungsaufstieg in den Stufen 4 bis 6 innerhalb einer

522 Vgl. Interview 15-138; ähnlich 04-178 ff. 523 Interview 12-90. 524 Vgl. Interview 12-94. 525 Ebenda, 12-98. 526 Ebenda, 01-106; 04-184; 09-156 ff.; 10-154; 16-106.

Page 195: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

8. Unabhängige Variable Personalmanagement 181

Entgeltgruppe unabhängig vom Lebensalter je nach Leistung zu beschleunigen oder zu

verlangsamen (vgl. § 17 Abs. 2 TVöD). Dies ist jedoch ebenso keine variable

Gehaltskomponente im engeren Sinn und betrifft nur Beschäftigte mit dem Dienstalter von

6 bis 15 Jahren, stellt aber dennoch eine neu geschaffene Flexibilität dar.

Mehrere Gesprächspartner bekunden, dass ihr Personal bereits hochmotiviert sei

und im Vergleich zu anderen öffentlichen Betrieben überdurchschnittliche Leistungen

erreichten, was teilweise aus der Kulturaffinität und der Routine aus dem täglich

stattfindenden Spielbetrieb entspringe, bzw. auch ein Ergebnis der Stellenkürzungen und

Arbeitsverdichtung sei.527

8.2.4 Abschließende Bewertung der These

Zum Zeitpunkt der Erhebung ist die These eindeutig zu falsifzieren. Es muss jedoch

beachtet werden, dass sich der Untersuchungsgegenstand in den kommenden Jahren und

damit der Befund erheblich weiterentwickeln wird, da der Einführungsprozess und dessen

Auswirkungen mehrheitlich noch bevorstehen.

Es wurde deutlich, dass die LoB zur Zeit nicht geeignet ist, herausragende

Einzelleistungen angemessen zu honorieren, da die finanzielle Differenz zwischen guten

und schlechten Leistungen relativ gering ausfällt. Bezüglich der Bezahlung der für die

Aufrechterhaltung und Qualitätssteigerung des Betriebs so wichtigen Leistungsträger

werden teilweise vorhandene Diskrepanzen zur Privatwirtschaft im Vergütungsniveau und

in der Anreizsituation durch die LoB nicht behoben werden können.528 Vielmehr liegt die

Zielsetzung in der Breitenwirkung und Etablierung einer stärkeren Führungs- und

Gesprächskultur und somit weniger im Setzen von finanziellen, extrinsischen Anreizen.

Die Vorgesetzten werden stärker herausgefordert und in die Verantwortung genommen als

die ihnen jeweils Unterstellten, bei denen eigentlich die Leistungssteigerung erreicht

werden soll.

Eine verbesserte Anreizwirkung, welche in eine Motivationssteigerung und letztlich

in eine Erhöhung der Arbeitsleistung mündet, konnte in dieser Erhebung nicht festgestellt

werden. Daher spricht einiges dafür, dass die LoB in der bislang praktizierten Form ihre

Ziele nicht erreicht, abgesehen von einer Belebung der Gesprächs- und Führungskultur im

Umgang mit dem Personal, auch über den Kernbereich der Leistungsmessung und

Zieldefinition hinaus.529 Damit es zu einer stärkeren Wirkungsentfaltung kommt, können

527 Ebenda, 01-116; 02-132; 03-132; 06-98; 18-122; 20-218. 528 Vgl. übereinstimmenden Befund für die Schweiz bei Ritz (2005), S. 55. 529 Vgl. Interviews 04-142; 12-98 ff.; 17-140; 19-254.

Page 196: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

182 8. Unabhängige Variable Personalmanagement

folgende Maßnahmen auf Basis des Befunds angeregt werden:

• Sukzessive Erhöhung des prozentualen Anteils der variablen Gehaltskomponente,

damit die Belohnungs- und Sanktionsfunktion stärker spürbar wird.530

• Bevorzugung der Zielvereinbarung gegenüber der systematischen Leistungsbeurtei-

lung, da hier die individuelle Betrachtung und Verbesserung von unbefriedigenden

Arbeitsergebnissen der Mitarbeiter bzw. Belohnung und Ausbau der individuellen

Stärken noch stärker forciert werden kann.

• Langfristig eine stärkere Orientierung an den bewährten Mechanismen im

künstlerischen Tarifwerk des NV Bühne, soweit inhaltlich übertragbar.

Da auf Landesebene § 18 TV-L zur LoB mit Wirkung zum 1.1.2009 gänzlich abgeschafft

wurde, im Gegensatz dazu im Tarifbereich des TVöD (Kommunen und Bund) die

Verdoppelung des Volumens der LoB auf 2% bis 2013 vorgesehen ist, bleibt die weitere

Entwicklung dieses Instruments ergebnisoffen.

8.3 These 8: Effizienzsteigerung durch Führungsinstrumente

8.3.1 Bestätigende Befunde

In einem Theater wurden nach vorheriger Schulung der Vorgesetzen verbindliche,

regelmäßige Mitarbeitergespräche eingeführt. Diese waren als offener Austausch

zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten über die alltäglichen Arbeitsbedingungen

konzipiert, somit inhaltlich abweichend von den Zielvereinbarungs- oder Bewertungsge-

sprächen der LoB. Dabei wurden Probleme erkannt, zu deren Behebung spezielle

Schulungen angesetzt wurden, z. B. zu rückenschonenden Arbeitsweisen. In der Folge kam

es zu Verbesserungen der Arbeitsabläufe, weniger Arbeitsunfällen und einem niedrigeren

Krankenstand.531 Auch an anderen Orten führten punktuelle, anlassorientierte

Mitarbeitergespräche zum Abbau von innerbetrieblichen Konflikten und Unruhen, etwa

bei Struktur- und Organisationsveränderungen.532

Es werden weitere Maßnahmen der internen Kommunikation praktiziert, um den

Informationsfluss und Austausch zwischen der Leitung und den Mitarbeitern zu steigern:

• In mehreren Kulturbetrieben stellt die Intendanz bzw. das Leitungsteam die

künstlerische Planung samt Entwicklungen und Zielen regelmäßig auf Betriebsver-

530 Ebenda, 15-150. 531 Ebenda, 19-250, -264 ff.; mit schwächerer Stringenz auch in 07-138. 532 Ebenda, 09-144; 16-118 ff.

Page 197: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

8. Unabhängige Variable Personalmanagement 183

sammlungen vor. In einem Orchester wird diesbezüglich auch offen mit den betroffe-

nen Musikern diskutiert.533

• In demselben Klangkörper existieren nur sehr wenige nicht-künstlerisch Beschäftigte,

so dass organisatorisch keine abgegrenzten Abteilungen eingerichtet sind. Daher wird

angesichts der flachen Hierarchien ein Jour Fixe dazu genutzt, u. a. Fragen des

Personalmanagements zu erörtern, was eine schnelle Umsetzung fördert.534

• An anderem Ort wurde unter Beteiligung aller Abteilungen ein Theater-Tag in der Art

einer Klausur abgehalten, um über die Organisationsentwicklung der betroffenen

Institution zu befinden. Dabei benannte bzw. herausgearbeitete Probleme und Wün-

sche werden weiterverfolgt.535

• In einem Theater wurde eine Mitarbeiterumfrage durchgeführt. Dabei wurden

anonym, jedoch mit Kennzeichnung der jeweiligen Abteilung, Fragen zur Einschät-

zung der Führungskräfte, zur Arbeitszufriedenheit, zur Organisation, zum Arbeitsum-

feld und zu den technischen Gegebenheiten gestellt. Direkte Veränderungen resultier-

ten aus den Ergebnissen nicht, jedoch schätzt der Geschäftsführer, dass mittelbare

Wirkungen – wie bei vielen Maßnahmen des Personalmanagements – positiv auf die

Motivation und somit auf die Qualität des Bühnengeschehens abfärben.536

• Die Intendanz und die kaufmännische Leitung eines Theaters sind aktiv bemüht, den

Mitarbeitern als höchsten Wert die Verbundenheit zum Theater und die Verantwor-

tung für den persönlichen Beitrag zum allabendlichen Ergebnis bei jeder Gelegenheit

zu vermitteln. Zwei weitere Kulturbetriebe verfolgen ähnliche Ziele durch das

bewusste Vorleben durch die leitenden Personen. Direkte Auswirkungen sind nicht

messbar.537

• Der hohe Krankenstand hat in einem Theater dazu geführt, dass man sich künftig auf

die Durchführung von verbindlichen Rückkehrer-Gesprächen im Rahmen eines

Integrationsmanagements geeinigt hat.538

• Zum Abbau von innerbetrieblichen Spannungen zwischen begrenzten Personenkreisen

werden in zwei Theatern unregelmäßig externe Mediatoren eingebunden, was partiell

aus Sicht der Leitung jedoch auch missglückt ist.539

533 Ebenda, 07-142; 18-136. 534 Ebenda, 18-120. 535 Ebenda, 19-298. 536 Ebenda, 05-94. 537 Ebenda, 07-140; 08-166; 10-144 ff. 538 Ebenda, 16-116. 539 Ebenda, 09-146; 15-126.

Page 198: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

184 8. Unabhängige Variable Personalmanagement

8.3.2 Falsifizierende Befunde

Mit Ausnahme der zuvor genannten Einschränkung ergaben sich in den Gesprächen keine

Belege für eine ausbleibende Effizienzsteigerung infolge von Personalmanagement-

Maßnahmen. Dies ist im Wesentlichen auf die geringe Anwendungsdichte zurückzuführen

und daher kein Indiz für Wirksamkeit.

8.3.3 Neutrale Befunde

Schulungen im Bereich des Personalmanagements, etwa zu Führungskompetenzen,

gehören im Regelfall nicht zur verbindlichen Weiterbildung für Führungskräfte, es sei

denn im Kontext der Einführung flächendeckender neuer Instrumente wie der LoB.540

Lediglich zwei Einrichtungen (10 %) gaben an, ihre Führungskräfte unregelmäßig zur

Verbesserung der soft skills zu schulen.541 Ein weiteres Theater hat im Jahr der

Erhebung einen kontinuierlichen Schulungszyklus zu den Bereichen Führung, Motivation,

Leitbild und Führungsinstrumente begonnen.542 Auch die Durchführung von Mitarbeiter-

gesprächen und -beurteilungen ist gewöhnlicherweise unverbindlich.543 So bekennt ein

Verwaltungsdirektor:

„Wie gehe ich mit Menschen um und wie leitet man möglichst gut einen Betrieb, das wird gar

nicht geübt. Überhaupt nicht. [...] Das müsste man unbedingt machen. Ich weiß bloß nicht wie.

Also das weiß ich wirklich nicht, weil [...] da Sachen auch schief gehen, ne? [...] Das müsste

man vorleben. [...] Trotzdem muss man manchen Leuten vielleicht auch zeigen, wie man

Konflikte löst, ja? [...] Konflikte gibt es natürlich überall. Also das haben wir bisher nicht. Es

wird viel [im Themenbereich, Anm. d. Verf.] Sicherheit hier geschult und Vergleichbares, aber

das [Menschenführung, Konfliktmanagement etc., Anm. d. Verf.] haben wir nicht.“544

Damit bleibt die Ausübung der Führungsfunktion weitgehend eine private, individuelle

Angelegenheit der jeweiligen Führungskraft, im Regelfall der jeweiligen Abteilungslei-

tung. Eine explizite Vorgabe, Diskussion oder Reflexion der Führungskultur erfolgt bis auf

punktuelle Ausnahmen nicht.545

In einem Theater führte der vollständige Wechsel des künstlerischen Leitungsteams

zu einer deutlichen Steigerung der künstlerischen Ergebnisse bei gleichzeitig gesunkenem

finanziellem Aufwand. Auch in weiteren Häusern wurden nach Personalwechseln

erhebliche Leistungssteigerungen vollzogen. Dies verhält sich neutral zur betrachteten

These, zeigt jedoch relativierend, dass die Personalrekrutierung durch die Auswahl

540 Ebenda, 02-130; 03-126; 08-164; 09-144; 16-116. 541 Ebenda, 04-172; 05-92. 542 Ebenda, 13-62 u. -80. 543 Ebenda, 01-108; 03-116; 04-164; 05-80; 16-116; 20-216. 544 Interview 09-144 u. -146.

Page 199: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

8. Unabhängige Variable Personalmanagement 185

bestimmter Einzelpersonen eine gewichtige Wirkung sowohl auf das künstlerische als

auch das wirtschaftliche Ergebnis auslösen kann.546

In einem Theater sieht das vom Träger eingeführte Software-System vor, dass als

Maßnahme des Personalmanagements zwischen den vorhandenen 70 Kostenstellen

innerbetriebliche Kontrakte mit Zielvereinbarungen über Mengen und Kosten

geschlossen werden. Das kommentiert der Geschäftsführer mit diesen Worten:

„Da habe ich mich [...] geweigert, weil ich schließe keinen Vertrag mit der Maske und schreibe

da rein: Aufgabe der Maske ist es, Masken zu erstellen. Und dann über die Anzahl der Masken

und über die Kosten [intern zu verhandeln, Anm. d. Verf.] – das macht keinen Sinn. Es läuft

sowieso in der Praxis, und es läuft auch gut. [...] Es sind [...] jetzt schon zu viele Ziele formu-

liert [...]“547

8.3.4 Abschließende Bewertung der These

Mit Ausnahme eines Theaters, welches regelmäßige Mitarbeitergespräche praktiziert, gibt

es keine über die LoB hinausgehenden, systematisch implementierten Techniken zur

Führung von einzelnen Mitarbeitern bzw. Gruppen. Bemühungen, die Führungskompeten-

zen der leitenden Mitarbeiter systematisch auszuweiten, sind nur in einer Minderheit der

Stichprobe zu beobachten. Die Reflexion und Entwicklung der Führungskultur erfährt

somit innerhalb des Personalmanagements im nicht-künstlerischen Bereich in den meisten

Kulturbetrieben eine nachrangige Stellung.548 Es dominiert die sachliche und organisatori-

sche Orientierung am Spielbetrieb. Mehrfach wird die Bereitschaft und Offenheit zur

Auseinandersetzung mit der Führungskultur geäußert, jedoch auf mangelnde Kapazitäten

(Freistellung des Personals im laufenden Betrieb, Mangel an kompetenter Konzeption,

Planung und Durchführung von Führungsinstrumenten und -schulungen) und nicht

ausreichend vorhandene finanzielle Ressourcen verwiesen.549 Daher ist zunächst explorativ

festzustellen, dass ein aus Sicht des NPMs zentraler Erfolgsfaktor nur geringfügig realisiert

wird.

Es wäre jedoch voreilig, dies negativ zu bewerten, da nur in zwei Fällen angedeutet

wurde, dass das Personalmanagement und die Führungskultur einzelpersonbezogene

Defizite aufweisen, insbesondere auf der mittleren Leitungsebene.550 Somit lautet der

Befund nicht, dass die Quantität oder Qualität an Führung grundsätzlich nicht ausreichen.

545 Vgl. Interviews 01-112; 02-126 ff.; 03-118 ff.; 04-170; 05-84 ff.; 08-166; 16-118 ff. 546 Ebenda, 16-54; ähnlich auch 08-204; 12-142; 18-130. 547 Interview 14-144. 548 Vgl. Interview 03-144 549 Ebenda, 01-100; 03-102; 05-94; 07-146; 09-142 ff.; 10-140; 14-148; 15-124. 550 Ebenda, 15-126; 16-116.

Page 200: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

186 8. Unabhängige Variable Personalmanagement

Lediglich ihre Beschaffenheit wird wenig reflektiert, systematisiert und beeinflusst. Wie

bereits bei der vorangegangenen These beschrieben, verlangt bereits die hohe Dichte an

Aufführungen und Proben von allen Beteiligten hohe Disziplin und Motivation ab.551

Daher könnte vielmehr die Relevanz der Führung als Effizienzhebel inklusive der

normativen Position des NPMs (Leistungsfreisetzung durch Leadership) für den

betrachteten Teilsektor in Frage gestellt werden. Auf den Umfang einer eventuellen

führungsbedingten Outputineffizienz vermag diese Arbeit aufgrund ihres Forschungsde-

signs keine Antwort zu geben. Eine mehrfach geäußerte kritische Einschätzung der

Experten lautet, dass durch veränderte oder intensivierte Führungstechniken keine

beträchtlichen Leistungsreserven zu erschließen seien, u. a. wegen des hohen fachlichen

Erfahrungsgrads vieler Mitarbeiter und der nur beschränkten Veränderbarkeit von

Verhaltensweisen langjähriger Betriebsangehöriger. Ferner gebe der wiederkehrende

Rhythmus der Spielzeit Routine und zeitliche Restriktionen vor, welche ein hohes Maß an

Einsatz erzwingen. Folglich würde die Verstärkung der Bemühungen um Führungstechni-

ken keine angemessene Wirkung herbeiführen.552

Die Führungsmechanismen innerhalb der künstlerischen Ensembles und Klangkör-

per wurden nicht vertiefend abgefragt. Ein Gesprächspartner befindet, dass gerade die

künstlerischen Mitarbeiter während der Proben ein permanentes Feedback über ihre

Leistung und ihre Arbeitsergebnisse erhalten, was sogar als noch viel intensiveres Pendant

zum Mitarbeitergespräch gesehen werden kann.553 Inwieweit der künstlerische

Produktionsprozess samt den komplexen menschlichen Interaktionen bis zur Aufführungs-

reife u. U. als Vorbild für die nicht-künstlerischen Bereiche dienen kann, ist Gegenstand

zunehmender Aufmerksamkeit und eines eigenen Forschungszweigs.554

Abschließend ist festzuhalten, dass der unterstellte Kausalzusammenhang der The-

se 8 aufgrund des geringen Verbreitungsgrads der Wenn-Komponente nicht fundiert

beurteilt werden kann. Die angeführten bestätigenden Befunde indizieren allenfalls eine

positive Tendenz für die Wirksamkeit von Mitarbeitergesprächen als kommunikatives

Führungsinstrument.

551 Ebenda, 01-116; 02-132; 03-132; 06-98; 18-122; 20-218. 552 Ebenda, 03-142; 04-178; 09-142; 14-267; 20-220. 553 Ebenda, 05-82. 554 Vgl. das Managerseminar im RIAS Jugendorchester, die viel diskutierte basisdemokratische

Führungskultur ohne ständigen Dirigenten im Orpheus Chamber Orchestra, vgl. Klein (2008), S. 187 f.; bzw. Publikationen von Boerner (2002); Gansch (2006).

Page 201: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

8. Unabhängige Variable Personalmanagement 187

8.4 These 9: Effizienzsteigerung durch Personalentwicklungsmaßnahmen

8.4.1 Bestätigende Befunde

Weiterbildungsmaßnahmen gelten als selbstverständlich und werden entsprechend

durchgeführt, wenn technischer Fortschritt (z. B. Softwareapplikationen) oder die

Anschaffung neuer Anlagen (z. B. IT-gesteuerte Beleuchtung) dies durch veränderte

Arbeitsabläufe erfordern. Ferner sind regelmäßige Arbeitssicherheitsunterweisungen

vorgeschrieben sowie in bestimmten Anwendungsgebieten auch der regelmäßige Nachweis

von Berechtigungsscheinen (Waffen, Pyrotechnik u. a.).555 Weitere Inhalte sind z. B.

Veränderungen im Tarifrecht oder Sprachkurse in Englisch.556 Den Ausnahmefall stellen,

wie bereits erwähnt, Schulungen zu soft skills, Stressbewältigung, Prävention und

Gesundheitsförderung dar.557 Allen gemeinsam sind die Ziele der Erweiterung der

Fähigkeiten, das Beherrschen des Umgangs mit neuen Systemen sowie der Abbau von

Minderleistungen.558 Hauptadressat ist das nicht-künstlerische Personal. Der Fortbildungs-

bedarf sowie eventuelle Fortbildungswünsche werden häufig von den Betroffenen selbst

oder von den direkten Vorgesetzten formuliert, wobei auf eine Eigeninitiative des

betroffenen Mitarbeiters und u. U. auch auf einen eigenen Beitrag teilweise Wert gelegt

wird.559

Als einzeln konzipierte Maßnahmen der Mehrfachqualifizierung wurde Folgendes

berichtet: In einem Theater wurden in Ermangelung eines Werkstattleiters dessen

klassische Aufgaben den Werkstättenmeistern übertragen, inklusive Budgetverantwortung

und Einbeziehung in künstlerische Planung.560

In einem anderen Theater wurden die Funktionen des Beleuchters und Bühnen-

handwerkers, ursprünglich zwei autarke Abteilungen, zusammengeführt zum

Arbeitsgebiet des Theaterhandwerkers. Eine individuelle persönliche Schwerpunktsetzung

beim Personal blieb zwar vorhanden, aber grundsätzlich ist jeder Beschäftigte der

Abteilung künftig in beiden Arbeitsgebieten einsetzbar. Dies wurde durch entsprechende

Schulungen begleitet. Folglich hat sich die Flexibilität in der Personaldisposition erhöht.561

An anderem Orte wurden untypische Arbeitsgebietserweiterungen unter dem

Druck von Personalabbau und Budgetkürzungen vorgenommen: beispielsweise übernimmt

555 Vgl. Interviews 01-100; 16-118. 556 Ebenda, 01-100; 02-122 ff.; 05-70; 08-162; 09-142; 10-140. 557 Ebenda, 13-68. 558 Ebenda, 03-102 ff. 559 Ebenda, 07-144; 10-142; 13-64; 19-252. 560 Ebenda, 12-76. 561 Ebenda, 09-146.

Page 202: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

188 8. Unabhängige Variable Personalmanagement

die Sekretärin des Intendanten auch Pförtnerdienste, der Chefdisponent ist betraut mit dem

Vertragswesen für Gastspiele und der geschäftsführende Intendant ist persönlich Mitglied

eines Teams von vier Kollegen, welche den abendlichen Chef- und Schließdienst

ausüben.562

Zwei weitere Maßnahmen der Personalentwicklung, welche nicht dem Kernbereich

der Weiterbildung und Verantwortungserweiterung zugehören, lauten: In einem Orchester

wurde ein dezentrales System zur Handhabung der Instrumentenwartung und

-reparatur durch die Personalleiterin entwickelt und implementiert. Die Entscheidungs-

kompetenzen liegen nun gekoppelt an einen festen Turnus im Orchester, was zu einer

Entspannung im Klangkörper und zu einer Berechenbarkeit der Kosten führte.563

In einem anderen Kulturbetrieb wird den Musikern freiwillig eine Altersteilzeitre-

gelung zum früheren Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben angeboten. Dies senke die

Kosten für Aushilfen und fördere die Qualität des Orchesterklangs, zumal bei bestimmten

Instrumentengruppen physische Erschöpfungen während des fortgeschrittenen

Berufslebens teilweise nicht mehr kompensierbar sind. Dies helfe auch den Betroffenen.564

Ein weiteres Theater benennt, dass Stellvertreter-Funktionen bewusst eingerichtet

werden, um das Nachwachsen und Reifen von Führungskräften zu fördern. Ferner

werden interne Bewerber bei Ausschreibungen bei entsprechender Qualifikation

bevorzugt.565

8.4.2 Falsifizierende Befunde

Es liegen keine falsifizierenden Befunde vor.

8.4.3 Neutrale Befunde

Die Mehrheit der Kulturbetriebe war in der Vergangenheit teilweise massiv von

Mittelkürzungen566 und Personalabbau betroffen (vgl. Kap. 8.1), ggf. verbunden mit

betriebsbedingten Kündigungen. In diesen Fällen liegt der Hauptfokus der Personalent-

wicklung im Management des Schrumpfungsprozesses, welcher ggf. an ein

Organisationsentwicklungskonzept oder einen Personalstrukturplan geknüpft ist. Die

Folgen sind zum einen umfangreiche Anpassungen der Betriebsorganisation und

Disposition (insbesondere bei Fusionen) und zum anderen langfristig erweiterte

562 Ebenda, 06-42 u. -96. 563 Ebenda, 13-70 ff. 564 Ebenda, 09-98. 565 Ebenda, 04-166. 566 Entweder durch einmalige Absenkung der Zuwendungen oder durch teilweise mehr als 15 Jahre lang

andauernde Verstetigung der nominalen Zuwendung, was angesichts von Inflation bzw. Kostensteigerun-

Page 203: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

8. Unabhängige Variable Personalmanagement 189

Aufgabengebiete (gewissermaßen ein forciertes Job Enrichment bzw. Enlargement) sowie

eine höhere Belastung. Letztere kann auch aus der Erhöhung des Outputs resultieren:

„Die Zeit der Kuschelecken ist vorbei. Wir müssen präsenter sein. [...] Nichtsdestoweniger

planen wir die übernächste Spielzeit ja auch schon wieder mit entsprechenden Mehrvorstellun-

gen [Steigerung um 25 %, Anm. d. Verf.]“567

Es gehört zur Managementleistung der Führungskräfte, diese Prozesse auch den

verbleibenden Beschäftigten zu vermitteln.568 Zugespitzt könnte formuliert werden, dass

die Personalentwicklung Teil des Krisenmanagements ist und folglich dann forciert wird,

wenn ein Kulturbetrieb stärkere Kürzungen erfährt. Je größer der finanzielle Druck ist,

desto stärker dominieren die Bemühungen um die Organisation des regulären

Spielbetriebs das Management und desto weniger bestehen Freiheiten und Kapazitäten,

eine darüber noch hinausgehende Personalentwicklung im NPM-Sinn zu verfolgen. Die

gegenteilige Situation, eine Ausweitung der Personalkapazitäten, ist der Ausnahmefall,

welche jedoch auch für ein künstlerisches Ensemble in einem Fall zutraf und ebenso eine

langfristige Managementleistung darstellt.569

Der Träger eines Theaters, welcher auch die Personalhoheit ausübt, hat als Maß-

nahme des Outplacements eine Stellenbörse für den öffentlichen Dienst eingerichtet, in

welcher überzähliges Personal geführt wird. Bei Fluktuation haben Bewerber aus der

Stellenbörse Vorrang. Es wurde seitens des Trägers auch Personalabbau in die Stellenbörse

hinein einseitig angeordnet, bei konstantem Outputniveau, was vom Theater als

Beschneidung der Freiheit empfunden wurde.570

Wie auch für die beiden vorangegangenen Thesen muss festgehalten werden, dass

bei den 7 Kulturbetrieben ohne eigene Rechtsperson (35 %) die Trägergebietskörper-

schaft (ein Bundesland oder eine Kommune) der Arbeitgeber ist. Folglich wird seitens

der Gesprächspartner dem Träger eine anteilige oder vollständige Zuständigkeit für das

Personalmanagement und/oder die Personalentwicklung zugeschrieben. Diese Funktionen

werden zentral z. B. vom Personalamt der Stadtverwaltung ausgeübt, welches etwa in

einem Fall ein dienststellenübergreifendes Fortbildungsprogramm anbietet.571

gen realen Kürzungen gleichsteht.

567 Interview 08-136. 568 Vgl. Interviews 05-130; 08-156 ff.; 13-40 ff.; 14-36; 15-126. 569 Ebenda, 11-82. 570 Ebenda, 14-36 u. -211. 571 Ebenda, 01-12, -110; 17-38; 19-30, -250.

Page 204: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

190 8. Unabhängige Variable Personalmanagement

8.4.4 Abschließende Bewertung der These

Der in der These formulierte Kausalzusammenhang lässt sich im Expertengespräch

schwerlich anhand von Einzelmaßnahmen evaluieren, sondern muss auf übergeordneter

Ebene gesucht werden. Es wurde deutlich, dass es den Kulturbetrieben durch die

dargestellten Maßnahmen gelingt,

• technische Weiterentwicklungen bei Anlagen, IT und Software mit Weiterbildung der

Mitarbeiter zu implementieren, welchen ein Vorteil gegenüber älteren Systemen

unterstellt werden kann;

• innerbetriebliche organisatorische Restriktionen durch Kompetenzerweiterungen

partiell aufzuheben und somit ein konstantes Aufgabenpensum mit weniger Personal

zu bewältigen;

• bei real sinkendem Zuwendungsvolumen durch Organisations- und Strukturanpassun-

gen das Output-Niveau aufrecht zu erhalten oder wenigstens die Reduktion des

Outputs abzuschwächen bzw. im Ausnahmefall den Output sogar noch auszuweiten.

Diese Ergebnisse indizieren eine Effizienzsteigerung, so dass These 9 als gestützt gelten

kann. Abgesehen von technisch bedingtem Fortbildungsbedarf sind es insbesondere

Maßnahmen, die zum Job Enrichment gezählt werden können, wenn auch nicht explizit

von den Experten so benannt. Ferner wird das betriebsnotwendige Aktivitätsniveau (vgl.

Ausführungen zur These in Kap. 4.4.3) gemäß der Erhebung erreicht. Die Anwendungs-

dichte ist deutlich höher als beim Personalmanagement (These 8), so dass die Beurtei-

lungsbasis ausreichend erscheint.

Explorativ ist festzustellen, dass das NPM-Ideal jedoch von einer noch ausgedehn-

teren Anwendung von Personalentwicklungsmaßnahmen ausgeht. Insbesondere das

Attribut der systematischen Durchführung in der Wenn-Komponente der These wird nur

ausnahmsweise praktiziert, etwa durch ein standardisiertes Programmangebot auf Basis

eines langfristigen Personalentwicklungs-Konzepts. Der Regelfall sind punktuelle,

bedarfsorientierte Maßnahmen, einzelperson- und abteilungsbezogen.572 Es gab jedoch

kein offensichtliches Anzeichen dafür, dass die nicht vorhandene systematische

Handhabung zu Defiziten führt.

572 Ebenda, 02-122; 03-102; 09-142; 14-148; 15-120; 20-216.

Page 205: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

8. Unabhängige Variable Personalmanagement 191

Auch an dieser Stelle muss festgestellt werden, dass gewöhnlicherweise keine

entsprechend kompetente HR-Abteilung institutionell verankert ist, von mangelnden

finanziellen Ressourcen einmal abgesehen:573

„Wir haben im Moment circa 250 feste Mitarbeiter und jede Menge freie. Wir haben dafür eine

Personalsachbearbeiterin hier, die das machen muss, die noch dazu beruflich nicht aus der

Personalverwaltung kommt. [...] Die Kollegin, die ich jetzt hier neu habe seit einem halben

Jahr, die macht das ganz hervorragend, [...] aber braucht erst mal ein, zwei Jahre, bis sie

eingearbeitet wird. Und dann für so viele Menschen mit so vielen unterschiedlichen Tarifver-

trägen noch dazu [...] Also da geht es dann schon ans Eingemachte, wo man sagen muss: Das

ist ziemlich grenzwertig, was da der Theaterverwaltung zum Teil zugemutet wird.“574

8.5 Fazit Personalmanagement

Im Vergleich aller untersuchten Reformfelder ist das Personalmanagement mit den

fokussierten Teilgebieten LoB, Führung und Personalentwicklung am wenigsten verbreitet

und umgesetzt. Gleichzeitig kann dem Personalmanagement im Vergleich zu den

betrachteten Reformen des Rechnungswesens das höchste Potenzial zur Effizienzsteige-

rung für die Kulturbetriebe eingeräumt werden, da das Personal Träger und Rückgrat der

Produktion ist, somit eine Verbesserung des Personalmanagements unmittelbar wirkt. Die

Realisierung des Potenzials ist jedoch schwierig und von vielen Determinanten abhängig,

wie die Detailbefunde gezeigt haben.

Die tariflich vorgesehenen Formen der LoB sind noch weit von einer Wirkungsent-

faltung entfernt, sowohl konzeptionell als auch zeitlich. Selbst wenn die prozentuale

Ausschüttungsquote zukünftig ansteigt, bleibt aufgrund der vollumfänglichen Partizipation

aller Beschäftigten und geringen Bewertungsspreizungen fraglich, ob die momentan

vorherrschenden Mechanismen geeignet sind, gute Leistungen ausreichend zu belohnen

und schlechte Leistungen spürbar zu sanktionieren, um einen Anreiz zur Verhaltensanpas-

sung zu setzen. Es wäre anzuregen, sich auch im nicht-künstlerischen Bereich stärker an

der freien Verhandelbarkeit auf Basis von Mindestvergütungen analog dem NV Bühne zu

orientieren (wohl wissend um die schwierige tarifrechtliche Durchsetzbarkeit). Alternativ

könnte die Skalierung der Auszahlungsbeträge anwachsend gestaltet werden, etwa dass ab

einem relativ hoch angesetzten Leistungsniveau, z. B. 90 %, die Partizipation erst beginnt

und oberhalb von 100 % überproportional stark ausgeschüttet wird.

573 Ebenda, 01-100; 03-102; 05-72; 09-142; 13-116; 14-148; 15-120. 574 Interview 15-114.

Page 206: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

192 8. Unabhängige Variable Personalmanagement

Ansatzpunkt für eine intensivierte Pflege und Ausprägung einer Führungskultur ist die

mittlere Leitungsebene, welche diesbezüglich zur Zeit relativ autark handelt. Dies setzt ein

Vorleben durch die oberste Leitung voraus und erhebt hohe Ansprüche an die Qualifikati-

on des Personals der mittleren Ebene, was ohne entsprechende Schulung und angemessene

Vergütung nicht durchgängig zu realisieren sein wird. Da sich die Arbeitsbedingungen an

vielen Orten durch abnehmende personelle und finanzielle Kapazitäten bei gleichbleiben-

den Leistungszielen ohnehin verschärft haben, ist die Herausforderung von schwieriger

Natur. Die Potenziale von Führung und Leadership werden jedoch von einigen Experten

als niedrig eingestuft. Dazu kann diese Arbeit kein empirisch fundiertes Urteil fällen.

Dagegen sind die beobachteten Ansätze der Personalentwicklung viel versprechend

und – relativ betrachtet – praktikabler. Dies gilt insbesondere für die Erweiterung bzw.

Zusammenführung von benachbarten Tätigkeitsgebieten zur Erhöhung der innerbetriebli-

chen Dispositionsmöglichkeiten. Bei Situationen strukturellen Personalabbaus könnte diese

Aussage als euphemistisch beurteilt werden, jedoch kann die Vorteilhaftigkeit gerade auch

außerhalb einer extern forcierten Kapazitätsverknappung eintreten.

Voraussetzung bzw. wenigstens förderlich für alle genannten Maßnahmen des

Personalmanagements ist das Vorhandensein einer umfassender arbeitenden Personalabtei-

lung, welche auch Kapazitäten und entsprechend dotierte Kompetenzen zusätzlich zur

Personalverwaltung aufweist. Wenn die Implementierung von NPM ernsthaft betrieben

werden soll, müssen diese Ressourcen bereitgestellt werden, da der beiläufige Umgang mit

dem wichtigsten Produktionsfaktor Personal nicht immer optimale Ergebnisse

gewährleistet.

Page 207: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 193

9 Auswertung der übrigen Variablen

9.1 Vermittlungsprozessvariable Implementation

Bei der Auswertung dieser Variable wurden drei Subkategorien geschaffen, welche den

Implementationsprozess der hier untersuchten NPM-Teilreformen charakterisieren.

9.1.1. Auslösende Faktoren und Prozesspromotoren

Nachfolgend aufgeführte Gegebenheiten haben sich als auslösende oder treibende Faktoren

von NPM-Reformen erwiesen:

• Ein Rechnungshof mahnte die Einführung von Controlling-Instrumenten an.575

• Eine Landesregierung und die zugehörigen Ministerien waren im Zuge ihrer

Verwaltungsmodernisierung bestrebt, ihre Funktion in der Art einer Konzernleitung

über die nachgeordneten Einrichtungen auszuüben. Folglich wurde auch in den

Theatern die Doppik, ein einheitliches SAP-System, welches auf Landesebene

aggregieren kann, und die Vollkostenrechnung samt standardisiertem Produktkatalog

eingeführt.576

• Reformen im externen Rechnungswesen werden als Gelegenheit genutzt, auch im

internen Rechnungswesen Veränderungen umzusetzen bzw. machen dieses erforder-

lich.577

• Die Verabschiedung des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbe-

reich (KonTraG) veranlasste eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft dazu, bei einer

Geschäftsführung auf die Einführung eines Risikomanagement-Systems hinzuwir-

ken.578

• Das neue Betriebsgesetz der Körperschaft eines Theaters sieht vor, dass KLR und

Controlling durchzuführen sind.579

• Aus einer kommunalen Finanzkrise ist eine Theaterkrise hervorgegangen. Dies waren

die Anstoßgeber für eine Theaterreform, bei welcher u. a. die rechtliche Umwandlung

in einen Eigenbetrieb und die Einführung der Doppik beschlossen wurden.580

575 Vgl. Interview 09-134. 576 Ebenda, 14-6, -64 ff., -218 ff.; ähnlich auch auf kommunaler Ebene 17-86; 19-176. 577 Ebenda, 14-78. 578 Ebenda, 16-88. 579 Ebenda, 12-38, -86. 580 Ebenda, 15-2, -20.

Page 208: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

194 9. Auswertung der übrigen Variablen

• Nachdem mehrere Vorgänger eines Verwaltungsdirektors erhebliche Verluste zu

verantworten hatten, wurde der jetzige Amtsinhaber berufen, welcher sich in diesem

Zuge für die Einführung der Doppik eingesetzt hat581.

• In zwei kommunalen Kulturbetrieben war es die Gemeindehaushaltsordnung, welche

die Doppik verbindlich zu einem Stichtag vorgab, nachdem die Kommunen beschlos-

sen hatten, gänzlich mit der kaufmännischen Buchführung zu arbeiten582..

• Die Zuwendungsgeber mehrerer rechtlich selbständiger Kulturbetriebe haben die

Einführung von Doppik und/oder KLR angeordnet bzw. verlangt.583

• In zwei rechtlich unselbständigen Kulturbetrieben gibt der Rechtsträger und

Zuwendungsgeber maßgeblich vor, wie die KLR zu implementieren und zu gestalten

ist. Einerseits fördert dies den Prozess, andererseits wird die KLR nicht tiefergehend

eingerichtet, solange vom Träger keine weiteren Aufforderungen kommen.584

• Ein Geschäftsführer berichtet, dass der Zeitgeist ihn vor sieben Jahren veranlasst habe,

die Vollkostenrechnung zu implementieren; das sei so üblich gewesen.585

• Die an einem Ort bevorstehende Fusion mehrerer Kulturbetriebe und damit

verbundene Erhöhung des Haushaltsvolumens erfordert die erstmalige Einrichtung

einer Controlling-Stelle.586

• Die Rechtsformänderung eines Kulturbetriebs führte zur Verselbständigung und damit

zur Personalhoheit, was ein eigenes Personalmanagement erst ermöglicht.587

Insgesamt kommt den exogenen, nicht vom Kulturbetrieb unmittelbar beeinflussbaren

Faktoren aus der Meso-Ebene (vgl. Abb. 3) (Regierungen bzw. Verwaltungen, Gesetze,

Träger bzw. Aufsichtsgremien, Struktur- und Personalveränderungen u. a.) für die

Auslösung von Reformen eine hohe Bedeutung zu. Es wird deutlich, dass es rechtlich

unselbständigen Kulturbetrieben, etwa Regiebetrieben, gar nicht möglich ist, bestimmte

Reformen wie die Doppik-Umstellung aus eigenem Antrieb umzusetzen. Zentralistische

Strukturen, etwa Stadtverwaltungen, können aufgrund ihrer funktionalen Gliederung in

spezialisierte Querschnittsämter als Reformpromotoren wirken, besonders bei der Doppik

und im Personalbereich. Das ist insofern ein interessanter Befund, als im Zuge der

jahrzehntelangen Entwicklung der rechtlichen Verselbständigung von Kulturbetrieben ein

581 Ebenda, 09-68. 582 Ebenda, 17-6; 19-4. 583 Ebenda, 10-37; 11-40; 20-162. 584 Ebenda, 03-14; 19-150 ff. 585 Ebenda, 15-58. 586 Ebenda, 13-118. 587 Ebenda, 12-14.

Page 209: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 195

Argument lautete, Kompetenzen und Gestaltungsmöglichkeiten dezentral in die

Kulturbetriebe zu verlagern.

Ebenso wird ersichtlich, dass die wirtschaftliche Steuerung und Kontrolle der recht-

lich unselbständigen Kulturbetriebe gleichzeitig teils durch die Einrichtungen selbst, teils

durch die Träger ausgeführt wird, zumindest durch ein externes Controlling. Die

Gestaltung des Rechnungswesens ist von einer klaren Rollenverteilung bezüglich Planung,

Steuerung und Kontrolle abhängig, da das jeweilige Informationsbedürfnis für die

Gestaltung maßgeblich sein sollte. Solange die Rollenverteilung – abgesehen von den

vorhandenen rechtlichen Grundlagen – in der täglichen Praxis nicht eindeutig gehandhabt

wird und zu Ambivalenzen führt, kann es zu dysfunktionalen Ausgestaltungen und

Reformstau kommen (vgl. oben).

9.1.2. Begünstigende Faktoren

Als förderliche, wegbereitende Umstände haben sich erwiesen:

• Offenheit, Verständnis und Interesse des Intendanten und der künstlerisch

Verantwortlichen für wirtschaftliche Zusammenhänge hat Reformen in den Bereichen

KLR und Controlling unterstützt und zum Gelingen beigetragen.588

• Gestaltung des Berichtswesens in einer „sprechenden“ Weise, die es den künstlerisch

Verantwortlichen erleichtert bzw. ermöglicht, das Wesentliche zu erkennen.589

• Erfahrungswissen des Trägers bezüglich der Reformfelder und daraus entstehende

Kompetenz für die Konzeption von Reformen in den Kulturbetrieben.590

• Dialog im Vorfeld der Doppik-Einführung zwischen Kultureinrichtung und Trägern

bezüglich der zu erwartenden Konsequenzen in der Steuerung.591

• Bereitschaft aller im Kulturbetrieb Betroffenen zur Auseinandersetzung mit den

gewonnenen Erkenntnissen und dem Kulturwandel zu einer informationsgestützten

Führung.592

• Ausreichende Kommunikation und Information aller Mitarbeiter über bevorstehende

Reformprozesse, z. B. auf Personalvollversammlungen und im Personalrat.593

588 Ebenda, 03-80; 04-126; 18-130; 19-148. 589 Ebenda, 12-58. 590 Ebenda, 08-106; 13-96. 591 Ebenda, 15-38. 592 Ebenda, 08-126. 593 Ebenda, 12-94, -104.

Page 210: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

196 9. Auswertung der übrigen Variablen

• Einschlägige Vorkenntnisse der von NPM-Reformen involvierten Mitarbeiter, etwa im

Umgang mit Kalkulationen und Budgets bei Einführung dezentraler Ressourcenkom-

petenzen.594

• Gestaltungskompetenz und Fähigkeit zur konzeptionellen Arbeit der leitenden

Mitarbeiter auf mittlerer Ebene zur hausinternen Weiterentwicklung und Ausdifferen-

zierung der Teilreformen.595

• Fähigkeit und Bereitschaft der obersten Leitung, innerbetriebliche Reformprozesse zu

gestalten und zu führen (Management-Kompetenz).596

• Sofern Vorkenntnisse nicht vorhanden, rechtzeitige Schulungen der Mitarbeiter oder

Workshops zur Ausgestaltung von Teilinstrumenten, z. B. für die Abteilungsleiter zur

Leistungsbewertung innerhalb der LoB.597

• Ausreichende Personalkapazitäten, quantitativ und qualitativ, um neue Instrumente

einzuführen; dabei ist eine größere Organisation begünstigend, da mehr Gestaltungs-

spielraum für temporäre Akzentsetzung der Arbeitsinhalte besteht.598

• Entsprechende Auswahlentscheidung und rechtzeitiges Vorhandensein von adäquaten

Softwareprodukten inklusive Schnittstellenprogrammierung zu hausspezifischen

Applikationen, z. B. zwischen Finanzbuchhaltung und Ticketing-System.599

• Sorgfältige Planung der Implementationsphase, ggf. sukzessive Einführungsschritte.600

• Genaue und zutreffende Buchungsweise in der Buchhaltung zur Sicherung der

Datenqualität in den Bereichen Rechnungswesen und Controlling.601

• Ausreichendes Problembewusstsein bei den Verantwortlichen der Implementierung,

z. B. im städtischen Personalreferat hinsichtlich Notwendigkeit der Vermittlung von

Führungskompetenzen; somit auch eine normative Haltung zu den Reforminstrumen-

ten.602

• Einführung der LoB erleichtert Einführung weiterer Personalmanagement-

Instrumente.603

594 Ebenda, 12-76. 595 Ebenda, 05-66. 596 Ebenda, 04-16, -140; 18-130. 597 Ebenda, 04-140; 12-100; 17-100; 19-184. 598 Ebenda, 01-68; 05-66; 16-86. 599 Ebenda, 01-68; 17-100 ff. 600 Ebenda, 19-184. 601 Ebenda, 12-50. 602 Ebenda, 04-16; 15-130. 603 Ebenda, 04-142.

Page 211: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 197

Es wird deutlich, dass dem Personal des jeweiligen Kulturbetriebs die wichtigste Rolle für

das Gelingen des Implementationsprozesses zukommt, insbesondere der mittleren

Leitungsebene und der Führungsspitze. Das unterstreicht die hohe Bedeutung sowohl der

Personalentwicklung und des Personalmanagements als auch die Auswahlentscheidung

über einzelne Personen bei der Rekrutierung für die weiteren Reformen.

9.1.3. Behindernde Faktoren

Die zuvor beschriebenen begünstigenden Faktoren können in ihrer Umkehrung als

Negativ-Ausprägung hemmend wirken, etwa die Verschlossenheit der Intendanz,

mangelhafte Software, nicht ausreichende Kompetenzen bei leitenden Mitarbeitern,

inhaltlich schlecht abgestimmte oder terminlich zu dicht konzipierte Implementationspha-

sen etc.604 Diese Fälle werden nicht erneut aufgelistet. Als weitere Sachverhalte treten

indessen hinzu:

• Die Pflege der neu geschaffenen KLR-Systeme und Datenbanken ist sehr aufwändig

und von der akkuraten Zuarbeit vieler Beteiligter, u. a. der Personalabteilung zur

Aufbereitung der personalbezogenen Kosten, abhängig. Folglich gehen Personalkapa-

zitäten für andere Tätigkeiten verloren. Eine eigenständige Controlling-Stelle wird

angestrebt, kann aber aus Kostengründen vorläufig nicht eingerichtet werden.605

• Die Doppik-Einführung erforderte die Schaffung und dauerhafte Besetzung von

2 ½ neuen Stellen und das Hinzuziehen von externer Beratung.606

• Es kommt zu kompensatorischen Doppelarbeiten, wenn durch grundlegende

Veränderungen des Rechnungswesens bewährte Steuerungsmechanismen außer Kraft

gesetzt werden.607

• Wenn im Gegensatz zu den Trägerkommunen ein ebenso bezuschussendes Bundesland

nicht doppisch bucht, sind in vielen Einrichtungen noch Umrechnungen der Jahresab-

schlüsse und der Wirtschaftspläne in die Kameralistik notwendig, z. B. unter Heraus-

rechnung von Abschreibungsaufwand u. a.608

• Verständnis- und Interpretationsschwierigkeiten des kaufmännischen Jahresabschlus-

ses.609

604 Ebenda, 01-98; 02-62; 07-78; 11-68; 14-12, -64 -108; 15-54; 16-116; 17-10, -18, -34, -100 ff.; 20-129. 605 Ebenda, 04-116; 05-66, -116; 16-12. 606 Ebenda, 02-72; ähnlich 06-68; 08-58; 09-68; 14-92. 607 Ebenda, 12-72; 14-62, -114; 17-26. 608 Ebenda, 05-34; 06-72; 09-106; 14-62; 15-34; 16-68; 20-120. 609 Ebenda, 05-34.

Page 212: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

198 9. Auswertung der übrigen Variablen

• Kreis-, Gebiets- und Funktionalreformen bewirken eine Veränderung der Gesellschaf-

terzusammensetzung, so dass für grundlegende Reformen zur Zeit keine günstige

Gesprächssituation herrscht.610

• Die Komplexität der Systematik des Rechnungswesens führt dazu, dass mehrere Jahre

nach der Einführung von Doppik und KLR noch kein zufriedenstellender Status quo

erreicht wurde.611

• Zum Zeitpunkt der Umstellung auf die Doppik wurde bewusst noch keine KLR

eingeführt, bewährte kameralistische Steuerungsmechanismen jedoch implizit

abgeschafft und die Möglichkeit zur individuellen Adaption der Doppik ausgeschlos-

sen. Dadurch fehlen interne Steuerungsgrundlagen, die in einer händischen Interimslö-

sung selbst geschaffen werden mussten.612

• Dysfunktionaler Produktkatalog und nicht adäquate Steuerungslogik (das Theater stellt nur ein

einziges Produkt in der städtischen Verwaltung dar, ohne Differenzierung nach Aufführungen

bzw. an anderem Orte Einschränkung der Deckungsfähigkeit der Haushaltsmittel inklusive

verrechneter Gemeinkosten über die Produkte = Sparten hinweg).613

• Die rechtliche Fusion mehrerer Körperschaften führt dazu, dass im Kulturbetrieb vor

Ort keine eigene Personalstelle mehr vorhanden ist, welche sich vertieft um Belange

des Personalmanagements kümmern könnte.614

Nicht explizit genannt wurde der dennoch wichtige Aspekt, dass öffentliche Kulturbetriebe

in geringerem Maße dem Druck des marktlichen Wettbewerbs ausgesetzt sind. Sicherlich

ist die Existenz eines Kulturbetriebs auch von öffentlicher und politischer Wahrnehmung

abhängig, so dass ein Wettbewerb um Wertschätzung, Besuchszahlen und Eigenerlöse

herrscht. Trotz der Insolvenzfähigkeit einiger Rechtsformen wie der GmbH bleibt letzten

Endes die Hauptentscheidung über die Fortsetzung der Existenz eines Kulturbetriebs auch

in Krisenzeiten in politischer Verantwortung und nicht in der Gewalt des Marktes. Zur

künstlerischen Entfaltung werden dem Kulturbetrieb wirtschaftliche Freiräume (wenn auch

begrenzt und tendenziell schrumpfend) explizit zugestanden. Daraus resultiert, dass die in

der Privatwirtschaft üblichen Steuerungsinstrumente, wie sie auch vom NPM vorgesehen

werden, eher aus einer Freiwilligkeit als aus einer Notwendigkeit heraus in Kultureinrich-

tungen implementiert werden.

610 Ebenda, 16-94. 611 Ebenda, 14-92. 612 Ebenda, 17-28, -90 ff. 613 Ebenda, 14-86; 17-82 ff. 614 Ebenda, 01-12, -110.

Page 213: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 199

9.2 Intervenierende Variablen Künstlerische und Wirtschaftliche Rationalität

An obigen Befunden anknüpfend kann festgestellt werden, dass die künstlerische

Rationalität in Bezug auf die Implementation der NPM-Instrumente nie auslösend, jedoch

in einigen Fällen begünstigend oder behindernd gewirkt hat. Stärker hingegen ist der

Einfluss der wirtschaftlichen Rationalität: Häufig wirkt sie begünstigend, im Einzelfall

auch auslösend, selten jedoch behindernd. Als auslösende Faktoren für NPM-Reformen

dominieren externe Quellen (vgl. Kap. 9.1.1). Für das Gelingen der Umsetzung spielt im

Rahmen dieser Erhebung die wirtschaftliche Rationalität eine vorrangige und die

künstlerische Rationalität eine nachrangige Rolle.

Die Einzelbefunde aus den 20 Kulturbetrieben wurden anhand des Binnenverhält-

nisses von künstlerischer und wirtschaftlicher Rationalität aggregiert. Dabei ließen sich

drei Typen von Kulturbetrieben ableiten: der sachzieldominierte Kulturbetrieb mit starker

künstlerischer Rationalität (Typ I), der paritätisch geführte Kulturbetrieb mit gleichberech-

tigten Rationalitäten (Typ II) und der formalzieldominierte Kulturbetrieb mit überwiegen-

der wirtschaftlichen Rationalität (Typ III). Diese werden nachfolgend als übergreifendes,

dreiteiliges Klassifikations-Schema für Kulturbetriebe vorgestellt. Dabei steht die

Exploration der Makro-Ebene des Modells der heterogenen Rationalitäten (vgl. Abb. 5) im

Vordergrund, insbesondere der Einfluss der Verteilung und Interaktionen der Rationalitä-

ten auf das Organisationshandeln und den Output des Kulturbetriebs:

9.2.1. Typus I: Sachzieldominierter Kulturbetrieb (Primat der künstlerischen Rationalität)

In diesen Häusern ist ein hoher betriebsinterner Einfluss der künstlerischen Rationalität

festzustellen. Dies zeigt sich u. a. in folgenden empirischen Befunden:

• Die Spielplanung wird – auf Basis eines meist wiederkehrenden Grobgerüstes – von

künstlerischen Zielen dominiert. Teilweise sind dabei budgetäre Restriktionen zu

beachten, teilweise auch nicht bzw. Überziehungen führen zu keinen Konsequenzen.

Produktionen samt Engagements von Spitzenkünstlern werden langfristig angesetzt

ohne Einbettung in einen – ohnehin noch nicht existenten – finanziellen Gesamtplan.

Ein Dialog mit den kaufmännisch Verantwortlichen bzw. der Abteilung Marketing

findet bezüglich der künstlerischen Planung nachrangig oder im selteneren Extremfall

überhaupt nicht statt. Der Arbeitsauftrag der Vertreter der wirtschaftlichen Rationalität

erschöpft sich diesbezüglich in der Kenntnisnahme, höchstens in der Überprüfung der

Einhaltung der Restriktionen, nicht jedoch in einer gestaltenden Einflussnahme unter

wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Folglich besteht kein Konkurrenzverhältnis

Page 214: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

200 9. Auswertung der übrigen Variablen

zwischen den Rationalitäten, da das Primat künstlerischer Ziele vorgegeben ist. Die

Erstellung des Spielplans ist im Wesentlichen autark vom Wirtschaftsplan, wobei u. U.

zu späterem Zeitpunkt eine formelle Kongruenz hergestellt werden muss.615

• Vereinzelt werden zur Realisierung der künstlerischen Ziele der Intendanz große

Anstrengungen unternommen, etwa Baumaßnahmen um Großaufführungen zu

realisieren oder die theaterseitige Kündigung einer ganzen Abonnement-Serie für ein

einziges Großprojekt, welche punktuell einen hohen Aufwand bzw. Einnahmeminde-

rungen verursachen. Die im Intendantenvertrag ggf. garantierte künstlerische Freiheit

und Entscheidungsbefugnis in der Geschäftsführung ist strukturell gewichtiger

gegenüber der kaufmännischen Leitung konzipiert oder wird zumindest so ausge-

lebt.616

• Es wird darauf verwiesen, dass die langfristige Entwicklung der künstlerischen

Ensembles samt Qualitätssteigerung von hoher künstlerischer Bedeutung sei, was eine

wichtige Aufgabe der Intendanz unabhängig von wirtschaftlichen Erkenntnissen sei.

So wird u. a. bei der Tourneeplanung auf die Bevorzugung von zahlungskräftigen

Ländern partiell verzichtet und auf die Einladung von herausragenden, prägenden

Solisten und Dirigenten geachtet.617

• Beispielzitate:

„Einen Einfluss [der KLR, Anm. d. Verf.] bei den [...] Konzerten würde ich als ausgeschlossen

ansehen, weil sich beispielsweise zu verhandelnde Gagen nicht daran orientieren, wie ertrag-

reich ein Konzert ist.“618

„Letztendlich dominiert aber doch die Kunst das eigentliche wirtschaftliche Gebaren, so dass

eine langfristige Planung aus bilanztechnischer Sicht hier nicht den künstlerischen Ablauf

beeinflussen wird“619

„Wir versuchen, in erster Linie die künstlerischen Ziele zu erreichen und schauen dabei nicht

nur in erster Linie auf die Wirtschaftlichkeit. Es geht im Zweifel nicht darum, dass sich die

Wirtschaftlichkeit gegenüber der künstlerischen Entscheidung durchsetzen muss.“620

„Ich habe hier einmal gesagt, da wurde ich sehr gescholten: Der Tod der Theater sind die

Betriebswirte.“621

615 Ebenda, 01-92, -124; 02-92, -162; 03-42; 07-80; 08-132; 09-168; 10-84; 12-74; 14-100; 15-82; 16-80; 17-

26, -106. 616 Ebenda, 02-158; 03-42, -80, -176; 08-132; 12-132; 17-162, -174. 617 Ebenda, 02-166; 20-138. 618 Interview 02-96. 619 Interview 03-42. 620 Interview 10-84. 621 Interview 08-56.

Page 215: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 201

Folglich hat das interne Rechnungswesen eine nachrangige Bedeutung als Entscheidungs-

grundlage. Wirtschaftliche Auswertungen einzelner Produktionen werden zwar ex post

erstellt oder stehen in den IT-Systemen zur Verfügung, finden jedoch nur eine geringe

Beachtung im Top-Management. Dies setzt eine finanzielle Gesamtsituation voraus, in der

über die Deckung der Grundlast hinaus entsprechende Freiheiten herrschen. Diesem Typus

können etwa 30 % der Stichprobe zugeordnet werden, insbesondere – aber nicht

ausschließlich – die großen, international renommierten Theater und Orchester.

9.2.2. Typus II: Paritätisch geführter Kulturbetrieb (Gleichberechtigung von künstlerischer und wirtschaftlicher Rationalität)

Folgende Anzeichen für ein gleichstarkes Verhältnis der Rationalitäten sind zu beobachten:

• Offenheit der künstlerischen Leiter für Notwendigkeit der Berücksichtigung von

Kostenrestriktionen, Auslastungszahlen und Einnahmesituation ist gegeben. So haben

beispielsweise Gespräche mit der Intendanz über künftige wirtschaftliche Optimierung

stattgefunden, auf Basis von Schätzungen zur Einnahmeverteilung. Das Verhältnis der

Vertreter der Rationalitäten kann als dialogisch und kooperativ bewertet werden. Bei

Entscheidungen kommen beide Seiten in etwa gleichem Verhältnis zum Tragen.622

• Es sind bei der Planung eingrenzende finanzielle Restriktionen vorhanden, mindestens

in Form von Budgets. Eine darüber hinausgehende wirtschaftliche Optimierung des

Spielplans ist nicht unbedingt notwendig.623

• Daten aus der KLR und dem Controlling finden wenigstens punktuell Eingang in

künstlerische Überlegungen und Entscheidungen mit wirtschaftlichen Auswirkun-

gen.624

• In einigen Kulturbetrieben muss die Spielplanung von den Trägern, welche eher die

wirtschaftliche Rationalität vertreten, formal beschlossen werden. Dabei trägt in einem

Fall die Intendanz auch die wirtschaftliche Planung vor.625

• Der kaufmännische Leiter ist mindestens gleichberechtigt zur Intendanz.626

• In Fällen der Personalunion der Spitzenvertreter der Rationalität, z. B. ein

geschäftsführender Intendant bzw. Orchestermanager, kann zumindest konstatiert

werden, dass Abstimmungen bei Planungsprozessen und eventuelle Konflikte interna-

lisiert sind.627

622 Vgl. Interviews 04-134, -196; 05-100; 07-72; 12-58; 16-16; 19-42. 623 Ebenda, 08-106; 13-112. 624 Ebenda, 10-136; 12-58; 19-154. 625 Ebenda, 08-188; 11-70; 19-206. 626 Ebenda, 13-18; 15-26; 17-46. 627 Ebenda, 11-18; 17-46; 18-26, -76.

Page 216: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

202 9. Auswertung der übrigen Variablen

• Beispielzitate:

„Die künstlerische Leitung ist diejenige, die bei der Spielplanung dominiert. Es gibt dann die

Phasen, wo wir die Dinge einordnen, [...] mit der Fixierung des Spielplanes läuft dann gleich

die Zuordnung der Inszenierungskosten für Kostüme, Dekorationen dann parallel, wo dann

Ausstattungsleitung, Intendant und ich im Gespräch sind. [...] Es sind dann, für meine Begriffe,

doch Fragen auch des betriebswirtschaftlichen Hintergrundes [...] Wir haben dann versucht,

mit den Dingen natürlich umzugehen und auch Signale zu setzen. Sind ja Fragen bis hin:

Welches Orchesterrepertoire biete ich in Sinfoniekonzerten an? Ja, wie weit gehe ich auf

großes Repertoire, wo ich vier Aushilfen brauche, wie ausgewogen ist das Ganze, wo setze ich

den Chor zusätzlich ein, wo ich wieder gagenpflichtig bin. [...] Wir haben natürlich dann hier

und da mal Notbremse gezogen und dann gesagt: Okay, jetzt müssen wir einfach versuchen,

ein Gegensteuern zu erreichen.“628

„Was ich möchte ist, dass man im Prinzip die Erkenntnisse, die man hat und verwertbar sind,

letztendlich auch bei der Entscheidungsfindung anwendet. Das ist auch so ein ständiges

Spannungsverhältnis zwischen künstlerischer Leitung und Verwaltungsleitung, denn Künstler

neigen dazu, gewisse – ja, wie soll ich das sagen? – Teile der Realität auszublenden [...].“629

An einigen Orten wird festgestellt, dass die Durchlässigkeit zwischen den Rationalitäten

wächst. Dies wird einerseits mit einer sich verändernden Betriebskultur begründet, welche

wirtschaftlichen und faktenbasierten Überlegungen mehr Raum oder künstlerischen Leitern

mehr wirtschaftliche Verantwortung gibt, andererseits mit der Verjüngung und

zunehmenden Mehrfachqualifizierung des Personals: durch das wachsende gegenseitige

Verständnis vergrößert sich die gemeinsame Gesprächsbasis.630

Diesem Typus können etwa 50 % der Stichprobe zugerechnet werden, mit steigen-

der Tendenz. In diesem Typus muss die finanzielle Situation nicht zwingend schlechter als

im vorangehenden Typus sein, wenngleich dies tendenziell zutrifft.

628 Interview 07-80. 629 Interview 17-106 ff. 630 Vgl. Interviews 04-124; 07-76; 13-82.

Page 217: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 203

9.2.3. Typus III: Formalzieldominierter Kulturbetrieb (Primat der wirtschaftlichen Rationalität)

Die Merkmale lauten:

• Die finanzielle Situation ist angespannt: Personalkapazitäten müssen abgebaut werden,

häufig einhergehend mit wachsendem Krankenstand, Überstunden werden nicht mehr

ausbezahlt, erhebliche Sparzwänge – meist vorgegeben durch Kürzungen der Zuwen-

dungsgeber – belasten den Gesamthaushalt; die Soll-Werte der Einnahmen und

Einspielquoten steigen und erzeugen entsprechenden innerbetrieblichen Druck.631

• Die Instrumente des NPMs werden gezielt eingeführt, um die wirtschaftliche

Rationalität zu stärken, meist durch den Träger veranlasst.632

• Daten des Controllings und der KLR sind häufig präsent und entscheidungsleitend.633

• Bei der Spielplanung existieren nicht nur Budgets für künstlerische Ausgaben, sondern

auch ein Einnahmeziel (bzw. saldiert ein Deckungsbeitrag) ist zu berücksichtigen. Die

Markt- bzw. Nachfrageorientierung ist stark ausgeprägt und wirkt sich deutlich auf die

Planung aus.634

• Leitende Mitarbeiter mit wirtschaftlichen Entscheidungsbefugnissen bzw.

Budgetverantwortung haben ein ausgeprägtes Kosten- und Effizienzbewusstsein.635

• Die mittelfristige Finanzplanung dominiert die Spielplanstruktur und Kapazitätspla-

nung.636

• Künstlerische Freiheit kann noch ausgelebt werden, aber nur innerhalb der

genehmigten Budgets.

• Die kaufmännische Leitung und/oder der Dienstherr des Intendanten hat ein Veto-

Recht und kann den Planungen des Intendanten widersprechen bzw. diese überstim-

men.637

• Nachgeordnete Kulturbetriebe ohne eigenen Jahresabschluss werden bzw. wurden

rechtlich verselbständigt und/oder erhalten eigene GuV und Bilanz. Das bedeutet eine

Delegation der stärkeren wirtschaftlichen Eigenverantwortlichkeit in den Betrieb

hinein.638

631 Ebenda, 15-24; 16-56. 632 Ebenda, 15-26. 633 Ebenda, 15-26. 634 Ebenda, 16-68; 18-160. 635 Ebenda, 14-267; 16-98. 636 Ebenda, 07-50. 637 Ebenda, 07-82; 14-22; 16-18; 19-48. 638 Ebenda, 07-50.

Page 218: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

204 9. Auswertung der übrigen Variablen

• Beispielzitate:

„Es gibt [...] einen Gesamtetat und der wird dann von mir [dem kaufmännischen Geschäftsfüh-

rer, Anm. d. Verf.], sobald ich die Daten habe, gemeinsam mit den Beteiligten geplant. Da

gucken wir halt, wenn wir überzogen haben, wo wir es reduzieren müssen, wo wir vielleicht

Honorare reduzieren müssen, wo wir Leute raus-, wo wir Produktionen rausschmeißen müssen,

Zusatzprojekte oder irgendwas. [...] Die Einsetzung des Etats überliegt aber dann mir.“639

„Das heißt, dass sehr kostenintensive Produktionen ja immer unter diesem Spardiktat stehen,

dass wir eingreifen mitten im Spielplan. Also Spielplantreue hin, Spielplantreue her, wenn wir

wirtschaftlich nicht in der Situation sind, dieses, was wir dem Publikum versprochen haben,

auch leisten zu können, dann geht es nicht anders, dann greifen wir ein. [...] Hier ist ein Diktat

der Haushaltslage, dem wir unterliegen, klar und deutlich.“640

Dieser Typus ist am geringsten verbreitet. In Extremfällen kann eine latente oder akut-

beherrschbare Unternehmenskrise641 eingetreten sein. Zum Zeitpunkt der Interviews

können diesem Typus etwa 20 % zugerechnet werden, wobei deutlich mehr Kulturbetriebe

vergleichbare Phasen temporär durchschritten haben.

9.2.4. Interpretation der Klassifikationen

Mit den Klassifikationen der 3 Typen wird keine Bewertung vorgenommen, weder

normativ noch hinsichtlich der wirtschaftlichen Effizienz. Herausragende künstlerische

Leistungen lassen sich vermutlich leichter in dem Typus I realisieren. Die Sachzieldomi-

nanz und der niedrige Einfluss der wirtschaftlichen Rationalität müssen nicht bedeuten,

dass ineffizient gewirtschaftet wird: Aus der Theaterstatistik wird ersichtlich, dass gerade

die großen, international renommierten Mehrsparten- bzw. Opernhäuser eine relativ hohe

Einspielquote aufweisen, während kleine Stadttheater tendenziell mit niedrigeren

Einspielquoten unter größerem Druck (Typus II bis III) stehen. Zusätzlich ist auf die

Adaption des Effizienzbegriffs hinzuweisen, welche neben rein quantitativen Wirtschaft-

lichkeitskennzahlen auch qualitative Merkmale berücksichtigen muss. Die Zuordnung von

Kulturbetrieben zu den drei Typen kann sich im Verlauf von Jahren verändern und ist nicht

eindeutig abgrenzbar. Es können Mischtypen existieren, wie auch an den Quellen in den

Fußnoten ersichtlich wird. Der Hintergrundvariablen der finanziellen Ausstattung kann für

die Zuordnung eine gewichtige Bedeutung beigemessen werden. Abschließend wird

deutlich, dass die in der Literatur vorherrschende Klassifikation sämtlicher öffentlicher

639 Interview 16-78. 640 Interview 13-28. 641 Vgl. Krystek/Moldenhauer (2007), S. 36 ff.

Page 219: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 205

Betriebe als sachzieldominiert642 (Typus I) zumindest im kulturellen Sektor differenziert

werden muss.

Die Befunde belegen, dass die beiden genannten Rationalitäten in einem Dialog

stehen, insbesondere wenn es um künstlerische Entscheidungen mit wirtschaftlichen

Auswirkungen – etwa die Spielplanung – geht. Für die Forschungsfrage geht aus der

Klassifikation der Zusammenhang hervor, dass der Intensitätsgrad der Nutzung und

Erkenntnisverwertung der KLR und des Controllings mit der innerbetrieblichen Bedeutung

der wirtschaftlichen Rationalität positiv korreliert ist.

9.3 Intervenierende Variable Bürokratische Rationalität

Die bürokratische Rationalität war im Rahmen der Empirie nicht als eigene Rationalitäts-

kategorie von Akteuren, wie im Kap. 1.5.2 definiert, feststellbar. Im Vordergrund steht

vielmehr die Interaktion zwischen künstlerischen und wirtschaftlichen Interessen und den

entsprechenden Akteuren. Einzuhaltende Rechtsvorschriften schlugen sich inhaltlich in

den rechtlichen Rahmenbedingungen nieder (vgl. nachfolgende intervenierende Variable).

Da sich dieses Ergebnis bereits in den Pretests gezeigt hatte, wurden die Fragen zur

bürokratischen Rationalität in den folgenden Gesprächen gestrichen. Damit ist nicht

gezeigt, dass es diese Rationalitätskategorie nicht gibt, sondern dass sie vielmehr keinen

expliziten Raum in den Interaktionen zwischen den leitenden Akteuren einnimmt. Dies gilt

insbesondere für Rechtsvorschriften, welche als zu beachtende Selbstverständlichkeiten

keiner vertieften innerbetrieblichen Diskussion bedürfen (vgl. Ordnungsmäßigkeits-

Restriktion im Herstellungsprozess, Kap. 1.8).

9.4 Intervenierende Variable Rahmenbedingungen

Wie in Kap. 6.1 bereits aufgeführt, besitzen 13 der befragten Kulturbetriebe (65 %) eine eigene

Rechtsperson. Bei den übrigen sieben liegen fast vollständig Betriebsformen vor, welche unter

den sog. optimierten Regie-, Eigen- oder Landesbetrieb fallen. Das bedeutet, dass diese Häuser

u. a. eigene Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse erstellen. Lediglich in einem Fall (5 %) war

der herkömmliche, unselbständige Regiebetrieb zu beobachten, welcher Teil der zentralen

Stadtverwaltung ist. In allen anderen Fällen (95 %) kann davon ausgegangen werden, dass die

Kulturbetriebe eigenständig agierende, dezentral verantwortende und somit selbständige

wirtschaftliche Einheiten sind, mehrheitlich mit eigener Rechtsperson.643

642 Vgl. Kosiol (1972), S. 223 f.; Ossadnik (1987), S. 276 ff. 643 Vgl. Röper (2001), S. 210-226.

Page 220: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

206 9. Auswertung der übrigen Variablen

In 17 Interviews wurden Angaben zur Deckungsfähigkeit der Zuwendungen gemacht:

Dabei gab es in drei Fällen geringfügige bis massive Einschränkungen (17,6 %), in allen

übrigen kann von einer vollständigen gegenseitigen Deckungsfähigkeit der öffentlichen

Mittel (Globalbudget) ausgegangen werden (82,3 %). In 18 Gesprächen konnten

Informationen zur Möglichkeit der Übertragung von Überschüssen bzw. Restmitteln in das

Folgejahr gewonnen werden: In 15 Kulturbetrieben (83,3 %) ist es grundsätzlich möglich,

Rücklagen aufzubauen, wobei davon in drei Fällen eine Genehmigung der Zuwendungsge-

ber erforderlich ist. Lediglich in drei Einrichtungen (16,7 %) ist die Rücklagenbildung

bedingt durch die Art der Zuwendung bzw. durch die Zuwendungsrichtlinien ausgeschlos-

sen. Vier Gesprächspartner berichten darüber, dass die genannten vorteilhaften

Liberalisierungen des Haushaltsrechts zumindest teilweise auch bereits zu Zeiten der

Kameralistik gegolten haben; in einem Fall wurden die haushaltsrechtlichen Regelungen

mit der Doppik-Einführung wieder intensiviert und Freiheiten entzogen.644 Mehrfach wird

kritisiert, dass die theaterüblichen mehrjährigen Planungsverläufe nicht durch entsprechen-

de Finanzierungssicherheit gedeckt sind. Vier Interviewpartner bemängeln, dass die

jeweiligen Zuwendungsgeber erst während des laufenden Jahres verbindliche Zuwen-

dungsbescheide erteilen. So hatten zwei Einrichtungen zum Interviewzeitpunkt im Oktober

trotz erfolgender Abschlagszahlungen noch keine Gesamtfinanzierungszusage für das

laufende Kalenderjahr.645

Es kann insgesamt festgestellt werden, dass die über Jahrzehnte hinweg für die

Kulturbetriebe geforderte Flexibilisierung der Mittelbewirtschaftung und die Stärkung der

organisatorischen Eigenständigkeit samt Dezentralisierung von Kompetenzen646

weitgehend umgesetzt ist. Hierzu haben auch die NPM- bzw. NSM-Reformen der 1990er-

Jahre einen wesentlichen Beitrag geleistet und somit die Rahmenbedingungen mehrheitlich

verbessert. Der empirische Befund stützt ferner die Aussage, dass die Wahl einer

bestimmten Rechtsform weniger entscheidend als die Ausgestaltung bzw. Handhabung der

Befugnisse und haushaltsrechtlichen Gegebenheiten im Einzelfall ist.647

Abgesehen von partiell vorhandenen Schwierigkeiten bezüglich der Finanzierung

der stetig wachsenden Grundlast bzw. dem Wunsch, die freie Spitze für die Realisierung

des künstlerischen Programms (5 bis 15 % des Gesamthaushalts648) zu steigern oder

wenigstens real beibehalten zu können, werden die Rahmenbedingungen im allgemeinen

644 Vgl. Interviews 02-58; 12-118; 13-84; 14-82 ff. 645 Ebenda, 06-46; 08-114; 10-113 ff.; 15-178. 646 Vgl. KGSt (1989), S. 49 f., 88-94; Röper (2001), S. 204-215; Stein (1982), S. 121f 647 Vgl. KGSt (1989), S. 20, 96; Mertens (2005), S. 6; Thiel (2003), S. 261 f.; Wagner (1995), S. 207. 648 Vgl. Interviews 06-84; 11-40; 15-86; 16-74.

Page 221: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 207

mehrheitlich positiv bewertet. Viele der in den Gesprächen erwähnten Erschwernisse

sind hausspezifischer Natur, etwa sanierungsbedürftige Gebäude, veraltete technische

Anlagen, geringe Platz- und Raumkapazitäten, Publikumsstrukturen, lokale Presse; oder

sie beziehen sich auf individuell nicht veränderbare allgemeingültige Gesetze und

Tarifwerke.

9.5 Intervenierende Variable Kulturpolitik und Kulturverwaltung

Es herrschen sehr individuelle Gegebenheiten der Kompetenzverteilung und

-wahrnehmung zwischen Kulturbetrieben, Aufsichtsgremien, der Exekutiv- und

Legislativgewalt vor, z. B. in Bezug auf Spielplangenehmigung oder -kenntnisnahme,

Berufung des leitenden Personals, Wirtschaftsplanfeststellung, Entlastung der Geschäfts-

führung, Überschussverwendung, Involvierung in operative Prozesse und Detailentschei-

dungen etc..649 Dabei sind nicht nur die kulturspezifischen Gremien bzw. Ämter von

Bedeutung, sondern auch diejenigen Stellen der Verwaltung und Politik, welche mit den

öffentlichen Finanzen, Liegenschaften und Personal betraut sind.650

Die spezifische Amtsführung und die individuellen Eigenschaften der handelnden

Personen sowie teils langjährig gewachsene Vertrauensverhältnisse bzw. durch

Wortbrüche oder widersprüchliches Verhalten hervorgerufene Misstrauensverhältnisse

spielen neben den formellen Strukturen eine große Rolle.651 Über Einflussnahmen auf

künstlerische Entscheidungen oder Details der Spielplanung wurde nicht berichtet, insofern

bleibt die künstlerische Autonomie gewahrt.652Es ist eine Tendenz der wachsenden

externen wirtschaftlichen Kontrolle festzustellen, etwa durch eine kommunale Gesellschaft

für Beteilungscontrolling und ein sich ausweitendes Berichtswesen.653 Dies geschieht nicht

zuletzt, um bereits bestehende und die durch Ausgliederungen der Kulturbetriebe

wachsende Informationsasymmetrien anteilig zu kompensieren.654

Für die Untersuchungsfrage ist festzuhalten, wie in vorherigen Abschnitten bereits

detaillierter beschrieben, dass die Kulturverwaltung und -politik hingegen maßgeblichen

Einfluss auf die Einführung und Ausgestaltung von NPM-Reformen ausüben. Ein direkter

Zusammenhang zum operativen wirtschaftlichen und künstlerischen Ergebnis kann

ausgeschlossen werden, abgesehen von Entscheidungen bezüglich der Zuwendungshöhe

und ggf. -verwendung sowie Auswirkungen langfristiger, struktureller Entscheidungen.

649 Ebenda, 03-42, -176; 04-202; 05-104; 06-62; 08-16; 12-44; 13-94, -128; 14-152; 18-132; 19-96. 650 Ebenda, 05-106; 07-50, -90; 14-156; 15-156. 651 Ebenda, 02-138; 03-70; 05-126; 07-84; 09-36; 12-38; 15-26; 17-124, -170. 652 Ebenda, 03-152; 06-82; 08-188; 09-176; 10-160; 12-44; 15-66; 18-28; 19-274. 653 Ebenda, 03-146; 06-72; 07-86; 08-84; 09-168; 14-68; 15-64.

Page 222: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

208 9. Auswertung der übrigen Variablen

Die Rechtsform des Kulturbetriebs entscheidet wesentlich über die Nähe oder Ferne zur

exekutiven Gewalt.655 Mehrfach wird angeführt, dass die rechtliche Verselbständigung zur

sofortigen Distanzierung von der Kulturverwaltung geführt hat.656

9.6 Abhängige Variable Künstlerischer Erfolg

Zur Auswertung der abhängigen Variablen werden die wichtigsten Befunde aus den

Interviews bezüglich positiver und negativer Determinanten aufgeführt. Diese erheben

keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Mit nachfolgender Auflistung wird das Ziel verfolgt,

den Kontext zum Gesamtsystem des Kulturbetriebs herzustellen und den Umfang des

Einflusses der NPM-bezogenen unabhängigen Variablen auf die abhängigen Erfolgsvariab-

len zu bemessen und zu validieren.

Positiv hat sich auf den künstlerischen Erfolg ausgewirkt:

• Das Einsetzen einer neuen Intendanz bzw. eines neuen Leitungsteams bzw. die

langjährige Beibehaltung und Bindung von bewährten Akteuren mit herausragenden

Fähigkeiten und Willen zum Aufbruch.657

• Künstlerische und strategische Unternehmensprofilierung, einhergehend mit

Marketing-Intensivierung (neue Corporate Identity/Corporate Design samt Kampagne

bzw. stetige intensive externe Kommunikation, Information und Bindung des Zielpub-

likums).658

• Das Setzen von richtungsweisenden, ambitionierten künstlerischen Zielen oder die

Realisierung von Großprojekten, welche über das bisherige Leistungsniveau hinausge-

hen, motiviert die Beschäftigten, erhöht die künstlerische Reputation und die Chance

auf Auszeichnungen durch Fachmagazine.659

• Geschlossenheit des Auftritts der Personen der Theaterleitung nach außen und

Vermeidung von innerbetrieblichen Konkurrenzkämpfen.660

• Wahrnehmung der Arbeit des Kulturbetriebs durch die Politik bzw. offenkundige

politische Unterstützung und Wertschätzung; somit auch das Ausbleiben von öffentli-

chen Diskussionen über Existenzberechtigung des Kulturbetriebs.661

654 Ebenda, 08-56, -184; 12-132; 17-124, -130; 20-140, -157. 655 Ebenda, 11-22. 656 Ebenda, 01-120; 03-146; 12-40. 657 Ebenda, 01-154; 02-190; 04-194; 05-130; 07-110; 08-202; 09-207; 12-132; 15-180; 16-52; 18-130; 19-

320; 20-236. 658 Ebenda, 07-96; 09-210; 12-132; 18-136, -174. 659 Ebenda, 05-130; 12-136; 16-52; 17-176; 18-130. 660 Ebenda, 09-210; 12-132. 661 Ebenda, 12-58; 20-49.

Page 223: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 209

• Einladung von hochqualitativen bis hin zu international beachteten Spitzenkünstlern

als Gäste; bei Gastdirigenten werden auch die Ensembles qualitativ weiterentwi-

ckelt.662

• Prominenter Konzertsaal bzw. Theatergebäude samt Architektur, Geschichte und

Akustik bewirkt Anziehungskraft für Spitzenkünstler und Publikum.663

• Bereits vorhandener hoher Qualitätsstandard und Bekanntheitsgrad der Ensembles

kann verstärkende Tendenzen auslösen, da hohe Attraktivität bei freien Stellen

gegeben.664

• Ausreichender Planungsvorlauf und Zeitkapazitäten während der Projekte, um

künstlerische Ideen reifen zu lassen, bevor sie zur Aufführung gelangen.665

• Präsenz und Teilnahme an renommierten Festivals und Gastspiele an bedeutenden

Orten und Bühnen.666

• Strategische Schwerpunktsetzung bei der inhaltlichen Planung und Budgeteintei-

lung.667

• Vorhandensein der notwendigen finanziellen Ressourcen für künstlerische

Entfaltung.668

• Gutes Klima und Zufriedenheit innerhalb der Ensembles befördert künstlerische

Qualität.669

• Konstruktiver Probenprozess mit angemessenem Umgangsstil.

Dagegen haben den künstlerischen Erfolg geschmälert:

• Relativ niedriges Gehaltsniveau in den Ensembles bzw. Kategorisierung des

Orchesters unterhalb der A-Gruppe gemäß TVK wirkt stigmatisierend und erschwert

künstlerische Weiterentwicklung bis hin zur Abwanderung von qualifizierten Künst-

lern.670

• Altersbedingte unausweichliche physiologische Ermüdungen bei Musikern

beeinträchtigen das klangliche Spielergebnis.671

• TVK lässt Kündigung bei nachlassender künstlerischer Leistung faktisch nicht zu.672

662 Ebenda, 01-92, -154; 02-152; 03-164; 04-194; 09-207 ff.; 18-76, -170 ff. 663 Ebenda, 02-152. 664 Ebenda, 01-92, -154; 02-152; 04-194; 09-207. 665 Ebenda, 09-204. 666 Ebenda, 02-166. 667 Ebenda, 01-92; 06-46; 09-210; 18-76. 668 Ebenda, 12-114; 20-162. 669 Ebenda, 11-122. 670 Ebenda, 03-164; 11-82. 671 Ebenda, 09-98. 672 Ebenda, 16-134.

Page 224: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

210 9. Auswertung der übrigen Variablen

• Im TVK vorgeschriebene Ruhezeiten und Diensthäufigkeiten erschweren Tourneepla-

nung und ggf. das künstlerische Ergebnis, da z. B. reguläre Proben nach Reisezeiten

am selben Tag vor dem abendlichen Konzert nicht zulässig sind.673

• Anordnung hoher lokaler Bindung durch Träger oder Aufsichtsrat, wodurch für

Reputationssteigerung förderliche Gastspiele nur sehr eingeschränkt möglich sind.674

• Niedrige künstlerische Budgets für Projekte und Gäste, ggf. noch vermindert durch

Zuwendungskürzungen bzw. -stagnationen oder Preissteigerungen, restringieren

künstlerische Vorhaben und Vielfalt bis hin zum substanziellen Abbau des gewohnten

Programmangebots und zur Verkleinerung der Ensembles.675

• Konventionellere Inszenierungen und Spielplanungen erhöhten zwar die Auslastung,

jedoch blieben einige Kulturjournalisten fern bzw. führten zu negativen Rezensionen,

was die überregionale Ausstrahlung und den Ruf in der Fachwelt beeinträchtigte.676

• Negative Rezensionen in den Medien können die künstlerische und wirtschaftliche

Konsolidierung eines Kulturbetriebs erschweren.677

• Skandalpremieren und mehrfache kurzfristige Wechsel von Intendanten und

Generalmusikdirektoren, teils mit längeren Vakanzen, erzeugen einen Unruhezustand

oder sogar eine Krisensituation und senken den Publikumszuspruch.678

• Begrenzte räumliche Kapazitäten für Aufführungen (Bühne, Graben etc.) schränken

das realisierbare Repertoire ein.679

• Intendanz, welche Potenziale ihres Opernorchesters als eigenständigen konzertanten

Klangkörper bzw. ausstrahlende Marke nicht ausreizt.680

• Künstlerische und/oder persönliche Disharmonien zwischen Personen der Leitungs-

ebene führten zum Ausscheiden eines angesehenen Künstlers.681

• Nicht oder zu spät gegebene Planungssicherheit verhindert oder verteuert das

Engagement von langfristig gefragten Gastkünstlern.682

673 Ebenda, 20-226. 674 Ebenda, 06-102 ff. 675 Ebenda, 03-198; 06-44, -56; 11-42; 13-120; 16-50, -56; 19-282. 676 Ebenda, 08-202; 12-132. 677 Ebenda, 09-204; 09-196; 12-136. 678 Ebenda, 06-28; 08-134, -204. 679 Ebenda, 17-174. 680 Ebenda, 18-203. 681 Ebenda, 08-204. 682 Ebenda, 06-48.

Page 225: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 211

Neben diesen Determinanten wird auch mehrfach die Erfahrung betont, dass der

künstlerische Erfolg und die Reaktion des Publikums unberechenbar seien und nicht

forciert werden könnten:683

„Diese Kommune ist keine Theaterstadt. [...] Alle [Kollegen, Anm. d. Verf.] sagen, es ist viel

zu groß dein Angebot, was du hier machst, die Leute kommen nicht. Und wir werden es ja jetzt

sehen. [...] Ich sage, wenn wir es [ein Erfolgsrezept, Anm. d. Verf.] wüssten, dann wäre die

Hütte voll. Und ich mache ja jetzt nicht das erste Theater. Ich war bereits in drei Städten

Intendant und hier, also da – immer hat man wieder dieselben Probleme gehabt. Und es gab

Aufführungen, von denen wir gedacht haben, sie seien ein Flop und es war nachher der

Bombenerfolg und umgekehrt, ja. Es ist nicht vorauszusehen. Das beste Beispiel ist [...] eine

Inszenierung, die 1995 rauskam [...] Alle dachten: Es wird der Flop. [...] Jetzt haben wir 2008,

[diese Inszenierung, Anm. d. Verf.] läuft immer noch im 13. Jahr [...] und das Ding gastiert

immer noch weltweit. Das ist schon beachtlich so was, ja. Damals dachte man, es wird ein

Misserfolg.“684

9.7 Abhängige Variable Wirtschaftlicher Erfolg

Positiv hat sich auf den wirtschaftlichen Erfolg ausgewirkt:

• Leistungsvorgaben des Trägers, z. B. Auslastungsgrad und Einnahme-Soll.685

• Prominenter Konzertsaal bzw. Theatergebäude wirkt wie eine eigene Marke und ist

zusätzliche Motivation bzw. Auslöser für den Besuch einer Aufführung.686

• Die Ankündigung des Ausscheidens des GMDs erhöhte schlagartig die Auslastung in

der verbleibenden Zeit.687

• Temporäre oder dauerhafte Nicht-Besetzung von Plan-Stellen bis hin zu strukturellem

Personalabbau und Ensemblefusionen oder -schließungen.688

• Erkennen und Realisieren von günstigen Einkaufs- und Vertragskonditionen, etwa

durch Kostenanalyse, Markterkundungen und Kostensensibilisierung der Mitarbei-

ter.689

• Abschluss von Haustarifverträgen mit Gehaltsabsenkungen.690

• Softwaresysteme und Berichte, welche Aufschluss über Wirtschaftlichkeit und

Sparsamkeit geben können.691

683 Ebenda, 08-194 ff.; 12-132. 684 Interview 08-198. 685 Vgl. Interview 14-124. 686 Ebenda, 02-152. 687 Ebenda, 08-196. 688 Ebenda, 13-128; 15-126, -182; 19-286; 20-193. 689 Ebenda, 06-66; 09-128; 14-267; 16-140. 690 Ebenda, 16-24, -48 ff. 691 Ebenda, 14-267.

Page 226: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

212 9. Auswertung der übrigen Variablen

• Trotz Sparzwängen die Bemühung, langfristig vorteilhafte Investitionen zu tätigen.692

• Steigerung der Kompetenzen und der Machtposition der kaufmännisch Verantwortli-

chen.693

Dagegen haben den wirtschaftlichen Erfolg geschmälert:

• Relativ niedrige Sitzplatzkapazität im Hauptsaal, welche gelegentlich niedriger ist als

Kartennachfrage.694

• Anordnung einer überdurchschnittlich hohen lokalen Aufführungsquote durch den

Träger oder Aufsichtsrat, wodurch die Einnahmequelle der Gastspiele trotz entspre-

chender Empfehlung des Wirtschaftsprüfers nur rudimentär abgeschöpft wird.695

• Art der Zuwendungsfinanzierung und Umgang des Trägers mit Rücklagen. So löst

etwa eine Fehlbedarfsfinanzierung oder vom Träger beschlossene Rücklagenauflösung

den Anreiz aus, künftig keine Rücklagen aufzubauen bzw. Überschüsse zu erwirtschaf-

ten.696

• Zeitpunkt und Verlauf der West-Angleichung der Tarife in Ostdeutschland.697

Weitere Determinanten des wirtschaftlichen Erfolgs werden nachfolgend angeführt. Ihre

konkrete Ausprägung kann positiv oder negativ sein und schwankt innerhalb der

Stichprobe:

• Intertemporale Zuwendungsentwicklung, insbesondere im Verhältnis zur Tarif- und

Kostenentwicklung bzw. zur Deckungslücke des operativen Ergebnisses (Aufwendun-

gen abzüglich selbst erwirtschafteter Erträge). Dies steht auch in Zusammenhang mit

der wirtschaftlichen Situation des Trägers.698

• Tarif- und Gagenentwicklung beim Personal bzw. bei den Gästen.699

• Unvorhergesehene längere Krankheitsausfälle, Mutterschaftsurlaube, Elternzeit etc.700

• Preisentwicklung beim Sachaufwand: Gebäudebewirtschaftung, Rohstoffe,

Materialien, Anmietung von Räumen/Sälen (somit auch räumliche Grundausstattung)

etc.701

692 Ebenda, 13-68. 693 Ebenda, 03-194 ff. 694 Ebenda, 01-92, -136; 18-76. 695 Ebenda, 06-102 ff. 696 Ebenda, 01-152; 03-68; 12-130; 20-81, -176. 697 Ebenda, 06-42. 698 Ebenda, 01-152; 02-88; 03-70, -160; 04-190; 10-183; 13-128; 14-182; 15-182; 16-24, -48 ff.; 19-286. 699 Ebenda, 01-152; 10-183; 15-182; 16-134; 17-162. 700 Ebenda, 16-56; 17-124. 701 Ebenda, 06-56; 09-178; 10-183; 18-052; 19-298; 20-91, -138.

Page 227: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 213

• gegenwärtiger Sicherheits- und Verschleißzustand, künftige Abnutzungserscheinungen

und technologischer Stand sämtlicher Anlagen bedingen Ersatzinvestitionsbedarf und

ggf. Baumaßnahmen; währenddessen evtl. schließungsbedingter Einnahmeausfall.702

• Einnahmen aus Kartenverkauf, diese wiederum in Abhängigkeit von angebotener

Anzahl an Aufführungen bzw. Plätzen und Kartenpreisen, Nachfrage, Zahlungsbereit-

schaft und Kaufkraft des Publikums.703

• Einnahmen aus Gastspielen, Vermietungen, sonstigen kommerziellen Tätigkeiten

(Mengen und Preise).704

• Verhältnis von Abonnementplätzen zu frei verfügbaren Plätzen sowie deren

Preisrelation; beides wiederum in Abhängigkeit von der Nachfrage des Publikums.705

• Umfang und Art der Rabattgewährung und von Sonderkonzerten (Kinderkonzerte

etc.).706

• Entwicklung von mäzenatischer Förderung und Sponsoring.707

• Effizienz auf der Mengenebene: Saalauslastung, Aufführungsdisposition (Wiederholra-

te von Programmen, En suite vs. Repertoirebetrieb vs. Mischformen etc.), Proben- und

Personaldisposition, Dienstauslastung in den Ensembles, Aushilfenintensität etc.708

• Umstrukturierungen in der Betriebsorganisation, Outsourcing, Betriebsgesellschaften

etc.709

9.8 Interdependenzen der Erfolgsvariablen

Die beiden abhängigen Variablen sind stark interdependent. Die Auswirkungen des

wirtschaftlichen Erfolgs auf den künstlerischen Erfolg leuchten unmittelbar durch die

gewachsenen budgetären Möglichkeiten ein, welche mehr Freiheiten für die künstlerische

Entfaltung und aufwändigere Produktionen zulassen; hierbei ist insbesondere die

Einnahmeseite zu nennen, welche u. U. leichter als die Ausgabenseite zu steuern ist. Die

verbesserte Realisation des Formalziels (bzw. die Lockerung der Restriktionen) erlaubt

somit einen höheren Zielerreichungsgrad der Sachziele.

702 Ebenda, 01-152; 08-36; 14-24 ff.; 17-48; 19-92. 703 Ebenda, 03-180; 04-206; 08-38, -130, -196; 10-177, -183; 13-132; 14-172 ff.; 19-302; 20-226. 704 Ebenda, 03-180; 04-206; 08-38, -130, -196; 10-177, -183; 13-132; 14-172 ff.; 19-302; 20-226. 705 Ebenda, 02-146, -178; 10-177; 12-58, -132; 17-174; 18-170. 706 Ebenda, 17-104; 20-138. 707 Ebenda, 03-180; 10-183 ff.; 15-182. 708 Ebenda, 01-78, -154; 02-18, -146; 04-198; 05-100; 10-171; 16-134 ff.; 18-168, -217. 709 Ebenda, 03-194.

Page 228: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

214 9. Auswertung der übrigen Variablen

In umgekehrter Richtung beeinflusst jedoch auch der künstlerische Erfolg den

wirtschaftlichen Erfolg:

• Die Spielplanung determiniert maximale Eintrittserlöse und Unterbudgets der

Produktionsaufwendungen.710

• Berücksichtigung des Publikumsgeschmacks, z. B. im Rahmen eines „durchmischten“

Spielplans mit bekannten und experimentellen Programmanteilen führt zum Aufbau

von Basisvertrauen und stetiger Nachfrage beim Publikum, dieses wiederum zu

sicheren (Abonnement-)Einnahmen und wirtschaftlicher Stabilität.711

• Produktionskooperationen bewirken eine Aufwandsreduktion.712

• Künstlerische Erfolge stärken die politische Unterstützung, was sich mittelfristig in

wirtschaftlicher Stabilität niederschlagen kann.713

• Die unangefochtene künstlerische Position als Theater bzw. Orchester der nationalen

oder internationalen Spitze führt zu anhaltender Publikumsnachfrage und stetigen

Einnahmen.714

• Langfristig steigende künstlerische Qualität und renommierte Gastkünstler wirken sich

positiv auf eine steigende Auslastung und Zahlungsbereitschaften aus.715

• Der Bekanntheitsgrad eines neuen GMDs hat die Tourneeangebote für ein Orchester erhöht.716

• In einem Kulturbetrieb führt das vorherrschende sehr hohe künstlerische Renommee

dazu, dass an Gäste niedrigere Gagen als marktüblich gezahlt werden können.717

• Der Einsatz bekannter Gäste und Solisten bedeutet einerseits höhere Kosten,

andererseits auch höhere Erlöse. Das mittelfristige Resultat für den Gesamtbetrieb

kann nicht eindeutig bestimmt werden. Kurzfristig entsteht im Regelfall zunächst ein

negativer Deckungsbeitrag.718

• Aufführungen oder Gäste mit lokalem oder regionalem Bezug lösen eine hohe

Publikumsidentifikation aus, welche infolgedessen die Wertschätzung des Kulturbe-

triebs steigen lässt und zu guter Auslastung führt.719

• Unvorhergesehene Kostensteigerungen oder unzutreffende Planwerte in der

künstlerischen Produktion schlagen sich ggf. in Mehraufwendungen nieder.720

710 Ebenda, 07-96. 711 Ebenda, 08-202; 12-58, -136, -142. 712 Ebenda, 07-110. 713 Ebenda, 05-130; 20-232. 714 Ebenda, 02-152. 715 Ebenda, 01-154. 716 Ebenda, 20-193. 717 Ebenda, 02-152. 718 Ebenda, 01-92, -154; 02-152; 04-194; 09-207. 719 Ebenda, 09-210; 12-132. 720 Ebenda, 17-128.

Page 229: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 215

Die Befunde werden zusammenfassend in Abb. 16 unter Berücksichtigung der

Rahmenbedingungen und NPM-Einflüsse in Anlehnung an das Variablenmodell (vgl. Kap.

1.6) abstrahiert dargestellt. Die mit den Pfeilen gekennzeichneten Wirkungsbeziehungen

können je nach konkreter Ausprägung der Einflussgröße einen begünstigenden oder

beeinträchtigenden Faktor abbilden. Die Zusammenhänge wurden aus den empirischen

Daten abgeleitet. Da diesbezüglich nicht systematisch erhoben wurde, kann weder über die

Intensität der Korrelationen und die Streuungsmaße eine Aussage getroffen, noch ein

Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. Dennoch wird ersichtlich, dass der

künstlerische und der wirtschaftliche Erfolg in einem interdependenten Zirkelbezug

zueinander stehen, symbolisiert durch den Rundpfeil in der Abbildungsmitte: der

wirtschaftliche Erfolg determiniert die künstlerischen Budgets, was wiederum den

künstlerischen Erfolg beeinflusst; letzterer führt im positiven Fall zum Aufbau von

Reputation, erhöht die Zahlungsbereitschaft und damit die erzielbaren Preise, hebt die

Auslastung und steigert den wirtschaftlichen Erfolg, was wiederum Spielräume bei der

künstlerischen Planung in Folgejahren verschafft. Somit kann es im Zeitverlauf zu

spiralartigen Entwicklungsketten kommen, bei denen sich wirtschaftlicher und

künstlerischer Erfolg gegenseitig stärken (expansive Erfolgswirkung) oder im negativen

Fall auch schwächen (restriktive Erfolgswirkung). Die Beobachtung und soweit möglich

Steuerung dieser Entwicklungszusammenhänge, etwa durch die Spielplanung, ist gemäß

der Erhebung ein fruchtbares Betätigungsfeld für das Management. Der Einfluss der

unabhängigen NPM-Variablen hingegen ist begrenzt und indirekter Natur. Ferner wird

erkennbar, dass die Spielplanung und die Disposition zwei zentrale Erfolgsgrößen des

Theaterbetriebs sind, und dass eine Reihe von Rahmenbedingungen harte Restriktionen

setzen:

Page 230: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Abb

. 16:

Übe

rsic

ht d

er in

terd

epen

dent

en W

irku

ngsz

usam

men

häng

e im

Kul

turb

etri

eb g

emäß

em

piri

sche

r E

rheb

ung

Que

lle: E

igen

e D

arst

ellu

ng, S

yste

mat

ik in

Anl

ehnu

ng a

n da

s V

aria

blen

mod

ell,

vgl.

Kap

. 1.6

, Erl

äute

rung

en s

iehe

vor

heri

ge S

eite

.

216 9. Auswertung der übrigen Variablen

Rah

men

bedi

ngun

gen

Kün

stle

risc

her

Erf

olg

Wir

tsch

aftl

iche

r E

rfol

g

NP

M-E

infl

üsse

Pla

nung

ssic

herh

eit

Eng

agem

ent v

on g

uten

Gas

tkün

stle

rn,

Ein

nahm

en a

us K

arte

nver

kauf

Dis

posi

tion

von

Per

sona

l und

Spi

elbe

trie

b

Pre

isst

rukt

uren

Ein

nahm

en a

us M

äzen

aten

tum

und

Spo

nsor

ing

Pub

liku

msn

achf

rage

Kau

fkra

ft

Wir

tsch

aftl

iche

Kon

junk

turl

age

Ein

nahm

en a

us G

asts

piel

en

Ein

nahm

en a

us V

erm

ietu

ng u

nd k

omm

erzi

elle

n T

ätig

keit

en

Max

imal

es P

latz

ange

bot

Kar

tena

ngeb

ot g

emäß

Spi

elpl

an

Qua

ntit

ät u

nd Q

uali

fika

tion

all

er M

itar

beit

er

Spar

sam

keit

(Ein

kauf

etc

.)

Adä

quat

e In

form

atio

nsgr

undl

agen

Zah

lung

sber

eits

chaf

t

Infl

atio

n/T

arif

absc

hlüs

se

Inte

rtem

pora

le Z

usch

usse

ntw

ickl

ung

Vor

gabe

n vo

n T

räge

r/A

ufsi

chts

grem

ien

Rep

utat

ion/

Pro

min

enz

Spi

elpl

anun

g

Pol

itis

che

Unt

erst

ützu

ng

Qua

litä

t der

Auf

führ

unge

n

Qua

litä

t der

Ens

embl

es, G

MD

etc

.

Um

fang

kün

stle

risc

he B

udge

ts

Dec

kung

sbei

träg

e de

r P

rodu

ktio

nen

Gut

es M

anag

emen

t T

arif

lich

e R

estr

ikti

onen

Pro

filb

ilde

nde

Iden

titä

t

Mar

keti

ng/P

R

Rea

lisi

erun

g am

biti

onie

r-

ter

Pro

dukt

ione

n et

c.

Page 231: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 217

9.9 Exkurs: Kulturbetriebsspezifische Entscheidungskriterien

Im nachfolgenden Abschnitt wird der Versuch unternommen, adäquate Entscheidungs-

regeln für den Kulturbetrieb und ein Verfahren zu deren Anwendung zu entwerfen. Damit

ist zugleich die Intention verbunden, ein führungsunterstützendes Controllinginstrument

als rationalitätssteigernde Alternative zur mikropolitisch geprägten Entscheidungsfindung

zwischen künstlerischer und wirtschaftlicher Rationalität zu entwickeln. Die Besonderhei-

ten des Kulturbetriebs und der Kontext zum öffentlichen Auftrag werden berücksichtigt.

Zudem wird versucht, den von einigen Gesprächspartnern geäußerten Einwand der Nicht-

Anwendbarkeit der Deckungsbeitrags-Rechnung im Kulturbetrieb wegen negativer DB I-

Werte zu entkräften.

9.9.1 Entscheidungssituation

Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Spielplanung. Sie ist eine Entscheidungssituation,

in der aus einer Vielzahl von künstlerischen Projektideen bzw. Repertoirewerken eine

Kombination ausgewählt wird, die einerseits ein zu maximierendes künstlerisches Ergebnis

verfolgt (Sachziel) und dabei andererseits die wirtschaftlichen Restriktionen einhalten

muss (Formalziel).721 Dies scheint durchaus ein realistisches Szenario zu sein, wie ein

Interviewpartner belegt:

„Ich gehe von dem Maximalprinzip aus. [...] Ich bekomme einen bestimmten Etat und meine

Aufgabe ist, aus diesem Etat möglichst viel Theater zu machen.“722

Zur Verdeutlichung wird ein fiktives Beispiel konstruiert: Ein Opernhaus befindet sich in

der Endphase der Spielplanung der kommenden Spielzeit. Die Neuproduktionen und die

Wiederaufnahmen sind bereits ausgewählt und disponiert. Um die Output-Vorgaben des

Trägers zu erfüllen, sind in der Spielplanung noch 20 weitere Aufführungen anzusetzen.

Hierfür kommt der Bestand an Repertoireinszenierungen in Frage, der ohne besonderen

materiellen und personellen Aufwand (keine Sonderproben, vorhandene Bühnenbilder und

Kostüme etc.) realisiert werden kann.

721 Vgl. hierzu auch empirischen Befund bei Stein (1982), S. 39-44, 104: Bei einer Vollerhebung unter den

westdeutschen Theatern wurde von den Vertretern der Theater angegeben, dass das Sachziel in der bestmöglichen Erfüllung einer künstlerischen/kulturellen Aufgabe bestehe (= Optimierungsaufgabe), bzw. das Formalziel mehrheitlich in der Einhaltung der Plan-Ansätze (= Restriktion). Letztere dominieren mehrheitlich das Planungsverfahren. Vgl. auch Eichhorn (1994), S. 240; Vakianis (2006), S. 81 f.

722 Interview 16-68.

Page 232: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

218 9. Auswertung der übrigen Variablen

9.9.2 Schritt 1: Künstlerische Bewertung (Sachzielebene)

Um das Sachziel maximieren zu können, ist es zunächst notwendig, für jede in Frage

kommende Entscheidungsalternative einen Wert über den Grad der Sachzielerreichung

festzulegen. Diese künstlerische Bewertung kann individuell operationalisiert werden, etwa

durch gewichtete Teilfaktoren (Grad der Innovativität, Publikumszuspruch, Repertoirebe-

reicherung, überregionale Ausstrahlung, Motivation für Ausführende, künstlerische

Profilierung etc.).

Der Intendant und die Operndirektorin haben sich schon vor längerer Zeit auf die

drei Kriterien „Programmvielfalt der laufenden Spielzeit“, „Beliebheit beim Publikum“

und „strategische Profilierung als Bühne für moderne Oper“ entschieden, welche mit

50%, 30% und 20% gewichtet werden. Aus dem Repertoire kommen fünf Inszenierungen in

Frage, die ad hoc aufgeführt werden können. Diese werden nun im Kontext der

Gesamtspielplanung auf einer Skala von 0 bis 10 Punkten in Bezug auf die Sachzielerrei-

chung bewertet (Tab. 28):

Sachzielerreichung G. F. Händel:

Aggripina

G. Rossini:

Barbier von Sevilla

W. A. Mozart:

Zauberflöte

Alban Berg:

Lulu

Péter Eötvös:

Drei Schwestern

Krit. 1: Programm-

vielfalt (50%) 7 4 3 7 8

Krit. 2: Beliebtheit

beim Publikum (30%) 7 9 10 5 6

Krit. 3: Profilierung für

moderne Oper (20%) 0 0 0 8 10

SUMME (gewichtet) 5,6 4,7 4,5 6,6 7,8

Tab. 28: Operationalisierung und Bewertung der Sachzielerreichung pro Aufführung

Quelle: Eigene Darstellung.

9.9.3 Schritt 2: Wirtschaftliche Bewertung (Formalzielebene)

Zunächst ist zu bestimmen, welche Kennzahl für das Formalziel verwendet werden soll.

Da die meisten Kulturbetriebe über Flexibilität in Form gegenseitiger Deckungsfähigkeit

von Aufwandspositionen sowie der Kompensation von Mehr-/Minderausgaben durch

ebensolche Mehr-/Mindereinnahmen verfügen, wird an dieser Stelle der DB I als

Formalziel gewählt. Für die konkrete Entscheidungssituation ist ein Anspruchswert zu

ermitteln, der erreicht werden muss (Restriktion auf Formalzielebene), damit das geplante

Betriebsergebnis realisierbar ist.

Page 233: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 219

In dem Beispiel sei die Rahmenbedingung gegeben, dass die Spielzeit mit einem

Betriebsergebnis von 0 € geplant wurde. Unter Berücksichtigung der bereits abgeschlos-

senen Teilplanung wird der Jahresplanwert der Erlöse noch um 250 T€ verfehlt; ferner

stehen in den Budgets für die variablen Kosten noch 120 T€ zur Verfügung. Das bedeutet,

dass von den 20 noch anzusetzenden Aufführungen wenigstens ein DB I von 130 T€

erwirtschaftet werden muss, um das vorgesehene Jahresergebnis von 0 € zu erreichen. Mit

welchen Anteilen von Erlösen und variablen Kosten sich der DB I ergibt, spielt aufgrund

der Deckungsfähigkeit eine untergeordnete Rolle.723 Die Nebenbedingung ist eindeutig und

zugleich für die weitere Planung flexibel formuliert: NB: DB I 130 T€.

Als nächstes sind die Ausprägungen der Entscheidungsalternativen hinsichtlich des

Formalziels zu errechnen (Tab. 29):

Formalzielerreichung G. F.

Händel:

Aggripina

G. Rossini:

Barbier von

Sevilla

W. A.

Mozart:

Zauberflöte

Alban

Berg:

Lulu

P. Eötvös:

Drei

Schwestern

Erlöse (geschätzt anhand Vorperiode) 21.000 € 31.500 € 35.000 € 12.500 € 14.000 €

Variable Kosten (Gagen,

Aushilfen, Noten- und Instrumentenleihe,

Aufführungsrechte, Transporte etc.)

10.000 € 14.000 € 16.000 € 18.000 € 16.000 €

DB I = Erlöse - variable Kosten 11.000 € 17.500 € 19.000 € -5.500 € -2.000 €

Tab. 29: Operationalisierung und Bewertung der Formalzielerreichung pro Aufführung

Quelle: Eigene Darstellung.

Die variablen Kosten wurden hier aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht weiter

differenziert. In der Praxis werden die Unterpositionen einzeln kalkuliert werden müssen.

Dies bietet zudem den Vorteil, dass nach Entscheidungsfindung die Anpassung der

Jahresbudgets für die ggf. betroffenen Abteilungen (Bühnenbild, Kostüme, Gäste etc.)

abgeleitet werden kann. Gleichzeitig herrscht während des Planungsprozesses eine

Flexibilität bezüglich der Budgethöhe, da sich die Entscheidungsfindung am Deckungsbei-

trag orientiert, somit die Einnahmeerwartung mit der Kostenplanung korrespondiert, was

die Abteilungsbudgets erhöhen oder auch vermindern kann.

Einige Interviewpartner haben die Planbarkeit von Kartenerlösen als unrealistisch

bezeichnet. Für diesen Fall bieten sich zwei Alternativen an:

1. Erlöse werden mit den ganzjahresbezogenen durchschnittlichen Saalauslastungen

der Vergangenheit einberechnet. Dabei können die Kartenpreiskategorien und

grobe Tendenzen der einzelnen Produktionen noch immer berücksichtigt werden.

723 Jedoch bedarf es der Lokalisierung der künstlerischen Budgets bzw. Erlöse im Wirtschafts- bzw.

Page 234: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

220 9. Auswertung der übrigen Variablen

2. Es werden lediglich die variablen Kosten der Produktionen als Formalziel berück-

sichtigt. Der Zielwert wäre dann kein Deckungsbeitrag, sondern die Summe aller

künstlerischen Budgets, die nicht überschritten werden darf.

Unabhängig von der Wahl der Variante ist die schwierige Verzahnung zwischen

künstlerischer Planung und Wirtschaftsplanung gewährleistet.

Im Beispiel wird an Deckungsbeiträgen festgehalten, weil diese die Durchlässigkeit

von Erlösen und variablen Kosten erlauben und somit zu einem größeren Entscheidungs-

spielraum verhilft.

9.9.4 Schritt 3: Entscheidungsfindung

Nun ist das Sachziel zu maximieren unter der Nebenbedingung, dass das Formalziel ein zu

erreichendes Anspruchsniveau einhält. Diese Vorgehensweise kann wie folgt zusammen-

gefasst werden:

(Max! Sachziel, NB: Formalziel bzw. Zielwert in Kongruenz mit Wirtschaftsplan)

bzw. konkret im Beispiel:

(Max! Künstlerischer Output, NB: DB I 130 T€).

Übersicht der ermittelten Werte für das Sach- und Formziel (Tab. 30):

Relation von Sach- und Formalziel

G. F.

Händel:

Aggripina

G. Rossini:

Barbier von

Sevilla

W. A.

Mozart:

Zauberflöte

Alban

Berg:

Lulu

Péter Eötvös:

Drei

Schwestern

Sachziel (Künstl. Output) 5,6 4,7 4,5 6,6 7,8

Formalziel (DB I) 11.000 € 17.500 € 19.000 € -5.500 € -2.000 €

Tab. 30: Übersicht über Sach- und Formalzielerreichung für die Entscheidungsalternativen

Quelle: Eigene Darstellung.

Folgende Kombinationen sind beispielsweise realisierbar (Tab. 31):

Variante Händel:

Aggripina

Rossini:

Barbier

Mozart:

Zauberflöte

Berg:

Lulu

Eötvös: Drei

Schwestern

Künstl.

Output

DB I

SZ 0 0 0 0 20 156,0 -40,0 T€

A 2 2 5 0 11 128,9 130,0 T€

B 4 4 4 4 4 116,8 160,0 T€

C 4 4 5 2 5 115,9 188,0 T€

D 2 8 8 1 1 99,2 306,5 T€

FZ 0 0 20 0 0 90,0 380,0 T€

Tab. 31: Sechs Allokationsbeispiele mit den jeweiligen Zielerreichungen

Quelle: Eigene Darstellung.

Haushaltsplan, somit einer belastbaren Verzahnung von externem und internem Rechnungswesen.

Page 235: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 221

Variante SZ maximiert das Sachziel ohne die erforderliche Beachtung von Restriktionen

und dient lediglich der Anschauung. Variante A ist das Ergebnis der Sachzielmaximierung

unter Einhaltung der Restriktion. Sie stellt das theoretisch optimale Ergebnis dar, unter

der Prämisse der Sachzieldominanz. Dabei wird ersichtlich, dass Entscheidungsalternati-

ven dominieren können, z. B. übervorteilt Eötvös grundsätzlich die Alternative Berg

(höherer Sachzielwert bei gleichzeitig höherem DB-Wert). Konsequenterweise ist die

unterlegene Altervative, Berg, nicht im optimalen Set enthalten; die überlegene Alternative

jedoch so häufig, dass die Programmgestaltung monoton werden und die Einnahme- und

Auslastungsziele verfehlt werden könnten. Daher ist es legitim und geboten, händische

Anpassungen vorzunehmen. Alternative B stellt die Gleichverteilung der Inszenierungen

dar. Variante C ist eine Mischung aus A und B, bei welcher der minimale Verlust von 0,9

Sachzielpunkten jedoch zu einem um 28 T€ höheren Deckungsbeitrag führt. Die Variante

D stellt den Fall dar, dass deutlich höhere Anforderungen an den DB I-Anspruchswert

gestellt werden, z. B. wegen einer angespannten finanziellen Situation. Variante FZ

hingegen ist der entgegengesetzte Extremfall zur Variante SZ, welche eine Formalzielma-

ximierung (DB I) ohne Berücksichtigung der Sachziele vorsieht.

Das dargestellte Verfahren könnte eine unterstützende und begleitende Funktion

ausüben. Es wird nicht intendiert, mit Algorithmen eine vollumfängliche Spielplangestal-

tung automatisiert durchführen zu lassen. Jedoch bewirken die Operationalisierungen, dass

Zielkongruenzen bzw. Zielkonflikte der Entscheidungsalternativen in Bezug auf Sach- und

Formalziel transparent und quantifizierbar werden.

Die endgültige Entscheidung kann nun auf Basis der vorliegenden Tabelle bestimmt

werden: Die Extremvarianten SZ und FZ sind nicht konform mit den aufgestellten

Entscheidungsregeln und dürften auf einer Bühne, die im Stagione-Betrieb bespielt wird,

auch nicht wünschenswert sein. Damit bewegt sich die Sachzielerreichung zwischen den

dicht beeinander liegenden Werten von 128,9 und 99,2. Variante A stellt das Optimum

gemäß der Entscheidungsregeln dar, ist vermutlich jedoch nicht empfehlenswert, da eine

hohe Konzentration bei einer Oper mit den bereits benannten Risiken vorliegt. Variante B

wird von C angesichts des nahezu identischen Sachzielwerts dominiert. Variante D fällt

stark beim Sachzielwert ab, so dass sie nur in finanziellen Ausnahmesituationen

herangezogen werden muss. Es spricht daher viel für Variante C, welche eine gute

Durchmischung des Spielplans bei hohem Sachzielwert und überplanmäßigem

Deckungsbeitrag gewährt. Der dabei auftretende überschüssige DB I von 58 T€ kann für

künftige aufwändige Produktionen herangezogen werden.

Page 236: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

222 9. Auswertung der übrigen Variablen

9.9.5 Zusammenfassung und Interpretation

Folgende Merkmale des aufgezeigten Verfahrens lassen sich festhalten:

• Unterschiedliche Entscheidungsszenarien können abgebildet werden (Auswahl von

Neuproduktionen/Wiederaufnahmen/Repertoirebetrieb; Mengenvorgaben oder

Schwankungsbreiten; zusätzliche Restriktionen können eingefügt werden, z. B.

Maximalanzahl von Aufführungen einer Alternative).

• Bestimmung des Optimums ist programmierbar; bereits mit einfacher Tabellenkalkula-

tion lassen sich Alternativen enumerativ berechnen.

• Definition der Sach- und Formalziele ist offen und beinhaltet Spielräume zur

individuellen Anpassung; sie müssen lediglich operationalisiert werden. Als Formalzie-

le kommen außer dem DB I z. B. auch variable Kosten724, Mengen, Auslastungsgrade,

Berücksichtigung einmaliger Produktionskosten etc. in Frage.

• Voraussetzungen sind eine höhere Anzahl von Entscheidungsalternativen, als realisiert

werden müssen, und ein Mindestmaß an Detailinformationen und Planungsqualität. Bei

allen erforderlichen Schätzungen ist der Grad der Risikoneigung bewusst zu wählen -

eher konservativ - damit die Ergebnisse belastbar sind.

• Bei der vergleichenden Betrachtung und Entscheidungsfindung müssen technische,

logistische, absatz- und personalbezogene Interdependenzen bzw. Restriktionen für die

konkreten Alternativen zusätzlich beachtet werden. Auch hieraus resultiert die

Notwendigkeit der manuellen Nachsteuerung.

• Die im Kulturbetrieb nicht unüblichen negativen DB I-Werte von einzelnen

Entscheidungsalternativen werden adäquat abgebildet. Die Kombination mit

wirtschaftlich günstigeren Alternativen wird in der Entscheidungsfindung quantifiziert

berücksichtigt. Das entspricht dem in der Praxis verbreiteten Phänomen, dass populäre-

re Aufführungen mit hohen DB-Werten die weniger populären Projekte „quersubventi-

onieren“. Einzelne DB I-Werte und sogar die Summe der DB I-Werte dürfen negativ

sein, sofern die im Wirtschaftsplan geplanten Erträge und Aufwendungen dieses

aufgrund der anteiligen öffentlichen Bezuschussung erlauben. Ob die einzelnen Werte

des DB I oder die Gesamtsumme negativ oder positiv sind, spielt somit für die

Wirkungsentfaltung der Optimierung keine Rolle, zumal ein bestimmtes aggregiertes

724 Es könnte auch ein relativer Deckungsbeitrag im Sinne Riebels verwendet werden, bei welchem als

variable Kosten lediglich entscheidungsrelevante, ausgabewirksame, direkt zuordenbare Kosten angesetzt werden. Diese Vorgehensweise wäre auch mit einem kameralen Haushaltsplan einfach realisierbar, insbesondere bei der Bestimmung des zu erreichenden globalen Zielwerts des Formalziels in Kongruenz zum Wirtschaftsplan. Vgl. Riebel (1994); Schwarzmann (2000), S. 120-123.

Page 237: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

9. Auswertung der übrigen Variablen 223

Anspruchsniveau ausreicht, um die finanziellen Restriktionen bzw. Planungsvorgaben

zu erfüllen. Bereits eine Verringerung von negativen Deckungsbeiträgen oder die

Auswahl einer Kombination mit höherem künstlerischen Output bei konstanter Summe

des DB I würde eine effizientere Ressourcenallokation hervorrufen, welche mit

kulturpolitischen und künstlerischen Sachzielen vereinbar ist. Eben diese Optimierun-

gen, die auch der Zielsetzung des NPM entsprechen, möchte das aufgezeigte Verfahren

unterstützen - unter Berücksichtigung künstlerischer Aspekte.

• Sach- und Formalziele müssen nicht zwangsläufig im Zielkonflikt stehen.

• Es kann dominierende Entscheidungsalternativen geben (höhere Sachzielerreichung bei

identischem Formalzielniveau oder höheres Formalzielniveau bei identischer Sachziel-

erreichung, oder höhere Sachzielerreichung mit zugleich höherem Formalzielniveau).

Die Identifizierung dieser Alternativen trägt zur Transparenzgewinnung und Optimie-

rung bei.

• Eine Optimierung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten bei künstlerisch indifferenten

Entscheidungsalternativen (z. B. hier Variante C gegenüber B) kann notwendige

Freiräume für künstlerisch anspruchsvollere und aufwändigere Projekte schaffen,

indem zusätzliche Deckungsbeiträge realisiert werden.

• Das Gewicht des Formalziels in Relation zum Sachziel wird von der absoluten Höhe

des zu erreichenden Anspruchsniveaus vorgegeben (z. B. Variante D für einen

Kulturbetrieb, der einen DB I von mindestens 300 T€ benötigt). Die Höhe des

Anspruchswerts des Formalziels entspricht also den finanziellen Freiräumen bzw. dem

finanziellen Druck des jeweiligen Kulturbetriebs. Auf diese Weise wird eine effiziente

Allokation, auch bezüglich künstlerischer Ziele, erzeugt.

Auch wenn das Verfahren für eine direkte Umsetzung in der Praxis u. U. zu abstrakt

erscheint, so könnte aus den aufgezeigten Zielbeziehungen und Zusammenhängen eine

rationale Handlungsorientierung für die Entscheidungsträger im Kulturbetrieb

hervorgehen, die zumindet implizit oder punktuell berücksichtigt werden könnte.

Die Durchführung könnte durch eine Darstellung des Repertoires im zweidimensi-

onalen Koordinatensystem gestützt werden (Achse 1: Erfüllung des Sachziels, Achse 2:

Erfüllung des Formalziels)725. Ein portfolio-gestützter Ansatz würde damit auch die

Brücke zum strategischen Controlling bilden.

725 Vgl. Almstedt (1999), S. 233-242.

Page 238: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse 225

10 Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse

10.1 Hauptthese: Effizienzsteigerung durch NPM

Die Hauptthese muss für den Geltungsbereich der öffentlichen Kulturbetriebe und die

untersuchten Teilgebiete Einführung der Doppik, KLR, Controlling und Personalmanage-

ment mehrheitlich falsifiziert werden. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass die

genannten Instrumente zwar zu einem großen Teil zum Nutzen der Kulturbetriebe

eingesetzt werden, jedoch hierbei mehrheitlich nur unwesentliche Effizienzvorteile erreicht

wurden. Insbesondere die mittelbare Effizienzwirkung bei den Thesen 1 bis 4 (vgl. Tab.

15) konnte trotz mehrheitlicher Bestätigung der Thesen empirisch nicht belegt werden.

Somit ist die Eignung von NPM – gemäß dem Titel der Arbeit – mit Einschränkungen zu

bejahen, jedoch wird eine der wichtigsten Zielsetzungen des NPMs auf betrieblicher Ebene

bislang nur partiell (Personalentwicklung, eingeschränkt bei KLR und Controlling) erreicht

(vgl. Tab. 32).

Perspektivisch werden die größten Potenziale zur Effizienzsteigerung im Personal-

bereich gesehen, in dem zugleich die Umsetzungsdichte am niedrigsten ist (Führungsin-

strumente) bzw. die gegenwärtige Ausgestaltung, etwa bei der leistungsorientierten

Bezahlung gemäß § 18 TVöD, (noch) dysfunktional. Ferner ist festzustellen, dass die

Wirkungsentfaltung von NPM-Reformen von der Anwendung und Ausgestaltung der

Instrumente abhängt. Hierbei könnten noch Verbesserungen erzielt werden (vgl. Kap. 10.3).

Der Einfluss von NPM auf das künstlerische Ergebnis ist sehr niedrig.726 Die Ein-

führung der Doppik und die dadurch bedingte Neukonzeption des Rechnungswesens samt

haushaltsrechtlichen Veränderungen können zu einer entspannteren und sichereren

Realisierung von künstlerischen Produktionen führen, jedoch nicht zu einer Effizienzstei-

gerung.727

Der Einfluss von NPM auf das wirtschaftliche Ergebnis ist dagegen höher, aller-

dings ist auch dies eine indirekte Beziehung. Wie in der vorangegangenen Übersicht

dargestellt wurde, sind es insbesondere adäquate Informationsgrundlagen für interne

Steuerungsentscheidungen und die Qualifikation des Personals, welche sich bei

entsprechender Berücksichtigung positiv auf den Erfolg auswirken können, aber nicht

müssen.

Die Frage, wie groß eine evtl. vorhandene X-Ineffizienz in den Kulturbetrieben ist,

d. h. welches nicht realisierte Effizienzpotenzial überhaupt noch durch NPM oder andere

726 Ebenda, 01-88; 03-96; 19-190; 20-149. 727 Ebenda, 04-62.

Page 239: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

226 10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse

Management-Maßnahmen bei konstanten Rahmenbedingungen freigesetzt werden könnte,

vermag diese Studie nicht eindeutig zu beantworten. Folgende Indizien weisen allerdings

darauf hin, dass diesbezüglich Grenzen herrschen:

• Die Aufwendungen werden durch die zumeist tarifgebundenen Personalfixkosten (im

Theater durchschnittlich 74 %, davon ca. ¾ für das künstlerische Personal inklusive

den Ensembles und Klangkörpern, vgl. Tab. 34) determiniert.

• Erhebliche Grundkapazitäten an Personal, Dienstleistungen und Räumen müssen

vorgehalten werden, um den Spielbetrieb überhaupt beginnen zu können (sog.

Spielbereitschaftskosten oder Grundlast). Diese Kosten lassen sich ohne Leistungsein-

bußen kaum verringern.728

• Die frei zu bewirtschaftenden künstlerischen Budgets machen nur einen geringen

Anteil des Gesamthaushalts aus.

• Wegen der Nähe zur Kunst und dem engen terminlichen Raster des Spielplans wird

den Beschäftigten bereits ein hohes Maß an Motivation und Leistung zugesprochen.

• Tarifliche Restriktionen (z. B. Definition von Diensten samt Obergrenzen und Ruhe-

zeiten im TVK) erlauben es teilweise den Kulturbetrieben nicht, Personalkapazitäten

durch flexiblere oder zusätzliche Disposition einzusparen, was Leerkosten verursacht.

• Die Kostenentwicklung (Tarife, Preise) kann nur schwer beeinflusst werden; die Erlöse

unterliegen meist einer politisch motivierten, moderaten Preissetzung.

Wie in Kap. 2 dargelegt wurde, sind die Einspielquoten in den vergangenen 13 Jahren um

mehrere Prozentpunkte gestiegen. Fraglich ist, ob sich dieser Trend der Effizienzsteigerung

angesichts des Baumolschen Kostendilemmas weiter aufrecht erhalten lässt, zumal in die

betrachtete Periode eine Reihe von Sondereffekten fällt (Fusionen und Personalabbau nach

deutscher Wiedervereinigung, moderate tarifliche Entwicklung in 2003 ff.). Außerdem

müssten zur Bemessung der realen Effizienzsteigerung jene Einsparungen herausgerechnet

werden, z. B. durch Stellenabbau, bei denen gleichzeitig die Qualität gemindert wurde

(reduzierte Vielfalt und Abwechslung in Spielplanung, kleinere Besetzungen bei

Aufführungen etc.). Dies kann aus den Statistiken nicht verlässlich abgelesen werden.

Einschränkend bleibt festzuhalten, dass bei dieser Untersuchung die Mikro-Perspektive

des öffentlichen Betriebs im Vordergrund stand, und zudem nur drei betriebswirtschaftliche

Anwendungen des NPM überprüft wurden. Es kann daher von dem Ergebnis der Hauptthese

nicht verlässlich auf das Gesamt-Konzept des NPM geschlossen werden.

728 Vgl. Jacobshagen (2002), S. 8 f.

Page 240: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

227

These Inhalt Ergebnis Kurzübersicht des empirischen Befunds

1 Wirklichkeitsnähere Abbildung durch Doppik

weitgehend bestätigt

Transparenzfördernde Eigenschaften sind in der Doppik systemimmanent enthalten; Wirklichkeitsnähe ist abhängig von Wahlrechten und Bewertungsfragen; Kameralistik ist nicht grundsätzlich ungeeignet

2 Neuer steuerungsrele-vanter Informationsge-halt durch Doppik

mehrheitlich bestätigt

Neuer Informationsgehalt liegt eindeutig vor, jedoch starke Einschränkung der Steuerungsrelevanz aufgrund von dominierenden Sachzielen und Liquiditätsorientie-rung durch hohe konsumtive Ausgaben

3 Steigerung der Nachhaltigkeit durch Doppik

mehrheitlich falsifiziert

Doppik verändert wirtschaftliche Darstellung, jedoch nicht das Wirtschaften selbst; Hintergrundvariablen sind haushaltsrechtliche Freiheiten zum Rücklagenaufbau und entsprechende Gewinnthesaurierung

4 Erhöhung der wirtschaftlichen Transparenz durch KLR

bestätigt Dennoch Defizite in der Umsetzung; Teilkostenrechnung hat sich bewährt; Controlling-Tätigkeitsgebiet wünschenswert; Darstellung von Erlösen und Deckungsbeiträgen bislang weniger verbreitet

5 Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz durch KLR

mehrheitlich falsifiziert

Hohe Fixkosten (Personal), geringer Steuerungs- und Entscheidungsspielraum, wenig Optimierungspotenzial; budgetorientierte Arbeitsweise; Relevanz wird niedrig eingeschätzt, folglich wenig Beachtung/Nutzung

6 Erhöhung der Rationalität des Handelns durch Controlling

mehrheitlich bestätigt

Führungsunterstützung insbesondere bei Budgetierungen und Wirtschaftsplanung und -verfolgung; Einschränkun-gen bei künstlerischen Planungen; neue Einsatzgebiete z. B. im Fixkostenmanagement

7 Effizienzsteigerung durch Leistungsorien-tierte Bezahlung

falsifiziert Untersucht wurde § 18 TVöD (LoB); keine Anzeichen für Verhaltensänderungen; schwache Anreizsituation; hoher Implementationsaufwand; noch geringe Umsetzungsdichte, daher sind Änderungen noch zu erwarten

8 Effizienzsteigerung durch Führungsinstru-mente

keine Beurteilung möglich

Führungskultur liegt in individueller Verantwortung des jeweiligen Vorgesetzten; keine systematische Beeinflussung oder Reflexion durch Leitung; Potenzial wird gering eingeschätzt; wenig Fortbildungsangebote

9 Effizienzsteigerung durch Personalentwick-lung

bestätigt Technischer Fortschritt wird realisiert; insbesondere Verantwortungserweiterung von Mitarbeitern vorteilhaft; Organisationsentwicklungsprozesse werden durchgeführt, häufig mit Effizienzsteigerung

Hauptthese Effizienzsteigerung durch Einführung von NPM-Instrumenten

mehrheitlich falsifiziert

Eignung der Reformelemente durchaus vorhanden, jedoch Wirkung bislang mehrheitlich nicht signifikant effizienzsteigernd, weder unmittelbar (Thesen 5, 7) noch mittelbar (Thesen 1-4, 6) trotz Informationszugewinn; Potenziale besonders im Personalbereich, wo Anwendungsdichte noch relativ niedrig; Doppik-Einführung ist primär eine normative Systementschei-dung in größerem Kontext; KLR und Controlling haben primär unterstützenden Charakter und sind für die Geschäftsführung bzw. Träger von Vorteil und Nutzen; LoB und Führungsinstrumente müssten weiterentwickelt bzw. vertieft werden

Tab. 32: Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse

Quelle: Eigene Darstellung.

10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse

Page 241: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

228 10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse

10.2 Bewertung der Modellierung des Kulturbetriebs

Nachfolgend wird in Abb. 17 das Variablenmodell erneut aufgegriffen und auf die

Konsistenz zu den empirischen Ergebnissen hin überprüft. Die grobe Struktur war

geeignet, die gemessenen Beziehungen zu erklären. Im Vergleich zur ursprünglichen

Gestalt (vgl. Kap. 1.6) ergeben sich folgende Veränderungen bzw. Konkretisierungen: Die

Gestaltung des externen Rechnungswesens beeinflusst die Konzeption des internen

Rechnungswesens. Die Kulturpolitik bzw. -verwaltung nimmt sowohl direkten Einfluss auf

die NPM-Instrumente, welche implementiert werden, als auch auf den Implementati-

onsprozess an sich. Dies gilt auch für die wirtschaftliche Rationalität, in schwächerer

Weise ebenso für die künstlerische Rationalität. Die Einführung von NPM-Instrumenten

hat die Rahmenbedingungen für die Kulturbetriebe beeinflusst. Die bürokratische

Rationalität entfällt. Künstlerische und Wirtschaftliche Rationalität interagieren als

heterogene Rationalitäten. Der wirtschaftliche Erfolg wird stärker von den NPM-

Instrumenten und den intervenierenden Variablen beeinflusst als der künstlerische Erfolg

(weiße Pfeile). Künstlerischer und wirtschaftlicher Erfolg stehen zudem in einem

wechselseitig determinierenden Verhältnis:

Page 242: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse 229

Abb. 17: Modifiziertes Variablenmodell nach der empirischen Untersuchung (Kap. 1.6)

Quelle: Vgl. Abb. 6; helle Pfeile = schwacher Zusammenhang, dunkle Pfeile = starker Zusammenhang.

Implementierungsprozess (Umsetzung der NPM-Instrumente)

Intervenierende Variablen

Abhängige Variablen

Unabhängige Variablen (Einfluss von NPM-Instrumenten)

Externes Rechnungswesen

(Doppik)

Internes Rechnungswesen

(KLR/Controlling)

Personal- management

(HRM)

Wirtschaftlicher Erfolg

Künstlerischer Erfolg

Wirtschaftliche Rationalität

Künstlerische Rationalität

Rahmen- bedingungen

Kulturpolitik und Kulturverwaltung

Vermittlungsprozess-Variablen

Interaktion derheterogenen Rationalitäten

Page 243: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

230 10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse

10.3 Fazit und Ausblick

Im Rahmen der empirischen Erhebung dieser Arbeit galt das wesentliche Interesse der

Analyse und ex-post-Evaluation von Umsetzungen der betriebswirtschaftlichen NPM-

Instrumente Doppik, KLR und Controlling sowie Personalmanagement in öffentlichen

Kulturbetrieben. Die nachfolgenden Ergebnisse reflektieren somit den Status Quo.

Die Eignung der untersuchten NPM-Ansätze ist hinsichtlich einer verbesserten

Steuerung der Kulturbetriebe mehrheitlich gegeben: Durch die Doppik wird eine

umfassendere, wirklichkeitsnähere Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse des

Kulturbetriebs erreicht. Der Informationsgehalt des Rechnungswesens steigt, sowohl durch

die Doppik als auch durch die KLR. Das Controlling betätigt sich primär auf Ebene des

Gesamtwirtschaftsplans und der Budgetverfolgung und kann die verantwortlichen

Personen mit relevanten Informationen versorgen. Personalentwicklungsmaßnahmen

erhöhen die innerbetrieblichen Dispositionsmöglichkeiten und gewährleisten, dass die

Mitarbeiter den sich verändernden und wachsenden Anforderungen in ihren Arbeitsgebie-

ten gerecht werden können.

Die unmittelbaren und durch Steuerungsoptimierung mittelbaren Effizienzziele

werden auf der betrieblichen Ebene jedoch nur eingeschränkt erreicht. Dies liegt im

Wesentlichen an vier Gründen:

1. Die suboptimale Implementierung des Instruments: Bei der leistungsorientierten

Bezahlung ist die derzeitige Gestaltung nicht funktional. Die zum Zeitpunkt der

Erhebung geltenden tariflichen Strukturen setzen (noch) keine ausreichenden Anreize,

um eine Verhaltensänderung zu bewirken. Die Ausgestaltung des internen Rech-

nungswesens entspricht in einigen Fällen nicht in ausreichendem Maße den betriebli-

chen Erfordernissen. Unzulängliche Reformen des externen Rechnungswesens können

hierfür ursächlich sein, z. B. wenn kulturbetriebsspezifische Ertrags- und Aufwandsar-

ten im Kontenplan nicht berücksichtigt werden.

2. Die wirtschaftlichen Strukturen des Produktionsprozesses im Kulturbetrieb werden

durch NPM nicht verändert: So können zwar Bilanz, GuV, KLR und Controlling

Transparenz und Rationalität herstellen, ändern jedoch an den nur geringen Entschei-

dungsspielräumen und hohen Kostendeterminationen durch die betriebsnotwendigen

Mindestkapazitäten (Grundlast) inklusive Personalkorpus nichts. Das vertiefte Wissen

um wirtschaftliche Zusammenhänge sichert die Geschäftsleitung ab (Führungsunter-

stützung) und gehört ab einer gewissen Betriebsgröße zu den allgemein verbreiteten

Methoden, reduziert jedoch per se noch keine Kosten bzw. erhöht keine Erlöse. Es ist

Page 244: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse 231

somit unrealistisch, nennenswerte unmittelbare Effizienzvorteile aus Reformen des

externen und internen Rechnungswesens zu erwarten. Voraussetzung für mittelbare

Auswirkungen ist ein Managementspielraum in Bezug auf wirtschaftliche Entschei-

dungen, der in den Kultureinrichtungen bei der Realisierung des Spielbetriebs nur

begrenzt vorhanden ist.

3. Die Nicht-Anwendung oder Nicht-Berücksichtigung von NPM-Instrumenten

verhindert eine Wirkungsentfaltung: Die Führungskultur ist vorrangig eine Angele-

genheit der jeweiligen Führungskraft und wird nicht systematisch reflektiert, beein-

flusst und selten geschult. Auch die Ansätze der Personalentwicklung werden zumeist

nur im Bedarfsfall eingesetzt. Offensichtlich mangelt es aber auch an Ressourcen, um

das Personalmanagement zu vertiefen. Einige Experten bezweifeln allerdings die

Notwendigkeit oder Vorteilhaftigkeit. Die verbreitete Anwendung von Budgets als

Steuerungsinstrument weisen auf das Maximalprinzip hin (zu maximierender Output

bei konstantem Input), wobei die Effizienzmessung inklusive qualitativer Aspekte

schwierig ist. Die systematische Verknüpfung von künstlerischen und wirtschaftlichen

Aspekten hat sich bislang in den Steuerungsinstrumenten nicht niedergeschlagen.

Daten aus der KLR und dem Controlling auf Formalzielebene fließen in sachzielbezo-

gene Entscheidungsprozesse punktuell als Restriktion, aber nicht im NPM-Sinn zur

gesamtbetrieblichen Optimierung und strategischen Steuerung ein, etwa bei künstleri-

schen Entscheidungen. Die Experten bezweifeln jedoch teilweise den Aussagewert von

vergangenheitsbezogenen KLR-Daten für die Planung; die Möglichkeiten zur Optimie-

rung aus diesen Daten heraus seien nur begrenzt gegeben. Eine diesbezüglich mögliche

Herangehensweise wurde in Kap. 9.9 in Form kulturbetriebsspezifischer

Entscheidungskriterien aufgezeigt.

4. Die empirisch betrachtete betriebliche Ebene ist für sich genommen nur beschränkt in

der Lage, Effizienzen freizusetzen. Dazu ist eine Gesamtbetrachtung des öffentlichen

Sektors mit sämtlichen Gewalten (Meso-Ebene, vgl. Abb. 3) notwendig. Dies gilt etwa

für langfristige Wirkungen wie die Schonung von Ressourcen durch Nachhaltigkeitsef-

fekte aus der Doppik, welche bei den Gebietskörperschaften zu erwarten wäre, oder

die NPM-Kernelemente des Kontraktmanagements und der Wirkungsorientierung. In

einem Fall hat sich der Produktkatalog für ein Theater als problematisch erwiesen, da

sich die damit verbundene Mittelbindung auch auf die umfangreichen umgelegten

Gemeinkosten bezog. Da bei Produkten der subventionierten (Hoch-)Kultur innerhalb

der Gattungen im Regelfall kein lokaler Wettbewerb herrscht, sind Kostensenkungen

aus stärkerer Nutzung von Marktmechanismen nicht zu erwarten. Die Doppik ist

Page 245: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

232 10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse

grundsätzlich mindestens ebenso gut wie die Kameralistik als Rechnungssystem für

einen Kulturbetrieb geeignet. Ob sie prinzipiell überlegen ist, muss angesichts der

meist relativ niedrigen Bilanzsummen, der hohen Bedeutung der Liquidität für

konsumtive Ausgaben und den wiederkehrenden Spielzeitzyklen bezweifelt werden,

zumindest für kleine bis mittelgroße Kulturbetriebe, die über kein nennenswertes

Vermögen verfügen. Es darf aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich bei der

Doppik Vorteile aus der Integration in größere Zusammenhänge (städtische

Konzernbilanz etc.) ergeben können, die nicht untersucht wurden.

Die in Kap. 2 aufgezeigte Steigerung der Einspielquote der Gesamtheit der deutschen

Theater und Orchester zwischen 1995 und 2007 ist nach den Ergebnissen dieser Arbeit

nicht wesentlich auf NPM-Reformen zurückzuführen, sondern auf „harte“ Sparvorgaben

durch die Träger (Fusionen, Stellenabbau, sinkende Zuwendungen), moderate Preis- und

Tarifentwicklung und innerbetriebliches Management (Veränderungen des Programman-

gebots und der Disposition, Absenkungstarifverträge, Professionalisierung des Marketings

u. a.). Wie bereits im Kap. 10.1 aufgeführt, kann jedoch von den empirischen Ergebnissen

dieser Erhebung wegen eingeschränkter Repräsentativität nicht auf das NPM-Konzept im

Allgemeinen geschlossen werden, da hier nur ein Teilbereich des öffentlichen Sektors und

einige betriebswirtschaftliche Elemente des NPM untersucht wurden.

Aus den geschilderten Befunden ergeben sich weiterführende Entwicklungs- und

Einsatzmöglichkeiten für NPM-Instrumente:

• Höhere Anwendungsdichte der Deckungsbeitrags-Rechnung zur Realisierung von

höheren Deckungsbeiträgen, wenn künstlerische Aspekte darunter nicht leiden, etwa

durch Anpassungen der Preis- und Abonnementstrukturen, der Anzahl von Aufführun-

gen bzw. angebotenen Plätzen, konkrete Auswahl von Repertoireinszenierungen etc.

• Ausbau der Budgettransparenz (Aktualität, Verfügbarkeit, Verzahnung mit Systemen

des Rechnungswesens, Kongruenz der Organisationsstruktur mit finanziellen Verant-

wortlichkeiten).

• Stärkere Fokussierung der KLR-Systeme auf die Entscheidungssituationen.

• Einbeziehung der generierten Informationsbasis als eine Entscheidungsgrundlage.

• Stärkeres Gemeinkostencontrolling inklusive Mengengerüst, bis zur einzelvertragli-

chen Ebene, etwa bei Dienstleistungen und verbrauchsabhängigen Fremdleistungen.

• Weiterentwicklung der LoB mit stärkerer Spreizung der monetären Leistungsbewer-

tung.

Page 246: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse 233

• Weiterbildung der Mitarbeiter und Erweiterung der Verantwortungsbereiche auf

unteren Hierarchiestufen.

• Hohe Sorgfalt bei allen Personalrekrutierungen.

Die Anwendung von NPM wird jedoch nur dann seine Wirkung entfalten können, wenn

sich die oberste Leitungsebene mit der veränderten Steuerungskultur identifiziert und in

die tieferen Ebenen hineinträgt. Dies erfordert zudem den rationalen Umgang mit

vorhandenen Informationen, ein den finanziellen Möglichkeiten angepasstes, sorgfältiges

Abwägen von Sach- und Formalzielen und ein betriebliches Verständnis der Kultureinrich-

tung als ein der Öffentlichkeit und dem Gemeinwohl verpflichteter Dienstleister.

Im Vergleich von Theatern und Orchestern ist NPM für Orchester eine niedrige-

re Eignung zuzuschreiben. Dies liegt daran, dass im Regelfall lediglich einige wenige

nicht-künstlerische Mitarbeiter (Geschäftsführung, Verwaltung, Orchester-/Notenwart,

Organisation, Marketing/Service) zum Personal des Orchesters neben dem Klangkörper

gehören, sofern kein eigener Konzertsaal betrieben wird. Die zuvor geschilderten

Ergebnisse greifen hier noch stärker: Die Personalkosten der Musiker dominieren den

Wirtschaftsplan, die künstlerischen Budgets beziehen sich nur auf Gastdirigenten und

Solisten, da im Gegensatz zum Theater keine umfänglichen Produktionsentscheidungen zu

fällen sind. Das Anlagevermögen ist rudimentär und besteht zumeist nur aus der Betriebs-

und Geschäftsausstattung und einigen Instrumenten.

Es wurden neben den Instrumenten des NPM weitere, langfristige Erfolgsdeterminanten

identifiziert, die durch entsprechendes Management beeinflussbar sind und in keinem

direkten Zusammenhang zu NPM-Reformen stehen:

• Gute Verzahnung von Spielplan und Disposition, dabei ein effizienter Einsatz des

Mengengerüsts, Verringerung von Leerkosten, sorgfältige Planung der Struktur des

Spielbetriebs.

• Intensivierung des Marketings, der Markenprofilierung und der Kundenbindung.

• Fokussierung des Managements auf mittelfristige strategische Weiterentwicklung der

Institution anstelle auf Sequenz von Einzelprojekten, somit:

• Bereitschaft des Managements zu einer strategisch intendierten und konsistenten

Zielsetzung und Planung im künstlerischen und nicht-künstlerischen Bereich, unter

Berücksichtigung der vielfältigen Zusammenhänge im Kulturbetrieb (vgl. Abb. 16).

• Engere Verknüpfung von wirtschaftlichen und künstlerischen Gesichtspunkten bei der

operativen und strategischen Planung.

Page 247: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

234 10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse

• Ausweitung der Bemühungen um Drittmittelakquise und kommerzielle Tätigkeiten,

sofern dieses wirtschaftlich erfolgt und die Erfüllung des öffentlichen Auftrags dabei

nicht eingeschränkt wird.

• Stärkung des Vertrauensverhältnisses zu allen Stakeholdern.

• Kooperationen mit anderen Kulturbetrieben bei künstlerischen Produktionen, sofern

Kostenvorteil und/oder inhaltliche Befruchtung gegeben.

• Sparsame Beschaffung (Einkauf) und gutes Vertragsmanagement mit Dienstleistern.

• Offenheit, Kooperationswille und gegenseitiges Verständnis im Leitungspersonal

untereinander, gemeinsame ideelle Basis und Zielvorstellung.

Neben NPM und „gutem“ Management sind es auch Rahmenbedingungen und gewachsene

Wertvorstellungen, deren Veränderung die Effizienz positiv beeinflussen könnte:

• Die Akzeptanz des Yield Managements bei Kartenpreisen (intertemporal schwanken-

de, IT-gestützte Preisgestaltung gemäß der Nachfrageentwicklung und anderen

Faktoren) und die Personalisierung von Eintrittskarten könnten die Erlöse erhöhen, den

Schwarzhandel mit Karten senken und die Auslastung steigern. Das dabei generierte

größere Publikum bedeutet mittelbar auch einen höheren Impact und Outcome.

• Eine weitere Verbesserung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Sponsoring

(Abschaffung der Ertragssteuerpflicht bei aktiven Werbeleistungen; Ermöglichung des

Vorsteuerabzugs bei umsatzsteuerpflichtigen Werbeleistungen, wenn aus dem

Sponsoringvolumen Beschaffungen für das geförderte kulturelle Projekt getätigt

werden, die nicht zur Erfüllung der geschuldeten Werbeleistung dienen).

• Stärkere Bereitschaft bei Sponsoren und Mäzenaten, sich für die Grundlast

(Gemeinkosten) eines Kulturbetriebs zu engagieren, insbesondere wenn die öffentliche

Hand steigende Kosten nicht ausfinanziert und somit dem an sich öffentlichen

Kernauftrag nicht mehr nachkommt, z. B. durch Patenschaften für Orchesterstellen.

• Bereitschaft und Fähigkeit des Managements zu einer strategischen Führung des

Kulturbetriebs, welche sich trotz (oder gerade wegen) künstlerischer Freiheiten und

Irrationalitäten an übergeordneten strategischen Zielen orientiert und diese auf die

operative Ebene inklusive künstlerischer Entscheidungen herunterbricht.

• Reduktion von tariflichen Restriktionen und Besitzständen, welche zur Zeit noch eine

flexiblere Disposition verhindern bzw. verteuern oder zusätzliche Kapazitäten

erforderlich machen.

Page 248: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

10. Abschließende Bewertung der empirischen Ergebnisse 235

• Angesichts des Professionalisierungsdrucks in Kulturbetrieben kann eine stärkere

Spreizung der Gehälter und die Aufhebung des Besserstellungsverbots Leistungsträger

und qualifiziertes Personal anziehen, insbesondere auf mittlerer Ebene.

Bei allen Bemühungen um Reformen im öffentlichen Sektor und betriebliche Effizienz-

steigerungen wird mittelfristig dennoch die politische Frage dominierend bleiben, wie

viel Kultur sich eine Gebietskörperschaft leisten kann und möchte, und welcher

ökonomische und ideelle Stellenwert den Kulturbetrieben im Einzelfall beigemessen wird.

NPM kann das Baumolsche Kostendilemma in Kulturbetrieben und die starke

Abhängigkeit von öffentlichen Zuwendungen nicht strukturell beseitigen, sondern nur

geringfügig lindern.

Für die weitere Forschung können zwei mögliche Vertiefungen aus den Ergebnis-

sen dieser Arbeit abgeleitet werden: Erstens eine Spezifikation des NPM-Ansatzes für

produzierende öffentliche Betriebe unter Beachtung der unterschiedlichen Informationsbe-

dürfnisse und Managementperspektiven zwischen Betrieb, Regierung und Parlament.

Zweitens die (Weiter-)Entwicklung einer empirisch fundierten allgemeinen Kulturbetriebs-

lehre, welche die Besonderheiten dieses Teilsektors berücksichtigt, insbesondere den

rationalen Umgang mit Irrationalitäten und nicht-quantifizierbaren qualitativen Aspekten.

Als empirischer Ansatz kommt für beide Vertiefungen u. a. eine qualitative Fallstudienbe-

trachtung in Frage, bei der jeweils mehrere interne und externe Stakeholder einbezogen

werden, da hierbei eine hohe Validität und Berücksichtigung der individuellen

Rahmenbedingungen realisierbar ist. Quantitative Daten aus Jahresabschlüssen und dem

internen Rechnungswesen könnten zur Triangulation herangezogen werden.

Page 249: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Anhang 237

Anhang

Anhang 1: Erläuterung zu Abb. 8 und 9

Kategorie in Abbildung Darunter fallen Gesamtwert in T€

Vollpreiskarten Vollpreiskarten 175.532

Abonnements Abonnements und Platzmieten 58.628

Sonstige Kartenerlöse Besucherorganisationen, sonstige rabattierte und

Gebührenkarten, Jugendvorstellungen, Jugendmieten

46.876

Fremdveranstaltungen Gastspiele fremder Ensembles im eigenen Haus 8.674

Auswärtige Gastspiele Gastspiele des eigenen Ensembles 36.147

Garderobe Garderobengebühren und Theaterzettel 8.695

Programmverkauf Programmverkauf 5.142

Medienerlöse Rundfunk- und Fernseherträge bei Übertragungen 1.632

Sonstiges Auflösung von Rückstellungen, übrige Einnahmen 75.829

Spenden und Sponsoring Zuschüsse privater Einrichtungen 21.234

SUMME Eigenerwirtschaftete Einnahmen 438.389

Öffentliche Zuweisungen Bund, Land, eigene und fremde Gemeinden,

Gemeindeverbände, Anstalten öffentlichen Rechts, EU-

Projektmittel

2.075.907

SUMME Einnahmen insgesamt 2.514.296

Tab. 33: Aggregationen der Einnahmen der deutschen Theater (Abb. 8 und 9)

Quelle: Deutscher Bühnenverein (2007), S. 257 ff.

Page 250: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

238 Anhang

Anhang 2: Erläuterung zu Abb. 10 und 11

Kategorie in Abbildung Darunter fallen Gesamtwert in T€

Leitungspersonal Intendant, Verwaltungsdirektor, Spartenleiter,

Chefdramaturg, GMD, Künstl. Betriebsdirektor,

Technischer Direktor, Ausstattungsleiter

72.139

Orchester Hauseigenes Orchesterpersonal und engagierte

hausfremde Kulturorchester

264.785

Chöre Chormitglieder 118.832

Sänger Sängerensemble 64.655

Schauspieler incl. Kinder- und Jugendtheaterschauspieler 92.067

Tänzer Tänzer 60.539

Nicht darstellendes

künstlerisches Personal

Künstlerisches Betriebsbüro, Presse- und Öffentlichkeits-

arbeit, Dramaturgen, Inspizienten, Souffleure,

Hausregisseure, etc.

122.320

Künstlerisch-technisches

Personal

Bühnenarbeiter/-techniker, Beleuchter, Tonmeister,

Requisiteure, Rüstmeister, Orchesterwarte, Werkstätten,

Maske, Kostüme

564.773

Verwaltungs-, Hauspersonal

und Vertrieb

Allgemeine Verwaltung, eigenes Hauspersonal

(Abendtürwarte, Garderoben, Hausmeister, Haustechnik,

Reinigung), Kasse, Abonnementverwaltung

143.013

Unständiges Personal Für einzelne Produktionen verpflichtete Gastkünstler,

Werkverträge, technische und künstlerische Aushilfen,

Einspringer

212.767

Sonstige Personalkosten Versorgungsbezüge, Rückstellungen, Fortbildung,

personalbezogene Sachausgaben

47.825

SUMME Personal 1.763.715

Sächliche Betriebsausgaben Verwaltungsausgaben, Mieten, Pachten, Ausstattungskos-

ten, Veröffentlichungen, Urheberabgaben, Materialkosten

233.093

Finanzierung und Zinsen Besondere Finanzierungsausgaben, Zinsen,

Tilgungsdienst

58.087

Gastspiele Auswärtige Gastspiele, Gastspiele fremder Ensembles 31.716

Abschreibungen Abschreibungen 66.407

Grundstücke, Gebäude,

Anlagen

Grundstücke, Gebäude, bauliche Anlagen 106.227

Geräte, Ausstattung Geräte, Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenstände 22.913

Sonstiges Feuerwehr, Interne Verrechnungen, Sonstige

Theaterbetriebsausgaben

91.452

SUMME Ausgaben insgesamt 2.373.610

Tab. 34: Aggregationen der Ausgaben der deutschen Theater (Abb. 10 und 11) Quelle: Deutscher Bühnenverein (2007), S. 258 f.; zu den Abweichungen vgl. Fußnote 1 in: Deutscher

Bühnenverein (2007), S. 259.

Page 251: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Anhang 239

Anhang 3: Fragebogen der Experteninterviews

I. Überblick verschaffender Einstieg: 5 Min. 1. Buchen Sie doppisch? Seit wann? 2. Existiert eine Kosten- und Leistungsrechnung? 3. Gibt es eine Controlling-Stelle oder ein Tätigkeitsgebiet Controlling? Wenn ja, seit

wann? 4. Gibt es eine Person, die mit Aufgaben des Personalmanagements betraut ist, welche

über Personalverwaltung und Gehaltsabrechnung hinausgehen? 5. Seit welchem Jahr sind Sie hier tätig? 6. Welches sind Ihre Hauptaufgaben und Entscheidungskompetenzen? 7. Gibt es gewichtige Besonderheiten seit 1994, die man bei der Interpretation der

Daten Ihres Betriebs in der Theaterstatistik berücksichtigen muss (z. B. Ereignisse wie eine Fusion oder strukturelle Besonderheiten, neuer Konzertsaal etc.)?

Auswahl der nachfolgenden, vertiefenden Fragen (ca. 40 Min.) wurden vom Interviewer situativ ausgewählt in Abhängigkeit vom a) Stand der Umsetzung von NPM-Instrumenten in den drei Schwerpunktgebieten und b) inwieweit der befragte Experte die Einführung der NPM-Instrumente persönlich erlebt/begleitet hat.

II. Fragenblock zur unabhängigen NPM-Variable Externes Rechnungswesen

8. Was sind die wesentlichen Positionen des Anlagevermögens? 9. Wird das Anlagevermögen in einem Sonderposten gespiegelt, d. h. Neutralisierung

der Abschreibung? 10. In welchem Umfang beeinflussen Zahlen aus der Bilanz und GuV das heutige und

zukünftige Wirtschaften? War dies zu kameralistischen Zeiten anders? 11. Haben die Bilanz und die GuV neue Einsichten hervorgebracht? Wenn ja, welche? 12. Weicht das kaufmännische Jahresergebnis von dem früheren kameralen liquiditäts-

orientierten Ergebnis ab? Ja/Nein: Warum? 13. Wie schätzen Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen die Wirklichkeitsnähe der Darstel-

lung der wirtschaftlichen Verhältnisse ein, vergleichend zwischen Doppik und Kameralistik? Halten Sie aufgrund ihrer Erfahrungen ein System für überlegen?

14. Wird die neue Systematik von den internen und externen Entscheidungsträgern adäquat interpretiert?

15. Welche Konsequenzen hatte die Umstellung auf kaufmännische Buchführung auf das langfristige Wirtschaften?

16. Gibt es angesichts der entfallenen kameralen Titel eine Form von Liquiditätsmana-gement?

17. Welche Auswirkungen hatte die Umstellung auf kaufmännische Buchführung für den wirtschaftlichen Erfolg? Für den künstlerischen Erfolg?

18. Wie beurteilen Sie das Kosten-Nutzen-Verhältnis des praktizierten doppischen Rechnungswesens? Wenn schlecht: warum?

Page 252: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

240 Anhang

III. Fragenblock zur unabhängigen NPM-Variable Internes Rechnungswesen

19. Falls KLR vorhanden: Nähere Spezifikation: Vollkosten/Teilkostenrechnung. Was sind Kostenstellen, -träger? Teilkosten-/Vollkostenrechnung? Zeitaufschreibung?

20. Praktizieren Sie eine Leistungsrechnung? Wenn ja, wie werden Erlöse zugeordnet? Gibt es festgelegte Verantwortlichkeiten für die Erlöse? Werden Erlöse differen-zierter als im Wirtschaftsplan kalkuliert und geplant?

21. Gibt es Kostenstellenverantwortliche im Betrieb? Beschreiben Sie bitte deren Rolle (Kompetenzen, Verantwortlichkeit). Erhalten sie die Daten aus KLR? Gibt es re-gelmäßige Gespräche? Top-Down-Planungsprozess bzw. Zielsetzung? Wenn ja: In welcher Form werden sie verantwortlich gemacht? Was geschieht ggf. bei Abwei-chungen?

22. Wie stark fließen die Erkenntnisse/Daten/Auswertungen aus der KLR in Entschei-dungsprozesse mit ein? Führt dies zu mehr Wirtschaftlichkeit? Wem dienen Daten der KLR? Was geschieht mit KLR-Daten nach ihrer Erhebung?

23. Hat die KLR zu einer Steigerung der wirtschaftlichen Transparenz und der Kenntnis über wirtschaftliche Zusammenhänge beigetragen? Resultierten daraus Konsequenzen?

24. Welche Auswirkungen hatte die Einführung von KLR auf das wirtschaftliche Ergebnis? Auf das künstlerische Ergebnis?

25. Wie beurteilen Sie die Angemessenheit nach Art und Umfang der praktizierten KLR für Ihre betrieblichen Belange?

26. Welches sind die Hauptaufgaben des Controllings? Welche Controlling-Instrumente werden praktiziert (operative und strategische Instrumente, z. B. Soll-Ist-Vergleiche, Benchmarking, Budgets, BSC, strategisches Controlling)?

27. Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Controlling gemacht? 28. Wie stark fließen die Erkenntnisse aus KLR und Controlling in die betrieblichen

Entscheidungsprozesse mit ein? 29. Haben KLR und Controlling zu einem effizienteren oder rationaleren Management

beigetragen? 30. Was hat sich wirtschaftlich verändert, seit Sie KLR und Controlling nutzen? 31. Wie beurteilen Sie das Kosten-Nutzen-Verhältnis von KLR und Controlling in

Ihrem Betrieb? Wenn schlecht: warum?

IV. Fragenblock zur unabhängigen NPM-Variable Personalmanagement

32. Gibt es Maßnahmen des Personalmanagements, die über die Personalverwaltung hinausgehen? Welche? Seit wann ungefähr?

33. Gibt es Anreizsysteme oder variable Gehaltskomponenten, z. B. § 18 TVöD? Wenn ja, wer/wie hoch/nach welchen Kriterien? Im künstlerischen Personal?

34. Was waren die Auswirkungen dieser Anreizsysteme? 35. Gibt es systematisch betriebene Personalentwicklungsmaßnahmen? (Weiterbildung,

Job Enrichment, Job Rotation etc.) Wenn ja, welche? Wer entscheidet hierüber? 36. Werden Führungsinstrumente wie z. B. Mitarbeitergespräche oder bestimmte

Management-by-Techniken praktiziert? Systematisch? Auswirkungen? 37. Werden die leitenden Mitarbeiter zu Führungskompetenz, soft skills etc. geschult? 38. Falls Tenor eher bejahend: Welche Erfahrungen haben Sie mit den genannten

Instrumenten des Personalmanagements gemacht? Welche Auswirkungen hatte die Einführung von Personalmanagement auf das wirtschaftliche Ergebnis? Auf das künstlerische Ergebnis? Kosten-Nutzen-Verhältnis?

Page 253: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Anhang 241

39. Falls Tenor eher verneinend: Haben Sie vor, einige der genannten Instrumente des Personalmanagements einzuführen? Was versprechen Sie sich? Bzw. Warum nicht?

Die beiden abschließenden Frageblöcke wurden allen Gesprächspartnern gestellt: V. Fragenblock zu den Intervenierenden Variablen: ca. 10 Min.

40. Welche Rolle spielt die Kulturverwaltung (Exekutive, z. B. Dezernent/Referent) für Ihren Betrieb?

41. Welche Rolle spielt die Kulturpolitik (Legislative, z. B. Kulturausschuss) für Ihren Betrieb?

42. Wie stark sind wirtschaftliche Interessen und Argumente maßgeblich bei den Entscheidungs- und Planungsprozessen?

43. Wie stark sind künstlerische Interessen und Argumente maßgeblich bei den Entscheidungs- und Planungsprozessen?

44. Gibt es rechtliche Rahmenbedingungen, die den wirtschaftlichen oder künstleri-schen Erfolg erschweren oder schmälern?

45. Gibt es andere, nicht-rechtliche Bedingungen, die den wirtschaftlichen oder künstlerischen Erfolg beträchtlich erschweren oder schmälern?

46. Was müsste sich an den Rahmenbedingungen ändern (abgesehen von höheren Zuwendungen), damit sich der wirtschaftliche Erfolg steigern kann? Der künstleri-sche Erfolg?

47. Sind die von Ihrem Betrieb erhaltenen öffentlichen Zuwendungen gegenseitig deckungsfähig, d. h. liegt ein Globalbudget vor?

48. Dürfen Sie überschüssige Mittel ins Folgejahr übertragen und Rücklagen aufbauen? 49. Welche Tarifverträge wenden Sie an? 50. Wie hoch ist der Anteil der tarif-ungebundenen Personalkosten?

VI. Fragenblock zu den Abhängigen Variablen: 5 Min.

51. Wovon wird das wirtschaftliche Ergebnis in Ihrem Betrieb maßgeblich beeinflusst? 52. Wovon wird das künstlerische Ergebnis in Ihrem Betrieb maßgeblich beeinflusst? 53. Wie hat sich Ihr Betrieb wirtschaftlich in den letzten 10 Jahren entwickelt? Was

sind die Ursachen für diese Entwicklungen? 54. Wie hat sich Ihr Betrieb künstlerisch in den letzten 10 Jahren entwickelt? Was sind

die Ursachen für diese Entwicklungen?

Page 254: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

242 Anhang

Anhang 4: Extraktionsregeln729

1. Aussagen zu den Variablen werden auch dann extrahiert, wenn sie nicht direkt in Zusammenhang mit einer der Forschungsfragen oder Thesen stehen. Lediglich offensichtlich für die Untersuchung unbedeutende Aussagen werden nicht extrahiert.

2. Wenn Aussagen zu späteren Zeitpunkten erneut vertiefend aufgegriffen werden, wird ein neuer Tabelleneintrag in der Extraktionstabelle erstellt.

3. Die Variablendimensionen lauten: 1. Sachbezug/Gültigkeitsumfang 2. Zeitraum/Zeitpunkt 3. Aktion/Sachverhalt 4. Ursache 5. Wirkung 6. Subjektive Bewertung des Interviewten 7. Eigenschaften/Detailmerkmale 8. Sonstiges/((Kommentar)) 9. Quelle (Absatzcodierung)

4. Es müssen nicht alle Dimensionen für jeden Eintrag verwenden werden. Zwingend sind jedoch stets 1. und 9. auszufüllen.

5. Bei der Zuordnung des Zitats zu den Dimensionen ist sorgfältig darauf zu achten, dass subjektive Meinungen und Spekulationen (6.) sauber differenziert werden von Fakten (3., 7.) und vergangenheitsbasierten Kausalitätsbeziehungen (4., 5.).

6. Es werden auch Inhalte aufgenommen, die nicht unter die vorab gewählten Variablendimensionen fallen.

7. Ursache-Wirkungs-Aussagen müssen einem konkreten Sachbezug zugeordnet werden, ggf. ist neue Kategorie unter der 1. Dimension (Sachbezug) einzurichten.

8. Unter Dimension 5 (Wirkung) können auch Kausalketten eingetragen werden. Die Sachdimension bezieht sich dann auf Anfang der Kausalkette.

9. Abhängige Variabeln sind nicht zu vernachlässigen (indirekte Aussage oder Auswirkung werden z. B. durch Interviewaussage impliziert).

10. Unter Dimension 8 (Sonstiges) können prägnante direkte Zitate abgelegt werden (stets in „“)

11. Eigene Kommentare/Interpretationen/Vermutungen/Auffälligkeiten, z. B. aus den Aussagen geschlussfolgerte Kausalitäten/Zusammenhänge, können aufgenommen werden, müssen aber in ((Klammern)) gesetzt werden. Gleiches gilt für die kohärente Ergänzung unvollständiger Aussagen oder das Einfügen von Kontextwissen.

12. Widersprüche innerhalb eines Interviews müssen durch den Zusatz [Widerspruch] bei der Extraktion kenntlich gemacht werden.

13. Falls das Problem der sozialen Erwünschtheit offensichtlich auftritt, so ist dies durch den Zusatz [PdsE] bei der Extraktion zu kennzeichnen.

14. Wenn Aussagen getroffen werden, die mehrere Variable betreffen, so werden sie der in der Aussage gewichtigsten Variable zugeordnet. Der Querbezug ist beim Extrahieren kenntlich zu machen, indem in den entsprechenden Feldern (z. B. Ursache) der Name der anderen Variable genannt wird.

729 Vgl. Gläser/Laudel (2006), S. 206-211.

Page 255: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Anh

ang

5: K

urze

r A

uszu

g au

s de

r E

xtra

ktio

nsta

belle

der

Var

iabl

e E

xter

nes

Rec

hnun

gsw

esen

Tab

. 35:

Bei

spie

l Ext

rakt

ions

tabe

lle E

xter

nes

Rec

hnun

gsw

esen

Que

lle: E

igen

e E

rheb

ung;

Que

llena

ngab

en f

iktiv

.

Sach

bezu

g/

Gül

tigk

eits

umfa

ng

Zei

trau

m/

Zei

tpun

kt

Akt

ion/

Sa

chve

rhal

t U

rsac

he

Wir

kung

Su

bjek

tive

B

ewer

tung

des

In

terv

iew

ten

Eig

ensc

haft

en/

Det

ailm

erkm

ale

Sons

tige

s/

((K

omm

enta

r))

Que

lle

Bila

nz

1999

Ein

führ

ung

Bila

nz

Ers

tmal

ige

Dar

stel

lung

von

ni

cht-

zahl

ungs

wir

ksam

en

Pos

ition

en im

V

olum

en v

on 3

M

io. E

uro

= k

napp

50

% B

ilanz

sum

me

((ho

chre

leva

nte

Stei

geru

ng w

irts

chaf

tlich

e T

rans

pare

nz. U

nkla

r, o

b A

usw

irku

ngen

auf

w

irts

chaf

tlich

es H

ande

ln))

08T

NW

SME

V18

-12

4

Jahr

esab

schl

uss

(GuV

und

Bila

nz)

Zu

den

rege

lmäß

ig

ents

tehe

nden

Ü

bers

chüs

sen

wer

den

Ver

wen

dung

s-vo

rsch

läge

gem

acht

Es

wir

d be

wus

st

mit

den

Übe

rsch

üsse

n um

gega

ngen

, z. B

. R

isik

ovor

sorg

e fü

r ko

mm

ende

Jah

re

Zu

kam

eral

isti

-sc

hen

Zei

ten

wur

de

alle

Liq

uidi

tät

verb

rauc

ht

(„D

ezem

berf

iebe

r“)

Nac

hhal

tigke

it un

d V

orso

rge

wer

den

wir

klic

h pr

akti

zier

t

((1.

Ent

spre

chen

d ve

rstä

ndig

e G

esel

lsch

afte

r si

nd h

ier

offe

nsic

htli

ch

vorh

ande

n; 2

. Dop

pik

bew

irkt

Nac

hhal

tigk

eit)

)

08T

NW

SME

V18

-12

6

Abs

chre

ibun

gen

seit

1,5

Jahr

en

Dis

kuss

ion

über

Sp

iege

lung

in

Sond

erpo

sten

bi

slan

g un

gekl

ärt.

zur

Zei

t Abs

chre

i-bu

ngen

noc

h vo

ll au

fwan

dsw

irks

am

08

TN

WSM

EV

18-

130

Dop

pik

1999

ei

ngef

ührt

Inte

rvie

wpa

rtne

r ha

t den

Pro

zess

du

rchg

efüh

rt

08

TN

WSM

EV

18-

150

Liq

uidi

täts

-m

anag

emen

t

G

esch

äfts

führ

er

unte

rsch

reib

t pe

rsön

lich

jede

A

usga

be

Aus

gabe

entw

ick-

lung

im G

riff

, gut

er

Übe

rbli

ck

\0

8TN

WSM

EV

18-

152

Anl

agev

erm

ögen

Geb

äude

nic

ht

enth

alte

n

Eig

entu

m L

and

\0

8TN

WSM

EV

18-

154

Anhang 243

Page 256: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

244 Anhang

Anhang 6: K

urzer Auszug aus der verdichteten E

xtraktionstabelle der Variable Internes R

echnungswesen

Tab. 36: B

eispiel verdichtete Extraktionstabelle Internes R

echnungswesen

Quelle: E

igene Erhebung; Q

uellenangaben fiktiv.

Sachbezug/ G

ültigkeitsumfang

Zeitraum

/ Z

eitpunkt A

kti-on/Sachverhalt

Ursache

Wirkung

Subjektive B

ewertung des

Interviewten

Eigenschaften/

Detailm

erkmale

Sonstiges/ ((K

omm

entar)) Q

uelle

Kostenstellen-

rechnung

Wird regelm

äßig praktiziert inklusive B

erichtswesen:

03, 08, 10, 14, 17

03: orientiert sich am

Organigram

m;

08: Spielstätten; 10: A

bteilungen; 14: 70 K

osten-stillen; 17: K

LR

des T

rägers

03O

SAL

GE

G35-56

08TN

WSM

EV

18-20 10T

BE

MG

GG

12-58 14T

BY

SKR

V08-36

17TB

WL

ME

G23-48

Kostenstellen-

verantwortung

K

ostenstellen-verantw

ortliche sind m

it Budgets

ausgestattet

Nur 10, 15:

regelmäßige

Kontrolle der IS

T-

Stände der Budgets in

Gesprächen

10TB

EM

GG

G12-60

15ON

WSK

RV

12-98 16T

SASG

SG19-102

khgbnuxu K

LR

2001

Vollkostenrech-

nung wurde

eingeführt und später w

ieder beendet

Einführung von

Um

lagen der E

nsembles gem

äß D

iensten, weitere

Um

lagen

Keine neuen

Erkenntnisse, keine

Planungsverbesse-

rung =>

Aufw

and nicht gerechtfertigt =

> w

ieder beendet

Hauptursache für

Einführung w

ar Z

eitgeist

z. B. w

urde A

ufwand für

Schneebeseitigung auch der Som

meroperette

belastet

15O

NW

SKR

V12-

102 15O

NW

SKR

V12-

104

KL

R

Für E

ffizienz-gew

inne werden

Einzelanalysen

erstellt, z. B.

Make-or-B

uy-E

ntscheidungen

Diese durchaus

vollkostenbasiert

16T

SASG

SG19-110

Page 257: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 245

Literaturverzeichnis

ADAMASCHEK, Bernd: Interkommunaler Leistungsvergleich: Leistung und Innovation

durch Wettbewerb. 2. Aufl., Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1997

ADE, Klaus: Finanzcontrolling im Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen.

In: Controller Magazin, Bd. 3/2007, S. 264-272

ADORNO, Theodor W.: Kultur und Verwaltung. In: Merkur. Deutsche Zeitschrift für

europäisches Denken, Bd. 2/1960, S. 101-121

ALLMANN, Uwe: Unternehmensführung in Kulturbetrieben. Hagen: Fernuniversität, 1998

ALMSTEDT, Matthias: Ganzheitliches computerbasiertes Controlling im öffentlichen

Theater. Göttingen: Unitext-Verlag, 1999 (Göttinger Wirtschaftsinformatik Bd. 27)

ARNDT, Hans-Wolfgang; RUDOLF, Walter: Öffentliches Recht. 13. Aufl., München:

Vahlen, 2000

BALS, Hansjürgen: Neues kommunales Finanz- und Produktmanagement. 2. Aufl.,

München u. a.: Jehle, 2008 (Die neue Kommunalverwaltung Bd. 10)

BARZELAY, Michael: The New Public Management: Improving Research and Policy

Dialogue. Berkeley u. a.: University of California Press, 2001

BAUMOL, William J.; BOWEN, William G.: Performing Arts – The Economic Dilemma.

New York: The Twentieth Century Fund, 1966

BECKER, Ralph; WEISE, Frank: Controlling für die Öffentliche Verwaltung – Innovative

Steuerungskonzepte in der Praxis. In: GLEICH, Ronald (Hrsg.); MÖLLER, Klaus (Hrsg.)

u. a.: Controllingfortschritte. Prof. Dr. Péter Horváth zum 65. Geburtstag. München:

Vahlen, 2002, S. 171-191

BENDIXEN, Peter: Einführung in das Kultur- und Kunstmanagement. 2. Aufl., Wiesbaden:

Westdeutscher Verlag, 2002

Page 258: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

246 Literaturverzeichnis

BERMAN, Evan M.; BOWMAN, James S.; u. a.: Human Resource Management in Public

Service: Paradoxes, Processes, and Problems. 2. Aufl., Thousand Oaks: Sage, 2006

BEUTLING, Lutz: Controlling in Kulturbetrieben am Beispiel Theater. Hagen:

Fernuniversität Hagen, 1993

BIELFELDT, Friedrich: Die Konsequenzen des demographischen Wandels für den

hochkulturellen Sektor am Beispiel der Lübecker Museen. Berlin: WVB, 2009

BLANKE, Bernhard (Hrsg.); EINEMANN, Edgar (Hrsg.); PALM, Hermann (Hrsg.);

THÖRMER, Heinz (Hrsg.): Modernes Management für die Verwaltung. 2. Aufl.,

Hannover: Pinkvoss, 2005

BLÜMLE, Gerold (Hrsg.): Perspektiven einer kulturellen Ökonomik. Münster: LIT, 2004

BOERNER, Sabine: Führungsverhalten und Führungserfolg – ein Beitrag zu einer Theorie

der Führung am Beispiel des Musiktheaters. Wiesbaden: Dt. Univ.-Verlag, 2002

(Neue betriebswirtschaftliche Forschung 289)

BOETHIUS, Siv B.; WRANGSJÖ, Björn: Management der Kunst: Organisationsentwicklung

in einem Symphonie-Orchester. In: TREBESCH, Karsten (Hrsg.): Organisationsentwick-

lung. Stuttgart: Klett-Cotta, 2000, S. 330-351

BOGUMIL, Jörg; GROHS, Stephan; KUHLMANN, Sabine; OHM, Anna K.: Zehn Jahre Neues

Steuerungsmodell. Berlin: edition sigma, 2007 (Modernisierung des öffentlichen

Sektors Sonderband 29)

BOGUMIL, Jörg; HOLTKAMP, Lars; KIßLER, Leo; KUHLMANN, Sabine; REICHARD,

Christoph; SCHNEIDER, Karsten; WOLLMANN, Hellmut: Perspektiven kommunaler

Verwaltungsmodernisierung. Berlin: edition sigma, 2007 (Modernisierung des

öffentlichen Sektors Bd. 30)

BOGUMIL, Jörg; KUHLMANN, Sabine: Wirkungen lokaler Verwaltungsreformen:

Möglichkeiten und Brobleme der Performanzevalutation. In: JANN, Werner (Hrsg.);

RÖBER, Manfred (Hrsg.); u. a.: Public Management – Grundlagen, Wirkungen, Kritik.

Festschrift für Christoph Reichard zum 65. Geburtstag. Berlin: edition sigma, 2006a,

S. 349-370

Page 259: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 247

BOGUMIL, Jörg; KUHLMANN, Sabine: Zehn Jahre kommunale Verwaltungsmodernisie-

rung. Ansätze einer Wirkungsanalyse. In: JANN, Werner; BOGUMIL, Jörg; BOUCKAERT,

Geert; BUDÄUS, Dietrich; HOLTKAMP, Lars; KIßLER, Leo; KUHLMANN, Sabine;

MEZGER, Erika; REICHARD, Christoph; WOLLMANN, Hellmut: Status-Report Verwal-

tungsreform. Eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren. 2. Aufl., Berlin: edition sigma,

2006, S. 51-63

BOLWIN, Rolf: Theater zwischen Reformwahn und Realität: Theater droht schleichender

Zerfall. In: Der Städtetag, Nr. 10/2003, S. 12-15

BOUCKAERT, Geert: Renewing Public Sector Performance Measurement. In: JANN,

Werner (Hrsg.); RÖBER, Manfred (Hrsg.); u. a.: Public Management – Grundlagen,

Wirkungen, Kritik. Festschrift für Christoph Reichard zum 65. Geburtstag. Berlin:

edition sigma, 2006, S. 119-131

BOUCKAERT, Geert; HALLIGAN, John: Managing Performance: International

Comparisons. London: Routledge, 2008

BOUCKAERT, Geert; VAN DOOREN, Wouter: Performance measurement and management

in public organizations. In: BOVAIRD, Tony (Hrsg.); LÖFFLER, Elke (Hrsg.): Public

Management and Governance. London: Routledge, 2003, S. 127-136

BOVAIRD, Tony (Hrsg.); LÖFFLER, Elke (Hrsg.): Public Management and Governance.

London: Routledge, 2003

BRAMSEMANN, Urs; HEINEKE, Carten; u. a.: Verhaltensorientiertes Controlling –

Konturierung und Entwicklungsstand einer Forschungsperspektive. In: Die Betriebs-

wirtschaft, Nr. 5/2004, S. 550-570

BREDE, Helmut: Grundzüge der Öffentlichen Betriebswirtschaftslehre. 2. Aufl.,

München: Oldenbourg, 2005

BREZINKA, Thomas: Orchestermanagement. Hagen: Fernuniversität, 2002

Page 260: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

248 Literaturverzeichnis

BRÜHLMEIER, Daniel; HALDEMANN, Theo; MASTRONARDI, Theo; SCHEDLER, Kuno:

Politische Planung: Mittelfristige Steuerung in der wirkungsorientierten Verwaltungs-

führung. Bern: Verlag Paul Haupt, 2001

BUCHHOLTZ, Klaus: Verwaltungssteuerung mit Kosten- und Leistungsrechnung:

Internationale Erfahrungen, Anforderungen und Konzepte. Wiesbaden: Dt. Univ.-

Verlag, 2001

BUDÄUS, Dietrich (Hrsg.); CONRAD, Peter (Hrsg.); SCHREYÖGG, Georg (Hrsg.): New

Public Management. Berlin: de Gruyter, 1998 (Managementforschung Bd. 8)

BUDÄUS, Dietrich: Governance – begriffliche Abgrenzung. In: BUDÄUS, Dietrich (Hrsg.):

Governance von Profit- und Nonprofit-Organisationen in gesellschaftlicher Verant-

wortung. Wiesbaden: Dt. Univ.-Verlag, 2005, S. 2-13

BUDÄUS, Dietrich: Modernisierung des öffentlichen Haushalts- und Rechnungswesen. In:

JANN, Werner; BOGUMIL, Jörg; BOUCKAERT, Geert; BUDÄUS, Dietrich; HOLTKAMP,

Lars; KIßLER, Leo; KUHLMANN, Sabine; MEZGER, Erika; REICHARD, Christoph;

WOLLMANN, Hellmut: Status-Report Verwaltungsreform. Eine Zwischenbilanz nach

zehn Jahren. 2. Aufl., Berlin: edition sigma, 2006, S. 75-86

BUDÄUS, Dietrich: Prozesskostenrechnung in öffentlichen Unternehmen. In: EICHHORN,

Peter (Hrsg.); ENGELHARDT, Werner W. (Hrsg.): Standortbestimmung öffentlicher

Unternehmen in der sozialen Marktwirtschaft: Gedenkschrift für Theo Thiemeyer.

Baden-Baden: Nomos, 1994, S. 247-258

BUDÄUS, Dietrich: Public Management. 4. Aufl., Berlin: edition sigma, 1998

(Modernisierung des öffentlichen Sektors Bd. 2)

BUDÄUS, Dietrich; BEHM, Christiane; ADAM, Berit: Reformen des öffentlichen Haushalts-

und Rechnungswesens in Deutschland: Stand, Konzepte, Entwicklungsperspektiven

(Teil 1). In: Verwaltung und Management, 10. Jg., Nr. 5/2004, S. 228-233

BUSCHOR, Ernst (Hrsg.); SCHEDLER, Kuno (Hrsg.): Perspectives on Performance

Measurement and Public Sector Accounting. Bern u. a.: Haupt, 1994, S. VII-XVIII

Page 261: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 249

COASE, Ronald H.: The New Institutional Economics. In: Zeitschrift für die gesamte

Staatswissenschaft, Bd. 140/1984, S. 229-231

COENENBERG, Adolf G.; FISCHER, Thomas M.; GÜNTHER, Thomas: Kostenrechnung und

Kostenanalyse. 7. Aufl., Stuttgart: Schäffer Poeschel, 2009

CONRAD, Peter: Strategisches Personalmanagement in öffentlichen Verwaltungen. In:

ECKARDSTEIN, Dudo von (Hrsg.); RIDDER, Hans-Gerd (Hrsg.): Personalmanagement

als Gestaltungsaufgabe im Nonproft und Public Management. München: Rainer

Hampp Verlag, 2003, S. 251-270

DELFGAAUW, Josse; DUR, Robert: Incentives and Worker’s Motivation in the Public

Sector. Ohne Ortsangabe: Center for Economic Studies, 2004 (CESifo Working Paper

No. 1223)

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theater und Orchester in Deutschland. Köln:

Deutscher Bühnenverein, 2005a

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 1994/1995. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 1995

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 1995/1996. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 1996

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 1996/1997. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 1997

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 1997/1998. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 1998

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 1998/1999. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 1999

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 1999/2000. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 2000

Page 262: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

250 Literaturverzeichnis

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 2000/2001. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 2001

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 2001/2002. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 2002

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 2002/2003. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 2003

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 2003/2004. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 2004

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 2004/2005. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 2005

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 2005/2006. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 2006

DEUTSCHER BÜHNENVEREIN (Hrsg.): Theaterstatistik 2006/2007. Köln: Deutscher

Bühnenverein, 2007

DEUTSCHES INSTITUT FÜR URBANISTIK: Verwaltungsmodernisierung in deutschen

Kommunalverwaltungen – Eine Bestandsaufnahme. Berlin: Deutsches Institut für

Urbanistik, 2005

DIESING, Paul: Reason in Society. Five Types of Decisions and Their Social Conditions.

Urbana: University of Illinois Press, 1962

DIW (Hrsg.): Kultur als Wirtschaftsfaktor in Berlin. Berlin: Deutsches Institut für

Wirtschaftsforschung (DIW), 2002

DIW (Hrsg.): Kultur als Wirtschaftsfaktor in Berlin. Berlin: Vistas, 1992

DOSE, Nicolai: Steuerungsmodelle, Neue. In: VOIGT, Rüdiger (Hrsg.); WALKENHAUS,

Ralf (Hrsg.): Handwörterbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden: VS Verlag für

Sozialwissenschaften, 2006, S. 339-344

Page 263: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 251

ECKARDSTEIN, Dudo von; RIDDER, Hans-Gerd: Anregungspotenziale für Nonprofit

Organisationen aus der wissenschaftlichen Diskussion über strategisches Personal-

management. In: ECKARDSTEIN, Dudo von (Hrsg.); RIDDER, Hans-Gerd (Hrsg.):

Personalmanagement als Gestaltungsaufgabe im Nonproft und Public Management.

München: Rainer Hampp Verlag, 2003, S. 11-32

EICHHORN, Peter: Herausforderungen für Führungskräfte in öffentlichen Unternehmen.

In: EICHHORN, Peter (Hrsg.); ENGELHARDT, Werner W. (Hrsg.): Standortbestimmung

öffentlicher Unternehmen in der sozialen Marktwirtschaft: Gedenkschrift für Theo

Thiemeyer. Baden-Baden: Nomos, 1994, S. 227-243

ERMERT, Karl (Hrsg.): Kultur als Entwicklungsfaktor. Wolfenbüttel: Bundesakademie für

kulturelle Bildung, 2002 (Wolfenbüttler Akademie-Texte Bd. 6)

FISCHER, Walter B.: Kunst vor Management. Zürich: Rüegger, 2004

FLICK, Uwe: Qualitative Sozialforschung. Hamburg: Rowohlt, 2007

FLURY, Reto: Gestaltungsregeln für eine Kosten- und Leistungsrechnung der Kantone

und Gemeinden – Ein systemorientierter Ansatz. Bamberg: Difo-Druck, 2002

(Dissertation Nr. 2610)

FREY, Bruno: Arts & Economics. 2. Aufl., Berlin u. a.: Springer, 2003

FRITSCH, Michael; WEIN, Thomas; EWERS, Hans-Jürgen: Marktversagen und

Wirtschaftspolitik: Mikroökonomische Grundlagen staatlichen Handelns. 7. Aufl.,

München: Vahlen, 2007

FUDALLA, Mark; TÖLLE, Martin; WÖSTE, Christian; ZUR MÜHLEN, Manfred: Bilanzierung

und Jahresabschluss in der Kommunalverwaltung. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2007

FUDALLA, Mark; WÖSTE, Christian: Doppik schlägt Kameralistik. 4. Aufl., Köln: KPMG,

2005

FUDALLA, Mark; ZUR MÜHLEN, Manfred; WÖSTE, Christian: Doppelte Buchführung in

der Kommunalverwaltung. 3. Aufl., Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2007

Page 264: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

252 Literaturverzeichnis

GANSCH, Christian: Vom Solo zur Sinfonie: Was Unternehmen von Orchestern lernen

können. Frankfurt a. Main: Eichborn, 2006

GEBERT, Diether; VON ROSENSTIEL, Lutz: Organisationspsychologie, 5. Aufl. Stuttgart:

Kohlhammer, 2002

GENTNER, Dedre (Hrsg.); STEVENS, Albert L. (Hrsg.): Mental Models. Hillsdale, NJ :

Erlbaum, 1983

GILLER, Jan: Marketing für Sinfonieorchester. Aachen: Shaker, 1995

GLÄSER, Jochen; LAUDEL, Grit: Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse. 2.

Aufl., Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2006

GREVE, Malte: Zielorientierte Steuerung öffentlicher Theater. Hamburg: Kovac, 2002

(Schriftenreihe Innovative betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bd. 130)

GRIMBERG, Michael: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre. 3. Aufl., Ostbevern: Verlag

Karla Grimberg, 2004

HAHN, Dietger; HUNGENBERG, Harald: Planung und Kontrolle. 6. Aufl., Wiesbaden:

Gabler, 2001

HAIBER, Thomas: Controlling für öffentliche Unternehmen: Konzeption und instrumentel-

le Umsetzung aus der Perspektive des New Public Management. München: Vahlen,

1997

HALBLÜTZEL, Peter: Verwaltungsmodernisierung und Personalentwicklung. In: THOM,

Norbert (Hrsg.); ZAUGG, Robert J. (Hrsg.): Moderne Personalentwicklung: Mitarbei-

terpotenziale erkennen, entwickeln und fördern. Wiesbaden: Gabler, 2006, S. 343-352

HALDEMANN, Theo u. a.: Evaluationsstudien für ein tatsächlich wirkungsorientiertes

NPM. Bern: VERLAG, 2001

HAMANN, Thomas K.: Cultural Dynamics – Zur langfristigen Existenzsicherung von

Kulturorchestern in Deutschland und der Schweiz. Bamberg: Difo-Druck, 2005

Page 265: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 253

HARTUNG, Andreas: Controlling in öffentlichen Kulturbetrieben. Bonn: Kulturpolit.

Gesellschaft, 1998 (Den Wandel durch Fortbildung begleiten 2)

HAUTMANN, Peter; LEIPOLD, Georg; POPP, Michael; REISS, Silvia; RÖBKE, Thomas;

STROBEL, Matthias; VIERHEILIG, Otto: Reformprojekt Kulturverwaltung: Ein

praktischer Leitfaden und Erfahrungsbericht am Beispiel Erlangen und Nürnberg.

Bonn: Kulturpolitische Gesellschaft, 1998 (Den Wandel durch Fortbildung begleiten

1)

HEILBRUN, James; GRAY, Charles M.: The Economics of Art and Culture. Cambridge:

Cambridge University Press, 2001

HEINE, Bernd-Oliver; HIRSCH, Bernhard; HUFSCHLAG, Klaus; LESCH, Marc; MEYER,

Matthias; MÜLLER, Roman; PAEFGEN, Anne; PIEROTH, Guido: Zur Modellierung

ökonomischer Akteure mit begrenzten kognitiven Fähigkeiten – Anleitung zu einer

problemspezifischen Ausdifferenzierung des Homo oeconomicus. Vallendar: WHU,

2006 (WHU-Forschungspapier Bd. 110)

HEINEKE, Carsten: Kennzahlen als Instrument der Führung: eine sach-analytische

Untersuchung aus einer verhaltensorientierten Perspektive unter Einbeziehung

kommunikationstheoretischer Überlegungen. Hamburg: Kovac, 2005

HEINRICHS, Werner: Der Kulturbetrieb. Bielefeld: transcript, 2006

HEINRICHS, Werner: Kulturpolitik und Kulturfinanzierung: Strategien und Modelle für

eine politische Neuorientierung der Kulturfinanzierung. München: Beck, 1997a

HEINRICHS, Werner: Macht Kultur Gewinn? Baden-Baden: Nomos, 1997

HEINZE, Thomas (Hrsg.): Neue Ansätze im Kulturmanagement. Wiesbaden: VS Verlag für

Sozialwissenschaften, 2004

HELBERGER, Christof (Hrsg.): Ökonomie der Hochschule, Bd. I. Berlin: Duncker &

Humblot, 1989 (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 181/I)

Page 266: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

254 Literaturverzeichnis

HELBERGER, Christof (Hrsg.): Ökonomie der Hochschule, Bd. II. Berlin: Duncker &

Humblot, 1989a (Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 181/II)

HERRMANN, Henrike: Budgetkürzungen im Kulturbereich, untersucht am Beispiel

deutscher Orchester. Hamburg: Kovac, 2001 (Innovative Betriebswirtschaftliche

Forschung und Praxis Bd. 125)

HIEBER, Fritz: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre: Grundlagen für das Management in

der öffentlichen Verwaltung. 5. Aufl., Sternenfels: Verlag Wissenschaft & Praxis, 2005

HOMANN, Karl; SUCHANEK, Andreas: Ökonomik – Eine Einführung. 2. Aufl., Tübingen:

Mohr Siebeck, 2005

HÜBLER, Olaf: Einführung in die empirische Wirtschaftsforschung. München:

Oldenbourg, 2005

HUNOLD, Claus: Kommunale Kostenrechnung. Wiesbaden: Dt. Univ.-Verlag, 2003

HUTTER, Michael: Kulturökonomik. Hagen: Fernuniversität Hagen, 1992

JACOBSHAGEN, Arnold (Hrsg.): Praxis Musiktheater. Laaber: Laaber-Verlag, 2002

JAEGER, Franz (Hrsg); STIER, Winfried (Hrsg.); FEW-HSG (Hrsg.): Kunst und Kommerz.

Chur u. a.: Rüegger, 2001

JANN, Werner (Hrsg.); RÖBER, Manfred (Hrsg.); u. a.: Public Management – Grundlagen,

Wirkungen, Kritik. Festschrift für Christoph Reichard zum 65. Geburtstag. Berlin:

edition sigma, 2006b

JANN, Werner: Einleitung: Instrumente, Resultate und Wirkungsen – die deutsche

Verwaltung im Modernisierungsschub? In: JANN, Werner; BOGUMIL, Jörg;

BOUCKAERT, Geert; BUDÄUS, Dietrich; HOLTKAMP, Lars; KIßLER, Leo; KUHLMANN,

Sabine; MEZGER, Erika; REICHARD, Christoph; WOLLMANN, Hellmut: Status-Report

Verwaltungsreform. Eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren. 2. Aufl., Berlin: edition

sigma, 2006, S. 9-21

Page 267: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 255

JANN, Werner: Verwaltungsmodernisierung auf Bundesebene In: JANN, Werner;

BOGUMIL, Jörg; BOUCKAERT, Geert; BUDÄUS, Dietrich; HOLTKAMP, Lars; KIßLER,

Leo; KUHLMANN, Sabine; MEZGER, Erika; REICHARD, Christoph; WOLLMANN,

Hellmut: Status-Report Verwaltungsreform. Eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren. 2.

Aufl., Berlin: edition sigma, 2006a, S. 100-111

JOHNSON-LAIRD, Philip N.: Mental Models. Cambridge: Cambridge University Press,

1983

JONES, David S.: Uses and Limitations of Performance Measurement in the Civil Service:

An Assessment from the Singapore and New Zealand Experiences. In: DENT, Mike

(Hrsg.); CHANDLER, John (Hrsg.); BARRY, Jim (Hrsg.): Questioning the New Public

Management. Ashgate: Aldershot, 2004, S. 191-205

JONES, Larry R.: Defining Public Management as an International Academic Field. In:

JANN, Werner (Hrsg.); RÖBER, Manfred (Hrsg.); u. a.: Public Management – Grundla-

gen, Wirkungen, Kritik. Festschrift für Christoph Reichard zum 65. Geburtstag. Berlin:

edition sigma, 2006, S. 109-117

KAUFMANN, Franz-Xaver: Rationalität hinter dem Rücken der Akteure: Soziologische

Perspektiven. In: SIEGENTHALER, Hansjörg (Hrsg.): Rationalität im Prozess kultureller

Evolution: Rationalitätsunterstellungen als eine Bedingung der Möglichkeit substan-

tieller Rationalität des Handelns. Tübingen: Mohr Siebeck, 2005 (Die Einheit der

Geisteswissenschaften 132), S. 93-129

KEIL, Alexander: Budgetierung und Controlling im Kulturbetrieb. In: RAUTER, Anton E.

(Hrsg.); KEMMETMÜLLER, Wolfgang (Hrsg.): Management in Profit- und Non-Profit-

Organisationen. Wien: Ueberreuter, 2001, S. 137-148

KETTIGER, Daniel: Der Diskurs zu NPM lebt weiter – Betrachtungen fünf Jahre danach.

In: MASTRONARDI, Philippe; SCHEDLER, Kuno: New Public Management in Staat und

Recht: Ein Diskurs. 2. Aufl., Bern: Verlag Paul Haupt, 2004, S. 201-224

Page 268: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

256 Literaturverzeichnis

KETTIGER, Daniel: Die Forderungen von New Public Management an die Gesetzgebung.

In: KETTIGER, Daniel (Hrsg.): Wirkungsorientierte Verwaltungsführung und Gesetzge-

bung. Bern: Verlag Paul Haupt, 2000, S. 1-31

KETTL, Donald F.: The Global Public Management Revolution. 2. Aufl., Washington: The

Brookings Institution Press, 2005

KGST (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung): Führung und

Steuerung des Theaters. Köln: KGSt, 1989

KGST (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung): Von der

Kulturverwaltung zum Kulturmanagement im NSM. Köln: KGSt, 1997 (Bericht

3/1997)

KIESEL, Britta: Wirkungsorientierte Steuerung einer Landesverwaltung: Strategisches

Controllingkonzept für ein Bundesland. Wiesbaden: Dt. Univ.-Verlag, 2005

KILLIAN, Werner (Hrsg.); RICHTER, Peter (Hrsg.); TRAPP, Jan H. (Hrsg.): Ausgliederung

und Privatisierung in Kommunen. Berlin: edition sigma, 2006 (Modernisierung des

öffentlichen Sektors Sonderband 25)

KIRCHGÄSSNER, Gebhard: Homo Oeconomicus: Das ökonomische Modell individuellen

Verhaltens und seine Anwendung in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. 2.

Aufl., Tübingen: Mohr Siebeck, 2000

KISSLER, Leo; BOGUMIL, Jörg; GREIFENSTEIN, Ralph; WIECHMANN, Elke: Moderne Zeiten

im Rathaus? Berlin: edition sigma, 1997 (Modernisierung des öffentlichen Sektors

Sonderband 8)

KLEIN, Armin: Der exzellente Kulturbetrieb. 2. Aufl., Wiesbaden: VS Verlag für

Sozialwissenschaften, 2008

KLIMECKI, Rüdiger; HABELT, Wolfgang: Führungskräfteentwicklung in öffentlichen

Verwaltungen: Konzeptionen und ihre verwaltungspolitische Integration in der

Bundesrepublik Deutschland und den USA. Universität Konstanz: Diskussionsbeitrag

der Fakultät für Verwaltungswissenschaft Nr. 6, 1993

Page 269: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 257

KLÜMPER, Bernd; MÖLLERS, Heribert; ZIMMERMANN, Ewald: Verwaltungsorganisation

und Personalwirtschaft. 11. Aufl., Wuppertal: Buchverlag Verwaltungs-BWL, 2004

KNAPPE, Robert: Die Haushaltsnotlage des Landes Berlin und die Auswirkungen auf die

Kulturbetriebe. Saarbrücken: Verlag Dr. Müller, 2007

KOCH, Rainer (Hrsg.); PETER, Conrad (Hrsg.): New Public Service: Öffentlicher Dienst

als Motor der Staats- und Verwaltungsmodernisierung. Wiesbaden: Gabler, 2003

KOCH, Rainer: Kontraktmanagement und Personalführung in öffentlichen Verwaltungen:

systemgerechte Entwicklung von Managementinstrumenten als Realisierungsbedin-

gungen von NPM Reformen. Hamburg: Institut für Verwaltungswissenschaft an der

Universität der Bundeswehr, 1996 (Beiträge zur Verwaltungswissenschaft 29)

KOCH, Rainer: New Public Management und Ausgestaltung des öffentlichen Personalwe-

sens. In: ECKARDSTEIN, Dudo von (Hrsg.); RIDDER, Hans-Gerd (Hrsg.): Personalma-

nagement als Gestaltungsaufgabe im Nonproft und Public Management. München:

Rainer Hampp Verlag, 2003, S. 271-291

KOCH, Rainer: Umbau Öffentlicher Dienste. Wiesbaden: Dt. Univ.-Verlag, 2004

KONIETZKA, Thomas; KÜPPERS, Hans-Georg: Neue Steuerung in der kommunalen

Kulturarbeit: Alternative Formen der Organisation und Finanzwirtschaft für

Kultureinrichtungen. Bonn: Kulturpolitische Gesellschaft, 1998 (Den Wandel durch

Fortschritt begleiten 3)

KONRAD, Elmar D. (Hrsg.): Unternehmertum und Führungsverhalten im Kulturbereich.

Münster: Waxmann, 2006

KONRAD, Elmar D.; GEMÜNDEN, Hans G.: Unternehmerische Gestaltung von

Kulturbetrieben. In: Zeitschrift für Führung und Organisation, Bd. 71/2002, S. 368-

375

KOPP, Daniel: New Public Management: Heil oder Segen? Möglichkeiten und Grenzen

aus ökonomischer Sicht. WWZ-Discussion Paper Nr. 9702, 1997

Page 270: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

258 Literaturverzeichnis

KOSIOL, Erich: Die Unternehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum. Reinbek:

Rowohlt, 1972

KRYSTEK, Ulrich; MOLDENHAUER, Ralf: Handbuch Krisen- und Restrukturierungsmana-

gement. Stuttgart: Kohlhammer, 2007

KUHLMANN, Sabine (Hrsg.); BOGUMIL, Jörg (Hrsg.); WOLLMANN, Hellmut (Hrsg.):

Leistungsmessung und –vergleich in Politik und Verwaltung. Wiesbaden: VS Verlag

für Sozialwissenschaften, 2004

KUHLMANN, Sabine; WOLLMANN, Hellmut: Transaktionskosten von Verwaltungsrefor-

men: ein ‚missing link’ der Evaluationsforschung. In: JANN, Werner (Hrsg.); RÖBER,

Manfred (Hrsg.); u. a.: Public Management – Grundlagen, Wirkungen, Kritik.

Festschrift für Christoph Reichard zum 65. Geburtstag. Berlin: edition sigma, 2006b,

S. 371-391

KÜPPER, Hans-Ulrich; WEBER, Jürgen; u. a.: Zum Verständnis und Selbstverständnis des

Controlling. In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Bd. 60/1990, S. 281-293

LANE, Jan-Erik: New Public Management. London: Routledge, 2000

LANE, Jan-Erik: State Management. London: Routledge, 2009

LIENHARD, Andreas (Hrsg.); RITZ, Adrian (Hrsg.); STEINER, Reto (Hrsg.); LADNER,

Andreas (Hrsg.): 10 Jahre New Public Management in der Schweiz: Bilanz, Irrtümer

und Erfolgsfaktoren. Bern; u. a.: Verlag Paul Haupt, 2005

LINDENBERG, Siegwart: Homo Socio-oeconomicus: The Emerge of a General Model of

Man in the Social Sciences. In: Journal of Institutional and Theoretical Economics,

Nr. 146(4)/1990, S. 727-748

LÖFFLER, Elke: Die Ökonomisierung des Staates – Versuch einer Begriffserklärung. In:

HARMS, Jens (Hrsg.); AMBROSIUS, Gerold (Hrsg.): Die Ökonomisierung des öffentli-

chen Sektors: Instrumente und Trends. Baden-Baden: Nomos, 2003, S. 19-26

Page 271: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 259

LÖFFLER, Elke: Leadership im öffentlichen Sektor – nicht nur eine Herausforderung für

Führungskräfte. In: KOCH, Rainer (Hrsg.); PETER, Conrad (Hrsg.): New Public

Service: Öffentlicher Dienst als Motor der Staats- und Verwaltungsmodernisierung.

Wiesbaden: Gabler, 2003a, S. 239-262

LÜDER, Klaus: Neues öffentliches Haushalts- und Rechnungswesen. Berlin: edition sigma,

2001 (Modernisierung des öffentlichen Sektors Bd. 18)

LUHMANN, Niklas: Soziologische Aufklärung, Band 1. 4. Aufl., Opladen: Westdeutscher

Verlag, 1974

MASTRONARDI, Philippe: New Public Management im Kontext unserer Staatsordnung .

Staatspolitische, staatsrechtliche und verwaltungsrechtliche Aspekte. In:

MASTRONARDI, Philippe; SCHEDLER, Kuno: New Public Management in Staat und

Recht: Ein Diskurs. 2. Aufl., Bern: Verlag Paul Haupt, 2004, S. 47-120

MAYR, Ernst: Eine neue Philosophie der Biologie. München: Piper, 1991

MAYRING, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse. 9. Aufl., Weinheim: Deutscher Studien

Verlag, 2007

MEYER, Matthias: Akteursmodell und ökonomischer Ansatz – Eine Verhältnisbestimmung.

Vallendar: WHU, 2005 (WHU-Forschungspapier Bd. 106)

MEYER, Matthias; HEINE, Bernd-Oliver: Motivation und Einordnung des „Akteursmo-

dells“ – Überlegungen zur Integration von Anreizen und Kognition in der betriebs-

wirtschaftlichen Forschung. Vallendar: WHU, 2005 (WHU-Forschungspapier Bd.

105)

MÖRTH, Ingo: Kulturbetriebslehre. In: KEMMETMÜLLER, Wolfgang (Hrsg.); KOTEK,

Helmut (Hrsg.); PETERMANDL, Monika (Hrsg.); STIEGLER, Harald (Hrsg.): Erfolgspo-

tentiale von Klein- und Mittelbetrieben. Linz: Trauner, 1995, S. 429-448

MÜHLENKAMP, Holger: Öffentliche Unternehmen. München u. a.: Oldenbourg, 1994

Page 272: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

260 Literaturverzeichnis

MÜLLER, Ulrich: Betriebswirtschaftslehre, öffentliche. In: VOIGT, Rüdiger (Hrsg.);

WALKENHAUS, Ralf (Hrsg.): Handwörterbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden: VS

Verlag für Sozialwissenschaften, 2006, S. 33-36

MÜLLER, Ulrich: Controlling/Verwaltungscontrolling. In: VOIGT, Rüdiger (Hrsg.);

WALKENHAUS, Ralf (Hrsg.): Handwörterbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden: VS

Verlag für Sozialwissenschaften, 2006a, S. 62-68

NIEDERHOLTMEYER, Klaus: Die Bedeutung von Kunst und Kultur als Wirtschaftsfaktor.

Berlin: Deutsches Institut für Urbanistik, 1993

O’HAGAN, John W.: The State and the Arts. Cheltenham u. a.: Edward Elgar, 1998

OECD (Hrsg.): Governance in Transition: Public Management Reforms in OECD

Countries. Paris: OECD, 1995

OECHSLE, Walter A.; VAANHOLT, Silke: Human Resource Management in der

öffentlichen Verwaltung. In: BUDÄUS, Dietrich (Hrsg.); CONRAD, Peter (Hrsg.);

SCHREYÖGG, Georg (Hrsg.): New Public Management. Berlin: de Gruyter, 1998, S.

151-190

OSSADNIK, Wolfgang: Rahmenbedingungen und Effizienzprobleme öffentlicher Theater.

In: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, Ausgabe 3/1987, S. 275-287

OSSADNIK, Wolfgang: Theatermanagement mittels Controlling. In: Zeitschrifft für

öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen, Ausgabe 2/1987a, S. 145-157

PARSONS, Talcott: Essays in Sociological Theory. Rev. Ed., New York: Free Press of

Glencoe, 1964

PITSCHAS, Rainer: Looking Behind New Public Management: „New“ Values of Public

Administration and the Dimensions of Personnel Management in the Beginning of the

21st Century. Speyer: Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung an der Deutschen

Hochschule für Verwaltungswissenschaften, 2004 (FÖV Discussion Papers 12)

Page 273: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 261

POLITT, Christopher; BOUCKAERT, Geert: Evaluation in Public-Sector Reform. In:

WOLLMANN, Hellmut (Hrsg.): Evaluation in Public Sector Reform. Concepts and

Practice in International Perspective. Cheltenham u. a.: Edward Elgar, 2003, S. 12-35

POLITT, Christopher; BOUCKAERT, Geert: Public Management Reform. A Comparative

Analysis. 2. Aufl., Oxford: Oxford University Press, 2004

POMMEREHNE, Werner W.; FREY, Bruno S.: Musen und Märkte. München: Vahlen, 1993

PRÄTORIUS, Rainer: Bürokratie. In: VOIGT, Rüdiger (Hrsg.); WALKENHAUS, Ralf (Hrsg.):

Handwörterbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissen-

schaften, 2006, S. 58-62

PRICEWATERHOUSECOOPERS (Hrsg.): Der reformierte öffentliche Haushalt. Stuttgart:

Kohlhammer, 2009

RAUHE, Hermann (Hrsg.); DEMMER, Christine (Hrsg.): Kulturmanagement. Berlin u. a.:

de Gruyter, 1994

REICHARD, Christoph (Hrsg.): Theater als Organisation – Bericht über eine Projektstudie

zu organisatorisch-administrativen Aspekten von Berliner Theatern. Berlin: Fachhoch-

schule für Verwaltung und Rechtspflege, 1989 (Beiträge aus dem FB 1, Nr. 10)

REICHARD, Christoph: „New Public Management“ als Auslöser zunehmender

Ökonomisierung der Verwaltung. In: HARMS, Jens (Hrsg.); REICHARD, Christoph

(Hrsg.): Die Ökonomisierung des öffentlichen Sektors: Instrumente und Trends.

Baden-Baden: Nomos, 2003, S. 119-144 (Schriftenreihe der Gesellschaft für öffentli-

che Wirtschaft 50)

REICHARD, Christoph: Public Management. In: VOIGT, Rüdiger (Hrsg.); WALKENHAUS,

Ralf (Hrsg.): Handwörterbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden: VS Verlag für

Sozialwissenschaften, 2006, S. 282-286

Page 274: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

262 Literaturverzeichnis

REICHARD, Christoph: Zur Naivität aktueller Konzepttransfers im deutschen Public

Management. In: EDELING, Thomas (Hrsg.); JANN, Werner (Hrsg.); u.a.: Öffentliches

und privates Management. Fundamentally Alike in All Unimportant Respects?

Opladen: Leske + Budrich, 1998 (Schriftenreihe Interdisziplinäre Organisations- und

Verwaltungsforschung 1), S. 33-70

REINERMANN, Heinrich: Neues Politik- und Verwaltungsmanagement: Leitbild und

theoretische Grundlagen. Speyer: Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaf-

ten, 2000 (Speyerer Arbeitshefte Bd. 130)

RICHTER, Reinhart (Hrsg.); SIEVERS, Norbert (Hrsg.); SIEWERT, Hans-Jörg (Hrsg.):

Unternehmen Kultur: Neue Strukturen und Steuerungsformen in der kommunalen

Kulturverwaltung. Essen: Klartext Verlag, 1995 (Edition Umbruch 7)

RIDDER, Hans-Gerd; Neumann, Sven: Personalplanung in Nonprofit Organisationen. In:

ECKARDSTEIN, Dudo von (Hrsg.); RIDDER, Hans-Gerd (Hrsg.): Personalmanagement

als Gestaltungsaufgabe im Nonproft und Public Management. München: Rainer

Hampp Verlag, 2003, S. 119-140

RIEBEL, Paul: Einzelkosten- und Deckungsbeitrags-Rechnung. 7. Aufl., Wiesbaden:

Gabler, 1994

RIEDER, Stefan: Leistungs- und Wirkungsmessung in NPM-Projekten. In: LIENHARD,

Andreas (Hrsg.); RITZ, Adrian (Hrsg.); STEINER, Reto (Hrsg.); LADNER, Andreas

(Hrsg.): 10 Jahre New Public Management in der Schweiz: Bilanz, Irrtümer und

Erfolgsfaktoren. Bern; u. a.: Verlag Paul Haupt, 2005, S. 149-159

RIEDER, Stefan; LEHMANN, Luzia: Evaluation of New Public Management Reforms in

Switzerland: Empirical Results and Reflections on Methodology. In: International

Public Management Review, Vol. 3/2002, Issue 2, S. 25-43

RITZ, Adrian: 10 Jahre Verwaltungsreform in den Schweizer Kantonen. In: LIENHARD,

Andreas (Hrsg.); RITZ, Adrian (Hrsg.); STEINER, Reto (Hrsg.); LADNER, Andreas

(Hrsg.): 10 Jahre New Public Management in der Schweiz: Bilanz, Irrtümer und

Erfolgsfaktoren. Bern; u. a.: Verlag Paul Haupt, 2005, S. 47-67

Page 275: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 263

RITZ, Adrian: Evaluation von Verwaltungsreformen. Evaluationsmodell und empirische

Ergebnisse zur Beurteilung institutioneller Reformen am Beispiel des New Public

Managements. Bern: IOP-Verlag, 2002 (IOP Arbeitsbericht 56)

ROGGENCAMP, Sibylle: Public Private Partnership. Frankfurt am Main u. a.: Lang, 1999

(Europäische Hochschulschriften Reihe 5, Bd. 2410)

ROMMEL, Jan; CHRISTIAENS, Johan; DEVOS, Carl: Rhetorics of Reform: The Case of New

Public Management as a Paradigm Shift. Gent: Universiteit Gent, 2005 (Working

Paper 2005/354)

RÖPER, Henning: Handbuch Theatermanagement. Köln; u. a.: Böhlau, 2001

SAß, Johannes: Neues kommunales Haushalts- und Rechnungswesen in Deutschland. In:

BUDÄUS, Dietrich (Hrsg.): Governance von Profit- und Nonprofit-Organisationen in

gesellschaftlicher Verantwortung. Wiesbaden: Dt. Univ.-Verlag, 2005, S. 355-378

SCHÄFER, Ingeborg-Eleonore: Wenn der Staat schwindsüchtig wird: Zu den Grenzen des

New Public Management. In: Blätter für deutsche und internationale Politik. Bonn:

Blätter-Verlag-Gesellschaft, Bd. 44/1999, S. 1101-1109

SCHÄFER, Klaus; VERMEULEN, Peter: Das Theater als Betrieb. Unna: LKD-Verlag, 1996

SCHEDLER, Kuno: Die betriebswirtschaftliche Sicht des NPM und seiner staatsrechtlichen

Elemente. In: MASTRONARDI, Philippe; SCHEDLER, Kuno: New Public Management in

Staat und Recht: Ein Diskurs. 2. Aufl., Bern: Verlag Paul Haupt, 2004, S. 121-156

SCHEDLER, Kuno: Die Systemanforderungen des NPM an Staat und Recht. In:

MASTRONARDI, Philippe; SCHEDLER, Kuno: New Public Management in Staat und

Recht: Ein Diskurs. 2. Aufl., Bern: Verlag Paul Haupt, 2004a, S. 1-46

SCHEDLER, Kuno: Wie entwickelte sich die internationale Debatte um das New Public

Management? In: JANN, Werner (Hrsg.); RÖBER, Manfred (Hrsg.); u. a.: Public

Management – Grundlagen, Wirkungen, Kritik. Festschrift für Christoph Reichard

zum 65. Geburtstag. Berlin: edition sigma, 2006, S. 95-108

Page 276: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

264 Literaturverzeichnis

SCHEDLER, Kuno; PROELLER, Isabella: New Public Management. 3. Aufl., Bern: Verlag

Paul Haupt, 2006

SCHEIN, Edgar H.: Organizational Culture and Leadership. 3. Aufl., San Francisco:

Jossey-Bass, 2004

SCHMIDT, Hans-Jürgen: Betriebswirtschaftslehre und Verwaltungsmanagement. 6. Aufl.,

Heidelberg: C. F. Müller, 2004 (UTB für Wissenschaft Bd. 2227)

SCHMIDT, Jürgen: Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung. 7. Aufl., Berlin:

Erich Schmidt Verlag, 2006

SCHNEIDEWIND, Petra: Betriebswirtschaft für das Kulturmanagement. Bielefeld:

transcript, 2006

SCHNEIDEWIND, Petra: Entwicklung eines Theater-Managementinformationssystems.

Frankfurt am Main: Lang, 2000

SCHNEIDEWIND, Petra (Hrsg.); TRÖNDLE, Martin (Hrsg.): Selbstmanagement im

Musikbetrieb. Handbuch für Musikschaffende. Bielefeld: transcript, 2003

SCHNELL, Rainer; HILL, Paul B.; ESSER, Elke: Methoden empirischer Sozialforschung. 7.

Aufl., München: Oldenbourg, 2005

SCHUGK, Michael: Betriebswirtschaftliches Management öffentlicher Theater und

Kulturorchester. Wiesbaden: Dt. Univ.-Verlag, 1996

SCHULENBURG, Susanne: Der Weg von der Verwaltung hin zum Unternehmen Museum.

In: KONRAD, Elmar D. (Hrsg.): Unternehmertum und Führungsverhalten im Kulturbe-

reich. Münster: Waxmann, 2006, S. 107-118

SCHULZE, Günther G.; ROSE, Anselm: Public Orchestra Funding in Germany – An

Empirical Investigation. In: Journal of Cultural Economics, Bd. 22/1998, S. 227-247

Page 277: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 265

SCHUPPERT, Gunnar F.: Gewährleistungsverwaltung. In: VOIGT, Rüdiger (Hrsg.);

WALKENHAUS, Ralf (Hrsg.): Handwörterbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden: VS

Verlag für Sozialwissenschaften, 2006a, S. 150-152

SCHWARZMANN, Winfried: Entwicklung eines Controllingkonzepts für deutsche

Musiktheater und Kulturorchester in öffentlicher Verantwortung. Aachen: Shaker,

2000

SIEGENTHALER, Hansjörg: Kulturelle Evolution, Tradition und Rationalität. In:

SIEGENTHALER, Hansjörg (Hrsg.): Rationalität im Prozess kultureller Evolution:

Rationalitätsunterstellungen als eine Bedingung der Möglichkeit substantieller

Rationalität des Handelns. Tübingen: Mohr Siebeck, 2005, S. 3-32 (Die Einheit der

Geisteswissenschaften 132)

SIMON, Herbert A.: Entscheidungsverhalten in Organisationen: Eine Untersuchung von

Entscheidungsprozessen in Management und Verwaltung. Übersetzung der 3.

englischsprachigen Aufl., Landsberg am Lech: Verlag Moderne Industrie, 1981

SPEIER, Frank: Die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung in die Kommunalver-

waltung. Berlin: dissertation.de, 2002

STEIN, Frieder: Wirtschaftsplanung und –kontrolle öffentlicher Theater in der

Bundesrepublik Deutschland. Hamburg: Dissertation, 1982

STUDER, André: Managemententwicklung in einer öffentlichen Verwaltung. In: THOM,

Norbert (Hrsg.); ZAUGG, Robert J. (Hrsg.): Moderne Personalentwicklung: Mitarbei-

terpotenziale erkennen, entwickeln und fördern. Wiesbaden: Gabler, 2006, S. 353-368

SÜßMAIR, Augustin: Behavioral Accounting: Verhaltenstheoretische Grundlagen des

internen Rechnungswesens. Wiesbaden: Dt. Univ.-Verlag, 2000

SZIROTA, Herbert: Strategische Existenzsicherung öffentlicher Kulturbetriebe.

Wiesbaden: Dt. Univ.-Verlag, 1999

Page 278: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

266 Literaturverzeichnis

THIEL, Markus: Die verwaltete Kunst. Rechtliche und organisatorische Aspekte

öffentlicher Kulturverwaltung. Frankfurt am Main: Lang, 2003 (Europäische Hoch-

schulschriften Reihe 2, Bd. 3583)

THOM, Norbert; RITZ, Adrian: Public Management. Innovative Konzepte zur Führung im

öffentlichen Sektor. 3. Aufl., Wiesbaden: Gabler, 2006

THROSBY, David: Economics and Culture. Cambridge: Cambridge University Press, 2001

THROSBY, David: The Production and Consumption of the Arts: A View of Cultural

Economics. In: Journal of Economic Literature, Vol. XXXII, Bd. 3/1994, S. 1-29

TIETZEL, Manfred: Literaturökonomik. Tübingen: Mohr, 1995

TONDORF, Karin: Leistungszulagen als Reforminstrument? 2. Aufl., Berlin: edition sigma,

1997 (Modernisierung des öffentlichen Sektors Bd. 7)

TOWSE, Ruth (Hrsg.): A Handbook of Cultural Economics. Cheltenham u. a.: Edward

Elgar, 2003

TRÖNDLE, Martin: Entscheiden im Kulturbetrieb: Integriertes Kunst- und Kulturmanage-

ment. Bern: h.e.p./Ott, 2006

VAKIANIS, Artemis: Besonderheiten des Managements von Kulturbetrieben anahnd des

Beispiels „Theater“. In: ZEMBYLAS, Tasos (Hrsg.); TSCHMUCK, Peter (Hrsg.):

Kulturbetriebsforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2006, S.

79-98

VANBERG, Victor J.: Rationalitätsprinzip und Rationalitätshypothesen: Zum methodologi-

schen Status der Theorie rationalen Handelns. Freiburg: Universität Freiburg,

Abteilung für Wirtschaftspolitik und Walter Eucken Institut, 2002 (Diskussionspapiere

zur Ordnungsökonomik Nr. 02/5)

VELTHUIS, Louis: Lineare Erfolgsbeteiligung: Grundprobleme der Agency-Theorie im

Licht des LEN-Modells. Heidelberg: Physica, 1998 (Physica-Schriften zur Betriebs-

wirtschaft, Bd. 66)

Page 279: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Literaturverzeichnis 267

WAGNER, Bernd: „Effiziente Theater?“ – Theaterreform als Strukturveränderung und

Sparmöglichkeit. In: RICHTER, Reinhart (Hrsg.); SIEVERS, Norbert (Hrsg.); SIEWERT,

Hans-Jörg (Hrsg.): Unternehmen Kultur: Neue Strukturen und Steuerungsformen in

der kommunalen Kulturverwaltung. Essen: Klartext Verlag, 1995, S. 195-216 (Edition

Umbruch 7)

WALK, Tilman: Ökonomische Betriebsführung und politische Einbindung öffentlicher

Kulturbetriebe. Konstanz: unveröffentlichte Diplomarbeit an der Universität Konstanz,

1992

WALKENHAUS, Ralf: Staat, Aktivierender. In: VOIGT, Rüdiger (Hrsg.); WALKENHAUS,

Ralf (Hrsg.): Handwörterbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden: VS Verlag für

Sozialwissenschaften, 2006, S. 319-325

WALKENHAUS, Ralf; VOIGT, Rüdiger: Verwaltungsreformen – Einführung in das

Problemfeld. In: VOIGT, Rüdiger (Hrsg.); WALKENHAUS, Ralf (Hrsg.): Handwörter-

buch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2006,

S. XI-XXVIII

WEBER, Jürgen; GOTHE, Martin; SCHÄFFER, Utz: Mentale Modelle. In: WEBER, Jürgen

(Hrsg.); SCHÄFFER, Utz (Hrsg.): Rationalitätssicherung der Führung. Beiträge zu einer

Theorie des Controlling. Wiesbaden: Dt. Univ.-Verlag, 2001 (Schriften des Center for

Controlling & Management CCM 2), S. 105-111

WEBER, Jürgen; SCHÄFFER, Utz: Einführung in das Controlling. 12. Aufl., Stuttgart:

Schäffer Poeschel, 2008

WEBER, Jürgen; SCHÄFFER, Utz; LANGENBACH, Wilm: Gedanken zur Rationalitäts-

konzeption des Controlling. In: WEBER, Jürgen (Hrsg.); SCHÄFFER, Utz (Hrsg.):

Rationalitätssicherung der Führung. Beiträge zu einer Theorie des Controlling.

Wiesbaden: Dt. Univ.-Verlag, 2001 (Schriften des Center for Controlling & Manage-

ment CCM 2), S. 46-76

WEGNER, Manfred: Musik und Mammon. Baden-Baden: Nomos, 1999

Page 280: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

268 Literaturverzeichnis

WINTER, Christian: Das Neue Steuerungsmodell in der öffentlichen Verwaltung: Chancen

und Risiken für die Arbeit von Gleichstellungsbeauftragten. Hamburg: Dashöfer, 2005

WÖHE, Günter; DÖRING, Ulrich: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre.

20. Aufl., München: Vahlen, 2000

WOLLMANN, Hellmut (Hrsg.): Evaluation in Public-Sector Reform. Cheltenham u. a.:

Edward Elgar, 2003

ZEMBYLAS, Tasos (Hrsg.); TSCHMUCK, Peter (Hrsg.): Kulturbetriebsforschung.

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2006

ZEMBYLAS, Tasos: Kulturbetriebslehre. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften,

2004

ZIMMER, Annette; PRILLER, Eckhard; HALLMANN, Thorsten: Zur Entwicklung des

Nonprofit Sektors und zu den Auswirkungen auf das Personalmanagement seiner

Organisationen. In: ECKARDSTEIN, Dudo von (Hrsg.); RIDDER, Hans-Gerd (Hrsg.):

Personalmanagement als Gestaltungsaufgabe im Nonproft und Public Management.

München: Rainer Hampp Verlag, 2003, S. 33-52

Page 281: Die Eignung von New Public Management zur Steuerung offentlicher Kulturbetriebe

Quellenverzeichnis 269

Quellenverzeichnis

Bundeshaushaltsordnung (BHO). Elektronische Ressource, 2007

http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bho/gesamt.pdf

Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (HGrG).

Elektronische Ressource, 2007

http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/hgrg/gesamt.pdf

HEIMGARTNER, Martin ; DIETRICH, Andreas: Wirkungsorientierte Verwaltungsführung in

den Schweizer Kantonen. Ohne Ortsangabe : Elektronische Ressource, 2008

http://www.flag.admin.ch/d/dokumentation/downloads/dokumentation/publikationen/WOV_

Kantone_2008-12-18_d.pdf

LANDESREGIERUNG NORDRHEIN-WESTFALEN (Hrsg.): Bericht der Regierungskommission

Zukunft des öffentlichen Dienstes – Öffentlicher Dienst der Zukunft. Düsseldorf :

Elektronische Ressource, 2003

http://www.regierungskommission.nrw.de/imnrw/pdf/berrk.pdf

MERTENS, Gerald: Kulturorchester, Rundfunkensembles und Opernchöre. Bonn :

Elektronische Ressource, 2005

http://www.miz.org/static/themenportale/einfuehrungstexte_pdf/03_KonzerteMusiktheater/

mertens.pdf

RECHNUNGSHOF VON BERLIN (Hrsg.): Bericht gemäß § 99 LHO über den Stand der

Umsetzung des Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetzes (VGG) in den Senatsverwaltungen.

Berlin : Elektronische Ressource, 2006

http://www.berlin.de/imperia/md/content/rechnungshof2/berichtvggsenatsverwaltungen_1.pdf

STATISTISCHE ÄMTER DER LÄNDER UND DES BUNDES: Kulturfinanzbericht 2008. Wiesbaden :

Elektronische Ressource, 2008

http://www.statistikportal.de/Statistik-Portal/kulturfinanzbericht_2008.pdf

Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung (BHO VV). Elektronische Ressource,

2007

http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Integration/Downloads/EFF/027-

verwaltungsvorschriften-zur-bundeshaushaltsordnung.pdf