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Deutscher Bundestag Drucksache 19/23671 19. Wahlperiode 22.10.2020
Unterrichtung durch die Bundesregierung
Zweiter Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel
Inhaltsverzeichnis Seite
A. Ziele, Grundsätze und Prozesse der DAS ........................................ 3
A.1. Ziele und Grundsätze der DAS............................................................... 3
A.2. Berichtszyklus der DAS.......................................................................... 4
A.3. Bisherige Entwicklung von DAS, APA und FS-Bericht ...................... 5
A.4. Einbindung in EU und internationale Ebene ......................................... 7
B. Aktuelle Erkenntnisse und Ergebnisse ............................................ 8
B.1. Monitoring: Klimaänderungen, Klimafolgen und Anpassungsreaktionen ......................................................................... 8
B.2. Vulnerabilitätsbewertung ........................................................................ 12
B.3. Umsetzung des APA II und Verfahren zur Erstellung des APA III..... 24
B.4. Anpassungsmaßnahmen anderer Akteure.............................................. 26
B.5. Evaluierung des DAS Strategieprozesses .............................................. 32
C. Schlussfolgerungen der IMA „Anpassung an den Klimawandel“ .................................................................................... 35
C.1. Vision und Ziele des DAS Prozesses ..................................................... 35
C.2. Rahmenbedingungen............................................................................... 35
C.3. Maßnahmensetzung................................................................................. 38
C.4. Kommunikation und Beteiligung ........................................................... 39
D. Politische Schwerpunktsetzung ........................................................ 41
Anhang 1
Anhang 2
Zugeleitet mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 21. Okotber 2020.
Drucksache 19/23671 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Abbildungsverzeichnis Seite
Abbildung 1: Berichtswesen der DAS (Quelle: Umweltbundesamt, eigener Entwurf).................... 5
Abbildung 2: Zeitliche Entwicklung DAS, APA und FS-Bericht (Quelle: Umweltbundesamt, eigener Entwurf).................... 6
Abbildung 3: Schematische Darstellung von Schadenspotenzialen ausgewählter Klimawirkungen für die Gegenwart, bis 2030 und bis 2030 mit Bauvorsorge. Quelle: nach Bubeck et al. (2019) ....................................... 16
Abbildung 4: Links: Anzahl der heißen Tage (Höchsttemperatur ≥ 30°C)im Jahr 2018, rechts: Anomalie der Anzahl der heißen Tage in Deutschland im Vergleich zum Referenzzeitraum 1961-1990. Quelle: DWD.................................................... 19
Abbildung 5: Wirkungskette Klimawandel auf den deutschen Außenhandel. Quelle: Peter, Guyer und Füssler (2018). ..... 21
Abbildung 6: Am häufigsten genannte umgesetzte oder geplante Klimaanpassungsmaßnahmen. Quelle: UBA (2019)........... 30
Abbildung 7: Wirkungsmodell für die DAS-Evaluation. Quelle: Kind et al. (2019, S. 11).......................................... 32
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/23671
A. Ziele, Grundsätze und Prozesse der DAS
Der Klimawandel zählt zu den größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Bereits heute sind die Folgen des Klimawandels auch in Deutschland spürbar, und sie werden sich in Zukunft weiter verstärken. Im Zeitraum von 1881 bis 2019 hat sich die mittlere Lufttemperatur in Deutschland um 1,6 Grad erhöht. Die Folgen des Klimawandels sind mit erheblichen Auswirkungen auf die Gesundheit und den Wohlstand der Menschen in Deutschland verbunden. Hitzeperioden, Überschwemmungen, Starkregenereignisse etc. führen zu vorzeitigen Todesfällen, zu Schäden in Land- und Forstwirtschaft, an Gebäuden und Infrastrukturen, in Industrie und Wirt-schaft und zu dynamischen Veränderungen des Ökosystems wie etwa die Verdrängung von Tier- und Pflanzen-arten. Die rechtzeitige und vorausschauende Anpassung an die Folgen des Klimawandels wird zunehmend be-deutsamer, um Risiken und Schäden durch Klimaänderungen zu verringern und höheren Schadens- und Anpas-sungskosten vorzubeugen. Die Bundesregierung begegnet den Herausforderungen des Klimawandels mit der Deutschen Anpassungsstra-tegie an den Klimawandel (DAS). Damit soll gewährleistet werden, dass die bestehenden Zielsetzungen der Fachpolitiken auch unter den Bedingungen des Klimawandels realisiert werden können. Mit der DAS wird ein politischer Rahmen für die Anpassung an den Klimawandel vorgegeben, der eine sektorenübergreifende Vor-gehensweise des Bundes ermöglicht.
Die Anpassung an den Klimawandel ist in Deutschland eine Daueraufgabe, die sich an einem politisch verein-barten institutionellen und methodischen Rahmen orientiert. Wissenschaftliche Forschungsprogramme, Betei-ligungs- und Konsultationsprozesse sind eingerichtet, ein kontinuierliches Berichtssystem wurde etabliert. Anpassung an den Klimawandel ist am Vorsorgeprinzip ausgerichtet: Schäden für Mensch und Umwelt sollen vermieden oder verringert werden, und die Fähigkeiten für staatliche und nicht-staatliche Akteure im Umgang mit den Folgen des Klimawandels sollen gestärkt werden. Am Beispiel der Corona-Pandemie, die wir global seit Frühjahr 2020 erleben, zeigen sich die Effekte ambitionierter vorsorgeorientierter Politik. Die Notwendig-keit und Dringlichkeit hierzu ist auch für die Anpassung an den Klimawandel gegeben. • Corona-Pandemie und Klimawandel zeigen immer deutlicher, wie vernetzt und verletzlich alle Lebens- und
Wirtschaftsbereiche in Deutschland sind. • Es ist daher künftig immer bedeutsamer, die Resilienz gegenüber Klimawirkungen und anderen Krisen zu
stärken und zwar in der langfristigen Vorsorge wie auch der akuten Krisenbewältigung. Diese verstärkte Resilienz wird auch dazu beitragen, weitere wichtige gesellschaftliche Ziele wie globale und nationale Nachhaltigkeitsziele, Treibhausgasneutralität und einen Stopp des Biodiversitätsverlusts durch verstärkten Natur- und Umweltschutz zu erreichen. Deshalb gilt es, nach Möglichkeit auf naturbasierte Lösungen zu setzen, da sie vor allem aus Vorsorgesicht große Vorteile bieten und zugleich robuste Daseinsgrundfunkti-onen für Gesundheit, Ver- und Entsorgung zu sichern, um die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems auch dann aufrechtzuerhalten, wenn einzelne Teile vorübergehend ausfallen.
A.1. Ziele und Grundsätze der DAS
Langfristiges Ziel der DAS ist, die Verwundbarkeit natürlicher, sozialer und wirtschaftlicher Systeme gegen-über Klimafolgen zu mindern und gleichzeitig die Anpassungsfähigkeit dieser Systeme sowie die Ausnutzung möglicher Chancen zu erhöhen. Für die Ableitung von Handlungsoptionen werden 15 Handlungsfelder betrach-tet (in alphabetischer Reihenfolge): Bauwesen, Biologische Vielfalt, Boden, Energiewirtschaft, Finanz- und Versicherungswirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft, Industrie und Gewerbe, Landwirtschaft, menschliche Ge-sundheit, Tourismus, Verkehr und Verkehrsinfrastruktur, Wasser, Hochwasser- und Küstenschutz sowie die Querschnitt-Handlungsfelder Bevölkerungs- und Katastrophenschutz und Raum-, Regional- und Bauleitpla-nung. Die Begleitung und Abstimmung der Arbeiten erfolgt innerhalb der Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) über die Interministerielle Ar-beitsgruppe Anpassung an den Klimawandel (IMAA). In der IMAA arbeiten grundsätzlich alle Bundesministe-rien zusammen, stimmen sich regelmäßig über ihre Aktivitäten ab und setzen sich kontinuierlich neue Ziele, um die Voraussetzung für die Klimaanpassung in Deutschland zu schaffen. Die Strukturen für die Zusammen-arbeit haben sich bewährt. Darüber hinaus richtete die Umweltministerkonferenz (UMK) einen Ständigen Aus-schuss zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (StA AFK) ein, der Teil der Bund-Länder-Arbeitsge-
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meinschaft Klima, Energie, Mobilität und Nachhaltigkeit (BLAG KliNa) ist. Dieser Ausschuss dient der Zu-sammenarbeit mit den Ländern. Über den StA AFK1 finden die spezifischen Strategien und Maßnahmen der Landesverwaltungen Berücksichtigung bei den Arbeiten zur DAS. Als Leitlinie für die Weiterentwicklung des Anpassungsprozesses und das Handeln der Bundesregierung wur-den folgende Grundsätze der DAS erarbeitet: • Offenheit und Kooperation;
• Wissensbasierung, Vorsorgeorientierung und Nachhaltigkeit;
• Subsidiarität, Eigenvorsorge, Anpassungskapazität und Verhältnismäßigkeit;
• Integraler Ansatz und Berücksichtigung von Klimafolgen in Planungen und Entscheidungen;
• Handeln unter Unsicherheiten;
• Internationale Verantwortung. Zentrale Produkte und Fortschreibungen der DAS werden per Kabinettsbeschluss der Bundesregierung verab-schiedet und als IMAA Berichte veröffentlicht (z. B. Fortschrittsberichte).
A.2. Berichtszyklus der DAS
Basierend auf den in der IMAA abgestimmten Methodiken wurde ein Berichtswesen für den Planungsprozess zur Anpassung an den Klimawandel in Deutschland etabliert. Der Prozess lässt sich in vier Phasen unterteilen, die sich am Politikzyklus2 der Anpassung orientieren: 1. Betroffenheit: Klimawandel verstehen und beschreiben: Der Monitoringbericht3 schafft einen Überblick
über die beobachteten Folgen des Klimawandels und bereits eingeleitete Anpassungsmaßnahmen in Deutschland. Damit wird in kompakter Form anhand von gemessenen Daten dargestellt, welche Verände-rungen durch den Klimawandel bereits feststellbar sind.
2. Klimafolgen ermitteln und Vulnerabilitäten beschreiben: Mit der Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsana-lyse (KWVA)4 wird identifiziert in welchen Handlungsfeldern, bei welchen Klimawirkungen und in wel-chen Regionen besondere Betroffenheit und Handlungserfordernisse bestehen. Es werden die Gegenwart, die nahe Zukunft (2031 bis 2060) und die ferne Zukunft (2071-2100) betrachtet. Die KWVA wurde 2015 erstmals erarbeitet.
3. Maßnahmen entwickeln und umsetzen: Die Aktionspläne Anpassung (APAs) stellen die laufenden und künftigen Maßnahmen des Bundes zur Anpassung an den Klimawandel dar. Unter anderem basieren sie auf der wissenschaftlichen Grundlage der KWVA. Die APAs unterlegen die DAS mit spezifischen Akti-vitäten des Bundes und zeigen Verknüpfungen mit anderen nationalen Strategieprozessen auf. Die in den APAs dargestellten Maßnahmen liegen in der Verantwortung der jeweils zuständigen Ressorts.
4. Auswertung: Anpassung beobachten, bewerten und weiterentwickeln: Der Strategieprozess und die Um-setzung der DAS soll regelmäßig evaluiert werden, die erste externe Evaluierung erfolgte 2018. Die Eva-luierung der DAS erfolgt entlang einer von der IMAA beschlossenen Methodik5. Die Ergebnisse der Eva-luation wurden im November 2019 als wissenschaftlicher Bericht veröffentlicht6. Die Reflektion der Er-gebnisse in den Ressorts bilden sich in diesem Fortschrittsbericht ab. Mit den Fortschrittsberichten werden
1 Weiterführende Informationen zur genauen Zusammensetzung von IMAA und StA AFK siehe Bundesregierung (2015). 2 Weiterführende Informationen zum Modell des Politikzyklus der Anpassung siehe: Vetter A., Chrischilles E., Eisenack K., Kind C.,
Mahrenholz P., Pechan A. (2017): Anpassung an den Klimawandel als neues Politikfeld. In: Brasseur G., Jacob D., Schuck-Zöller S. (eds) Klimawandel in Deutschland. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg
3 Weiterführende Informationen zum Monitoringbericht und der Methode siehe: Konstanze Schönthaler, Stefan von Andrian-Werburg: „Evaluierung der DAS – Berichterstattung und Schließung von Indikatorenlücken.“ UBA Climate Change 13/2015.
4 Weiterführende Informationen zur Methodik finden sich im Leitfaden für Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsanalysen (UBA 2017). Der Leitfaden gibt methodische Empfehlungen, um regionale und nationale Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsanalysen durchzu-führen und verweist auf hilfreiche Materialien und Informationen.
5 Weiterführende Informationen zur Methodik der Evaluierung siehe: Christian Kind, Theresa Kaiser, Hansjörg Gaus: „Methodik für die Evaluation der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel“, https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/metho-dik-fuer-die-evaluation-der-deutschen
6 https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/politikanalyse-zur-evaluation-der-deutschen
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konkrete Schritte zur Weiterentwicklung und Umsetzung der DAS vorgelegt. Der vorliegende Bericht schreibt den Handlungsrahmen zur Anpassung an den Klimawandel in Deutschland fort.
Derzeit wird der Monitoringbericht alle 4 Jahre und die Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsanalyse alle 6 Jahre aktualisiert. Die Evaluation wird ebenfalls alle 4 Jahre durchgeführt. Die DAS wurde 2015 und 2020 im Rahmen von Fortschrittsberichten fortgeschrieben und von der Bundesregierung beschlossen. Zusammen mit den Fort-schrittsberichten werden die Maßnahmen der Aktionspläne derzeit alle 4 Jahre aktualisiert (siehe zum künftigen Ineinandergreifen der einzelnen Elemente Kapitel C).
Abbildung 1
Quelle: Umweltbundesamt, eigener Entwurf
A.3. Bisherige Entwicklung von DAS, APA und FS-Bericht
Die Deutsche Anpassungsstrategie wurde im Jahr 2008 von der Bundesregierung beschlossen. Zur Konkreti-sierung der Ziele der DAS folgte der vom Bundeskabinett 2011 beschlossene erste Aktionsplan Anpassung (APA I)7. Der APA I unterlegt die DAS mit spezifischen Aktivitäten des Bundes und zeigt Verknüpfungen mit anderen nationalen Strategieprozessen auf. Im Dezember 2015 wurde der erste Fortschrittsbericht8 zur DAS und ein Aktionsplan II von der Bundesregierung verabschiedet.
7 Bundesregierung (2011). 8 Bundesregierung (2015).
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Abbildung 2
Zeitliche Entwicklung DAS, APA und FS-Bericht
Quelle: Umweltbundesamt, eigener Entwurf
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A.4. Einbindung in EU und internationale Ebene
Der Politikprozess zur Klimaanpassung in Deutschland steht im Kontext europäischer und internationaler Stra-tegieprozesse zur Klimaanpassung. Deutschland trägt aktiv zu den Arbeiten auf internationaler und europäischer Ebene bei und ist in verschiedenen Gremien vertreten. Das Thema Anpassung an den Klimawandel wird auf europäischer Ebene prominent aufgegriffen. Im Green Deal kündigt die EU-Kommission an, sie werde „eine neue, ambitioniertere EU Strategie zur Klimaanpassung annehmen“. Im Frühjahr und Sommer 2020 hat eine öffentliche Konsultationsphase zum sog. „Blueprint“ für die neue EU-Anpassungsstrategie stattgefunden. Die Veröffentlichung der Mitteilung der EU-Kommission ist derzeit für 2021 vorgesehen. Auch das EU-Klimagesetz adressiert nicht nur das Thema Klimaschutz, sondern greift auch die Klimaanpas-sung auf. Im ersten Entwurf ist vorgesehen, dass die relevanten EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten kon-tinuierlichen Fortschritt bei der Anpassungsfähigkeit, der Stärkung der Widerstandsfähigkeit und der Verringe-rung der Anfälligkeit gegenüber dem Klimawandel sicherstellen. Zu diesem Zweck sollen die Mitgliedstaaten nationale Anpassungsstrategien und -pläne entwickeln und umsetzen. Berichte über die Fortschritte der EU insgesamt sowie über nationale Fortschritte sollen regelmäßig vorgelegt und von der EU-Kommission bewertet werden. Bereits im Februar 2020 hat EU-Kommission den überarbeiteten Entwurf einer Durchführungsverordnung zur Klimaanpassungsberichterstattung vorgelegt („Implementing Act – Reporting on national adaptation action“) und hierzu die öffentliche Konsultation eröffnet. Mit dem Entwurf werden die Regelungen zur Berichterstattung im Rahmen der Governance Verordnung (Anhang VIII Teil 1 S. 69) und der Klimarahmenkonvention der Ver-einten Nationen (englisch: UNFCC) ausgefüllt. Wesentlicher Gegenstand der Berichterstattung sollen nach diesen Vorgaben Hauptzwecke und -ziele sowie der institutionelle Rahmen für Anpassungsmaßnahmen, Pro-jektionen zum Klimawandel, Anpassungskapazitäten, Anpassungspläne und –strategien, Überwachungs- und Bewertungsrahmen sowie Fortschritte bei der Umsetzung sein. Im Anschluss an die Konsultation wird das Cli-mate Change Committee über den Entwurf der Durchführungsverordnung beschließen. Die Länder wurden über den AFK über das laufende Konsultationsverfahren informiert. Im UN-Klimaübereinkommen von Paris werden Klimaanpassung und Klimaschutz als gleichwertige Säulender internationalen Klimapolitik betrachtet. Durch das globale Anpassungsziel soll das Pariser Übereinkommen die Verbesserung der Anpassungsfähigkeit, die Stärkung der Widerstandsfähigkeit und die Verringerung der Anfälligkeit gegenüber Klimaänderungen vorantreiben. In Kapitel D des Fortschrittsberichtes wird näher auf die internationale Verantwortung Deutschlands im Rahmen der internationalen Klimapolitik eingegangen. Daneben sind weitere multilaterale Rahmenvereinbarungen der Vereinten Nationen für das Thema Anpassung an den Klimawandel relevant. Im Jahr 2015 wurden der Sendai Framework for Disaster Risk Reduction (SFDRR) und die Sustainable Development Goals (SDGs) verabschiedet. Beide Vereinbarungen unterstreichen die Bedeutung der Klimaanpassung. Darüber hinaus hat Anpassung an den Klimawandel auch im Rahmen an-derer internationaler Organisationen und multilateraler Übereinkommen wie z. B. der Organisation für wirt-schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development, OECD) und im Rahmen der G7- und G20-Treffen eine erhöhte Bedeutung gewonnen.
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B. Aktuelle Erkenntnisse und Ergebnisse
B.1. Monitoring: Klimaänderungen, Klimafolgen und Anpassungsreaktionen
Mit dem Monitoringsystem zur nationalen Anpassungsstrategie werden die Wirkungen des Klimawandels und Anpassungen für alle Handlungsfelder der DAS kontinuierlich beobachtet. Im November 2019 wurde der zweite Monitoringbericht zur DAS von der Interministeriellen Arbeitsgruppe Anpassungsstrategie veröffent-licht9. Grundlage des Berichts sind die DAS-Monitoring Indikatoren, die auf gemessenen Datenreihen beru-hen10. Im Monitoringbericht 2019 zur DAS konnten die Daten aus den z. B. hinsichtlich Hitze und Trockenheit extremen Jahren 2018 und 2019 noch nicht systematisch berücksichtigt werden, da die Aufbereitung statistisch gesicherter, bundesweiter Daten eine zeitliche Verzögerung bedingt. Ziel des fortlaufenden Monitorings im Rahmen der Deutschen Anpassungsstrategie ist weniger eine Darstellung der jeweils aktuellsten Entwicklung, sondern die systematische Beobachtung von Klimawirkungen und Anpassung aufgrund statistisch fundierter Zeitreihen. Wo schon möglich wird in den Berichtstexten jedoch eine erste Einschätzung auf die Entwicklungen in 2018/19 gegeben.
Neue und weiterentwickelte Indikatoren
Im DAS-Monitoringbericht 2019 sind weiterentwickelte DAS Indikatoren für die Handlungsfelder Menschliche Gesundheit, Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft, Bauwesen sowie Verkehr und Verkehrsinfrastruktur enthal-ten. Mit diesen weiterentwickelten Indikatoren wurde im zurückliegenden Berichtszeitraum das DAS Monitoring stärker auf die handlungsleitenden Schwerpunkte der Vulnerabilitätsanalyse 2015 ausgerichtet. Beispielsweise werden nun auch Starkregenereignisse in Siedlungsbereichen und im Straßenverkehr sowie die Beeinträchtigung von Straßen durch außergewöhnliche Wetter- und Witterungsereignisse dargestellt. Ein neuer DAS-Monitoring Indikator zu hitzebedingten Todesfällen ermöglicht erstmals bundesweite Aussagen. Die Daten beruhten im DAS Monitoringbericht 2015 lediglich auf einer regionalen Fallstudie. Die Weiterentwicklung der DAS-Monitoring Indikatoren für das Handlungsfeld Wasserhaushalt und Wasser-wirtschaft erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA). Ex-perten und Expertinnen aus Bund und Ländern arbeiten gemeinsam in einer Arbeitsgruppe des LAWA Ausschus-ses Klimawandel (LAWA AK) an den fachlichen Grundlagen der DAS-Monitoring Indikatoren. Als Ergebnis dieser Arbeit werden die DAS-Monitoring Indikatoren für Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft jetzt zum Teil mit flächendeckenden Daten unterlegt, die von Behörden der Bundesländer bereitgestellt wurden. Ziel ist es, ein konsistentes und zwischen Bund und Ländern abgestimmtes Indikatorensystem für die Wasserwirtschaft zu ent-wickeln. Dieses System soll sowohl für die Klimafolgenberichterstattung des Bundes im Monitoring zur DAS als auch für die spezifischen Berichtssysteme der Länder genutzt werden. Insgesamt umfasst das DAS-Monitoringsystem nach der Weiterentwicklung 105 Indikatoren. 56 Indikatoren beschreiben Auswirkungen des Klimawandels (Impact-Indikatoren), 44 Indikatoren Aktivitäten und Bedingun-gen, die den Anpassungsprozess unterstützen (Response-Indikatoren). Hinzu kommen fünf handlungsfeldüber-greifende Indikatoren, die die übergreifenden Aktivitäten der Bundesregierung darstellen, mit denen der An-passungsprozess an den Klimawandel unterstützt wird.
Aktuelle Erkenntnisse zu Klimaänderungen und Klimafolgen
Der Berichtszeitraum 2014-2017 war als Reihung sehr warmer Jahre geprägt von langen Trockenperioden und Extremereignissen wie Stürmen und heftigen Starkregenereignissen. Letztere führten beispielsweise in den Frühjahren und Sommern 2016 und 2017 zu Überschwemmungen. Die Indikatoren legen sowohl kontinuierli-che Veränderungen als auch die Häufung von klimatischen Extremereignissen offen11. Im Folgenden werden
9 https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/monitoringbericht-2019 In der Vorbereitung der Fortschreibung werden die fachli-chen Grundlagen des DAS-Monitoring überprüft, neue Erkenntnisse eingearbeitet und das DAS-Monitoringsystem kontinuierlich fortentwickelt. Um den aktuellen Wissensstand zu berücksichtigen und die richtigen thematischen Schwerpunkte zu setzen, sind Ex-perten und Expertinnen aus Bundes- und Landesbehörden, Verbänden und wissenschaftlichen Institutionen eingebunden.
10 Die DAS-Monitoring Indikatoren fassen Entwicklungen auf Bundesebene zusammen. Für die Auswahl wurden Ursache-Wirkungs-Beziehungen bzw. ihr Beitrag zum Anpassungsprozess mit Experten und Expertinnen diskutiert und abgewogen. Es werden Themen dargestellt, für die wissenschaftliche Erkenntnisse darauf hindeuten, dass mit Veränderungen, angezeigt durch die ausgewählten In-dikatoren, im Zuge des Klimawandels zu rechnen ist bzw. dass die dargestellten Maßnahmen den Anpassungsprozess stärken.
11 Die Darstellungen aller Ergebnisse in diesem Kapitel beruhen auf dem DAS Monitoringbericht 2019. Die Kurzbezeichnung der In-dikatoren im DAS Monitoringbericht folgt einer einheitlichen Systematik. Die ersten Buchstaben weisen auf das Handlungsfeld hin, dem der Indikator zugeordnet ist. Die nach einem Bindestrich folgenden Kürzel I = Impact bezeichnen Wirkungs-Indikatoren,
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beispielhaft Indikatoren diskutiert, die im vergangenen Berichtszeitraum besonders aussagekräftige Erkennt-nisse zu den 2015 in der Vulnerabilitätsanalyse identifizierten Handlungsschwerpunkten zeigen.
Ansteigende Hitzebelastung
Die Sommer in den Jahren 2003, 2018 und 2019 waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Das Jahresmittel der Lufttemperatur ist im Flächenmittel von Deutschland von 1881 bis 2018 statistisch gesi-chert um 1,5 °C angestiegen (linearer Trend) und übertrifft damit den Wert von 2013 um 0,3 °C. In den zurück-liegenden vierzig Jahren zeichnet sich ein Trend zunehmender Hitze-Extrema ab. Insbesondere die Anzahl der „heißen Tage“, an denen die höchste gemessene Temperatur 30 °C oder mehr beträgt, hat signifikant zugenom-men12. Dies bekräftigt ein zentrales Ergebnis der Vulnerabilitätsanalyse 2015, die den Anstieg der Hitzebelas-tung als deutlichstes und stärkstes Klimasignal identifiziert hat. Hitzeperioden sind mit gesundheitlichen Belas-tungen verbunden. Auf der Grundlage bundesweiter Daten zeigt sich, dass im Sommer 2003 in Deutschland etwa 7.500 Menschen mehr gestorben sind, als ohne Hitzewelle zu erwarten gewesen wäre. Für die Jahre 2006 und 2015 ergeben sich jeweils etwa 6.000 zusätzliche Todesfälle13. Neben gesundheitspräventiven Maßnahmen sind planerische und bautechnische Anpassungen notwendig, um die Wärmebelastung vor allem in Städten zu mindern14. Das Be-wusstsein in der Bevölkerung für gesundheitliche Folgen von Hitzeperioden steigt. Zwischen 2012 und 2016 stieg der Anteil der Befragten einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage, die sich in der Zukunft stark oder sehr stark von Hitzewellen in ihrem körperlichen Wohlbefinden oder in ihrer Gesundheit beeinträchtigt sehen, von einem knappen Drittel auf die Hälfte der Befragten15. Auch der Anteil der Befragten, der erwartet, dass sich eine künftig zunehmende Hitzebelastung stark oder sehr stark auf ihre Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz aus-wirken wird, ist deutlich gestiegen (von ca. 25 Prozent der Befragten in 2012 auf 45 Prozent in 2016)16. Diese gesteigerte Risikowahrnehmung schlägt sich erkennbar in Maßnahmen zur Anpassung an gestiegene Hit-zebelastung nieder. So hat im zurückliegenden Berichtszeitraum die Nutzung von Warn- und Informations-diensten deutlich zugenommen, wie der Indikator zur Nutzung des Hitzewarndienstes des DWD zeigt17.
Beeinträchtigung der Wassernutzungen durch zunehmende Erwärmung und vermehrte Sommertro-ckenheit
Die Daten bundesweit ausgewählter Grundwasserstände zeigen im Vergleich zum langjährigen Mittel, dass Monate mit unterdurchschnittlich niedrigen Grundwasserständen signifikant häufiger werden18. Vor allem über mehrere Jahre hintereinander auftretende Niederschlagsdefizite führten zu sinkenden Grundwasserständen oder verringerten Quellschüttungen. Auffällig niedrige Grundwasserstände und geringe Quellschüttungen gab es vor allem zwischen 2013 und 201719. Aufgrund der ausgeprägten Trockenperiode zeigen die Daten für das Jahr 2018 eine ähnliche, sogar noch extremere Situation auf. Die Zeitreihe seit den 1960er Jahren zeigt für die mitt-lere Abflusshöhe an 80 über die Flussgebiete Deutschlands verteilten Pegeln deutliche Schwankungen zwischen den Jahren. Im Sommerhalbjahr geht die mittlere Abflusshöhe signifikant zurück. Dies deutet auf eine Abnahme der sommerlichen Wasserverfügbarkeit hin20. Die bereits 2015 berichteten problematischen Entwicklungen bei
R = Response betiteln Indikatoren, die Anpassungen abbilden. Die darauf folgende Zahl steht für die Nummerierung des Indikators im jeweiligen Handlungsfeld. Im Folgenden werden in den Referenzen Titel und Kurzbezeichnung der DAS-Monitoring Indikatoren aufgeführt.
12 Hitzebelastung (GE-I-1) 13 Hitzebedingte Todesfälle (GE-I-2) 14 Wärmebelastung in Städten (BAU-I-1), Sommerlicher Wärmeinseleffekt (BAU-I-2), Erholungsflächen (BAU-R-1), Spezifischer
Energieverbrauch der privaten Haushalte für Raumwärme (BAU-R-2), Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für besondere Klimafunktio-nen (RO-R-4)
15 Bewusstsein der Bevölkerung für gesundheitliche Folgen von Hitzewellen (GE-I-1). In DAS-Monitoring Indikatoren fließen weitere Ergebnisse der repräsentativen Umweltbewusstseinsstudien ein, die von UBA und BMU regelmäßig durchgeführt werden.
16 Hitzebedingte Minderung der Leistungsfähigkeit (IG-I-1) 17 Nutzung von Warn- und Informationsdiensten (HUE-2), Hitzewarndienst (GE-R-1), Informationen zu Pollen (GE-R-3), Informatio-
nen zum Verhalten im Katastrophenfall (BS-R-1) 18 Grundwasserstand (WW-I-1). Bei der Auswahl der Grundwassermessstellen und Pegel an Fließgewässern wurde darauf geachtet,
dass die Messstellen anthropogen möglichst unbeeinflusst sind. Dies ist wichtig, da es oft schwieriger ist es, klimatische Wirkungen gegen solche aus Nutzungs- oder Bewirtschaftungsveränderungen abzugrenzen. Dies trifft insbesondere zu, je stärker Systeme vom Menschen beeinflusst sind.
19 Aufgrund der ausgeprägten Trockenperiode lassen die Daten für das Jahr 2018 eine ähnliche, voraussichtlich sogar noch extremere Situation erwarten.
20 Mittlerer Abfluss (WW-I-2)
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der Bodenwasserversorgung21 setzen sich fort. Angepasste landwirtschaftliche Bewirtschaftungsweisen sind notwendig, mit denen der Humusvorrat im Boden und die Bodenwasserversorgung gefördert werden können, um auf Dürreperioden besser vorbereitet zu sein.
Schäden durch Starkregen und Sturzfluten in urbanen Räumen
Im DAS Monitoringbericht 2019 werden erstmals auch Starkregenereignisse in Siedlungsbereichen erfasst und abgebildet22. Damit wird das DAS Monitoring präziser auf die Ergebnisse der Vulnerabilitätsanalyse ausgerich-tet, die 2015 Starkregen und Sturzfluten in urbanen Räumen als handlungsleitenden Schwerpunkt identifizierte. Eine Vorsorge gegenüber Schäden durch Starkregen und Sturzfluten wird im DAS Monitoring über die Versi-cherungsdichte der erweiterten Elementarschadenversicherung erfasst. Die Daten zeigen, dass die Versiche-rungsdichte in den letzten Jahren zwar signifikant gestiegen ist, allerdings im bundesweiten Überblick mit 43 Prozent bei der Gebäudeversicherung und 24 Prozent bei der Hausratsversicherung noch immer gering aus-fällt.
Hochwasser und Flussüberschwemmungen
Die Entwicklung der Hochwassertage zeigt für die bisherige Zeitreihe weder für das Sommer- noch für das Winterhalbjahr einen signifikanten Trend23. Die Entstehung des Hochwassers hängt stets mit besonderen Wit-terungskonstellationen zusammen, die aber bisher nicht systematisch und regelmäßig wiederkehrend auftreten. Ein Beispiel hierfür sind sogenannte Vb Wetterlagen, die z. B. zum Elbehochwasser 2002 und anderen Hoch-wasserereignissen geführt haben. Auch zur Verteilung der Hochwassertage auf das hydrologische Winter- und Sommerhalbjahr lässt sich bisher kein Trend feststellen. Neben dem Klimawandel beeinflussen allerdings auch zahlreiche andere Entwicklungen das Hochwassergeschehen.
Meeresspiegelanstieg und Sturmflutgefahr
Die im DAS Monitoring 2019 erfassten Pegel der Nord- und Ostsee zeigen einen überwiegend signifikanten Anstieg für den Meeresspiegel24. Die Erhöhung des Wasserstandes durch Sturmfluten ist weitgehend auf den Meeresspiegelanstieg zurückzuführen25. Dies bedeutet für Küstenregionen, vor allem für Ästuare und tieflie-gende Küstenebenen, eine langsam zunehmende Gefährdung.
Veränderung der Artenzusammensetzung und natürlicher Entwicklungsphasen durch einen graduellen Temperaturanstieg
Steigende Temperaturen haben auch Einfluss auf natürliche Systeme. So hat sich seit dem ersten DAS-Monito-ringbericht 2015 die Dauer der Vegetationsperiode weiter verlängert26. Im Vergleich setzen beispielsweise cha-rakteristische Entwicklungsstadien von Wildpflanzen (z. B. Blattentfaltung, Blüten- oder Fruchtbildung, Laub-fall) für Frühling, Sommer und Frühherbst früher ein und solche für den Vollherbst, Spätherbst und Winter beginnen später. Die veränderten jahreszeitlichen Witterungsverläufe können sich in der Landwirtschaft sowohl positiv als auch negativ auswirken. Beispielsweise ist mit einer früher eintretenden Apfelblüte ein höheres Ri-siko von Spätfrostschäden verbunden, die zu Ernteausfällen führen können27. Auch in derzeit direkt vom Menschen wenig beeinflussten Ökosystemen zeigt die Häufung von warmen und trockenen Jahren eine deutliche Wirkung. So hat der Anteil der Buche gegenüber besser trockenheitsangepass-ten Arten in warm-trockenen Naturwaldreservaten abgenommen28. Der aktuelle Zustand des Waldes und seine
21 Bodenwasservorrat in landwirtschaftlich genutzten Flächen (BO-I-1) 22 BAU-I-4. Aufgrund der erstmaligen Aufnahme des Indikators sind bisher keine Trendaussagen möglich. 23 WW-I-3 24 WW-I-8 25 WW-I-9 26 In der Referenzperiode 1951-1980 waren es 222 Tage, 2015 berichtete der DAS-Monitoringbericht über eine Verlängerung auf 230
Tage (1983-2012). Im aktuell betrachteten Zeitraum von 30 Jahren (1988-2017) sind es 232 Tage. Weitere Informationen siehe Indi-kator: „Phänologische Veränderungen bei Wildpflanzenarten (BD-I-1)“
27 Verschiebung agrarphänologischer Phasen (LW-I-1) 28 Baumartenzusammensetzung in Naturwaldreservaten (FW-I-1)
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/23671
Veränderung seit der letzten Bundeswaldinventur im Jahre 2012 werden erst nach der nächsten Bundeswaldin-ventur 2022 im dritten Monitoringbericht berücksichtigt werden können. Wirkungen der zunehmenden Erwär-mung zeigen sich auch in signifikant angestiegenen Wassertemperaturen von Seen29 und der Nordsee30. Auch wenn die Jahresmitteltemperaturen kontinuierlich ansteigen, bleiben Witterungseinflüsse von langen, kal-ten Wintern auf Ökosysteme wirksam. Das illustriert die Entwicklung der Vogelartengemeinschaften31. Seit 1990 hat sich die Häufigkeit der Vogelarten zu Gunsten von wärmeliebenden Arten verschoben. In den Jahren 2009/10 bis 2012/13 gab es eine Reihe strenger Winter mit negativen Auswirkungen auf die Bestände vieler Brutvögel. Sie wirkten sich besonders auf Arten aus, die aus dem Süden eingewandert sind. Auswirkungen des Klimawandels finden im Zeitraum zwischen 2000 und 2017 zunehmend Eingang in die Landschaftsplanung und in anderen Fachplanungen, wie z. B. bei der Ausweisung von Flächen für den vorbeu-genden Hochwasserschutz32.
29 Wassertemperatur stehender Gewässer (Fallstudie) (WW-I-5) 30 Wassertemperatur des Meeres (WW-I-7) 31 Temperaturindex der Vogelartengemeinschaft (BD-I-2) 32 Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den (vorbeugenden) Hochwasserschutz (RO-R-3)
Drucksache 19/23671 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
B.2. Vulnerabilitätsbewertung
Wesentliche Grundlage für die Ableitung von Handlungserfordernissen zur Anpassung an den Klimawandel und den Aktionsplan Anpassung III (APA III) ist die Vulnerabilitätsanalyse des Bundes. Die letzte Vulnerabi-litätsanalyse wurde 2015 veröffentlicht. Sie wird alle 6 Jahre aktualisiert und ist jeweils für zwei Berichtszyklen der DAS gültig (siehe auch Kapitel A.2). Die nächste Vulnerabilitätsanalyse wird 2021 veröffentlicht33. Die zentralen Erkenntnisse aus der Vulnerabilitätsanalyse 2015, die bereits im Rahmen des letztens Fortschrittsbe-richts 2015 ausführlich dargestellt wurden, sind weiterhin handlungsleitend. Aus diesem Grund werden sie im Anschluss dargestellt (siehe Abschnitt „Vulnerabilitätsanalyse 2015“, zur Verdeutlichung kursiv gesetzt). Dar-über hinaus werden ausgewählte aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zu Klimaänderungen, Klimawirkun-gen und Vulnerabilität Deutschlands gegenüber den Folgen des Klimawandels dargestellt. Im Vordergrund ste-hen dabei das erhöhte Risiko durch den beschleunigten Meeresspiegelanstieg (IPCC Sonderbericht zu Ozean und Kryosphäre 2019), sowie neuere Erkenntnisse zu Schadenspotenzialen und zu den Folgen des weltweiten Klimawandels für die deutsche Wirtschaft, die im zurückliegenden Berichtszeitraum im Rahmen von For-schungsprojekten gewonnen wurden und die Vulnerabilitätsanalyse 2015 ergänzen. Zusätzlich werden die wichtigsten Erkenntnisse aus der Risikoanalyse Bevölkerungsschutz des Bundes zum Thema „Dürre“ ange-führt.
Vulnerabilitätsanalyse 2015
„Die Vulnerabilitätsanalyse von 2015 weist sechs handlungsfeldübergreifende und räumliche Schwerpunkte der Folgen des Klimawandels aus: 1. Schäden durch ansteigende Hitzebelastung in Verdichtungsräumen
• besonders betroffene Handlungsfelder: Menschliche Gesundheit und Bauwesen
• räumlicher Schwerpunkt: Ballungsgebiete in warmen Regionen, die sich in Zukunft noch ausdehnen werden;
2. Beeinträchtigung der Wassernutzungen durch zunehmende Erwärmung und in Zukunft vermehrte Som-mertrockenheit
• besonders betroffene Handlungsfelder: Boden, Landwirtschaft, Wald und Forstwirtschaft und Ener-giewirtschaft
• räumlicher Schwerpunkt: Regionen mit warmem und trockenerem Klima in Ostdeutschland und dem Rhein-Einzugsgebiet;
3. Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen durch Starkregen und Sturzfluten in urbanen Räumen
• besonders betroffene Handlungsfelder: Wasserwirtschaft, Wasserhaushalt, Küsten- und Meeres-schutz, Bauwesen, Verkehr, Verkehrsinfrastruktur und Industrie und Gewerbe
• räumlicher Schwerpunkt: Ballungszentren im nordwestdeutschen Tiefland, Mittelgebirge und süd-westdeutschen Raum;
4. Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen durch Flussüberschwemmungen
• besonders betroffene Handlungsfelder: Wasserwirtschaft, Wasserhaushalt, Bauwesen, Verkehr, Verkehrsinfrastrukturen, Industrie und Gewerbe
33 Die Ergebnisse der aktualisierten Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsanalyse (KWVA) sollen 2021 wissenschaftlich publiziert wer-den und anschließend in die Fortschreibung der DAS einfließen. In einem ersten Schritt zur KWVA 2021 wählte das Behördennetz-werk Anpassung an den Klimawandel 2018 105 Klimawirkungen aus. Zwei Drittel dieser 105 Klimawirkungen wurden bereits bei der Vulnerabilitätsanalyse 2015 untersucht und werden daher kontinuierlich fortgeschrieben. Ein Drittel der Klimawirkungen ist neu. Die Klimawirkungen lassen sich größtenteils den sechs Schwerpunktthemen der Vulnerabilitätsanalyse 2015 zuordnen. Neue Themen der KWVA 2021 sind u. a. die Auswirkungen von UV-Strahlung und von klimatischen Änderungen außerhalb Europas auf die menschliche Gesundheit, Umwelt und Sachgüter sowie Wirtschaftsbeziehungen.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/23671
• räumlicher Schwerpunkt: Ballungsräume in Flusstälern des Norddeutschen Tieflands, aber auch Einzugsgebiete des Rheins und der Donau;
5. Schäden an Küsten infolge von (in ferner Zukunft verstärktem) Meeresspiegelanstieg und damit verbunde-nem erhöhten Seegang sowie steigender Sturmflutgefahr
• besonders betroffene Handlungsfelder: Küsten- und Meeresschutz, Bauwesen, Verkehr, Verkehrs-infrastruktur sowie Industrie und Gewerbe
• räumlicher Schwerpunkt: Küste;
6. Veränderung der Artenzusammensetzung und der natürlichen Entwicklungsphasen durch einen graduellen Temperaturanstieg
• besonders betroffene Handlungsfelder: Menschliche Gesundheit, Boden, Biologische Vielfalt, Landwirtschaft, Wald- und Forstwirtschaft, Fischerei
• räumliche Schwerpunkte: Meere und ländliche Räume;
Die Vulnerabilitätsanalyse 2015 zeigt auf, dass der Anstieg der Hitzebelastung das deutlichste und stärkste Klimasignal mit erheblichen Auswirkungen auf Gesundheit und Infrastrukturen, insbesondere in Ballungsräu-men ist. Parallel sind die Wasser-, Land- und Forstwirtschaft besonders von ansteigender Erwärmung und in Zukunft von Trockenheit bedroht. Die gegenüber dem Klimawandel vulnerabelsten Regionen Deutschlands sind Kreise mit strukturellen Defiziten, die in Regionen mit warmem Klima liegen und damit am stärksten von Hitze und Trockenheit betroffen sind. Weitere vulnerable Regionen sind aufgrund des erwarteten Anstiegs der som-merlichen Starkregen und der Winterniederschläge strukturschwache Ballungsräume mit hohem Anteil an überschwemmungsgefährdeten Gebieten. Diese können nicht nur von Flusshochwasser sondern auch von durchStarkregen ausgelösten Überschwemmungen oder Sturzfluten betroffen werden. Langfristig werden besonders Küstenregionen sowie Arten und Lebensräume von dem graduellen Temperaturanstieg bedroht werden, die an einzigartige und empfindliche Regionen gebunden sind, wie das Wattenmeer und das Hochgebirge. Handlungsfelder mit vielen ähnlichen Klimawirkungen wurden in der Vulnerabilitätsanalyse zu sechs Clustern zusammengefasst, deren Klimawirkungen häufig auch räumlich zusammenfallen. Der APA III orientiert sich weiterhin an den Klimawirkungen der jeweiligen Cluster. Entsprechend sind die Maßnahmen und Instrumente danach gegliedert. Das Cluster „Wasser“ umfasst die drei Handlungsfelder, die die Bewirtschaftung des Wassers und der aquati-schen Ökosysteme zum Inhalt sowie insgesamt eine große Bedeutung für viele andere Handlungsfelder der DAS haben: „Wasserhaushalt, Wasserwirtschaft“, „Küsten- und Meeresschutz“ und „Fischerei“. „Wasserwirt-schaft, Wasserhaushalt“ ist das Handlungsfeld mit den meisten Wechselwirkungsbeziehungen zu anderen Handlungsfeldern. Dabei überwiegen die von diesem Handlungsfeld ausgehenden Wirkungen, sodass Verän-derungen des Wasserhaushaltes häufig kaskadische Auswirkungen auf andere Handlungsfelder haben. Das Cluster „Land“ bilden die stark miteinander verknüpften Handlungsfelder: „Boden“, „Landwirtschaft“, „Wald- und Forstwirtschaft“ und „Biologische Vielfalt“. Die Handlungsfelder „Boden“ und „Biologische Vielfalt“ haben auch über das Cluster hinaus zahlreiche Beziehungen zu anderen Handlungsfeldern: Boden, weil er ein wichtiger Standort- und Produktionsfaktor ist, und die Biologische Vielfalt, weil sie von vielen Nut-zungen der Ökosysteme, wie der Land- und Forstwirtschaft, der Fischerei oder dem Tourismus, beeinflusst wird. Das Handlungsfeld „Biologische Vielfalt“ umfasst neben den terrestrischen natürlich auch aquatische Ökosysteme. Die drei Handlungsfelder der DAS, die stärker als andere von langlebigen, gebauten Infrastrukturen abhängen, wurden im Cluster „Infrastrukturen“ zusammengefasst: „Bauwesen“, „Energiewirtschaft“ und „Verkehr, Verkehrsinfrastruktur“. Entsprechend sind diese Handlungsfelder untereinander stark verknüpft. Sie haben zu-dem alle zahlreiche Wechselbeziehungen zum Cluster „Wirtschaft“. Das Cluster „Wirtschaft“ setzt sich aus den Handlungsfeldern der DAS zusammen, die das produzierende Ge-werbe und den Dienstleistungsbereich abdecken und die größtenteils privatwirtschaftlich organisiert sind: „In-dustrie und Gewerbe“, „Tourismuswirtschaft“ und „Finanzwirtschaft“.
Drucksache 19/23671 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Das Cluster „Gesundheit“ besteht aus dem Handlungsfeld „Menschliche Gesundheit“. Dieses Cluster ist zent-ral für die Begründung von Anpassungsmaßnahmen in Deutschland, da Klimawirkungen in anderen Hand-lungsfeldern sehr häufig direkt oder indirekt die menschliche Gesundheit beeinflussen. So können Extremwet-terereignisse durch Schäden an Infrastruktur Unfälle und andere gesundheitliche Beeinträchtigungen verursa-chen. Das Cluster „Raumplanung und Bevölkerungsschutz“ besteht aus den beiden Querschnitt-Handlungsfeldern: „Raumordnung, Regional- und Bauleitplanung“ sowie „Bevölkerungsschutz“. Beide Handlungsfelder sind nur indirekt von den Folgen des Klimawandels betroffen. Daher hat das Netzwerk Vulnerabilität 2015 diese Hand-lungsfelder im Hinblick auf ihre Möglichkeiten betrachtet, Anpassungskapazität zu erhalten oder zu erhöhen. Das Handlungsfeld „Bevölkerungsschutz“ ist für den Schutz der Bevölkerung zuständig und hat als solches viele Schnittstellen (z. B. Infrastrukturen). Das Handlungsfeld „Raumordnung, Regional- und Bauleitplanung“ spielt eine zentrale Rolle für die vorausschauende Anpassung an den Klimawandel der anderen Cluster.“
Erhöhtes Risiko durch beschleunigten Meeresspiegelanstieg
Neuere wissenschaftliche Untersuchungen und insbesondere der Sonderbericht des Weltklimarats zu Ozean und Kryosphäre vom September 201934 zeigen, dass sich der Meeresspiegelanstieg stärker beschleunigt, als noch vor wenigen Jahren angenommen35. Vor allem bei einem weiterhin ungebremsten Anstieg des CO2-Gehalts in der Atmosphäre droht auch aufgrund des verstärkten Abschmelzens der großen Eisschilde, das bereits in den letzten 20 Jahren beobachtet wurde, eine Beschleunigung des globalen Meeresspiegelanstiegs. Für dieses Sze-nario, das sogenannte RCP 8.5-Szenario, beträgt die wahrscheinliche Bandbreite (17. Bis 83. Prozent Perzentil) des mittleren globalen Meeresspiegelanstiegs bis Ende des 21. Jahrhunderts 61 bis 110 cm, in der langfristigen Perspektive ist bis 2300 sogar ein Anstieg um mehrere Meter möglich36. Der regionale relative Meeresspiegel-anstieg in Nord- und Ostsee kann vom globalen Wert abweichen, vor allem bedingt durch nacheiszeitliche ver-tikale Landbewegungen. Beobachtungen über mehrere Jahrzehnte hinweg zeigen vielerorts an Nord- und Ostsee steigende Extremwasserstände. Dieser Trend lässt sich mit dem langfristig steigenden Meeresspiegel erklären37. Der Meeresspiegelanstieg sowie erhöhte Wasserstände bei Sturmfluten und die damit verbundene Intensivie-rung des Wellengangs im Küstenbereich ziehen eine höhere Belastung der Küstenschutzsysteme nach sich38. Somit steigen das Überflutungsrisiko für das Hinterland und die Anforderungen an den Küstenschutz. Eine weitere Folge des Meeresspiegelanstiegs und der möglichen Zunahme der hohen Wasserstände ist die Überlas-tung der Entwässerungseinrichtungen niedrig gelegener Marschgebiete an der deutschen Nordseeküste. Mit steigendem Meeresspiegel wird die Verletzlichkeit der flachen Küstenregionen zunehmen. Das betrifft eine erhöhte dauerhafte Überflutungsgefahr von Landflächen in Meeresspiegelniveau durch Probleme beim Süß-wasserabfluss ins Meer, sowie die Gefährdung wertvoller Naturräume wie beispielsweise das Wattenmeer39. Darüber hinaus können insbesondere Lockermaterialküsten an Nord- und Ostsee durch den Meeresspiegelan-stieg und entsprechend höher auflaufende Sturmfluten gefährdet sein40. Die Auswirkungen des erhöhten Mee-resspiegels beschränken sich dabei nicht ausschließlich auf den Küstenschutz, der in Deutschland den Bundes-ländern obliegt, sondern auch auf andere Bereiche wie beispielsweise die Wasserwirtschaft, die Landwirtschaft, die Fischerei und die biologische Vielfalt. Von Einschränkungen bei Schifffahrt und Häfen können beispiels-weise der Transport und die Logistik in ganz Deutschland betroffen sein. An der deutschen Nordseeküste wird der Meeresspiegel künftig voraussichtlich schneller steigen als das Wat-tenmeer durch zusätzliche Sedimentablagerungen mitwachsen kann41. Das Wattenmeer steht somit voraussicht-lich kurz vor einem irreversiblen Wandel von einem Watt-dominierten zu einem Lagunen-geprägten System mit enormen Auswirkungen auf das Ökosystem42.
34 Vgl. Sonderbericht über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima (Special Report on the Ocean and Cryosp-here in a Changing Climate, SROCC); IPCC 2019.
35 Grinsted et al. 2015, Hansen et al. 2016, IPCC 2019, Klein et al. 2018 36 IPCC 2019, Figure SPM.1 37 Weisse et al. (2014) 38 LAWA (2017); Storch et al. (2018) 39 Hofstede (2014), MELUND (2015) 40 Buth et al. (2015) 41 Wachler et al. (2018) 42 Becherer et al. (2018)
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/23671
Die Küstenräume an der deutschen Nord- und Ostsee werden zum überwiegenden Teil durch Maßnahmen des „harten“ Küstenschutzes wie Deiche oder Sperrwerke gesichert. Daneben bestehen weitere Möglichkeiten zum Schutz von Menschen und Sachwerten beispielsweise durch hochwassersicheres Bauen oder Landgewinnung. Zunehmende Bedeutung gewinnen naturnahe Lösungen wie zum Beispiel Sandvorspülungen oder das Schaffen von Küstenräumen, die periodisch überflutet werden können. Die Wahl angemessener Maßnahmen zur Küsten-sicherung sollte insbesondere bei einem beschleunigten Meeresspiegelanstieg sowohl von den regionalen oder lokalen Schutzgütern abhängen als auch von der langfristigen Nachhaltigkeit. Wegen der hohen Risiken, der zeitlich verzögerten Reaktion und der Unumkehrbarkeit des Anstiegs ist trotz der bestehenden Unsicherheiten eine angemessene Berücksichtigung des zukünftigen Meeresspiegelanstiegs in Planungsprozessen bereits heute unerlässlich. Bund und Länder werden gleichzeitig mit ambitionierten Klima-schutzmaßnahmen gegen die globale Erwärmung vorgehen und sich an unvermeidbare Klimaänderungen und Klimawandelfolgen anpassen. Die Bundesregierung unterstützt dabei die Arbeit der Bundesländer für einen vorsorgenden Küstenschutz. Der beschleunigte Meeresspiegelanstieg ist nicht nur für Küstenräume in Deutschland, sondern weltweit von Bedeutung und betrifft besonders dicht besiedelte Regionen und Städte nahe der Küste. Für kleinere Inselstaaten können existenzielle Risiken entstehen. So hat sich auch der UN-Sicherheitsrat 2020 mit den Folgen des Kli-mawandels befasst – der beschleunigte Meeresspiegelanstieg ist dabei eines der zentralen Risiken.
Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2018 zum Thema „Dürre“
Der Arbeitskreis der Geschäftsbereichsbehörden des Bundes hat 2018 im Auftrag des BMI die Auswirkungen einer mehrjährigen extremen Dürre untersucht (BT-Drucksache 19/9521). Unter Koordination des BBK haben an der ressortübergreifenden Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz neben den Fachbehörden des Bundes die Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e. V. (ATT), die Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) und die Deutsche Vereinigung Was-serwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) mitgewirkt. Die Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz des BMI wird jährlich durchgeführt und dient zum einen der vor-sorglichen Beschäftigung mit Gefahren, bei deren Ereignisbewältigung der Bund auf Grund seiner (grund)ge-setzlichen Verantwortung in besonderer Weise gefordert sein kann. Auf Basis eines Szenarios werden in der Risikoanalyse sowohl die Eintrittswahrscheinlichkeit als auch das Schadensausmaß für die Menschen und ihre Lebensgrundlagen bestimmt. Sie dient zum anderen als Informationsgrundlage für eine Risikobewertung von politischen und administrativen Ebenen. Die Risikoanalyse „Dürre“ behandelt ein Szenario, bei dem das gesamte Bundesgebiet von einer sechs Jahre dauernden Dürre betroffen ist, die im Sommer des letzten Szenariojahres von einer Hitzewelle und im Winter von einer Kältewelle begleitet wird. Behandelt werden mögliche Auswirkungen auf die Energieversorgung, auf die Umwelt und die Bereiche Ernährung, Verkehr sowie Wirtschaft. Ein besonderer Fokus wird in der Risikoanalyse auf die (Trink)Wasserversorgung gelegt. In dem betrachteten Szenario ist beispielsweise damit zu rechnen, dass die leitungsgebundene Trinkwasserversorgung zeitweise nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Niedrige Pegel in Flussgewässern können zur Folge haben, dass die Leistung von mit Flusswasser gekühlten thermischen Kraftwerken aufgrund der Niedrigwasserstände reduziert wird und dass es zu geringen Ausfällen mit Verspätungen in der Frachtgutzustellung bis hin zu zeitweisen Totalausfällen beim Transport von Gütern auf den Binnenschifffahrtsstraßen kommen kann. Darüber hinaus ist im gesamten Szenariozeitraum mit erhöh-tem Waldbrandrisiko, Stromausfällen und erheblichen Ernteertragsdepressionen (bis zu 60 Prozent einer Durch-schnittsernte) sowie Nahrungsmangel für Flora und Fauna zu rechnen. Gemäß der vom BBK für die Risikoanalysen genutzten Klassifikationen ist das Auftreten einer extremen Dürre als bedingt wahrscheinlich zu klassifizieren, d.h. es wird erwartet, dass ein solches Ereignis einmal im Zeitraum von 100 bis 1000 Jahren auftritt. Ausgehend von den Folgen, die bereits heute während langanhaltender Tro-ckenperioden in Deutschland zu beobachten sind, ist jedoch davon auszugehen, dass die in der Risikoanalyse beschriebenen Auswirkungen einer Dürre vor dem Hintergrund des Klimawandels häufiger auftreten werden. Zudem werden sie zum Teil durch weitere Folgen des Klimawandels verstärkt.
Drucksache 19/23671 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Zunehmende Schadenspotenziale durch den Klimawandel
Die Identifizierung von Schäden infolge des Klimawandels ist ein komplexes Thema. Gleichwohl ist es von besonderer Bedeutung, da Schadenspotenziale durch Klimafolgen hoch sein können. Eine schadensreduzie-rende Vorsorge beispielsweise im Bereich Bauen oder bei der Flächennutzung ist oft lohnend, sowohl für staat-liche als auch private Akteure. Bund und Länder befassen sich daher mit diesem Thema. Aktuell liegen Ergeb-nisse der Studie „Bewertung klimawandelgebundener Risiken: Schadenspotenziale und ökonomische Wirkung von Klimawandel und Anpassungsmaßnahmen“ vor, welche unter Einbeziehung des Behördennetzwerks Scha-densmodellierungen erstellte. In Anbetracht der Bedeutung des Themas werden derzeit weitere Studien auch von anderen Akteuren auf Ebene von Bund und Ländern mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen erarbei-tet; sie werden im Rahmen der Fortschreibung der DAS das Bild weiter schärfen.
Abbildung 3
Schematische Darstellung von Schadenspotenzialen ausgewählter Klimawirkungen für die Gegenwart, bis 2030 und bis 2030 mit Bauvorsorge
Quelle: nach Bubeck et al. (201943
Folgende Schwerpunkte wurden in der Studie exemplarisch betrachtet: Starkregen, Sturmfluten, hitzebedingte Todesfälle (Hitzetote) und menschliche Leistungsfähigkeit; zudem wurde die Wirkung von Anpassungsmaß-nahmen abgeschätzt. Die Auswahl der betrachteten Klimafolgen orientierte sich an den sechs handlungsfeld-übergreifenden und räumlichen Schwerpunkten der Vulnerabilitätsanalyse des Bundes von 2015 sowie daran, welche Klimafolgen durch vorhandene Daten und Methoden quantitativ erfassbar waren. Zum Beispiel konnten
43 Für diese durch Starkregen und Sturmfluten ermittelten Schadenspotenziale wurde wie folgt vorgegangen: Soweit möglich, wurde die Veränderung des potenziellen Schadens aufgrund der erwarteten klimatischen und sozio-ökonomischen Veränderungen sowie die schadensreduzierende Wirkung von Anpassungsmaßnahmen betrachtet. Mögliche Anpassungsmaßnahmen im Bereich der Verhal-tens- und Bauvorsorge (z. B. Abdichten von Wänden und Türen, Einsatz mobiler Wassersperren) wurden durch ein Anpassen der Schadensmodelle abgebildet. Dafür wurden sogenannte Schadensminderungsfaktoren verwendet, welche auf der Grundlage von durch Befragungen erhobenen realen Schäden ermittelt wurden.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/23671
Schadenspotenziale durch Flusshochwasser in dieser Studie nicht betrachtet werden. Solche Ereignisse führten bereits zu hohen Schäden. Das Jahrhunderthochwassers 2002 der Elbe verursachte Schäden von insgesamt rund 11 Mrd. Euro44. Die Modellierungen der Studie zeigen, dass für die gewählten Klimafolgen mit zunehmenden Schäden zu rech-nen ist45. Die Analysen deuten darauf hin, dass diese Schadenspotenziale durch geeignete Vorsorgemaßnahmen erheblich reduziert werden könnten (siehe Abbildung 3).
Die Methodik und Ergebnisse im Detail
Sturmfluten
Zur Ermittlung von Schäden durch Überschwemmungen infolge von Sturmfluten wurden folgende Grundlagen verwendet: Die räumliche Ausbreitung einer Überschwemmung, mögliche Überflutungstiefen sowie die dazu-gehörigen Eintrittswahrscheinlichkeiten wurden aus bereits verfügbaren Hochwassergefahrenkarten abgeleitet, die die Bundesländer im Rahmen des ersten Bearbeitungszyklus der Hochwasserrisikomanagement Richtlinie (HWRM-RL) der EU erstellt haben. Gemäß der Richtlinie wurden dabei Szenarien mit unterschiedlichen Ein-trittswahrscheinlichkeiten dargestellt. Das Extremszenario gemäß HWRM-RL betrachtet dabei das Eintreten der Sturmflut ohne Hochwasserschutzmaßnahme und stellt damit ein „Worst Case“ Szenario dar. In der ver-wendeten Modellkette kann der Einfluss des Klimawandels auf die Sturmflutgefährdung einerseits über eine Veränderung der Überflutungsflächen und -tiefen und andererseits über sich verändernde Eintrittswahrschein-lichkeiten abgebildet werden. Aufgrund der vorhandenen Daten war es lediglich möglich, den Klimawandel über die sich zukünftig verändernden Eintrittswahrscheinlichkeiten abzubilden. Die Überflutungsflächen blei-ben unverändert. Da die Eintrittswahrscheinlichkeiten bestimmter Wasserstände im Laufe der Zeit weiter an-steigen, treten Ereignisse, die heutzutage als 100-jährliches Ereignis definiert sind, bis Ende des Jahrhunderts wesentlich häufiger auf. Die Betrachtung von Überschwemmungen durch Sturmfluten im Extremszenario ge-winnt damit an Bedeutung. Am Beispiel der Auswirkungen von Sturmfluten auf Wohngebäude wird deutlich, dass bereits durch einfache Maßnahmen potentielle Schäden reduziert werden können, wie beispielsweise durch den Einbau von Rückstau-klappen oder das Abdichten von Gebäudewänden. Die ermittelten Schadenshöhen (siehe Abb. oben) beziehen sich auf die Extremszenarien, welche das flächendeckende Versagen von Hochwasserschutzmaßnahmen an-nehmen – entsprechend der zu ermittelnden Überflutungsflächen nach Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (HWextrem)46. Werden keine Anpassungsmaßnahmen getroffen, bewegen sich die potenziellen Schäden in-folge häufiger Ereignisse im zweistelligen Millionenbereich für die meisten Küstenbundesländer, während sich die Schadenshöhe infolge eines mittleren Ereignisses im Einzelfall auf bis zu 260 Mio. Euro erhöhen kann. Im unwahrscheinlichen Fall des Extremereignisses ohne Schutzmaßnahmen werden maximale Schadenspotentialevon bis zu 14 Milliarden Euro für ein Bundesland ermittelt. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Überflutungs-szenarien der Bundesländer sind die Werte nicht vergleichbar. Der mittlere Schaden für das Extremszenario ohne Schutzmaßnahmen liegt bei 63 Euro pro m2 Wohnbaufläche in den Risikogebieten (entsprechend der HWRM-RL). Das heutige Schadenspotenzial im Extremszenario ohne Schutzmaßnahmen würde aufgrund zu-nehmender Wohnbauflächen bis 2030 um rund 5 Prozent steigen. Eine Intensivierung der Bauvorsorge könnte das heutige und zukünftig erhöhte Schadenspotenzial deutlich um etwa 60 Prozent reduzieren. Die Schadenshöhe für die Auswirkungen von Sturmfluten auf Industrie und Gewerbe bewegen sich in etwas höherer Größenordnung als bei Wohngebäuden (siehe Abb. oben). Bei Industrie und Gewerbe wurden Schäden an Gebäuden, Betriebseinrichtungen sowie an Waren, Produkten und Lagerbeständen abgeschätzt, der mittlere Schaden beträgt 122 Euro pro m2 Industrie- und Gewerbeflächen. Allerdings werden hierbei lediglich direkte Schäden abgebildet. Nicht berücksichtigt werden Schäden durch Betriebsunterbrechung und weitere indirekte Schäden infolge der Unterbrechung von Wertschöpfungsketten, Lieferengpässen etc. Das heutige Schadenspo-
44 Diese Zahlen umfassen die Schäden an Wohngebäuden, Hausrat, gewerblichen Unternehmen, an der Infrastruktur (kommunal, staat-lich, sonstige Träger), in der Land- und Forstwirtschaft sowie die Kosten für Präventivmaßnahmen und Katastrophenschutz, siehe Bundestags-Drucksache 18/1403 vom 13.05.2014, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zur Anpassung an die Aus-wirkungen des Klimawandels in Deutschland
45 Detaillierte Informationen zur Methodik sowie den zugrundeliegenden Daten und Modellen finden sich im Abschlussbericht des Vorhabens „Behördenkooperation Klimawandel und -anpassung“, S. 116ff (siehe Bubeck et al. 2019)
46 Weiterhin gilt es zu berücksichtigen, dass die Schadenshöhe flächendeckend für die gesamte Fläche eines Bundeslandes extrapoliert wurde. Die Ereignisse treten jedoch häufig nur lokal auf.
Drucksache 19/23671 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
tenzial würde im Extremszenario ohne Schutzmaßnahmen aufgrund zunehmender Industrie- und Gewerbeflä-chen bis 2030 um rund 5 Prozent steigen. Bei einer Veränderung der Eintrittswahrscheinlichkeit von Sturmflu-ten könnte das Schadenspotenzial weiter zunehmen. Eine optimale Bauvorsorge, welche auch die Kontamina-tion des Wassers unterbindet, könnte das Schadenspotenzial im Extremszenario ohne Schutzmaßnahmen deut-lich um etwa 30 Prozent in Bezug auf die Schäden an Gebäuden und Betriebseinrichtungen sowie 25 Prozent bezogen auf Waren, Produkten und Lagerbeständen reduzieren.
Starkregen
Es ist davon auszugehen, dass Starkregenereignisse zukünftig an Häufigkeit und Intensität zunehmen und Scha-denspotenziale damit ansteigen – auch wenn der Einfluss des Klimawandels für diese Klimawirkung nicht ab-gebildet werden konnte. Zur Ermittlung von Schäden durch Überschwemmungen infolge von Starkregen wurden die hochwasserexpo-nierten Werte aus dem Anlagevermögen und weiteren statistischen Daten zu einzelnen Wirtschaftssektoren ab-geleitet und mit Hilfe von Karten der Landbedeckung räumlich verortet. Für die anschließende Abschätzung der Schadenshöhe der unterschiedlichen Szenarien wurden erfasste Schäden von extremen Starkregenereignis-sen der Vergangenheit herangezogen, da sich der Einfluss des Klimawandels auf Starkregenereignisse bislang nicht adäquat abbilden lässt. Für Schäden durch Starkregen wurde beispielsweise das Starkregenereignis in Münster am 28.07.2014 verwendet, für das versicherte Sachschäden in Höhe von ca. 71 Mio. Euro erfasst wur-den (GDV 2015)47. Dies erfolgte auf der Grundlage von Schadensmodellen. Die Schäden sind, wie auch oben bei den Sturmfluten aufgezeigt, abhängig von den betrachteten Sektoren, hier Wohngebäude. Aus diesem Grund wurden sektorspezifische Eingangsdaten und Schadensmodelle verwendet. Da für Starkregen keine flächendeckenden Gefahrenkarten vorliegen, wurden die potenziellen Schäden auf Ba-sis von Fallstudien aus Nordrhein-Westfalen (NRW) abgeleitet und auf das gesamte Bundesland NRW räumlich übertragen. Für Nordrhein-Westfalen zeigen Fallstudienergebnisse ein ereignisunabhängiges, aktuelles Schadenspotenzial an Wohngebäuden durch Starkregen von etwa 13 Mrd. Euro48 auf. Der genannte Wert entspricht einem mittle-ren Schaden von 3,5 Euro pro m2 Wohnbaufläche. Dieses Schadenspotenzial würde aufgrund zunehmender Wohnbauflächen bis 2030 um rund 5 Prozent steigen. Im Vergleich zu einem durchschnittlichen Zustand könnte eine sehr gute Bauvorsorge, z. B. durch Abdichten von Kellern, Installation von Rückstausicherungen und Was-sersperren, das Schadenspotenzial um rund 35 Prozent deutlich reduzieren. Dem Oberflächenabfluss aus Stark-regen kann im Gegensatz zum Durchfluss an Fließgewässern keine Eintrittswahrscheinlichkeit zugeordnet wer-den
Hitzebedingte Todesfälle
Die Ermittlung der hitzebedingten Todesfälle erfolgte auf Basis einer statistisch abgeleiteten Hitze-Sterblich-keitsfunktion. Auf dieser Grundlage wurde der zusätzliche hitzebedingte Anteil an Todesfällen bezogen auf die Gesamtsterblichkeit der Bevölkerung ermittelt. Als klimatischer Stressfaktor für die menschliche Gesundheit wurde die „Apparent Temperature“ aus Lufttemperatur und -feuchte abgeleitet49. Die Ergebnisse weisen auf eine deutliche Zunahme des Anteils der hitzebedingten Todesfälle an der Gesamtzahl aller Todesfälle hin. Das Jahr 2018 war in Deutschland das bisher wärmste beobachtete Jahr seit Beginn regelmäßiger Aufzeichnungen im Jahr 1881 (DWD 2020). Abbildung 4 zeigt, dass es 2018 insbesondere im Osten und Süd-Westen Deutsch-lands über 30 Tage gab, an denen das Thermometer auf 30°C oder höher stieg. Es war daher für 2018 mit einer
47 GDV 2015: Naturgefahrenreport 2015 - Die Schaden-Chronik der deutschen Versicherer in Zahlen, Stimmen und Ereignissen, S. 15. 48 Für die hier präsentierte Modellierung von potentiellen Schäden an Wohngebäuden durch Starkregen wurden folgende Eingangsgrö-
ßen verwendet: klimatische Exposition (Starkregen-Überflutungskarten von ausgewählten Fallstudien), Sensitivität (insbesondere: bebaute Fläche als Landnutzungstyp im ATKIS-Basis-DLM des Bundesamtes für Kartografie und Geodäsie) sowie die Schadens-funktion (Modell FLEMOps (Flood Loss Estimation MOdel for the Private Sector), angepasst an Starkregen (Thieken et al. 2008). Detaillierte Informationen zur Methodik sowie den zugrundeliegenden Daten und Modellen finden sich im o.g. Abschlussbericht, S. 41ff (siehe Bubeck et al. 2019)
49 Für die hier präsentierte Modellierung von Schäden für die menschliche Gesundheit und Leistungsfähigkeit wurden folgende Ein-gangsgrößen verwendet: klimatische Exposition (Apparent Temperature nach Steadman 1979), Sensitivität (Sensitivität der Bevöl-kerung gegenüber thermischer Belastung) sowie die Schadensfunktion (Temperatur-Mortalitätsfunktion nach Kendrovski et al. 2017). Detaillierte Informationen zur Methodik sowie den zugrundeliegenden Daten und Modellen finden sich im Abschlussbericht des Vorhabens „Behördenkooperation Klimawandel und -anpassung“, S. 116ff (siehe Bubeck et al. 2019). Die Modellierung des Anteils hitzebedingter Todesfälle an der Gesamtmortalität zeigt einen robusten Anstieg aller Modellrechnungen für die IPCC-Klimaszenarien RCP 4.5 und RCP 8.5.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/23671
hohen Anzahl hitzebedingter Todesfälle zu rechnen. Für den Sommer 2018 ermittelte das Robert Koch-Institut (RKI) für Berlin und Hessen insgesamt etwa 1.200 hitzebedingte Sterbefälle50, 51.
Abbildung 4
Links: Anzahl der heißen Tage (Höchsttemperatur ≥ 30°C) im Jahr 2018,rechts: Anomalie der Anzahl der heißen Tage in Deutschland
im Vergleich zum Referenzzeitraum 1961 bis 1990
Heiße Tage im Jahr 2018
Quelle: DWD 2020
Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts wird im Rahmen der Modellierung für die beiden betrachteten IPCC-Klimas-zenarien RCP 4.5 und RCP 8.5 ein Anstieg des Anteils der hitzebedingten Todesfälle an der Gesamtzahl aller Todesfälle im Vergleich mit einem Szenario ohne Klimawandel um das Vierfache als möglich eingeschätzt. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts ist sogar ein Anstieg um das Sechs- bis Zwölffache52 möglich. Inwieweit die steigenden Belastungen durch den Klimawandel aber durch Verhaltensänderungen der Bevölkerung oder durch geeignete Anpassungsmaßnahmen kompensiert werden können, ist bislang nicht berücksichtigt. Hitzebelastung beeinträchtigt auch die menschliche Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz. Für die folgende Mo-dellierung wurden nur klimatisierbare Büroräume betrachtet. Methodisch ließen sich die Arbeitsplätze im Freien nicht erfassen, obwohl auch diese stark von Hitzebelastungen beeinflusst werden. Um den Effekt in Innenräu-men abzubilden, wurde als ein Schadensindikator der Energieaufwand für die Kühlung und die damit verbun-denen Kosten zum Erhalt der Leistungsfähigkeit am klimatisierbaren Arbeitsplatz betrachtet. Zur Abschätzung des Energieaufwandes wird die Beibehaltung einer optimalen Raumtemperatur von 21°C angesetzt. Für die Berechnung werden sogenannte Kühlgradtage herangezogen. Die Modellrechnungen zeigen auf, dass mit einer deutlichen Zunahme der Kosten für die Kompensation einer hitzebedingten Verringerung der Leistungsfähig-keit am Büroarbeitsplatz zu rechnen ist53. Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts wird im Rahmen der Modellierung eine mittlere Steigerung der Kühlgradtage um das Dreifache im Vergleich zu einem Szenario ohne Klimawandel
50 An der Heiden, M., Buchholz, U., Uphoff, H. (2019): Schätzung der Zahl hitzebedingter Sterbefälle und Betrachtung der Exzess-Mortalität; Berlin und Hessen, Sommer 2018. Epidemiologisches Bulletin · 23:193-202 · DOI 10.25646/6178
51 Das Modell von Bubeck et al. und die Schätzung des RKI (An der Heiden et al.) verwenden verschiedene Berechnungsmethoden. 52 Ermittelt auf der Grundlage der IPCC-Klimaszenarien RCP 4.5 und RCP 8.5 53 Für die hier präsentierte Modellierung von potentiellen Schäden in Bezug auf die menschliche Leistungsfähigkeit wurden folgende
Eingangsgrößen verwendet: klimatische Exposition (Klimakennwert Temperatur), Sensitivität (Temperaturabhängige Leistungsfä-higkeit/Produktivität des Menschen) sowie die Schadensfunktion (Kosten/Aufwand zur Erhaltung der Produktivität durch Klimati-sierung (Energieaufwand)). Der Energieaufwand für die Kühlung und damit die Kosten für den Erhalt der Leistungsfähigkeit am klimatisierbaren Arbeitsplatz zeigt einen robusten Anstieg über alle Modellrechnungen und die Klimaszenarien RCP 4.5 und RCP 8.5. Detaillierte Informationen zur Methodik sowie den zugrundeliegenden Daten und Modellen finden sich im Abschlussbericht des Vorhabens „Behördenkooperation Klimawandel und -anpassung“, S. 111ff (siehe Bubeck et al. 2019).
Drucksache 19/23671 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
als möglich angesehen (RCP 8.5). Bis zum Ende dieses Jahrhunderts ist eine mittlere Steigerung um das Vier-bis mehr als das Achtfache möglich54.
Klimawandel im Ausland trifft auch die deutsche Wirtschaft
Im Rahmen der DAS wurden 2018 die Auswirkungen des globalen Klimawandel auf die deutsche Volkswirt-schaft analysiert55. Betrachtet wurden dabei sowohl die Import- als auch die Exportströme in unterschiedlichen Sektoren. In der quantitativen Analyse wurden ausgewählte Wirkungsketten56 in einem globalen ökonomischen Modell abgebildet, in die Zukunft projiziert und in Modellvergleichsstudien validiert. Ziel war es, die komple-xen Wechselwirkungen der Handelsbeziehungen zwischen verschiedenen Weltregionen und Ländern abzu-schätzen57. In der Gesamtbewertung zeigt sich, dass die deutsche Wirtschaft aufgrund ihrer starken Rolle im internationalen Handel anfällig gegenüber Klimafolgen in anderen Weltregionen ist. Die volkswirtschaftlichen Kosten entste-hen dabei zu einem bedeutenden Anteil durch Effekte außerhalb der EU. Sechs Prozent (55 Mrd. Euro) der deutschen Importe und vier Prozent (knapp 50 Mrd. Euro) der Exporte verteilten sich im Jahr 2015 auf weltweit zwölf als besonders klimavulnerabel geltende Länder oder Regionen58. Dabei fallen die Handelsvolumen bei Brasilien, Indien, Südafrika, Vietnam und Thailand mit Abstand am höchsten aus. Und auch in anderen Teilen der Welt wird der Klimawandel wirtschaftliche Folgen haben, die sich letztlich auf den Welthandel auswirken. Die drei analysierten Wirkungsketten „Veränderung der Arbeitsproduktivität“, „Veränderung landwirtschaftli-cher Erträge“ sowie „Anstieg des Meeresspiegels“ und möglicher Anpassungsoptionen lassen in allen Weltre-gionen negative volkswirtschaftliche Effekte erwarten. Die Modellierungen zeigen, dass sich die Klimawandel-folgen, die außerhalb Europas entstehen, über den Welthandel deutlich stärker auf Deutschlands Volkswirt-schaft auswirken als die Klimawandelfolgen, die innerhalb Europas entstehen. Dieser Effekt ist darauf zurück-zuführen, dass EU-Regionen im Vergleich zum Rest der Welt weniger stark von den direkten Klimawandelfol-gen betroffen sind59. Ökonomische Risiken auf der Importseite bestehen vor allem aufgrund von extremen Wettereignissen, die zu Produktionseinbußen bei produzierenden Unternehmen in den Weltregionen führen können. Das kann beispiels-weise für die in Deutschland ansässige Automobilindustrie zu Lieferverzögerungen oder zur Verteuerung von Vorleistungsgütern und damit zu steigenden Produktionskosten führen60. Zu den Risiken des Exports gehören vor allem der Kaufkraftverlust und die ausfallende Wirtschaftsleistung in vom Klimawandel stark betroffenen Weltregionen, welche die Nachfrage nach Gütern aus Deutschland mindern können. Neben Risiken werden auch einige ökonomische Chancen erwartet, vor allem bezüglich der zunehmenden Nachfrage der vom Klima-wandel stark betroffenen Weltregionen nach Investitionen zur Klimaanpassung und Schadensbekämpfung so-wie bei der Änderung der Nachfrage nach Low-Carbon-Konsumgütern und Investitionen in Emissionsminde-rungstechnologien61.
54 Ermittelt auf der Grundlage der IPCC-Klimaszenarien RCP 4.5 und RCP 8.5 55 Für weitere Informationen siehe Peter, Guyer und Füssler (2018, 2019). Verfügbar unter https://www.umweltbundesamt.de/publika-
tionen/klimawandel-deutscher-aussenhandel bzw. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/folgen-des-globalen-klimawan-dels-fuer-deutschland.
56 Die drei modellierten Wirkungsketten: „Veränderung der Arbeitsproduktivität“, „Veränderung landwirtschaftlicher Erträge“ sowie „Anstieg des Meeresspiegels“
57 Für Informationen zur Methodik und den zugrundeliegenden Daten siehe Peter, Guyer, Füssler, Schwarze, Bednar-Friedl, Bachner, Knittel (2020): S. 24ff.
58 Vgl. Peter, Guyer und Füssler (2019): S. 26. Zu den Ländern zählen Ägypten, Bangladesch, Brasilien, Indien, Indonesien, Nigeria, Philippinen, Südafrika, Thailand, Vietnam sowie Sonstige Nordafrika und Sonstige Westasien.
59 Peter, Guyer, Füssler, Schwarze, Bednar-Friedl, Bachner, Knittel (2020): S. 76ff. 60 Vgl. Peter, Guyer, Füssler, Schwarze, Bednar-Friedl, Bachner, Knittel (2020): S. 22 61 Vgl. Peter, Guyer, Füssler, Schwarze, Bednar-Friedl, Bachner, Knittel (2020): S. 23
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 21 – Drucksache 19/23671
Abbildung 5
Wirkungskette Klimawandel auf den deutschen Außenhandel
Quelle: Peter, Guyer und Füssler (2018)
Die hier beschriebenen Folgen des Klimawandels auf den deutschen Außenhandel stellen dabei nur einige der vielfältigen Auswirkungen dar, die der Klimawandel im Ausland auf Deutschland hat. Neben den wirtschaftli-chen Folgen sind Themenfelder wie Infrastruktur und Verkehr, Geopolitik und Sicherheitsrisiken, die mensch-liche Mobilität im Zusammenhang mit Migration sowie der Finanzsektor nur einige, in denen ein außereuropä-ischer Klimawandel mittelbar auch Auswirkungen auf Deutschland haben wird.62
Die oben dargestellten Ergebnisse zum Meeresspiegelanstieg, zu Schadenspotenzialen und zu den Auswirkun-gen des globalen Klimawandels auf die deutsche Volkswirtschaft bestärken und untermauern die in der Vulne-rabilitätsanalyse 2015 vom Behördennetzwerk Vulnerabilität sektorenübergreifend identifizierten Klimafolgen mit hoher Bedeutung und die daraus abgeleiteten Betroffenheiten.
62 Vgl. u. a. European Environment Agency (2017)
Drucksache 19/23671 – 22 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
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Drucksache 19/23671 – 24 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
B.3. Umsetzung des APA II und Verfahren zur Erstellung des APA III
Die DAS ist als strategisches Dokument der Rahmen für Aktivitäten zur Anpassung an den Klimawandel in Deutschland. Um diesen Rahmen zu konkretisieren, wurde 2011 von der Bundesregierung der Aktionsplan Anpassung I (APA I) und 2015 der Aktionsplan Anpassung II (APA II) beschlossen. Mit dem vorliegenden Fortschrittsbericht wurde der Aktionsplan Anpassung III (APA III) erarbeitet, der zusammen mit dem hier vor-gelegten Fortschrittsbericht verabschiedet wurde. Im folgenden Kapitel wird der Stand der Umsetzung der Maß-nahmen und Instrumente des APA II zusammengefasst.
Stand der Umsetzung APA II
Drei Viertel der insgesamt 147 Maßnahmen des APA II sind bereits umgesetzt oder befinden sich in der Um-setzung63. Ein Viertel der Maßnahmen sind in Vorbereitung oder noch nicht durchgeführt. Ein Drittel der Maß-nahmen wurde in der Abfrage im Rahmen der Evaluation als noch laufend gekennzeichnet. Etwas weniger als ein Viertel der Maßnahmen wurden als Daueraufgaben beschrieben – dies spiegelt wider, dass mit dem APA II und dem Fortschrittsbericht zur DAS von 2015 der Übergang von projektartigen, befristeten Maßnahmen zu längerfristig etablierten Maßnahmen erfolgte. Erfolgsfaktoren für die gelungene Umsetzung von Maßnahmen64 sind laut Erhebung im Rahmen der Evaluation u. a. das Vorhandensein von Vorarbeiten, z. B. aus einem Vorgängerprojekt, Praxis- bzw. Bedarfsorientierung der Maßnahmen, Vernetzung von Stakeholdern bzw. Einbindung relevanter/kompetenter Stakeholder, Akzep-tanz/Einverständnis der Bevölkerung, vorhandene Ressourcen, sowie eine gute Kommunikation der Beteiligten. Gründe für die verzögerte Umsetzung oder dafür, dass Maßnahmen nicht durchgeführt wurden, waren65: geringe Personalkapazitäten, Kommunikations- bzw. Koordinationsdefizite, sowie fehlende Daten. Außerdem wurden Maßnahmen aufgrund geänderter Prioritätensetzung verschoben oder nicht durchgeführt. Die Analyse des Um-setzungsstandes des APA II zeigt auch, dass Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel systematischer Klimawirkungen mit hohen Handlungserfordernissen adressieren müssen.66
Methodik Erarbeitung APA III
Der Aktionsplan Anpassung III (APA III) wurde in einem schrittweisen Prozess durch die in der IMAA vertre-tenen Bundesressorts gemeinsam erarbeitet. Der APA III umfasst sowohl Maßnahmen des Bundes, welche die-ser in eigener Zuständigkeit umsetzt, als auch Politikinstrumente zur Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die Anpassung an den Klimawandel in Deutschland. Der Bund richtet diese Aktivitäten an den prioritären Klimawirkungen und Handlungserfordernissen aus, welche in der Vulnerabilitätsanalyse des Bundes herausge-arbeitet wurden. Die genannten Aktivitäten sollen in der Laufzeit des APA III fort- bzw. umgesetzt werden. In den APA III sind eine Vielzahl an fachlichen Vorschlägen eingeflossen, welche durch die im Behördennetz-werk67 kooperierenden Bundesoberbehörden entsprechend ihrer jeweiligen fachlichen Kompetenzen erarbeitet wurden. Die Vorschläge basieren auf einem intensiven, schrittweisen Prozess der Analyse und Bewertung. Die Bewertung erfolgte anhand der Kriterien Effektivität, Flexibilität, Effizienz, Kohärenz zu anderen Strategien des Bundes sowie Synergiepotential zu anderen Zielen und Handlungsfeldern des Bundes. Hierbei wurde ein schrittweises Verfahren angewendet, so wurden die Maßnahmen und Politikinstrumente zur Anpassung an den Klimawandel ex ante bewertet. Die Bewertung basierte auf einer Experteneinschätzung der Behördenvertreten-den. Es wurden ausgewählte Themenbereiche im Behördennetzwerk diskutiert.
63 Der hier berichtete Stand der Umsetzung des APA II wurde bei der Evaluation der DAS erhoben (siehe Kapitel B.5 sowie Bundesre-gierung 2015, S. 8). Methodisch erfolgte dies durch das so genannte „APA-Statustool“ (siehe Evaluationsbericht S. 69-72), ergänzt um Erfolgsfaktoren und Hürden bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, die durch Interviews mit den für Maßnahmen des APA II Verantwortlichen erhoben wurden. Die hier berichteten Ergebnisse haben den Stand Mai 2018.
64 Im Zusammenhang mit dem Umsetzungsstand der APA II-Maßnahmen wurde in der Abfrage des APA Statustools danach gefragt, was Erfolgsfaktoren für die Umsetzung der Maßnahmen waren. Bei insgesamt 39 Maßnahmen wurden Angaben zu Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung gemacht.
65 In insgesamt 29 Fällen kam es zu Verzögerungen der Maßnahmen des APA II oder diese wurden überhaupt nicht durchgeführt. Diese Verzögerungen wurden im APA-Statustool häufig begründet.
66 Im Evaluationsbericht ist detailliert dargelegt, welche Maßnahmen und Instrumente des APA II direkt und systematisch Klimawir-kungen mit hohen Handlungserfordernissen adressieren – und welche nicht.
67 Das Behördennetzwerk wurde 2017 als Netzwerk von Bundesbehörden und -institutionen zur Unterstützung der IMAA bei der Um-setzung der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) dauerhaft eingerichtet. Das UBA leitet die Netzwerkarbeit und organisiert die regelmäßig stattfindenden Netzwerktreffen. Derzeit sind 28 Bundesbehörden und -institutionen im Netzwerk ver-
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 25 – Drucksache 19/23671
Weitere Vorschläge wurden durch die Bundesressorts und ihren nachgeordneten Behörden eingebracht. Die Bundesressorts entschieden letztlich gemeinsam über die Aufnahme von Maßnahmen und Instrumenten in den APA III. Die konkrete Gliederung des APA III und eine Übersicht der beschlossenen Maßnahmen findet sich in Kap. D dieses Berichtes.
treten. Es wird bei Bedarf, abhängig von fachlichen Erfordernissen, durch weitere Bundesinstitutionen erweitert. Das Behördennetz-werk unterstützt die IMAA insbesondere in der fachlichen Erarbeitung und Abstimmung von wissenschaftlichen Inhalten zur DAS unter Einbeziehung der Ergebnisse abgeschlossener und laufender Forschungsvorhaben. Die konkreten Inhalte der Zusammenarbeit werden auf der Grundlage einer Arbeits- und Ressourcenplanung regelmäßig gemeinsam durch die Netzwerkpartner vereinbart und der IMAA zur Bestätigung vorgelegt.
Drucksache 19/23671 – 26 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
B.4. Anpassungsmaßnahmen anderer Akteure
Auf der Ebene der Bundesregierung wird das Thema Klimaanpassung nicht nur in der Interministeriellen Ar-beitsgruppe Anpassung an den Klimawandel (IMAA) und dem Behördennetzwerk Vulnerabilität behandelt, sondern wird als Querschnittsaufgabe in einer Vielzahl von weiteren Gremien thematisiert wie u. a. im Bereich Nachhaltigkeit, ländliche Entwicklung, Stadtentwicklung etc.
Interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) Sendai
Für die IMAG Sendai sind der Klimawandel und seine Folgen im Hinblick auf das Katastrophenrisikomanage-ment auf nationaler Ebene von zunehmender Bedeutung. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich verpflichtet, das „Sendai Rahmenwerk für Katastrophenvorsorge 2015 - 2030“ (Sendai Framework for Disaster Risk Reduc-tion 2015 – 2030) der Vereinten Nationen (UN) umzusetzen. Im April 2017 wurde daher beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) im Auftrag des Bundesministeriums des Innern (BMI), des Auswärtigen Amts (AA) und des Bundesministeriums für Wirt-schaftliche Zusammenarbeit (BMZ) die Nationale Kontaktstelle (National Focal Point) für die Bundesrepublik Deutschland zur Koordinierung der Umsetzung des Sendai Rahmenwerks für Katastrophenvorsorge in Deutsch-land eingerichtet. Die Nationale Kontaktstelle ist primärer Ansprechpartner für die Vereinten Nationen für den Sendai-Prozess in Deutschland. Sie ist damit beauftragt, die vorgesehene Berichterstattung gegenüber der Internationalen Strate-gie zur Katastrophenvorsorge der Vereinten Nationen (UNDRR) sicherzustellen. Die Nationale Kontaktstelle koordiniert und unterstützt die nationale Umsetzung des Sendai Rahmenwerks in Deutschland und die damit verbundenen Aktivitäten in der Netzwerkarbeit, der Öffentlichkeitsarbeit und der Administration. Dabei wird vor allem dem Kohärenzgedanken des Sendai Rahmenwerks Rechnung getragen. Demnach werden im interna-tionalen wie auch im nationalen Kontext Klimawandel, nachhaltige Entwicklung, humanitäre Hilfe und Kata-strophen-vorsorge stärker als bisher miteinander verknüpft werden. Auf Bundesebene ist der Bereich Bevölkerungsschutz als Querschnittsthema insbesondere in der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) der Bundesregierung von 2008 und in der Fortschreibung 2015 verankert. Die Zusammenarbeit zwischen der IMAG Sendai und der IMAA wird durch wechselseitige Vertretung in den Gremien und intensiven Austausch sichergestellt.
Nationaler Wasserdialog
Im Oktober 2018 startete das BMU mit dem 1. Nationalen Wasserforum einen zweijährigen Dialogprozess zu den Zukunftsfragen der deutschen Wasserwirtschaft, den „Nationalen Wasserdialog“. Der Wasserdialog wurde mit einer breiten Beteilung von Akteuren aus Wirtschaft, Verwaltung, Praxis, Interessenvertretungen und Wis-senschaft durchgeführt. Die Bausteine des Wasserdialogs sind darauf ausgerichtet, die deutsche Wasserwirt-schaft langfristig zukunftsfähig zu gestalten (siehe https://www.bmu.de/wasserdialog/). Die Diskussionen fo-kussierten dabei auf die Zeitspanne bis 2030 für das Ergreifen von Maßnahmen mit einem Ziel- und Wirkhori-zont bis 2050. Die erwarteten Auswirkungen und identifizierten Handlungserfordernisse beziehen sich u. a. auf: • wasserwirtschaftliche Infrastrukturen, deren klimaresiliente Gestaltung bei enger Verzahnung mit der
Stadtentwicklung; • der Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines zumindest naturnahen Wasserhaushalts und der Verbesserung
der Bedingungen für eine die natürliche Funktionsfähigkeit von Gewässern erhaltende Gewässerentwick-lung in ländlichen Räumen bei stärkerer Verzahnung wasserwirtschaftlicher Fachplanungen mit Raumord-nung, Raum- und Flächennutzungsplanung;
• voraussichtlich regional verschärfende Nutzungskonkurrenzen um die Ressource Wasser. Aufbauend auf den Ergebnissen des „Nationalen Wasserdialogs“ beabsichtigt das BMU bis zum Sommer 2021 den Entwurf einer Wasserstrategie vorzulegen, in der die Anpassungserfordernisse in der Wasserwirtschaft und den mit ihr verknüpften Bereichen einen thematischen Schwerpunkt bilden werden.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 27 – Drucksache 19/23671
Bundesländer
In den Bundesländern hat sich das Themenfeld Anpassung an den Klimawandel seit dem letzten Fortschritts-bericht zur DAS 2015 zunehmend etabliert. Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des vorliegenden Berichtes haben neun Bundesländer den rechtlichen Rahmen für Anpassung an den Klimawandel erweitert und konkreti-siert, entweder in Form von Klimagesetzen, zum Teil als Element von Klimaschutzgesetzen oder als zusätzliche Verankerung von Klimaanpassung in Fachgesetzen. In fast allen Bundesländern wurden Anpassungsstrategien und / oder Maßnahmenpläne verabschiedet beziehungsweise aktualisiert. Es wurden ressort- bzw. behörden-übergreifende Gremien der Zusammenarbeit in der Verwaltung etabliert. Darüber hinaus gibt es in zunehmen-dem Maße bestehende oder im Aufbau befindliche Netzwerkstrukturen außerhalb der Verwaltung, zum Beispiel mit Unternehmen oder Repräsentanten der Zivilgesellschaft. Einige Bundesländer nutzen die bestehenden Fördermöglichkeiten des Bundes (bspw. die ab 2020 neu gestaltete Städtebauförderung, das BMU Förderprogramm „Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels“) sowie der EU (bspw. den Europäischen Sozialfonds). Zum Teil ergänzen die Bundesländer diese Förder-möglichkeiten um eigene, bundeslandspezifische Förderungen. Angesichts der Herausforderungen des Klima-wandels ist der Bedarf zur finanziellen Förderung von Anpassungsmaßnahmen in den Regionen gestiegen. Zur Gestaltung einer besseren Unterstützung von Regionen und Kommunen sind weitere Abstimmungen der För-dermöglichkeiten auf EU-, Bundes- und Länder-Ebene erforderlich. So gut wie alle Bundesländer betreiben ein indikatorengestütztes Monitoring zu Klimaänderungen, Klimawir-kungen und Anpassungsmaßnahmen oder bauen dies aktuell auf. Hierbei orientieren sich viele Bundesländer am Monitoringbericht des Bundes (siehe Kapitel B.1) und ergänzen regionalspezifische Indikatoren. Der Stän-dige Ausschuss Anpassung an die Folgen des Klimawandels der BLAG KliNa (StA AFK, siehe Kapitel A.1) hat das Fachgespräch Klimafolgen68 2017 gebeten, Länder- und Bundesindikatoren so weit wie möglich zu synchronisieren, um insbesondere die Vergleichbarkeit der Monitoringergebnisse zu verbessern. Die meisten Indikatorensysteme fokussieren auf Klimawirkungen („Impact-Indikatoren“); sogenannte „Response-Indikato-ren“ zu Anpassungsmaßnahmen sind in einigen Bundesländern in Entwicklung. Ähnlich wie beim Monitoring nutzen die Bundesländer - wenn möglich - methodische Vorarbeiten des Bundes, zum Beispiel den unter Mitarbeit der Länder entwickelten Leitfaden für Klimawirkungs- und Vulnerabilitäts-analysen (Buth et al. 2017)69. Ziel ist es, mit dem Leitfaden methodische Empfehlungen zur Durchführung von Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsanalysen vorzulegen, um sektorale und sektorenübergreifender Untersu-chungen in Bund und Ländern vergleichbar zu machen. Insgesamt kann so eine bessere Passfähigkeit der Er-gebnisse und Bewertungen von Bund und Ländern erreicht werden. Die Bundesländer setzen jeweils eigene Schwerpunkte bei Analysen und Forschungsprojekten nach regionalen Bedarfen. Methodische Vorarbeiten des Bundes können durch die Länder auch mit Blick auf die Entwicklung von Me-thoden zur Evaluation von Anpassungsstrategien genutzt werden. Die Methodik, die für die erste und zukünftig regelmäßig stattfindende Evaluation der DAS (s. Kapitel A.2 und B.5) entwickelt wurde, ist als Leitfaden ver-öffentlicht70. Somit können auch die Bundesländer von den Aktivitäten zur Evaluation auf Bundesebene profi-tieren71. Auch beim Deutschen Klimavorsorgeportal (KLiVO72) arbeiten Bund und Länder gut zusammen. Das Webpor-tal der Bundesregierung bündelt Daten und Informationen rund um das Thema Klimawandel und Anpassung an Klimafolgen. Die Länder haben sich in die Konzeption des Portals eingebracht, stellen eigene Klimaanpas-sungsdienste zur Verfügung und arbeiten beispielsweise im KlimAdapt73-Netzwerk mit. Diese Zusammenarbeit
68 Das Fachgespräch Klimafolgen ist ein informeller Austausch zwischen Umweltbundesamt, Deutschem Wetterdienst sowie den Lan-desumweltämtern und –anstalten zu Klimafolgen und Anpassung und wird vom UBA geleitet.
69 Der Leitfaden Vulnerabilität wurde 2017 als Empfehlungen der Interministeriellen Arbeitsgruppe Anpassung veröffentlicht und wird regelmäßig überarbeitet.
70 Kind, C., Kaiser, T., Gaus, H. (2019) https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/methodik-fuer-die-evaluation-der-deutschen 71 Aufgrund der unterschiedlichen Struktur der Anpassungsprozesse zum einen zwischen Bundes- und Länderebene, aber auch zwischen
den Bundesländern selbst, lässt sich die für die Evaluation der DAS entwickelte Methodik nicht vorbehaltlos auf andere Ebenen übertragen. Die Handreichung enthält deshalb allgemeine Hinweise zur Strategieevaluation, liefert darauf aufbauend einen Überblick über Aspekte, die beim Aufsetzen einer Evaluation berücksichtigt werden sollten und geht abschließend auf zentrale Bestandteile einer Evaluation ein.
72 www.klivoportal.de 73 Das mit dem Ersten Fortschrittsbericht zur DAS (2015) beschlossene KLiVO Portal umfasst derzeit: den Deutschen Klimadienst
(DKD) und das Angebot aus Diensten zur Klimaanpassung (KlimAdapt). Die Geschäftsstelle des DKD liegt beim Deutschen Wet-
Drucksache 19/23671 – 28 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
soll fortgesetzt und ausgebaut werden, um Anpassungsakteure der regionalen Ebene besser in die Lage zu ver-setzen, mit den Folgen des Klimawandels umzugehen. Auch die strategische Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern hat sich in den vergangenen Jahren inten-siviert. Sie reicht von Arbeiten, die vom StA AFK selbst initiiert werden, bis zu Aufgaben, denen sich schwer-punktmäßig andere Bund-Länder-Gremien unter Einbindung des StA AFK widmen. So veröffentlichte im Früh-jahr 2017 die von Bundesumweltministerium und Bundesgesundheits-ministerium geleitete Bund-Länder-Ad-hoc-Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des Klimawandels (GAK)“, die im Auftrag des StA AFK erarbeiteten „Handlungsempfehlungen zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit“ (BMUB 2017). Diese wurden für die kommunalen Behörden konzipiert, um regional angepasste Hitzeaktionspläne zu entwickeln. Ziel dieser Pläne ist es, hitzebedingte und UV-bedingte Erkran-kungen und Todesfälle durch Prävention zu vermeiden. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe ist inzwischen als Behör-dendialog „Gesundheit im Klimawandel“ verstetigt. Ein weiteres Beispiel für die stärkere Kooperation von Bund und Ländern ist die Verständigung auf möglichst gemeinsame Vorgehensweisen, um den Herausforderungen zukünftiger Klimagefahren wie beispielsweise dem beschleunigten Meeresspiegelanstieg besser begegnen zu können. Große Bedeutung hat die zunehmende Um-setzung vertikaler (Bund - Länder - Kommunen) und horizontaler (Sektor übergreifender) Politikintegration. So werden beispielsweise die für die Anpassung an den Klimawandel relevanten Gremien der Bund-Länder-Mi-nisterkonferenzen systematischer in die Arbeit des StA AFK eingebunden. Eine zunehmende Abstimmung stra-tegischer Ziele von Bund und Ländern könnte die Klimawandelanpassung in Deutschland perspektivisch inten-siveren. Eine Möglichkeit für eine weitere Verzahnung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern stellt die dauerhafte Etablierung des Themas Klimaanpassung in die Gremien der Fachministerkonferenzen der Länder dar. So wurde mit Beschluss der Umweltministerkonferenz (UMK) auf der 90. UMK ein ständiger Ausschuss „Klima-wandel“ in der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA-AK) eingerichtet. Der Ausschuss befasst sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft sowie der Ableitung und Priorisierung von Handlungserfordernissen. Dazu gehört auch die Bestandsaufnahme von Zielkonflikten zwischen Wasserwirt-schaft und Land-/Forstwirtschaft vor dem Hintergrund des Klimawandels, mit dem Ziel, Handlungsoptionen zur Lösung von Zielkonflikten zu erarbeiten. Mit der Einrichtung des LAWA-AK soll die Arbeit des für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels zuständigen Ständigen Ausschuss AFK der BLAG-KLiNa und die Weiterentwicklung der DAS ergänzt werden. Derzeit wird in der Kleingruppe Klimaindikatoren des LAWA AK ein Konzept für ein Klimafolgen-Monitoring im Wassersektor erarbeitet, das mit den Arbeiten auf Bundesebene koordiniert wird. Mittelfristig soll so ein zwischen Bund und Ländern abgestimmtes, konsistentes Klimafolgen-Monitoring für den Wassersektor entwi-ckelt werden. Von der KG Klimaindikatoren wurden sechs anwendungsreife DAS-Indikatoren entwickelt, vier dieser DAS Indikatoren beruhen auf bundesweiten Daten, die von den Bundesländern bereitgestellt wurden. Alle sechs DAS-Indikatoren sind in den DAS Monitoringbericht 2019 integriert. Die Agrarministerkonferenz hat im April 2019 einer Agenda zur Anpassung von Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei und Aquakultur an den Klimawandel zugestimmt74. In dieser Agenda werden die Bereiche dargestellt, die besonders vom Klimawandel betroffen sind und für die konkrete Maßnahmen erforderlich sind. Das Maßnahmenprogramm wird derzeit im Auftrag der Agrarministerkonferenz erarbeitet.
Kommunen
Kommunen gehören zu den Schlüsselakteuren bei der Entwicklung von Anpassungsmaßnahmen. So überneh-men Kommunen zentrale Aufgaben der Daseinsvorsorge wie beispielsweise die öffentliche Trinkwasserversor-gung, die Abwasserentsorgung, präventiven Hochwasserschutz, die Energieversorgung sowie die Bereitstellung kommunaler Verkehrsinfrastruktur. Zentrale Bestandteile unserer Infrastruktur, wie Straßen, Kanalisation, öf-fentliche Gebäude oder Krankenhäuser, liegen oftmals in kommunaler Hand. Damit haben Städte und Gemein-den vielfältige Möglichkeiten, Klimaanpassung voranzutreiben. Darüber hinaus können sie das Engagement
terdienst (DWD) unter der Federführung des BMVI. Die Geschäftsstelle KlimAdapt liegt beim Umweltbundesamt (UBA) im Kom-petenzzentrum Klimafolgen und Anpassung (KomPass) unter der Federführung des BMU. Das inhaltliche Gesamtangebot von DKD und KlimAdapt wird im Klimavorsorgeportal (KLiVO Portal) präsentiert.
74 Die Agenda ist auf der Internetseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlicht: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Landwirtschaft/AMK-12-04-19-Agenda-Anpassung-Klimawandel.html
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von lokalen Akteuren und Initiativen vor Ort einbinden und die Eigenvorsorge der Bürgerinnen und Bürger aktiv unterstützen. Eine wichtige Rolle für die kommunale Anpassung an den Klimawandel haben die kommunalen Spitzenver-bände. So fördert beispielsweise der Deutsche Städtetag den Austausch seiner Mitgliedsstädte zum Thema An-passung an den Klimawandel im Rahmen der halbjährig tagenden Fachkommission Umwelt. Im März 2019 veröffentlichte der Deutsche Städtetag ein Positionspapier zur Klimaanpassung, in dem zentrale Forderungen, Hinweise und Anregungen formuliert werden (Dt. Städtetag 2019). Das Papier fußt auf dem Positionspapier des Deutschen Städtetages aus dem Jahr 2012, das im letzten Fortschrittsbericht zur DAS erwähnt wurde. Unter anderem unterstützt der Deutsche Städtetag als Kooperationspartner den jährlich von Bundesumweltministe-rium und dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) ausgerichteten Wettbewerb „Klimaaktive Kommune“, mit dem kommunale Projekte auch zum Thema Anpassung an den Klimawandel ausgezeichnet werden. Auch auf kommunaler Ebene etabliert sich seit 2015 die Anpassung an die Folgen des Klimawandels zuneh-mend. Eine bundesweit angelegte kommunale Online-Umfrage75 erhob 2018, welche Wirkung die DAS für Kommunen hatte, wie die Instrumente, (Förder-)Angebote und Publikationen von Bund und Ländern genutzt wurden und welche Unterstützungsbedarfe durch den Bund und ggf. die Länder aus Sicht der Kommunen be-stehen, um kommunale Klimaanpassung umzusetzen76. Die Auswertung der Umfrage zeigte, dass Kommunen vor allem dann aktiv wurden, wenn sie selbst von extre-men Wetterereignissen betroffen waren. Darüber hinaus handelten Kommunen, wenn die Führungskräfte inner-halb der Verwaltung und Politik von der Notwendigkeit des Handelns überzeugt waren und sie Schnittstellen zu ohnehin bearbeiteten Themen sahen. Damit Kommunen Maßnahmen zur Klimawandelanpassung auf den Weg bringen konnten, war konzeptionelle Vorarbeit erforderlich. Mehr als ein Drittel der befragten Kommunen geben an, einen politischen Beschluss zur Erarbeitung von Anpassungsstrategien oder -konzepten vorliegen oder in Arbeit zu haben. Knapp die Hälfte hatten eine verwaltungsinterne Bestandsaufnahme zur Klimaanpas-sung durchgeführt oder arbeiteten daran. Immerhin hatten bereits etwas mehr als ein Viertel der Antwortenden einen Beschluss gefasst oder waren dabei, einen solchen zu erstellen, um vorhandene Anpassungsstrategien oder -konzepte umzusetzen. Erkennbar ist, dass die Mehrheit der befragten Kommunen bereits Maßnahmen zur Klimaanpassung planen oder umsetzen. Abbildung 6 zeigt die am häufigsten genannten Maßnahmen. Auch wenn viele Kommunen bereits aktiv Klimaanpassung voranbringen, so zeigen die Ergebnisse auch, dass zumindest für ein Drittel der befragten Kommunen Klimawandelanpassung noch gar keine Rolle spielt. Bei diesen liegt noch kein politischer Beschluss, kein Maßnahmenprogramm und auch kein anderes Konzept oder Instrument zur Klimaanpassung vor (beziehungsweise ist nichts dergleichen geplant). Ergänzt wird dieses Bild durch die Tatsache, dass ein Drittel der befragten Kommunen keine Personalkapazitäten für kommunale Klima-anpassung zur Verfügung hat. Nur wenige haben mehr als eine Vollzeitstelle für dieses Thema ausgewiesen. Darin zeigt sich auch die Kluft zwischen kleineren Kommunen und Großstädten. Letztere können im Regelfall mehr Personal zur Klimaanpassung aufbauen. Für kleinere Kommunen ist das oft gar nicht möglich. Klimaan-passung muss in diesen Fällen innerhalb der vorhandenen Kapazitäten mitbearbeitet werden. Eine umfassendere strategische Bearbeitung ist in diesen Fällen nicht zu leisten und Klimaanpassung kann dann nur punktuell umgesetzt werden. Dementsprechend sehen die Kommunen knappe Ressourcen zur Vorbereitung (55 Prozent) und zur Umsetzung (49 Prozent) von Klimaanpassung als das stärkste Hemmnis. Weitere Barrieren liegen vor, wenn Erfahrungen mit der Klimaanpassung fehlen oder die Datengrundlagen nur unzureichend verfügbar sind. Zudem bremst eine geringe Akzeptanz in der Bevölkerung, bei der lokalen Politik oder in der Verwaltung Klimaanpassungsaktivi-täten aus.
75 Vgl. UBA (2019). Die i.e.S. statistisch nicht repräsentative Umfrage wurde im Auftrag des Umweltbundesamtes vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) durchgeführt.
76 249 Antworten konnten für die Studie ausgewertet werden. Ergänzend wurden ein Fokusgruppengespräch und Experteninterviews durchgeführt. Die teilnehmenden Kommunen bilden dabei unterschiedliche Größenklassen ab. Die Kommunen verteilen sich zudem auf fast alle Bundesländer.
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Abbildung 6
Am häufigsten genannte umgesetzte oder geplante Klimaanpassungsmaßnahmen
Verfolgt Ihre Kommune Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel? Welche Maßnahmen zur Klimaanpassung verfolgen Sie in Ihrer Kommune?
Von den 182 Antwortenden, die Maßnahmen umsetzen oder planen, wurden folgende 10 Maßnahmen am häufigsten genannt:
Wärmedämmung von Gebäuden
Klimaangepasste, standortgerechte Baumarten- und Pflanzenauswahl
Ökologischer Hochwasserschutz
Sensibilisierung und Information der Bürger/innen zum Klimawandel/Anpassung allgemein
Festlegen von Bebauungsgrenzen
Pflanzen von Blühstreifen/Wildblumen
Schaffung von Retentionsräumen in Siedlungen
Dach- und Fassadenbegrünung
Sensibilisierung und Information der Bürger/innen zu bestimmten Themen/Gefahren
Neuanlage und naturnahe Umgestaltung von Grünflächen 47% (85)
47% (85)
47% (85)
48% (88)
48% (88)
51% (93)
59% (108)
62% (113)
65% (119)
73% (132)
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%
Quelle: UBA (2019)
Nach der Umfrage stammen öffentliche Fördermittel am häufigsten aus Förderprogrammen des Bundes, der DAS-Förderung, den verschiedenen Förderungen für den Städtebau oder spezifischen Förderprogrammen ein-zelner Bundesländer. Neben öffentlichen Fördermitteln setzen drei Viertel der antwortenden Kommunen Ei-genmittel ein. Gelder aus Forschungsprojekten oder von Dritten nehmen nur einen untergeordneten Anteil ein. Hinsichtlich der Personalausstattung zeigt sich: 30 Prozent der antwortenden Kommunen stehen keine Stellenanteile für die Aufgabe Klimawandelanpassung zur Verfügung. 19 Prozent verfügen über bis zu einer halben Vollzeit-Stelle, während 26 Prozent der befragten Kommunen zwischen einer halben und einer vollen Personal-Stelle einsetzen können. Weniger als 50 Prozent dieser Stellen sind längerfristig oder dauerhaft. „Un-zureichende Erfahrungen und Datengrundlagen“ sowie „mangelnde Akzeptanz in Bevölkerung, Politik und lo-kaler Verwaltung“ wirkten sich ebenfalls hemmend auf die Maßnahmenumsetzung aus. Die Ziele und Grundsätze der DAS und des Aktionsplans Anpassung sind vielen, allerdings weniger als der Hälfte der teilnehmenden Kommunen bekannt. Aus der großen Palette der Bundesinstrumente und -angebote sind die Kommunalrichtlinie, das BMU-DAS-Förderprogramm und der „Klimalotse“77 bei Kommunen am bes-ten bekannt. Unter den weiteren abgefragten Produkten war die Website des UBA zu Klimafolgen und Anpas-sung am bekanntesten. Die Kommunen erkennen Lücken in der Anwendung dieser Instrumente, Angebote und Publikationen.
Nicht-staatliche Initiativen zur Anpassung an den Klimawandel
Neben den oben beschriebenen Aktivitäten von Ländern und Kommunen leisten private und öffentliche Unter-nehmen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie Vereine, Verbände und Stiftungen deutschlandweit ei-nen wesentlichen Beitrag dazu, die Anpassungskapazität an die Folgen des Klimawandels zu stärken. Beispiels-weise bieten regionale Industrie- und Handelskammern (IHKs), Handwerkskammern (HWKs) sowie Landwirt-schaftskammern (LWKs) ihren Mitgliedern Qualifizierungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen zum Umgang
77 Der Klimalotse ist ein Leitfaden, der kommunale Entscheidungsträger dabei unterstützt, die Risiken des Klimawandels zu bewerten und geeignete Klimaanpassungskonzepte zu entwickeln. Online: https://www.umweltbundesamt.de/klimalotse
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 31 – Drucksache 19/23671
mit den Folgen des Klimawandels an. Die Unterstützung im Umgang mit spezifischen Extremwettereignissen steht auch in der Arbeit von Verbänden im Fokus. So berät beispielsweise der Verband Kommunaler Unterneh-men (VKU) seine Mitglieder insbesondere zum Thema Starkregen durch vielfältige Angebote zur Fortbildung, Qualifizierung und Prozesssteuerung. Auch im Bereich der Normung wird die Anpassung an die Folgen des Klimawandels zunehmend berücksichtigt. Das Deutsche Institut für Normung (DIN e. V.) erarbeitet Standards zum Umgang mit den Folgen des Klima-wandels und bringt insbesondere die deutsche Expertise in internationalen Normungsgremien ein78. Weiterhin unterstützt DIN die Integration von Aspekten des Klimawandels in bestehende nationale und europäische Nor-men, etwa durch die Erarbeitung praktischer Anleitung und Hilfestellung für Normenausschüsse79. Darüber hinaus bietet die DIN-Koordinierungsstelle Umweltschutz im DIN Unterstützung bei der systematischen Prü-fung betroffener Normen und Projekte. Ein aktuelles Beispiel für angepasste Standards ist etwa die Richtlinie VDI 3787 des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) zum Planen und Bauen in Städten und Regionen. Der dritte Aktionsplan listet Beiträge des Bundes für diese Arbeiten auf. Besonders innovative Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel von Unternehmen, Forschungseinrich-tungen, Vereinen und Verbänden zeichnet das Umweltbundesamt regelmäßig mit dem Wettbewerb „Blauer Kompass“80 aus. Ziel des Wettbewerbs ist es, herausragende Maßnahmen zu identifizieren, bundesweit sichtbar zu machen und damit zu demonstrieren, wie Anpassung an den Klimawandel in der Praxis aussieht. Er ist im Rahmen der DAS ein wichtiges Kommunikationsinstrument zur Verbesserung von Eigenvorsorge gegenüber Klimarisiken.
Quellenangaben
BMUB (2017): „Handlungsempfehlungen zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit“. Online unter: https://www.bmu.de/themen/klima-energie/klimaschutz/anpassung-an-den-klimawandel/handlungsempfehlungen-fuer-die-erstellung-von-hitzeaktionsplaenen/
Buth, M., Kahlenborn, W., Greiving, S., Fleischhauer, M., Zebisch, M., Schneiderbauer, S., Schauser, I. (2017): „Leitfaden für Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsanalysen“. Dessau: Umweltbundesamt.
Deutscher Städtetag (2019): „Anpassung an den Klimawandel in den Städten. Forderungen, Hinweise und Anregungen.“ Online unter: http://www.staedtetag.de/publikationen/materialien/088394/index.html
Kind, C., Kaiser, T. und Gaus, H. (2019): „Methodik für die Evaluation der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel“. Dessau: Umweltbundesamt. Online unter: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/methodik-fuer-die-evaluation-der-deutschen
Umweltbundesamt (2019): „Umfrage Wirkung der Deutschen Anpassungsstrategie (DAS) für die Kommunen“, Climate Change 01/2019. Dessau: Umweltbundesamt. Online unter: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umfrage-wirkung-der-deutschen-anpassungsstrategie
78 Beispielsweise setzt der internationale Standard ISO 14090:2019-06 Grundsätze, Anforderungen und Leitlinien für die Anpassung von Organisationen an die Folgen des Klimawandels. Dieser Standard wurde mit maßgeblicher deutscher Unterstützung erarbeitet und ist im Frühjahr 2020 auch als europäischer und nationaler Standard veröffentlicht worden (DIN EN ISO 14090:2020-02). Wei-terhin wird der in Erarbeitung befindliche internationale Standard ISO 14091 Leitlinien für die Bewertung der Risiken im Zusam-menhang mit den Auswirkungen des Klimawandels bieten. In diesen Standard sind maßgeblich die Erfahrungen aus der Vulnerabili-tätsanalyse des Bundes eingeflossen. Mit der Veröffentlichung als internationale, europäische und nationale Norm (DIN EN ISO 14091) ist für Ende 2020 zu rechnen.
79 Vgl. z. B. CEN-CENELEC Guide 32 („Addressing climate change adaptation in standards”) und DIN SPEC 35220 („Anpassung an den Klimawandel - Umgang mit Unsicherheiten im Kontext von Projektionen“).
80 Weitere Informationen sowie eine detaillierte Vorstellung der Preisträger der Wettbewerbsrunde 2018 siehe: www.umweltbundes-amt.de/blauerkompass
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B.5. Evaluierung des DAS Strategieprozesses
Die Bundesregierung hat im Fortschrittsbericht 2015 beschlossen, den DAS-Prozess regelmäßig zu evaluieren, um die Prozesse zur Anpassung an den Klimawandel weiter zu entwickeln und kontinuierlich zu optimieren. Mit den Ergebnissen und Empfehlungen der Evaluation sollen Erfolge des DAS-Prozesses aufgezeigt, Schwachstellen identifiziert und Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Prozesses erarbeitet werden. Ne-ben genaueren Erkenntnissen über den DAS-Prozess (Erkenntnisfunktion) und der Überprüfung der Umsetzung von Maßnahmen (Kontrollfunktion) soll die Evaluation dokumentieren, inwieweit Ziele der Anpassung an den Klimawandel erreicht wurden (Legitimationsfunktion) und nicht zuletzt dabei unterstützen, aus dem bisherigen Prozess zu lernen (Lernfunktion), zum Beispiel bei der Umsetzung der DAS insgesamt und von einzelnen An-passungsmaßnahmen. Dementsprechend lautet der konkrete Auftrag aus dem Fortschrittsbericht 2015 (S. 98): „Die IMAA wird die Aktivitäten des Bundes im Rahmen des DAS-Prozesses und den Umsetzungsstand der Aktionspläne regelmäßig evaluieren, um den Fortschritt zur Anpassung an den Klimawandel in Deutschland einzuschätzen und gegebe-nenfalls nach zu justieren. Hierzu wird sie eine abgestimmte Methodik entwickeln und bis 2019 auf dieser Basis eine erste Evaluierung vornehmen.“ Im zurückliegenden Berichtszeitraum wurde die Methodik der Evaluation entwickelt81, mit relevanten Akteuren abgestimmt und von der Interministeriellen Arbeitsgruppe Anpassung beschlossen. Auf Grundlage dieser Me-thodik wurde anschließend die Beauftragung einer unabhängigen Evaluation der Deutschen Anpassungsstrate-gie an den Klimawandel von der IMAA beschlossen und im Rahmen eines Forschungsvorhabens des Umwelt-bundesamtes organisiert 82.
Abbildung 7
Wirkungsmodell für die DAS-Evaluation.
Quelle: Kind et al. (2019, S. 11)
81 „Evaluierung und Weiterentwicklung der DAS“ (FKZ UFOPLAN 3715 41 106 0), Ergebnisse und Dokumentation siehe Kind, C. et al. (2019) https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/methodik-fuer-die-evaluation-der-deutschen
82 „Durchführung einer Politikanalyse zur Evaluation der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) – Politikanalyse DAS“ (FKZ UFOPLAN 3717 48 199 0). Die Evaluation wurde vom Centrum für Evaluation (CEval, Saarbrücken) gemeinsam mit adelphi (Berlin) durchgeführt. Die Ergeb-nisse der Evaluation sind im Evaluationsbericht dokumentiert, siehe Gaus et al. (2019) https://www.umweltbundesamt.de/publikati-onen/politikanalyse-zur-evaluation-der-deutschen
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Die methodische Grundlage für die Evaluation bildet ein eigens entwickeltes Wirkungsmodell (siehe Abbildung 7 sowie Bericht Kind et al. (2019)). Das nachfolgende Schaubild zeigt, wie Aktivitäten auf politischer Ebene letztlich zu Wirkungen hinsichtlich der Senkung von Vulnerabilität und der Steigerung von Anpassungskapa-zität führen können: Im Wirkungsmodell wird unterschieden zwischen einer strategischen Ebene und einer operativen Ebene. Die strategische Ebene bildet den Politikprozess zur Entwicklung und Weiterentwicklung der DAS ab. Die operative Ebene zeigt die Umsetzung der DAS mit Fokus auf den Aktionsplan Anpassung II. Vor diesem Hintergrund wurden fünf zentrale Fragestellungen für die Evaluation formuliert83 und mit unterschiedlichen Methoden un-tersucht (Interviewreihen, Dokumentenanalyse, Befragung zum Stand der Umsetzung des APA II, Delphi-Be-fragung). Die wesentlichen Ergebnisse und Empfehlungen auf strategischer und operativer Ebene, die von den unabhän-gigen Evaluierenden formuliert wurden, lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen:
Strategische Ebene
Der Stellenwert von Anpassung an den Klimawandel ist in den Bundesressorts unterschiedlich: Teilweise be-steht eine starke Verankerung, beispielsweise in Form thematisch spezifischer Facheinheiten. Teilweise steht Anpassung an den Klimawandel nicht im Vordergrund einzelner Ressorts, zum Beispiel wenn die Betroffenheit durch den Klimawandel gering erscheint oder weil die aktuelle Ressourcenausstattung dies nicht zulässt. Die Evaluationsergebnisse stützen die Schlussfolgerung, die Institutionalisierung von Anpassung an den Kli-mawandel in den Ressorts zu verstärken und – damit verbunden – die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts zu vertiefen (horizontale Integration). Neben diesem Bedarf an vertiefter, ressortübergreifender Kooperation zeigt die Evaluation auch Bedarf, die Bund-Länder-Zusammenarbeit zu verbessern und strategischer auszurich-ten (vertikale Integration). Die bisherige Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern wird vor allem auf Basis der Interviewergebnisse als gut, aber ausbaufähig angesehen: im Vordergrund steht hierbei insbesondere aus Länderperspektive, dass die rechtlichen Grundlagen für eine Anpassung an den Klimawandel gestärkt und fi-nanzielle Aktivitäten des Bundes unter Beachtung föderaler Strukturen ausgebaut werden sollten, um die Maß-nahmenumsetzung zu verbessern. Dies kann der Bund zum Beispiel dadurch erreichen, dass Anpassung an den Klimawandel in Bundes-Förderinstrumente integriert wird, um investive Maßnahmen zu ermöglichen. Anpassung an den Klimawandel benötigt klare und konkrete Ziele, damit Anpassungsmaßnahmen wirksam sein können. Die Ergebnisse der Evaluation zeigen, dass der Bund die Handlungsziele zur Anpassung an den Kli-mawandel in den Strategie-Dokumenten (z. B. Fortschrittsberichte) konkreter formulieren sollte. Die Zielfor-mulierungen in der DAS und im Fortschrittsbericht 2015 (Verwundbarkeit gegenüber dem Klimawandel ver-ringern, Anpassungskapazität erhöhen) geben zwar eine grobe Orientierung, erschweren aber eine Überprüfung, inwieweit diese Ziele erreicht wurden bzw. erreicht werden können – die bisherigen Ziele sind zu unspezifisch formuliert. In Verbindung damit zeigt die Evaluation auf, dass die DAS-Dokumente zukunftsweisender sein sollten, also durchaus konkrete Leitbilder oder Zielsysteme für die Anpassung an den Klimawandel formulieren können. Wenn Anpassung an den Klimawandel breit in der Gesellschaft verankert werden soll, ist die Beteiligung staat-licher und nicht-staatlicher Akteure ein wesentlicher Baustein hierfür. In der Evaluation wurde festgestellt: Be-teiligungsprozesse wurden in den Ressorts durchgeführt, sind aber nicht umfassend und systematisch in der Umsetzung und Weiterentwicklung der DAS verankert. In der DAS-Evaluation wurde empfohlen, Beteiligung und Konsultation auszubauen, um Anpassung an den Klimawandel gesellschaftlich breiter zu verankern und um soziale Aspekte und Gerechtigkeitsfragen der Anpassung an den Klimawandel zu berücksichtigen.
Operative Ebene
Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel haben dann die größte Wirkung, wenn sie dort ansetzen, wo die höchsten Handlungserfordernisse bestehen. Die Evaluation zeigt, dass sie das nicht in jedem Fall tun, sodass
83 Die fünf zentralen Fragestellungen für die Evaluation lauteten: 1. Sind die Rahmenbedingungen für die Arbeit am DAS-Prozess passend (zum Beispiel Austausch und Koordination, Strukturen für die horizontale und vertikale Zusammenarbeit, Ressourcen etc.)? 2. Wie ist der Umsetzungsstand des APA II? 3. Inwieweit wurde Anpassung an den Klimawandel angemessen verankert (Dauerauf-gabe und Mainstreaming)? 4. Inwieweit hat der DAS-Prozess dazu geführt, dass Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen ihre eigene Verantwortung zur Anpassung an den Klimawandel verstärkt wahrnehmen (Eigenvorsorge)? 5. Inwieweit hat der DAS-Pro-zess dazu beigetragen, die Vulnerabilität gegenüber den Folgen des Klimawandels zu reduzieren?
Drucksache 19/23671 – 34 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
empfohlen wird, den direkten Zusammenhang zwischen 1. hohen Handlungserfordernissen, 2. einer systemati-schen Auswahl von direkt hierzu passenden Anpassungsmaßnahmen und 3. einer Priorisierung dieser Maßnah-men zu verankern. Die Planung von Maßnahmen muss auf Klimawirkungen mit hohen Handlungserfordernis-sen fokussieren und noch stärker als bislang an der Umsetzung der Maßnahmen ausgerichtet sein. Das heißt, Maßnahmenverantwortliche auch in die Lage zu versetzen, diese umsetzen zu können (siehe oben: Zugang zu investiven Mitteln ermöglichen). In der DAS-Evaluation wurde empfohlen, die Vorbildrolle des Bundes bei der Umsetzung von Maßnahmen zu stärken. Das kann zum Beispiel dadurch gelingen, bundeseigene Gebäude, Lie-genschaften und Infrastrukturen klimaresilient zu machen. Dies würde die Rolle des Bundes als Impulsgeber stärken. Die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ist mitunter direkt „zu sehen“ – bei-spielsweise die Wirkung blauer und grüner Infrastrukturen bei der Reduktion des Wärmeinseleffektes in dicht besiedelten Regionen / Großstädten. Mitunter braucht es lange Zeiträume, bis Maßnahmen wirksam werden. Bei vielen Maßnahmen des APA II ist es derzeit (methodisch) schwierig, belastbare Aussagen zu deren Wirk-samkeit zu treffen. Daher empfiehlt die Evaluation, die Wirkungsabschätzungen von Maßnahmen sowie der DAS insgesamt zu verbessern. Ein wichtiger Bestandteil der DAS ist es, die Eigenvorsorge von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Unter-nehmen zu verbessern. Die Evaluation zeigt, dass es hierzu erste Ansätze gibt, die Eigenvorsorge aber noch mehr verstärkt werden muss, beispielsweise durch umfassendere Sensibilisierungsmaßnahmen und durch An-gebote – unter anderem des Bundes –, um Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich Maßnahmen zu identifizieren und umzusetzen. In diesem Sinne sollte das seit 2011 beste-hende und von einigen Kommunen genutzte DAS-Förderprogramm versuchen, stärker Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. In Kapitel C des Fortschrittsberichtes werden die Schlussfolgerungen der IMA Anpassung an den Klimawandel aus der Evaluation konkretisiert.
Quellenangaben
Gaus, H., Silvestrini, S., Kind, C., Kaiser, T. (2019): „Durchführung einer Politikanalyse zur Evaluation der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) – Politikanalyse DAS“. Dessau: Umweltbundesamt. Online unter: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/politikanalyse-zur-evaluation-der-deutschen
Kind, C., Kaiser, T. und Gaus, H. (2019): „Methodik für die Evaluation der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel“. Dessau: Umweltbundesamt. Online unter: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/methodik-fuer-die-evaluation-der-deutschen
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C. Schlussfolgerungen der IMA „Anpassung an den Klimawandel“
Mit der DAS liegt das klare Bekenntnis der Bundesregierung vor, die Anpassung an die Folgen des Klimawan-dels aktiv zu gestalten. Sie bildet den strategischen Rahmen für die Politikinstrumente und Maßnahmen der Bundesregierung und trägt dazu bei, die Klimaanpassung dauerhaft in allen gesellschaftlichen Bereichen und bei den relevanten Akteuren zu verankern. Die DAS leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der Verpflichtungen Deutschlands im Rahmen des UN-Klimaübereinkommens von Paris (COP 21, 2015) sowie zur Umsetzung der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung. Insgesamt ist es mit der DAS bislang gelungen, die Maßnahmen und Kräfte der Ressorts der Bundesregierung und auch anderer staatlicher und gesellschaftlicher Akteure zu bündeln und zu fokussieren. Hierdurch ist eine integrierte Betrachtung auf die Anpassung an die Folgen des Klimawandels ermöglicht worden und die DAS wurde zentraler Bestandteil in verschiedenen Politik- und Handlungsfeldern. Dies ist auch der konstruktiven Zusammenarbeit der Bundesressorts und ihrer nachgeordneten Behörden innerhalb der Interministeriellen Ar-beitsgruppe Anpassung an den Klimawandel (IMAA) und dem Behördennetzwerk sowie den einschlägigen Bund-Länder-Gremien zu verdanken. Die DAS ist als Daueraufgabe etabliert. Anpassungsprozesse auf allen Ebenen befinden sich in der kontinuier-lichen Umsetzung, wobei weiterhin auch fortwährender Bedarf nach konzeptioneller Arbeit besteht. Die Auf-gabe ist auf hohem Niveau zu verstetigen und weiter auszubauen sowie die mit der Umsetzung von Anpas-sungsmaßnahmen betrauten Akteure weiter zu stärken. Das vorliegende Kapitel skizziert im Sinne eines „Ar-beitsprogramms“, wie die Bundesregierung im kommenden Berichtszeitraum (2020-2025) den Politik- und Strategieprozess zur DAS auf der Grundlage der Evaluationsergebnisse weiterentwickeln will, um geeignete Rahmenbedingungen für die Stärkung der Anpassungskapazitäten auf allen Ebenen zu schaffen.
C.1 Vision und Ziele des DAS Prozesses
Vision und Ziele konkretisieren
Nachvollziehbare Visionen und überprüfbare Ziele erleichtern eine effiziente Umsetzung von Politikprozessen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Ziel der DAS ist es, die Verletzlichkeit (Vulnerabilität) der Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt durch die Folgen des Klimawandels zu verringern bzw. deren Anpassungsfähigkeit zu erhalten und zu steigern. Die IMAA wird im Rahmen dieser Zielformulierung in Zusammenarbeit mit den Län-dern eine Vision für ein klimaresilientes Deutschland 2060 mit einem Horizont auf 2100 entwickeln; sie wird dabei auch die zeitlichen Eckpunkte der EU-Anpassungsstrategie berücksichtigen. Im Rahmen der Vision für ein klimaresilientes Deutschland werden spezifische, nachvollziehbare und überprüfbare Ziele der Klimaanpas-sung in Deutschland für die einzelnen Handlungsfelder benannt. Die IMAA wird aufzeigen, unter welchen Be-dingungen diese Ziele erreichbar sind.
Handlungsfelder überprüfen und ergänzen
Die IMAA wird die bestehenden 15 Handlungsfelder im Hinblick auf aktuelle Vulnerabilitäten überprüfen und ggf. um weitere relevante Bereiche wie z. B. die Telekommunikationsinfrastruktur / Digitalisierung oder das kulturelle Erbe ergänzen.
C.2 Rahmenbedingungen
Die Anpassung an die Folgen des Klimawandels erfordert geeignete Rahmenbedingungen, um die mit der DAS verfolgten Ziele zu erreichen. Kontinuität von horizontaler und vertikaler Kooperation und Koordination sowie die Identifikation geeigneter Maßnahmen und eine angemessene Ausstattung mit Personal und Finanzmitteln unter Nutzung von Synergien und Vermeidung von Doppelstrukturen und im Rahmen der in den betroffenen Einzelplänen der Ressorts jeweils zur Verfügung stehenden Mittel zählen hierbei zu den wesentlichen Voraus-setzungen. Effiziente Organisationsstrukturen müssen deren optimalen Einsatz gewährleisten und die relevan-ten Akteure einbinden. Die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel hat gezeigt, dass ein koordi-niertes Vorgehen von Bund, Ländern und Kommunen in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen der richtige Ansatz für die Umsetzung einer adaptionsorientierten Politik ist. Dieses gilt es fortzusetzen und zu intensivieren.
Drucksache 19/23671 – 36 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Rechtliche Grundlagen für eine Anpassung an den Klimawandel weiter stärken
Eine Überprüfung der Fachgesetzgebungen zählt zu den dauerhaften Kernaufgaben der jeweils zuständigen Ressorts. Eine Vielzahl von Fachgesetzen wie z. B. das Raumordnungs-, Bauplanungs- und Städtebaurecht be-rücksichtigen bereits Aspekte der Klimaanpassung. Die IMAA wird im nächsten Berichtszyklus ein Augenmerk darauflegen, wie Aspekte der Klimaanpassung in anderen Fachgesetzen weiter präzisiert und hierdurch gestärkt werden können. Die Ressorts der IMAA werden im Rahmen der jeweiligen Ressortzuständigkeit auch den un-tergesetzlichen Handlungsspielraum eruieren und den Vollzug, u. a. durch die Integration von weiteren Vorsor-geaspekten in die Normung, entsprechend stärken. Darüber hinaus werden sich Bund und Länder weiter dazu austauschen, wie der Rahmen für kommunale Anpassung gestärkt werden kann, damit Vorsorge vor Klimarisi-ken flächendeckend in erforderlichem Umfang betrieben wird.
Zusammenarbeit und Netzwerke strategisch ausrichten
Auf folgenden Ebenen wird der Bund die bestehenden Strukturen der Zusammenarbeit mit Ländern, Kommu-nen und weiteren gesellschaftlichen Akteuren bei der Umsetzung von Anpassungsstrategien und Maßnahmen-plänen weiter ausbauen: Bund-Länder-Zusammenarbeit weiter vertiefen: Bund und Länder intensivieren die bestehende gute Zusam-menarbeit im Bereich Anpassung und untersuchen verstärkt auch Nutzungskonflikte, die sich durch die Folgen des Klimawandels ergeben wie beispielsweise in der Wassernutzung und der Landnutzung. Um sich bezüglich des Meeresspiegelanstiegs langfristig klimaresilient aufzustellen, werden Bund und Länder im engen Dialog miteinander eine Strategie zum Umgang mit dem Meeresspiegelanstieg erarbeiten und dabei auch Folgen für das Binnenland berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund werden sie den Sonderrahmenplan der Gemein-schaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes: Maßnahmen des Küstenschutzes in Folge des Klimawandels (2009 – 2025)“ evaluieren; auch das Thema „Hochwasser“ im Binnenland erfordert weiterhin eine intensive Zusammenarbeit mit den Ländern im Rahmen des Nationalen Hochwasserschutzpro-gramms (NHWSP). Schlüsselakteure der Anpassung aktivieren und Netzwerke ausbauen: Die zentralen DAS-Gremien IMAA und Behördennetzwerk unterstützen im Rahmen ihres üblichen Verwaltungshandelns Schlüsselakteure bei der Kon-zeption und Umsetzung von Vernetzungsaktivitäten, um Klimaanpassung in Regionen künftig stärker zu ver-ankern und in die Gesellschaft zu tragen. Auch das Bund-Länder-Gremium, der Ständige Ausschuss zur An-passung an die Folgen des Klimawandels der Länder (StA AFK), leistet hier einen wichtigen Beitrag. Die IMAA prüft, inwieweit - je nach Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln unter Berücksichtigung des Einzelplanplafonds und in Abstimmung mit den Ländern - die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren weiter intensiviert werden kann, wie z. B. durch Einrichtung einer jährlichen Kommunalkonferenz zum Austausch mit den Kommunen oder eines Nationalen Klimavorsorgekongresses zu einer fachübergreifenden Verständigung zwischen Politik, Verwaltung und Fachöffentlichkeit. Beirat Klimavorsorge: Die Einrichtung eines Beirats hat sich bereits in anderen Fachthemen als Beratungsgre-mium bewährt und zur besseren Einbeziehung der Zivilgesellschaft beigetragen. Vor diesem Hintergrund wird die IMAA die Einrichtung eines Beirats „Klimavorsorge“ beispielsweise aus Vertretern der Kommunalen Spit-zenverbände, der Wissenschaft, der Verbände und der zivilgesellschaftlichen Organisationen (u. a. Ehrenamt) prüfen. Aufgabe dieses Beirats wird es u. a. sein, auf Basis von gesellschaftlichen Bedarfen und von Erkennt-nissen der Wissenschaft regelmäßig Anregungen für die Weiterentwicklung der Anpassungspolitik zu erarbei-ten sowie relevante Bedarfe für weitere Forschung zu identifizieren. Forschung und operationelle Datendienste: Für eine effiziente, kohärente und zielgenaue Entwicklung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen ist fundiertes Wissen zu Klimafolgen, Vulnerabilitäten, Handlungsop-tionen und der Wirkung von Anpassungsmaßnahmen essentiell. Um Wissenslücken zu schließen und aktuelles Wissen zum fortschreitenden Klimawandel sicherzustellen, ist weitere Forschung beispielsweise durch For-schungs- und Entwicklungsprojekte notwendig. Zudem werden operationelle Datendienste wie der DAS-Basis-dienst „Klima und Wasser“ und das Klimavorsorgeportal (KLiVO) benötigt. Forschung und operationelle Da-tendienste gilt es umzusetzen, auszubauen und fortzuführen. Der Basisdienst „Klima und Wasser“ befindet sich noch in der Aufbauphase und hat sein volles Potential noch nicht erreicht. Aufbauend auf Forschungsergebnis-sen und weiteren vorhandenen Erkenntnissen soll der DAS-Basisdienst „Klima und Wasser“ auf operativer Ebene Vorhersage- und Projektionsdaten sowie nutzergerechte Dienstleistungen für die in Deutschland notwen-digen Anpassungsmaßnahmen dauerhaft bereitstellen.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 37 – Drucksache 19/23671
Institutionalisierung und Operationalisierung der internationalen Berichtspflichten und Berichterstattung im Rahmen der EU Governance Verordnung: Im Rahmen der EU Governance- Verordnung kommt auf Deutsch-land eine umfangreiche, neue Berichtspflicht zu. Beispielsweise werden bisher fehlende Daten zu Kosten von Schäden und von Anpassungsmaßnahmen sowie Informationen der Bundesländer und der kommunalen Ebene erhoben, aufbereitet und berichtet werden (müssen). Hierfür muss Deutschland die institutionellen und metho-dischen Voraussetzungen schaffen, um im 2-Jahresrhythmus Berichte zur Anpassung an den Klimawandel an die Europäische Kommission liefern zu können. Um Synergien zu nutzen, werden diese Arbeiten eng an die Koordinierungsstelle zum DAS-Monitoring im UBA angebunden und mit der IMAA abgestimmt. Berichtswesen und Produkte der DAS: Die IMAA wird die zeitliche Abfolge und das Ineinandergreifen des Berichtswesens der Deutschen Anpassungsstrategie (Monitoring-Bericht, Vulnerabilitätsanalyse, Fortschritts-bericht) prüfen. Dabei sollen berücksichtigt werden: die Schritte im Politikzyklus Klimaanpassung (siehe Ka-pitel A.2), sowie die Möglichkeiten, Ergebnisse des Monitorings und der Evaluation sowohl für künftige Akti-onspläne als auch für künftige Fortschrittsberichte zur DAS noch stärker nutzen zu können. Die IMAA und die Koordinierungsstelle DAS-Monitoring im UBA werden einen Vorschlag für das künftige DAS-Berichtswesen entwickeln und umsetzen.
Finanzierung sichern
Ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen sind wesentliche Grundlagen der Vorsorge gegenüber Kli-mawandelfolgen. Aufgrund des Charakters der Klimaanpassung als Querschnittsaufgabe besteht eine Vielzahl von Förderinstrumenten und Finanzierungsmechanismen in den verschiedenen Handlungsfeldern der DAS auf den Ebenen von Bund und Ländern. Bislang fehlt es jedoch an einer Gesamtschau der direkt und indirekt für die Klimaanpassung aufgewendeten Mittel. Diese wird jedoch z. B. auf EU-Ebene vermehrt nachgefragt als wesentliches Element einer Standortbestimmung in Sachen Klimaanpassungsfinanzierung. Vor diesem Hintergrund wird sich die IMAA zum einen koordinierend dafür einsetzen, eine Methodik zu ent-wickeln, mit der die direkten und indirekten Aufwendungen für die Klimaanpassung auch in den Querschnitts-bereichen dargestellt werden können. Die IMAA kann von UBA oder Behördennetzwerk unterstützt werden. Die IMAA wird kontinuierlich beteiligt und entscheidet darüber, ob die Methodik geeignet ist und wie sie aus-gestaltet wird, um zu einer möglichst zielführenden Anwendung zu kommen. Die Darstellung der finanziellen Aufwendungen zur Klimaanpassung kann dabei um textliche Beschreibungen ergänzt werden. Ziel ist es, an-hand einheitlicher Kriterien und einer gemeinsamen Vorgehensweise die finanziellen Mittel, die aus dem Bun-deshaushalt bereits in Klimaanpassung investiert werden, zu sichten und eine Bestandsaufnahme durchzufüh-ren. Diese Bestandsaufnahme der Bundesausgaben soll es ermöglichen, den Umfang der zahlreichen Aktivitäten des Bundes zur Klimavorsorge in den einzelnen Handlungsfeldern stärker als bisher sichtbar zu machen. Zum anderen wird die IMAA der Frage vertieft nachgehen, welche Finanzbedarfe für die Investitionen zur Anpassung an den Klimawandel tatsächlich bestehen; hierbei wird sie auch die bestehenden Erkenntnisse im Hinblick auf die Kosten des Nichthandelns und Schadenspotentiale ausweiten und berücksichtigen (siehe Ka-pitel B.2). Die Betrachtung der Finanzbedarfe wird sich an den Zielen der DAS ausrichten (siehe hierzu oben C.1). Die IMAA wird sich auf Grundlage wissenschaftlicher Arbeiten mit Schadenspotentialen und der ökono-mischen Wirkung von Klimawandel und Anpassungsmaßnahmen in Deutschland („Was kostet es, nicht zu han-deln?“) inklusive der kulturellen und ökologischen Wirkungen befassen. Eine Zusammenschau und Bilanzierung der genannten Aspekte ermöglicht eine Standortbestimmung zur An-gemessenheit der Bundesaktivitäten zum Umgang mit den Folgen des Klimawandels. Auf der Grundlage dieser Standortbestimmung können dann gemeinsam mit den Ländern Handlungsbedarfe identifiziert und Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Finanzierungsinstrumente gezogen werden. Vor die-sem Hintergrund beginnen die Bundesressorts im kommenden Berichtszeitraum die bestehenden Bundespro-gramme mit Bezug zur Klimaanpassung im Hinblick auf Bedarfsgerechtigkeit und Zielgenauigkeit zu überprü-fen. Sie prüfen, ob aus ihrer Sicht eine Optimierung finanzieller und personeller Mittel für die Umsetzung der Maßnahmen des Aktionsplans Anpassung (APA III) erforderlich sein könnte und erarbeiten Vorschläge, soweit nicht bereits erfolgt, wie die Anpassungsmaßnahmen an die Folgen des Klimawandels besser in bereits beste-henden Förderprogrammen adressiert werden können (z. B. durch Konkretisierung der Förderbedingungen) o-der inwieweit die Neuauflage von Förderprogrammen erforderlich ist. Der Bund wird im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Zuständigkeit und verfügbarer Haushaltsmittel sicher-stellen, dass die finanziellen und personellen Ressourcen an den Zielen auf Bundesebene im jeweiligen Ressort ausgerichtet werden. Eventuelle Mehrbedarfe im Bereich der verfassungsrechtlichen Zuständigkeit des Bundes
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werden finanziell und stellenplanmäßig im Rahmen der betroffenen Einzelpläne zu realisieren sein, ohne Prä-judiz für zukünftige Haushaltsverhandlungen. Zusätzlich wird der Bund prüfen, inwiefern über die Verankerung von Klimaanpassung in den jeweiligen Fachprogrammen hinaus ein Fördertitel für übergreifende Maßnahmen des Bundes zur Klimaanpassung eingerichtet werden kann. Hierdurch könnte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass neben den jeweiligen Programm-spezifischen Förderzwecken eine übergeordnete Steuerung der Klimaanpassung auf Bundesebene mit einem systematischen Ansatz möglich wird. Um darüber hinaus seine Funktion als Impulsgeber in der Anpassungsförderung auszubauen und Anreize für eine integrierte und nachhaltige Anpassung zu setzen, wird der Bund die Förderung innovativer Projekte der Klimaanpassung zielgenauer ausrichten. Er strebt dabei an, auch diejenigen Akteure (z. B. Kommunen) zu ad-ressieren, die noch über wenig Erfahrung in der Klimavorsorge verfügen. Die unterschiedlichen Förderprogramme der Länder tragen dazu bei, im Sinne einer kommunalen Breitenför-derung die Klimaresilienz der Kommunen bundesweit voranzubringen. Der Bund stellt den Ländern so ge-wünscht und im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Zuständigkeit sowie der verfügbaren Haushaltsmittel Untersuchungen zu Schadenspotentialen und Methoden zur Verfügung. Zunehmend müssen auch private Unternehmen bei umfangreicheren Kredit-, Versicherungsvergaben oder In-vestitionsentscheidungen die Risiken des Klimawandels berücksichtigen und ihre Eigenvorsorge darlegen. Die Bundesregierung unterstützt deshalb nationale und internationale Initiativen zur Offenlegung klimawandelbe-zogener Risiken und sonstigen Veränderungen. Internationale Aktivitäten zur systematischen Bewertung der Klimaresilienz von privaten Investitionen, von Managementstandards von Organisationen für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels sowie Aktivitäten, die sich auf eine Taxonomie nachhaltiger Anpassungsfi-nanzierung richten, werden unterstützt.
C.3 Maßnahmensetzung
Mit zunehmendem Stand des Wissens über Risiken und Vulnerabilitäten und der zunehmenden Erkennbarkeit der Folgen des Klimawandels sowie zunehmend gezielter Ressourcenallokation tritt die Umsetzung der DAS durch konkrete Maßnahmen immer weiter in den Vordergrund. Der Bund wird dabei künftig einen besonderen Schwerpunkt setzen:
Unterschiedliche gesellschaftliche Ausgangslagen berücksichtigen
Die IMAA wird sich künftig verstärkt auch mit den Anpassungskapazitäten in unterschiedlichen gesellschaftli-chen Gruppen auseinandersetzen (einkommensschwache und einkommensstarke Haushalte, Gender, Alter etc.) und die DAS Instrumente und Maßnahmen strategisch gezielter auf die konkreten Anpassungsbedarfe der be-troffenen Gruppen ausrichten. Sie leistet damit einen Beitrag zur Sozial- und Umweltgerechtigkeit.
Klimafolgen- und Wirksamkeitseinschätzung des Bundes
Der Bund wird im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Zuständigkeit und im Rahmen verfügbarer Haushalts-mittel seiner Vorbildrolle gerecht, indem er notwendige Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel im eigenen Verantwortungsbereich verstärkt umsetzt. Die Ressorts der IMAA setzen sich dafür ein, dass neue bzw. zu überarbeitende Strategien, Maßnahmenpläne und Programme dahingehend geprüft werden, ob diese Syner-gien zur Anpassung an den Klimawandel aufweisen, ob möglicherweise Zielkonflikte bestehen und wie sie entsprechende Handlungserfordernisse ggf. berücksichtigen können. Die Maßnahmen des Aktionsplans Anpassung sollen künftig transparenter und besser nachvollziehbar zusam-mengestellt werden, indem auch so weit als möglich Wirkungsabschätzungen von Maßnahmen erfolgen. Dabei sollen die im Rahmen des Behördennetzwerks zu erarbeitenden Maßnahmen aufgrund der vordringlichen Kli-mafolgen und Handlungsbedarfe, die sich aus der Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsanalyse ergeben, sowie einer zu erarbeitenden kriterienbasierten Einzelbewertung zusammengestellt und – soweit dies möglich ist – hinsichtlich ihrer Wirksamkeit eingeschätzt und mit anderen Nachhaltigkeitszielen in Einklang gebracht wer-den. Die IMAA wird hierzu ein Verfahren abstimmen. Zur verbesserten Wirkungsabschätzung der DAS insgesamt wird auch die Methodik der Evaluation weiterent-wickelt. Mit fortschreitender Umsetzung der DAS wird dieser Aspekt an Wichtigkeit gewinnen. Die IMAA wird hierzu Anfang 2021 – rechtzeitig vor dem Start der nächsten Evaluation – die erforderlichen Vorausset-zungen schaffen.
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Maßnahmen anderer Akteure
Die Wirksamkeit der Aktionsplanung des Bundes soll gesteigert werden, indem künftig bei Bedarf und in enger Abstimmung mit den jeweils zuständigen Akteuren auch Instrumente und Maßnahmen der Länder und weiterer Akteure in Deutschland in die Aktionspläne des Bundes informatorisch aufgenommen werden können. Um auch für diejenigen Akteure einen Einstieg in die Klimaanpassung zu erleichtern, die bislang noch nicht intensiv mit der Klimaanpassung befasst sind, wird künftig – in enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenver-bänden – in der DAS geprüft, auch Empfehlungen für Kommunen aufzunehmen.
C.4 Kommunikation und Beteiligung
Die Zuständigkeit für die Umsetzung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel liegt nicht nur beim Bund; auch Länder und Kommunen, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen sind in dieser gesamtgesell-schaftlichen Aufgabe gefragt. Eine aktive Beteiligung aller Akteure ist notwendig, um die jeweils passende (zuständige) Ebene zu adressieren und diese in die Lage zu versetzen, Risiken durch den Klimawandel zu er-kennen, in ihrer Wirkung zu bewerten und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen.
Beteiligung ausbauen und Eigenvorsorge stärken
Die IMAA setzt die Beteiligung von Stakeholdern im Rahmen des DAS-Prozesses kontinuierlich und auf breiter Basis fort. Dabei wird sie über diskursive Beteiligungsverfahren und Dialogformate weitere Akteursgruppen, z. B. der organisierten Zivilgesellschaft und der Wirtschaft, noch intensiver einbinden, um Aktivitäten des Bun-des auf deren Bedürfnisse auszurichten und gute Praxisbeispiele auf regionaler und lokaler Ebene zu erproben und aufzuzeigen. Ein wichtiger Aspekt der Klimaanpassung ist eine wirksame Stärkung von Eigenvorsorge der Bürgerinnen und Bürger sowie von Unternehmen in den Bereichen, die nicht in staatlicher Zuständigkeit liegen. Private Akteure müssen daher über mögliche Risiken informiert und in die Lage versetzt werden, selbst Anpassungsmaßnahmen ergreifen zu können. Viele Strategien und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, die im Entschei-dungsbereich und auch im Eigeninteresse privater Haushalte und Unternehmen liegen, können staatliches Han-deln zur Verringerung der Risiken durch die Folgen des Klimawandels sinnvoll ergänzen aber nicht ersetzen. Hierfür bedarf es der Entwicklung zielgruppenspezifischer Formate, die auf die jeweils spezifischen Einfluss-faktoren der Eigenvorsorge in diesen Zielgruppen eingehen und auch deren ökonomischen Voraussetzungen berücksichtigen. Die in der IMAA vertretenen Ressorts werden hierzu ihre Aktivitäten im Bereich der Presse- und Öffentlich-keitsarbeit weiterentwickeln. Das Umweltbundesamt stellt darüber hinaus Instrumente zur Verfügung, mit de-nen die Wirksamkeit der eingesetzten Beteiligungsverfahren und -formate systematisch bewertet und überprüft werden kann.
Entscheidungsträger gezielt ansprechen
Ein weiterer Erfolgsfaktor für die Anpassung an den Klimawandel ist die Einbeziehung von Entscheidungsträ-gern und Multiplikatoren, die z. B. in den öffentlichen Verwaltungen, in der Land- und Forstwirtschaft, bei der Feuerwehr, den Verbänden und in der Privatwirtschaft immer wieder mit den Folgen des Klimawandels zu tun haben. Als eine wesentliche Grundlage für die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen werden die in der IMAA vertretenen Ressorts im Rahmen ihrer Zuständigkeit der Wissensvermittlung und zielgerichteten Bil-dungsangeboten für Entscheidungsträger einen hohen Stellenwert einräumen. Regionalveranstaltungen, Wett-bewerbe und Paten-Modelle, bei denen Kommunen sich gegenseitig beraten und unterstützen, können eine ge-zielte Ansprache und zusätzliche Anreize für die Kommunen schaffen. Die Ressorts der IMAA werden die dauerhafte Finanzierung des Klimavorsorgeportals (KLiVO-Portals) bis Ende 2022 prüfen und in enger Zusammenarbeit mit den nachgeordneten Behörden das KLiVO-Portal weiter inhaltlich ausfüllen. Ein weiteres Kommunikationsinstrument im Rahmen der DAS ist der Wettbewerb „Blauer Kompass“ (www.umweltbundesamt.de/blauerkompass), der herausragende Klimaanpassungsprojekte prämiert und damit konkrete Lösungen hervorhebt und in die Breite trägt. Die IMAA strebt eine Verstetigung des Wettbewerbs im Zweijahresrhythmus an und prüft Möglichkeiten für eine dauerhafte Finanzierung vorrangig im Rahmen des BMU-Einzelplans.
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Verstetigung der Konsultation
Die Konsultation von Ländern, kommunalen Spitzenverbänden, Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialverbänden sowie weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen zu den Fortschrittsberichten wird künftig als fester Be-standteil des DAS-Prozesses und insbesondere des Fortschrittsberichts etabliert.
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D. Politische Schwerpunktsetzung
Eine wirksame Vorsorge gegenüber den Folgen des Klimawandels in Deutschland ist nur gemeinsam von Bund, Ländern, Kommunen und weiteren gesellschaftlichen Akteuren leistbar. Das verdeutlichen die oben benannten aktuellen Erkenntnisse und Ergebnisse zu Klimafolgen und Anpassungsmaßnahmen (siehe Kapitel B). Aus den sich daraus ableitenden Schlussfolgerungen der IMAA (siehe Kapitel C) stellen im kommenden Berichtszeit-raum drei Themenfelder besondere Schwerpunkte für die strategische Weiterentwicklung der DAS dar: – Die Entwicklung einer Vision für ein klimaresilientes Deutschland 2060 sowie spezifischer, nachvollzieh-
barer und überprüfbarer entsprechender Ziele. Die IMAA wird diese Vision in Zusammenarbeit mit den Ländern und mit einem Horizont auf 2100 entwickeln. Dabei werden auch eventuelle zeitliche Eckpunkte der EU-Anpassungsstrategie berücksichtigt. Die IMAA wird für die im Rahmen der Vision entwickelten Ziele in den einzelnen Handlungsfeldern aufzeigen und beschreiben, unter welchen Bedingungen diese Ziele erreichbar sind.
– Eine verbesserte Wirksamkeitseinschätzung bei der Entwicklung von Maßnahmen für den Aktionsplan Anpassung. Die Maßnahmenvorschläge des Behördennetzwerkes bilden eine wichtige Diskussionsgrund-lage und sollen künftig – soweit dies möglich ist – hinsichtlich ihrer Wirksamkeit eingeschätzt werden. Die Vorschläge des Netzwerkes erfolgen auf Grundlage der vordringlichen Klimafolgen und Handlungs-bedarfe, die sich aus der Klimawirkungs- und Vulnerabilitätsanalyse ergeben, sowie einer kriterienbasier-ten Einzelbewertung. Die IMAA wird hierzu ein Verfahren abstimmen.
– Eine Bestandsaufnahme der Ausgaben des Bundes zur Anpassung an den Klimawandel inklusive ihres in den verschiedenen Bereichen zu erwartenden Nutzens sowie einer Erhebung von Schadenspotentialen und der ökonomischen Wirkung von Klimawandel und Anpassungsmaßnahmen in Deutschland. Zur Entwick-lung einer Methodik für eine solche Bestandsaufnahme leistet das UBA, unter Einbindung des Behörden-netzwerkes, Unterstützung für die IMAA.
Aktionsplan Anpassung III: Politikinstrumente des Bundes zur Reduzierung der Vulnerabilität Deutsch-lands gegenüber dem Klimawandel
Die drei oben genannten politischen Schwerpunkte werden eingerahmt von den konkreten Politikinstrumenten des Bundes zur Reduzierung der Vulnerabilität Deutschlands gegenüber dem Klimawandel. Diese sind für die kommenden fünf Jahren im dritten Aktionsplan Anpassung (APA III) berücksichtigt, der im Folgenden vorge-stellt wird. Die Aktivitäten des Aktionsplans Anpassung III sind den Clustern „Wasser“, „Infrastrukturen“, „Land“, „Ge-sundheit“, „Wirtschaft“ und „Raumplanung und Bevölkerungsschutz“ zugeordnet. Aktivitäten mit einem hand-lungsfeldübergreifenden Charakter, wie die Bereitstellung von Daten- und Informationsdiensten oder Förder-aktivitäten zur Anpassung an den Klimawandel, sind unter dem Cluster „Übergreifend“ zusammengefasst. Im Folgenden werden zentrale Maßnahmen der jeweiligen Cluster kurz vorgestellt.
Instrumente und Maßnahmen im Cluster Wasser
Das Nationale Hochwasserschutzprogramm wird fortgeführt, um steigenden Risiken von Hochwasserereignis-sen koordiniert und länderübergreifend zu begegnen. Der Sonderrahmenplan „Maßnahmen des präventiven Hochwasserschutzes“ der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ stellt hierfür Bundesmittel, die mit Landesmitteln kofinanziert werden, zur Verfügung. Zudem wird der Bund im Rahmen der Fortschreibung der Hochwassergefahrenkarten auf eine Harmonisierung dieser Karten hinwir-ken. Die Renaturierung von Fließgewässern, die als Wasserstraßen ausgebaut sind und im Eigentum des Bundes stehen sowie ihrer Auen über das Bundesprogramm Blaues Band Deutschland trägt ebenfalls zum Hochwas-serschutz bei, aber auch zur Erreichung eines „guten ökologischen Zustands“ bzw. des „guten ökologischen Potenzials“84 der Fließgewässer. Insbesondere an Wasserstraßen mit einer veränderten verkehrlichen Nutzung ergeben sich dabei Möglichkeiten, die Hydromorphologie der Gewässer, die ökologische Durchgängigkeit und den Zustand der Auen zu verbessern.
84 Entsprechend der Vorgaben und Definition der Richtlinie 2000/60/EG (Wasserrahmenrichtlinie).
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Im Zuge des Klimawandels kann es aber auch zu langanhaltenden Trockenperioden kommen (siehe die Jahre 2018 und 2019). Probleme ergeben sich dann in der mangelnden Wasserverfügbarkeit und der daraus resultie-renden Nutzungskonkurrenz (Trinkwassernutzung, Bewässerung für die Landwirtschaft, ggf. Wasservorrat für Löschvorgänge, Binnenschifffahrt…). Um diese Nutzungskonflikte zukünftig in Dürrezeiten zu klären, sollen Vorschläge zur Konkretisierung des ggf. vorrangig zu deckenden menschlichen Trinkwasserbedarfs für eine mögliche Hierarchisierung von Wassernutzungen bei Nutzungskonflikten erarbeitet werden. Es ist zudem not-wendig, die Risiken, die mit zunehmenden Niedrigwasserereignissen einhergehen, länderübergreifend zu ana-lysieren und damit Grundlagen für den systematischen und strukturierten Umgang von Bund und Ländern mit Niedrigwasser und Trockenheit zu entwickeln. Im Hinblick auf Hochwasserereignisse, Niedrigwassersituationen und die Auswirkungen des Meeresspiegelan-stiegs bestehen auf Ebene der hierfür verfassungsmäßig zuständigen Länder bereits eine Vielzahl von Maßnah-men. Der Bund wird die Zusammenarbeit mit den Ländern in diesen Bereichen im Rahmen seiner Zuständigkeit weiter ausbauen (s. o., Kapitel B und C). Überflutungsgefahren nehmen durch ein erhöhtes Risiko von Starkregenereignissen zu. Es ist Aufgabe der Kommunen, hiergegen Vorkehrungen zu treffen. Der APA III sieht vor, einen Leitfaden zur Erstellung von Gefahren- und Risikokarten für lokale Starkregenereignisse zu erarbeiten. Der Leitfaden soll Mindeststandards für die Erstellung von Gefahren- und Risikokarten definieren und stellt eine Anschlussaktivität an die LAWA-Strategie für ein effektives Starkregenrisikomanagement dar (siehe Kapitel B.4). Darüber hinaus sollen die Po-tenziale einer dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Siedlungs- und Gewerbegebieten geprüft werden, um einen natürlichen Wasserhaushalt zu erhalten und eine ggf. in Folge des Klimawandels erforderlich wer-dende höhere Dimensionierung der Kanalisation zu vermeiden. Darüber hinaus werden Extremereignisse und Schäden systematisch erfasst. Um das Ausmaß und die Häufigkeit von meteorologischen und hydrologischen Extremereignissen und dadurch verursachte Schäden und Umwelt-wirkungen besser quantifizieren zu können, soll auch in Deutschland nach dem Vorbild anderer Länder eine Datenbank zur Dokumentation (vergangener) Ereignisse erstellt werden.
Instrumente und Maßnahmen im Cluster Infrastrukturen
Das BMVI-Expertennetzwerk erstellt im Themenfeld 1 „Verkehr und Infrastruktur an Klimawandel und ext-reme Wetterereignisse anpassen“ eine Klimawirkungsanalyse für die Verkehrsträger Straße, Schiene und Was-serstraße. Ziel dieser Analyse ist es, Erkenntnisse über die potenziellen Auswirkungen von Klimaeinwirkungen bzw. Naturgefahren auf die Bundesverkehrswege zu gewinnen. Neben Schäden durch extreme Wetterereignisse kommt es im Zuge des Klimawandels zu vermehrtem Auftreten von Hitzewellen, was zu einem Anstieg von Innenraumtemperaturen in Gebäuden führen kann. Daher enthält der APA III die Maßnahme Integration von Aspekten des klimaresilienten Bauens (Neubau und Bestand) in Förderprogramme. Diese zielt darauf ab, Gebäude so zu gestalten, dass dem Anstieg der Innentemperaturen infolge des Klimawandels auf klimafreundliche Art entgegengewirkt wird. Dies kann zum Beispiel durch Maß-nahmen des sommerlichen Wärmeschutzes (Verschattung) und Verdunstungskühlung umgesetzt werden. Durch das Instrument Klimaangepasstes Bauen bei Gebäuden wird zudem sichergestellt, dass vorhandene Er-kenntnisse und das Wissen über Extremwetterereignisse in technische Regelwerke zu Wartung, Instandhaltung und Neubau von Gebäuden einfließen. Dadurch könnten im Rahmen von Förderprogrammen wesentliche Ge-fährdungspotentiale frühzeitig erkannt und Schadensereignisse deutlich verringert werden. Angestrebt werden unter anderem Beurteilungshilfen oder Gebietsbelastungstabellen. Im Zuständigkeitsbereich der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) werden konkrete Schritt unternommen, den Aspekt Klimawandel systematisch in Planungsvorgänge zu integrieren. Dieses WSV-Climate-Proofing integriert Datendienste, Leitfäden und Schulungsprogramme.
Instrumente und Maßnahmen im Cluster Land
Es bleibt die Kernaufgabe der Landwirtschaft, die angemessene Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung auf nachhaltige Weise sicherzustellen. Gleichzeitig sind Land- und Forstwirtschaft, ebenso wie Fischerei und Aquakultur aber auch in besonderem Maße von den Folgen des Klimawandels betroffen (siehe die Jahre 2018 und 2019). Das BMEL hat dementsprechend bereits im Herbst 2018 mit der Erarbeitung einer Agenda zur Anpassung von Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei und Aquakultur an den Klimawandel, unter Mitwir-kung der Länder, des BMU und der Ressortforschung begonnen. Die Agenda basiert auf den Leitlinien der DAS und soll hiermit in sie einfließen.
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Die Agenda zur Anpassung der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei und Aquakultur wurde von der Agrarministerkonferenz im April 2019 beschlossen. Derzeit wird ein Maßnahmenprogramm finalisiert, welches sowohl Maßnahmen als kurzfristige Reaktion auf akute Extremwetterereignisse als auch Maßnahmen für eine langfristige Anpassung der Land- und Forstwirtschaft an sich ändernde Witterungsverhältnisse beinhaltet. Es wurden 5 Handlungsfelder definiert, zu denen in Expertengruppen jeweils Maßnahmenkataloge erstellt wurden: Pflanzenbau (Sonder- und Ackerkulturen), Wald, Tierhaltung, Fischerei und Aquakultur und übergeordnete Themen. Dazu zählt beispielsweise die Forschung zur züchterischen Anpassung von Kulturpflanzen und Kul-turpflanzensorten, die Erhaltung und Erschließung genetischer Ressourcen und die Umsetzung einer klimaan-gepassten und standortgerechten Furchtfolge und Sortenwahl. Darüber hinaus kann der Klimawandel das Überleben von heimischen Arten gefährden. Deshalb wird mit dem APA III die Entwicklung eines bundesweiten funktionsfähigen Biotopverbundes unterstützt, um Überlebens-möglichkeiten für Arten und Lebensräume zu schaffen und um eine geografische Anpassung von Organismen in Folge von klimatischen Veränderungen zu ermöglichen. Dies wird durch die Optimierung der Lebensräume klimasensitiver und/oder gefährdeter Arten, um sie widerstandsfähiger und anpassungsfähiger zu machen un-terstützt, z. B. durch das Vorhalten ausreichend großer Flächen mit Lebensraumschutzfunktion. Das Bundes-programm zur Biologischen Vielfalt dient zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt, dessen Förderschwerpunkt „Ökosystemleistungen“ ausdrücklich die Sicherung der Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel vorsieht. Um die Veränderungen und die rapide Abnahme der biologischen Artenvielfalt besser zu verstehen, hat das BMBF im Jahr 2019 die Forschungsinitiative zum Erhalt der Artenvielfalt als FONA-Leitinitiative ins Leben gerufen. Diese wird die Biodiversitätsforschung maßgeblich vorantreiben, einschlägige Forschungsaktivitäten stärker bündeln und einen nachhaltigen Beitrag gegen den anhaltenden Verlust an biologischer Vielfalt leisten. Durch das Programm zur Bestandssicherung und Wiedervernässung von Hoch- und Niedermooren ist vorgese-hen zum Schutz von Moorböden zunächst einzelne Pilotvorhaben zum Moorbodenschutz mit Bundesmitteln durchzuführen. Weiterhin sind Maßnahmen zum Torfersatz und für ein Moorschutzprogramm auf landwirt-schaftlich genutzten Flächen im Klimaschutzplan aus Mitteln des EKF geplant. Auch wird eine Umsetzung und langfristige Etablierung des Klimafolgen-Bodenmonitoring-Verbunds erfolgen.Das Ziel dieses Instruments ist eine bundesweite Erfassung, Überwachung und Dokumentation des Ist-Zustands der Böden in Deutschland sowie der aus dem Klimawandel resultierenden Änderungen. Dazu schafft der Ver-bund einen einfachen Zugang zu bodenbezogenen Messdaten für Anwender in Wissenschaft und Verwaltung, koordiniert und vernetzt Aktivitäten der Messstellenbetreiber und Anwender, und vernetzt verschiedene Ebenen der Messintensität. Die Schaffung klimarobuster Wälder im Bundesforst sieht die stabile, strukturreiche und standortgerechte Ent-wicklung von Mischwäldern vor. Dabei wird sich am aktuellen Stand der Forschung orientiert. Mit dem För-derinstrument Waldklimafonds (WKF) sollen Maßnahmen von besonderem Bundesinteresse umgesetzt werden, die der Anpassung der Wälder an den Klimawandel dienen und den unverzichtbaren Beitrag naturnaher, struk-tur- und artenreicher Wälder zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen auf Dauer erhalten. Die positiven Effekte für die Erschließung des CO2-Minderungs- und Energiepotenzials von Wald und Holz sollen verstärkt werden. Ergänzend soll die Förderung von Maßnahmen zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel in der Gemeinschaftsaufgabe für die Agrarstruktur und den Küstenschutz (GAK) weiterentwickelt werden.
Instrumente und Maßnahmen im Cluster Gesundheit
Als Folge des Klimawandels kommt es in Deutschland zu Extremwetterereignissen, wie gehäuften Hitzewellen. Die damit verbundene Hitzebelastung stellt derzeit eine der größten Auswirkung für die menschliche Gesund-heit dar. Darum wird hierauf ein besonderes Augenmerk gerichtet mit entsprechenden Maßnahmen. Diese um-fassen beispielsweise Informationen für die Bevölkerung oder Gesundheitsberufe sowie die Erarbeitung von Zugangswegen zu besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppen (z. B. Ältere, Vorerkrankte, Kinder). Um mit Hitzewellen besser umgehen zu können, ist es nötig die Wirkungsweise von Instrumenten zu untersu-chen und darauf aufbauend weitergehende Maßnahmen zu entwickeln. Zu diesem Zweck wird auch eine Be-standserhebung, Analyse und Evaluation von bestehenden Hitzeaktionsplänen durchgeführt. Die bestehenden Vorschriften sowie die einschlägigen staatlichen Regeln zum Arbeitsschutz in Bezug auf Hitze und UV-Strahlung werden geprüft und möglicher Anpassungsbedarf bestimmt. Dies betrifft beispielsweise Technische Regeln für Arbeitsstätten. Des Weiteren soll die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge
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(ArbMedVV) in Bezug auf den Angebotsvorsorgeanlass für Tätigkeiten im Freien mit intensiver Belastung durch natürliche UV-Strahlung evaluiert werden. Ebenfalls in diesem Cluster enthalten ist die Untersuchung von pathogenen Wirkmechanismen neu auftretender Pollenallergene am Beispiel von Ambrosia artemisiifolia. Zusätzlich werden Trendanalysen bei importierten vektorübertragenen Infektionskrankheiten in Deutschland durchgeführt. Hierzu wertet das RKI die Sur-veillance-Daten zu importierten vektorübertragenen Infektionskrankheiten auf der nationalen Ebene fortlaufend aus und publiziert wichtige Ergebnisse. Darüber hinaus wird angestrebt, das Gesundheits- und Umweltmonitoring besser zu verzahnen, sodass im Rah-men eines integrierten Beobachtungssystems auf Bundesebene auf Basis bestehender Strukturen gesundheits-relevante Umweltfaktoren beobachtet und Beeinträchtigungen zugeordnet werden können. Zudem wird eine Anpassung und Ausweitung der Informations- und Frühwarnsysteme erfolgen, wobei Infor-mationswege- und zustellungsformen im Hinblick auf alle Zielgruppen angepasst werden. Das Instrument um-fasst zudem die Etablierung und Weiterentwicklung von Warnsystemen auch für Kranken- und Pflegeeinrich-tungen und entsprechende Personengruppen sowie die Integration von Hitze-, UV- und lufthygienischer Belas-tung in entsprechende Frühwarnsysteme.
Instrumente und Maßnahmen im Cluster Wirtschaft
Um die Anlagensicherheit unter Extremereignissen sicherzustellen, sieht der APA III die Maßnahme Überprü-fung der Technischen Regel für Anlagensicherheit 310 (Niederschläge und Hochwasser) und 320 (Wind, Schnee- und Eislasten), einschließlich Fortschreibungsbedarf aufgrund neuerer Erkenntnisse zum Klimawandel durch die Kommission für Anlagensicherheit vor. Der Klimawandel wirkt sich ebenfalls auf die deutsche Tourismuswirtschaft aus. Der APA III enthält daher das Bereitstellen von Leitfäden zur Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen, z. B. für die Erarbeitung von Notfall-plänen für den Umgang mit unterschiedlichen Extremwetterereignissen. Insbesondere kurzzeitige Wetterereig-nisse können zu Gefahrensituationen führen, die die Tourismuswirtschaft und Reisende betreffen. Zum Beispiel wurden im Winter 2018/19 durch heftige Schneefälle Reisende in Urlaubsorten und Unterkünften eingeschlos-sen. Lokale Krisenpläne sollten daher diese Zielgruppen mitberücksichtigen.
Instrumente und Maßnahmen im Cluster Raumplanung und Bevölkerungsschutz
Aufgrund der lokalen und regionalen Ausprägungen des Klimawandels nimmt auch das Thema Stadt- und Raumplanung eine Schlüsselrolle im Bereich der Klimaanpassung ein. So wird Klimaanpassung in der Städte-bauförderung gestärkt. Mit der zwischen Bund und Ländern weiterentwickelten und abgestimmten Verwal-tungsvereinbarung Städtebauförderung 2020 sind „Maßnahmen des Klimaschutzes bzw. zur Anpassung an den Klimawandel, insbesondere durch Verbesserung der grünen Infrastruktur (beispielsweise des Stadtgrüns)“ nun-mehr zwingende Fördervoraussetzung. Im Rahmen der Umsetzung der Maßnahmen des Weißbuches Stadtgrün (2017) tragen zahlreiche Aktivitäten zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel bei. Ein zentraler Baustein ist die Förderung von Stadtgrün-Projekten insbesondere im Rahmen der o.g. Städtebauförderung, nationaler Projekte des Städtebaus (Bundesprogramm), der Nationalen Klimaschutzinitiative, im Rahmen des Förderprogramms „Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“, oder von Modellprojekten zur Klimaanpassung und Modernisie-rung in urbanen Räumen. Weiterhin steht die Informationsvermittlung über Instrumente und gute Praxis klima-resilienter Stadtentwicklung sowie die Forschung für klimaschützendes wie klimaangepasstes Bauen und eine klimagerechte Stadtentwicklung im Fokus. Handlungsmaxime ist die Entwicklung einer urbanen grünen Infra-struktur, die die Lebensqualität in Städten sichert, mit Grün das Klima schützt und die Folgen von Starkregen, Hitze und Trockenheit mindert. Dazu betreibt der Bund Forschungsprojekte insbesondere zu klimaangepasstem Bauen, klimaresilientem Stadtumbau, Techniken einer wassersensiblen Stadtentwicklung, oder zur Verbesse-rung von Stadtnatur. Eine wesentliche Grundlage ist die kleinräumige Erfassung und Überprüfung von Umfang und Qualität des Stadtgrüns, für die zunehmend auch fernerkundliche Techniken (Laserscan-Daten, Drohnen-, Luftbild- und Satellitenaufnahmen) genutzt werden. Ein Leitbild „Schwammstadt soll weiterentwickelt werden, um den nachhaltigen Umgang mit Niederschlags-wasser in Städten zu stärken. Inhaltlich anknüpfend werden Konzepte zur dezentralen Bewässerung von Stadt-grün zur Trockenheitsvorsorge weiterentwickelt und dafür eine Musterempfehlung erarbeitet. Forschungsarbei-ten sollen hierbei Wasserart, Wassermengen und Wasserqualität berücksichtigen, um Belastungen für Umwelt und Gesundheit auszuschließen.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 45 – Drucksache 19/23671
Neben Fragen der Raumordnung steht auch der Bevölkerungsschutz vor Herausforderungen, die es im Rahmen des APA III zu adressieren gilt. Im Rahmen der Maßnahme Weiterentwicklung der Risikokommunikation zu unwetterbedingten Gefahren mit Bürgerinnen und Bürgern werden bestehende Informationsangebote beispiels-weise zu Hitze (Bezug zu Cluster Gesundheit) und Starkregen weiterentwickelt und in umfassende Risikokom-munikationskonzepte eingebettet. Ferner werden Empfehlungen zur Zusammenarbeit von Spontanhelfenden und ehrenamtlich Helfenden im Kontext von Extremwetterereignissen erweitert und um eine Zusammenstel-lung von Beispielen guter Praxis ergänzt. Dies umfasst die Auswertung von Erfahrungen mit bürgerschaftli-chem Engagement bei Unwetterereignissen und Prüfung der ISO-Norm 22319:2017 in Deutschland. Wichtige Impulse gehen in den nächsten Jahren vom Sendai Rahmenwerk für Katastrophenvorsorge der Vereinten Nati-onen aus, zu dessen Umsetzung derzeit eine strategische Grundlage erarbeitet wird. Die absehbar hohen Syner-gieeffekte zwischen der Steigerung der Resilienz gegenüber Katastrophen und der Anpassung an den Klima-wandel sollen dabei als Mehrwert für die Umsetzung beider Strategieprozesse genutzt werden.
Übergreifende Instrumente und Maßnahmen
Der Entwurf des APA III sieht im Hinblick auf Daten- und Informationsdienste vor, das Deutsche Klimavor-sorgeportal, (KLiVO-Portal), und das System von Diensten zur Anpassung an den Klimawandel (KlimAdapt) fortzuführen und weiterzuentwickeln. KlimAdapt ist ein Baustein des KLiVo-Portals, der Produkte, Leistungen und Bewertungen, die der Identifikation und Umsetzung von Klimawandelanpassung dienen, bündelt, aufbe-reitet und bereitstellt sowie der Weiterentwicklung der Deutschen Anpassungsstrategie (DAS) dient. Für die Handlungsfelder der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel wird der DAS-Basisdienst „Klima und Wasser“ klimatologische, ozeanographische und hydrologische Daten sowie Beratungsleistungen bereitstellen. Der Dienst wird Entscheidern und Planern umfassende, fachlich aktuelle, einheitliche und quali-tätsgesicherte Datengrundlagen für Anpassungsmaßnahmen in Deutschland zur Verfügung stellen. Als erster Baustein wurde der Dienst ProWaS (Projektionsdienst Wasserstraßen und Schifffahrt) als Pilotvorhaben vorbe-reitet. Auch wird eine Vielzahl von Forschungsvorhaben aufgeführt, mit deren Hilfe die Wissensbasis zum Klimawandel gestärkt und Klimamodelle auf unterschiedlichen Skalen weiterentwickelt werden sollen. Hierzu gehören beispielsweise Förderprogramme zur Ökonomie des Klimawandels und zu Klimaresilienz durch Han-deln in Stadt und Region, die auf den weiteren Aufbau von Handlungswissen zu Klimaanpassung und Klima-schutz abzielen. Die klimatischen Einflussgrößen in den genannten Themenfeldern sind oft noch unzureichend erforscht. Insbe-sondere in der Analyse der Belastbarkeit der modellierten Extreme in ihrer Modellierbarkeit, Ausprägung und den Eintrittswahrscheinlichkeiten besteht weiterer Forschungsbedarf. Erste Ergebnisse werden in den nächsten Jahren u. a. neue BMBF-geförderte Forschungsprogramme (z. B. ClimXtreme und RegIKlim) bei der Analyse seltener Ereignisse und der verfeinerten regionalen sowie globalen Klimamodellierung liefern. Eine weitere Maßnahme ist die Leitinitiative „Lokale Klima- und Umweltmodelle für Zukunfts-Städte und Re-gionen“, die sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzt. Im Rahmen des ersten Bausteins der Leitini-tiative wird ein Stadtklimamodell entwickelt, welches in der Lage ist, alle relevanten stadtklimatischen Prozesse zu erfassen. Außerdem soll in zwei weiteren Bausteinen der Leitinitiative die nächste Generation von Klimain-formationsdiensten (Climate Services) vorbereitet und Daten zu einem breiten Spektrum lokaler Umweltaspekte zusammengebracht und verknüpft werden. Die systematische Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels soll in bestehenden technischen Re-gelungen und Standards berücksichtigt werden. Die Maßnahme Klimafeste Ausgestaltung bestehender Regeln und technischer Normen umfasst spezifische Ressortforschung, die aktive Mitwirkung in relevanten Gremien sowie die Verankerung in rechtlichen Regelungen und Berücksichtigung bei Vergabeverfahren des Bundes. Auch soll eine die Notwendigkeit und Praktikabilität der Integration von Anpassung an den Klimawandel in Fachgesetzen geprüft werden. Denn die Umsetzung der DAS, insbesondere auf kommunaler Ebene, kann ge-stärkt werden, wenn sie in ein gesetzliches System mit verbindlichen Inhalten und Verfahrensanforderungen eingebunden ist. Daher ist zunächst zu prüfen, welche Fachgesetze relevant sind und welche Regelungsinhalte aufgenommen werden sollten. Mit der Verstetigung des Behördennetzwerkes Klimawandel und Anpassung, mandatiert durch die Interminis-terielle Arbeitsgruppe Anpassung an den Klimawandel, unterstützt das Netzwerk von Bundesbehörden und -institutionen die Umsetzung der DAS. Ein Ressortforschungsnetzwerk, das für die Umsetzung der DAS relevant ist, ist das BMVI-Expertennetzwerk des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, dessen Ziel
Drucksache 19/23671 – 46 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
es ist, praxisnahe wissenschaftliche Ergebnisse für verkehrsträgerübergreifende Herausforderungen, wie zum Beispiel Klimawandel, Umweltschutz und Alterung der Infrastruktur, bereitzustellen. Verschiedene Förderprogramme haben das Ziel, einen Finanzrahmen für Maßnahmen zur Klimaanpassung zu schaffen. Nach dem neuen, Mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union für die Jahre 2021 bis 2027 soll ein erhöhter Prozentsatz aller Mittel für klimarelevante Maßnahmen verwendet werden. Der Wettbewerb „Blauer Kompass“, mit dem das Umweltbundesamt regelmäßig lokale und regionale Leucht-turmprojekte zum Umgang mit den Folgen des Klimawandels auszeichnet, soll – unter der Voraussetzung der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln - dauerhaft fortgesetzt werden. Zudem soll ein System zur Wirksamkeitsanalyse von Maßnahmen und Instrumenten aufgebaut werden, welches sowohl die zielgerichtete Auswahl von Maßnahmen und Politikinstrumenten der DAS verbessern als auch die Koordinierung zwischen Fachstrategien erleichtern soll.
Naturbasierte Lösungen für Biodiversität und Klima
Die Übersicht des APA III zeigt, dass viele Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel naturbasiert sind und ökosystemare Prozesse nutzen. Positivbeispiele für Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel durch naturbasierte Lösungen (NbS), die effektiv und nachhaltig zur Erreichung der Biodiversitäts- und Klimaziele beitragen, Synergien zwischen diesen beiden und weiteren Entwicklungszielen herstellen und dabei auf natür-lichen Ökosystemen aufbauen, sind: – Renaturierung von Feuchtgebieten und Flussläufen (Schadensvermeidung durch verbesserte Abflussregu-
lation bei Hochwasser) – Umsetzung von blauen und grünen Infrastrukturen wie Parks und Gründächer sowie Seen und Kleinge-
wässer im urbanen Raum (Verringerung des Hitzeinsel-Effekts von Städten und somit Reduzierung der Belastung für Menschen bei Hitzewellen, Verbesserung der Luftqualität und allgemein positiver Beitrag zu menschlicher Gesundheit und Wohlbefinden, Verbesserung der Umwelt- und Lebensqualität, verbes-serter Umgang mit Überschwemmungen durch das Prinzip der „Schwammstadt“)
– In der Forstwirtschaft trägt der Waldumbau zu klimaangepassten Mischwäldern mit standortgerechten und überwiegend heimischen Baumarten dazu bei, dass die Wälder ihre Ökosystemfunktionen dauerhaft er-bringen können.
– Bodenschonende und konservierende Verfahren in der Landwirtschaft, die zum Erhalt der natürlichen Bodenfunktionen beitragen (u. a. erhöhte Wasserspeicherkapazität in Böden) sowie Erosion und Ver-dichtung verringern.
– Erhalt und Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme (z. B. Erhöhung der Resilienz ggü. Auswirkungen des Klimawandels)
In der Klimawandelanpassung sollte stärker auf naturbasierte Lösungen gesetzt werden, weil diese mit ökolo-gischen, ökonomischen sowie sozialen und kulturellen Nutzen verbunden sind (siehe dazu bspw. die Untersu-chungen zum Naturkapitel Deutschlands). Viele Untersuchungen belegen ein positives Kosten-Nutzen-Verhält-nis85. Naturbasierte Lösungen helfen zudem, die Resilienz von Gesellschaften Ökosystemen zu stärken86. Die vor allem langfristigen Vorteile naturbasierter Lösungen wie positives Kosten-Nutzen-Verhältnis und Bei-trag zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen werden unter anderem auf EU-Ebene klar gesehen, so dass zum Beispiel die EU Biodiversitätsstrategie87 und die EU Anpassungsstrategie88 hier Schwerpunkte setzen. In Deutschland werden die Vorteile naturbasierter Lösungen schrittweise erkannt und berücksichtigt89, unter an-derem mit dem Masterplan Stadtnatur90.
85 https://www.ufz.de/teebde/ 86 Siehe z. B.: Seddon N, Chausson A, Berry P, Girardin CAJ, Smith A, Turner B (2020) Understanding the value and limits of nature-
based solutions to climate change and other global challenges. In: Philos. Trans. R. Soc. B Biol. Sci. 375. doi:10.1098/rstb.2019.0120; Faivre N, Fritz M, Freitas T, de Boissezon B, Vandewoestijne S (2017) Nature-Based Solutions in the EU: Innovating with nature to address social, economic and environmental challenges. In: Environ. Res. 159, 509–518. doi:10.1016/J.ENVRES.2017.08.032.
87 https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal/actions-being-taken-eu/eu-biodiversity-strategy-2030_de
88 https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12381-EU-Strategy-on-Adaptation-to-Climate-Change/pub-lic-consultation
89 https://www.bmi.bund.de/DE/themen/bauen-wohnen/stadt-wohnen/stadtentwicklung/gruene-stadt/gruene-stadt-node.html 90 https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/masterplan_stadtnatur_bf.pdf
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 47 – Drucksache 19/23671
Internationale Verantwortung Das Übereinkommen von Paris (Paris Agreement) vom Dezember 2015 stellt als erstes völkerrechtlich binden-des und universelles Abkommen einen Wendepunkt in der internationalen Klima- und Entwicklungspolitik dar. Es beinhaltet Verpflichtungen für alle 197 Staaten und wurde mittlerweile von 187 Parteien ratifiziert (Stand Januar 2020). Ziel des Pariser Klimaabkommen ist es, die globale Erderwärmung auf deutlich unter 2°C, mög-lichst 1,5°C, im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Mit dem Inkrafttreten des Übereinkom-mens hat Anpassung an den Klimawandel erstmals dasselbe politische Gewicht wie Minderung von Treibhaus-gas-Emissionen erhalten. Die Vertragsstaaten haben sich dazu verpflichtet, Anpassungskapazitäten zu erhöhen, Resilienz zu stärken und Vulnerabilität gegenüber dem Klimawandel zu verringern. Zudem sollen Finanzströme umgelenkt und mit einer klimaresilienten und emissionsarmen Entwicklung in Einklang gebracht werden. Die nationalen Klimabeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs), die alle fünf Jahre aktualisiert und erneut vorgelegt werden, sind für die Umsetzung dieser Langfristziele zentral.
Doch insbesondere den ärmsten und verwundbarsten Staaten fehlen häufig Ressourcen und Kapazitäten, um die Folgen des Klimawandels wie häufigere oder intensivere Extremwetterereignisse (z. B. Starkregen, Tropen-stürme, Überschwemmungen, Dürren, Hitzeperioden) und schleichende Klimaveränderungen (wie Meeresspie-gelanstieg, Versalzung, veränderte Niederschlags- und Temperaturmuster, steigende Wassertemperaturen, so-wie Versauerung der Meere) und ihre Auswirkungen abzuwehren und dessen Schäden abzufedern. Um seiner internationalen Verantwortung gerecht zu werden, unterstützt Deutschland deshalb Entwicklungs- und Schwel-lenländer im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) oder im Rahmen finanzieller Beiträge zum Anpassungsfonds (Adaptation Fund), zum Sonderfonds Klimawandel (SCCF), zum Fonds für die am wenigsten entwickelten Länder (LDCF), zum Strategischen Klimafonds (SCF) oder zur Globalen Umweltfazilität (GEF), die Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern fördern.
Das deutsche Engagement trägt damit zur Erfüllung der internationalen Klimafinanzierungszusagen bei: Auf der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 haben sich die Industrieländer dazu verpflichtet, 2020 gemeinsam jährlich 100 Mrd. USD für Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern aus öffentlichen und privaten Quellen zu mobilisieren. Auf der Klimakonferenz in Paris wurde zudem vereinbart, dass die Industrieländer 2021 bis 2025 weiterhin jährlich 100 Mrd. USD zur Verfügung stellen. Wie von Bundeskanzlerin Dr. Merkel angekündigt, wird Deutschland seine internationale Klimafinanzierung aus Haushaltsmitteln bis 2020 im Ver-gleich zu 2014 auf 4 Mrd. Euro verdoppeln. 2018 hat die Bundesregierung etwa 1,54 Mrd. Euro, oder 46 Pro-zent, von insgesamt 3,36 Mrd. Euro Haushaltsmitteln (inklusive Schenkungsäquivalente der KfW Entwick-lungskredite) für Anpassungsmaßnahmen zugesagt, davon über 80 Prozent aus dem Haushalt des Bundesmi-nisteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Auf die bisherigen Zusagen gilt es – bis zur Vereinbarung eines neuen Ziels für die internationale Klimafinanzierung ab 2025 – aufzubauen. Aus diesen Gründen spielt das BMZ eine zentrale Rolle bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen. Darüber hinaus leisten auch andere Ressorts, insbesondere das BMU über die Internationale Klimainitiative (IKI), sowie in geringerem Umfang das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das Auswärtige Amt (AA), das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Beiträge zur An-passung an den Klimawandel in und für Partnerländer. Eine aktuelle Analyse des Deutschen Evaluierungsinsti-tuts der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) belegt, dass Klimavulnerabilität die Wahrscheinlichkeit eines Landes, deutsche Anpassungsfinanzierung zu erhalten, deutlich erhöht. Je vulnerabler ein Land ist, desto eher bekommt es Zusagen für Anpassungsmaßnahmen91.
Die Tabelle in Anhang 2 bietet einen Überblick über die breite Unterstützung in und für Partnerländer, indem es für die verschiedenen Cluster und Handlungsfelder exemplarische Projekte beschreibt. Bislang hat Deutsch-land den Großteil seiner Unterstützung für Anpassung in den Sektoren Wasser, Landwirtschaft und dem Ma-nagement natürlicher Ressourcen (einschließlich Wäldern und Küsten/Meeren) geleistet. Doch auch Katastro-phenvorsorge, Klimarisikoversicherungen und -finanzierung sowie ökosystembasierte Anpassung sind Schwer-punkte der Zusammenarbeit mit Partnerländern. Deutschland bringt die Anpassungsagenda auch über multila-terale Partnerschaften und Initiativen voran und verbindet deren Umsetzung eng mit der Agenda 2030. Dazu gehören die Gründung und Unterstützung des NAP Global Network, das Partnerländer bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Nationalen Anpassungspläne (NAPs) unterstützt; die Gründung und Unterstützung der NDC Partnerschaft, die ihre Mitgliedsländer dabei unterstützt, ihre NDCs ehrgeiziger zu gestalten sowie Klima- und
91 https://www.deval.org/de/pressemeldung-detail/anpassung-an-den-klimawandel-finanzierung.html
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Entwicklungsziele zusammenzuführen und umzusetzen; die Unterstützung der InsuResilience Global Part-nership, eine globale Partnerschaft für Risikofinanzierung und -versicherung für Klima- und Katastrophenrisi-ken, die 2017 vom BMZ gemeinsam mit Partnern aus den G20 und V20 ins Leben gerufen wurde sowie die Globale Initiative Katastrophenrisikomanagement (GIKRM) zur Stärkung der Resilienz gegenüber klimaindu-zierte Katastrophenrisiken. Darüber hinaus setzen sich Bundeskanzlerin Dr. Merkel als Schirmherrin und Ent-wicklungsminister Dr. Müller als Kommissar für die 2018 gegründete Globale Anpassungskommission (GCA) ein, um Anpassungsthemen verstärkt auf der internationalen Agenda zu verankern. Auf Grundlage des GCA-Berichts „Adapt Now – A Global Call for Leadership on Climate Resilience“ (https://gca.org/globale-commis-sion-on-adaptation/report) werden seit Ende September 2019 im „Year of Action“ konkrete Maßnahmen in acht Aktionsbereichen global umgesetzt.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 49 – Drucksache 19/23671
Anhang 1
Aktionsplan Anpassung III
Nationale Maßnahmen
Stand: 11.09.2020
Erläuterungen zu den Tabellen des APA III
Allgemeine Hinweise
Die Struktur des APA III entspricht der Logik des APA II. Die im APA II auf der Grundlage der Vulnerabili-tätsanalyse 2015 hervorgehobenen Handlungserfordernisse bilden weiterhin die fachliche Grundlage für die inhaltlichen Schwerpunkte des APA III. Der APA III ist nach Clustern strukturiert, welche die Handlungsfelder der DAS thematisch bündeln (siehe Fortschrittsbericht 2020, S. 16f). Zunächst werden in 5 Tabellenblättern die Klimawirkungen je Cluster aufge-zeigt (KW Wasser, KW Infrastrukturen, etc.). Für die querschnittsorientierten Cluster „Raumplanung und Be-völkerungsschutz“ und „Übergreifend“ gibt es keine zugeordneten Klimawirkungen, diese beiden Tabellen ent-fallen demzufolge. Im Anschluss folgen für alle 7 Cluster Tabellen mit den zugeordneten Maßnahmen und Instrumenten (I-M Wasser, I-M Infrastrukturen, etc.).
Erläuterungen zu den Tabellen mit Klimawirkungen (KW)
Die Tabellen sind hier zur schnelleren Information über die Bewertung der Klimawirkungen und Handlungser-fordernisse nachrichtlich aus dem Fortschrittsbericht 2015 (Anhang 3, S. 210 bis 217) übernommen. Bewertung der Klimawirkung: Diese Information entspricht dem Stand der Vulnerabilitätsanalyse 2015 (Fort-schrittsbericht 2015 Anhang 1, Kapitel 2). Sie ist Grundlage für die Ermittlung des Handlungserfordernisses. Anpassungsdauer: Die Anpassungsdauer bezieht sich auf den Zeitraum, den ein System bzw. ein Handlungsfeld zur Anpassung benötigt. Diese ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig und wird hier entweder mit kurz oder lang eingeschätzt. Ist die Anpassungsdauer lang, dann sollte frühzeitig mit der Planung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen begonnen werden. Diese Information ist daher eine weitere Grundlage für die Er-mittlung des Handlungserfordernisses. Handlungserfordernis: Handlungserfordernisse gibt es in Bezug auf alle Handlungsfelder und Klimawirkungen. An dieser Stelle wurden im Sinne einer Prioritätensetzung für erforderliche Maßnahmen und Instrumente nur mittlere und hohe Handlungserfordernisse identifiziert und farblich gekennzeichnet.
Erläuterungen zu den Tabellen mit den Maßnahmen und Instrumenten (I-M)
Die Tabellen listen die Vorschläge zum Aktionsplan des Bundes nach Maßnahmen- und Instrumententyp (An-passung von Infrastrukturen, Anpassung von Rechtsinstrumenten, etc.) sortiert auf. Neben den Informationen zur Maßnahme werden in Spalte F Klimawirkungen mit einem Kürzel zugeordnet. Klimawirkungen mit mitt-lerem und hohem Handlungserfordernis wurden entsprechend farblich gekennzeichnet. Damit erfolgt die Ver-knüpfung zu den Tabellen mit den Klimawirkungen (KW Wasser, KW Infrastrukturen, etc.).
Hinweise zur Spalte Zeitraum In der Spalte ist die geplante Laufzeit der Instrumente und Maßnahmen angegeben. Sollte es sich bei den Vor-schlägen um sogenannte „Daueraufgaben“ handeln, sind diese in den Tabellen hellgrau hinterlegt. Daueraufga-ben sind langfristig erforderliche Aufgaben, um die Ziele der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klima-wandel (DAS) zu erreichen und auch zukünftig abzusichern. Der Umsetzungszeitraum ist daher regelmäßig über die Laufzeit eines Aktionsplanes zur Anpassung an den Klimawandel hinaus angelegt. Eine Absicherung der Finanzierung dieser Aufgaben wird langfristig angestrebt.
Hinweise zur Spalte Finanzierung Für Maßnahmen und Instrumente, für die bereits eine bundesseitige Finanzierungsquelle und Haushaltsansätze zur Verfügung stehen, sind diese angegeben. Für die anderen Maßnahmen und Instrumente gilt ein Finanzie-rungs- und Prüfungsvorbehalt. Dieser ist durch den Hinweis "offen" gekennzeichnet. Die Einträge "keine An-gaben" (K.A.) beziehungsweise "keine zusätzlichen Kosten" sind dort angegeben, wo es sich a) um angestrebte regulatorische und gesetzgeberische Maßnahmen oder rein planerische Instrumente beziehungsweise deren Prü-fung oder b) um im Wege der Vereinbarung mit anderen Akteuren umzusetzende Maßnahmen handelt, für die eine Finanzierungsbeteiligung des Bundes nicht abzusehen ist.
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Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Drucksache 19/23671
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Anhang 2
Aktionsplan Anpassung III
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Drucksache 19/23671 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
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Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.deVertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0722-8333