alexander pointner: mut zum absprung (leseprobe)

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Dieses Buch gewährt nicht nur Einblicke in ein bislang unerreichtes Erfolgskonzept aus der Welt des Spitzensports, sondern schildert auch die ganz persönliche Entwicklungsgeschichte Alexander Pointners, des bekanntesten „Fahnenschwingers“ der Nation.

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    ALEXANDER POINTNER

    mit

    ANGELA POINTNER

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    Eine Biographie? Noch ein Buch von einem, der nicht mehr in derersten Reihe steht? Will er zurck ins Rampenlicht? Wird es eine

    Abrechnung?Allesamt berechtigte Fragen. Warum schreibt jemand ein Buch,

    der zehn Jahre lang Chef der sterreichischen Skispringer war undals erfolgreichster Trainer seiner Sportart gilt? Die Antwort ist aufden ersten Blick sehr einfach: Weil ich immer mit Herzblut dabeiwar, weil ich noch immer fr diesen Sport brenne und er michnicht loslsst. Wenn ich tiefer in meiner Seele grabe, dann geht esum Anerkennung, um das Sichtbarmachen dessen, was ich geleis-tet habe. Die zehn Jahre als Cheftrainer waren kein Lotto-Sechser.

    Wie berall, wenn jemand erfolgreich ist, war ein bisschen Glckdabei. Doch der Rest war harte Arbeit. Fr meinen Job gab eskeine exakte Beschreibung. Ich konnte gestalten und kreativ sein.Ich wei, dass mich viele nicht fr einen Trainer, sondern fr ei-nen Manager hielten. Doch ein Cheftrainer war fr mich nicht ei-ner, der nur in technischen Bereichen herumtftelte. Er sollte dasgroe Ganze im Blick haben, um aus dem Ganzen etwas Groesentstehen zu lassen. Das ist mir gelungen. Obwohl oder gerade

    weil ich immer polarisiert habe: fr die einen die sympathischeVaterfigur, fr die anderen der prpotente Ehrgeizling.

    Der Abschied vom Skisprungzirkus tat unheimlich weh. Ichging durch das Wohnzimmer, betrachtete meine Kinder undmusste meine Trnen verbergen. Die Kinder sollten mich nichtleiden sehen, sie hatten lange genug auf mich verzichten ms-sen. Unser ltester wrde bald 18 werden 18 Jahre lang war ich

    Trainer, und mehr unterwegs als daheim. Max lag auf der Couch,Paula schlief eng an ihn gekuschelt, und Lilith sa stolz daneben.Nur Nina fehlte, sie war noch in den USA, wo sie ein Auslandsjahrverbrachte. Ich schmte mich, traurig zu sein. Denn das, was ichmir um alles in der Welt gewnscht hatte, lag direkt vor mir: ein

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    gesunder groer Bruder, der entspannt und glcklich mit seinenSchwestern einen Film anschaute. Aufgewachsen waren alle viermit einem Papa, der meistens fr andere da war. Fr die Skisprin-

    ger, die sie, wie ihren Vater, im Fernsehen und manchmal auchzu Hause antrafen. Doch was sind schon fliegende Menschen imVergleich mit uns Kindern, werden sie sich manchmal gedacht ha-ben. Der Bildschirm blieb whrend meiner Wettkmpfe daheimmeistens schwarz. Nur meine Frau wollte nachher sofort wissen,ob es mir gut gehe. Das Ergebnis war niemals wichtig, nur wie ichmich dabei fhlte.

    Es war ein Leben aus den Taschen, die ich bis heute nicht voll-stndig ausgepackt habe. Fr Auenstehende ist es schwer zu ver-stehen, dass sie in einer eigens dafr gebauten Garage unter demBett ein einsames Dasein fristen. Im Bad nehme ich immer nochdie Zahnbrste aus der Toilettentasche, so wie ich es seit meinem14. Lebensjahr gewohnt bin. Apropos Tasche: Jene mit der Olym-piaeinkleidung fr Vancouver ist auch noch nicht leer. Sie stehtirgendwo versteckt im Keller zu tief sitzt die dort erlebte Enttu-schung. Doch dazu spter. Oft verschwand ich in meinem Bro,machte mir Gedanken, welche strategischen Schachzge fr weite-re Erfolge notwendig wren. Es wollte nicht in meinen Kopf, dassich jetzt einmal loslassen musste. Loslassen, um Kraft zu sammelnund neue Aufgaben in Angriff nehmen zu knnen. Ich hatte die-sen Sport gelebt alles, was dazugehrte, und ein bisschen mehr!Es war fr mich mehr als ein Job, wie schon mein Trainervorbild

    Reinhard Hess in seiner Biographie zu sagen pflegte. Dabei bliebvieles auf der Strecke. Auch Menschen, die ich sehr liebe.

    Ich bin dankbar fr all die wertvollen Begegnungen, die ich inmeinem Beruf machen durfte. Bin jenen Menschen dankbar, diemir immer noch nahe sind

    aus dem ehemaligen Betreuerstab,geschtzte Geschftspartner, die lngst zu Freunden gewordensind. Jetzt habe ich zum ersten Mal die Zeit, diese Freundschaften

    auch ein bisschen zu pflegen. Zum ersten Mal seit Jahren konnteich heuer einen Urlaub aus tiefster Seele genieen. Hatte Zeit frmeine Kinder, meine Frau und mich selbst. War nicht stndig aufdem Sprung und mit den Gedanken ganz woanders.

    Dieses Buch gab mir eine neue Aufgabe und die Chance, mit

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    der alten abzuschlieen. Die Idee dafr stand schon lange fest.Das Trainertagebuch, das ich ber Jahre gefhrt hatte, half mirdabei, sie zu verwirklichen. Und jene Menschen, die mit der-

    selben Begeisterung an ihrer Umsetzung arbeiteten, wie ich sieaus meinem Skispringer-Leben kannte. Was macht fr mich dieFaszination am Skispringen aus? Was ist das fr eine merkwr-dige Sportart, die so viele fesselt und so wenige ausben? Manspricht zwar immer von den fliegenden Menschen, aber bei hchs-tens acht Sekunden Luftfahrt ist das ein kurzes Vergngen. Wasbraucht es, um sich mit Skiern aus Schwindel erregender Hhe

    ber eine Schanze in die Tiefe zu strzen? Diesen Fragen gehe ichin meinem ersten Kapitel nach, das kein Fachchinesisch, sonderneine fr jeden nachvollziehbare Erklrung liefern soll. Fr michein guter Einstieg, denn das, was folgte, war nicht immer leichtzu verdauen. Mich durch die Erinnerungen und Aufzeichnungenmeiner Trainerkarriere zu lesen, war eine Achterbahn der Gefhle:Oft musste ich mit mir selbst lachen, manchmal kam ich wtendaus dem Bro gestrmt, vieles machte mich stolz. Die Fhrungund Entwicklung meines Teams war eine Herausforderung, dieich mit vollem Einsatz annahm. Viele Menschen begleiteten michauf diesem Weg, waren wichtige Sttzen, emotional wie fachlich.

    Wir lieen kaum einen Stein auf dem anderen, nutzten alle Mg-lichkeiten aus, die uns zur Verfgung standen. Absolut nichts wur-de dem Zufall berlassen. Das Kapitel ber die Teamentwicklungzeigt, in welchen Bereichen wir uns weiterentwickelten, welche

    Schatten auch ber dem grten Erfolg lagen und wie meineTrainerkarriere schlielich endete. Den vier Olympischen Spielenwidme ich einen eigenen Abschnitt. Die Erfahrungen, die ich dortgemacht habe, sind fr mich heute noch so widersprchlich undgehen so tief, dass eben jene gewisse Tasche bis heute nicht aus-gepackt ist.

    In all den Jahren ging ich ans Limit, sowohl leistungsmig als

    auch gesundheitlich. Ich denke, es wird beim Lesen sprbar wer-den, wie sehr wir alles bis zum Anschlag ausgereizt haben. Sport-lich gesehen, suchte ich einen Ausweg aus dem endlosen Schnel-ler-Hher-Weiter. Ich fand ihn im Neurocoaching. Warum dasso ist und welche neue Dimension sich dabei fr mich aufgetan

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    hat, beschreibe ich in einem weiteren Kapitel. Diese Methode gabmir auch die Mglichkeit, wieder eine Vision fr mich zu finden.Nachdem ich meine bis dahin grte, nmlich den sportlichen

    wie den wirtschaftlichen Erfolg im Skispringen, bereits verwirk-licht hatte. Der ffentliche und damit auch wirtschaftliche Stel-lenwert unserer Sportart war mir ebenso wichtig wie Siege undMedaillen Letztere immer vorausgesetzt. Die Zusammenarbeitmit unseren Sponsoren war gewinnbringend fr beide Seiten.Nicht nur im herkmmlichen Sinn: Es wurde ein Miteinander,ein Sich-gegenseitig-Strken in guten wie in schlechteren Zeiten.

    Kooperation statt Sponsoring war mein Anliegen, dem ein weite-res Kapitel gewidmet ist.Den Schluss bildet ein sehr persnlicher Abschnitt. 2012 er-

    krankte ich an einer mittelgradigen Depression. Die Tatsache,dass sich mein Sohn wegen derselben Erkrankung in stationreBehandlung begeben musste, und der berufliche Druck hattenmich in die Knie gezwungen. Dank therapeutischer Hilfe und derUntersttzung meiner Familie berstand ich dieses Tief und ginggestrkt daraus hervor. Erst nach meiner Genesung wagte ich es,auch ffentlich zu meiner Erkrankung zu stehen. Das Echo daraufwar riesengro. Ich wollte beschreiben, wie es sich fr mich an-fhlte, depressiv zu sein. Was ich im Umgang mit dieser Krankheiterlebt habe, was mir geholfen und was mich geschmerzt hat. Ichbin nur einer von vielen, dieses Buch kann kein Leitfaden sein,aber es soll Mut machen den Mut, sich helfen zu lassen.

    Man kann Erlebnisse und Situationen aus so vielen Blickwin-keln betrachten, jeder hat eben seine eigene Sicht der Dinge. Ichkann in diesem Buch nur die meine darlegen und versuchen, michein wenig in die der anderen hineinzuversetzen. Das Durchlesenmeiner Tagebuch-Aufzeichnungen hatte dabei fast therapeuti-schen Charakter. Sie waren prall gefllt mit Leben, mit Erfolgenund Enttuschungen, mit menschlichen Alltglichkeiten. Es war

    nicht leicht, auszuwhlen, was an dieser Stelle zu lesen sein sollteund was nicht. Doch je mehr Jahre ich zusammenfasste, desto kla-rer wurde, dass jene, die sich immer benachteiligt gefhlt hatten,auch in diesem Buch zu kurz kommen wrden. Und dass jene,die am meisten Energie gefordert hatten, auch hier den grten

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    Raum einnehmen wrden. Die beiden erfolgreichsten Skisprin-ger, Gregor Schlierenzauer und Thomas Morgenstern, spielen dieHauptrollen.

    Dieses Buch hat noch eine andere, ganz besondere Bedeutungfr mich. Jede Zeile, die hier zu lesen ist, hat meine Frau Angelageschrieben. Sie war meine Ghostwriterin. Unsere Arbeit lebt vonmeinen Geschichten und ihrer Fhigkeit, diese zu strukturierenund in die richtigen Worte zu fassen. Angi hat mich noch als ak-tiven Springer kennengelernt, ist jeden Schritt meiner Trainerkar-riere mit mir gegangen. Fr uns beide schliet sich hier ein Kreis:

    Sie hat mich immer in meiner Leidenschaft fr das Skispringenuntersttzt, und nun konnte sie mit diesem Buch einen eigenenTraum verwirklichen. Egal, wie zwiespltig die Meinungen dar-ber sein werden, diesen Weg haben wir gemeinsam geschafft!