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Die Geschichte
zweier Finanzkrisen
Ein Vergleich der Eurokrise mit der
Grossen Depression in Europa
Masterseminar «The varieties of economic history»
Herbstsemester 2018
Historisches Seminar / Institut für Volkswirtschaft
Prof. Matthieu Leimgruber und Prof. Ulrich Woitek
Vorgelegt von:
Name: Alain Schwald
Studienrichtung: Economic History and Economics
Adresse: Lettenstrasse 31 | 8037 Zürich
Email: [email protected]
Matrikelnummer: 12-609-582
20.11.2018
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
I
Abstract
Die vorliegende Arbeit vergleicht die europäische Krise seit 2008 – bekannt als Eu-
rokrise – mit der Grossen Depression der 1930er Jahre in Europa. Die Arbeit geht dabei
der Frage nach, ob der europäische Währungsraum – ähnliche wie der Goldstandard in
den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts – eine Fessel für die Volkswirtschaften Euro-
pas darstellt. Zur Beantwortung dieser Frage wird in einem ersten Teil die beiden Wäh-
rungssysteme Goldstandard und Euro anhand der beiden theoretischen Ansätze
Trilemma der Geldpolitik und optimale Währungsräume analysiert und verglichen. In
einem zweiten Teil folgt eine Analyse und ein Vergleich der Ursachen und der Krisenty-
pen der beiden Krisen. In einem dritten Teil werden die beiden Krisen anhand verschie-
dener makroökonomischer Variablen verglichen. Im vierten und letzten Teil der Arbeit
folgt eine Analyse der beiden Krisen anhand der Geld- und Fiskalpolitik. Die Arbeit
zeigt auf, dass ein Währungssystem kann die Geldpolitik behindern und deren Hand-
lungsspielraum einschränken. Diese Schlussfolgerung führt zum Fazit, dass der europä-
ische Währungsraum – ähnlich wie der Goldstandard – eine geldpolitische Fessel für
Europa darstellt.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
II
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ..................................................................................................................... 1
2 Währungsräume ........................................................................................................... 3
2.1 Theorie ................................................................................................................... 3
2.2 Goldstandard der Zwischenkriegszeit ................................................................... 5
2.3 Europäischer Währungsraum ............................................................................... 8
3 Finanzkrisen ................................................................................................................11
3.1 Definition und Theorie .........................................................................................11
3.2 Die Grosse Depression in Europa .........................................................................14
3.3 Die Grosse Rezession und die Eurokrise ..............................................................18
4 Makroökonomischer Vergleich ....................................................................................24
4.1 Kennzahlen ...........................................................................................................24
4.2 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ................................................................24
4.3 Industrie................................................................................................................26
4.4 Handel ...................................................................................................................28
4.5 Preise.....................................................................................................................29
4.6 Arbeitslosigkeit .....................................................................................................30
5 Analyse .........................................................................................................................32
5.1 Fiskalpolitik ..........................................................................................................32
5.2 Geldpolitik ............................................................................................................35
6 Fazit .............................................................................................................................37
I. Quellen- und Literaturverzeichnis ..............................................................................38
II. Daten ............................................................................................................................41
III. Grafiken .......................................................................................................................42
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Trilemma des Wechselkursregimes ............................................................... 3
Abbildung 2: Der Goldstandard im Trilemma .................................................................... 5
Abbildung 3: Welthandelsspirale 1929-1933....................................................................... 6
Abbildung 4: Die Eurozone im Trilemma ............................................................................ 8
Abbildung 5: Optimum Currency Area Criteria: Eurozone versus the United States ....... 9
Abbildung 6: Krisenfrequenz 1880-1997 ............................................................................11
Abbildung 7: Die Anatomie der Spekulationsblase nach Minsky und Kindleberger ........12
Abbildung 8: Dow-Jones Industrial Stock Price Index 1920-1933 ....................................14
Abbildung 9: Industrieproduktion 1924-1934 ....................................................................16
Abbildung 10: Amerikanische Immobilienpreise von 1976 bis 2010 .................................18
Abbildung 11: Industrieproduktion 2005-2017 ..................................................................21
Abbildung 12: BIP pro Kopf, Top 4 der Eurozone ..............................................................25
Abbildung 13: Industrieproduktion, Top 4 der Eurozone ..................................................26
Abbildung 14: Export, Top 4 der Eurozone .......................................................................28
Abbildung 15: Konsumentenpreisindices, Top 4 der Eurozone .........................................29
Abbildung 16: Arbeitslosenquote, Deutschland und Frankreich.......................................30
Abbildung 17: Haushaltüberschüsse, Top 4 der Eurozone ................................................32
Abbildung 18: Nominale Staatsausgaben, Top 4 der Eurozone ........................................33
Abbildung 19: Fiskal- und Geldpolitik in den USA, 1933-1942.........................................34
Abbildung 20: Zinsen und Geldmenge M1, Top 4 der Eurozone .......................................35
Abbildung 21: Chronologie des Goldstandards ..................................................................42
Abbildung 22: U.S.-U.K. Covered Domestic Interest Differentials ...................................42
Abbildung 23: Abwertung und wirtschaftliche Erholung in den 1930er Jahren. .............43
Abbildung 24: Entwicklung der privaten Schulden in Europa ..........................................43
Abbildung 25: Zahlungsbilanz in Europa ...........................................................................44
Abbildung 26: Taylor-Regel im Euroraum: Peripherie vs. Kern .......................................44
Abbildung 27: Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, Staaten des Euroraums..........................45
Abbildung 28: Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, Staaten der Europäischen Union ...........46
Abbildung 29: Industrieproduktion, Staaten der Eurozone ..............................................47
Abbildung 30: Industrieproduktion, Staaten der EU ........................................................48
Abbildung 31: Export, Staaten des Euroraums .................................................................49
Abbildung 32: Export, Staaten der EU ..............................................................................49
Abbildung 33: Import, Top 4 der Eurozone ........................................................................49
Abbildung 34: Import, übrige Eurostaaten ........................................................................50
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
IV
Abbildung 35: Import, Staaten der EU ..............................................................................50
Abbildung 36: Handelsbilanz 1998-2017, Top 4 der Eurozone ..........................................51
Abbildung 37: Handelsbilanz 1920-1939, Top 4 der Eurozone ..........................................51
Abbildung 38: Handelsbilanz 1998-2017, übrige Staaten der Eurozone ...........................52
Abbildung 39: Handelsbilanz 1920-1939, übrige Staaten der Eurozone ...........................52
Abbildung 40: Handelsbilanz 1920-1939, Niederlande ......................................................53
Abbildung 41: Konsumentenpreise, Top 4 der Eurozone ...................................................53
Abbildung 42: Konsumentenpreise, übrige Staaten der Eurozone....................................53
Abbildung 43: Konsumentenpreise, Staaten der EU .........................................................54
Abbildung 44: Arbeitslosenquote, Top 4 der Eurozone ......................................................54
Abbildung 45: Arbeitslosenquote, Belgien, Dänemark und Griechenland ........................54
Abbildung 46: Arbeitslosenquote, Polen, Schweden und Grossbritannien .......................55
Abbildung 47: Arbeitslosenquote in Europa 1998-2017, Arbeitslosenquote, Polen,
Schweden und Grossbritannien..........................................................................................55
Abbildung 48: Arbeitslosigkeit in Europa 1921-1938 ........................................................56
Abbildung 49: Haushaltüberschüsse, Top 4 der Eurozone ................................................57
Abbildung 50: Haushaltüberschüsse, übrige Staaten der Eurozone .................................57
Abbildung 51: Haushaltüberschüsse, Staaten der EU ......................................................58
Abbildung 52: Nominale Staatsausgaben, übrige Staaten der Eurozone .........................58
Abbildung 53: Nominale Staatsausgaben, Staaten der EU ...............................................58
Abbildung 54: Zinsen, übrige Staaten der Eurozone .........................................................59
Abbildung 55: Zinsen, Staaten der EU ...............................................................................59
Abbildung 56: Geldmenge M1, übrige Staaten der Eurozone ............................................59
Abbildung 57: Geldmenge M1, Staaten der EU .................................................................60
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Migration in die USA Anfang des 20. Jahrhunderts ......................................... 7
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
1
1 Einleitung
Vor rund zehn Jahren schlitterte die Welt die schlimmste Wirtschaftskrise seit dem Bör-
sencrash von 1929 und der Grossen Depression der 1930er Jahre. In den ersten zwölf
Monaten der Krise brach die weltweite Industrieproduktion um über zehn Prozent ein.
Der Einbruch erreichte damit dieselben Ausmasse wie 19301. Anders als in den 30er
Jahren konnte – dank des beherzten Eingreifens der Zentralbanken unter Führung der
amerikanischen Zentralbank FED – jedoch ein anschliessendes Abgleiten der Weltwirt-
schaft in eine Depression vermieden werden. Trotzdem waren die Konsequenzen verhee-
rend. Millionen von Jobs gingen verloren. In Europa und Nordamerika war 2010 rund
jeder zehnte arbeitslos2. Die Industrieproduktion in den Vereinigten Staaten brauchte
über sechs Jahre um das Vorkrisenniveau zu erreichen3. Trotz dieser massiven Ein-
schnitte erlebte die USA wie auch die Weltwirtschaft seit 2010 einen stetigen Auf-
schwung. Etwas anders sieht hingegen die Lage in Europa aus. Sowohl die Industrie-
produktion als auch das Bruttoinlandprodukts der Europäischen Union und der Eurozo-
ne liegen auch nach zehn Jahren immer noch unter dem Vorkrisenniveau4. Die Europäi-
sche Zentralbank (EZB) verharrt deshalb weiterhin im Krisenmodus. Auch wenn die
EZB angekündigt hat ihr Quantitative Easing Programm per Ende des Jahres 2018 aus-
laufen zulassen, ist ein Ende des Krisenmodus nicht abzusehen. Im Gegensatz zu den
Vereinigten Staaten von Amerika schafft es Europa und insbesondere die Eurozone seit
Jahren nicht aus der Krise. Da stellt sich unweigerlich die Frage, weshalb die Eurozone
nicht aus dem Schlamassel rauskommt, während andere den Krisenmodus seit längerem
verlassen haben. Die ganze Situation erinnert stark an die Grosse Depression der 1930er
Jahre, als Europa und die USA in den Fesseln des Goldstandards gefangen waren und
über Jahre in einer Depression feststeckten. Wie die Arbeit von Barry Eichengreen zeig-
te, ermöglichte erst der Ausstieg aus dem Goldstandard einen Aufschwung und ein Ende
der Depression5. Es stellt sich die Frage, inwiefern sich die heutige Krise Europas mit
der Grossen Depression in Europa vergleichen lässt und ob die Eurozone und das Euro-
päische System der Zentralbanken (ESZB) ebenfalls eine Art Fessel für die europäische
Wirtschaft darstellt, welche einen nachhaltigen Ausbruch aus der Krise verunmöglicht.
Zur Beantwortung dieser Fragestellung werden die beiden Krisen – Grosse Depression
1 Eichengreen & O’Rourke: A Tale of two Depressions.
2 OECD.
3 FRED.
4 OECD.
5 Eichengreen: Golden Fetters.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
2
in Europa und Eurokrise – miteinander verglichen. In einem ersten Teil wird anhand
der Theorie der optimalen Währungsräume und dem Trilemma der Geldpolitik die
Struktur der beiden Währungssysteme – Goldstandard und Europäischer Währungs-
raum – analysiert. Danach folgt eine Gegenüberstellung der Ursachen der beiden Kri-
sen. Im dritten Teil wird der Ablauf der jeweiligen Krisen anhand von verschiedenen
makroökonomischen Variablen verglichen. Im Zentrum dieses Vergleichs stehen die vier
grössten Volkswirtschaften der Eurozone: Deutschland, Frankreich, Italien und Spani-
en. Neben diesen vier Ländern werden weitere fünf Staat aus der Eurozone und sechs
EU-Länder6, welche nicht Teil der Eurozone sind, untersucht. In einem vierten und letz-
ten Teil folgt eine Analyse der Fiskal- und Geldpolitik in den beiden Krisen.
6 In der Analyse wird jedoch mit Dänemark ein Staat mehr zum Euroraum gezählt, da Dänemark seine
Währung an den Euro gebunden hat. Korrelation zwischen dem dänischen und dem Euro-Zins beträgt
0.987.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
3
2 Währungsräume
2.1 Theorie
Bevor sich dieses Kapitel den beiden Währungssystem Goldstandard und Eurozone zu-
wendet, werden die beiden theoretischen Konzepte Trilemma der Geldpolitik und Theo-
rie der optimalen Währungsräume kurz zusammengefasst.
Trilemma der Geldpolitik
Das Trilemma der Geldpolitik beschreibt den Zielkonflikt, welchem eine Volkswirtschaft
und deren politischen Entscheidungsträger bei der Ausgestaltung ihrer Währung ausge-
setzt sind. Wie Marcus Fleming7 und Robert Müller8 in ihren Arbeiten von 1962 und
1963 aufzeigten, ist es für ein Land unmöglich zur gleichen Zeit alle drei wechselkurspo-
litischen Ziele – vollkommen stabile Wechselkurs, freier internationaler Kapitalverkehr
und autonome Geldpolitik – zu erfüllen. Es ist maximal möglich zwei dieser drei Ziele
gleichzeitig zu erreichen. Diese Erkenntnis lässt vereinfacht in einem Dreieck darstel-
len:
Abbildung 1: Trilemma des Wechselkursregimes
7 Fleming: Domestic financial policies under fixed and floating exchange rates.
8 Mundell: Capital Mobility and Stabilization Policy under Fixed and Flexible Exchange Rates.
Fixe Wechselkurse
Freier Kapital-
verkehr
Autonome
Geldpolitik
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
4
Theorie der optimalen Währungsräume
Die Theorie der optimalen Währungsräume geht auf den kanadischen Ökonom Robert
Mundell und dessen Paper A Theory of Optimum Currency Areas von 1961 zurück.
Mundell stellte dabei die Frage in den Raum: «What is the appropriate domain of a cur-
rency area?»9 Mundell kam in seinem Werk anhand eines Zwei-Länder-Modells zum
Schluss, dass ein Währungsraum optimal ist, wenn dieser über ausreichende Faktormo-
bilität verfügt10. In den folgenden Jahren wurde die Theorie eines optimalen Währungs-
raums von zahlreichen Ökonomen wie McKinnon11 oder Kenen12 aufgenommen und er-
weitert. Daraus ergeben sich die traditionellen Kriterien für einen optimalen Währungs-
raum13:
• Arbeitsmobilität
• Flexibilität von Löhnen und Preisen
• Offenheitsgrad / Integration
• Diversifikationsgrad
• Fiskaltransfer
• Schockart
Diesen traditionellen eher mikroökonomisch-geprägten Kriterien wurden mit der Zeit
weitere in erster Linie makroökonomische Kriterien hinzugefügt14:
• Kapitalmobilität
• Konjunkturzyklus
• Preisstabilität
• Fiskalpolitik
• Politische Zielsetzung
Da die Berücksichtigung aller Kriterien den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde,
konzentriert sich die Arbeit auf die vier, in der meisten Literatur als zentral angesehene,
Kriterien: Arbeitsmobilität, Integration, Konjunkturzyklus und Fiskalpolitik.
9 Mundell: A Theory of Optimum Currency Areas.
10 Mundell: A Theory of Optimum Currency Areas, S. 663f. Unter Faktormobilität wird in der Regel die
Mobilität von Arbeit und Kapital verstanden.
11 McKinnon: Optimum Currency Areas.
12 Kenen: The Theory of Optimum Currency Areas: An Eclectic View.
13 Peters: Theorie optimaler Währungsräume vor dem Hintergrund der EU-Erweiterung, S.3.
14 Peters: Theorie optimaler Währungsräume vor dem Hintergrund der EU-Erweiterung, S.3.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
5
2.2 Goldstandard der Zwischenkriegszeit
Abbildung 2: Der Goldstandard im Trilemma
Das System des klassischen Goldstandards15 hatte sich in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts langsam ergeben, nachdem immer mehr Länder ihre nationale Währung
an den Goldpreis banden und sich von Bimetall- oder Silberwährungen verabschiede-
ten16. Die Bindung an den Goldpreis bedeutete, dass auf eine autonome Geldpolitik ver-
zichtet wurde um im Gegenzug fixe Wechselkurse und einen freien Kapitalverkehr zu
gewährleisten (siehe Abbildung 2). Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges im Frühjahr
1914 wurde der Goldumtausch und somit der Goldstandard insbesondere von den krieg-
führenden Staaten ausser Kraft gesetzt. Nach dem Krieg wurde der Goldstandard nach
und nach wieder eingeführt (siehe Abbildung 21). Bis Ende 1925 hatten fast drei Dut-
zend Länder die Konvertibilität in Gold wieder eingeführt17. 1928 war der Goldstandard
im Wesentlichen wieder hergestellt18. Es zeigte sich jedoch schnell, dass der rekonstru-
ierte Goldstandard der Zwischenkriegszeit die Stabilität des klassischen Goldstandards,
welche auf Glaubwürdigkeit und Kooperation beruhte, nicht mehr herstellen konnte19.
Die Glaubwürdigkeit in das Geldsystem hatte nach den geldpolitischen Exzessen wäh-
rend und nach dem Ersten Weltkrieg arg gelitten. Auch die internationale Kooperation
15 Der klassische Goldstandard dauerte von ca. 1880 bis zum Frühjahr 1914.
16 Eichengreen: Vom Goldstandard zum Euro, S. 21f.
17 Eichengreen: Golden Fetters, S 187-191.
18 Eichengreen: Golden Fetters, S 187. & Eichengreen: Vom Goldstandard zum Euro, S. 73.
19 Eichengreen: Golden Fetters, S. 29-66.
Fixe Wechselkurse
Freier Kapital-
verkehr
Autonome
Geldpolitik
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
6
funktionierte nur noch mangelhaft. Dies führte dazu, dass der Goldstandard die Un-
gleichgewichte, welche im Krieg und den drauffolgenden Jahren entstanden, nicht mehr
ausgleichen konnte. Der Anpassungsmechanismus war unzureichend. Länder mit einer
weichen Währung wie zum Beispiel Grossbritannien kämpften mit chronischen Zah-
lungsbilanzdefiziten20. Die deutschen Reparationszahlungen aus dem Ersten Weltkrieg
und die Defizite der lateinamerikanischen Staaten wurden in grossem Masse mit ameri-
kanischen Krediten finanziert. Als die Schuldnerstaaten im Zuge schlechter Konjunktur
versuchten die Verschuldung zurückzufahren, führte dies im Goldstandard wiederum
dazu, dass die Schuldnerstaaten eine strikte Fiskal- und Geldpolitik führen mussten21.
Dem Gegenüber stand eine eher expansive Politik der USA22. Als das FED ab Februar
1928 die Zinsen erhöhte brach 1929 das ganze Kartenhaus in sich zusammen. Zuerst
schlitterte die US-Ökonomie in eine Rezession ab und dann folgte im Oktober 1929 ein
Crash der Börse.
Abbildung 3: Welthandelsspirale 1929-193323
Der internationale Handel und mit ihm die internationale Integration der Volkswirt-
schaften brachen fast komplett zusammen (siehe Abbildung 3). Die Integration der Ka-
20 Eichengreen: Vom Goldstandard zum Euro, S. 73 & 74.
21 Eichengreen: Golden Fetters, 187ff.
22 Rothbard: America's Great Depression, S. 91f.
23 Kindleberger: The World in Depression 1929-1929, S. 172.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
7
pitalmärkte erreichte nach dem Ersten Weltkrieg nie mehr das Vorkriegsausmass (Siehe
Abbildung 22). Auch die Arbeitsmobilität brach mit dem Ausbruch der Grossen Depres-
sion, nach dem diese bereits während und nach dem Ersten Weltkrieg zurückgegangen
war, drastisch ein, wie die Zahl der Einwanderung in die Vereinigen Staaten belegen:
Tabelle 1: Migration in die USA Anfang des 20. Jahrhunderts24
Zeitraum Immigranten erreichen die USA
1901 – 1910 8,795,386
1911 – 1920 5,735,811
1921 – 1930 4,107,209
1931 – 1940 532,431
Der Goldstandard der Zwischenkriegszeit erfüllte damit von den vier zentralen Kriterien
für einen optimalen Währungsraum nur noch eines, jenes der Konjunktur. Wie sich je-
doch im Verlauf der Grossen Depression zeigen sollte, erfüllte der Goldstandard auch
dieses Kriterium nicht mehr (siehe Kapitel 3.2 und 4). Obwohl sich Eichengreen in sei-
nem Buch Golden Fetters nicht mit der Frage auseinandersetzt, ob die Länder des Gold-
standards in der Zwischenkriegszeit einen optimalen Währungsraum darstellten, kann
man seine Forschung und die Erkenntnis, dass der Goldstandard eine goldene Fessel
darstellte, dahingehend deuten, dass der Goldstandard der Zwischenkriegszeit aus Ei-
chengreens Sicht kein optimaler Währungsraum darstellte.
24 Daten von Emmigration.Info.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
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2.3 Europäischer Währungsraum
Abbildung 4: Die Eurozone im Trilemma
Anders als der Goldstandard, welcher sich nach und nach ergeben hat, ist die Europäi-
sche Währungsunion, welche Ende des 20 Jahrhunderts eingeführt wurde, eine politi-
sche Idee, welche über Jahre verfolgt wurde und bereits 1970 diskutiert wurde. Im Ver-
lauf der Siebzigerjahre entwickelten die Staaten der Europäischen Wirtschaftsgemein-
schaft (EWR) den auch einen Vorläufer der späteren Währungsunion das Europäische
Währungssystem (EWS). Nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-System sollte
dieses Währungssystem mit festen, aber anpassungsfähigen Wechselkursen zwischen
den Währungen der EWR Staaten für Stabilität sorgen. Daraus entwickelte sich in den
Achtzigerjahren eine konkrete Idee für einen gemeinsamen Wirtschafts- und Währungs-
raums (WWU). Diese Pläne wurden im Verlaufe der Neunzigerjahre umgesetzt. Die
Schaffung des gemeinsamen Binnenmarktes erfolgte mit der Schaffung der Europäi-
schen Union durch den Vertrag von Maastricht Anfang der Neunzigerjahre und die Eu-
ropäische Währungsunion mit dem Euro als Währung folgte am 1. Januar 1999.25
In ihrer Funktionsweise hat die Eurozone viele Parallelen mit dem Goldstandard. Wie
im Goldstandard verzichten die einzelnen Volkswirtschaften auf eine autonome Geldpo-
25 Europäische Zentralbank: Das Eurosystem - Das europäische System der Zentralbanken, S. 5ff.
Freier Kapital-
verkehr
Fixe Wechselkurse
Autonome
Geldpolitik
Eurozone
nach aussen
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
9
litik bzw. in diesem Fall sogar auf eine eigene Währung zu Gunsten von fixen Wechsel-
kursen innerhalb der Währungsunion und freien Kapitalverkehr (siehe Abbildung 4,
Eurozone nach innen). Dies ist wohl der Grund, wieso der Euroraum immer wieder mit
dem Goldstandard verglichen wird und man beim Euro auch immer wieder von einem
Goldstandard-Light oder zum Beispiel von einem «Proxy des Goldstandards»26 spricht.
Nach aussen – im Austausch mit anderen Währungen – verhält sich der Euro und der
Europäische Währungsraum hingegen ganz anders als der Goldstandard. Wie seit dem
Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems mehrheitlich üblich, herrschen zwischen
dem Euro und anderen Währungen freie Wechselkurse27. Der Europäische Währungs-
raum verzichtet also nach Aussen auf fixe Wechselkurse zu Gunsten einer autonomen
Geldpolitik und eines mehrheitlich freien Kapitalverkehrs (siehe Abbildung 4, Eurozone
nach aussen).
Kriterien für einen optimalen Währungsraum: Eurozone versus Vereinigte Staaten
Abbildung 5: Optimum Currency Area Criteria: Eurozone versus the United States28
26 De Soto: Die Verteidigung des Euro: ein österreichischer Ansatz, S. 6.
27 Anmerkung: Gewisse Währungen des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) haben keine
komplett freien Wechselkurse zum Euro. Zum Beispiel hat Dänemark seine Währung seit dem Beginn der
Europäischen Währungsunion an den Euro gebunden.
28 O’Rourke & Taylor: Cross of Euros, S. 178. Anmerkung und Datenquelle: “Panel A: Data for 2007; intra-
US trade volumes from the 2007 Commodity Flow Survey, minus 2007 US imports from the Bureau of Eco-
nomic Analysis, National Income and Product Accounts (BEA NIPA), all divided by GDP from BEA NIPA;
eurozone trade with eurozone, and eurozone GDP, from Eurostat. Panel B: Annual data for 1997–2007; US,
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
10
Bereits vor der Einführung des Euros gab es massive Kritik von namhaften Ökonomen
an der geplanten Währungsunion29. Die Kritik war in erster Linie darauf zurückzufüh-
ren, dass die geplante Währungsunion rein auf politischen Überlegungen basierte und
ökonomische Gedanken aussenvorgelassen wurden. So kritisierten viele Ökonomen ins-
besondere, dass der Europäische Währungsraum in keiner Weise einen optimalen Wäh-
rungsraum darstellen würde. Auch Barry Eichengreen beschäftigte sich bereits Anfang
der 1990er Jahre – bevor die Einführung des Euros definitiv beschlossen wurde – mit
dieser Frage30. Eichgreen konzentrierte sich dabei auf Arbeitsmobilität und die Ge-
schwindigkeit der Anpassung auf dem Arbeitsmarkt. Dabei verglich er Europa mit den
USA und konnte aufzeigen, dass sowohl die Arbeitsmobilität als auch die Geschwindig-
keit der Anpassung auf dem Arbeitsmarkt in Europa einiges tiefer war als in den USA.
Daraus zog Eichengreen den Schluss, dass die USA dem Ideal eines optimalen Wäh-
rungsraum einiges näherkommt als Europa. Zum gleichen Schluss kommen Kevin
O’Rourke und Alan Tylor in ihrem Paper Paper Cross of Euros. Anhand der vier Krite-
rien Arbeitsmobilität, Integration, Konjunkturzyklus und Fiskalpolitik zeigen sie auf,
dass die Eurozone von den vier Kriterien gerade mal eines knapp erfüllt. In ihrem Paper
verglichen O’Rourke und Taylor – wie Barry Eichengreen – Europa beziehungsweise die
Eurozone mit den Vereinigten Staaten. Wie die Abbildung 5 zeigt, schneidet der Europä-
ische Währungsraum bei allen vier Kriterien schlechter ab als der amerikanische Wäh-
rungsraum. Anhand dieser Resultate kann davon ausgegangen werden, dass der Euro-
päische Währungsraum keinen optimalen Währungsraum darstellt.
state, and census region real GDP growth rates from BEA (the higher correlation statistic is for the regions);
eurozone and eurozone country growth rates from Eurostat. Panel C: Data for 2012; US data from Statistical
Abstract; eurozone data from Eurostat. Panel D: Upper and lower range of US estimates and euro point
estimate taken from multiple older sources in HM Treasury (2003); US 28 percent figure based on recent
Federal income tax elasticities alone, from Auerbach (2009, figure 2).”
29 Die Kritik kam unter anderem von Milton Friedman oder Martin Feldstein.
30 Eichengreen: Is Europe An Optimum Currency Area?
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
11
3 Finanzkrisen
3.1 Definition und Theorie
Um die beiden Krisen zu verstehen und deren Ursachen zu erklären, muss zuerst defi-
niert werden was eine Finanzkrise ist und welche theoretischen Aspekte als relevant
betrachtet werden können.
Es gibt keine allgemein akzeptierte Definition für Finanzkrisen31. Dies liegt dran, dass
eine genaue Definition solcher Krisen ziemlich kompliziert ist, da es historisch und öko-
nomisch gesehen eine Vielzahl von verschieden Typen an Finanzkrisen gibt32. Hyman
Minsky geht sogar so weit, dass er sagt eine Definition sei unnötig, seit man die wich-
tigsten Episoden anhand von Daten identifizieren könne33. Eine eingängige Definition
für Finanzkrisen kommt von Eichengreen und Portes: Sie charakterisieren eine Finanz-
krise als eine Störung der Finanzmärkte, welche typischerweise mit sinkenden Vermö-
genspreisen und der Zahlungsunfähigkeit von Schuldnern und Finanzintermediären
einhergeht. Zudem breitet sich eine solche Störung durch das Finanzsystem aus und
beeinträchtigt die Fähigkeit des Marktes Kapital zu akkumulieren34.
Abbildung 6: Krisenfrequenz 1880-199735
Reinhart und Rogoff unterscheiden Finanzkrisen in ihrem berühmten Werk This Time is
different in drei verschiedene Arten, namentlich Bankenkrise, Währungskrise und
31 Grossmann: Banking Crisis, S. 2.
32 Kindleberger und Aliber: Manias, Panics, and Crashes: A History of Financial Crises, S. 34.
33 Minsky: The financial instability hypothesis, S. 13.
34 Eichengreen und Portes: The anatomy of financial crises, S. 10.
35 Bordo et al: Is the crisis problem crowing more severe?, S. 56.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
12
Schuldenkrise36. Die Schuldenkrise lässt sich zudem in eine externe und eine inländi-
sche Schuldenkrisen unterscheiden37. Die bekanntesten Arten von Schuldenkrisen stel-
len die Vermögenspreisblase und die Staatschuldenkrise dar. Die verheerendste Schul-
denkrisen stellen die Immobilienkrisen dar. Die verschiedenen Krisentypen – Banken-,
Währungs- und Schuldenkrisen – können auch simultan stattfinden oder sich gegensei-
tig auslösen. Wie Bordo et al. aufzeigten sind solche Doppel- oder Mehrfach-Krisen seit
1880 in unterschiedlicher Häufigkeit aufgetreten (siehe Abbildung 6).
Genau so vielfältig wie die Typen von Finanzkrisen sein können, so vielfältig sind dessen
Ursachen. Finanzkrisen können in der Regel nicht nur einen Grund zurückgeführt wer-
den, sondern haben eine Mehrzahl von Ursachen. Dies führt dazu, dass nicht nur in der
Politik heftig über die Ursachen der jeweiligen Krise gestritten wird sondern auch in der
Wissenschaft. Auch bei den beiden in der Arbeit untersuchten Krisen Grosse Depression
und Finanz- und Eurokrise sind die Ursachen bis heute umstritten. Unbestritten scheint
bei beiden Krisen, dass am Anfang der Krisen ein Wirtschaftsboom und eine Spekulati-
onsblase stand. Finanzkrisen folgen oft auf Spekulationsblasen bei Vermögenspreisen38.
Abbildung 7: Die Anatomie der Spekulationsblase nach Minsky und Kindleberger39
Die Schwankungen der Konjunktur folgen gewissen regelmässigen Bewegungen und
werden deshalb Konjunkturzyklus genannt. Der Konjunkturzyklus charakterisiert sich
durch Boom (Aufschwung) und Bust (Abschwung). Für das Entstehen des Konjunk-
turzyklus’ gibt es viele verschiedene Theorien. Konjunkturzyklen werden oft von Speku-
lationsblasen angetrieben. Eine Spekulationsblase beginnt typischerweise mit einer Ver-
36 Reinhart und Rogoff: This Time is Different, S. 1-3.
37 Reinhart und Rogoff: This Time is Different, S. 81.
38 Allen und Gale: Bubbles and Crisis, S. 236.
39 Rosa: Die Anatomie der Spekulationsblase.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
13
lagerung, in welcher ein exogener Schock zum Beispiel eine Erfindung oder Änderung
der Rahmenbedingungen die Grundlagen der Wirtschaft verändern. Dieser Impuls legt
die Grundlage für die zweite Phase der Spekulationsblase, den Boom. Im Boom entsteht
meistens eine Überzeugung bzw. Erwartung bezüglich eines Anlagethemas, welche sich
später als unrealistisch erweisen sollten. So hörte man zum Beispiel in den USA in den
Jahren vor der Subprime-Krise «Immobilienpreise sind noch nie gefallen». In einer
Boomphase steigen die Investitionen und die Nachfrage insbesondere im Bereich dieser
Anlage.40
Die Konjunkturzyklen Theorie der österreichischen Schule der Nationalökonomie, wel-
che gemeinhin als Überinvestitionstheorie bekannt ist, führt das Entstehen eines Booms
und der spätere Bust auf das staatliche Geldmonopol zurück41. Die Geldschöpfung durch
die Zentralbank und die Geschäftsbanken führt zu einer übermässigen Geldmengen-
ausweitung, welche eine schleichende Entwertung des Geldes zur Folge hat. Ein Phä-
nomen, welches man seit der Einführung der modernen Zentralbanken sehr gut be-
obachten kann. So hat ein US-Dollar heute nur noch einen Bruchteil des Werts von vor
100 Jahren. Die übermässige Geldmengenausweitung führt jedoch nicht nur zu einer
Inflationierung des Geldes, sondern auch dazu, dass der Marktzins unter sein «neutrales
Niveau» gesenkt wird, was wiederum zusätzliche Investitionen durch die Marktakteure
auslöst. Diese Investitionen würden unter herkömmlichen Marktbedingungen nicht ge-
tätigt, da sich diese nicht lohnen würden. Die zu tiefen Marktzinsen führen zu einer
Kreditexpansion, Überinvestitionen und im Endeffekt zu riskanten Fehlallokationen42.
Eine zweite Möglichkeit, welche solche zusätzlichen Investitionen auslöst, ist eine Libe-
ralisierung des Finanzmarktes, insbesondere des freien Kapitalverkehrs43. Die erhöhten
Investitionen auf Kredit stossen einen Boom an. Die Preise insbesondere der Anlage mit
der geschürten Erwartung steigen dank dieser Investitionen. Es kommt zu einem positi-
ven Rückkopplungseffekt und die Preise steigen weiter. Irgendwann geht der Boom in
die dritte Phase der Spekulationsblase über, die Euphorie. In dieser Phase glauben die
Akteure der Boom würde nie enden. Die Preise würden ewig weiter steigen44. Oder wie
es Reinhart und Rogoff sagen: Der Glaube This Time is different greift um sich. In dieser
Phase werden in der Regel die fatalsten Investitionen getätigt, da in der Euphorie be-
40 Rosa: Die Anatomie der Spekulationsblase.
41 Mises: Theorie des Geldes und der Umlaufmittel, S. 200ff.
42 Mises: Theorie des Geldes und der Umlaufmittel, S. 200ff.
43 Allen und Gale: Bubbles and Crisis, S. 236.
44 Rosa: Die Anatomie der Spekulationsblase.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
14
währte Bewertungsgrundsätze wie Kennzahlen von vielen Marktakteuren ignoriert
werden. In dieser Phase realisiert die Zentralbank, dass die Zinsen zu tief sind und be-
ginnt die Zinsen anzuheben, bis die Blase meist aus einem nach aussen unscheinbarem
Ereignis platzt. Die durch die Überinvestitionen ausgelösten Fehlinvestitionen wirken
sich nun aus. Es kommt zur finanziellen Not, zu einer Krise. Dies löst eine Kettenreak-
tion aus. Nun kehrt sich die ganze Sache um. Die Anleger wollen raus aus den Anlagen
und möglichst viel und möglichst schnell in Liquidität umtauschen. Es kommt zu einem
negativen Rückkopplungseffekt. Die Preise beginnen stark zu fallen und brechen regel-
recht ein. Diese Phase nennt man Abscheu oder eben Bust.45
3.2 Die Grosse Depression in Europa
«To understand the Great Depression is the Holy Grail of macroeconomics. »46 Zum einen
ist die Grosse Depression der Dreissigerjahre die grösste Wirtschaftskrise des 20. Jahr-
hunderts und zum anderen hat erst diese Krise die Makroökonomie als spezifisches For-
schungsgebiet hervorgebracht. Zudem stellt eine Erklärung für den weltweiten wirt-
schaftlichen Zusammenbruch der 1930er Jahre eine faszinierende intellektuelle Heraus-
forderung dar47.
Abbildung 8: Dow-Jones Industrial Stock Price Index 1920-193348
Die von den USA ausgehende Krise breitete sich sehr schnell auf die ganze Weltwirt-
schaft aus. Bis zum Sommer 1930 brach die weltweite Industrieproduktion um rund 15%
ein49. Und dies sollte nur der Anfang sein. Erst 38 Monate nach dem Ausbruch der Krise
45 Rosa: Die Anatomie der Spekulationsblase.
46 Bernanke: The Macroeconomics of the Great Depression: A Comparative Approach, S. 1.
47 Bernanke: The Macroeconomics of the Great Depression: A Comparative Approach, S. 1.
48 FRED.
49 Almunia et al: From Great Depression to Great Credit Crisis, S. 225.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
15
im Sommer 1929 erreichte die globale Industrieproduktion ihren Tiefstand und verlor
dabei fast 40% gegenüber dem Höchststand vom Juni 192950. Obwohl sich die Konjunk-
tur bereits im Verlauf des Jahres 1929 abkühlte, gilt gemeinhin der Börsencrash im Ok-
tober als Auslöser der Krise. Laut dem National Bureau of Economic Research (NBER)
begann die Rezession und die Krise in den USA aber bereits im August. Der Börsencrash
an sich lässt sich relativ einfach erklären51. Zwischen Mai 1924 und September 1929
hatte sich der Dow-Jones-Index vervierfacht (siehe Abbildung 8). Der folgende Crash
stellt einen typischen Ablauf einer Vermögenspreisspekulation dar, welche in einer Spe-
kulationsblase mündet (vgl. Kapitel 3.1). Am 16. Oktober 1929 wenige Tage vor dem
Börsencrash hatte Irving Fisher, der bekannteste Ökonomen dieser Zeit, gesagt: «Stocks
have reached what looks like a permanently high plateau.»52 Eine typische Form des
Glaubens This Time is different. Die Spekulationsblase war eine direkte Folge der mas-
siv übertriebenen Ausweitung von Krediten53. Ein weiteres Problem stellte die mangeln-
de Kaufkraft dar, um die Produktion der Wirtschaft weiterhin auf diesem hohen Niveau
zu halten54. Doch diese Punkte allein erklären die folgende Depression kaum. «Die
Gründe für die Grosse Depression sind weiterhin alles andere als bekannt.»55 Bis heute
ist den auch die Frage umstritten, wie aus einem Börsencrash und einem wirtschaftli-
chen Abschwung eine Grosse Depression wurde, welche die ganze Welt in den Abgrund
riss. Was wohl auch dran liegt, dass die Krise alle drei Typen von Finanzkrisen beinhal-
tete. So gibt es bis heute sehr viele verschiedene Erklärungen. Drei Aspekte scheinen
jedoch – neben den bereits genannten Ursachen Kreditexpansion und Rückgang der
Nachfrage – eine zentrale Rolle gespielt zu haben:
• Restriktive Geldpolitik des FED
• Schuldendeflation
• Goldstandard als Transmissionsmechanismus
Die restriktive Geldpolitik des FED als eine zentrale Ursache der Depression geht auf
die Arbeit von Milton Friedman und Anna Schwartz zurück56. Die Theory der Schulden-
50 Almunia et al: From Great Depression to Great Credit Crisis, S. 225.
51 Galbraith: Der Grosse Crash 1929, S. 207.
52 Irving Fisher in der New York Times vom 16. Oktober.
53 Eichengreen & Mitchener: The Great Depression as a credit boom gone wrong, S. 51-55.
54 Galbraith: Der Grosse Crash 1929, S. 214f.
55 Galbraith: Der Grosse Crash 1929, S. 210.
56 Friedman & Schwartz: A Monetary History of the United States.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
16
deflation wurde von Irving Fisher noch während der Krise entwickelt57. Ben Bernanke
verband diese beiden Erklärungsansätze und entwickelte daraus die Theorie der Kredit-
klemme als Folge der Schuldendeflation58. Der dritte Aspekt – der Goldstandard als
Transmissionsmechanismus – geht auf die Arbeit von Barry Eichengreen zurück59.
Abbildung 9: Industrieproduktion 1924-1934, berechnet aus Daten von Mitchell
Aus der europäischen Perspektive scheint die dritte Erklärung eine sehr wichtige Rolle
zu spielen, da diese These in Verbindungen mit den in Kapitel 2.2 aufgezeigten Abhän-
gigkeiten zwischen Europa und den USA sehr gut erklärt, wie sich die Krise von den
USA auf die Welt und insbesondere auf Europa ausbreiten konnte. Als die amerikani-
sche Wirtschaft im Herbst 1929 ins Trudeln geriet, löste dies in Europa eine Kettenreak-
tion aus. Die Auslandsinvestitionen der USA wurden massiv zurückgefahren und Kredi-
te ans Ausland zurückgerufen60. Dies traf insbesondere die deutsche Wirtschaft hart.
Deutschland verlor den Zugang zu den überlebenswichtigen amerikanischen Krediten,
mit welchen es unter anderem die Reparationszahlungen an Frankreich und Grossbri-
tannien finanzierte61. Der europäische als auch der Übersee-Handel brachen in der Folge
massiv ein62 (vgl. Abbildung 3 und Kapitel 4.3). Gleichzeitig führte der Goldstandard
dazu, dass die Zentralbanken das Überschwappen der Krise in ihr Land nicht verhin-
dern konnten, da der Goldstandard eine autonome Geldpolitik verhinderte und die Zent-
57 Fisher: The Debt-Deflation Theory of the Great Depression.
58 Bernanke: Nonmonetary Effects of the Financial Crisis in the Propagation of the Great Depression.
59 Eichengreen: Golden Fetters.
60 Ritschl: International capital movements and the onset of the Great Depression, S. 8.
61 Ritschl & Straumann: Business cycles and economic policy, 1914 – 1945, S. 177-179.
62 Middleton: The Great Depression in Europe, S. 180. & Findlay & O’Rourke: Power and Plenty, S. 450.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
17
ralbanken so viel Gold horten mussten, dass sie jederzeit das im Umlauf befindende Pa-
piergeld in Gold umtauschen konnten. Dieser Umstand wurde dadurch verstärkt, dass
viele Staaten im Verlauf der Zwanzigerjahre aufgrund hoher Leistungsbilanzdefizite
gegenüber den USA grosse Mengen ihrer Gold- und Devisenreserven verloren hatten63.
Die europäischen Staaten mit relativ grossen Leistungsbilanzdefiziten wie Belgien, Ös-
terreich oder Deutschland wurden von der Krise besonders hart getroffen64 (siehe Abbil-
dung 9).
Doch nicht alle europäischen Staaten wurden gleich hart von der Krise erwischt. Länder
wie Dänemark oder Italien erlebt zwar auch eine Krise, doch diese war viel weniger
ausgeprägt als in Ländern wie Deutschland oder Frankreich, welche viel abhängier
waren von den internatioanlen Kapitalströmen und dem Handel65. In diesen
Krisenstaaten folgte, ähnlich wie in den USA, auf den Einbruch der Wirtschaft und des
Welthandels eine Welle von Bankenkrisen66. Wieder wurde Deutschland besonders hart
getroffen67. Die politische Situation in Deutschland spitze sich dadurch weiter zu und
führte im Frühjahr 1933 zu Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und Adolf
Hitler68. Die anhaltende Weltwirtschaftskrise verschärfte im Sommer 1931 nun auch die
Lage in Grossbritanien, welches bis jetzt relativ glimpflich davon gekommen war. Die
britische Regierung zog die Notbremse und trat aus dem Goldstandard aus69. Dies löste
wiederum eine Kettenreaktion aus, viele Staaten folgten dem britischen Beispiel und
verliessen den Goldstandard ebenfalls70. Dies führte dazu, dass es 1932 zwei
Währungsblöcke gab, der Goldblock, welche weiterhin am Goldstandard festhielt und
der Sterlingblock, welche den Goldstandard verlassen hatte und sich stattdessen ans
britische Pfund band71. 1933 folgte die USA dem Beispiel Grossbritanniens und verliess
den Goldstandard. Viele amerikanische Staaten, wie Kanada oder Argentinien schlossen
sich den USA an72. Einzig die europäischen Staaten um Frankreich73 hielten bis im
63 Eichengreen: Golden Fetters, S. 12 & 42ff.
64 Middleton: The Great Depression in Europe, S 187 und Mitchell: International Historical Statistics Eu-
rope 1750–1988, S 551-567.
65 Ritschl & Straumann: Business cycles and economic policy, 1914 – 1945, S. 177-179.
66 Calvin, Patricia (2000). The Great Depression in Europe, 1929-1939, S. 119-124.
67 Calvin, Patricia (2000). The Great Depression in Europe, 1929-1939, S. 124-127.
68 Calvin, Patricia (2000). The Great Depression in Europe, 1929-1939, S. 128/129.
69 Calvin, Patricia (2000). The Great Depression in Europe, 1929-1939, S. 130/131.
70 Eichengreen: Golden Fetters, S. 188-190.
71 Calvin, Patricia (2000). The Great Depression in Europe, 1929-1939, S. 130/131.
72 Eichengreen: Golden Fetters, S. 342-347.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
18
September 1936 am Goldstandard fest. Das Festhalten am Goldstandard erwies sich im
Nachhinein als Fehler. In seiner Arbeit Golden Fetters zeigte Eichengreen, dass der
Goldstandard nicht nur als Transmissionsmechanismus fungierte, sondern auch ein
Ende der Krise verhinderte und erst mit dem Ausstieg und einer Abwertung ein
Aufschwung einsetzte74. Neuere Forschung von Ritschl und Straumann scheinen diese
Sicht zu stützen (siehe Abbildung 23).
3.3 Die Grosse Rezession und die Eurokrise
Abbildung 10: Amerikanische Immobilienpreise von 1976 bis 201075
Die Finanzkrise von 2007 und 2008 gefolgt von der Grossen Rezession 2009 gilt gemein-
hin als die grösste Krise der Weltwirtschaft seit der Grossen Depression76. Wie die Gros-
se Depression hat diese Krise ihren Ursprung in den USA. Wie beim Börsencrash von
1929 stand am Anfang der Krise eine Spekulationsblase. 1929 standen die Aktienpreise
im Zentrum der Blase, nun waren es die Häuserpreise und mit ihnen die Hypotheken.
Zwischen 2000 und April 2006 hatten sich die Häuserpreise in den USA mehr als ver-
doppelt (siehe Abbildung 10). Als 2006 die amerikanischen Häuserpreise langsam anfin-
gen zu fallen, begann ab 2007 die Blase auf dem amerikanischen Immobilienmarkt zu
platzen77. Als erstes platzte der sogenannte zweitklassige Hypothekenmarkt Subprime,
welches der Markt für Hypotheken an Schuldner mit einer geringen Bonität darstellt.
73 Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen und die Schweiz.
74 Eichengreen: Golden Fetters, S. 287ff.
75 The Financial Crisis Inquiry Commission: Financial Crisis Inquiry Report, S. 87.
76 The Financial Crisis Inquiry Commission: Financial Crisis Inquiry Report, S. 389ff.
77 The Financial Crisis Inquiry Commission: Financial Crisis Inquiry Report, S. 83ff.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
19
Aus diesem Grund wird die Krise gemeinhin Subprime-Krise genannt wird. Am Anfang
dieser Blase standen staatliche Anreize, welche die Regierung Bush erlassen hatte um
den Häuserkauf auf Kredit zu erleichtern, tiefe Zinsen nach der Dotcom-Blase und die
unrealistische Erwartung stetig steigender Immobilienpreise78. Dieses Umfeld führte
dazu, dass sich viele Amerikaner grossen Teils auf Pump ein eigenes Haus kauften und
sich immer mehr verschuldeten. Dank staatlich geförderter Hypothekarbanken wie
Fannie Mae und Freddie Mac kamen auch Menschen mit einer schlechten Bonität in den
Genuss von günstigen Hypotheken79. Der Markt für Subprime-Hypotheken entstand. Als
sich die Aussichten der amerikanischen Wirtschaft verschlechterten und sich die Kon-
junktur merklich abschwächte setzte sich ein Teufelskreis in Gange. Die Häuserpreise
begannen zu fallen (siehe Abbildung 10). Zusammen mit den seit 2004 steigenden Zinsen
führte dies dazu, dass viele Hypothekarschuldner in Zahlungsschwierigkeiten gerieten:
«Bereits im Frühjahr 2007 stieg die Zahlungsunfähigkeit der Schuldner in den USA auf
ein Rekordhoch.»80. Im Verlauf des Sommers erreichte die Immobilienkrise die Hedge-
fonds und die Banken. Zuerst waren die Hedgefonds betroffen. Am 9. August 2007 legte
die französische Grossbank BNP Paribas drei ihrer Fonds auf Eis81. Unzählige andere
Grossbanken mussten ebenfalls eine Reihe ihrer Hedgefonds stilllegen. Ab dem Herbst
traf es dann auch den Bankensektor direkt. Betroffen war nicht nur die amerikanischen,
sondern auch die europäischen und die asiatischen Banken. Von Woche zu Woche breite-
te sich die Bankenkrise weiter aus82. Und es zeigte sich, dass es nicht nur auf dem ame-
rikanischen Immobilienmarkt zu einer massiven Übertreibung gekommen war, sondern
auch bei vielen anderen Anlageobjekten. Anfang September erlebte die britische Hypo-
thekenkreditgeber Northern Rock einen Bank Run und die britische Regierung musste
der Bank unter die Arme greifen. Erste Grossbanken gaben Milliarden-Abschreiber be-
kannt und begannen Stellen zu streichen. Laut dem National Bureau of Economic Rese-
arch (NBER) glitt die US-Wirtschaft im Dezember 2007 in die Rezession ab. Die Welt-
wirtschaft erreichte ihren Turning Point im April 200883. Auch in Europa ging es ab Ap-
ril abwärts84. Bereits im März 2008 stand die amerikanische Investmentbank Bear Ste-
arns kurz vor dem Zusammenbruch und wurde am Ende mit Hilfe des FED von der
78 Bloss et al: Von der Wall Street zur Main Street, S. 2.
79 The Financial Crisis Inquiry Commission: Financial Crisis Inquiry Report, S. 68-72.
80 Bloss et al: Von der Wall Street zur Main Street, S. 2.
81 NZZ: Zehn Jahre Finanzkrise - eine Chronologie.
82 Bullard: The Financial Crisis – Full Timeline.
83 Eichengreen & O’Rourke: A Tale of Two Depressions.
84 Siehe Daten der OECD für Industrial Productions.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
20
Grossbank JP Morgan gerettet und übernommen85. Im September geriet die Lage nun
völlig ausser Kontrolle. Zuerst wurden die beiden grossen staatlich geförderter Hypothe-
karbanken Fannie Mae und Freddie Mac unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt
und dann folgte am 15. September der GAU: Die Investmentbank Lehman Brothers
musste Konkurs anmelden, nachdem die Rettungsversuche unter Leitung des FED ge-
scheitert waren. Es folgte ein Tsunami durch das globale Finanzsystem. Der Interban-
kenmarkt kam praktisch zum Erliegen. Die Investmentbank Merrill Lynch wurde im
letzten Moment von der Bank of America gerettet86. Zwei Tage nach dem Kollaps von
Lehman Brothers musste der weltgrösste Versicherer AIG von der US-Regierung mit 85
Milliarden US-Dollar gerettet werden und die Zentralbanken pumpten ein Tag später
über 180 Milliarden in das Finanzsystem um dessen Kollaps zu verhindern87. In den
folgenden Monaten kam es zu unzähligen weiteren Rettungen durch Regierungen und
Zentralbanken88. Viele Regierungen stützen nicht nur den Finanzmarkt mit Steuergel-
dern sondern auch die Konjunktur. Die Deutsche Bank schätzte die weltweiten Kon-
junkturprogramme im Verlauf der Krise auf rund 2’000 Milliarden US-Dollar89. Die
Zentralbanken pumpten zudem weiterhin Milliarden in das Finanzsystem um es zu sta-
bilisieren (siehe Kapitel 5.2). Ab dem Sommer 2009 stabilisierte sich die Lage der Kon-
junktur und das Finanzsystem allmählich. In den USA endete die Rezession im Juni
2009 und auch in Europa setzte eine Erholung ein (siehe Kapitel 4). In Europa wurde
diese Erholung jedoch schnell von einer weiteren Krise überschattet, der Eurokrise.
Die Krise von 2007 bis 2009 stellte in erster Linie eine Bankenkrise und eine private
Schuldenkrise dar. In Europa folgte ab Ende 2009 mit der Eurokries nahtlos eine neue
Krise mit der Eurokrise90. Griechenland stand kurz vor dem Staatsbankrott. Nur dank
Milliarden-Hilfspakete des IMF, der Europäischen Union und der EZB konnte die Zah-
lungsunfähigkeit verhindert werden91. Als Folge der Griechenland-Krise schufen die
Staaten der EU mit dem provisorischen Stabilitätsmechanismus und der Europäischen
Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) ein gemeinsames gesamteuropäisches Finanzie-
85 Bullard: The Financial Crisis – Full Timeline.
86 Eiselin: Notverkauf von Merrill Lynch, Lehman Brothers am Ende.
87 FAZ: Gemeinsame Aktion - Notenbanken verleihen abermals Milliarden.
88 Bullard: The Financial Crisis – Full Timeline.
89 Graf & Schneider: Wie bedrohlich sind die mittelfristigen Inflationsrisiken?
90 Illing: Die Eurokrise: Analyse der europäischen Strukturkrise, S. 53.
91 Illing: Die Eurokrise: Analyse der europäischen Strukturkrise, S. 53-67
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
21
rungssystem92. Davon profitierten auch andere Staat Europas, wie Irland oder Portugal,
welche ebenfalls in Not geraten waren.
Abbildung 11: Industrieproduktion 2005-2017, berechnet aus Daten von Mitchell
Nun glaubte man fälschlicher Weise die Lage im Griff zu haben und trotz dieser Krise
im Euroraum entschloss sich die EZB unter der Führung von Jean-Claude Trichet des-
halb dazu, im Frühjahr 2011 den Ausstieg aus der Krisenpolitik des extrem billigen Gel-
des zu wagen und die Zinsen, welche die EZB in der Krise im Vergleich zum FED eher
konservativ gesenkt hatte, zu erhöhen93. Nun brach die Krise erst recht wieder aus. Vie-
le Banken und Staaten gerieten erneut in Schieflage und mussten gerettet werden94. Es
kam zu einer erneuten Bankenkrise, einer Staatsschuldenkrise und einer Währungskri-
se. Die Zukunft des ganzen Euroraums stand auf dem Spiel. Der Euroraum erlebte eine
zweite Rezession (siehe Abbildung 11 und Kapitel 4.2). Erst als Trichets Nachfolger Ma-
rio Draghi am 26. Juli 2012 seine berühmt gewordenen Worte «Whatever it takes to pre-
serve the Euro» aussprach, begann sich die Lage etwas zu entspannen95. Zudem wurde
der EFSF von einen dauerhaften Rettungsmechanismus ersetzt, dem Europäischen Sta-
bilitätsmechanismus (ESM)96 und die EZB liess den Worten Draghis Taten folgen und
pumpt seither Milliarden ins europäische Finanzsystem97. Trotz dieser Massnahmen
92 Illing: Die Eurokrise: Analyse der europäischen Strukturkrise, S. 69.
93 Tagesschau: EZB erhöht Leitzins auf 1,5 Prozent.
94 Illing: Die Eurokrise: Analyse der europäischen Strukturkrise, S. 81-106.
95 Draghi: Speech by Mario Draghi, President of the European Central Bank at the Global Investment Con-
ference in London.
96 Illing: Die Eurokrise: Analyse der europäischen Strukturkrise, S. 110.
97 Illing: Die Eurokrise: Analyse der europäischen Strukturkrise, S. 113-115.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
22
stand Griechenland im August wieder kurz vor dem Bankrott und musste erneut geret-
tet werden98. Ab September 2012 stellte sich jedoch allmählich eine Stabilisierung und
Normalisierung der Lage ein99.
Ähnlich wie bei der Grossen Depression wird bis heute in der Wissenschaft über die Ur-
sachen der Grossen Rezession und der darauffolgenden Eurokrise gestritten. Dieser Um-
stand kann zum Beispiel an des offiziellen Financial Crisis Inquiry Report der Financial
Crisis Inquiry Commission zuhanden des amerikanischen Kongresses, welche den Ab-
lauf und die Ursachen der Finanzkrise untersuchte, gezeigt werden. Im Report werden
drei verschiedene Erklärungen für die Krise vorgestellt100. Sicher scheint, dass am An-
fang der Ursachen Veränderungen von staatlichen Rahmenbedingungen und die Geldpo-
litik des FED standen. Mit dem Ende von Bretton-Woods in den 1970ern, der Liberali-
sierung des globalen Kapitalmarktes ab den neunzehnachtziger Jahren, der Aufhebung
des Glass-Steagall-Act 1999 und der expansiven Geldpolitik seit Mitte der Achtziger
kam es zu einem Boom des globalen Finanzsystems101. Dieser Boom wurde ab den Nul-
ler-Jahren durch die amerikanische Politik und die tiefen Zinsen nach der Dotcom-Blase
weiter angeheizt. Dies führte zwischen 1978 und 2007 zu einer massiven Zunahme der
Verschuldung102. Zudem führte der neue Reichtum Asiens, insbesondere Chinas, zu ho-
hen Kapitalzuflüssen in den amerikanischen und den europäischen Finanzmarkt103. Was
den Vermögenspreisen weiteren Schub verlieh. Neben diesen makroökonomischen Ursa-
chen gibt es auch verschiedene mikroökonomische Aspekte, wie die Regulierung, welche
versagte oder die Ratings der drei grossen Ratingagenturen, welche sich als komplett
falsch erwiesen104.
Auch bei der Eurokrise spielt die zunehmende Verschuldung eine wichtige und zentrale
Rolle. Es ist davon auszugehen, dass die finanziellen Lasten, welche durch die Finanz-
krise und die Grossen Rezession entstanden waren, zum Ausbruch der Krise geführt
haben. Die zentrale Ursache für die Krise in Europa liegt jedoch in strukturellen Prob-
lemen: «In der Eurokrise vereinen sich nationale und supranationale sowie politische
98 Illing: Die Eurokrise: Analyse der europäischen Strukturkrise, S. 99-103.
99 Illing: Die Eurokrise: Analyse der europäischen Strukturkrise, S. 107-123.
100 Siehe Conclusions of the Financial Crisis Inquiry Commission und siehe Dissenting Views.
101 The Financial Crisis Inquiry Commission: Financial Crisis Inquiry Report, S. 27-82 & Bloss et al: Von
der Wall Street zur Main Street, 57-70.
102 The Financial Crisis Inquiry Commission: Financial Crisis Inquiry Report, S. xvii.
103 Mees: How China’s Boom causes the Financial Crisis.
104 The Financial Crisis Inquiry Commission: Financial Crisis Inquiry Report, S. xviii - xxviii.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
23
und ökonomische Elemente miteinander. Die strukturellen Probleme finden sich auf der
Ebene der Staaten und auf der Makro-Ebene der EU. Neben die fehlende Wettbewerbs-
fähigkeit und überschuldeten Staatshaushalte einzelner Länder treten institutionelle
Hemmnisse, die einer Konsolidierung entgegenstehen. Aus den Erfordernissen der ge-
meinsamen Währung erwachsen institutionelle Anforderungen, denen Europa in der
jetzigen Form nicht gewachsen scheint – will es nicht ordnungspolitische Grundsätze
aufgeben. Es ist daher unzutreffend, die Eurokrise als Verschuldungskrise zu bezeich-
nen oder als alleinige Fortsetzung der Finanzkrise zu charakterisieren.»105. Im Zentrum
dieser strukturellen Probleme steht der europäische Währungsraum, welcher – wie in
Kapitel 2.3 aufgezeigt wurde – weit davon entfernt ist ein optimaler Währungsraum zu
sein. Vor der Krise führte der Währungsraum dazu, dass die Schuldenaufnahme viel
einfacher und günstiger wurde. Viele Staaten des Währungsraums konnten sich viel
günstiger verschulden als vor dem Euro. Dies führte zu einer massiven Zunahme der
Schulden im Euroraum (siehe Abbildung 24 und 25). Als die Eurokrise ausbrach, waren
die günstigen Finanzierungskosten plötzlich Vergangenheit. In den Krisenländern stie-
gen die Kreditzinsen massiv an, was die Schuldner in Zahlungsschwierigkeiten brachte
und ohne eigene Währung und mit festen Wechselkursen innerhalb des Währungsraums
waren viele Staaten in der Krise mehr oder weniger handlungsunfähig. Ein Punkt den
Barry Eichengreen und Peter Temin in ihrem Paper Fetters of Gold and Paper bereits
2010 vor dem Höhepunkt der Eurokrise aufzeigten. Doch trotz dieser Schwierigkeiten
konnte ein totaler Absturz der Wirtschaft, wie in der Grossen Depression, vermieden
werden. Die Krise scheint jedoch in Europa bis heute nicht überwunden zu sein (siehe
Kapitel 4 und 5).
105 Illing: Die Eurokrise: Analyse der europäischen Strukturkrise, S. 45.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
24
4 Makroökonomischer Vergleich
4.1 Kennzahlen
Anhand fünf verschiedener makroökonomischer Kennenzahlen werden im folgenden
Kapitel der Ablauf der beiden Krisen in Europa miteinander verglichen. Für den Ver-
gleich wird dasselbe Muster verwendet wie in beiden Papern A Tale of Two Depressions
und From Great Depression to Great Credit Crisis: Similarities, Differences and Les-
sons, an welchen Barry Eichengreen massgeblich beteiligt war. Die Analyse konzentriert
sich dabei auf die vier grössten Volkswirtschaften des heutigen Euroraums, Deutsch-
land, Frankreich, Italien und Spanien. Neben diesen vier Ländern werden weitere fünf
Staat aus der Eurozone106 und sechs EU-Länder107, welche nicht Teil der Eurozone sind,
begutachtet.
4.2 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
Werden die Entwicklung des Bruttoinlandprodukts pro Kopf der vier grossen Euro-
Volkswirtschaft der Finanz- und Eurokrise ab 2008 verglichen mit der Entwicklung ab
1929, so können einige Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede festgestellt werden
(siehe Abbildung 12). In Frankreich, Italien und Spanien verlief das erste Jahr der bei-
den Krisen nahe zu identisch. Nur in Deutschland lässt sich im ersten Jahr der beiden
Krisen einen gewissen Unterschied feststellen: Im Jahr 2009 verlor das BIP pro Kopf
5.38 Prozent, was fast das Dreifache darstellt wie im Jahr 1930 (minus 1.92%). Sowohl
in Deutschland als auch in Frankreich war die Grosse Depression der Dreissigerjahre
nach dem ersten Jahr nicht zu Ende und verschlimmerte sich bis und mit dem dritten
Krisenjahr 1932. Bei der Finanz- und Eurokrise sah dies etwas anders aus. Nach der
Grossen Rezession 2009 wuchs im drauf folgenden Jahr in beiden Ländern das BIP pro
Kopf bereits wieder und erreichte bereits 2011 das Vorkrisenniveau. In den dreissiger
Jahren dauerte es in Deutschland mehr als fünf Jahre um das Niveau von 1929 zu errei-
chen. Erstaunlich ist jedoch, dass das BIP pro Kopf für Deutschland in die Periode von
1929 bis 1937 stärker gewachsen ist als in der Periode von 2008 bis 2016. Was dran liegt
das Deutschland ab Ende 1932 einen starken Aufschwung erlebt, welcher im Rest Euro-
pa mehr oder weniger ausblieb.
Werden die Entwicklung des Bruttoinlandprodukts während den beiden Krisen für die
beiden südlichen Euroländer Italien und Spanien analysiert, so stellt man fest, dass die-
se Länder in den Krisen eine andere Entwicklung durchmachten als Deutschland und
106 Belgien, Finnland, Griechenland, Niederlande und Österreich.
107 Dänemark, Grossbritannien, Polen, Schweden, Tschechien und Ungarn.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
25
Frankreich. Insbesondere die Grosse Rezession und die drauffolgende Eurokrise wirkten
sich auf die südlichen Staaten des Euros viel stärker und länger aus als in Frankreich
oder Deutschland. Bis heute haben sich weder Spanien noch Italien von der Krise erholt.
Abbildung 12: BIP pro Kopf, Top 4 der Eurozone, berechnet aus Daten von Maddison
Auch Portugal und Griechenland haben das Vorkrisenniveau bis heute nicht erreicht.
Bis und mit dem fünften Krisenjahr entwickelten sich die beiden Krisen – Grosse De-
pression und Eurokrise – in Spanien und Italien nahe zu simultan. Im Jahr 1935 gab es
in Italien Anzeichen einer Erholung und Italien erreichte 1937 das gleiche BIP pro Kopf
wie 1929. In der jetzigen Krise sieht dies anders aus. 2016 lag das BIP pro Kopf in Ita-
lien noch immer fast 10 Prozent unter dem Niveau von 2008. Selbiges lässt sich auch für
Spanien feststellen. In den dreissiger Jahren erlebte Spanien jedoch eine weit schlimme-
re Krise. Mit dem Ausbruch spanischen Bürgerkrieges 1936 brach die Wirtschaft zu-
sammen und das BIP pro Kopf erreicht noch etwa 60 Prozent des Wertes von 1929.
Begutachtet man die restlichen europäischen Staaten so lassen sich erstaunliche Dinge
feststellen (Siehe Abbildung 27 und Abbildung 28). Zwar führte die Grosse Depression in
Europa zu grösseren Einbrüchen des BIPs als die Krise nach 2008, aber viele Staaten in
Europa erlebten nach dem Austritt einen starken Aufschwung des BIPs. Dieser Auf-
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
26
schwung blieb bei der Eurokrise bis heute aus, insbesondere die nördlichen und südli-
chen Staaten Europas erleben heute eine Periode, in welcher das Pro Kopfwachstum
schwächer ausfällt als in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts108.
4.3 Industrie
Abbildung 13: Industrieproduktion, Top 4 der Eurozone, berechnet aus Daten von Mitchell und der OECD109
Der folgende Abschnitt wendet sich der Industrieproduktion zu. Schaut man die Indust-
rieproduktion und deren Entwicklung in den beiden Krisen für die beiden grössten
Volkswirtschaften Europas – Deutschland und Frankreich – an, so kann festgestellt
werden, dass sich diese jeweils dieselbe Entwicklung durchmacht wie das BIP pro Kopf.
Es lassen sich jedoch auch Unterschiede feststellen. Wie man dies erwarten würde, rea-
giert der Konjunkturindikator Industrie stärker als das Bruttoinlandprodukt. Die Pro-
duktion verliert in der Krise mehr und wächst im Aufschwung stärker. Dieses Phäno-
men lässt sich auch in Italien und Spanien feststellen. Interessant ist zudem die Er-
kenntnis, dass die Industrie in Frankreich und Spanien in der Grossen Depression erst
ein Jahr später auf die Krise reagiert als zum Beispiel das BIP und der Aufschwung Ita-
108 Nördliche Staaten: Dänemark, Finnland, Grossbritannien und Schweden. Südliche Staaten: Griechen-
land, Italien und Spanien.
109 Ab dem Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges sind keine Daten mehr erhältlich.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
27
lien in der 1930ern bei der Industrieproduktion einiges früher einsetzt als sich dies beim
BIP feststellen lässt. Die in der Gegenwart anhaltende Krise Europas insbesondere der
südlichen und nördlichen Länder scheint eine Krise zu sein, welche sehr stark mit der
Entwicklung der Industrieproduktion seit dem Ausbruch zusammenhängt (siehe Abbil-
dung 29 und Abbildung 30). Von den elf untersuchten Eurostaaten (inklusive Däne-
mark110) verzeichnen acht seit 2008 ein tieferes Wachstum für die Industrieproduktion
als für das BIP pro Kopf. Die Ausnahme bilden Belgien, Deutschland und Griechenland,
welches in einer gewaltigen Depression steckt. Von den fünf EU Staaten, welche nicht
Teil des Euros sind verzeichnen nur Schweden und Grossbritannien eine solche Indust-
rieschwäche. Im Vergleich zu der Depression in den dreissiger Jahren verzeichnen sechs
von zehn (ohne Spanien) Eurostaaten ein schwächeres Industriewachstum. Die Eurokri-
se ist also auch eine Industriekrise.
110 Dänemark verzichtet weitgehend auf eine eigene Geldpolitik und hat ihre Währung an den Euro gebun-
den.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
28
4.4 Handel
Abbildung 14: Export, Top 4 der Eurozone, berechnet aus Daten von Mitchell und der OECD
Wie in Kapitel 2.2 und 3.2 erläutert wurde, spielte der Handel in der Depression eine
entscheidende Rolle. Dies zeigt sich auch deutlich, wenn die Entwicklung des Handels
den verschieden europäischen Staat untersucht wird. Von den elf Eurostaaten verzeich-
nen nur Finnland und Griechenland nach 2008 einen grösseren Einbruch der Exporte
als während der Grossen Depression. Die Grosse Depression stellte eine regelrechte
Handelskrise dar, in welcher nur wenige Staaten bis Ende der dreissiger Jahre das
Handelsvolumen von 1929 erreichten. Dem Gegenüber erreichten die meisten europäi-
schen Staaten nach der Grossen Rezession relativ schnell wieder dieselben Handelsvo-
lumen wie vor der Krise. Es lässt sich jedoch seit dem Ausbruch der Krise eine Stagnati-
on des Handels feststellen. In beiden Krisen lässt sich zudem feststellen, dass die meis-
ten Länder Europas im Verlauf der Krise entweder ihre Handelsdefizite reduziert haben
oder ihre Handelsüberschüsse gesteigert haben (Siehe Abbildung 36 bis Abbildung 40).
Dieser Umstand könnte eine Folge der Krisenpolitik Austerität darstellen.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
29
4.5 Preise
Wenn von der Grossen Depression gesprochen wird, wird sehr oft auch von der Deflation
gesprochen, welche die Krise der dreissiger Jahre mit sich brachte. Nach dem Ausbruch
der Subprime-Krise und der folgenden Finanzkrise wurde die Befürchtung geäussert,
dass die Weltwirtschaft wieder in deflationäre Spirale geraten könnte. Mehr als zehn
Jahre nach dem Ausbruch der Krise kann man jedoch sagen, dass sich diese Befürch-
tung nicht bewahrheitete. Zwar ging die Inflation mit der Krise weltweit zurück und es
entstanden an verschiedenen Orten deflationäre Tendenzen, aber eine deflationäre Spi-
rale entstand nicht. In den USA erreichte im Frühjahr 2009 die Preisentwicklung kurz-
fristig einen negativen Höchstwert von minus zwei Prozent. Über das ganze Jahr gese-
hen betrug die Durchschnittsinflation minus 0.4 Prozent111.
Abbildung 15: Konsumentenpreisindices, Top 4 der Eurozone, berechnet aus Daten von Mitchell & der OECD
Auch in der Europäischen Union und der Eurozonen konnte ab Sommer 2008 einzelne
Monate mit negativen Inflationsraten festgestellt werden112. Danach drehte die Inflation
111 Bureau of Labour Statistics.
112 Eurostat.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
30
jedoch wieder in den positiven Bereich und stieg bis 2012 auf fast drei Prozent an. Mit
der anhaltenden Eurokrise und dem Zerfall des Öl-Preise setzte in der Folge ein Rück-
gang der Inflation ein. Die Eurozone verzeichnete 2015 und 2016 wie 2009 einzelne Mo-
nate mit negativen Inflationsraten113. Abgesehen von Griechenland, welches zwischen
2013 und Ende 2015 eine Deflationsspirale erlebte, glitt jedoch keines der untersuchten
Eurostaaten in die Deflation ab (siehe Abbildung 15 und Abbildung 41 bis Abbildung
43). Untersucht man die Preisentwicklung während und vor den beiden Krisen so fällt
zudem auf, dass zu Zeiten des Goldstandards die Divergenz bei den Inflationszahlen
zwischen den verschiedenen Staat viel grösser war als im neuen Jahrtausend (siehe Ab-
bildung 41 bis Abbildung 43). Es lässt sich zudem auch feststellen, dass insbesondere bei
den Staaten der Eurozone eine Angleichung der Inflationszahlen stattgefunden hat. Die
Ausnahme bildet auch hier wieder Griechenland, welches nach dem Ausbruch der Fi-
nanzkrise 2008 bedeutend höhere Inflationszahlen aufwies als die restlichen Eurostaa-
ten und dann 2012 in eine Deflation abglitt (siehe Abbildung 42).
4.6 Arbeitslosigkeit
Abbildung 16: Arbeitslosenquote, Deutschland und Frankreich, berechnet aus Daten von Eichengreen & Hatton und der OECD114
Mit dem Ausbruch der Krise 1929 erlebten alle Staaten Europas einen massiven Anstieg
der Anzahl Arbeitslosen (siehe Abbildung 48). In Deutschland waren 3 Jahre nach dem
Ausbruch der Krise über 40 Prozent arbeitslos. Auch andere Länder wie Belgien oder die
Niederlande verzeichneten Arbeitslosenquoten von über 30 Prozent. Eine Arbeitslosen-
quote von weit über 10 Prozent stellte Mitte der dreissiger Jahre in Europa der Normal-
fall dar. Nur Deutschland und Finnland erreichten bis Ende des Jahrzehnts die Arbeits-
losenzahlen von 1929 (siehe Abbildung 48). Auch im Verlauf der Krise von 2008 und der
113 Eurostat.
114 Arbeitslosenquote für 1928-1938 jeweils für Industriearbeiter.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
31
folgenden Eurokrise stiegen in vielen Ländern Europas die Arbeitslosenzahlen. Einzelne
Länder, wie Spanien oder Griechenland, erreichten mit Arbeitslosenquoten von über 20
Prozent ähnliche Ausmasse wie man sie in der Grossen Depression gesehen hatte (siehe
Abbildung 45 und Abbildung 47). Ein Gegenbeispiel stellt Deutschland dar (siehe Abbil-
dung 16). Das Land, welches von Grosse Depression sehr hart getroffen wurde, verzeich-
nete seit 2008 keinen Anstieg der Arbeitslosigkeit, sondern einen konstanten Rückgang.
Heute beträgt die Arbeitslosigkeit in Deutschland weniger als fünf Prozent. Im gesam-
ten Europäischen Währungsraum stieg die Arbeitslosenquote bis 2013 jedoch markant
an auf etwas über 12 Prozent115. Auch für die ganze Europäische Unionen wurde ein
Höchststand von über 10 Prozent erreicht. Eine Massenarbeitslosigkeit wie in der Gros-
sen Depression erlebten die meisten europäischen Staaten jedoch nicht.116
115 Eurostat.
116 Anmerkung: Für Italien, Spanien und viele andere Staat gibt es keine verlässlichen Zahlen zur Arbeits-
losenquote in den 1930er Jahren. Abgesehen von Spanien existieren für diese Länder jedoch absolute Ar-
beitslosenzahlen (siehe Abbildung 48).
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
32
5 Analyse
5.1 Fiskalpolitik
Abbildung 17: Haushaltüberschüsse, Top 4 der Eurozone, Daten von Almunia et al und der OECD
Befindet sich eine Volkswirtschaft in der Krise hat der Staat im Grundsatz zwei Instru-
mente, mit denen er etwas gegen die Krise unternehmen kann, die Fiskal- und die Geld-
politik. Werden die Fiskal- und die Geldpolitik in Europa für die beiden Krisen vergli-
chen, so kann festgestellt werden, dass in den beiden Krisen unterschiedliche Krisenpo-
litik angewendet wurde. Insbesondere die geldpolitische Reaktion unterscheidet sich
fundamental. Die expansive Geldpolitik seit 2008 geht auch auf die Lehren zurück, wel-
che aus der Grossen Depression gezogen wurden. Vorreiter bildete hier der Präsident der
amerikanischen Zentralbank FED Ben Bernanke, welcher sich während seiner akade-
mischen Laufbahn intensiv mit der Grossen Depression auseinandersetzte. Doch nicht
nur bei Geldpolitik fand ein Wechsel der Krisenpolitik statt. Als 1929 die Krise ausbrach
und die Welt in die Deflation abglitt, wurden die nominalen Staatsausgaben ebenfalls
gesenkt. Was zum einen auf die Deflation zurückzuführen war und zum anderen darauf,
dass die Einnahmen des Staates noch stärker zurückgingen. Dies führte dazu, dass in
vielen Ländern die Haushalsdefizite im Verlaufe des Jahrzehnts anstiegen (siehe zum
Beispiel Abbildung 17). Der Rückgang der nominalen Staatsaugaben in den 1930ern
wurde insbesondere von Keynes und später von den Keynesianern kritisiert, denn sie
argumentierten, dass der Rückgang der nominalen Staatsausgaben die Abwärtsspirale
begünstigt habe.
Als 2008 die Krise ausbrach passierte hingegen an vielen Orten eine gegenteilige Ent-
wicklung als in der Grossen Depression. Die nominalen Staatsausgaben stiegen an und
die Haushaltsdefizite nahmen schlagartig zu. Dafür gab es zwei Gründe. Zum einen grif-
fen viele Staaten ihren Banken unter die Arme und legten beschränkte Konjunkturpro-
gramme auf. Zum anderen führte der ausgebaute Sozialstaat automatisch dazu, dass die
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
33
Staatausgaben stiegen, da zum Beispiel die Ausgaben für Arbeitslose oder die Kurzar-
beit anstiegen. In den neunzehndreissiger Jahren war hingegen der Sozialstaat an vie-
len Orten noch nicht so ausgebaut wie heute und auch eine Bankenrettung, wie wir sie
2008 und 2009 sahen, blieb aus.
Abbildung 18: Nominale Staatsausgaben, Top 4 der Eurozone, berechnet aus Daten von Almunia et al und Eurostat
Mit einer gewissen Verzögerung kam es aber auch in der Finanz- und Eurokrise in den
akuten Krisenländern wie Griechenland (ab 2010) oder Spanien (ab 2013) zu einer Re-
duktion der nominalen Staatsausgaben. In Griechenland, welches vom IMF, der Europä-
ischen Union und der EZB unterstützt wurde, fiel die Reduktion äusserst drastisch aus
und übertraf sogar die Werte von Deutschland oder Frankreich in der Grossen Depressi-
on. Auf diese Reduktion folgte in Griechenland ab 2013 eine Reduktion der Preise (siehe
Kapitel 4.5). Diese Reduktion war durchaus gewollt, da man dadurch die Wettbewerbs-
fähigkeit Griechenlands wiederherstellen wollte. Ein Ziel, welches jedoch bis heute
kaum erreicht wurde (siehe Abbildung 27). Die Austeritätspolitik scheint hier wie auch
in Spanien gescheitert zu sein. Doch auch für die gegenteilige Massnahme, die Auswei-
tung des Staatsetats, sieht die Bilanz durchzogen aus. Zwar erlebte die deutsche Wirt-
schaft nach der Machtübernahme durch Hitler bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrie-
ges einen durch die Fiskalpolitik aber auch durch die Geldpolitik angetriebenen Boom.
Hier schien die Ankurbelung der Wirtschaft durch den Staat mittelfristig funktioniert
zuhaben117. Diese Ankurbelung ging aber mit einer massiven Verschuldung des Staates
und einer Abwertung der Währung einher. Es ist davon auszugehen, dass dieses Wirt-
schaftssystem auch ohne Weltkrieg über kurz oder lang zusammengebrochen wäre118.
Zudem gibt es Forschung, welche den Aufschwung Deutschlands auf die Niedriglohnpo-
117 Cohn: Fiscal policy in Germany during the Great Depression.
118 Rockwell: Hitler's Economics.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
34
litik Heinrich Brünings119 zurückführt, die das Dritte Reich bruchlos fortgesetzt habe120.
In Italien und Frankreich führten der Austritt aus dem Goldstandard und eine Erhö-
hung des nominalen Staatsetats zwar zum Ende der Krise und einem beschränkten Auf-
schwung zu mehr aber auch nicht. Dies ist aber wohl eher auf das Ende des Goldstan-
dards zurückzuführen. Diesen Schluss legen Forschungen zu der Fiskal- und Gelpolitik
der USA in den 1930er Jahre nahe, welche der Geldpolitik bzw. dem Ende des Goldstan-
dards und nicht der Fiskalpolitik das Ende der Depression zuordnen (siehe Abbildung
19) und dies obwohl die Regierung von Franklin D. Roosevelt eine eher expansive Geld-
politik betrieb121. Und auch in der jetzigen Krise fallen die Resultate für eine expansive
Fiskalpolitik eher zwiespältig aus. Frankreich, welches die nominalen Staatsausgaben
bis 2013 stärker anhob als Deutschland, erlebte seit der grossen Rezession von 2009
praktisch kein anhaltendes Pro Kopf Wachstum des BIPs und ein bedeutend tieferes
Wachstum als Deutschland (siehe Abbildung 12 und Abbildung 18). Dasselbe lässt sich
ebenfalls für Belgien oder Finnland, welche weiterhin ein tieferes BIP pro Kopf haben
als 2008, feststellen (siehe Abbildung 27, 28, Abbildung 52 und Abbildung 53).
Abbildung 19: Fiskal- und Geldpolitik in den USA, 1933-1942122
Anhand dieser Beispiele bleibt das mehr oder weniger ernüchternde Fazit, dass der
Staat in einer Krise mit seinen Ausgaben kurzfristig zwar einen totalen Absturz der ei-
genen Volkswirtschaft verhindern kann, seine mittel- bis langfristigen Möglichkeiten
zur Beendigung einer Krise und eines Aufschwungs jedoch sehr beschränkt sind und
eine zu starke Ausweitung des Staatsetats in der Krise mittel- bis langfristig eher kont-
raproduktiv wirkt.
119 Brüning war ein deutscher Politiker der Zentrumspartei und vom 30. März 1930 bis zum 30. Mai 1932
Reichskanzler.
120 Ritschl: Hat das Dritte Reich wirklich eine ordentliche Beschäftigungspolitik betrieben?
121 Fishback: US monetary and fiscal policy in the 1930s, S 401-405.
122 Romer: What Ended the Great Depression?, S. 767 und 769.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
35
5.2 Geldpolitik
Wie bereits angetönt wurde, spielte in beiden Krisen die Geldpolitik eine entscheidende
Rolle (vgl. Kapitel 3.2 und 3.3). In der Grossen Depression verfolgten die meisten euro-
päischen Zentralbanken, wie die amerikanische FED, eine restriktive Geldpolitik (siehe
Abbildung 20 und Abbildung 54 bis Abbildung 57). Eine Ausnahme bildeten Frankreich
und die beiden Benelux-Staaten Belgien und die Niederlande, welche dank ihrer grossen
Goldreserven123 bis 1931 eine ähnlich expansive Geldpolitik betrieben, wie dies die EZB
seit 2008 tut. Trotz dieser anfänglichen expansiven Geldpolitik wurden diese drei Staa-
ten von der Krise genauso hart getroffen, wie die anderen Staaten in Europa und als im
Sommer 1931 Grossbritannien aus dem Goldstandard austrat, blieb auch ihnen keine
Möglichkeit mehr eine expansive Geldpolitik zu betreiben. Deren Zentralbanken muss-
ten in der Folge ihre Geldmenge ebenfalls reduzieren um den Goldstandard zu verteidi-
gen124. Wie die Daten sehr schön zeigen, war eine Abkehr von der restriktiven Geldmen-
genpolitik erst mit dem Austritt aus dem Goldstandard möglich (siehe Abbildung 20,
Abbildung 21, Abbildung 56 und Abbildung 57).
Abbildung 20: Zinsen und Geldmenge M1, Top 4 der Eurozone, Daten von Almunia et al und der OECD
Als 2008 die Krise endgültig ausbrach, konnten und wollten die Zentralbanken anders
reagieren, als sie dies im Verlaufe der Grossen Depression taten. Angeführt von der FED
senkten die Zentralbanken flächendeckend die Zinsen, so auch in Europa durch die EZB
oder die Bank of England. Gleichzeitig weiteten die Zentralbanken ihre Geldmenge mas-
siv aus. Seit zehn Jahren wird Europa nun von dieser Geldpolitik bestimmt. Die Geld-
menge M1 hat sich im Euroraum seit der Krise nahe zu verdoppelt. Die befürchtete De-
flation konnte so wohl verhindert werden und auch eine starke Inflation blieb bis heute
123 Straumann: Fixed Ideas of Money, S. 102 und Irwin: Did France cause the Great Depression?
124 Straumann: Fixed Ideas of Money, S. 126ff.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
36
aus (siehe Kapitel 4.4). Ein totaler Absturz der Wirtschaft in den meisten europäischen
Länder und des Welthandels, wie in den Dreissigern des letzten Jahrhunderts, konnte
ebenfalls verhindert werden. Trotzdem steht Europa und insbesondere die Eurozone
wirtschaftlich gesehen, wenn man die Wachstumszahlen seit dem Ausbruch der Krise
der wichtigsten Indikatoren vergleicht, kaum besser da als 1939. Nun zeigt sich, dass
der Verlust einer autonomen Geldpolitik für viele Länder der Eurozone ein Problem dar-
stellt125 (siehe Abbildung 26). Obwohl die Geldpolitik allgemeinhin als expansiv gilt, ist
sie für gewisse Staaten zu restriktiv. Für andere Staaten – insbesondere Deutschland –
scheint die Geldpolitik auf den ersten Blick zu stimmen: Die Wirtschaft wächst seit Jah-
ren konstant aber nicht übermässig stark. Schaut man jedoch genauer hin und begut-
achtet zum Beispiel die Entwicklung der deutschen Handelsbilanz, die schwindendende
Arbeitslosigkeit und die steigenden Vermögenspreise, so kommt man zum Schluss, dass
die Geldpolitik der EZB für Länder, wie Deutschland, zu expansiv und deren Wirtschaft
droht zu überhitzen. Die Krisenpolitik der EZB führt somit zu einer weiteren Divergenz
innerhalb des Währungsraums. Dies ist eine Folge davon, dass der Europäische Wäh-
rungsraum kein optimaler Währungsraum darstellt (siehe Kapitel 2.3). Dies ha jedoch
nicht nur Folgen für die direkten Mitglieder des Euroraums, sondern alle Staaten (West-
)Europas, insbesondere die Staaten, welche Mitglied sind des Europäische Systems der
Zentralbanken (ESZB) und offene kleine Volkswirtschaften wie die Schweiz. In diesem
Sinne stellt der Europäische Währungsraum eine geldpolitische Fessel, welche eine auf
die jeweilige Volkswirtschaft angepasste Geldpolitik verunmöglicht, dar. Diese Fessle
verhindert heute in Europa ähnlich wie den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts
von Eichengreen festgestellt einen Aufschwung. Es liegt zwar die Vermutung nahe, dass
ein Ende des Euros, wie das Ende des Goldstandards einen Aufschwung ermöglichen
könnte, jedoch sind die Risiken eines Austritts aus dem Euro beziehungsweise eines En-
des des Euros enorm, weil dies wohl eine weitere Finanzkrise nach sich ziehen würde.
Zudem sind die Staaten des Euroraums durch gegenseitige finanzielle Abhängigkeiten
und Forderungen kaum in der Lage überhaupt austreten zu können. Die Krise in Euro-
pa scheint auch 10 Jahre nach dem Ausbruch nicht überwunden zu sein, weshalb nicht
nur bei der Krise in den 1930ern von einer Depression gesprochen werden kann sondern
auch bei der Eurokrise.
125 Eichengreen & Temin: Fetters of Gold and Paper.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
37
6 Fazit
Die vorliegende Arbeit verglich die europäische Krise seit 2008 – auch bekannt als Eu-
rokrise – mit der Grossen Depression der 1930er Jahre in Europa. Die Arbeit ging dabei
der Frage nach, ob der europäische Währungsraum – ähnliche wie der Goldstandard in
den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts – eine Fessel für die Volkswirtschaften Euro-
pas darstellt. Zur Beantwortung dieser Frage wurden in einem ersten Teil die beiden
Währungssysteme Goldstandard und Euro anhand der beiden theoretischen Ansätze
Trilemma der Geldpolitik und optimale Währungsräume analysiert und verglichen. Da-
bei zeigte sich, dass die beiden Währungssysteme über viel Parallelen verfügen. Im
zweiten Teil folgte eine Analyse und ein Vergleich der Ursachen und der Krisentypen
der beiden Krisen. Dabei zeigte sich, dass beide Krisen eine Vielzahl von verschieden
Typen an Finanzkrisen beinhalteten und dass die Ursachen bei beiden Krisen vielseitig,
aber auch umstritten sind. In einem dritten Teil folgte ein Vergleich der beiden Krisen
anhand verschiedener makroökonomischer Variablen. Dabei konnte aufgezeigt werden,
dass die Grosse Depression kurzfristig zwar einen grösseren Impact hatte als die Euro-
krise. Es zeigte sich jedoch auch, dass es bei der Grossen Depression nach einiger Zeit in
Europa einen Aufschwung einsetzte. Dieser Aufschwung blieb bei er Eurokrise bis heute
aus, was dazu führt, dass viele europäische Staaten heute vergleichsweise schlechter
dastehen als Ende der 1930er Jahre. Im vierten und letzten Teil der Arbeit folgte eine
Analyse der beiden Krisen anhand der Geld- und Fiskalpolitik. Bei der Fiskalpolitik
scheinen die Ergebnisse nicht eindeutig zu sein. Es ist zwar davon auszugehen, dass die
Fiskalpolitik einen gewissen Beitrag zur Bekämpfung einer Krise leisten kann. Es zeigte
sich jedoch auch, dass sowohl eine expansive als auch eine restriktive Fiskalpolitik eine
kontraproduktive Wirkung haben. Bei der Geldpolitik sind die Schlussfolgerungen ein-
deutiger. Es konnte aufgezeigt werden, dass die Geldpolitik eine zentrale Rolle bei der
Abfederung einer Krise spielen kann. Bei der Eurokrise zeigte sich jedoch auch, dass
eine expansive Geldpolitik zwar einen totalen Absturz verhindern kann, einen Auf-
schwung aber nicht herbei zaubern kann. Des Weiteren wurde klar ersichtlich: Ein
Währungssystem kann die Geldpolitik behindern und deren Handlungsspielraum ein-
schränken. Diese Schlussfolgerungen führen zum Fazit, dass der europäische Wäh-
rungsraum – ähnlich wie der Goldstandard – eine geldpolitische Fessel für Europa dar-
stellt. Eichengreens These die Fesseln des Goldstandards kann deshalb auch auf den
Euro angewendet werden.
Anzahl Zeichen: 60’832
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
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Ritschl, Albert & Straumann, Tobias (2010). Business cycles and economic policy, 1914 –
1945, in: The Cambridge Economic History of Modern Europe. Volume 2. 1870 to the
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Voth, Hans-Joachim (2018). Vorlesungsunterlagen «Economic and Financial Crises».
Universität Zürich.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
41
II. Daten
Zur Beantwortung die Forschungsfrage und den Vergleich wurde ein Datensample, wel-
ches 14 europäische Staaten beinhaltet, für den Zeitraum von 1920-1939 und von 1998
bis 2017 aus Daten von Almunia et al, Eichengreen & Hatton, Eurostat, Mitchell, Mad-
dison und der OECD zusammengestellt. Des Weiteren wurden in der Arbeit Daten von
Bureau of Labour Statistics126, Emmigration.Info127, FRED128, League of Nations und
NBER129 verwendet.
Datensample:
• BIP: Maddison, https://www.rug.nl/ggdc/historicaldevelopment/maddison/
• Industrieproduktion: Mitchell, Brian (1992). International Historical Statistics
Europe 1750–1988 und OECD, https://data.oecd.org/industry/industrial-
production.htm
• Import und Export: Mitchell, Brian (1992). International Historical Statistics Eu-
rope 1750–1988 und OECD, https://data.oecd.org/trade/trade-in-
goods.htm#indicator-chart & https://data.oecd.org/trade/trade-in-
services.htm#indicator-chart
• Konsumentenpreisindex: Mitchell, Brian (1992). International Historical Statis-
tics Europe 1750–1988 und OECD, https://data.oecd.org/price/price-level-
indices.htm#indicator-chart
• Arbeitslosigkeit: Mitchell, Brian (1992). International Historical Statistics Europe
1750–1988, Eichengreen & Hatton (1988). Interwar Unemployment in Interna-
tional Perspective und OECD, https://data.oecd.org/unemp/unemployment-
rate.htm#indicator-chart
• Haushaltsüberschüsse und Staatsausgaben: Almunia et al (2010). From Great
Depression to Great Credit Crisis: Similarities, Differences and Lessons und
OECD, https://data.oecd.org/gga/general-government-spending.htm und
https://data.oecd.org/gga/general-government-deficit.htm#indicator-chart
• Zinsen und Geldmengen: Almunia et al (2010). From Great Depression to Great
Credit Crisis: Similarities, Differences and Lessons und OECD,
https://data.oecd.org/interest/short-term-interest-rates.htm und
https://data.oecd.org/money/narrow-money-m1.htm
126 https://www.bls.gov/cpi/tables/supplemental-files/historical-cpi-u-201808.pdf
127 http://www.emmigration.info/us-immigration-trends-1900-1940.htm
128 https://fred.stlouisfed.org/series/M1109BUSM293NNBR
129 http://www.nber.org/cycles.html
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
42
III. Grafiken
Abbildung 21: Chronologie des Goldstandards130
Abbildung 22: U.S.-U.K. Covered Domestic Interest Differentials131
130 Straumann: Fixed Ideas of Money, S. 25.
131 Voth: Vorlesungsunterlagen “Economic and Financial Crises”, S. 39.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
43
Abbildung 23: Abwertung und wirtschaftliche Erholung in den 1930er Jahren132.
Abbildung 24: Entwicklung der privaten Schulden in Europa133
132 Ritschl & Straumann: Business cycles and economic policy, 1914 – 1945, S. 171.
133 Lane: The European Sovereign Debt Crisis, S. 52
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
44
Abbildung 25: Zahlungsbilanz in Europa134
Abbildung 26: Taylor-Regel im Euroraum: Peripherie vs. Kern135
134 Lane: The European Sovereign Debt Crisis, S. 53.
135 O’Rourke & Taylor: Cross of Euros, S. 180.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
45
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf
Abbildung 27: Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, Staaten des Euroraums136, berechnet aus Daten von Maddi-son
136 Dänemark gehört durch ihre Währungspolitik de facto zum Euroraum.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
46
Abbildung 28: Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, Staaten der Europäischen Union, berechnet aus Daten von Maddison
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
47
Industrieproduktion
Abbildung 29: Industrieproduktion, Staaten der Eurozone, berechnet aus Daten von Mitchell
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
48
Abbildung 30: Industrieproduktion, Staaten der EU, berechnet aus Daten von Mitchell
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
49
Export
Abbildung 31: Export, Staaten des Euroraums, berechnet aus Daten von Mitchell und OECD
Abbildung 32: Export, Staaten der EU, berechnet aus Daten von Mitchell und OECD
Import
Abbildung 33: Import, Top 4 der Eurozone, berechnet aus Daten von Mitchell und OECD
20
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1920 1925 1930 1935
Import, 1929 = 100
Deutschland
Frankreich
Italien
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1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Import, 2008 = 100
Deutschland
Frankreich
Italien
Spanien
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50
Abbildung 34: Import, übrige Eurostaaten, berechnet aus Daten von Mitchell und der OECD
Abbildung 35: Import, Staaten der EU, berechnet aus Daten von Mitchell und der OECD
0
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
Import, 1929 = 100
Österreich
Belgien
Finnland
Griechenland
Niederlande
30
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1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Import, 2008 = 100
Österreich
Belgien
Finnland
Griechenland
Niederlande
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
Import, 1929 = 100
Tschechoslowakei
Dänemark
Ungarn
Polen
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Grossbritannien
10
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1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Import, 2008 = 100
Tschechien
Dänemark
Ungarn
Polen
Schweden
Grossbritannien
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51
Handelsbilanz
Abbildung 36: Handelsbilanz 1998-2017, Top 4 der Eurozone, berechnet aus Daten der OECD
Abbildung 37: Handelsbilanz 1920-1939, Top 4 der Eurozone, berechnet aus Daten von Mitchell
-100000
-50000
0
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250000
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1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
in M
illi
on
US
-Doll
ar
Zahlungsbilanz
Deutschland
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Spanien
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-4000
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-2000
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0
1000
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
in M
illi
on
Mark
Zahlungsblinaz
Deutschland
-25000
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-10000
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0
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
in M
illi
on
Fra
ncs
Zahlungsbilanz
Frankreich
-16000
-14000
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-2000
0
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
in M
illi
on
en
Lir
e
Zahlunsbilanz
Italien
-4000
-3500
-3000
-2500
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-1500
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0
1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
in M
illi
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en
Pese
tas
Zahlungsbilanz
Spanien
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
52
Abbildung 38: Handelsbilanz 1998-2017, übrige Staaten der Eurozone, berechnet aus Daten der OECD
Abbildung 39: Handelsbilanz 1920-1939, übrige Staaten der Eurozone, berechnet aus Daten von Mitchell
-60000
-40000
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0
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2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
in M
illi
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en
US
-Doll
ar
Zahlungsbilanz
Österreich
Belgien
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-1600
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
in M
illi
on
en
Kro
nen
Zahlungsbilanz
Österreich
-10000
-8000
-6000
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0
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
in M
illi
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en
Fra
ncs
Zahlungsbilanz
Belgien
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500
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
in M
illi
on
en
Mark
s
Zahlungsbilanz
Finnland
-7000
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
in M
illi
on
en
Dra
chm
as
Zahlungsbilanz
Griechenland
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
53
Abbildung 40: Handelsbilanz 1920-1939, Niederlande, berechnet aus Daten von Mitchell
Konsumentenpreise
Abbildung 41: Konsumentenpreise, Top 4 der Eurozone, berechnet aus Daten von Mitchell und der OECD
Abbildung 42: Konsumentenpreise, übrige Staaten der Eurozone, berechnet aus Daten von Mitchell und der OECD
-1800
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
in M
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Gu
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Zahlungsbilanz
Niederlande
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
Konsumentenpreise, 1929 = 100
Deutschland
Frankreich
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1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Konsumentenpreise, 2008 = 100
Deutschland
Frankreich
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
Konsumentenpreise, 1929 = 100
Österreich
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1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Konsumentenpreise, 2008 = 100
Österreich
Belgien
Finnland
Griechenland
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Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
54
Abbildung 43: Konsumentenpreise, Staaten der EU, berechnet aus Daten von Mitchell und der OECD
Arbeitslosigkeit
Abbildung 44: Arbeitslosenquote, Top 4 der Eurozone, Daten von Eichengreen & Hatton und OECD
Abbildung 45: Arbeitslosenquote, Belgien, Dänemark und Griechenland, Daten von Mitchell und OECD
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
Konsumentenpreise, 1929 = 100
Tschechoslowakei
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1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Konsumtenpreise, 2008 = 100
Tschechien
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
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Arbeitslosenquote
Deutschland
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1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Arbeitslosenquote
Deutschland
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Arbeitslosenquote
Belgien
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Arbeitslosenquote
Belgien
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Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
55
Abbildung 46: Arbeitslosenquote, Polen, Schweden und Grossbritannien, Daten von Mitchell und OECD
Abbildung 47: Arbeitslosenquote in Europa 1998-2017, Arbeitslosenquote, Polen, Schweden und Grossbri-tannien, Daten von Mitchell
0
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1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
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Arbeitslosenquote
Polen
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Arbeitslosenquote
Polen
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Grossbritannien
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1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
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t
Arbeitslosigkeit
Österreich
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Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
56
Abbildung 48: Arbeitslosigkeit in Europa 1921-1938, berechnet aus Daten von League of Nations137
137 Ritschl & Straumann: Business cycles and economic policy, 1914 – 1945, S. 168.
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
57
Haushaltsüberschüsse
Abbildung 49: Haushaltüberschüsse, Top 4 der Eurozone, Daten von Almunia et al und der OECD
Abbildung 50: Haushaltüberschüsse, übrige Staaten der Eurozone, Daten von Almunia et al und der OECD
-20
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1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
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BIP
Haushaltsüberschuss
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2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Haushaltsüberschuss
Österreich
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Griechenland
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Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
58
Abbildung 51: Haushaltüberschüsse, Staaten der EU, Daten von Almunia et al und der OECD
Staatsausgaben
Abbildung 52: Nominale Staatsausgaben, übrige Staaten der Eurozone, Daten von Almunia et al und der OECD
Abbildung 53: Nominale Staatsausgaben, Staaten der EU, Daten von Almunia et al und der OECD
-10
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1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
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BIP
Haushaltsüberschüsse
Tschechoslowakei
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2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Haushaltsüberschüsse
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Ind
ex (
1929 =
100)
Staatsausgaben (nominal)
Österreich
Belgien
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Griechenland
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2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Ind
ex (
2008 =
100)
Staatsausgaben (nominal)
Österreich
Belgien
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1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
Ind
ex (
1929 =
100)
Staatsausgaben (nominal)
Tschechoslowakei
Dänemark
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Schweden
Grossbritannien
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2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Ind
ex (
2008 =
100)
Staatsausgaben (nominal)
Tschechien
Dänemark
Ungarn
Schweden
Grossbritannien
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59
Zinsen
Abbildung 54: Zinsen, übrige Staaten der Eurozone, Daten von Almunia et al und der OECD
Abbildung 55: Zinsen, Staaten der EU, Daten von Almunia et al und der OECD
Geldmenge M1
Abbildung 56: Geldmenge M1, übrige Staaten der Eurozone, Daten von Almunia et al und der OECD
0
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2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
in P
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Zinsen
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1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
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rozen
t
Zinsen
Tschechoslowakei
Dänemark
Ungarn
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Grossbrianntien
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2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Zinsen
Tschechien
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Schweden
Grossbritannien
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1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
Ind
ex (
1929 =
100)
Geldmenge M1
Österreich
Belgien
Finnland
Griechenland
Niederland
40
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80
100
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140
160
180
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2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Ind
ex (
2008 =
100)
Geldmenge M1
Eurozone
Die Geschichte zweier Finanzkrisen Universität Zürich
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Abbildung 57: Geldmenge M1, Staaten der EU, Daten von Almunia et al und der OECD
50
100
150
200
250
1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938
Ind
ex (
1929 =
100)
Geldmenge M1
Tschechoslowakei
Dänemark
Ungarn
Schweden
Grossbritannien
50
100
150
200
250
2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Ind
ex (
2008 =
100)
Geldmenge M1
Tschechien
Dänemark
Ungarn
Schweden
Grossbritannien