diagnose und förderung im deutschunterricht ein kritischer Überblick über ausgewählte...
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Diagnose und Förderung im Deutschunterricht
Ein kritischer Überblick über ausgewählte Diagnoseinstrumente und
Förderkonzepte
Gliederung des Vortrags
• 1) Relevanz des Vortragsthemas
• 2) Diagnostische Instrumentarien im Überblick
• 3) Ausgewählte Testverfahren auf dem Prüfstand
– a) LesediagnostikLeseförderprogramme
– b) RechtschreibdiagnostikRechtschreibförder-programme
• 4) Erfahrungswerte aus schulpraktischen Studie
• 5) Schlussfolgerungen
Aspekte einer erfolgreichen Förderung
Verfahren der pädagogischen Diagnostik Verfahren der pädagogischen Diagnostik
Beobachten/Beschreiben
Interview
Fragebogen
Tests Schätzskalen
DER PÄDAGOGISCHE DIAGNOSTIKER
•ANALYSIERT BESTIMMTE BEGEBENHEITENANALYSIERT BESTIMMTE BEGEBENHEITEN
•BEOBACHTET VERÄNDERUNGENBEOBACHTET VERÄNDERUNGEN
•ZIEHT DARAUS SCHLÜSSEZIEHT DARAUS SCHLÜSSE
• TRIFFT ENTSCHEIDUNGENTRIFFT ENTSCHEIDUNGEN
• STELLT FÖRDERPLÄNE AUFSTELLT FÖRDERPLÄNE AUF
• KONTROLLIERT DIE EFFEKTIVITÄTKONTROLLIERT DIE EFFEKTIVITÄT
Pädagogische Diagnostik sollte in erster Linie der Förderung des individuellen Lernens und der
gesamten Lernprozesse dienen (Modifikationsstrategie--> Förderdiagnostik)
und nur in seltenen Fällen der Selektion (Selektionsstrategie).
FAZIT
Zielgruppen
Die Förderplanung soll sich nicht nur
auf leistungsschwache Kinder
beziehen, sondern auf jedes Kind, also
auch auf Schüler/innen, die
hochbegabt sind.
Lesen• Bedingungsfaktoren
– phonologische Bewusstheit, Arbeitsgedächtnis, Hörverstehen, visuelle Wahrnehmungsfähigkeit, Lesesozialisation, emotionale Bewertung von Lesesituationen
• Basale Lesefertigkeit– Rekodieren– Dekodieren
• Leseverständnis– Wortverständnis– Satzverständnis– Textverständnis
• Lesekompetenz
Bottom up
Top-down-Prozess
Stolperwörter-Test
Testkriterien:
• Lesetempo – (Abrufen der erlesenen Einzelwörter aus dem
Kurzzeitspeicher)
• Genauigkeit/ Verstehen – (Vergleichende Verarbeitung durch Aktivierung der
grammatischen, syntaktischen und semantischen Lexika)
Was wird getestet?
• Lesetempo • Lesegenauigkeit• Leseverstehen auf
Satzebene
Ein Ergebniswert Screening-
Verfahren
Was wird nicht getestet?
• Rekodierungsfähigkeit• Wortverständnis (im engeren Sinn)
• Schlussfolgern-Bezüge- Textverständnis
• Abspeicherungsfähigkeit des gelesenen Inhaltes
• Lesestrategien• Lesemotivation
Stolper-Wörter-Test
ELFE-Test• Wortverständnis: Anzahl der Silben• Satzverständnis: Wortarten• Textverständnis:
–isolierte Informationsentnahme–anaphorische Bezüge: Kohäsionsmittel,
d.h., z.B. Rückverweise durch Pronomen (satzübergreifendes Lesen)
–Inferenz: zwischen den Zeilen lesen» “Anna versuchte, aus dem schönen Stoff ein Kleid zu
machen. Die Schere war stumpf und es bereitete ihr große Mühe.”
» Begriffe: Schere, Kleid u. Stoff müssen in Beziehung gesetzt werden, um zu wissen, dass Anna Stoffstücke ausschneidet.
Was wird getestet?
• Lesetempo (implizit)• Leseverstehen auf
Wort-, Satz- und Kurztextebene
Mehrere Ergebniswerte
Qualitatives Verfahren
Was wird nicht getestet?
• Rekodierungsfähigkeit• Abspeicherungsfähigkeit
des gelesenen Inhaltes im Langzeitgedächtnis
• Textverständnis von längeren Texten
• Lesestrategien• Lesemotivation
ELFE-TEST
LGVT
Der LGVT ist für die Klassen 6 bis 12 konzipiert konzentriert sich auf 2 Basiskompetenzen des Lesens:
→ Leseverständnis
→ Lesegeschwindigkeit
dient der Ermittlung des Leseverständnis und der Lesegeschwindigkeit in den Klassen 6 bis 12
Brot und Rosenkohl
Wir befinden uns mitten im goldenen Monat September, der
Erntezeit. Die wichtigste Frucht, das Korn gibt es schon hier in
Ostnorwegen – die kostbare Gabe, die uns das Brot beschert – nein,
Entschuldigung – die uns das Tierfutter liefert. Von dem auf den
Feldern Norwegens angebauten Korn wird etwa 95% zu [Abfall,
Futter, Nahrung] verarbeitet. So reich ist unser Land inzwischen
geworden. Dasjenige Korn, das zu Brot weiterverarbeitet wird,
stammt aus dem Ausland.
LGVT
- Fließtext mit 1727 Wörtern
- Zeit: 4 Minuten
- An 23 Stellen im Text werden jeweils 3 Worteinsetzungs-Alternativen angeboten
Durchführungszeit: 10 Minuten
Was wird getestet?
• Lesegeschwindig-keit
• Verstehen auf Satz- und Langtextebene– Inferenzbildung (implizit)
• Abspeicherung des Gelesenen im Arbeitsgedächtnis (implizit)
• Zwei Ergebniswerte– Anzahl der gelesenen
Wörter– Anzahl der richtig
eingesetzten Wörter
Was wird nicht getestet?
• Rekodierungsfähigkeit• Wortverständnis• Abspeicherungsfähigkeit des
gelesenen Inhaltes im Langzeitgedächtnis
• Lesestrategien• Lesemotivation
LGVT
Clara-Schumann GesamtschuleBeobachtungsbogen Deutsch
zur Vorbereitung von FörderzuweisungenLesen
• flüssiges, betontes Lesen eines geübten Textes
• flüssiges, betontes Lesen eines ungeübten Textes
• sinnentnehmendes Lesen • Textaussagen markieren Texte gliedern • Überschriften für Teilabschnitte formulieren • Notizen zum Gelesenen machen • Fragen an einen Text formulieren • einzelne Begriffe, Aussagen klären
http://www.ge-kreuztal.de/wichtige_infos.php, diagnostikdeutsch.pdf
Clara-Schumann GesamtschuleBeobachtungsbogen Deutsch
zur Vorbereitung von FörderzuweisungenLesen
• Informationsquellen nutzen (Lexikon, Wörterbuch, Internet)
• einfache literarische Formen unterscheiden (Märchen, Fabel,Sachtext)
• Ganzschrift verstehen, sich mit Inhalten auseinandersetzen
• Gedichte unter einfachen formalen Aspekten untersuchen
• selbstständige Informationsentnahme • Form, Inhalte und Intention von Zeitungstexten
bestimmen • unterscheiden von epischen, lyrischen und
dramatischen Textmerkmalen
Clara-Schumann GesamtschuleBeobachtungsbogen Deutsch
zur Vorbereitung von FörderzuweisungenLesen
• Zusammenhänge zwischen Inhalt, Sprache und Form erkennen• genaues Lesen • kursorisches Lesen [1]• Erschließen schwieriger Textpassagen • Formulierung von Hypothesen • Entwicklung einer textbezogenen Interpretation• selbstständige Recherche • Wirkungsweisen von epischen, lyrischen und dramatischen
Texten untersuchen• Verstehen und Erschließen literarischer Texte unter
Berücksichtigung struktureller, sprachlicher und inhaltlicher Merkmale
• gestaltend mit Texten arbeiten
[1] Beim kursorischen Lesen wird der Text vollständig gelesen. Gleichzeitig ist man bei dieser Lesetechnik bemüht, den Inhalt des gesamten Textes zu erfassen.
Diagnostische Aspekte
• Reaktionen auf Textpräsentationen
• Unterstützungshilfen beim Lesen (GS)
• Syntheseprozesse/Prosodie (Tonaufnahmen)
• Verbesserungsstrategien
• Lesepräferenzen/Lektüreauswahlverhalten
• Häufigkeit des Lesens (Lesequantität)
• Lesestrategien/Lesespuren/Nutzung unterstützender Materialien
Diagnostische Aspekte
• Textverständnis
• Sinnerschließendes Vorlesen
• Anschlusskommunikationsverhalten
• Lesemotivation
• Selbstkonzept
Förderkonzepte• ELFE-Förderung
• Wir werden Textdetektive
• Kolibri
• Lesen nach Silben
• Lesemaus
• Stikk-Programm
• Lesen macht schlau!
• Leseportfolios/Lesegespräche
Prinzip
• Förderung der Lesemotivation/ des Selbstkonzeptes und der Lesefertigkeit
Rechtschreibtestverfahren
Syllabische Strategie
LEISTUNGSGRUPPE Klassenstufe I II III IV V Klasse 1: fa--rat fa--rat fa--r-t f---r-t ------- Mitte fa--rat f------ Klasse 1: fa--rat fa--rat fa--rat fa--rat f-----t Ende fa--rad f---r-t Klasse 2: fa--rad fa--rat fa--rat fa--rat fa--r-t Mitte fa--rad fa--rat Klasse 2: fah-rad fa--rad fa--rat fa--rat fa--rat Ende fahrrad fah-rad fa--rad Klasse 3: fahrrad fah-rad fa--rad fa--rat fa--rat Mitte fa--rad Klasse 3: + fah-rad fah-rad fa--rad fa--rat Ende fahrrad fah-rad fa--rad Klasse 4: + fahrrad fahrrad fah-rad fa--rad Mitte Klasse 4: + + + fah-rad fa--rad Ende Klasse 5: + + + fah-rad fa--rad Ende* fahrrad fah-rad Klasse 7: + + + fah-rad fah-rad Ende* fahrrad Klasse 9: + + + fah-rad fah-rad Ende* fahrrad fahrrad *Ab Klasse 5: "Fahrrad" in Komposition "Fahrradschloss." A
Hamburger Schreibprobe
Was wird getestet?
Fehlerkategorien:
1. wortbezogene Auswertung2. Graphemtreffer
- strategieorientiert3. Lupenstellen• alphabethische,• orthographische,• morphematische,• wortübergreifende
Strategieallgemein
Was wird nicht getestet?
• syllabische Strategie
• differenzierte Auswertung der Strategien
HSP
AFRA Aachener Förderdiagnostische Rechtschreibfehler-Analyse
Spezielle Grapheme: V und ß
Spezielle Verbindungen: ai/chs/pf/qu
Lange Vokale: Dehnungs-h
Kurze Vokale: Konsonantenverdoppelung
Morphemanschluss: Fahrad
Konsonantische Ableitung: b/p, d/t, g/k
AfRA
Was wird getestet ?
- phänomenorientiert
Differenzierte Auswertung der Fehlerkategorien:
•Phonem-Graphem-Korrespondenz
•Vokalquantität
•Morphologie
• (Syntax)
•Auch in Bezug auf Mehrheits- und Minderheitsschreibungen
Was wird nicht getestet?
Auf die Zuordnung zu Rechtschreibstrategien wird verzichtet.
Digitale Diagnostik
• Münsteraner Rechtschreibanalyse (MRA)
• Hamburger Schreibprobe (HSP)
Leistungsprofil MRA• I) richtig geschriebene Wörter – falsch geschriebene Wörter – ausgelassene Wörter• II) Fehlerkategorien:• A) Grundlegender Bereich• 1. Ausfertigung
• 1.1 Schreibsorgfalt (SO) 0• 1.2 Konzentration (KO) = zürck 1
• 2. Wahrnehmung
• 2.1 Akustische Durchgliederung (DU) = zürck, zarme, Spietze, Roher, Redung 5• 2.2 Akustische Differenzierung (DI) = wantert, ausa, Anst, Daferkeit, Redung 7• 2.3 Optische Differenzierung (OD) 0
• 3. Speicherung
• 3.1 Schreibung eines (Mehrfach-)buchstabens (SB) = leüft, Kwalm, Quwer 3
Leistungsprofil MRA• B) Regelbereich• 1. Kennzeichnung von Länge und Kürze• 1.1 Konsonantenverdopplung (KV) = Schaten, schelt, schlept, nimt, Kartofelsuppe 5• 1.2 Schärfung des s-Lautes inklusive das-dass (SL) = aufpasen 1• 1.3 Dehnung, Silben-h (DH) = schibt, zarme, Spietze 3• 2. Morphologische Orientierung• 2.1 Umlautableitung (UA) = leüft, Esten 2• 2.2 Auslautableitung (AA) = bewekt, traurich, vorsichtich, Bard 4• 2.3 Gleichklingende Buchstaben (-gruppe) (GB) 0• 2.4 Schreibung von Nahtstellen (SN) 0• 3. Weitere Aspekte der Wortschreibung• 3.1 Groß- Kleinschreibung (GK) = Schwarzes, Quwer 2• 3.2 Getrennt- Zusammenschreibung (GZ) 0
MRA
Was wird getestet ?
- phänomenorientiert
Auswertung der Fehlerkategorien:
•grundlegender Bereich:
Ausfertigung, Wahrnehmung, Speicherung incl. PGK
•Regelbereich:
Vokalquantität, morphologische Orientierung, (Syntax)
Was wird nicht getestet?
Auf die Zuordnung zu Rechtschreibstrategien wird verzichtet.
Lehr- Lernkonzepte und Fördermaterial
• Rechtschreibwerkstatt (Sommer-Stumpenhorst)• Fresch-Konzept (Michel)• Rhythmisch-silbierendes Sprechschreiben (Hinney)• Marburger Rechtschreibtraining (Schulte-Körne, Mathwig)
• Efit (digital, Cornelsen)• ( Anfangsunterricht: Spracherfahrungsansatz, Lesen durch Schreiben,
silbenorientierter Zugang)
• a-o-m- Hefte• Sprachforscheraufgaben• Übungsmaterial der Rechtschreibwerkstatt• Wortfamilienwörterbuch• Rechtschreibbox (Leßmann)
Erfahrungswerte aus schulpraktischen Studien
• Differenzen zwischen der manuellen und computergestützten Auswertung (HSP)
• Die Ergebniswerte der unterschiedlichen Verfahren lassen z.T. unterschiedliche Förderschwerpunkte erkennen
• ELFE-Verfahren differenziert besser im unteren Bereich. frühe Förderung
• LGVT ist im mittleren Bereich weniger aussagekräftig als in den Randbereichen.
Erfahrungswerte aus schulpraktischen Studien
• Der Stolper-Wörter-Test lässt kaum Rückschlüsse auf eine individuelle Förderung zu.
• Nicht jede Förderung ist erfolgreich, bzw. nicht jede Nachtestung zeigt den Fördererfolg.
Schlussfolgerungen
• Der Einsatz eines Testverfahrens reicht für die Diagnostik nicht aus.
• Die Einstellungen und Haltungen zur Diagnostik und zur Förderung seitens der Lehrkräfte und der Schule sind entscheidend.
• Die Bedingungsfaktoren der Testung müssen dokumentiert werden ( Objektivität)
Schlussfolgerungen
• Die Förderung sollte möglichst von einer Lehrkraft übernommen werden.
• Förderstunden müssen klar strukturiert werden.
• Defizitorientierte Förderung kann zur Stigmatisierung führen. („Ich gehöre zu den schlechtesten SuS.“)
Weitere Aspekte einer erfolgreichen Förderung
• Verbesserung des Selbstkonzeptes durch Hinweis auf Stärken und Lernfortschritte
• Lernprozessbegleitende Diagnosepunkte
• Konsequente und ritualisierte Förderung
• Versprachlichung metakognitiver Prozesse (z.B. Rechtschreib-, Lesegespräche)
Transparenz von Lern- und Lösungsstrategien
Weitere Aspekte einer erfolgreichen Förderung
• Keine Reduktion auf das Abarbeiten von Arbeitsblättern (vgl. MRA)
• Nutzung des Wissens in der Peergroup ( Expertentum)
• Selbstreflexion der Lehrkraft
• Kleingruppenbildung
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Den Vortrag finden Sie ab Dienstag auf den Seiten des Deutsch-Treffs.