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Der Zellwandbau von Nadelholztracheiden Die submikroskopische Struktur des Holzes vor dem Hintergrund holztechnologischer Fragestellungen Zuerst veröffentlicht in: Holz-Zentralblatt, 2012, 138. Jg., Nr. 1, S. 10, 11 Von Michael Rosenthal*, Ernst Bäucker*, Tharandt *Dr.-Ing. Michael Rosenthal und Dipl.- Forsting. Ernst Bäucker sind wissenschaftliche Mitarbeiter an der Professur für Forstnutzung der TU Dresden Die Anatomie des Holzes stellt eine entscheidende Einflussgröße bei einer Vielzahl holztechnologischer Prozesse dar. Ihr Einfluss auf die Tränkbarkeit von Holz wurde bereits vorgestellt (HZ 136: 852). Der folgende Beitrag behandelt den Bau der verholzten Zellwand am Beispiel der Tracheiden des Nadelholzes. Durch den Zellwandbau werden eine Reihe physikalischer und mechanischer Eigenschaften des Holzes in erheblichem Maße beeinflusst. In einem bis 2013 angelegten Forschungsprojekt an der TU werden aktuell u.a. die submikroskopischen Strukturen bei thermisch behandeltem Bambus untersucht. Aus technologischer Sicht lässt sich die pflanzliche Zellwand als Faser-Matrix-System kennzeichnen. Die chemischen Hauptbestandteile Cellulose, Lignin und Hemicellulose übernehmen die typischen Aufgaben der Komponenten eines Faserverbundwerkstoffes: Die Fasern (Cellulose) dienen als Bewehrung der Aufnahme von Zugkräften, die Matrix (Lignin) sorgt für die Druckfestigkeit und verhindert das Verschieben der Fasern, die Grenzschicht (Hemicellulosen) dient der Übertragung von Spannungen zwischen den beiden anderen Komponenten. Abbildung 1: Schematischer Querschnitt einer Mikrofibrille Mikrofibrillen stellen das wesentliche Strukturelement des Faser-Matrix-Systems dar (Abb. 1, 2). Sie bestehen aus 2 ... 4 nm breiten und 6,5 ... 31,1 nm langen Elementarfibrillen aus Cellulose (Jakob et

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Der Zellwandbau von Nadelholztracheiden

Die submikroskopische Struktur des Holzes vor dem Hintergrund holztechnologischer Fragestellungen

Zuerst veröffentlicht in: Holz-Zentralblatt, 2012, 138. Jg., Nr. 1, S. 10, 11

Von Michael Rosenthal*, Ernst Bäucker*, Tharandt

*Dr.-Ing. Michael Rosenthal und Dipl.- Forsting. Ernst Bäucker sind wissenschaftliche Mitarbeiter an der Professur für Forstnutzung der TU Dresden

Die Anatomie des Holzes stellt eine entscheidende Einflussgröße bei einer Vielzahl holztechnologischer Prozesse dar. Ihr Einfluss auf die Tränkbarkeit von Holz wurde bereits vorgestellt (HZ 136: 852). Der folgende Beitrag behandelt den Bau der verholzten Zellwand am Beispiel der Tracheiden des Nadelholzes. Durch den Zellwandbau werden eine Reihe physikalischer und mechanischer Eigenschaften des Holzes in erheblichem Maße beeinflusst. In einem bis 2013 angelegten Forschungsprojekt an der TU werden aktuell u.a. die submikroskopischen Strukturen bei thermisch behandeltem Bambus untersucht.

Aus technologischer Sicht lässt sich die pflanzliche Zellwand als Faser-Matrix-System kennzeichnen. Die chemischen Hauptbestandteile Cellulose, Lignin und Hemicellulose übernehmen die typischen Aufgaben der Komponenten eines Faserverbundwerkstoffes: Die Fasern (Cellulose) dienen als Bewehrung der Aufnahme von Zugkräften, die Matrix (Lignin) sorgt für die Druckfestigkeit und verhindert das Verschieben der Fasern, die Grenzschicht (Hemicellulosen) dient der Übertragung von Spannungen zwischen den beiden anderen Komponenten.

Abbildung 1: Schematischer Querschnitt einer Mikrofibrille

Mikrofibrillen stellen das wesentliche Strukturelement des Faser-Matrix-Systems dar (Abb. 1, 2). Sie bestehen aus 2 ... 4 nm breiten und 6,5 ... 31,1 nm langen Elementarfibrillen aus Cellulose (Jakob et

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al., 1994, 1995; Donaldson & Singh, 1998; Xu et al., 2007), die von Hemicellulosen (Glucomannan) bedeckt und zu 10 … 30 nm breiten Einheiten aggregiert sind (Jayme & Koburg, 1959; Singh et al., 2002; Fahlén & Salmén, 2005; Donaldson, 2007); diese Einheiten wiederum sind in einer Matrix aus Hemicellulosen und Lignin eingebettet. Innerhalb des Verbundsystems existieren intermicellare bzw. interfibrilläre Spalten mit Durchmessern von 1 … 5 nm (Fengel & Wegener, 2003), diese sind für niedermolekulare Stoffe (Wasser, Extraktstoffe) zugänglich.

Abbildung 2: Mikrofibrillengeflecht einer delignifizierten Zellwand (Pinus sylvestris L.)

Die kettenförmige Cellulose ist in Fibrillenrichtung orientiert. Sie ist zu 50 … 70 % in kristallinen Bereichen angeordnet, der übrige Teil liegt in amorphen Bereichen vor (Tanaka & Koshijima, 1984; Fengel & Wegener, 2003). Bei Lignin wurde davon ausgegangen, dass es sich um eine vollständig isotrope Substanz handelt (Mark, 1967; Bodig & Jayne, 1993). In neueren Untersuchungen wurde jedoch festgestellt, dass die Phenylpropan-Einheiten, aus denen Lignin besteht, vorzugsweise in der Ebene der Zellwandoberfläche (Atalla & Agarwal, 1985) und längs der Cellulosefibrillen angeordnet sind (Åkerholm & Salmén, 2003). Cellulose und Lignin werden über die Hemicellulosen verknüpft. Glucomannan ist dabei parallel zur Cellulose orientiert, mit der es über zahlreiche Bindungen verknüpft ist, wohingegen Xylan, das eher dazu neigt, mit Lignin Bindungen einzugehen, durch eine mehr oder weniger isotrope Struktur gekennzeichnet ist (Åkerholm & Salmén, 2001).

Die pflanzliche Zellwand ist aus einzelnen Schichten aufgebaut. Ihre Benennung erfolgt entsprechend der zeitlichen Reihenfolge ihrer Bildung während des Zellwachstums. Bei Nadelholztracheiden wird zwischen Primärwand (P) und den Sekundärwanden (S) 1 bis 3 unterschieden. Untereinander sind die Zellen über eine sogenannte Mittellamelle (ML) verbunden. Der Anteil der chemischen Hauptbestandteile variiert über die einzelnen Zellwandschichten (Abb. 3).

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Abbildung 3: Verteilung der chemischen Hauptbestandteile innerhalb der Nadelholzzellwand (nach Panshin & de Zeeuw, 1980)

Die Mikrofibrillen sind in den einzelnen Wandschichten in unterschiedlicher helixförmiger Ausrichtung organisiert (Abb. 4). Der Winkel zwischen den Mikrofibrillen und der Zelllängsachse wird als Mikrofibrillenwinkel bezeichnet, wobei zwischen einer rechtsgängigen (Z) und einer linksgängigen Helix (S) unterschieden wird. Bei einer Z-Helix (vgl. Abb. 4: S2) liegen die Mikrofibrillenwinkelwerte zwischen 0° und 90°, bei einer S-Helix (vgl. Abb. 4: S1) zwischen 90° und 180°.

Mittellamelle und Primärwand Die Mittellamelle stellt das Bindeglied zwischen den Zellen dar (schwarze Zone in Abb. 4). Ihre Dicke beträgt 0,5 ... 1,5 μm (Wagenführ, 1999). Sie besteht überwiegend aus Lignin und Pektinen. Pektine sind Polysaccharide, die aus verschiedenen monomeren Bausteinen (z.B. Galakturonsäure) aufgebaut sind (Fengel & Wegener, 2003).

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Abbildung 4: Zellwandmodell von Zimmermann & Sell (1997) mit radialer Gefügeorientierung der S2

Umgeben ist die Mittellamelle von den Primärwänden der benachbarten Zellen. Ihre Dicke liegt bei 0,1 ... 0,2 μm (Fengel & Stoll, 1973; Wagenführ, 1999), wodurch ihr Einfluss auf das physikalische Verhalten der Zelle minimal bleibt (Bodig & Jayne, 1993). Die Primärwand besteht aus einem irregulären Netz von Cellulosemikrofibrillen, das in eine Matrix aus Hemicellulose, Pektin und Lignin eingelagert ist. Sie ist in einer frühen Phase der Zelldifferenzierung leicht verformbar, wodurch das Flächenwachstum (Weiten- und Spitzenwachstum) der Zelle nicht eingeschränkt wird. Im Zuge des fortschreitenden Dickenwachstums (Appositionswachstum) der Zellwand ändert sich die vorzugsweise Orientierung der Mikrofibrillen von längs zu quer (Abe & Funada, 2005) (Abb. 5). Dies ist ein Grund dafür, dass teilweise zwischen Primärwand 1 und 2 unterschieden wird.

Nach der Lignifizierung der Primärwand ist es schwierig, eine Unterscheidung zwischen Mittellamelle und den angrenzenden Primärwänden zu treffen. Aus diesem Grund wird für den Bereich dieser drei Schichten oft von zusammengesetzter Mittellamelle (compound middle lamella, CML) gesprochen.

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Abbildung 5: Orientierung der Mikrofibrillen in den einzelnen Zellwandschichten (nach Abe & Funada, 2005)

Sekundärwand 1 Die S1 hat in Nadelholztracheiden eine Dicke von 0,12 ... 0,26 μm (Frühholz) bzw. ca. 0,38 μm (Spätholz) (Fengel & Stoll, 1973; Wagenführ, 1999; Brändström et al., 2003). Der Ligningehalt liegt bei 20 ... 25 % (Fergus et al., 1969).

Für den Mikrofibrillenwinkel der S1 werden Werte von 70 ... 117° angegeben (Brändström et al., 2003; Donaldson & Xu, 2005). Verschiedene Autoren haben für die S1 eine als crossed fibrillar structure bezeichnete doppelte Schichtung mit unterschiedlicher Mikrofibrillenorientierung nachgewiesen (Frei et al., 1957; Crosby et al., 1972; Abe et al., 1991). Demnach sind die ersten Mikrofibrillen, die im äußeren Bereich der S1 abgelagert werden, in einer S-Helix angeordnet. Dann ändert sich die Orientierung der Mikrofibrillen allmählich, bis sie im inneren Bereich als Z-Helix angeordnet sind (Abb. 5). Andere Autoren gehen von einer einfachen Schichtung aus und vermuten, dass der Übergangsbereich zur S2 als Z-Helix innerhalb der S1 fehlinterpretiert wurde (Khalili et al., 2001; Brändström et al., 2003; Donaldson & Xu, 2005).

Sekundärwand 2 Mit ihrer Mächtigkeit von 1,66 μm im Frühholz und 3,69 μm im Spätholz (Fengel & Stoll, 1973) ist die S2 für die Eigenschaften des Holzkörpers von herausragender Bedeutung (Barber & Meylan, 1964; Bodig & Jayne, 1993). Der Ligningehalt weist nur geringe Unterschiede zu dem der S1 auf (Fergus et al., 1969; Gindl et al., 2004). Im Gegensatz zu Primärwand und Sekundärwand 1 wird die Sekundärwand 2 rasch von Braun-, Weiß- oder Moderfäuleerregern abgebaut (Wagenführ, 1989).

Über die Anordnung der Mikrofibrillen in der S2 quer zur Zellachse gibt es seit Jahren eine intensive Diskussion. Im überwiegenden Teil der Untersuchungen wurde davon ausgegangen, dass die Mikrofibrillen in mehreren konzentrischen Lamellen angeordnet sind (Ruel & Goring, 1978; Maurer & Fengel, 1991; Fahlén & Salmén, 2002) (Abb. 6). Andere Autoren dagegen behaupteten, dass die Anordnung der Mikrofibrillen eine radiale Gefügeorientierung erkennen lässt (Chafé, 1977; Sell & Zimmermann, 1993; Schwarze & Engels, 1998). In Abb. 4 ist die radiale Strukturierung der Fibrillen-Lignin-Matrix der S2 schematisch dargestellt. Zimmermann & Sell (1997) vermuten, dass die in diesem Schema weiß belassenen Zwischenzonen überwiegend aus Lignin bestehen.

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Abbildung 6: Lamellare Zellwandstrukturen bei einer Tracheide (Picea abies [L.] Karst.)

Nach Singh & Daniel (2001) können sowohl radiale als auch tangentiale Strukturen auftreten. Sie schließen aus ihren Beobachtungen, dass die makromolekulare Organisation der Zellwand komplexer ist, als allgemein angenommen und dass möglicherweise verschiedene Strukturmuster koexistieren (Sell & Zimmermann, 1998). Zimmermann & Sell (1997) und Daniel (2006) weisen in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit hin, dass die beobachteten Unterschiede lediglich präparationsbedingt sind und sich je nach verwendeter Methode konzentrische oder radiale Strukturen in der S2 ergeben. Von Donaldson & Frankland (2004) und Zimmermann et al. (2006) wurde eine zufällige Textur innerhalb der S2 beobachtet, die vermutlich der eigentlichen Natur der Zellwandnanostruktur entspricht. Der plastische Charakter der Zellwand und die Fähigkeit zu struktureller Neuordnung bei unterschiedlichen Spannungszuständen (Keckes et al., 2003) würde demnach die Bildung unterschiedlicher Strukturmuster aus der quer zur Zellachse zugrunde liegenden willkürlichen Ausrichtung der Zellwandkomponenten ermöglichen.

In axialer Richtung sind die Mikrofibrillen der S2 in einer Z-Helix angeordnet (Meylan & Butterfield, 1978; Donaldson & Xu, 2005). Der Mikrofibrillenwinkel dieser Zellwandschicht wird als die wichtigste submikroskopische Eigenschaft von Holz bezeichnet (Meylan & Probine, 1969). Er variiert zwischen 0° und 30° im adulten Stammholz (Jakob et al., 1994; Reiterer et al., 1998; Lichtenegger et al., 1999; Bergander & Salmén, 2000). Mit steigendem Mikrofibrillenwinkel nehmen Festigkeit und Elastizität parallel zur Faser ab (Mark, 1967; Keckes et al., 2003; Yang & Evans, 2003; Burgert et al., 2004).

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Es treten Unterschiede im Mikrofibrillenverlauf zwischen den Baumarten, zwischen einzelnen Bäumen (Butterfield, 1998; Donaldson & Xu, 2005) und innerhalb einzelner Tracheiden auf. Im Umfeld von Tüpfeln weichen Mikrofibrillen von ihrer durchschnittlichen Orientierung in der Zellwand ab. Dabei erfolgt eine kreisförmige Orientierung im Bereich des Hofes, wohingegen zwischen den Tüpfeln linear, fast axial orientierte Mikrofibrillen zu erkennen sind (Khalili et al., 2001; Sedighi-Gilani et al., 2005) (Abb. 7). Die Beobachtung höherer Mikrofibrillenwinkelwerte in der Radialwand der Tracheiden (Khalili et al., 2001; Sarén et al., 2004; Donaldson & Xu, 2005), in der vermehrt Tüpfel auftreten, könnte mit diesen Abweichungen zusammenhängen.

Abbildung 7: Schematische Darstellung der Mikrofibrillenorientierung in der Radialwand in der Umgebung von Hoftüpfeln (Sedighi-Gilani et al., 2005)

Eine weitere Variation der Mikrofibrillenwinkel ist zwischen den Tracheiden eines Jahrringes zu erkennen. Ein Teil der Autoren berichtet von hohen Werten im Frühholz (16° ... 43°), während die Mikrofibrillen im Spätholz eine steilere Orientierung (2° ... 10°) aufweisen (Panshin & De Zeeuw, 1980; Sahlberg et al., 1997; Bergander & Salmén, 2000; Sarén et al., 2004; Anagnost et al., 2005). Auch innerhalb des Frühholzes wurde eine Abnahme des Mikrofibrillenwinkels hin zum Spätholz beobachtet (Bergander et al., 2002; Anagnost et al., 2005). Eine andere Gruppe von Autoren hat eine abweichende Tendenz festgestellt. Für den Mikrofibrillenwinkel von Frühholz geben sie Werte von 0° ... 7° an. Im Spätholz wurden für einen Teil der Tracheiden ähnliche Werte gefunden, der andere Teil wies einen Mikrofibrillenwinkel von ca. 20° auf (Jakob et al., 1994; Reiterer et al., 1998; Lichtenegger et al., 1999; Gindl et al., 2004; Rosenthal, 2009).

Innerhalb des Baumes gibt es zwei altersbezogene Phänomene: das kambiale Alter, welches eine Variation der Holzstruktur und -eigenschaften vom Mark zur Rinde in einer bestimmten Höhe bewirkt und das physiologische Alter, welches eine Variation der Holzstruktur und -eigenschaften mit der Höhe im Stamm in einem bestimmten Jahrring bewirkt. Mit einer Zunahme des physiologischen Alters (mit der Höhe im Baum) kommt es zur einer Reduktion des Mikrofibrillenwinkels (Donaldson,

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1996; Donaldson & Xu, 2005). Mit zunehmendem kambialem Alter wurde ein ähnlicher Effekt beobachtet (Donaldson, 1996; Lichtenegger et al., 1999; Khalili et al., 2001; Bergander et al., 2002; Sarén et al., 2004; Sedighi-Gilani et al., 2005). Im Bereich des Marks (etwa die ersten fünf Jahrringe) treten Werte von 30° ... 45° auf, dann sinkt der Mikrofibrillenwinkel rapide, bis er sich ca. ab dem 15. Jahrring auf einem Niveau von 0° ... 20° stabilisiert.

Sekundärwand 3 Die während des Dickenwachstums von Holzzellen zuletzt gebildete Wandschicht wird als Sekundärwand 3 oder Tertiärwand (T) bezeichnet. Eine Ausnahme bilden Druckholzzellen, hier stellt die S2 die abschließende Wandschicht dar. Die Dicke der S3 beträgt 0,09 ... 0,14 μm (Fengel & Stoll, 1973; Wagenführ, 1999). Der Mikrofibrillenwinkel liegt bei 40° ... 113° (Abe & Funada, 2005; Donaldson & Xu, 2005), wobei eine Rotation der Fibrillenorientierung von der Grenze zur S2 in Richtung des Lumens zu erkennen ist, die vom Lumen aus betrachtet entgegen dem Uhrzeigersinn erfolgt (Abb. 5). Eine strenge parallele Anordnung der Fibrillen, wie sie in der S2 auftritt, ist in der S3 nicht zu finden.

Die Warzenschicht bedeckt als innerer Zellwandabschluss die S3 von Tracheiden, Fasern und Gefäßen verschiedener Holzarten (Abb. 8). Sie wird teilweise auch als separate Zellwandschicht gekennzeichnet. Infolge ihrer chemischen Zusammensetzung besitzt sie eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber chemischen Lösungsmitteln und den Enzymen holzzerstörender Pilze (Wagenführ, 1989). Die Größe der halbkugelförmigen Warzen schwankt zwischen 0,01 und 0,25 µm (Liese, 1963).

Abbildung 8: Warzenschicht bei Abies alba Mill. im Umfeld eines Hoftüpfels

Die hier vorgestellte Beschreibung des Zellwandbaus gilt insbesondere für die Tracheiden des Nadelholzes. Vergleichbar ist dieser dem von Fasertracheiden, Libriformfasern und Gefäßen des

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Laubholzes. Parenchymzellen und die Fasern von Monokotyledonen, z.B. Bambus, weisen hingegen einen polylamellaten Zellwandbau auf, in dem die Fibrillenorientierung mehrfach wechselt (Liese, 1985; Wagenführ, 1989; Fengel & Wegener, 2003).

Aktuelle Forschung Die TU Dresden untersucht aktuell die submikroskopischen Strukturen bei thermisch behandeltem Bambus, um so Erkenntnisse über die Zusammenhänge von Behandlungstemperatur und Materialversprödung zu gewinnen. Klar ist bereits jetzt, dass es infolge eines chemischen Abbaus der Hemicellulosen zu einer Modifizierung der in Bruchbildern erkennbaren Zellwandstruktur von Parenchymzellen und Faser kommt. Die Ergebnisse sollen dazu dienen, die Prozessführung bei der Thermobehandlung für den Verwendungszweck zu optimieren. Das Projekt läuft noch bis 2013.

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Zum Thema Holzanatomie ist bereits folgender Beitrag erschienen: Holzaufbau und Tränkbarkeit. Holz-Zentralblatt, 136. Jg, Nr. 34, S. 852, 854, im Internet unter: www.qucosa.de