die einwirkung von fluorwasserstoff auf stärke

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Die Einwirkung von Fluorwasserstoff auf Stsrke ; von Burckhardt Helferich, Brno Starker nnd Otto Peters. [AUB dem Chemischen Institut der Universitat Greifswald und dem Chemischen Laboratorium der Universitat Leipzig.] (Eingelaufen am 29. August 1930.) In einer friiheren Arbeit war die Einwirknng von Flnorwasserstoff auf Cellulose beschrieben.') Es ist die gleiche Reaktion nun mit Starke vorgenommen, in der HofFnung, dadnrch znr Aufklarung des offenbar recht ver- wickelten Vorganges beizutragen. Uas bei der gleichen Arbeitsweise, wie in der ersten Arbeit, aus Starke entstehende ,,Amylan" hat dem dort beschriebenen ,,Cellan" recht ahnliche Eigenschaften. Es hat die gleiche Zusammensetzung (C6Hlo0Jx. Es reduziert ebenfalls nur sehr schwach Fehlingsche Losung, wahr- scheinlich infolge eines geringen Gehaltes an Glucose; die Loslichkeit, die Drehung in Wasser ist die gleiche. Aber in der Art der Fallbarkeit der waflrigen Losnng mit Alkohol unterscheidet es sich vom Cellan, nnd ebenso dnrch die erheb- lich hohere Urehung des Acetyl-amylans, das allerdings sonst dem Acetyl-cellan vollig entsprechende Eigenschaften besitzt. Die in der ersten Arbeit beschriebenen Kondensations- produkte aus Glucose nnd Cellobiose waren von dem Cellan so gut wie nicht zu unterscheiden. Es scheint nns von Interesse, in dieser Arbeit festznstellen, dafl ein solches Kondensations-(Reversions-)Prodnkt ans Maltose mit Flnor- wasserstoff dem Amjdan in seinen Eigenschaften, anch in der l) A. 476, 150 (1929). Als Erglnzung zu den einleitenden Worten dieser Arbeit teile ich mit, da6 Fredenhagen bereits den Abban der Cellulose durch H F m mehr oder minder BUS schmeckenden wmser- l6slichen Substanzen beobachtet hatte und dab diese und die vorher- gehende Arbeit von dieser Beobachtung des Herrn Fredenhagen und seiner Aufforderung eur Mitarbeit ausgingen. Dieser Aufforderung bin ich seinerzeit um so lieber gefolgt, ale die Untersuchung der Einwirkung der H F auf Cellulose bereits auf meinem Arbeitspro- gramm stand.

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Page 1: Die Einwirkung von Fluorwasserstoff auf Stärke

Die Einwirkung von Fluorwasserstoff auf Stsrke ; von Burckhardt Helferich, Brno Starker nnd Otto Peters.

[AUB dem Chemischen Institut der Universitat Greifswald und dem Chemischen Laboratorium der Universitat Leipzig.]

(Eingelaufen am 29. August 1930.)

In einer friiheren Arbeit war die Einwirknng von Flnorwasserstoff auf Cellulose beschrieben.') Es ist die gleiche Reaktion nun mi t Starke vorgenommen, in der HofFnung, dadnrch znr Aufklarung des offenbar recht ver- wickelten Vorganges beizutragen.

Uas bei der gleichen Arbeitsweise, wie in der ersten Arbeit, aus Starke entstehende ,,Amylan" hat dem dort beschriebenen ,,Cellan" recht ahnliche Eigenschaften. Es hat die gleiche Zusammensetzung (C6Hlo0Jx. Es reduziert ebenfalls nur sehr schwach Fehl ingsche Losung, wahr- scheinlich infolge eines geringen Gehaltes an Glucose; die Loslichkeit, die Drehung in Wasser ist die gleiche. Aber in der Ar t der Fallbarkeit der waflrigen Losnng mit Alkohol unterscheidet es sich vom Cellan, nnd ebenso dnrch die erheb- lich hohere Urehung des Acetyl-amylans, das allerdings sonst dem Acetyl-cellan vollig entsprechende Eigenschaften besitzt.

Die in der ersten Arbeit beschriebenen Kondensations- produkte aus Glucose nnd Cellobiose waren von dem Cellan so gut wie nicht zu unterscheiden. Es scheint nns von Interesse, in dieser Arbeit festznstellen, dafl ein solches Kondensations-(Reversions-)Prodnkt ans Maltose mit Flnor- wasserstoff dem Amjdan in seinen Eigenschaften, anch in der

l) A. 476, 150 (1929). Als Erglnzung zu den einleitenden Worten dieser Arbeit teile ich mit, da6 F r e d e n h a g e n bereits den Abban der Cellulose durch H F m mehr oder minder BUS schmeckenden wmser- l6slichen Substanzen beobachtet hatte und dab diese und die vorher- gehende Arbeit von dieser Beobachtung des Herrn F r e d e n h a g e n und seiner Aufforderung eur Mitarbeit ausgingen. Dieser Aufforderung bin ich seinerzeit um so lieber gefolgt, ale die Untersuchung der Einwirkung der H F auf Cellulose bereits auf meinem Arbeitspro- gramm stand.

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184 Hel fer i ch , S t a r k e r und Peters ,

Drehung seines Acetats, nahesteht, wahrend es sich vom Cellan in den gleichen Punkten wie das Amylan unterscheidet.

F u r die bei der Einwirknng von Fluorwasserstoff auf Cellulose und auf Starke entstehenden Produkte scheinen also die diesen Poly - sacchariden zugrunde liegenden Di- saccharide wesentlich zu sein.

I m iibrigen wird die Sufklarnng des ganzen Vorganges, in dem ein Nebeneinander von Umlagerungen, Spahungen und Reversionen anzunehmen ist, noch weitere Versnche erfordern.

Auch in dieser Arbeit sind einige Drehnngsbestimmungen in Fluorwasserstoff ausgefuhrt.

Amylan dreht + 105O bis + llOo, d. h. also etwas mehr als Cellan, erheblich weniger als Starke in Fluor- wasserstoff (147O). Es mu6 also auch bei der Isolierong des Amylans (ebenso wie beim Cellan) eine Verandernng gegen- uber der Substanz vor sich gehen, die in der Losnng von Starke in Fluorwasserstoff anzunehmen ist.

Einer von uns dankbar begruOten Anregung von Herrn R. 0. H e r z o g , Dahlem, folgend, haben wir die Drehnng von mercerisierter Banmwolle in Fluorwasserstoff festgestell t. Der dabei gefandene sehr geringe positive Wert entspricht dem bei nnveranderter Banmwolle gefundenen. Ein Unterschied zwischen nativer und mercerisierter Baumwolle laDt sich auf diesem Weg also nicht feststellen,

Beschreibung der Versuche. D a r s t e l l u n g v o n Amylan.

20 g Kartoffelstarke (RiedeI, L). A. B. 6) werden bei looo unter vermindertem Druck bis zur Gewichtskonstanz getracknet und in ein geeignetes SilbergefaD eingefullt. Unter sorgfaltigem AusschluD von Luftfeuchtigkeit wird in dieses GefaD auf die Starke etwa die 4 fache Menge wasser- freier Flnorwasserstoff, das ist 80 g , unter Kuhlung mit Kaltemischung destilliert, dann einige Male umgeschiittelt und nach etwa 'la stundigem Aufbewahren bei - 20° die Hauptmenge des Fluorwasserstoffs durch einen sorgfaltig getrockneten Luftstrom bei Zimmertemperatur abgeblasen');

l) Einzelheiten siehe Dissertation S tiirker Greifswald 1930.

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Bie Einwirkung von Fluorwasserstoff auf Starhe. 185

nach etwa 1 Stunde, wenn auf diese Weise eine weitere Entfernung von:Fluorwasserstoff nicht mehr moglich ist, wird der Inhalt des SilbergefaBes, ein ziemlich zahfliissiger Sirup, unter sehr kraftigem Ruhren in eine eisgekuhlte Auf- schlemmung von iiberschussigem, reinstem Calciumcarbonat in destilliertem Wasser eingegossen. Zur Berechnung der Menge des Calciumsalzes dient die durch Wiegen fest- gestellte Menge der in dem Sirup noch vorhandenen Fluor- wasserstoffsaure (meist etwa 25 g). Die nach dem Aufhoren der Kohlensaureentwicklung neutrale Losung wird von den Calcinmsalzen abgesaugt (mit Kieselgur gedichtetes Filter) und unter vermindertem Druck, nach Zusatz einer kleinen Menge von Calciumcarbonat (um das Sauerwerden der Fliissigkeit sicher zu verhindern) eingedampft. Die stark konz. Losung wird wie oben filtriert und das nunmehr gaiiz klare Fi l t ra t vollends unter vermindertem Druck zur Trockne gebracht. E s bleibt eine amorphe schwach gelb- lich gefarbte schaumig erstarrende Substanz iibrig: das Roh-amylan. Die Ausbeute betragt etwa 17 g , das ist 85 Proc. der angewandten Starke.

Die Substanz reduziert Fehl ingsche Losung in der Hitze nur entsprechend einem Gehalt von etwa 0,5 Proc. Glucose. Uurch sehr vorsichtiges Eintropfen der wabrigen Lijsuug dieses Roh-amylans in die 5fache Menge gut ge- kiihlten Methanols (oder Athylalkohols) laBt sich die Sub- stanz weiter reinigen.

Die Brechungsbestimmung der 80 gereinigten Substanz in Warrser

Etwas weiter fiihrt die Reinigung uber das

Acety 1-amylan. 15 g Roh-amylan (einmal aus Alkohol umgefallt) werden

mit 125 ccm wasserfreiem Pyridin und 340 ccm Essigsaure- anhydrid auf dem Wasserbad am RuckfluDkuhler erhitzt, bis nahezu des gesamte Roh-amylan in Losung gegangen ist. Meist bleibt ein kleiner Riickstand von Calciumsalz, von dem abgesaugt wird. Durch EingieDen der kuhlen

A n M h der Chemle 482. Band. 1s

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186 Helferich, Starker und Peters ,

Losung in Eiswasser unter krLftigem Riihren fallt das acetylierte Amylan als braunlicher Niederschlag. Die Ansbeute nach Abfiltrieren nnd Trocknen betrllgt 26 g. Glereinigt wird die Substanz durch Losen in 5 Teilen trocknem Chloroform, Trocknen dieser Lbsnng mit Natrinm- sulfat, Eindampfen auf dem Wasserbad nnd Verreiben des dickfliissigen Sirups mit etwa der 20 fachen Menge Ather. Das nunmehr reine weifle Acetylamylan wird abgesaugt, mi t Ather gewaschen und getrocknet. Ausbeute etwa 3/4

der verwandten ungereinigten Verbindung. Das Acetyl-amylan ist loslich in Chloroform, etwas

schwerer in Pyridin, recht schwer loslich in Ather und so gut wie unloslich in Wasser nnd Petrolather.

0,1070 g Subst. (bei 100' i. V. getr.): 0,1945 g CO,, 0,0556 g H,O. [C,&O,(COCH,),I. (288,l) Ber. C 50,O H 5,55

Gef. ,, 49,58 ,, 5,82.

Zur Acetylbesfirnmung wird die Substanz mit titrierter Natron- leuge versetzt und der nberschul? nach 2 bzw. 3 Tagen zuriicktitriert.

0,1350, 0,2067 g Subst.: 14,20 ccm COCB, Ber. 44,8 Gef. 45,2, 45,8.

Die Drehung dee Acetyl-amylans wurde in Chloroforml6eung

2,20 ccm "/,-NILOH.

- beetimmt :

1,89 X 8,7016 0,1552 x 1,488 x 0,5 = + 142,5O. [a]; = +

3,60 X 6,4222 0,1108 x 1,475 x 1,O = + 141,5O. [a]? = +

Entacetylieruny des Acetyl-amylans. Zn einer gekiihlten Mischnng von 10 ccm absolutem

Methanol nnd 1 ccm 6-proc. Natriummethylatlosung werden 0,5 g getrocknetes und fein gepulvertes Acetyl-amylan zu- gegeben. Es lost sich fast sofort auf und nach wenigen Sekunden fiillt das Am ylan als weiDer Niederschlag aus. Die Ansbeute betrLgt etwa 0,3 g.

Dnrch Eintropfen der wtlf3rigen Losnng dieser Sub- stanz in Methanol (siehe oben bei Roh-amylan) wnrde es zur Analyse nochmals gereinigt nnd unter vermindertem Umck getrocknet.

Page 5: Die Einwirkung von Fluorwasserstoff auf Stärke

Die Einwirkung von Pluorwasserstoff auf Starke. 187

0,1222 g Subst.: 0,1986 g CO,, 0,0738 g H,O. [C,H,,O,& (162) Ber. C 44,44 H 6,22 Oef. C 44,32 H 6,76.

Die Drehuug der Substanz wurde in wa6riger Losung bestiimt.

2,70 x 5,2072 + 144,24 =+ 0,1950 X 1,O X 0,5

= + 144,4'. 9,49 x 3,6072 [alal = + 0,2370 x i,o x 1 Die Substanz rednziert Fehl ingsche Losung nur noch

entsprechend einem Gehalt von etwa 0,25 Proc. Glucose. Sie ist wohl sicher noch nicht ganz rein. Krystallisations- versuche haben bisher zu keinem Erfolg gefuhrt.

Das Amylan lost sich sehr leicht in Wasser. In den gebrauchlichen organischen Losnngsmittel ist es so gut wie nnloslich, auch in Pyridin (Unterschied vom Cellan).

Mal tan . 5 g wasserfreie Maltose werden mit 10 g Fluorwasser-

stoff gelost und die Losung anfgearbeitet, ganz in der gleichen Weise, v i e es bei dem Amylan oben beschrieben ist. Es resultieren etwa 4 g einer Substanz - Roh- maltan - die dem Amylan sehr iChnlich ist. Sie reduziert Feh l ingsche Losung, entsprechend einem Gehalt von etwas mehr als 1 Proc. Traubenzucker.

Die mit Methanol umgefiillte, bei 56O 142 Stunden bis eur Kon- atanz im Vskuum getrocknete Substanz hatte die folgende Drehung :

5,36 x 7,7157 = + 151,4O. 0,1315 X 1 X 1 [alb' = + 6,45 x 3,8343 0,1631 x 1 x 1 = + 151,6O. [a&' = +

Sie kann auf dieselbe Weise wie das Amylan in eine Acetylverbindung ubergefuhrt werden.

Dieses Acetyl-maltan zeigt die gleichen Eigenschaften, wie das Acetyl-amylan; die Drehung wurde in Chloroform- losnng bestimmt:

4,39 X 6,5541 = + 141,3". = + 0,1383 X 1 X 1,472

Die Acetylbestimmung ergab die folgenden Werte: 0,1451, 0,0860 g Subst.: 15,10, 9,OO ccm n/,,-NsOH. [C,H,O,(CH,CO),]. (288,l) Ber. CH, .CO 44,s

Clef. ,, 44,7, 45,O. 13"

Page 6: Die Einwirkung von Fluorwasserstoff auf Stärke

188 H e l f e r i c h u. Mitarb., Zinwirk. v. Fluorwasserstoff auf Starke.

Durch Entacetylierung erhalt man wie beim Amylan Die Drehnng wurde in wabriger ein gereinigtes Maltan.

Losung bestimmt: - 1,34 x 3,4522

= + 145'. [.Ig' =+ 0,0638 X 0,5 X 1,0

Das so gereinigte Maltan reduziert F e 11 1 i n g sclie Losung nur noch entsprechend einem Gehalt von etwa 0,26 Proc. Traubenzucker.

0,0932 g Subst.: 0,1524 g CO,, 0,0517 g H,O. (C,H,,O,), (162) Ber. C 44,44 H 6,22 Gef. C 44,59 H 6,21 .

D r e h u n g s b e s t i m m u n g e n i n F1 u o r w a s s e r s t o f f l) (a u s g e f ii h r t v o n H e r r n P e t e r s).

1. Amylan , durcb Alkoholfallung gereinigt und iiber Phosphor- pentoxyd bei etwa 3 ccm Druck und 58' t i s zur Iionstanz (etwa 96 Stunden) getrocknet.

=+ 105". 3,57 X 13,12

[a]h' = + __ 4 0,4464 X 1 X 1,O

2. Amylan , iiber die Acetylverbindung gereinigt (sonst ebenso':

3. Mercerisierte Baumwolle. Das PrIiparat danken wir der Freundlichkeit von Herrn Prof. H e r z og, Berlin-Dahlem.

Zur analytischen Charakterisierung wurde Ascbebestimmung (1,4452 g Subst.: 0,0014 g Gliihriickstand 0,11 Proc.) und Ver- brennung ausgefuhrt:

0,1158 g Subst.: 0,1902 g CO,, 0,654 g H,O. (C,H,,O,). (162,08) Ber. C 44,5 H 6,2

Gef. ,, 44,s ,, 6,3.

Die Substanz wurde zu Analysen und Drehungen iiber Phos- phorpentoxyd bei etwa 3 ccrn Druck und 100° bis zur Ronstane (etws 72 Stunden) getrocknet.

= + m ' 1 4 x 1 x 1,O 0 0 3 x 14,6C

= + 0,4O. I'

l) Ausfiihrung siehe B. H e l f e r i c h und St. B o t t g e r , A. 476, 167 (1929). Nur wurde zur Nullpunktabestimmung diesmal statt des leeren Polarisationsrohres das Rohr mit Fluorwasserstoff gefullt verwandt.