der buntsandstein. eine lebensfeindliche wüste oder doch mehr?

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mit- und Mergelsteine des marin geprägten Muschel- kalks. Aufgrund seiner äquatorialen Lage der Konti- nente herrschte während der Buntsandsteinzeit ein kontinentales, semiarides bis arides Klima mit relativ hohen Temperaturen. Abgelagert wurden vor allem Sand-,Ton- und Schluffsteine.Nur im Oberen Buntsand- stein bestand für eine etwas längere Zeit noch einmal eine Meeresverbindung zum Tethysmeer.Dabei gelang- ten über die im Osten gelegene Schlesische Pforte ma- rine Wässer in mehreren Schüben in den zentralen, vor allem Polen, Norddeutschland, aber auch die nördli- chen Niederlande und die südliche Nordsee umfassen- den Teil des Buntsandsteinbeckens,wo sie eindampften und sich heute als mächtige Anhydrit- und Steinsalzla- gen (bis zu 170 m) im tieferen Oberen Buntsandstein wiederfinden. Nach Süden hin lassen sich die Anhy- drite – oberflächennah meist in Gipse umgewandelt – bis südlich des Thüringer Waldes verfolgen. [1, 2] . Es gab selten Niederschläge, aber wenn es regnete, dann strömten große Wasserfluten in das Becken hi- nein.Während dieser zyklisch auftretenden feuchteren Den Buntsandstein (251 bis 240 Millionen Jahre vor heute) charakterisieren zwei Merkmale: die namensgebende Dominanz buntgefärbter Gesteine und die Fossilarmut im Vergleich zu anderen geologischen Zeitabschnitten, wie beispielsweise dem Muschelkalk. Lange hielt man den Buntsandstein für eine lebensfeindliche Wüste. Heute lassen sich die buntsandsteinzeitlichen Land- schaften differenzierter rekonstruieren: Extrem lebensfeindliche Bedingun- gen existierten zu Beginn des Buntsandsteins, wo an der Perm/Trias-Grenze (P/T) eine der großen Krisen der Erdgeschichte zu verzeichnen ist. Nachfol- gend eroberten dann vor allem die Landpflanzen den Lebensraum zurück. Erst circa 10 Millionen Jahre später, gegen Ende des Buntsandsteins, wurde im Muschelkalk dann wieder eine ähnlich hohe biotische Diversität erreicht, wie sie vor dem Ende des Perms bestand. Eine lebensfeindliche Wüste oder doch mehr? Der Buntsandstein HEINZ-G ERD R ÖHLING | C ARMEN HEUNISCH DOI:10.1002/biuz.201010428 268 | Biol. Unserer Zeit | 4/2010 (40) © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim N och vor Beginn des Buntsand- steins zog sich gegen Ende des Perms das Zechsteinmeer aus Mit- teleuropa zurück und die Verbin- dungen zu den Weltozeanen wur- den unterbrochen. Nur zeitweise gelangten noch marine Wässer in das epikontinentale „Germani- sche“ oder auch „Mitteleuropäi- sche Becken“. Der Buntsandstein ist der älteste Teil der „germani- schen Trias“. Während der Begriff „Trias“ 1834 erstmals von Friedrich August von Alberti geprägt wurde, wird das „Sandgebürge“ bezie- hungsweise der „Bunte Sandstein“ bereits von J. C. Füchsel (1761) und Abraham Gottlob Werner (um 1780) verwendet. Über den bunten Gesteinen des Buntsandsteins (Ab- bildung 1) folgen die Kalk-, Dolo- Neozoikum Mesozoikum Paläozoikum Proterozoikum Archaikum Ausflug in die Erdgeschichte ABB. 1 Die „Lange Anna“ ist ein 47 Meter hoher Buntsandsteinfelsen und das Wahrzeichen der Insel Helgoland.

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Page 1: Der Buntsandstein. Eine lebensfeindliche Wüste oder doch mehr?

mit- und Mergelsteine des marin geprägten Muschel-kalks. Aufgrund seiner äquatorialen Lage der Konti-nente herrschte während der Buntsandsteinzeit einkontinentales, semiarides bis arides Klima mit relativhohen Temperaturen. Abgelagert wurden vor allemSand-,Ton- und Schluffsteine.Nur im Oberen Buntsand-stein bestand für eine etwas längere Zeit noch einmaleine Meeresverbindung zum Tethysmeer. Dabei gelang-ten über die im Osten gelegene Schlesische Pforte ma-rine Wässer in mehreren Schüben in den zentralen,vorallem Polen, Norddeutschland, aber auch die nördli-chen Niederlande und die südliche Nordsee umfassen-den Teil des Buntsandsteinbeckens,wo sie eindampftenund sich heute als mächtige Anhydrit- und Steinsalzla-gen (bis zu 170 m) im tieferen Oberen Buntsandsteinwiederfinden. Nach Süden hin lassen sich die Anhy-drite – oberflächennah meist in Gipse umgewandelt –bis südlich des Thüringer Waldes verfolgen. [1, 2] .

Es gab selten Niederschläge, aber wenn es regnete,dann strömten große Wasserfluten in das Becken hi-nein.Während dieser zyklisch auftretenden feuchteren

Den Buntsandstein (251 bis 240 Millionen Jahre vor heute) charakterisierenzwei Merkmale: die namensgebende Dominanz buntgefärbter Gesteine unddie Fossilarmut im Vergleich zu anderen geologischen Zeitabschnitten, wiebeispielsweise dem Muschelkalk. Lange hielt man den Buntsandstein für einelebensfeindliche Wüste. Heute lassen sich die buntsandsteinzeitlichen Land-schaften differenzierter rekonstruieren: Extrem lebensfeindliche Bedingun-gen existierten zu Beginn des Buntsandsteins, wo an der Perm/Trias-Grenze(P/T) eine der großen Krisen der Erdgeschichte zu verzeichnen ist. Nachfol-gend eroberten dann vor allem die Landpflanzen den Lebensraum zurück.Erst circa 10 Millionen Jahre später, gegen Ende des Buntsandsteins, wurdeim Muschelkalk dann wieder eine ähnlich hohe biotische Diversität erreicht,wie sie vor dem Ende des Perms bestand.

Eine lebensfeindliche Wüste oder doch mehr?

DerBuntsandsteinHEINZ-GERD RÖHLING | CARMEN HEUNISCH

DOI:10.1002/biuz.201010428

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Noch vor Beginn des Buntsand-steins zog sich gegen Ende des

Perms das Zechsteinmeer aus Mit-teleuropa zurück und die Verbin-dungen zu den Weltozeanen wur-den unterbrochen. Nur zeitweisegelangten noch marine Wässer indas � epikontinentale „Germani-sche“ oder auch „Mitteleuropäi-sche Becken“. Der Buntsandsteinist der älteste Teil der „germani-schen Trias“. Während der Begriff„Trias“ 1834 erstmals von FriedrichAugust von Alberti geprägt wurde,wird das „Sandgebürge“ bezie-hungsweise der „Bunte Sandstein“bereits von J. C. Füchsel (1761) undAbraham Gottlob Werner (um1780) verwendet. Über den buntenGesteinen des Buntsandsteins (Ab-bildung 1) folgen die Kalk-, Dolo-

NeozoikumMesozoikumPaläozoikumProterozoikumArchaikum

Ausflug in die Erdgeschichte

A B B . 1 Die „Lange Anna“ ist ein 47 Meter hoher Buntsandsteinfelsenund das Wahrzeichen der InselHelgoland.

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Zeiten wurden enorme Schuttmassen von den umge-benden Grundgebirgsmassiven (siehe Abbildung 2) indas Becken verfrachtet. Infolge der Abtragung der Ge-birge am Beckenrand und der kontinuierlichen Auffül-lung des Beckens selbst wurde das Relief im Laufe desBuntsandsteins immer flacher und die Flüsse hatten so-mit immer weniger Gefälle. Die Folge waren weitflä-chige und sich vernetzende Flusssysteme. Zwischenden sich permanent verändernden Flussrinnen lagenzeitweilig mit Wasser bedeckte Überflutungsebenen,die rasch wieder austrockneten und dann beispiels-weise ausgedehnte Trockenriss-Polygonfelder hinterlie-ßen.

Die fluviatilen Sedimente, vor allem Grobklastikawie Sande, randlich aber auch Gerölle und Kiese, nah-men weite Teile des südlichen Buntsandsteinbeckensein. Gleichzeitig existierte im Norden ein riesiger End-see, der weite Teile Norddeutschlands, aber auch Hol-lands und Polens einnahm.Vor allem Ton- und Schluff-steine gelangten durch Schichtfluten in das zentrale Be-cken und wurden dabei weiträumig verteilt, währenddie gröberen Sande bereits weiter südlich hängenblie-ben.Während der regenreichen Perioden wurden aberauch Sande weit nach Norden verfrachtet, so dass sichder Wechsel regenärmerer und regenreicherer Zeiten

durch eine enge Wechsellagerung von Ton-/Schluff-stein-dominierten und sandsteinreicheren Schichten-folgen widerspiegelt. Dieser enge zyklische Wechselwird mit � Milankovich-Zyklen [3] in Verbindung ge-bracht. Während der regenärmeren Zeiten verdunste-ten die teilweise sehr mineralstoffreichen Wässer.Wäh-rend dieser Eindampfungsphasen entstanden beispiels-weise Kalkooidlagen beziehungsweise Rogensteine(siehe auch Abbildung 12).

Das Klima der Buntsandsteinzeit Welches Klima herrschte zur Buntsandsteinzeit? Wiebereits die paläogeographische Lage vermuten lässt,war das Klima im Gebiet der heutigen Buntsandstein-insel heiß und trocken.Es ist als nördlicher Ausläufer ei-nes ausgeprägten Monsun-Klimas zu deuten,das zu die-ser Zeit in dem heutigen Mittelmeer- und Alpenraumvorherrschte. [4] Dies sieht man den „Bunt-“Sandstei-nen deutlich an. Es ist jedoch weniger die rote Farbe,die auf Eisenoxid zurückgeht; vielmehr sind es die Se-dimentstrukturen,die Sandkörner und die Fossilien,diearide bis semiaride, d. h. wüstenhafte Klimabedingun-gen anzeigen. Am zyklischen Aufbau der Schichten-folge erkennt der Geologe riesige von Flüssen durchzo-gene Flächen, die zeitweilig zu einer Seen- und Tüm-

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Die mit einem grünen Pfeil markierten Begriffewerden im Glossarauf Seite 272erklärt.

A B B . 2 Über-sicht über dasMitteleuropäi-sche Buntsand-steinbecken(blaues Raster:Steinsalzverbrei-tung im OberenBuntsandstein).

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pellandschaft verschmelzen konnten, die immer wie-der trockenfiel und in die der Abtragungsschutt derumgebenden Gebirge durch Flüsse und Schichtfluten,aber auch durch Sand- und Staubstürme eingetragenwurde.Trockenrisse, Strömungsrippeln (Abbildung 3),vom Wind geraute Sandkörner und Abdrücke von ehe-maligen Salzkristallen, die nach dem Verdunsten einesSees übrig blieben, sind Zeugen dieser Ablagerungsbe-dingungen. Das durch einen ständigen Wechsel von et-was feuchteren mit trockeneren Zeiten gekennzeich-nete Buntsandsteinbecken bot Pflanzen und Tieren Le-bensraum, die sich auf Umweltbedingungen einstellenkonnten,wie sie heute vom großen Salzsee in den USAoder aus der Etoscha-Pfanne in Afrika bekannt sind.

Die Lebewelt des Buntsandsteins Sieht man von den fossilreichen Meeresablagerungendes Muschelkalks einmal ab, so erscheinen die Ge-steine der Trias eher fossilarm. Dennoch gibt es auchim Buntsandstein eine Reihe von Fossilfundstellen mitreichen Floren und Faunen, die ebenso wie viele Ein-zelfunde dazu geführt haben, das Bild des Buntsand-steins als einer „Wüste“ zu revidieren. Sie zeigen, dasskeineswegs im gesamten Becken und währendder gesamten Buntsandsteinzeit lebens-feindliche Bedingungen geherrscht ha-ben.

Unter anderem kommen archai-sche Formen des Paläozoikums ge-meinsam mit neuen, modernen For-men vor. Dies gilt für Flora und Fauna.Die Erholung der Lebewelt in der Trias gingdabei offensichtlich von Rückzugsgebieten wieden kleinräumig gegliederten Lebensräumen zwi-schen den fluviatil geprägten Randgebieten und denlimnisch beziehungsweise marin geprägten zentralenBeckenbereichen aus.Hier bildeten starke Schwankun-gen physikalischer und chemischer Bedingungen die

Grundlage für besonders stressreiche Lebensbedingun-gen. Diese Gebiete waren nicht nur Zufluchtsorte, son-dern bildeten auch den Nährboden für die Entstehungneuer Arten.

Aussterbeereignis und NeubeginnVor circa 251 Millionen Jahren, an der WendePerm/Trias,die in etwa mit der Grenze zwischen Zech-stein (Oberes Perm) und Buntsandstein zusammenfällt,fand eines der größten Aussterbeereignisse der Erdge-schichte statt [5]. Hervorgerufen wurde dieses mit gro-ßer Wahrscheinlichkeit durch intensiven Vulkanismus,der den Superkontinent � Pangäa erschütterte und inder Ablagerung der Trapp-Basalte Sibiriens seinen Nie-derschlag fand [6].Durch die Emission riesiger Mengenvon SO2 und CO2 wurde ein Treibhausklima in Gang ge-setzt [5].Während des aktiven Vulkanismus wurde mitdem Monsun saurer Regen (SO2) transportiert undüberzog zumindest die Nordhemisphäre [7].

Da sowohl Tier- als auch Pflanzenfossilien im tiefenBuntsandstein selten sind, liefern � Palynomorphe (Spo-ren, Pollen und Phytoplankton, siehe auch Kasten aufSeite 271) durch ihr Vorkommen im terrestrischen undaquatischen Milieu nicht nur wichtige Erkenntnisseüber die Umweltbedingungen zu dieser Zeit, sondernauch eine � biostratigraphische Gliederung für den ge-samten Buntsandstein. Die Zechstein-Buntsandstein-Grenze wird durch einen markanten Wechsel in den Mi-kroflorenassoziationen dokumentiert. Die Pollenvor-macht im Zechstein wird durch eine nun dominierendeSporenvergesellschaftung abgelöst (siehe Kasten aufSeite 271). Dabei handelt es sich vorwiegend um Lyco-phytensporen (Bärlappgewächse, beispielsweise Pleu-romeia). Sie tolerierten als Pionierpflanzen unwirtli-che Klima- und Umweltbedingungen, wie (vermutlich)sauren Regen, hohe CO2-Gehalte sowie auch übersal-zene Böden und waren daher weitgehend konkurrenz-los. Der Grenzbereich (Untere Calvörde-Formation)wird unter anderem durch das zum Teil häufige Auftre-ten von kolonialen Grünalgen (Syndesmorion) und � Zygnemataceen des Formenkreises Reduviasporoni-

tes geprägt. Auch das im Perm/Trias-Grenz-bereich unter Umständen massenhaft auf-

tretende, ursprünglich den Pilzen zuge-ordnete Taxon Tympanicysta wirdjetzt als jüngeres Synonym von Redu-viasporonites betrachtet. Zygnema-taceen kommen in allen Bereichendes Süßwassers vor und tolerieren

instabile, auch saure Milieus, beispiels-weise Moore und übersäuerte Seen. Hier kann es

zu Algenblüten kommen. Ihr gehäuftes Auftretenan der Trias-Basis ist Ausdruck der ökologischen Kriseund der damit verbundenen instabilen Ablagerungsbe-dingungen durch den Vulkanismus an der Perm/Trias-Grenze [8].

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A B B . 3 Zeugen bewegten Wassers – fossile Wellenrip-peln im Unteren Buntsandstein bei Bilshausen, Eichsfeld.

A B B . 4 Koni-fere Voltziaheterophylla.Breite des Zwei-ges circa 25 cm.Bild: aus [2].

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Pflanzenfossilien kommen im tieferen Teil des Bunt-sandsteins nur spärlich vor.Die wenigen Überlebendender paläozoischen Floren-Hauptgruppen starben eben-falls zu Beginn der Trias aus, aber auch viele der neuentstandenen Pflanzen des Buntsandsteins wirken al-tertümlich. Zu den „modernen“ Typen, die es ohnegroße Veränderungen bis heute gibt,gehören beispiels-weise Schachtelhalme und Farne (Marattiales). DiePflanzenfossilien belegen, dass in weiten Teilen Eura-siens sehr ähnliche Klimabedingungen herrschten. Es

gibt einige Pflanzenfundstellen innerhalb des Mitteleu-ropäischen Beckens [9].Die hier gefundenen Taxa sindden aus Frankreich bekannten Floren sehr ähnlich [10].Die Erholung der Flora und der ganzen Lebewelt er-folgte im höheren Mittleren Buntsandstein, erkennbardurch eine höhere Artenvielfalt, vor allem einer deutli-chen Zunahme der Koniferen, was sich im Mikroflo-renspektrum durch einen starken Anstieg des Pollen-anteils ausdrückt (siehe Kasten oben).

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01 Platysaccus papillionis02 Microcachryidites fastidiodes03 Cycadopites foollicularis04 bisaccater Pollen05 Lunatisporites pellucidus

06 Veryhachium valensii07 Deunffia sp.08 Micrhystridium sp.09 Endosporites papillatus10 Densoisporites playfordii

11 Kraeuselisporites sp.12 Zygneamatacee13 Reduviasporonites sp.14 Actinastrum? sp.15 Syndesmorion stellatum

KASTEN W I C H T I G E FOS S I L F U N DS T E L L E N U N D AU F T R E T E N D E R PA LY N O M O R PH E N

Häufigkeitsverteilung von Sporen und Pollen im Buntsandstein

Vorwiegend Koniferenpollen; charakteristische Hinterland-Flora, häufig im höheren Mittleren und Oberen Buntsandstein.

Acritarchen – marine Faziesindikatoren: Mittlerer Buntsand-stein, Volpriehausen- bis Detfurth-Formation.

Mikrosporen von Bärlappgewächsen, Schachtelhalmen, Farnenund Lebermoosen, Lebensbereich Tiefland, Flussebene; häufigim Unteren und Mittleren Buntsandstein.

Zygnemataceen (Algen): Lebensbereich Süß- bis Brackwasser,tolerieren übersäuerte Lebensbereiche; häufig im UnterenBuntsandstein.

Abbildungen digital; nicht maßstabsgetreu; Größen zwischen 15 und 100 μm.

Stellapollenites thiergartii

Voltziaceaesporites heteromorphus

Densoisporites nejburgii

1 2

3 4 5

6 7 8

9 10 11

12 13 14 15

StratigraphischePosition der imText beschriebe-nen Fossilfund-stellen; oben:Voltziensandstein,Mitte: Saurier-spuren, unten:Stromatolithevom Heeseberg.

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Einblicke in die Pflanzen- und Tierwelt aus demVoltziensandstein

Ein faszinierendes Beispiel für einearten- und individuenreiche Lebe-welt, das entsprechende Rück-schlüsse auf palökologische Zusam-menhänge im Buntsandsteinbe-cken erlaubt, stellt die Flora undFauna des Voltziensandsteins imnordöstlichen Frankreich dar [1].Dessen deltaisches Ökosystem ge-hört zu den ältesten überliefertenLebensgemeinschaften des Meso-zoikums.Diese Fundstelle illustrierthervorragend die Erholung des ge-samten Ökosystems und den Über-gang von einer geologischen Epo-che in die nächste – vom terres-trisch-fluviatilen Buntsandstein zummarinen Muschelkalk.

Der Voltziensandstein im höhe-ren Teil des Buntsandsteins wurdebereits seit der Antike in vielenSteinbrüchen als Werkstein gebro-chen und unter anderem als Bau-stein für das Straßburger Münstergenutzt. Dabei wurden schon sehrfrüh beim Abbau Fossilien zu Tagegefördert. Der Bergbauingenieurund Leiter des Erzdistrikts Straß-burg, Phillipe-Louis Voltz, trug einereiche Sammlung von Fossilien zu-sammen, darunter viele Pflanzen-fossilien aus dem später nach ihmbenannten Voltziensandstein. Abge-lagert wurde dieser Sandstein in ei-ner Flussebene, wobei der Flussselbst von einem System verfloch-tener Rinnen über einen mäandrie-renden Abschnitt in das deltaischeSystem einer Küstenebene über-ging.So sind die Gesteine in diesemTeil des Buntsandsteinbeckens wei-testgehend fluviatil geprägt.

Stratigraphisch liegt der Volt-ziensandstein im Übergangsbereichvom klastisch geprägten Buntsand-stein zu dem durch Meeresablage-rungen geprägten Muschelkalk.Dies lässt sich auch innerhalb derrund 20 Meter mächtigen Abfolgeerkennen, die deutlich zweigeteiltist. Im unteren sandigen Teil, demWerkstein (Grès à Meules) folgteine Lettenregion (Grès argileux).

Während der Werkstein die letzte Phase der fluviatilenSedimentation des Buntsandsteins anzeigt, dokumen-tieren Fossilinhalt und sedimentologische Merkmaleder Lettenregion den Einbruch des Muschelkalkmee-res. Die Fossilien des Voltziensandsteins stammen zumeinen aus den Sandsteinen (vor allem Pflanzenfunde),aber auch aus eingeschalteten tonig-siltigen Linsen. Indiesen sind vor allem die aquatischen, d. h. wasserle-benden Faunen erhalten geblieben [1].

Im Voltziensandstein wurde eine wenig arten-, aberindividuenreiche Flora gefunden,wobei jedoch die ausdem Sediment isolierten Pollen und Sporen eine viel-fältige Flora für diese Zeit anzeigen. Die Pflanzenfundezeigen, dass entlang der Gewässer verhältnismäßiggroßwüchsige Schachtelhalmgewächse wie Schizo-neura und Equisetes zusammen mit Farnen dichte röh-richtartige Bestände bildeten. Die Farne zeichnetensich durch große Wedel aus, die bei Anopteris eineLänge von 1,5 bis 2 m und Breite von 0,5 m erreichenkonnten. Ginkgophyten sind lediglich mit Keimlingenvertreten. Dies deutet daraufhin, dass die Mutterpflan-zen in einiger Entfernung vom Ablagerungsraum wuch-sen. Besonders zahlreich sind Koniferen vertreten. Ge-funden wurden vier Gattungen, die jeweils verschie-dene Wuchsformen repräsentieren (Voltzia, Albertia,Yuccites, Aetophyllum). Mit ihren nadelförmigen Blät-tern ähnelt Voltzia einigen der als Walchien zusam-

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A B B . 5 Pfeilschwanz Limulitellabronni, Bildhöhe: 64 mm Bild: aus [2].

A B B . 6 Flügel der Fliege Grauvogeliaarzvilleriana, Maßstab: 2 mm. Bild: aus [2].

A B B . 7 Spinne Rosamygale grau-vogeli. Maßstab: 2 mm Bild: aus [2].

G LOSSA R

Biostratigraphie: Charakterisierung von Gesteinsschichtendurch ihren Fossilinhalt zur Diagnose relativer Altersbezie-hungen und der überregionalen Korrelation der Schichten.

epikontinental: weitgehend vom marinen Ablagerungsraumabgeschottetes Sedimentbecken.

Ichnotaxa: Gattungs- und Artbezeichnungen für Spurenfossi-lien (Ichnofossilien); fossil erhaltene Strukturen, die mit derLebensweise von Organismen in Verbindung stehen (bei-spielsweise Fährten, Ruhespuren, Bohrungen, Fraßspuren,Wohnbauten).

Milankovich-Zyklen: Periodische Schwankungen der Erdum-laufbahn um die Sonne, die sich auf Klimaentwicklung undSedimentation auswirken.

Palynomorphe: Sammelbegriff für Mikrofossilien mit organi-scher, säureresistenter Hülle, vorwiegend aus dem Pflanzen-reich. Sporen, Pollen und Phytoplanktonten, aber auch tieri-sche Reste (beispielsweise Scolecodonten, Chitinozoen, Insek-tenreste, Foraminifereninnenwände).

Pangäa: Im Perm vereinigten sich die Kontinente der Erde zueinem riesigen Kontinent, der Pangäa (Ganzerde).

Taphocoenose: Grabgemeinschaft – zusammen eingebetteteund nachfolgend fossilisierte Organismenreste.

Zygnemataceen: im Süß- bis Brackwasser lebende Grünal-gen, die auch extreme Umweltverhältnisse, z. B. Übersaue-rung des Wassers, tolerieren; fossil überliefert sind die so ge-nannten Zygosporen.

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mengefassten altertümlichen Koniferen des Paläozoi-kums.Aetophyllum hat bei einer maximalen Höhe vonetwa 1,5 m bis zwei Metern einen dünnen, kaum ver-zweigten Stamm. Die kleinwüchsigen Stämme errei-chen einen Durchmesser von maximal einem bis zweiZentimeter, sind unverzweigt und besaßen nur primä-res Leitgewebe. Sie trugen etwa 30 cm lange, parallel-nervige Blätter sowie endständige Zapfen. Das Fehlenvon Holz belegt, dass es sich bei Aetophyllum um dieeinzige bisher überhaupt bekannt gewordene krautigeKonifere handelt. Aufgrund ihres raschen Wachstumskonnten sie zusammen mit den Schachtelhalmenschnell die Ränder der Gewässer besiedeln.

Im Voltziensandstein sind zudem viele für die Er-schließung der stammesgeschichtlichen Zusammen-hänge der Koniferen (Abbildung 4) wichtige männlicheund weibliche Fortpflanzungsorgane isoliert worden.Aus den tonig-siltigen Seeablagerungen sind Rhizomevon Schachtelhalm-Gewächsen sowie Wurzelsystemevon Gymnospermen – zum Teil in Lebendstellung –überliefert.

Dagegen fehlt die für den Buntsandstein Deutsch-lands charakteristische Pflanze, das heterogene Bär-lappgewächs Pleuromeia sternbergii, im oberstenBuntsandstein im Voltziensandstein völlig [1]. DiesePflanze wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts ausvielen, im höheren Mittleren Buntsandstein gelegenenSteinbrüchen Mitteldeutschlands beschrieben. Pleuro-meia sternbergii erreicht mit ihrem unverzweigtenStamm, an dessen Grund ovale Blätter saßen, eine ma-ximale Länge von etwa 2 m. Sie liefen in einem Zapfenaus.Besonders charakteristisch ist ein vierlappiger Wur-zelträger, dem die einzelnen Wurzeln in einer charakte-ristischen Weise entsprangen. Pleuromeia sternbergiiwird als eine anpassungsfähige Pionierpflanze gesehenund stellte nach dem Aussterbeereignis an derPerm/Trias-Grenze einen wesentlichen Bestandteil derVegetation an oasenartigen Standorten dar,die dann imLaufe des Buntsandsteins mit der zunehmenden Wie-derentfaltung der terrestrischen Flora immer weiter zu-rück gedrängt wurde. Aufgrund des Feinbaus der Ma-kro- und Mikrosporen ist eine Ähnlichkeit mit derheute lebenden Gattung Isoetes erkennbar.

Bis vor einigen Jahrzehnten wurden Pflanzenfossi-lien häufig gefunden. Heute jedoch sind die meistenSandsteinbrüche aufgelassen, die Werksteingewinnungim Buntsandstein konzentriert sich auf nur noch we-nige Steinbrüche. Die Pflanzenfossilien, die in den del-taischen Voltziensandsteinen gefunden wurden, sinddort in einer � Taphocoenose konzentriert.Diese Pflan-zenreste sind teilweise umgelagert und zerbrochen,was auf einen längeren Transport hindeutet. Sie liefernInformationen über die Landschaft der stromauf gele-genen Flussebenen, in denen auch Amphibien wie Ste-gocephalen lebten.In den zwischen den Flusssystemengelegenen, meist stehenden Gewässern der Überflu-

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A B B . 8 a) Ein Massenvorkommenvon Conchostraken (Spinicaudata,Art Estheriella nodosocostata) ausdem Unteren Buntsandstein, Bern-burg-Formation. Diese Blattfuß-krebse haben sich an extreme Le-bensräume mit oft nur wenige Wo-chen existierenden Seen undTümpeln angepasst. Ihre Eier könnenjahrelang im trockenen Schlamm ver-harren, nach einem Regenguss erwa-chen sie nach wenigen Tagen zuneuem Leben. Fundort: TongrubeBeesenlaublingen bei Bernburg,Sachsen-Anhalt.

b) Einzelner Conchostrake, vergrö-ßert aus a). Conchostraken besitzeneinen muschelähnlichen zweiklappi-gen Chitinpanzer. Die Klappen zeigenkonzentrische Zuwachsstreifen, dasie bei der Häutung nicht abgeworfenwerden, sondern die jeweils größereneue Klappe unter die kleinere älteregeschoben wird. Als Ornament sindfür diese Art typische radiale Rippenausgebildet.Bilder: J. Schneider, Freiberg.

A B B . 9 Chirotherium-Monument in Hildburghausen mit Rekonstruktion einerSpurenfläche. Bild: R. Werneburg, Schleusingen.

A B B . 1 0 Fährte des „Handtiers“Chirotherium barthii mit Trocken-rissen; Fundort der Platte: Heßbergbei Hildburghausen. Fußlänge etwa25 cm. Bild: R. Werneburg, Schleusingen.

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tungsebenen dominierten Limuliden (Abbildung 5)und Crustaceen,auch Insekten (Abbildung 6) und Spin-nen (Abbildung 7) wurden gefunden. Besondershäufig waren Estherien. Diese kleinen muschel-ähnlichen Krebse (Conchostraken, zur Gruppeder Kiemenfüßer gehörend), waren generellim Buntsandstein häufig und finden sich oftin feinschichtigen Ton- und Schluffsteinen,Hinterlassenschaften kleiner Tümpel undSeen, die sich während regenreicher Peri-oden immer wieder bildeten. Aufgrundihrer relativ raschen Entwicklungsge-schichte lassen sich Conchostraken vorallem in den feinkörnigen Sedimentab-folgen des Norddeutschen Beckensauch zur stratigraphischen Gliederungheranziehen (Abbildung 8).

Quallen und Fische traten nurauf, wenn die Lebensbedingungengünstig waren. Funde sind im Bunt-sandstein eher selten. Die aquatischeFauna der tonig-siltigen Sedimente der Tüm-pel und Seen liefert viele Hinweise, dass sie autoch-thon,also an etwa der Stelle,wo die Tiere gelebt haben,überliefert sind. Da teilweise empfindliche Strukturenwie Schirme von Quallen oder Extremitäten von Crus-taceen überliefert sind, ist dies ein weiterer Beleg fürnur sehr geringe Entfernungen zwischen Todes- undFundort.

Die Saurierspuren von HildburghausenWeltberühmt ist der Thüringische Chirotheriensand-stein (Solling-Formation, Mittlerer Buntsandstein). Die

dort gefundenen Saurierfährten dokumentiereneine hochdiverse Saurier-Vergesellschaftung, dieihre Spuren in den weiten Überflutungsebenenhinterlassen hat.Am bekanntesten sind Fährtender Gattung Chirotherium, des berühmten„Handtiers“ (Abbildung 9). Zuerst entdecktund beschrieben wurden diese Trittsiegel(Abbildung 10) aus dem WinzerschenSteinbruch vom Heßberg bei Hildburg-hausen. Doch auch in der Vorderrhön, inder Nähe von Külsheim und im Oden-wald wurden Chirotherienspuren ge-funden.

Erzeuger dieser Spuren sind dreibis fünf Meter lange räuberisch le-bende Archosaurier, von denen dreiGattungen und 25 Arten nachgewie-

sen wurden. Die bekannteste undhäufigste Chirotherienfährte wird Chirothe-

rium barthii zugeordnet, die größte stammt von Iso-chirotherium herculis. daneben finden sich auf denSchichtflächen auch katzenartige Spuren, Fährten vonsäugetierähnlichen Reptilien,den Therapsiden,wie bei-spielsweise von Dyconitontipus geinitzi.

Aus dem Chirotheriensandstein von Hildburghau-sen stammt auch der älteste Nachweis von Schild-

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A B B . 1 2 Handstück eines Rogensteins. Fundort Riese-berg bei Helmstedt. Bild: S. Röber.

A B B . 1 1 Schä-del (Länge etwa46 cm) des Capi-tosaurus helgo-landiae n. sp.von der Süd-spitze vonHelgoland. Bild: aus [11].

A B B . 1 3 Dünnschliffaufnahme eines Ooide (im Schliff alsrunde, strahlig aufgebaute Strukturen erkennbar) führen-den Sandsteins. Bild: S. Heinig.

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kröten, die dort ihre als Chelonipus bezeichnetenSpuren hinterlassen haben.Während Fährtenfunde ausvielen Buntsandsteinregionen bekannt wurden, sindKnochen- und Skelettfunde von Sauriern relativ selten.Aus dem thüringischen Buntsandstein sind zwei Schä-del des Amphibs Trematosaurus mit zwei Arten über-liefert:Trematosaurus brauni (= Tr.Fuchsi) sowie Tre-matosaurus thuringiensis. Ein im Buntsandstein vonHelgoland gefundener Schädel (Abbildung 11) ist ver-mutlich in den Wirren des Zweiten Weltkriegs verlorengegangen.

Spurenfossilien und -marken sind an vielen Fund-punkten im Buntsandstein nachgewiesen.Hier sind bei-spielsweise die � Ichnotaxa Corophioides, Planolites,Rhizocorallium und Isopodichnus zu nennen. SelbstRuhespuren von triopsiden Krebsen wurden beispiels-weise bei Bad Berka gefunden.

Rogensteine und StromatolitheDie in Norddeutschland gelegenen Buntsandsteinge-biete waren, wie bereits erwähnt,Teil eines besondersflachen,bis Polen reichenden abflusslosen Sees,dessenWasser aufgrund des heißen Klimas durch Verdunstungimmer wieder stark übersalzen war und zeitweise so-gar völlig eindampfte. Diese Ablagerungsbedingungenführten im Unteren, aber auch im Mittleren Buntsand-stein zur Ausbildung charakteristischer Gesteine, diesich teilweise horizontbeständig über das gesamteBecken von der englischen Nordsee bis nach Polen alsLeithorizonte verfolgen lassen. Gemeint sind ooidfüh-rende Sandsteine, Kalkoolithe beziehungsweiseRogensteine. Rogenstein ist eine alte Bezeichnung füreinen Kalksandstein,der neben wenigen Quarzkörnern

vorwiegend aus Kalkkügelchen – den so genanntenOoiden – besteht. Der Name erklärt sich durch die op-tische Ähnlichkeit dieser Kalkbildungen (Abbildung12) mit Fischrogen. Die einzelnen Ooide entstanden instark übersättigten Wässern durch die Ausfällung vonKalk. In ihrem Kern enthalten sie häufig Kristal-lisationskeime – kleine,durch die Wasserbewegung auf-gewirbelte Splitter von Sandkörnern oder auch Scha-lenbruchstücke.Erreichen diese Ooide eine bestimmteGröße, dann setzen sie sich am Boden ab, werdendurch die Wasserbewegung weiter gerundet und kön-nen auch noch an Größe zunehmen oder mit anderenOoiden zu größeren Aggregaten verwachsen. EinzelneOoide besitzen einen Durchmesser von bis zu einemZentimeter. Die Bildung dieser Ooid- beziehungsweiseRogensteinlagen (Abbildung 12 und 13) wurde durchlängere Phasen mit nur wenig Wasserbewegung und da-mit einer verringerten klastischen Zufuhr unterbro-chen – unter diesen idealen Bedingungen konnten sichauch Stromatolithe bilden.

Stromatolithe sind feinlaminierte,meist kalkige undvon mikrobiellen Gemeinschaften erzeugte Strukturen(„Algenmatten“), an deren Bildung Cyanobakterien inVerbindung mit anderen phototrophen Bakterienge-meinschaften beteiligt sind. In der wissenschaftlichenLiteratur wurden solche Strukturen erstmals durchSteel (1825) aus dem Ober-Kambrium beschrieben,aber erst 60 Jahre später als paläontologische Objekteerkannt (Hall 1983) und als Cryptozoon proliferum be-nannt (Hofmann 1973). Ernst Louis Kalkowsky (1908)[12] war es, der dann an Material aus dem Buntsand-stein des Subherzyns den Namen „Stromatolith“ in dieLiteratur einführte. Die Typusregion – das Subherzyn –lag am Südrand des großen zentralen Endsees (sieheoben). Die Stromatolithe bildeten sich in ökologischenNischen, in denen sie beispielsweise vor Abweidungoder Zerstörung durch grabende Organismen ge-schützt waren. Besonders eindrucksvolle Beispiele fin-den sich in einer Vielzahl von Aufschlüssen im GeoparkHarz, im Braunschweiger Land und in Ostfalen [13].Be-sonders hervorzuheben sind die teilweise bis meterho-hen, blumenkohlartigen stromatolithischen Kalkstein-stotzen in dem unter Naturschutz stehenden Auf-schluss am Heeseberg (Abbildung 14) [14, 15].

ZusammenfassungWährend der Buntsandsteinzeit herrschte im „Germani-schen Becken“ ein kontinentales, semiarides bis aridesKlima mit relativ hohen Temperaturen. Abgelagert wurdenvor allem Sedimente, die aufgrund oxidierender Bedingun-gen häufig „bunt“, d.h. häufig rot gefärbt sind und meistweit verzweigte Flusssysteme und ausgedehnte Überflu-tungsebenen repräsentieren. Im Oberen Buntsandstein gabes eine Verbindung zum Tethysmeer. Die Eindampfung desSalzwassers führte zu mächtigen Evaporitlagen im tieferenOberen Buntsandstein. Zeugnisse der Lebewelt und des Kli-

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A B B . 1 4 Stromatolith vom Heeseberg bei JerxheimGeopark Harz – Braunschweiger Land – Ostfalen.

DanksagungFrau Lea Grauvogel-Stamm, FrauSimone Heinigsowie den HerrenHans Arndt, Prof.Jörg Schneider undDr. Ralf Werneburgsowie dem VerlagFriedrich Pfeil dan-ken wir für dieGenehmigung zumAbdruck von Fotos.

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mas sind z.B. Palynomorphe und die aus berühmten Fossil-fundstellen bekannten Lebensgemeinschaften.

SummaryA hostile desert – or still more? The BunterDuring the time span of the Bunter a continental, semiaridto arid climate with high temperatures prevailed in the“Germanic Basin”. The sediments deposited are often “co-loured” – mostly red – because of the oxidizing conditions.They mostly represent braided river systems and large floodplains. In the Upper Bunter a connection to the Tethys seaexisted. The evaporation of salt water led to the formationof thick layers of hydrogenetic rocks in the Early Upper Bun-ter. Palynomorphs and the famous fossil communitiesfound are providing evidence of life and climate during theBunter period.

SchlagworteBuntsandstein,Trias, Erdgeschichte

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[2] N. Hauschke, V. Wilde (Hrsg.), Trias, eine ganz andere Welt: Mittel-europa im frühen Erdmittelalter, Pfeil Verlag München, 1999.Hierin insbesondere die Beiträge von J.-C. Gall, L. Grauvogel-Stamm, Palökologie des Oberen Buntsandsteins am Westrand desGermanischen Beckens: Der Voltziensandstein im nordöstlichenFrankreich als deltaische Bildung; C. Heunisch, Die Bedeutung derPalynologie für Biostratigraphie und Fazies in der GermanischenTrias; R. Werneburg, Lebewelt des Buntsandstein und Keupers vonThüringen; L. Grauvogel-Stamm, Pleuromeia sternbergii (Münster)Corda, eine charakteristische Pflanze im deutschen Buntsandstein.

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[8] C. Heunisch et al., Biostratigraphische Gliederungsmöglichkeitendes Buntsandsteins, in: Deutsche Stratigraphische Kommission

(Hrsg.): Stratigraphie von Deutschland X. Buntsandstein, Schrif-tenreihe der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, Han-nover, im Druck.

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[10] L. Grauvogel-Stamm, La flore du Grès à Voltzia du nord des Vosges,Essai paléoécologique sur le Buntsandstein supérieur. Mém. Serv.Carte géol. Als. Lorr., Strasbourg, 1978.

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[12] E. Kalkowsky, Oolith und Stromatolith im norddeutschen Bunt-sandstein, Z. dt. geol. Ges. 1908, 60, 68–125.

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[14] S. Röber, H.-G. Röhling, H. Zellmer, Die Stromatolithen am Geolo-gie-Natur-Erlebnispfad „Heeseberg“. In: J. Weber, S. Bühn, (Hrsg.):Geotope und Geoparks – Schlüssel zu nachhaltigem Tourismus undUmweltbildung. 9. Internationale Jahrestagung der FachsektionGeoTop der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, 24.–28. Mai 2005 in Lorsch im Geopark Bergstraße-Odenwald. Schrif-tenreihe der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften 2006,42, 51–55.

[15] S. Röber, H. Zellmer, H.-G. Röhling, Fossile Algenrasen im nördli-chen Harzvorland, Stromatolithen am Heeseberg bei Jerxheim. In:E.-R. Look, L. Feldmann (Hrsg.): Faszination Geologie. Die bedeu-tendsten Geotope Deutschlands, E. Schweizerbart’sche Verlags-buchhandlung (Nägele & Obermiller), Stuttgart, 2006.

Die AutorenHeinz-Gerd Röhling, geboren 1955 in Kirchhellen,Studium der Geologie an der Universität Giessen,Promotion in Heidelberg, Geologe am Landesamtfür Bergbau, Energie und Geologie in Hannover,wissenschaftliche und allgemeinverständliche Ver-öffentlichungen zur Geologie der Trias und zur re-gionalen Geologie, langjähriger Schatzmeister derDeutschen Gesellschaft für Geowissenschaften(DGG – ehemals Deutsche Geologische Gesell-schaft), Gottlob-Abraham-Werner-Medaille 2005der DGG.

Carmen Heunisch, geboren 1955 in Würzburg, Stu-dium der Geologie und Paläontologie sowie Pro-motion an der Univ. Würzburg. Palynologin undGeologin am Landesamt für Bergbau, Energie undGeologie in Hannover, Leiterin der Geowissen-schaftlichen Sammlungen des Geozentrums Han-nover, Publikationen vorwiegend zur Palynologieder Trias und des Jura.

Korrespondenz:Dr. Heinz-Gerd RöhlingLandesamt für BergbauEnergie und GeologieStilleweg 230655 HannoverEmail: [email protected]

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