deutsche bank mednachrichten · die quartals-zeitung fÜr niedergelassene Ärzte und zahnÄrzte...

8
Seite 1 I Deutsche Bank medNachrichten 01 / 2018 Deutsche Bank DIE QUARTALS-ZEITUNG FÜR NIEDERGELASSENE ÄRZTE UND ZAHNÄRZTE med Nachrichten Mehr Spielraum für Freiberufler in MVZ Die dynamische Entwicklung von Koope- rationen unter Ärzten und Zahnärzten, insbesondere in MVZ, hält an. Das Bun- dessozialgericht hat jetzt die Spielräume von Vertrags(zahn)ärzten in MVZ noch- mals gestärkt. Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz mit neuen Möglichkeiten der Gestaltung für Vertragsärzte hat die Wende gebracht: Vertragsärzte und -zahnärzte gründen wieder mehr Medizinische Versorgungs- zentren als Kliniken. Das zeigt u. a. die Ende 2017 vorgelegte MVZ-Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu 2016. Demnach sind die vertrags- ärztlich geführten MVZ im Vergleich zu Klinik-MVZ wieder vorne (s. Grafik). Die Dynamik zeigt sich auch in der Anzahl der MVZ-Ärzte: Mehr als 16.000 Ärzte arbeiteten Ende 2016 in MVZ. Wie stark die Dynamik gerade im Segment großer Berufsausübungsgemeinschaften und MVZ derzeit ist, hat im Spätherbst auch die Umfrage von Deutsche Bank und der Verlagsgruppe Springer Medizin unter Ärzten gezeigt: Demnach planen unter den Praxen mit 4 – 6 Ärzten jeweils rund 12 Prozent den Zukauf von Zulassungen und den Zusammenschluss mit anderen Praxen. Ende 2017 hat das Bundessozial- gericht den Spielraum in MVZ nochmals erweitert (Az.: B 6 KA 31/16 R). Demnach können Vertrags(zahn)ärzte ein MVZ als GmbH mit allen Möglichkeiten etwa der Anstellung von Kollegen bilden und gleichzeitig ihren Zulassungsstatus behal- ten. Das ist möglich, wenn sie MVZ-Ge- sellschafter und in der Geschäftsführung in der Mehrheit sind. In einem konkreten Fall einer Zahnärztin und eines Ortho- pädiemeisters als MVZ-Geschäftsführer haben die Richter allerdings ihre Zustim- mung verweigert. Ende 2017 hat die gematik einen ersten Satz von Komponenten zum Anschluss an die Telematikinfrastruktur zugelassen. Zeit zum Anschluss bleibt nun bis Jahresende. Die Zulassungen für einen Konnektor, einen VPN-Zugangsdienst, ein Kartenter- minal und für einen elektronischen Praxis- ausweis sind erteilt. Weitere Geräte sollen noch im ersten Halbjahr 2018 folgen. Damit können Vertragsarzt- und -zahnarzt- praxen sich jetzt an die Datenautobahn im Gesundheitswesen (Telematikinfrastruk- tur, TI) anschließen und dann die Stamm- daten der Versicherten auf der elektro- nischen Gesundheitskarte (eGK) online überprüfen. Die ersten medizinischen Anwendungen der Karte, der elektroni- sche Medikationsplan und die Notfallda- ten des Patienten, sollen nach Feldtests Mitte dieses Jahres noch 2018 folgen. Für den Anschluss an die TI erhalten sowohl Ärzte als auch Zahnärzte einen von den Krankenkassen finanzierten Förderbetrag. Zumindest zu Beginn sind darüber die Basiskosten des Anschlusses gedeckt, im Jahresverlauf soll der Betrag sinken. Die Förderung wird bezahlt, sobald der erste Online-Abgleich der Stammdaten erfolgt ist. Sie wird über die K(Z)V beantragt und ausgezahlt. Praxen, die Anfang 2019 nicht angeschlossen sind, müssen mit einer Honorarkürzung um ein Prozent rechnen. Anschluss an die Telematikinfrastruktur jetzt möglich INHALTSVERZEICHNIS GESUNDHEITSMÄRKTE Starke Konjunktur für 2018 in Sicht....................... 2 AUS DEN REGIONEN Anreize für die Niederlassung ...................................... 3 HONORAR Laborreform ante portas .................................................... 4 PRAXIS Mischkalkulation in der Oberpfalz ........................... 5 STEUERN / RECHT Fernbehandlungsverbot vor dem Aus?.............. 6 FINANZEN / KAPITALANLAGE Die Chemie an den Aktienmärkten stimmt ... 7 FINANZEN Vermögensübergang mit Weitsicht planen und gestalten ............................................................. 8 Bürokratieabbau tritt auf der Stelle 54,16 Millionen Arbeitsstunden im Jahr haben Vertragsärzte 2017 für administ- rative Pflichten aufgewendet. Das waren 0,2 Prozent oder 115.000 Arbeitsstunden mehr als 2016, wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung im Herbst bei der Vorstellung des Bürokratieindex mitge- teilt hat. Der Index wird zusammen mit der Fachhochschule des Mittelstands ermittelt. Erleichterungen hat es laut KBV vor allem durch die vereinfachte Chro- nikerbescheinigung gegeben. Auch der Einsatz digitaler Technik hilft, Bürokratie zu reduzieren, etwa durch Nutzung des Blankoformulardrucks oder durch digitale Laborüberweisungen. Zeit fressen da- gegen weiterhin Anfragen des Medizini- schen Dienstes und der Krankenkassen. 01 / 2018 MVZ: Vertragsärzte wieder in der Mehrheit Trägerschaft in MVZ 2015 und 2016 Krankenhäuser Vertragsärzte 910 2015 910 2015 1120 2016 1010 2016

Upload: others

Post on 24-Oct-2020

1 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

  • Seite 1 I Deutsche Bank medNachrichten 01 / 2018

    Deutsche Bank

    DIE QUARTALS-ZEITUNG FÜR NIEDERGELASSENE ÄRZTE UND ZAHNÄRZTE

    medNachrichtenMehr Spielraum für Freiberufler in MVZ Die dynamische Entwicklung von Koope-rationen unter Ärzten und Zahnärzten, insbesondere in MVZ, hält an. Das Bun-dessozialgericht hat jetzt die Spielräume von Vertrags(zahn)ärzten in MVZ noch-mals gestärkt.

    Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz mit neuen Möglichkeiten der Gestaltung für Vertragsärzte hat die Wende gebracht: Vertragsärzte und -zahnärzte gründen wieder mehr Medizinische Versorgungs-zentren als Kliniken. Das zeigt u. a. die Ende 2017 vorgelegte MVZ-Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu 2016. Demnach sind die vertrags-ärztlich geführten MVZ im Vergleich zu Klinik-MVZ wieder vorne (s. Grafik). Die Dynamik zeigt sich auch in der Anzahl der MVZ-Ärzte: Mehr als 16.000 Ärzte arbeiteten Ende 2016 in MVZ. Wie stark die Dynamik gerade im Segment großer

    Berufsausübungsgemeinschaften und MVZ derzeit ist, hat im Spätherbst auch die Umfrage von Deutsche Bank und der Verlagsgruppe Springer Medizin unter Ärzten gezeigt: Demnach planen unter den Praxen mit 4 – 6 Ärzten jeweils rund 12 Prozent den Zukauf von Zulassungen und den Zusammenschluss mit anderen Praxen. Ende 2017 hat das Bundessozial-gericht den Spielraum in MVZ nochmals erweitert (Az.: B 6 KA 31/16 R). Demnach können Vertrags(zahn)ärzte ein MVZ als GmbH mit allen Möglichkeiten etwa der Anstellung von Kollegen bilden und gleichzeitig ihren Zulassungsstatus behal-ten. Das ist möglich, wenn sie MVZ-Ge-sellschafter und in der Geschäftsführung in der Mehrheit sind. In einem konkreten Fall einer Zahnärztin und eines Ortho-pädiemeisters als MVZ-Geschäftsführer haben die Richter allerdings ihre Zustim-mung verweigert.

    Ende 2017 hat die gematik einen ersten Satz von Komponenten zum Anschluss an die Telematikinfrastruktur zugelassen. Zeit zum Anschluss bleibt nun bis Jahresende.

    Die Zulassungen für einen Konnektor, einen VPN-Zugangsdienst, ein Kartenter-minal und für einen elektronischen Praxis-ausweis sind erteilt. Weitere Geräte sollen noch im ersten Halbjahr 2018 folgen. Damit können Vertragsarzt- und -zahnarzt-

    praxen sich jetzt an die Datenautobahn im Gesundheitswesen (Telematikinfrastruk-tur, TI) anschließen und dann die Stamm-daten der Versicherten auf der elektro-nischen Gesundheitskarte (eGK) online überprüfen. Die ersten medizinischen Anwendungen der Karte, der elektroni-sche Medikationsplan und die Notfallda-ten des Patienten, sollen nach Feldtests Mitte dieses Jahres noch 2018 folgen. Für den Anschluss an die TI erhalten sowohl

    Ärzte als auch Zahnärzte einen von den Krankenkassen finanzierten Förderbetrag. Zumindest zu Beginn sind darüber die Basiskosten des Anschlusses gedeckt, im Jahresverlauf soll der Betrag sinken. Die Förderung wird bezahlt, sobald der erste Online-Abgleich der Stammdaten erfolgt ist. Sie wird über die K(Z)V beantragt und ausgezahlt. Praxen, die Anfang 2019 nicht angeschlossen sind, müssen mit einer Honorarkürzung um ein Prozent rechnen.

    Anschluss an die Telematikinfrastruktur jetzt möglich

    INHALTSVERZEICHNIS

    GESUNDHEITSMÄRKTEStarke Konjunktur für 2018 in Sicht .......................2

    AUS DEN REGIONENAnreize für die Niederlassung ......................................3

    HONORARLaborreform ante portas ....................................................4

    PRAXISMischkalkulation in der Oberpfalz ...........................5

    STEUERN / RECHTFernbehandlungsverbot vor dem Aus? ..............6

    FINANZEN / KAPITALANLAGEDie Chemie an den Aktienmärkten stimmt ...7

    FINANZENVermögensübergang mit Weitsicht planen und gestalten .............................................................8

    Bürokratieabbau tritt auf der Stelle54,16 Millionen Arbeitsstunden im Jahr haben Vertragsärzte 2017 für administ-rative Pflichten aufgewendet. Das waren 0,2 Prozent oder 115.000 Arbeitsstunden mehr als 2016, wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung im Herbst bei der Vorstellung des Bürokratieindex mitge-teilt hat. Der Index wird zusammen mit der Fachhochschule des Mittelstands ermittelt. Erleichterungen hat es laut KBV vor allem durch die vereinfachte Chro-nikerbescheinigung gegeben. Auch der Einsatz digitaler Technik hilft, Bürokratie zu reduzieren, etwa durch Nutzung des Blankoformulardrucks oder durch digitale Laborüberweisungen. Zeit fressen da-gegen weiterhin Anfragen des Medizini-schen Dienstes und der Krankenkassen.

    01 / 2018

    MVZ: Vertragsärzte wieder in der MehrheitTrägerschaft in MVZ 2015 und 2016Krankenhäuser Vertragsärzte

    9102015

    9102015

    11202016

    1010 2016

  • GESUNDHEITSMÄRKTE

    Deutsche Bank medNachrichten 01 / 2018 I Seite 2

    Der Markt der gesetzlichen Krankenkassen ist seit Jahrzehnten im Umbruch: Die An-zahl der Anbieter wird immer kleiner, ein-zelne Kassen dafür immer größer. Mit der Techniker Krankenkasse hat erstmals eine Kasse über zehn Millionen Versicherte.

    Die Techniker Krankenkasse (TK) hat im Herbst 2017 ihren zehnmillionsten Versi-cherten begrüßt. Die in Hamburg ansäs-sige Ersatzkasse hat damit rund 700.000 Versicherte mehr als die Nummer zwei der Branche, die Barmer in Wuppertal. Auch die drittgrößte Kasse, die DAK in Hamburg, ist eine Ersatzkasse. Sie versi-chert derzeit 5,8 Millionen Menschen. Mit deutlichem Abstand folgen die größten AOK aus Bayern (4,5 Millionen Versicherte) und Baden-Württemberg (4,3 Millionen). Die größte Innungskran-kenkasse, die IKK classic, hat rund 3,2 Millionen Versicherte.

    Immer weniger KassenDer Zuwachs ist die Folge der anhal-tenden Marktkonzentration. Von 1.815 gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 1970 ging deren Zahl inzwischen auf 112 zurück (siehe Grafik). Ein Großteil des Wachstums der Einzelkassen ist auf Fusionen und Übernahmen zurückzufüh-ren, weniger auf Mitgliedergewinnung

    von bestehenden Konkurrenten. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren voraussichtlich fortsetzen. Nur 50 der noch 112 Krankenkassen erreichen derzeit eine Mitgliederzahl von 100.000. Sie kommen damit als Fusionspartner oder Übernahmekandidaten infrage. In erster Linie handelt es sich dabei um Betriebskrankenkassen.

    Zweischneidiges SchwertFür Ärzte ist diese Entwicklung zwei-schneidig. Mit der verringerten Kassen-zahl nehmen auch die Vielfalt bürokra-tischer Anforderungen und die Zahl der Ansprechpartner ab. Zugleich werden die Einzelkassen aber wichtiger und haben mehr Verhandlungsmacht.

    Positiver Konjunkturausblick für 2018Die Konjunktur in Deutschland wird auch in diesem Jahr in einem „hohen Grundtempo“ laufen. Diese Einschätzung veranlasst die Deutsche Bundesbank zu einer Wachstumsprognose von 2,5 Pro-zent im laufenden Jahr. Auch im Gesund-heitswesen gibt es positive Prognosen.

    Die Bundesbank hat ihre Konjunkturpro-gnose noch einmal deutlich nach oben korrigiert. Im Sommer 2017 war sie noch von einem Wachstum von 1,9 Prozent für das abgelaufene Jahr und 1,7 Prozent für 2018 ausgegangen. Zum Jahresende kor-rigierte sie diese Zahlen auf 2,6 Prozent für 2017 und 2,5 Prozent in 2018. Grund für den Optimismus sind eine lebhafte Nachfrage aus dem Ausland nach deut-schen Gütern, der hohe private Konsum und Investitionen in den Wohnungsbau. In diesen beiden Punkten profitiert die Wirtschaft genauso wie das Gesundheits-wesen von der hervorragenden Lage auf dem Arbeitsmarkt.

    Fast 45 Millionen Menschen in Deutsch-land sind erwerbstätig und damit in der Lage, für privaten Konsum Geld auszuge-ben. Zugleich zahlen sie als Beschäftigte in die Sozialversicherungen ein, was dort

    in den vergangenen Jahren immer wieder für Überschüsse sorgte.

    Risiken und Nebenwirkungen Als Risiken für die deutsche Wirtschaft se-hen Experten eine mögliche Überhitzung der Konjunktur und den u. a. im Gesund-heitswesen zu beobachtenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Auf den Fachkräftemangel reagieren Praxen mit der Ausbildung von MFA – ein Beruf, für den noch kein Bewerbermangel herrscht. Die Zahlen für die ersten drei Quartale in 2017 zeigen, dass das Gesundheitswesen dank der guten Konjunktur in Deutschland überproportional wächst. Nur die Zahn-ärzte (plus 1,8 Prozent) blieben unter dem Anstieg des Bruttosozialprodukts von 2,8 Prozent. Klinikbehandlungen (plus 2,9 Prozent), Arznei- und Verbandmittel (plus 3,7 Prozent) und ärztliche Behand-lungen (plus 4,6 Prozent) schnitten in der Honorarentwicklung (sowohl GKV als auch privatärztlich) besser ab.

    Weniger, aber mächtigere KassenMedizintechnik in Deutschland

    1.147

    1.815

    420

    112

    1990

    1970

    2000

    2017

    Trend zu mehr MarktmachtZahl der gesetzlichen Kassen von 1970–2017

    Quelle: GKV-Spitzenverband, Stand 01.10.2017Quelle: 1–7: BVMed; 8–13: spectaris

    Die Zahl der Unternehmen der Medizintechnik liegt bei rund 12.500

    Die Mitarbeiterzahl beträgt rund 210.000

    Anteil der Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern 92 %

    Der Umsatz liegt bei rund 30 Mrd.€

    Umsatzanteil, der in Forschung und Entwicklung investiert wird 9 %

    Anteil der Unternehmen, die ihre Investitionen erhöhen 26 %

    Ein schnelleres Bewertungsverfahren beim GBA wünschen sich 49 %

    Der Weltmarkt soll 2022 folgenden Wert erreichen 530 Mrd.$

    Die Prognose für das jährliche Um-satzwachstum liegt weltweit bei 5 %

    Die deutsche Exportquote liegt bei rund 64 %

    Auf die Europäische Union entfallen davon 40 %

    Auf Nordamerika und Asien entfallen jeweils 20 %

    Die Ausfuhren nach China haben sich seit 2010 um folgenden Faktor erhöht

    2

    Honorarentwicklung1. – 3. Quartal 2017 GKV und privatärztlich

    Quelle: REBMANN RESEARCH

    +2,9 % Krankenhausbehandlung

    +3,7 % Arznei- und Verbandmittel

    +4,6 % Ärztliche Behandlung

    +1,8 % Behandlung durch Zahnärzte

    +2,8 % Bruttosozialprodukt

  • AUS DEN REGIONEN

    Seite 3 I Deutsche Bank medNachrichten 01 / 2018

    Immer größere finanzielle Anreize für die NiederlassungIm Wettbewerb um niedergelassene Ärzte setzen viele KVen auf finanzielle Anreize. Die KV Sachsen hat diesen Wettbewerb kürzlich mit einer Aufstockung ihrer Nie-derlassungsprämie befeuert. Mit bis zu 100.000 Euro wird der Praxisstart nun unterstützt.

    Niederlassungswillige Ärzte können zum Start ihrer Niederlassung in bestimmten Regionen Sachsens 100.000 Euro von der KV bekommen. Dies beschloss der Lan-desausschuss der Ärzte und Krankenkas-sen. Voraussetzung: Sie müssen sich als Hausarzt in Regionen niederlassen, für die eine besonders kritische Versorgungslage festgestellt wurde – entweder in Neu-gründung oder durch Übernahme einer Praxis. In den Gegenden, für die diese Regelung greift, sind derzeit acht Stellen ausgeschrieben. Darüber hinaus gibt es weitere 72 Stellen, für die die KV eine dro-hende Unterversorgung festgestellt hat. In diesen Regionen bezuschusst die KV eine Niederlassung mit 60.000 Euro. In allen Fällen greift außerdem eine dreijährige Umsatzgarantie. Erreicht eine Praxis die

    garantierte Summe nicht, zahlt die KV die Differenz. Als Gegenleistung verpflichten sich die Ärzte zu mindestens fünfjähriger Niederlassung und zu einer bestimmten Anzahl wöchentlicher Sprechstunden. Die KV Sachsen sammelt seit 2012 Erfahrun-gen mit Finanzhilfen zur Niederlassung. Nach ihrer Ansicht kann damit ein Beitrag zur Stabilisierung der ärztlichen Versor-gung geleistet werden.

    Geld für telefonische ErreichbarkeitAuch andere Regionen setzen auf dieses Instrument. In Bayern und NRW etwa sind ebenfalls bis zu 100.000 Euro für die Niederlassung möglich, zum Teil in Kom-bination mit kommunalen Zuschüssen. In Sachsen kommt inzwischen ein weiterer Anreiz hinzu: Je nach Praxisgröße gibt es zusätzliches Geld für die telefonische Erreichbarkeit zu bestimmten Zeiten. Solche Anreize, von denen vorwiegend Landärzte profitieren, könnten ein Grund für die höhere Zufriedenheit von Ärzten auf dem Land sein. Dies hatte jüngst die Herbstumfrage von Deutsche Bank und Springer Medizin gezeigt.

    Der Trend zur Kooperation zeigt sich beispielhaft in Baden-Württemberg. Jeder zweite Niedergelassene dort arbeitet in kooperativen Strukturen, besonders mit angestellten Ärzten und Therapeuten.

    Der jüngste Versorgungsbericht der KV Baden-Württemberg zeigt, wie beliebt Kooperationen unter den niedergelasse-nen Ärzten im Südwesten sind. Laut KV arbeiten dort inzwischen 10.400 Ärzte in einer Praxisgemeinschaft, einer Gemein-

    schaftspraxis, in überörtlichen Berufsaus-übungsgemeinschaften oder in Medizini-schen Versorgungszentren (MVZ). Damit sind 51 Prozent der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in einer die-ser Kooperationsformen ambulant tätig. Eine dynamische Entwicklung ist insbe-sondere bei den ambulant angestellten Ärzten zu beobachten. Seit 2007 – also seit Inkrafttreten des Vertragsarztrechts-änderungsgesetzes – ist die Anzahl der ambulant tätigen angestellten Ärzte von

    1.826 auf 3.189 gestiegen. Die Anzahl der Praxen, die diese Möglichkeit nutzen, ist im gleichen Zeitraum von 1.062 auf 1.762 geklettert. Der Versorgungsbericht der KV geht auch auf die Nachwuchspro-blematik bei den Vertragsärzten ein, die bei Hausärzten besonders ausgeprägt ist. Demnach sind in Baden-Württemberg aktuell 35 Prozent der niedergelassenen Allgemeinärzte 60 Jahre oder älter. Bei Gynäkologen beträgt dieser Anteil 28 Pro-zent, bei Pädiatern sogar nur 24 Prozent.

    Baden-Württemberg Vorreiter in Sachen Kooperation

    Rollende Arztpraxis in NordhessenDie Kassenärztliche Vereinigung Hessen will die Versorgung in ländlichen Regio-nen verbessern und hausärztliche Kapazi-tätsengpässe vermeiden.

    Voraussichtlich zur Jahresmitte startet die KV Hessen einen zweijährigen Modellver-such mit einem von der Deutschen Bahn gemieteten „Medibus“. Mit der mobilen Arztpraxis soll getestet werden, ob sich das Angebot als Ergänzung zur hausärzt-lichen Versorgung in ländlichen Regionen eignet. Pro Tag soll der Bus zwei Standor-te in Nordhessen anfahren. Ausgestattet ist der Medibus wie eine Hausarztpraxis, inklusive Ultraschall und EKG. Er wird nur zu Sprechstundenzeiten öffnen, Termine können nicht vereinbart werden.

    An Bord des Busses befinden sich außer dem Fahrer ein Allgemeinmediziner und eine Medizinische Fachangestellte. Als vollwertiger Ersatz einer Hausarztpraxis eignet sich das Angebot nach Auffassung der KV allerdings nicht.

    Feste Zeiten und Routen geplantDem Busfahrer können während der Öffnungszeiten vom Arzt administrative Aufgaben übertragen werden. Auch die Vernetzung mit niedergelassenen Kolle-gen im Umkreis soll möglich sein: Der Bus ist so ausgestattet, dass Haus- und Fachärzte per Video-Konsultation zuge-schaltet werden können. Auch Apotheker einzubeziehen wäre auf diesem Weg möglich. Die KV plant perspektivisch eine Anstellung der mobilen Ärzte und einen festen Zeitplan sowie feste Routen, um den Patienten verlässliche Versorgungs-zeiten zu bieten.Junge Ärzte in Sachsen können von hoher Förderung profitieren. © Adobe Stock, s_l

  • HONORAR

    Deutsche Bank medNachrichten 01 / 2018 I Seite 4

    Laborreform zum 1. April soll Mengenwachstum begrenzenNach mehrmaliger Verschiebung ist die Laborreform zum 1. April 2018 jetzt beschlossene Sache. Vor allem das Men-genwachstum bei Laborleistungen soll reduziert werden, u. a. durch eine Erhö-hung und eine neue Berechnungsmetho-de beim Wirtschaftlichkeitsbonus.

    Das ärztliche Labor steht vor der nächsten großen Reform. Nachdem die Labor re-form Ende der 1990er-Jahre den Men gen-zuwachs bei Laborleistungen zunächst gestoppt hatte, war es in den vergange-nen Jahren wieder zu deutlichen Steige-rungen in den Laboranforderungen ge-kommen. Das führte zu zunehmendem Nachschussbedarf für Laborleistungen aus den Töpfen von Haus- und Fachärz-ten. Mit einem Bündel von Maßnahmen soll jetzt der Mengenzuwachs begrenzt werden:

    — Wirtschaftlichkeitsbonus: Der Labor-bonus wird an Ärzte bezahlt, die eher niedrige Laboranforderungen haben. Er wird in vielen Fachgruppen aller-dings erhöht, um die Anreize zu ver-stärken, weniger Labor zu beauftragen: Hausärzte beispielsweise erhalten künftig 19 statt bisher 17 Punkte je Fall, Dermatologen 10 statt 2 Punkte. Außerdem verändert sich die Berech-nungsgrundlage. Entscheidend ist ab April der sogenannte Wirtschaftlich-keitsfaktor, der wiederum davon ab-hängt, ob ein Vertragsarzt im Vergleich zum Durchschnitt seiner Fachgruppe mehr oder weniger Labor anfordert. Für einen Hausarzt mit 1.000 Fällen geht es damit um rund 2.000 Euro im Quartal.

    — Änderungen bei Laborkennnummern: Bei Patienten mit definierten Indikatio-nen, die hohe Laboranforderungen nach sich ziehen, etwa Diabetes oder Rheuma, werden nur noch indikations-spezifische Laborwerte abgezogen (GOP 32005-24).

    — Mindestquotierung im Labor: Laborärzte sollen statt bisher 91,58 nur noch mindestens 89 Prozent ihrer Leis-tungen honoriert bekommen. Außer-dem können KVen individuelle Budgets für Laborärzte festlegen.

    — Nachschusspflicht: Durch mehrere Maßnahmen soll der Nachschussbe-darf fürs Labor aus dem Hausarzt- und dem Facharzttopf deutlich reduziert werden. Bisher stützen beide Arztgrup-pen das Labor im Quartal mit 18,5 Mil-lionen Euro. Hausärzte, die sich bislang benachteiligt fühlten, sollen bei der Nachschusspflicht entlastet werden.

    Viele niedergelassene Ärzte sind mit Be zug auf die Honoraraussichten für das lau-fende Jahr eher skeptisch. Das zeigt die Herbstumfrage von Deutsche Bank und Springer Medizin von November 2017. Manche sehen aber auch Chancen – be-sonders beim extrabudgetären Honorar.

    Der Preis für vertragsärztliche Leistungen, also der Orientierungswert, ist zum 1. Ja nu-ar um 1,18 Prozent gestiegen – auf jetzt 10,6543 Cent pro Punkt nach EBM. Ärzte sehen diese eher moderate Steigerung offenbar mehrheitlich kritisch, wie die gemeinsame Herbstumfrage 2017 von

    Deutsche Bank und Springer Medizin unter Lesern von „Ärzte Zeitung“ und SpringerMedizin.de sowie unter Kunden der Deutschen Bank gezeigt hat. Dem-nach sehen 43 Prozent der Teilnehmer die Honorarbeschlüsse 2018 als Belas-tung für ihre Praxistätigkeit, 21 Prozent sehen darin eine Chance, gut 30 Prozent sind unentschieden. Im November des vergangenen Jahres hatten sich fast 500 Ärzte an der Umfrage beteiligt. Chan-cen auf Honorarsteigerungen sehen wie-derum rund 20 Prozent der Teilnehmer vor allem im extrabudgetären Bereich – zum Beispiel DMP, Vorsorge, Impfungen,

    ambulante Operationen und spezielle neue Leistungen. Sie wollen das extra-budge täre Leistungsangebot ausweiten. Auch die Krankenkassen rechnen hier mit Mengensteigerungen. Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass tat-sächlich überproportionale Steigerungen im extrabudgetären Bereich realistisch sind: Laut jüngstem Honorarbericht der KBV ist die morbiditätsorientierte Gesamtvergütung von 2014 auf 2015 um 2,3 Prozent auf 24 Milliarden Euro gestie-gen. Die extrabudgetäre Vergütung stieg dagegen um 5,7 Prozent auf 11,6 Milliar-den Euro.

    Potenzial beim Honorar für extrabudgetäre Leistungen

    Mengenwachstum bei Laborleistungen soll reduziert werden. © istockphoto, PeopleImages

    Bauchaortenaneurysma Seit Jahresbeginn können Hausärzte einmalig die Früherkennung eines Bauchaortenaneurysmas bei Männern ab 65 Jahren erbringen. Vor einem Jahr hatte der GBA beschlossen, diese Vorsorgeleistung in den GKV-Leistungs-katalog aufzunehmen. Im November hat der Bewertungsausschuss zwei EBM-Positionen zum Ultraschall-screening auf Bauchaortenaneurysma beschlossen:

    — GOP 01747 für die Aufklärung des Patienten über das Screening sowie die Ausgabe der Versicherten-information (57 Punkte).

    — GOP 01748 für die sonografische Untersuchung der Bauchaorta (148 Punkte)

    Beide EBM-Positionen werden extra-budgetär vergütet.

    Besonderheit: Da bei einer Früherken-nung nach Bedarf weitere Organe des Abdomens sonografisch zu untersu-chen sind, kann die neue GOP 01748 neben der bereits bestehenden GOP 33042 („Abdominelle Sonografie“) angesetzt werden. Dann jedoch nur in halber Höhe (80 statt 157 Punkte).

    Erbringen dürfen das Ultraschallscree-ning auf Bauchaortenaneurysma Haus-ärzte, Urologen, Internisten, Chirurgen und Radiologen.

    Noch eine Besonderheit: Ärzte dieser Fachgruppen, die keine Genehmigung ihrer kassenärztlichen Vereinigung zur Ultraschalldiagnostik besitzen, können zumindest die Aufklärungsziffer 01747 abrechnen, beispielsweise neben der Gesundheitsuntersuchung nach der EBM-Ziffer 01732 („Check-up 35“).

    DER AKTUELLE HONORARTIPP

    http://SpringerMedizin.de

  • PRAXIS

    Seite 5 I Deutsche Bank medNachrichten 01 / 2018

    Mehr Service für Patienten und Kommu-nikation zwischen den Praxen ermög-licht die „App zum Doc“, mit der das Ärztenetz Lippe arbeitet. Die für Praxen kostenpflichtige App steht auch anderen interessierten Ärzten offen.

    Das Ärztenetz Lippe hat 2016 eine selbst entwickelte „App zum Doc“ entwickelt, die die Kommunikation zwischen Pa-tienten und Praxen erleichtert. Die für Patienten kostenlose App ermöglicht es, Termine über Smartphone oder Tablet zu vereinbaren, Wiederholungsrezepte und Überweisungen zu bestellen sowie Medikationspläne und Befunde auszutau-schen. Zudem können Patienten an die

    Medikamenteneinnahme und an Arztter-mine erinnert sowie wichtige Kontaktda-ten hinterlegt werden. Die App soll aber nicht nur den Service für Patienten ver-bessern, sondern auch die Abläufe in den Arztpraxen erleichtern und das Personal entlasten.

    Termine per Online-Anfrage So verringert etwa die Online-Terminver-mittlung die Anzahl der Anrufe in Praxen. Allerdings lassen sich die Informatio-nen aus der App noch nicht direkt in die Praxissoftware einspielen, sondern müssen von den Praxismitarbeiterinnen eingepflegt werden. Die Terminbuchung der Patienten erfolgt nicht automatisch,

    sondern per Online-Anfrage, die von den Mitarbeiterinnen über eine Chat-Funktion beantwortet wird.

    Kosten je nach UmfangSeit Kurzem verfügen die Netzärzte auch über einen geschützten virtuellen Raum zum Datenaustausch. Der funktioniert über eine Cloudlösung, die etwa das Palliativnetz Lippe nutzt. Auch eine Video-sprechstunde kann per App absolviert werden. Hierzu wird eine vom Praxisnetz in Bünde entwickelte Lösung genutzt. Auch zwischen Ärzten sind Konferenzen möglich. Die Kosten richten sich nach der Menge gewünschter Funktionen. Die Basisversion kostet monatlich 2,40 Euro.

    Mischkalkulation in der OberpfalzFachärztliche Zentren können auch in ländlichen Regionen überregional funk-tionieren. Das zeigt das Beispiel des Ärztehauses Kemnath in der Oberpfalz. Herzstück des Zentrums ist eine neph-rologische Gemeinschaftspraxis, die insgesamt fünf solcher Standorte in der Region betreibt.

    Kemnath hat 5.300 Einwohner und ver-fügt über ein Ärztehaus, in dem u. a. eine große hausärztliche Praxis mit vier Allgemeinmedizinern, weitere Fachärzte, andere Gesundheitsberufe sowie eine überörtliche internistisch-nephrologische Gemeinschaftspraxis untergebracht sind. Für die vier Nierenspezialisten vor Ort ist Kemnath nur einer von fünf Standorten ihrer überörtlichen Berufsausübungs-gemeinschaft. Präsent sind sie auch an den vergleichsweise kleinen Orten Pegnitz, Bad Berneck und Hollfeld sowie in Bayreuth als einzige größere Stadt. Insgesamt betreuen die Ärzte 1.300 Nie-

    renkranke und dialysieren weitere 130. An den fünf Standorten beschäftigen sie 60 Mitarbeiter. Gemeinsam haben die BAG-Partner eine „erhebliche siebenstel-lige Summe“ in die Standorte investiert, wie es heißt. Der wirtschaftliche Erfolg basiert auf einer Mischkalkulation: Präventive Behandlungen lohnen sich nach ihren Angaben wirtschaftlich kaum und müssen durch die besser bezahlten Dialysen kompensiert werden.

    Kooperation ist unerlässlichDamit sich die kleinen Standorte tra-gen, ist Kooperation mit den regional ansässigen Hausärzten wichtig. Um den Patienten unnötige Dialysen zu ersparen, könnten Allgemeinmediziner manchmal zügiger zum Nephrologen überweisen, heißt es. Eine zwischen den Fachgruppen abgestimmte Versorgung sei unerlässlich. Das gelte auch für die Zusammenarbeit mit den Kliniken. Ver-bessern ließe die sich etwa hinsichtlich

    der Kommunikation; nicht jeder Klinikarzt mache sich bewusst, welchen Stellen-wert die kontinuierliche fach-ärztliche Betreuung vor Ort habe. Folge seien immer mal wieder fehlende oder unklare stationäre Behandlungsda-ten, zu spät eintreffende Ent-lassbriefe oder Änderungen an der Medikation.

    Per App zum Arzttermin

    Weniger RegresseDas Regressrisiko in Baden-Württemberg ist mit den 2017 eingeführten praxisindivi-duellen Richtwerten deutlich gesunken. Im ersten Halbjahr 2017 sind von über 11.000 verordnenden Praxen nur noch 353 auffällig geworden. Nur 2,33 Prozent der Praxen überschritten ihren Richtwert um mehr als 25 Prozent. Zum Vergleich: Nach früherer Richtgrößen-Systematik war 2015 noch jede fünfte Praxis auffällig. Insbesondere unter Hausärzten sank der Anteil auffällig gewordener Praxen dras-tisch. Auffällige Praxen mussten aber nicht zwangsläufig Regresse zahlen. 2014 (jüngere Zahlen gibt es noch nicht) wur-den im „Ländle“ 63 Regresse verhängt. Der Prüfaufwand aber ist deutlich reduziert.

    Kooperation stärkt Standort auf dem Land. © Adobe Stock, ALDECAstudio

    07.03. – 10.03.2018 | Frankfurt29. Deutscher Schmerz- und Palliativtag – Schmerzmedizin 4.0

    14.04. – 17.04.2018 | Mannheim124. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

    24.04. – 25.04.2018 | Berlin13. Kongress für Gesundheits-netzwerker

    25.04. – 27.04.2018 | Nürnberg65. Deutscher Anästhesiecongress

    PRAXIS-KALENDER

    Umfangreiches Angebot von Praxisseminaren für Ärzte und Zahnärzte: www.deutsche-bank/heilberufe

    http://www.deutsche-bank.de/heilberufe

  • STEUERN | RECHT

    Deutsche Bank medNachrichten 01 / 2018 I Seite 6

    Debatte um Fernbehandlungsverbot Telefonische Notfallberatung könnte die Notfallambulanzen entlasten. In Baden-Württemberg soll ein solches Projekt der Telefon-Triage der KV im März starten. Alles hängt am Fernbehandlungsverbot in der Berufsordnung, das derzeit auf der Kippe steht. Das Praxisnetz in Ingolstadt war zuvor gerichtlich gestoppt worden.

    Das Sozialgericht München hat dem Ingolstädter Praxisnetz (GO IN) per einst-weiliger Verfügung den Betrieb einer Telefon-Triage mit einer Ersteinschätzung für Notfallpatienten, um unnötige Besu-che im Bereitschaftsdienst zu vermeiden, untersagt (Az.: S 28 94/17 ER). Antragstel-ler war die KV Bayerns. Das Sozialgericht folgte in seinem Beschluss den Argumen-ten der KV, die sich auf den gesetzlichen Sicherstellungsauftrag und auf das be-rufsrechtliche Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung berief.

    Vorreiter Baden-WürttembergSobald ein Patient aufgrund der telefoni-schen Beratung und Stellung einer Ver-dachtsdiagnose auf einen Arzt verzichte, liege ein Fall der berufsrechtlich verbo-tenen ausschließlichen Fernbehandlung vor, entschieden die Sozialrichter. Gerade in dieser Frage des Verbots der Fernbe-handlung ohne vorherigen Arzt-Patienten-Kontakt ist allerdings mit Veränderungen zu rechnen. Baden-Württemberg hat hier eine Vorreiterrolle eingenommen und erst Ende Dezember ein KV-eigenes Pilotpro-jekt („Doc Direkt“) genehmigt. Ab März können Kassenpatienten einiger Regio-nen werktags zwischen 9 und 19 Uhr bei

    Gesundheitsbeschwerden ein Callcenter anrufen. Dort erfolgt durch eine speziell geschulte MFA eine Ersteinschätzung: Im Notfall wird der Anrufer sofort an die Rettungsleitstelle weitergeleitet. Ande-renfalls wird der Versicherte binnen 30 Minuten von einem Arzt zurückgerufen. 89 Vertragsärzte haben sich bisher bewor-ben, als Telearzt zu arbeiten. Ergibt sich aus dem Gespräch, dass die Beschwer-den nicht abschließend geklärt werden können, wird dem Patienten am selben Tag ein Termin vermittelt. Auf dem Deut-schen Ärztetag in Erfurt steht nun eine Änderung der Musterberufsordnung zum Fernbehandlungsverbot zur Debatte. Ein Beschlussentwurf sieht die Möglichkeit einer Behandlung nur über Kommunika-tionsmedien vor.

    Der Gemeinsame Bundesausschuss hat einen wichtigen Beschluss für Pflege-bedürftige und Menschen mit Behinde-rungen gefasst: Ab Juli haben sie einen verbindlichen Rechtsanspruch auf zusätz-liche zahnärztliche Vorsorgemaßnahmen im Rahmen der GKV.

    Auf Initiative der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftigen einen verbindlichen Rechtsanspruch auf zusätzliche zahnärztliche Vorsorgemaß-nahmen im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuerkannt. Die Richtlinie über Maßnahmen zur Ver-hütung von Zahnerkrankungen soll am

    1. Juli in Kraft treten. Ziel ist eine be-darfsgerechte zahnärztliche Versorgung für Menschen, die in der Regel nicht eigenverantwortlich für ihre Mundhygiene sorgen können. Ihre Mundgesundheit ist bislang deutlich schlechter als im Durch-schnitt der Bevölkerung. Schwerpunkte der Leistungen sind u. a. die Erhebung des Mundgesundheitsstatus, die Erstel-lung eines Mund- und Prothesenpflege-plans, die Aufklärung über die Bedeutung der Mundhygiene und über Maßnahmen zu deren Erhalt, aber auch die Entfernung harter Zahnbeläge. Durch Kooperations-verträge zwischen Zahnärzten und etwa jedem vierten Pflegeheim war bereits in den vergangenen Jahren die Zahngesund-heit Pflegebedürftiger gefördert worden.

    Zahnvorsorge für Pflegebedürftige

    Wird die Fernbehandlung demnächst eine echte Option? © Adobe Stock, jackfrog

    Mindestmengen sorgen vornehmlich in der stationären Versorgung für Diskus-sionen, sind aber auch in der ambulanten Versorgung grundsätzlich zulässig. Aller-dings hat das Bundessozialgericht die Hürden dafür hochgesetzt.

    Das Bundessozialgericht hat jüngst in ei-nem Urteil Mindestmengen im Diabetes-DMP der KV Bayerns verworfen (Az.: B 6 KA 32/16 R). Prinzipiell entschied es aber, dass Mindestmengen in der ambulanten Versorgung zulässig sind. Sie können etwa in DMP definiert werden. Wie hoch die Hürden dafür sind, zeigt der in Kassel verhandelte Fall des Diabetes-DMP. Die KV Bayerns hatte für Schwerpunktpraxen, die am Diabetes-Typ-2-DMP teilnehmen, die Mindestmenge von 250 Patienten im Quartal festgelegt. Damit ist Bayern kei-nesfalls Spitzenreiter. Die Spanne reicht von 125 in Baden-Württemberg bis zu 300 in Hamburg und Schleswig-Holstein.

    Keine Mindestmengen ohne StudienBayern stützte sich mit seinem Wert auf den Gemeinsamen Bundesausschuss. Dieser hatte 2005 aber keinen wissen-schaftlichen Beleg für seinen Orientie-rungswert genannt. Das reicht dem BSG nicht, das Gericht fordert einen durch Studien klar belegten Zusammenhang zwischen Anzahl der Patienten und Be-handlungsqualität. Außerdem seien Aus-wirkungen von Mindestmengen auf die Versorgungsstruktur zu berücksichtigen.

    Die Raucherentwöhnung gehört auch für chronisch kranke Patienten nicht zum Kernbereich der GKV-Leistungen.

    Dies hat jüngst das Landessozialgericht Schleswig bekräftigt (Az.: L 5 KR 62/15). Der Patient eines Eckernförder Hausarztes hatte geklagt, weil nach seiner und der Auffassung des Arztes von Kassen bezahl-te Kurse nur der Primärprävention dienten und für süchtige Raucher nicht geeignet seien. Professionelle ärztliche Therapien sind deshalb weiter privat abzurechnen. Die Deutsche Gesellschaft für Nikotin- und Tabakforschung will erreichen, dass der Erstattungsausschluss der Medika-mente zur Raucherentwöhnung aus dem Paragrafen 34 SGB V gestrichen wird. Weitere Urteile stehen demnächst an.

    Suchthilfe auf Kasse

    Mindestmengen für Vertragsärzte?

  • FINANZEN | KAPITALANLAGE

    Seite 7 I Deutsche Bank medNachrichten 01 / 2018

    Die Chemie an den Aktienmärkten stimmtDer Chemie-Sektor profitiert derzeit von den internen Anpassungen der vergange-nen Jahre: Kosten-, Margen- und Ange-botsseite sind intakt. Das könnte Anlegern interessante Investmentmöglichkeiten eröffnen.

    — Chemie-Unternehmen profitieren von guter globaler Konjunktur

    — Strukturelle Anpassungen stützen Geschäftsentwicklung

    — Chemie-Aktien als interessante Bei-mischung im Depot

    Ohne die chemische Industrie wäre unser Leben heute gar nicht vorstellbar. Denn die Unternehmen der Branche stellen vie-le der Stoffe her, die für die Produktion in anderen Bereichen essenziell sind – zum Beispiel für die Kunststoff-, Lebensmit-tel-, Automobil- oder Baustoffindustrie. Entsprechend groß ist der Stellenwert des Sektors weltweit, auch unter Investoren.

    Zwar könnte vor dem Hintergrund zuneh-mender Umweltauflagen die Nachfrage nach Chemie-Produkten insbesondere aus China etwas sinken. Doch stehen in derBranche auch keine größeren Investitio-nen an – somit sollte deren Angebot auch nicht stark steigen. Die Unternehmens-lenker legen ihren Fokus insgesamt stärker auf Profitabilität und Effizienz statt auf Kapazitätsausweitungen. Durch

    höhere Margen und damit höhere Ge-winne im bestehenden Geschäft stehen folglich mehr Gelder bereit, die zum einen für Forschung und Entwicklung – wie beispielsweise die Verbesserung der Ressourceneffizienz, Materialforschung und Digitalisierung – eingesetzt werden können. Zum anderen sollten diese aber auch für Fusionen und Übernahmen genutzt werden.

    Eine hohe Übernahmeaktivität innerhalb des Sektors ist bereits seit einigen Jahren zu verzeichnen: Durch Synergieeffekte konnten so Kosten eingespart und ins-gesamt der Spezialisierungsgrad in der Branche weiter vorangetrieben werden.

    Diesen Entwicklungen sind allerdings auch Grenzen gesetzt. Es gilt zu beachten, dass die Bewertungen der Unternehmen zum Teil schon ambitioniert sind. Diese basieren auf der aktuellen Konsensus-gewinnschätzung für die nächsten zwölf Monate, die eine eher moderate Entwick-lung des Gewinnwachstums prognos-tiziert. Auch wenn die Deutsche Bank etwas positiver in Bezug auf die Gewinn-situation der Unternehmen gestimmt ist: Aktien aus der Chemieindustrie dürften dieses Jahr zur guten Performance des Gesamtmarktes beitragen, eine Outper-formance der Titel ist allerdings nicht zu erwarten.

    Starten Sie gut informiert in den Tag Im E-Mail-Newsletter PERSPEKTIVEN am Morgen kommentiert Chef-Anlage-stratege Dr. Ulrich Stephan täglich die interessantesten Marktentwicklungen. Jeden Morgen bis 7.00 Uhr finden Sie seine aktuellen Einschätzungen in Ihrem Postfach.deutsche-bank.de/pam

    >> Sie haben Fragen rund um das Thema Geldanlage? Ihr Berater unterstützt Sie gerne im Rahmen eines persönlichen Gesprächs.

    Was Anleger im neuen Jahr erwartetIst es mit der trügerischen Ruhe an den Kapitalmärkten bald vorbei? Lesen Sie jetzt in PERSPEKTIVEN 2018, welche Ent-wicklungen unsere Finanzmarkt-Experten dieses Jahr erwarten – und wo Anleger interessante Investmentmöglichkeiten finden können.deutsche-bank.de/ausblick

    Jederzeit am Puls der KapitalmärkteDie Uhren an den Kapitalmärkten drehen sich immer schneller. Dank Markt & Meinung, unserem Informations-portal für Anleger, sind Sie immer auf der Höhe der Zeit. Hier finden Sie konkrete Einschätzungen unserer Experten zum aktuellen Kapitalmarktgeschehen.deutsche-bank.de/marktmeinung

    Der Chemie-Sektor könnte interessante Investmentmöglichkeiten bieten. © Thatree Thitivongvaroon / Getty Images

    http://deutsche-bank.de/pamhttp://deutsche-bank.de/ausblickhttp://deutsche-bank.de/marktmeinung

  • FINANZEN

    Deutsche Bank medNachrichten 01 / 2018 I Seite 8

    Die medNachrichten können Sie auch online unter deutsche-bank.de/heilberufe einsehen oder über unseren InfoService abbonieren. Aktivieren Sie dazu diesen Service über Ihr Online-Banking.

    Rund 50.000 niedergelassene Ärzte werden in den kommenden fünf Jahren ihre Praxis an einen Nachfolger überge-ben. Als Privatier beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt – mit neuen Herausfor-derungen und veränderten Prioritäten. Dazu gehört es, aufgebautes Vermögen zu sichern und zielgerichtet sowie steuer-lich sinnvoll an die nächste Generation zu übertragen.

    Unter ihrem Lebenswerk verstehen die meisten Ärzte vor allem das im Laufe der Zeit erworbene vertrauensvolle Verhältnis zu ihren Patienten. Deshalb kommt der Wahl des Nachfolgers eine große Bedeu-tung zu. Neben der eigenen Praxis gehö-ren zum Lebenswerk aber auch geschaf-fenes Wohneigentum, lieb gewon nene Anschaffungen sowie Wertpapiere und Barmittel. Diese Werte gilt es zu sichern und für eine harmonische Übertragung an die Erben vorzubereiten.

    Denn das im Laufe des Lebens geschaf-fene Lebenswerk endet nicht mit der Ab ga be der Praxis und dem Eintritt in den Ruhestand. Dieser ist nur der Beginn des nächsten Lebensabschnitts mit neuen Herausforderungen, die es nun zu meis-tern gilt.

    Neue Prioritäten zeichnen sich abBeim Übergang von der verantwortungs-vollen Aufgabe als Arzt und Unternehmer in den Ruhestand ordnen sich in aller Regel die Prioritäten neu. Es ändert sich das Einkommen, das nun bestimmt wird von den Bezügen aus dem berufsständi-schen Versorgungswerk und den privaten

    Vorsorgemaßnahmen. Durch den Erlös aus dem Verkauf der Praxis ändert sich die Vermögensbilanz. Insbesondere weil Verbindlichkeiten aus der Praxis oder aus privaten Baufinanzierungen i. d. R. bereits weitestgehend zurückgeführt sind. Kurz: Es beginnt ein neuer Lebensabschnitt – auch mit mehr Zeit für Privates.

    Zeit für überlegtes Planen sowie zur Vorsorge für den NotfallDiese Übergangsphase stellt einen guten Zeitpunkt dar, um finanzielle, rechtliche und steuerliche Gegebenheiten auf den Prüfstand zu stellen und ggf. neu zu justieren. Denn es gilt, Werte zu sichern, die ein Leben lang erarbeitet wurden. Eine rechtzeitige Planung ermöglicht es, den Vermögensübergang aktiv und nachhaltig zu gestalten – entsprechend den eigenen Vorstellungen. Doch die Planung der Ver-mögensübergabe sowie etwa die formal richtige Verfassung eines Testaments sind eine komplexe Aufgabe. So ist bei steuer-lichen und erbrechtlichen Fragen der Rat eines Steuerberaters und Rechtsanwalts oft unabdingbar. Auch der Bankberater kann bei der Planung der Vermögensüber-gabe erste Hilfestellungen geben.

    Es empfiehlt sich zudem, auch für Uner-wartetes Vorsorge zu treffen. Nach einem Unfall, bei Erkrankung oder Tod des Praxisinhabers sollte ein konkreter Not-fallplan zur Verfügung stehen, der Erben und Bevollmächtigte in die Lage versetzt, schnell und zielgerichtet zu handeln.

    Orientierungshilfen von der HausbankDie Hausbank unterstützt u. a. bei der Beurteilung von Vermögensaufstellungen, bestehenden Verträgen sowie Vorsorge-

    vollmachten. Darüber hinaus kann sie bei grundsätzlichen Fragen zu Schenkungen, zum Erbgang, bei der Testamentsvoll-streckung oder bei der Gründung einer Stiftung helfen. Unterstützt durch das Wissen von spezialisierten Beratern plant Ihr Heilberufe Betreuer gemeinsam mit Ihnen den Vermögensübergang Schritt für Schritt, begleitet Sie im Sinne eines kontinuierlichen Prozesses und hilft Ihnen so, Ihr Erbe in Ihrem Sinne vorzubereiten.

    >> Vertrauen Sie beim Vermögens-übergang auf die Expertise Ihres Heilberufe Betreuers und unserer Spezia listen im Bereich Vermögen für Ge ne rationen. Sprechen Sie uns an.

    Vermögensübergang mit Weitsicht planen und gestalten

    IMPRESSUMHerausgeber:Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG, Theodor-Heuss-Allee 72, 60486 Frankfurt am Main Vorsitzender des Aufsichtsrats: Christian Sewing Vorstand: Stefan Bender (Sprecher), Rainer Burmester, Alp Dalkilic, Britta Lehfeldt, Dr. Markus Pertlwieser

    Redaktion:Springer Medizin, Postfach 2131, 63243 Neu-Isenburg, Hauke Gerlof (V. i. S. d. P. für S. 1 bis 6), Nina Postler, Thilo Schäpers, Zielgruppenmanagement Heilberufe, Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG (V. i. S. d. P. für S. 7, 8), Silke Jung, [email protected], www.deutsche-bank.de/heilberufe

    Konzeption und Gestaltung: Christa Marek, Köln

    Bei diesen Informationen handelt es sich um Werbung.

    Trotz sorgfältiger Prüfung der veröffentlichten Inhalte kann keine Garantie für die Richtigkeit der Angaben gegeben werden. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfäl-tigung, auch auszugsweise, sind nur mit Genehmigung der Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG erlaubt.

    Vorbereitung für den Notfall

    — Alle relevanten lnformationen, wie z. B. Zulassungsurkunde, Verträge, betriebswirtschaftliche Unterlagen und Vollmachten, sollten zentral abgelegt werden.

    — Über den Aufbewahrungsort und das weitere Vorgehen im Notfall sollte eine Vertrauensperson (wie beispielsweise die Erstkraft oder der Steuerberater) informiert werden.

    — Damit Entscheidungen für die Praxis eines verstorbenen Arztes rechtsver-bindlich vorgenommen werden können, wird eines der folgenden Dokumente benötigt:— Erbschein— Hinterlegungsbescheinigung des

    Testaments vom Amtsgericht (zusammen mit dem Totenschein)

    — Vollmacht des Praxisinhabers (z. B. Generalvollmacht)

    Prioritäten verändern sich im neuen Lebensab-schnitt. © Getty Images

    CHECKLISTE

    Quelle: Deutsche Bank

    Die ersten drei Schritte der Vermögens- und Nachlassplanung

    Überblick verschaffen.

    Wie sieht Ihre persönliche Ausgangssituation aus?

    1

    Wünsche festhalten.

    Welche Ziele sind Ihnen beim Vermögensübergang wichtig?

    2

    Situation analysieren und Hand- lungs optionen aufzeigen lassen.

    Wie lassen sich Ihre Vorstellungen am besten verwirklichen?

    3

    mailto:info.heilberufe%40db.com?subject=medNachrichten%201/2018http://www.deutsche-bank.de/heilberufe