die plastische verformung von kadmiumlegierten zinkeinkristallen (ii)

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Original Papers phys. stat. sol. 7, 373 (1964) Lehrstuhl fur Festkorperphysik der mathenautisch-physikalischen Fukultat der Karlsuniversital Prug (u) und Institut fur Metallkunde und Materialpriifung der Bergakudemie Freiberg (b) Die plastische Verformung von kadmiumlegierten Zinkeinkristallen (11) Von M. BO~EK (a)l) und G. HOTZSCH (b) Es wird uber den EinfluB der Temperatur und des Kadmiumgehaltes auf die Verfesti- gungskenngroBen von Zinkeinkristallen berichtet, die im dynamischen Zugversuch zwischen 90 und 573°K verformt wurden. Die reduzierten Verfestigungskoeffizienten SAjG, und BB/G, werden durch Kadmiumzusatze nicht verandert, die Einsatzspannung TC des Berei- chesC dagegen erhoht und die Lange des Bereiches A vergroBert. Bei reinen und schwach legierten Kristallen ergibt sich unterhalb 200 "K ein Abfall der SA/G,-Werte, fur den sta- tische Erholungsprozesse als Ursache ausgeechlossen werden konnen. The dependence of the work-hardening parameters on the temperature and Cd content is studied for Zn single crystals which have been deformed by a tensile test in the temperature range 90 to 573 "K. The reduced work-hardening coefficients SA/G, and 6B/G, remain un- changed with increasing content, whereas the shear stress tc at the beginning of stage C, and the length of stage A, are increased. For both pure and weakly doped crystals the 8A/G3 values decreaqe below 200 OK. This cannot be explained by static recovery processes. Einfiihrung In Teil I dieser Arbeit ([2]) wurden zuniichst Ergebnisse uber den EinfluB der Temperatur und des Kadmiumgehaltes auf die kritische Schubspannung von Zinkeinkristallen mitgeteilt. Es konnte gezeigt werden, daO Kadmiumzusatze erst bei groBeren Konzentrationen eine Erhohung der kritischen Schubspannung bewirken und daB dieses Verhalten nicht mit der Vorstellung vom indirekten EinfluB der Fremdatome auf die Versetzungsdichte des Grundversetzungsnetz- werkes vertraglich ist. Die vorliegende Arbeit wird sich vor allem mit dem Ein- fluB des Kadmiumgehaltes und der Temperatur auf die reduzierten Verfestigungs- koeffizieriten der Bereiche A und 13, der reduzierten Schubspannungen za/G3, ZB/G3 und zc/G, und der Lange des Bereiches A der Verfestigungskurve von Zink- einkristallen beschaftigen. Die untersuchten Zinkeinkristalle hatten folgende Kadmiunigehalte: Serie F: 99,9999°/0 Zn; Serie A: 4,75. At.-%; Serie €3: 9,4. At.-%; Serie C: 5,62. lO-ZAt.-%; Serie D: 8,7. At.-%. 1. Experimentello Ergebnisse 1.1 Der Eiiifluj3 der l'ewtperutur und des Kadmiumgehaltes auf die Kenngrii/Jevr des Bereiches A der Verfestigungskurve In Fig. 1 und 2 ist die Temperaturabhangigkeit des reduzierten Verfestigungs- koeffizienten I ~ ~ I G ~ fur Kristalle det Serie F, A und B aufgetragen. Mit Aus- nahme von Kristallen der Serie D. fur die nur MeBwerte bei mittleren Tempera- l) Jetzt Institut fur Metallkunde und Materialpriifung der Bergakademie Freiberg. 25 physica

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Original Papers

phys. stat. sol. 7, 373 (1964)

Lehrstuhl fur Festkorperphysik der mathenautisch-physikalischen Fukultat der Karlsuniversital Prug (u) und Institut fur Metallkunde und Materialpriifung der Bergakudemie Freiberg ( b )

Die plastische Verformung von kadmiumlegierten Zinkeinkristallen (11)

Von M. B O ~ E K (a)l) und G. HOTZSCH (b)

Es wird uber den EinfluB der Temperatur und des Kadmiumgehaltes auf die Verfesti- gungskenngroBen von Zinkeinkristallen berichtet, die im dynamischen Zugversuch zwischen 90 und 573°K verformt wurden. Die reduzierten Verfestigungskoeffizienten SAjG, und BB/G, werden durch Kadmiumzusatze nicht verandert, die Einsatzspannung TC des Berei- chesC dagegen erhoht und die Lange des Bereiches A vergroBert. Bei reinen und schwach legierten Kristallen ergibt sich unterhalb 200 "K ein Abfall der SA/G,-Werte, fur den sta- tische Erholungsprozesse als Ursache ausgeechlossen werden konnen.

The dependence of the work-hardening parameters on the temperature and Cd content is studied for Zn single crystals which have been deformed by a tensile test in the temperature range 90 to 573 "K. The reduced work-hardening coefficients SA/G, and 6B/G, remain un- changed with increasing content, whereas the shear stress tc at the beginning of stage C , and the length of stage A , are increased. For both pure and weakly doped crystals the 8A/G3 values decreaqe below 200 OK. This cannot be explained by static recovery processes.

Einfiihrung

In Teil I dieser Arbeit ([2]) wurden zuniichst Ergebnisse uber den EinfluB der Temperatur und des Kadmiumgehaltes auf die kritische Schubspannung von Zinkeinkristallen mitgeteilt. Es konnte gezeigt werden, daO Kadmiumzusatze erst bei groBeren Konzentrationen eine Erhohung der kritischen Schubspannung bewirken und daB dieses Verhalten nicht mit der Vorstellung vom indirekten EinfluB der Fremdatome auf die Versetzungsdichte des Grundversetzungsnetz- werkes vertraglich ist. Die vorliegende Arbeit wird sich vor allem mit dem Ein- fluB des Kadmiumgehaltes und der Temperatur auf die reduzierten Verfestigungs- koeffizieriten der Bereiche A und 13, der reduzierten Schubspannungen za/G3, ZB/G3 und zc/G, und der Lange des Bereiches A der Verfestigungskurve von Zink- einkristallen beschaftigen. Die untersuchten Zinkeinkristalle hatten folgende Kadmiunigehalte: Serie F: 99,9999°/0 Zn; Serie A: 4,75. At.-%; Serie €3: 9,4. At.-%; Serie C: 5 , 6 2 . lO-ZAt.-%; Serie D: 8 , 7 . At.-%.

1. Experimentello Ergebnisse 1.1 Der Eiiifluj3 der l'ewtperutur und des Kadmiumgehaltes auf die Kenngrii/Jevr

des Bereiches A der Verfestigungskurve

In Fig. 1 und 2 ist die Temperaturabhangigkeit des reduzierten Verfestigungs- koeffizienten I ~ ~ I G ~ fur Kristalle det Serie F, A und B aufgetragen. Mit Aus- nahme von Kristallen der Serie D. fur die nur MeBwerte bei mittleren Tempera-

l) Jetzt Institut fur Metallkunde und Materialpriifung der Bergakademie Freiberg.

25 physica

374 31. B O ~ E K und G. HOTZSCH

1.

Temperatur (%-

Ten~pcmt i i rab l i~ i i&i~l i~~i t drs rednzierten \'erfestigungskocffiaierltcn i i f ~ / G ' ~ fiir Kristnllr dcr Rcric 1'

Fig. 2 . Tcriipcl'ntursli)iAiigigkeit ilrs rcrluzicrten Vcrfcstigiiiigskocffizicntcn O n / ( : : fiir Kristnlle dcr Berien A und U

Plastische Verformung von kadiniumlegierten Zinkeinkristallen (11) 375

Fig. 9. Teniprraturshlrangigkeit der Lange des Bereirhrs A fiir Iiristalle der Scrie P

l5

I

9

op

..2 4 9 10

125

0 200 400 600

Temperatur PK) -

Serie

turen vorliegen, w&cbst GA/G, untcrhalb 293 OK rasch an und verlauft bei ca. 200 "I( uber ein ausgepragtes Maximum. Bei Kristallen der Serie B hat die (a,, /G,)- T-Abhangigkeit wegen des stark angehobenen Tieftemperaturwertes bei 90 OK im Temperaturbereich von 90 ktis 200 O K einen flacheren Verlauf.

uber den EinfluB des Kadmiumgehaltes auf den reduzierten Verfestigungs- koeffizienten gibt Tabelle 1 AufschluB. Durch den Zusatz von Kadmium wird gA /C3 nicht erniedrigt, sondern bleibt fur Raumtemperaturverformung im wesent- lichen unverandert. Die MeBwerte bei allen ubrigen Temperaturen unterliegen zwar einer groReren Xtreuung, fuhren aber praktisch zu dem gleichen Resultat.

F A R C D

19,s _+ 44 15,s 2,0 1S,9 5 2,3 15,4 11,s (312'K!)')

Die Lange des Bereiches A verkiirzt sich zunachst bei Kristallen der Serien F, A, B und D (fur C liegen keine Mes- sungen vor) mit steigender Temperatur, E 2 0 erreicht jedoch oberhalb 400 OK Wert,e, 3 I wie sie bei 293 O K gefunden werden 3

25

1 (Fig. 3 und 4). 25

Der EinfluB der Orientierung auf die LBnge des Bereiches A fur reine Kristalle ist aus Fig. 3 ersichtlich. ad bleibt dem- zufolge fur kleine xo-Winkel im nnter- suchten Temperaturbereich stets kleiner als fur griiRere Werte von xo. Eine merk-

10

9.5

Wig. 1. Temprraturnbharigigkrit dcr Lliige dcs Uerciches A fiir Kristnlle dcr Sericn A , R uric1 D 0

200 400 0

376 M. BOI~EK und G. HOTZSCH

Fig. 5. Temperaturablibugigkeit der reduzierten Schubspannung 7a/Gs in halblogarithmischer

Darstellung fiir Kristalle der Scrie 1”

liche Verlangerung des Bereiches A durch Kadniiumzusatze ist erst bei Kristallen der Serie D festzustellen (vgl. hierzu Tabelle 2 und Pig. 4). uA hat sich dann gegenuber reinen Kristallen annahernd verdoppelt . Mit zunehmender Tempera- tur (ab 323 OK) macht sich allerdings der LegierungseinfluB auch schon bei Kri- stallen der Serie B bemerkbar.

Tabel le 2 Temperatur- und Konzentrationsabhangigkeit der Lange des Bereiches A

(Die Buchstaben bezeichnen die Kristallserien)

323

Die Temperaturabhangigkeit der reduzierten Schubspannung zA/G3 laiSt sich bei halblogarithmischer Auftragung fur Kristalle der Serien F, A und B durch

Pig. 6. Temperaturabliangigkeit drr rcduziertcii Schubspanuunp rap, in lialblogarithmischer Darstellririg fiir Kristalk: der S c r i m A, I3 und U

I

Plastische Verformung von kadmiumlegierten Zinkeinkristallen (11) 377

Tempera fur PK) ~ -

Fig. 7. TemperaturabhBngigkeit des reduziertcn Vor- fcstigungskoeffiaienten Bg/Gs fiir Kristallc drr ar.rien

I<’, A, R und D

zwei Geraden unterschiedlicher Xeigung darstellen, die durch die empirische Beziehung

(Cl,2 Konstanten, Aktivierungs- energien; 1 fur den steilen Teil, 2 fur den flachen Teil) wiedergegeben werden konnen. Mes- sungen von B O ~ E K [I] passen sich dieser Abhangigkeit fur reine Kristalle gut an (Fig. 5 und 6). Fur Kristalle der Serie D kann nur noch der flache Teil angegeben werden. Eine Berechnung der Aktivierungsenergien ergibt fiir Q1 folgende Werte :

Serie

xA/G3 CIa2 . e Q 1 3 d k 1’ (1)

0,21

Die entsprechenden Werte f iir Qz sind ungefahr eine GroBenordnung kleiner.

1.2 Der Einflup der Ternperatur und des Kadmiumgehaltes auf die Kenmgrii/Jen des Bereiches B der Verfestigungskurve

Der reduzierte Verfestigungskoef fizient 8BlC3 verhklt sich gegeniiber Kadmium- zusatzen ahnlich wie SAjG3, d. h. 8,/G3 erfahrt durch Zulegierungen von Kad- mium keine erhebliche hde rung (Fig. 7). I n diesem Zusammenhang mu13 be- riicksichtigt werden, daB 1 9 ~ wegen der groWen Xteigung des zweiten line- aren Bereiches der Verfestigungskurve um einen Faktor 2 streuen kann. Der etwas steilere Gang in der (8B/G3)-T- Abhangigkeit fur legierte Kristalle kann unter diesem Gesichtspunkt kei- nem FremdstoffeinfluR zugeschrieben werden. Die Temperaturabhangigkeit von 6ulG3 hat in dem untersuchten Temperaturintervall einen ahnlichen Verlauf wie die von 6,1/G3.

Big. 8. Teinperatursb~,Bngigkeit tler redwiertcn S?huI)- spsnnung T B / G ~ in halblogarithmischcr Dsrstellung fiir

Kristalle der Sericn B, A iind D

378 M. B O ~ E K und G. HOTZSCH

I

300 4 DO 500 Temperafur PK) -

Fig. 9

Botek u. Kaska (ZJS"), 0 58" u eigene Messungen

, 300 400 5

Temperatur(Y- - Fig. 10

Fig. 0. Tcnipcr:~turnl~ltBngigkeit von In ( t c / G , ) fur Kristallc dcr Scrim W und U nnd nach Messungen roil [3] Pig. 10. 1)er EinfluB der Kristallorientierung auf dic TempcratiiritlJhBiigigkoit von In (rc/C,) fur Kristalle der Scrirn F', A uiid D und nnch Xcssungrn von [3]. Die Wlnkelangaljcn bC2riChnCn den Winlwl zwisclioi Stabttcllsc

und Gleitebenc

Fur die Spannung am Anfang des Bereiches B, zBIG3, finden wir bei halbloga- rithmischer Darstellung im gesamten Temperaturbereich bei Kristallen der Serien F. A und D (fur B und C fehlen die entsprechenden MeDwerte) nur eine lineare Abhangigkeit (Fig. S), die der empirischen Beziehung

zs/G3 = C, eQJkT (2)

(C', Konstante, &, Aktivierungsenergie) gehorcht. Die Berechnung der Aktivie- rungsenergie Q3 liefert fur alle drei Legierungen einen Wert von annahernd 0.1 eV.

1.3 1)ew EinflzijJ der Temperatur und des Kudniiunigehaltes auf die KrnngriilJru des Bereiches C der Verfestigungskurve

d u s der zusammenfassenden Darstellung der Verfestigungskurven im Teil 1 dieser Arbeit ( [ 2 ] , siehe besonders Fig. 2b) ist zu erkennen, daD die Einsatz- spannung des Bereiches C niit zunehmender Temperatur erniedrigt wird. Wie B O ~ E K und KASKA [3] zeigen konnten, la& sich diese Temperaturabhangigkeit bei halblogarithmischer Auftragung durch eine Gerade darstellen, die der empi- risehen Reziehung

genugt. Fig. 9 zeigt diesen Sachverhalt fur reine Kristalle (Messungcn von BOEEK und KASKA [3]) und Kristalle der Serie D. Die Ergebnisse eigener Unter-

t loo Fig. 11. Konzentrationsabhtngigkeit der Einsatzspan-

nung des Bereiches C, Tc/O, bci 373 "K

I '0

50- e 2

Cd- Gehalt of %) -

Ah2 / 373 "K FK3

'FK 4

F A D 0 1

suchungen bei hoheren Temperaturen (Serie F) lassen sich an Messungen von BOVCEK und KASKA, die an Kristallen gleicher Reinheit vorgenommen wurden, zwanglos anschlieBen. Fur die Auswertung der MeBergebnisse an reinem Zink wurden jedoch nur Kristalle mit xo > 30" herangezogen, da gezeigt werden kann, daB hauptshchlich fur xo 5 30" ein OrientierungseinfluB auf die Einsatzspannung des Bereiches C und deren Temperaturabhangigkeit besteht . Der EinfluB der Kristallorientierung und des Kadmiumgehaltes auf die In (zc/G3)- T-Abhangigkeit geht aus Fig. 10 hervor. Die Neigung der Geraden wird durch xo erheblich starker beeinfluBt als durch Zusatze von Kadmium. Durch den Vergleich von Kristallen einheitlicher Orientierung ist jedoch trotzdem eine Aussage iiber den Legierungs- einfluB auf die GroBe B moglich. Da fur deren Bestimmung an Kristallen der Serie D nur Proben mit xo = 50" bzw. 5 8 O zur Verfiigung standen, haben wir die zc/G,-Werte von B O ~ E K und KASKA [3] fur xo = 58O in Fig. 10 nochmals gesondert eingetragen. Die Meljwerte schmiegen sich der Geraden fur reine Kristalle mit xo > 30" gut an, so daB eine Abschatzung des Kadmiumeinflusses auf B zulassig erscheint. Man erhalt dann fur :

reine Kristalle B = 2,13 . lo-' (OK-1) Kristalle der Serie D B = 1,68 . lo-' (OK-l) .

Die Wirkung von Kadmium auf die Hohe der reduzierten Einsatzspannung t c /G3 ersieht man aus Fig. 11. zc/G3 ist hier in Abhangigkeit vom Kadmiumgehalt bei 373 OK dargestellt, da nur fur diese Temperatur vergleichbare MeBwerte vor- lagen. zc/G, steigt demnach mit zunehmendem Kadmiumgehalt an.

2. Diskussion

Der Verfestigungsanstieg hexagonaler Metalle kann fur Temperaturen, bei denen keine erholungsartigen Prozesse ablaufen, durch

(zc temperaturunabhangiger Schubspannungsanteil, der die weitreichenden Span- nungsfelder des Versetzungsnetzwerkes berucksichtigt) beschrieben werden 141. .SIC3 sollte demnach fur hinreichend tiefe Temperaturen temperatur- und ge- schwindigkeitsunabhangig sein. Dieses Verhalten beobachtet man an Kadmium [18] und Magnesium [19]. An Zink hingegen finden wir den unter 1.1 mitgeteilten Temperaturverlauf des Verfestigungskoeffizienten, der auch einer Arbeit von

380 M. BOEEK und G. HOTZSCH

SEECER und TRAUBLE ([5], siehe auch Fig. 10 im Teil I dieser Arbeit) zu entnehmen ist. Abweichungen vom Tieftemperaturverhalten des Verfestigungskoeffizienten ergeben sich ebenfalls in Arbeiten von SCHMID und FAHRENHORsT IS], BOCEK [I], DERUYTT~RE et al. [7] und DERUYTT~RE und GREENOUGH 181. Tim zu uberprufen, ob die Abnahme von 8/G, fur Temperaturen < 200 OK durch die ffberlagerung eines statischen Erholungsvorganges hervorgerufen wird, haben wir Kristalle der Serie F bei 90 OK bei einer Abgleitung von a = 0,06 bzw. 0,12 entlastet, 6 Stunden bei der gleichen Temperatur ausgelagert und weiter verformt. Durch die 6stun- dige Erholungspause nach a = 0,06 tritt eine geringfugige Erhohung der FlieB- spannung und eine anfanglich nur schwache Abnahme des Verfestigungsanstieges ein. Eine weitere Erholungspause von 6 Stunden nach a = 0,12 beeinfluBt weder die FlieBspannung noch den Verfestigungsanstieg. Geschwindigkeitswechselver- suche, die in diesem Zusammenhang von LUKG [9] bei 90 OK durchgefuhrt wur- den, liefern einen geschwindigkeitsunabhangigen Verfestigungsanstieg. Damit scheiden aber statische Erholungsvorgange als Ursache fur den Abfall des Ver- festigungskoeffizienten bei tiefen Temperaturen aus.

Ober den EinfluB von Fremdstoffzusatzen auf den Verfestigungsanstieg 8~ von Zinkeinkristallen Iiegen neuere Unters~chungen~) nur von BOEEK [lo] und BOZEK und LuKAC 1111 vor. Der Verfestigungskoeffizient wird hiernach rnit steigendem Fremdstoffgehalt (vorwiegend Kupfer4) erniedrigt. Diese Konzentra- tionsabhangigkeit kommt moglicherweise dadurch zusta.nde, da13 die Anzahl der potentiellen Versetzungsquellen zu Beginn der Verformung rnit wachsendem Fremdstoffgehalt zunimmt und der Gleitvorgang deshalb mit geringerem Span- nungsanstieg aufrechterhalten werden kann [ 151. Da diese Vorstellung voraus- setzt, da13 Fremdatome die Versetzungsdichte des Grundversetzungsnetzwerkes beeinflussen, sollten KadmiumzusBtze wegen der Neigung zur Bildung von Cottrell-Atmospharen (siehe Teil I dieser Arbeit) keine wesentliche Abnahme des Verfestigungsanstieges bewirken. Der Verfestigungsanstieg 8ulG, sollte dann ebenfalls vom Kadmiumgehalt unabhangig sein, was durch die MeRergeb- nisse bestatigt werden kann.

Beobachtungen des Gleitlinienbildes 1161 und der Temperaturabhangigkeit der Einsatzspannung zc des Bereiches C, haben zu der Annahme gefuhrt [3], daB die dynaniische Entfestigung am Ende des Bereiches B mit der Quergleitung von Schraubenversetzungen verknupft ist. Auf Grund von Oberlegurigen, die in diesem Zusarnmenhang an k. f . z.-Metallen angestellt wurden [17], sollte es moglich sein, mit Hilfe der unter 1.3 aufgefuhrten GrolJe B die Stapelfehlerenergie y zu bestirn- men. Da oberhalb 273 OK erholungsartige Prozesse den Grundverfestigungsvor- gang verdecken, ist aber damit zu rechnen, daB tC durch statische Erholungsvor- gange entsprechend erniedrigt wird. Der Faktor B wird demzufolge nicht nur von der Stapelfehlerenergie, sondern auch von der Aktivierungsenergie dieser

3, Die von BURCK und APEL [I21 kurzlich mitgeteilten Ergebnisse an Zinkeinkristallen sind fur eine Diskussion des Fremdstoffeinflusses auf 8~ nur bedingt geeignet, da der Ver- festigungsanctieg bei a = 0,15 bestimmt wurde. :Bei Raumtemperaturverformung liegt dieser Wert haufig noch im gekriimmten Anfangsteil der Verfettigungskurve (siehe hierzu Fig. 2a und b, Teil I dieser Arbeit, und z. B. [3]). Ebent-o sollen hier altere Messungen, wie z. B. die von ROSBAUD und SCHMID [I31 an ZnCd-Krktallen, aucgeechloseen werden, da die Verfestigungsanstiege durch Mittelung iiber die ganze Verfestigungckurve gewonnen wur- den.

4, Dieses Ergebnis konnte neuerdings an kupferlegierten Zinkeinkrist'allen bestatigt werden [la].

~~ ~ ~. . ~~ ~~~~~

Plastische Verformung von kadmiumlegierten Zinkeinkristallen (11) 381

statischen Erholungsvorgange abhangen.5) Deshalb kann auch anhand der vor- liegenden Messungen nicht entschieden werden, inwieweit Legierungszusatze die Stapelfehlerenergie des Zinks verandern. Die Zunahme von zc/G3 mit dem Legie- rungsgehalt laBt jedoch vermuten, daB y rnit steigendem Kadmiumgehalt abneh- men konnte.

Der EinfluB von statischen Erholungsvorgangen auf B findet scheinbar auch seinen Ausdruck in der Orientierungsabhangigkeit der Beziehung (3) (siehe Fig. 10). Wie SEEGER und TRAUBLE [5] zeigen konnten, ergeben sich bei konstan- ter Dehngeschwindigkeit fur Kristalle rnit unterschiedlicher Ausgangslage der Basisebene (charakterisiert durch xo) verschieden starke hderungen der Abgleit- geschwindigkeit h. Danach sinkt bei groBen Xo-Winkeln die Abgleitgeschwindig- keit wahrend der Verformung rasch ab, wohingegen bei kleinen Xo-Winkeln a sich nur wenig verringert. Da die Einsatzspannung zC erst nach relativ groBen Ab- gleitungen erreicht wird (a > 1,5), sollten sich erholungsartige Prozesse bei Kri- stallen mit grol3en Xo-Winkeln starker bemerkbar machen als bei solchen mit kleinen Xu-Winkeln. Auf den Faktor B ubertragen folgt hieraus der Gang der Geradenanstiege, wie er in Fig. 10 dargestellt ist.

AbschlieBend kann festgestellt werden, daB die einzige KenngroBe, die mit unseren Erfahrungen uber die Wirkung von Fremdstoffzusatzen auf die Form der Verfestigungskurve ubereinstimmt, die Lange des Bereiches A ist. Allerdings scheinen auch hier im Vergleich zu kupferlegierten Zinkkristallen erst groBere Gehalte an Kadmium (zumindest bei Raumtemperaturverformung) wirksam zu werden.

3. Zusammenfassung

Es wurden hochreine und kadmiumlegierte Zinkeinkristalle im dynamischen Zugversuch zwischen 90 und 573 O K bei einheitlicher Dehngeschwindigkeit untersucht. Die wesentlichsten Ergebnisse lassen sich folgendermaBen zusammen- fassen :

1. Der reduzierte Verfestigungskoeffizient GA/G3 von Zinkeinkristallen wird durch Kadmiumzusatze nicht verandert. Dieses Ergebnis wird in Verbindung mit der Bildung von Cottrell-Atmospharen gedeutet. SB/G3 zeigt ebenfalls keine Konzentrationsabhangigkeit.

2. Bei Temperaturen unterhalb M 200°K ergibt sich fur reine und schwach legierte Kristalle in Abweichung von Ergebnissen an anderen hexagonal dichtest- gepackten Metallen eine starke Temperaturabhangigkeit von 6A/G3. Erholungs- versuche bei 90 OK schlieBen aber statische Erholungsprozesse als Ursache hierfiir aus .

3. Die Temperaturabhangigkeit der reduzierten Schubspannung z A / G ~ kann bei halblogarithmischer Auftragung durch zwei Geraden dargestellt werden. t B / G 3 liefert dagegen im gleichen Temperaturintervall nur eine lineare Abhangigkeit.

5, Zu gleichen SchluDfolgerungen gelangt man in neueren Untersuchungen an Kadmium- [lSJ und MagneeiumeinkrktaIlen [19], wonach die Temperaturabhangigkeit von In t c / G durch zwei lineare Bereiche wiedergegeben werden kann. Der starkere Abfall des sogenann- ten Hochtemperaturastes. der im wefentlichen im Erholungsbereich verlauf t, wird eben- falls auf die aberlagerung statkcher Erholungsprozesfe zuriickgefiihrt. Ahnliche Beob- achtungen liegen von PFAFF [no] uber die Temperaturabhangigkeit yon In t 1 1 1 an Ni-Co- Kristallen vor.

382 M. BOEEK und G. HOTZSCII: Plastische Verformung von Zn (11)

4. Die Einsatzspannung tC des Bereichs C laBt sich durch die empirische Be- ziehung

wiedergeben. zc/G, nimmt mit dem Kadmiumgehalt zu, was niit einer Abnahme der Stapelfehlerenergie in Verbindung stehen konnte.

Die beobachtete Orientierungsabhangigkeit der Neigung B wird ebenfalls mit Erholungsvorgangen, die iiber eine Veranderung der Abgleitgeschwindigkeit wah- rend der Verformung unterschiedlich wirksam werden konnen, in Zusammenhang gebracht.

5 . Der Bereich A der Verfestigungskurve wird mit zunehmendem Kadmium- gehalt verlangert.

Die Autoren danken Herrn Prof. Dr. LANCE und Herrn Dozent Dr. KLIER fur die Unterstutzung dieser Arbeit. Den Herren J. SIROTEK und K. SKVLRA sind wir fur den Bau spezieller Versuchseinrichtungen zu besonderem Dank verpflich- tet . Die polarografischen Analysen wurden freundlicherweise von Herrn Ing . LIBICK+ durchgefuhrt.

Literatur

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[5] A. SEEGER und H. TRAUBLE, Z. Metallk. 51, 435 (1960). [C,] W. FAHRENHORST und E. SCHMID, Z. Phys. 64, 845 (1930). [7] A. DERUYTTERE, E. VON DEN BERGEN, J. VON DER PLANKEK und M. LAURENT. Tram.

[8] A. DERUYTTERE und C. B. GREENOUCH, J . Inst. Metals 84, 337 (1956). [9] P. L u K ~ E , personliche Mitteilung.

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(Received Ju ly 6 , 1964)