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Page 1: Der Weg zur Lokaldiagnose der Geisteskrankheiten

KLINISCHE WOCHENSCHRIFT I2. J A H R G A N G Nr. 26 3o. J U N I x933

OBERSICHTEN.

DER WEG ZUR LOKALDIAGNOSE DER GEISTES- KRANKHEITEN.

Yon

Prof. Dr. E. KfIPPERS. Aus der PsychJatrischen und Nervenklinik Freiburg i. Br.

(Direktor: Geh. Rat Prof. Dr. HOCHE);

Bekanntlich n immt die Psychiatrie innerhalb der medi- zinischen Fgeher dadurch eine Ausnahmestellung ein, dab in ihr eine eigenttiche Lokaldiagnose vorl~ufig unm6glich ist. Das besagt nicht mehr und nicht weniger, als dab die wechsel- seitige Kontrolle zwischen dem Kliniker und dem Patho- logen, auf der die ganze medizinische Fdrschung beruht, in der Psychiatrie nicht s tat t f inden kann. Wenn man einen Vergleich haben will, so ist die Lage beinahe so, als ob der Augenkliniker sich darauf beschr~tnken mfiBte, die Art der Sehst6rungen, unter denen seine Kranken leiden, genau zu beschreiben, und nicht imstande w~tre, das optische Medium oder den Tell der Sehbahn anm~geben, dessen Abweichung yon der Norm fiir die StSrungen verantwortlich ist. Ich sage: beinahe. Denn der Psychiater rut allerdings noch ein fibriges: er sehliel3t aus der Art der psychischen StSrungen und ihrem bisherigen Verlauf auf ihre Zugeh6rigkeit zu einer best immten Kranlcheit und gewinnt dadurch schlieBlich doch die M6g- liehkeit, eine Prognose zu stellen und Therapie zu treiben.

DaB es sich bei dieser Besonderheit der Psychiatrie nicht um etwas handelt, was zum Wesen der psychischen Krank- heiten geh6rt, versteht sich yon selbst. Tats~ichlich sind sich ja alle Psychiater dariiber einig, dab die Geisteskrankheiten Gehirnkrankheiten sind. Im groben lokalisieren wir also schon seit langem. Was fehlt, ist nur die M6glichkeit, die verschie- denen Arten yon psychischen StSrungen mit dem Befallen- sein verschiedener Teile des Gehirns in Zusammenhang zu bringen.

Es soll nieht unerw~ihnt bleiben, dab es bei einigen psychi- schen Krankheiten wenigstens eine i~direlcte Lokaldiagnose gibt. Stellen wir z. 13. die Diagnose ,,progressive Paralyse'% so wissen wir, dab ein KrankheitsprozeB vorliegt, der fiber- wiegend die Rinde, und zwar besonders die des Stirnhirns, bef~llt. Wir dfirfen daher annehmen, dab diese Regel sich auch i n dem jeweils vorliegenden Falle bewiihren werde. Dagegen sind wir nicht imstande, aus unserer Kenntnis der besonderen Erscheinungs]ovm der Krankheit auf eine be- stimmte Ausbreitung des Prozesses zu schlieBen, oder um- gekehrt aus dem Sektionsbefund abzulesen, welcllen be- sonderen Charalcter das Zustandsbild gehabt hat - - ob etwa einen depressiven oder einen manischen, einen paranoischen oder einen katatonischen. Ausgenommen sind dabei, nattir- lich F~ille, bei denen bestimmte Einzelleistungen mangelhaft sind, also etwa apraktische, agnostische oder aphasische St6rungen vorliegen. Derartige StSrungen gehSren ja aber auch nicht zu den psychisehen, denn sie bedeuten kein ver- ~indertes ,,Dasein", kein ver~indertes ,, In-der-Situation-Stehen" des betreffenden Menschen.

Wenn die Psychiatrie fiber dieses Stadium hinauskommen soll, so ist natiirtich die erste Vorbedingung, dab das Organ, in das wir lokalisieren wollen, und die Funkt ionen dieses Organs auf Grund anderweitiger Erfahrungen einigermaBen bekannt sind. In dieser 13eziehung sind wi r nun heute sehr viel gtinstiger daran, als etwa vor 2o Jahren. Es sind haupt- sgchlich 3 grol3e Entdeckungen, die uns gef6rdert haben: die Auffindung der obersten Zentren des vegetativen Nerven- systems, die des Schlafzentrums und die der extrapyramidal- motorischen Bahnen.

Kliuische "Wochenschrift, I2. Jahrg.

Die obersten vegetatieen Zentren liegen bekanntlich, soviel wir jetzt wissen, s~mtlich in der unmit telbaren Umgebung des 3. Ventrikels. Die Bedeutung dieser Tatsache ffir unsere Frage ergibt sich daraus, dab alte affektiv betonten, also nicht rein willensmggigen oder rein intellektuellen Seelenzustgnde sich bei genfigender St~rke immer gleichzeitig in vegetativen und motorischen E//ekten ~uBern. (Man denke etwa an den Schreck, der auf vegetativen Wegen ein Stocken des Herz- schlages, eine Erweiterung der Pupillen und eine Blutver- schiebung nach innen [BlaBwerden], auf motorischen Wegen Zusammenfahren u n d Zittern hervorruft.) Diese Parallel- schaltung gilt ffir jedes Lebensalter, also auch ffir das frtiheste Sguglingsalter, in dem die Hirnrinde und die Pyramidenbahn noch nicht markreif sind, sich also wahrschei~lictt an dem Zustandekommen der motorischen ~lul3erungen noch nieht beteiligen. Daraus mfissen wir schlieBen, dab die Grund- lagen der A//el~tivitgt im Thalamus liegen, und zwar so, dab ihre Erregung sich gleichzeitig einerseits fiber die Bahnen der Willensimpulse auf die willktirliche Muskulatur, andererseits fiber die obersten vegetativen Zentren und deren efferente Bahnen auf die effektorischen Organe des vegetativen Ner- vensystems fibertr~igt.

Das Sehla/zentrum wurde 'schon vor fiber 3 ~ Jahren auf Grund yon Erfahrungen an Himtumoren von MAUTHN~R in den Thalamus lokalisiert. Diese Hypothese land sp~iter eine ausgezeichnete Bestgtigung dutch die Encephalitis epidemica, die fast regelm~it/ig mi t SehlafstSrungen einher- geht und deren anatomische Grundlagen haupts~ichlich im Zwischenhirn liegen (EcoNoMO). Das letzte Gtied in der Beweiskette wurde yon W. R. HESS geliefert, der bei K a t z e n durch elektrische Reizung des Zwischenhirns an Punkten, die der Medianlinie nahelagen, regetm~igig einen voriibergehen- den dem natfirlichen Schlaf sehr ~hnlichen Zustand erzeugen konnte .

Es ist Mar, dab die Auffindung eines Schlafzentrums ftir unser Verst~indnis der Funktionsweise des Nervensystems etwas ganz Augerordentliches bedeutet. Wenn es gelingt, dutch die Reizung einer eng umgrenzten Stelle des Gehirns - - und nur durch die Reizung dieser Stelle - - Schlaf zu erzeugen, so muB man annehmen, dab das Verhalten dieser Stelle maB- gebend ist fiir den Wechsel yon Schlafen und Wachen, mit anderen Worten, maBgebend daffir, ob fiberhaupt psyehisches Geschehen yon der Ifir das Wachsein charakteristischen Art abIXuft oder nicht. Nun ist Wachsein nichts anderes als ein t3ereitsein des Individuums gegenfiber seiner Umwelt, also ein Zustand, bei dem sich die gegeniiber der Umwelt wirk- samen Organe des Erkennens und Handelns (der ,,animalische Apparat" mit ,,Merksph~tre" und ,,Wirksph~ire") in T~itigkeit oder mindestens in Aktionsbereitschaft befinden, umgekehrt der Schlaf ein Zustand des Nichtbereitseins, bei dem jene ~Verkzeuge ruben. Es ergibt sich also, I dab das ,,Schtaf- und Wachzentrum" ein IRegulationszentrum von ganz iiber- ragender Bedeutung darstellt. Durch seine V.ermittetung miissen die Antriebe wirksam werden k6nnen, die das eine Mal, z. B. im Zustande des Nahrungsmangels oder der Aus- geruhtheit, dahin tendieren, die ffir das ~Vachsein charak- teristische Abwehr- und AngriffshMtung gegeniiber der Urn- welt herzustellen, das andere Mal, z. B. im Zustande der S~ittigung oder der Mfidigkeit, dahin, sie wieder aufzugeben. M6glieh wird das dadm'ch, dab dieses Zentrum gerade da liegt, wo einerseits alle sensiblen Eindrficke zusammenlaufen, andererseits alle VVitlensimpulse entspringen, sei es nun, dab sich ihre Ergebnisse - - wie beim Erkennen - - in Ver- ~nderungen der ,,Merksph'~re" niederschlagen, sei es, dab

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sie - - wie be im t i ande ln -~ mi t Hilfe der , ,Wirksph~ire" die Urn- wel t oder das Verh~iltnis des Ind iv iduums zu ihr ver~ndern.

DaB der Ursp rung der Wil lensimputse ta ts~chl ich im Tha lamus zu suchen ist, geht aus der d r i t t en groBen E n t - deckung hervor, die die Bahnen betriff t , durch deren Ver- mi t t e lung unsere Bewegungen zustande kommen. DaB die P y r a m i d e n b a h n nicht der einzige Weg ist, der unser Wol len auf unsere Mnskeln iibertr~igt, war auch fr i iher schon bekannt . Ganz klar herausgeste l l t wurde aber die Bedeu tung der ext ra- pyramida l -motor i schen Bahnen, auch ffir die h6chsten S~iuge- t iere und dami t ffir den Menschen, durch das berf ihmte Ex- pe r imen t des A n a t o m e n GOLTZ, dem es gelang, e inem Hunde die ganze Hi rnr inde zu enffernen. Es zeigte sich, dab dieser Eingriff die Bewegungsf~ihigkeit des Tieres, abgesehen yon der Geschickl ichkei t beim Greifen, n icht beeintr~cht igte , dab demnach die IKirnrinde nicht der Ursprungsor t der Willens- impulse sein konnte . Den di rekten Beweis ffir den Menschen lieferte schlieBlieh wieder die Encephal i t i s epidemiea. Die bei ihr auf t re tenden ex t r emen Star rezus t~nde zeigen, dab ohne Mi twirkung der ex t r apyramida len Bahnen willkfirliche

B e w e g u n g e n prakt i seh f i b e r h a u p t n icht zus tande k o m m e n und dab demnach die fiber die P y r a m i d e n b a h n laufenden Impulse nichts wei ter t un als dab sie den ex t r apy ramida l ver laufenden nachtr~iglich die feinere Ausges ta l tung geben, die durch den Lernvorgang gewonnen wird bei t3ewegungs- arten, deren Ablauf n icht von vornhere in festgelegt sein darf, wie e twa bei den Sprech- und Greifbewegungen.

W e n n die Hi rnr inde als Ursprungsor t der Wil lensimpulse n icht in Frage kommt , so ble ibt angesichts des Verlaufs der P y r a m i d e n b a h n und der ex t r apyramida len Bahnen nichts anderes iibrig, als den Thalamus daffir in Anspruch zu nehmen, yon dem wir gesehen haben, dab er als Zen t rum der Affek- tivit~it und der Schla f -Wach-Regula t ion sowieso ffir diese Rolle pf i idest inier t ist. Jedenfal ls sind die sog. subeorticalen Ganflien auszuschalten. Denn wenn das Pallidum gesch~digt wird, k o m m t es zu den Starrezust~inden des Parkinsonismus, wenn das Striatum, zur a l lgemeinen Ate those - - in beiden F~illen also zu St6rungen, die sich auf das ~nBere Verhalten beschr~inken, das ,,Dasein" dagegen, d. h. die Art, wie der Mensch seine S i tua t ion ve r s t eh t und innerl ich zu ihr Stel lung nimmt, in t ak t lassen.

N i m m t man hinzu, was seit l angem yon der Hirnrinde bekann t ist, n~imlich dab sie die im individuel len Leben zu erwerbenden gnostisehen und prakt ischen Leis tungen e r - m6gl icht dadurch, dab sie die Dispositionen des Wissens und K6nnens in sich aufn immt , so sieht man, dab allein d a s System Thalamus-Hirnrinde als unmi t t e lba re Unter lage des Psychischen - - als das ,,psychisehe System" - - in Frage kommt , und zwar so, dab es v o m Zus tande des Thalamus abh~ingt, ob i~berhaupt normales Dasein m6glich ist, von der Besehaffenhei t der Hirnrindedagegen, welehe Reiehweite das Dasein ha t und welche Einzel]dhigkeiten dem I n d i v i d u u m im wachen Zus tande zur Verf i igung stehen.

Nachdem wir so das Organgebiet b e s t i m m t haben, das ffir uns allein in Be t r ach t kommt , k6nnen wir nun die Frage auf- werfen, welche lokaldiagnost ischen Schlfisse uns die psycho- pathologischen Befunde erlauben. Es hande l t sich hier um eine der Grundfragen der klinischen Psychiatr ie , und es ist selbstverst~ndlich, dab alle Psychia te rgenera t ionen an ihrer L6sung gearbei te t haben. Wirkl ich erfolgreich konnten die Bemfihungen abe t ers t werden, nachdem KRAEPELIN das Sys tem seiner ,,Krankheitseinheiten" aufgestel l t und dami t e inem ersten Ordnungsges ich tspunkt auf dem Gesamtgebie t der Psychia t r ie zu seinem Rech t verholfen hat te . Ers t j e t z t wurde ganz offenbar, dab die Erkl~trung der , ,Einhei ten zweiter Ordnung" (I-IocHE1), der Symptomenkomplexe , immer noch ausstand, und dab es an der Zeit war, die , ,Sym- p tomverkuppe lungen" zu studieren, die al te Unte rsche idung zwischen pr im~ren und sekund~ren S y m p t o m e n wiederauf- zunehmen und nach den , ,Grunds t6rungen" der Zustands- bilder zu fragen. Die For tschr i t te , die auf diesem Gebiet in den le tz ten 25 ] ah ren erzielt worden sind, haben wi t vor al lem den Arbei ten y o n t~LEULER 2, BERZE 3, BIRNBAUM 4, C. SCHNEIDER 5 u n d KRONFELD 6 ZU verdanken.

Was die Frage nach den ,,Grundst6rungen" ffir unser P rob lem bedeutet , ist klar. Wenn ein S y m p t o m primdir ist, so heiBt das: es ha t seine eigene pathologisch-anatomische Grundlage. I s t es sekund~ir, so ist dami t gesagt, dab es sich in einer psychologisch verst~indliehen Weise aus einem prim~iren S y m p t o m ablei ten l~il3t, also zu seiner Erkl~irung nicht der Annahme einer eigenen pathologisch-anatomischen Grundlage bedarf. Es gibt demnach so viele verschiedene von- einander unabhdngige pathologiseh-anatomische Grundlagen der psyehiatrisehen Zustandsbilder, wie es verschiedene von- einander unabhdngige Grundst6rungen gibt, und dem Verh~ilt- his der Grunds t6rungen untere inander muB ein gleichart iger Zusammenhang ihrer ana tomischen Grundlagen entsprechen.

Zur Er l i iu terung ein Beispiel: Den S y m p t o m e n k o m p l e x der Melancholie beschreibt man gew6hnlich so, dab m a n sagt, es verMinden sich in ihm gedrfickte S t immung, Gedanken- hemmung , Bewegungsa rmut und depressive Wahnideen. Das Gegenstfick, der S y m p t o m e n k o m p l e x der Manie, setzt sich aus gehobener S t immung, Ideeni lucht , Besch~iftigungsdrang und Gr6Benideen zusammen. Es ist nun leicht ersichtlich, dab die aufgez/ihlten S y m p t o m e nicht auf der gleichen Ebene liegen. W i t wissen yon uns selbst, dab wi t in gedrf ickter St im- mung zu einer pessimistischen, in gehobener zu einer opfimist i - schen W e l t b e t r a c h t u n g neigen, und sind fiberzeugt, dab die J~nderung nnserer Wel tans ich t eine Folge der S t immnngs- Xnderung ist. Wi r wissen ferner: der Fr6hl iche ist ta tenlus t ig , s teh t a l lem Neuen aufgeschlossen gegenfiber, es s t r6men ihm viele Einf~lle zu. Der Traurige, umgekehr t , legt die H~inde in den Schol3, geht al lem Neuen aus dem Wege, zeigt eine E inengung seines Interessenkreises, und wi t sind i iberzeugt, dab auch hier die S t immungs~nderung das Prim~ire ist, aus dem die J~nderung des Gedankenablaufs und des ~iuBeren Verhal tens ]olgt.. W e n n sich nun dieselbe Kombina t ion yon Ersche inungen bei der Melancholie und Manie findet, nur ins Krankha f t e gesteigert , so l iegt nichts n~iher, als auch in diesem Fal le die Wurze l des Ganzen im Stimmungsm~il3igen zu sehen.

Tats~ichlich ist das auch immer geschehen. Wenn es anders w~ire, wfirde m a n Melancholie und Manie n icht yon jeher durch die Bezeichnung als , ,Gemi i t skrankhei ten" aus den iibrigen Psychosen herausgehoben habeI1. U n t e r ,,Ge- refi t" vers tehen wir eben diejenige hypothe t i sche 1Realit~t, die unseren St immungsXnderungen unmi t t e lba r zngrunde liegt. Wi r k6nnen daher sagen: Bei Melancholie und Manie s i tz t die St6rung im , ,Gemfi t" - - und nur da - - , und der Krankheitsprozel3 m u g so beschaffen sein, dab er e lekt iv das , ,Gemfi t szent rum" betriff t , alle anderen Grundlagen des Psychischen aber Ireil~igt. Es ist klar, dab das, was wi t Gemfit nennen, nichts Anatomisch-Physiologisches ist. Es ist ja nur etwas, was zum seelischen Geschehen als seine Grundlage h inzugedach t wird. Aber die Tatsache , dab das Gemfit durch einen Krankheitsproze/3 e lekt iv beeinfluBt werden kann, beweist doch, dab ihm anatomisch-physio- logisch irgend etwas Wirkl iches entspr icht - - etwas, was wir vorl~nfig als , ,Gemfi t szent rum" bezeichnen k6nnen. W o dieses Zen t rum zu suchen ist, wird sich erst sagen lassen , wenn wir die fibrigen , ,Grunds t6rungen" kennen gelernt haben.

Es wtirde natfir l ich viel zu weit ffihren, wenn ich hier die Able i tung auch ffir die anderen S y m p t o m e n k o m p l e x e durch- ffihren wollte. I ch mug mich deshMb im folgenden darauf beschr~nken, die Ergebnisse der symptomana ly t i s chen Be- mfihungen mitzutei len. Die n~her In teress ier ten seien auf meine an anderer Stelle erschienene Arbe i t * hingewiesen.

Bekannt l ich unterscheiden wir innerhalb der Gesamthe i t der Psychosen die endogenen (eigentlichen) und die exogenen (uneigentlichen). I n jeder dieser beiden Gruppen k o m m t nur eine beschr~nkte Anzahl von typischen Symptomen- komplexen vor. Bei den endogenen Psychosen sind es der depressive, der manische, der schizophrene und der para- noische.

F ragen wi t nach der Grunds t6rung der sehizophrenen Zustandsbilder , so stel len wir fest, dab das Durchgehende als ein Macht loswerden der aktuel len Pers6nl ichkei t oder des

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Ich zu bezeichnen ist. Unter dem Ich verstehen wir dabei diejenige Instanz, die das Individnum gegenfiber seiner UIn- welt ver t r i t t und yon der repr~sentiert das Individunm sich seine Aufgaben setzt und daffir sorgt, dab sein Tun im Sinne der L6sung der gesetzten Aufgaben abl~uft. Diese leitende Instanz wird dutch den schizophrenen ProzeB mehr oder weniger lahmgelegt, was zur Folge hat, dab das Tun und Denken des Kranken einen mehr oder weniger automatischen und sinnlosen, daher ffir den auBenstehenden 13eobachter unverst~ndlichen Charakter annimmt.

Auch beim paranoischen Seelenleben liegt eine Grund- ver~tnderung vor, die das Ich betrifft. Das Ich ist aber, wie das Erhaltenbleiben der affektiven Ansprechbarkeit und die In takthei t der intellektuellen Funktionen zeigt, n icht ent- machtet , sondern nut einseitig gebunden, und zwar dutch seine eigenen Ideen, derart, dab es, soweit diese Ideen mit der Wirklichkeit in Konfiikt geraten, nicht mehr objektiv sein kann, nicht mehr f~hig ist, frei Stellung zu nehmen. Es scheint bier eine Art Isolierungsver~nderung vorzuliegen, bei der das Ich seinen normalen Zusammenhang mit seiner Unterlage, dem Gemfit, verliert und als Folge davon ein falsches Geftihl des Ausgesetztseins oder des Berufenseins ge- winnt, das dann den Boden ffir die entsprechenden wahn- haften Deutungen und fiberwertigen Ideen abgibt.

Auch bei den sog. exogenen Psychosen kehrt ein beschrXnk- ter Kreis yon typischen Symptomenkomplexen im'mer wieder, n~imlich die Verstandesschwdche mit ihren verschiedenen Unterar ten und die Bewufltseinsstdrung, innerhalb welcher wieder zu unterscheiden sind die einiache BewuBtseins- au]hebung (Hirnerschiitterung, Narkose) und die BewuBtseins- tri2bung mit Unterformen wie Rausch nnd Delir.

Wenn wit das normale wache und reife Dasein betrachten, yon dem wit als Psychologen immer ausgehen, so geh6rt dazu mehr als ein Geraint yon normaler Resonanzf~ihigkeit und ein Ich, das sich dem gr6Beren Ganzen, dem es angeh6rt, dienstbar ffihlt und imstande ist, seine Werkzeuge in Gang zu setzen. Es geh6rt dazn vor allem noch ein Erkenntnisapparat, mit dessen HiKe sich das Ich ein Bild yon seiner Situation zu machen imstande ist. Was sich ergibt, wenn dieser Apparat noch unentwiclcelt ist, zeigt uns die gnostische und praktische Hilflosigkeit des kleinen Kindes. Die Folgen yon Anlage- mdngeln desselben Apparates haben wir in den angeborenen geistigen Schwgchezustdnden, die Folgen seines sp~teren Ver- /alls in den verschiedenen Demenz/ormen vor nns.

Es genfigt aber nicht, da/3 der Erkenntnisapparat brauch- bar ist, er muB auch aktuell in Gebrauch sein. Was diese Vorbedingung bedeutet, lehrt uns die allt~gliche Erfahrung des Einschla/ens. Wenn wir einschlafen wollen, kehren wir uns innerlich yon unseren Aufgaben ab. Soweit reicht das, was wir selber tun k6nnen. Weiterhin setzt dann eine Aktion in unserem Innern ein, auf die wir keinen unmittelbaren EinfluB mehr haben. Dutch sie wird nnser Ich yon dem Posten, den es im Wachen innegehabt hat, zurfickgezogen. Gleich- zeitig verlieren wir den Kontakt mit unseren Erkenntnis- und Handlungswerkzeugen und die Macht fiber sie. DaB das tats~chlich der Fall ist, zeigt uns besonders eindrucksvoll das Anfwachen aus einem der bekannten Angsttr~ume, die mit der peinlichen Erfahrung enden, dab nnsere Glieder uns gerade in dem Angenblick nicht gehorchen wollen, in dem wir sie - - zur Abwehr einer scheinbar drohenden Lebens- gefahr - - am dringendsten brauchen.

Experimentel l k6nnen wit dasselbe Nicht-zur-Verffigung- haben der Werkzeuge - - in statu nascendi - - sehr hfibsch am pr~narkotischen Bausch studieren. Klinisch t r i t t es uns in klassischer Form beim Alkoholdelir entgegen. Beruht das normale Einschla/en darauf, dab die vorgebildete spezi/isehe Schla]dissoziation in Funktion tritt , die das Ich yon seinen Werkzeugen trennt, so l iegt dem narkotisch bedingten Ein- schla/en eine allgemeine Dissoziation der funktionstragenden Elemente des psychischen Systems zugrunde, dem Rausch eine den Beginn dieser Dissoziation begleitende Erregung der- selben Elemente, dem Delir schliel31ich eine reine Erregung.

Im ganzen gelangen wir So beim ~berbl ick fiber die psycho- pathologischen Symptomenkomplexe zu 7 oder 8 verschie-

denen Grundstgrungen, die sich in ein einfaches Schema bringen lassen, wenn man die einze]nen als Grundlagen hinzuzu- denkenden Faktoren aufzeichnet und sie in den Zusammen- hang hineinstellt, der sich aus ihrer Rolle beim Zustande- kommen des wachen Daseins ergibt (Abb. i).

///;wr/zde

- ~

Der psychische Reflexbogen mit seinem zentraien Teil, dem ,,psychischen System" (a, b, e).

In diesem Schema stellt die Linie a das , ,Gemfitszentrum", also die Grundlage der Stimmungs~nderungen, der Punkt b das Ich-Zentrum, also den Angriffspunkt des schizophrenen Prozesses, die Linie c den Erkenntnisapparat , also den Ort der Erfahrungsniederschl~ge, dar. Die Linien s (sensible Bahnen) und m (motorische Bahnen) sind zur Vervollst~n- digung des ,,psychischen Reflexbogens" hinzugeffigt, der im ganzen dazu dient, dem durch a und b repr~sentierten Individuum den Umgang mit dem ~uBeren Objekt 0 zu er- m6glichen.

Das Entscheidende ist nun, dab dieses Schema rein yore psychologischen und psychopathologischen Standpunkt aus entworfen ist, sich trotzdem aber genau mit den System- zusammenh~ngen im Gehirn deckt, die wit einleitend be- sprochen haben. Da das nnm6glich ein Zufall sein kann, bleibt nichts anderes fibrig als anzunehmen, dab bier eine !dentitdt vorliegt, dab das Schema nichts anderes ist als die bei der Symptomanalyse gedanklich gewonnene Konstruktion derselben Realit~t, die bei der direkten Untersuchung des Zentralnervensystems sinnlich greiibar angetroffen werden kann.

Es ergibt sich also, dab die psychopathologischen Tat- sachen, wenn man aus ihnen die notwendigen lokalisatorischen Schlfisse zieht, ausgezeichnet zu den neuropathologischen passen, t3eide Erfahrungsreihen erg~nzen sich so, wie man das in Anbetracht der Einheit des krankeI1 Menschen erwarten m u [ 3 .

Wenn auf diese Weise die Voraussetzungen ffir die Lokal- diagnose der Geisteskrankheiten gegeben sind, so wird man nun vermutlich wissen wollen, wie sich das praktisch auswirken wird, besonders im Hinblick ant die Erm6glichung einer ins einzelne gehenden Zusammenarbeit der Klinik mit der patho- logischen Anatomie. Dazu ist zu s~gen, dab die Aussichten vorl~ufig nicht sehr ermutigend sind. Ja, es liegt so, dab man vielleicht erst jetzt ganz die Schwierigkeiten begreift , die einer solchen Zusammenarbeit entgegenstehen : Die anatomischen Grundlagen der manisch-depressiven Verstim- mungen zu linden, erscheint nach wie vor wegen des funktio- nellen Charakters der St6rungen v611ig aussichtslos. Auch die der Paranoia zugrunde liegenden Ver~nderungen dfirften viel zu rein sein, als dab sie mit den heutigen Methoden festgestellt werden k6nnten. DaB Intelligenzde/elcte ihre Grundlagen in Hirnrindenver~nderungen oder in Ver~nderungen haben, die die Benutzung eines Teiles der in der Hirnrinde gelegenen Dispositionen erschweren oder Ullm6glich machen, ist nichts Neues, ergibt also auch keine neuen Ausblicke. Man wird h6chstens hoffen dfirfen, dab es je tz t besser als bisher ge- lingen wird, apraktische, agnostische und aphasische St6run- gen arts den zugrunde liegenden anatomischen Ver~nderungen abzuleiten. Von dem Studium der anatomischen t3efunde bei BewufitseinsstSrungen wird man nut dann etwas erwarten k6nnen, wenn die Ver~inderungen nicht, wie meistens, difius verteil t sind, sondern sich auf die Nachbarschaft des Schlaf- zentrums beschr~inken. Was schlie~31ich die Schizophrenie anbetrifft, so lassen sieh die bei ihr erhobenen anatomischen Befunde vorl~iufig noch kaum deuten. Sollte es sich bestS- tigen, dab sie in der Hirnrinde und nur dort liegen, so branchte man darin noch keine Widerlegung unserer lokaldiagnosti- schen Auffassnng zu sehen. Denn ob das ,,Machtloswerden

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des Ich" geradlinig durch einen anatomischen ProzeB be- dingt wird, der sich auf das , ,Ich-Zentrnm" beschrAnkt, oder ob es etwa dadurch hervorgerufen wird, dab corticale Hilfs- apparate des Ich-Zentrums betroffen werden, ohlie deren Mitwirkung dieses sich gegen die Masse der Hirlirinden/ dispositionen nicht durchsetzen kanli, darfiber l~f3t sich aus der rein psychopathologischen Analyse IIichts entnehmen.

~berhaupt muB betont werden, dab es sich bet der ganzen hier vertretenen Anffassnng um einen hypothetischen Ent- wurf handelt, der nichts wetter leisten kanli und soil als einen Rahmen ftir kfinftige Feststellungen abgeben. Gegenfiber bisherigen ~thnlichen Versuchen nimmt er ffir sich nur in An- spruch, dab er in sich selbst widerspruchslos ist und auf einer

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Verarbeitung des gesamten vorhandenen Materials beruht, sei es. nun neurologischer, sei es psychopathologischer oder allgemein-psychologischer Art.

L i t e r a t u r : 1 HOCHE, Die Bedeutung der Symptomenkomplexe in der Psychiatrie. Z. Neur. I2, 54 o (1912). -- 2 BLEULER, Dementia praecox oder Gruppe der Schizophrenien. Handbuch der Psychia- trie. Leipzig-Wien 1911. - - 3 BERZE, Die prim~.re Insuffizienz der psychischen Aktivit~t. Leipzig-Wien 1914. -- 4 BtRNBAIJ~, Der Aufbau der Psychose. Berlin 1923. -- 5 C. SCHNEIDER, Die Psycho- logie der Schizophrenen. Leipzig 193 o. -- 6 1KRONFELD, Perspek- riven der Seelenheilkunde. Leipzig 193o. -- 7 E. KOPPERS, Uber den Begriff der Grundst6rung und seine Bedeutung fflr die Ein- teilung und die Lokaldiagnose der Geisteskrankheiten. Arch. f. Psychiatr. 99, I (1933).

ORIGIN

UBER DIE PRUFUNG DER STARKE VON DIGITALISPRAPARATEN AM MENSCHEN.

V o n

Prof. ERNST EDENS. Aus der Medizinischen Akademie DtisseIdorf.

Die St~rke der Wirkung chemisch reiner Digitalispr~parate entspricht unter gleichen Bedingungen der Gewichtsmenge des Pr~parates, so z. B. die Wirkung des Strophanthins. Die St~rke der Wirkung chemisch nicht reiner Digitalispr~parate muB durch den Versuch am Tier oder Menscheli best immt werden. Man benutzt gew6hnlich Fr6sche oder Katzen und bezeichnet als Froschdosis (F.D) die ant i g K6rper- gewicht des Frosches berechnete kleinste t6dliche Giffdosis, als Katzeneinheit die auf I kg K6rpergewicht der Katze berechnete kleinste t6dliche Giftdosis. Da aber die Fr6sche je nach Art und Jahreszeit und die einzelnen Katzen untereinan- der verschieden empfindlich ftir die Giftwirkung silid, mug j edes Pr~parat an eilier Reihe von Fr6schen oder Katzen geprtift werden. Der mittlere Wert gilt dann als lV[aJ3 der Wirkungs- st~rke. Damit ist gesagt, dab eine solche Bestimmung der Wirkungsst~trke eine gewisse Fehlerbreite in sich schliel3t. Die Froschdosen und Katzeneinheiten k6nnen keine ganz genauen Werte sein.

Prtift man verschiedene Digitalispr~parate (Digitalis purpurea, Scilla maritima, Strophanthin ) beim Frosch und bet der Katze, so ergibt sich ferner, dab die Werte nicht streng miteinander vergleichbar sind. Frosch und Katze sind ffir die verschiedenen Pr~parate nicht gleich empfind- lich. Die Werte ffir ein gegebenes Pr~parat gelten also nur ffir eine bestimmte Froschart zu einer best immten Jahreszeit oder nut ffir die Katze. Man kalin dementsprechend Frosch- werte nicht in Katzenwerte oder nmgekehrt umrechnen, ge- schweige denn in Werte, die ffir den Menschen unbedingte Geltung h~tten. Oder allgemein gesagt, der Tierversuch liefert Prgparate yon bestimmter, gleichm~giger Wirkungs- st~rke. Die Wirkdngsst~rke des einzelnen Pr@arates ]i~r den Mensehen mu/3 am Menschen selbst bestimmt werden.

Es mag gestattet sein, als Beleg ffir diese Regeln einige S~tze anzufiihren aus dem Bericht yon IKNAFFL-LXNzl: ,,Uber die Arbeiten und Vorschl~ge der internationaleli Kon- ferenzen, welche yon der Hygieneorganisation des V61ker- bundes behufs Vereinheitlichung oder biologischen Wert- bestimmung yon Heilmitteln veralistaltet wurde." In seinem Referat auf tier Zweiten internationalen 1Konferenz in Genf kommt MAGNUS u. a. zu folgenden Schlfissen. Die Aus- wertung an der Katze gibt relative und absolute Werte, die dnrchschnittlich nicht mehr als lO% vom Mittelwert abweichen. Abweichende Ergebnisse CUSHNY s beruhen darauf, dab es in Edinburgh 2 Arten yon Katzen gibt, yon denen die eine wesentlich resistenter gegen Digitalis ist als die andere. Mit Rficksicht auf solche Verschiedenheiten mug ein StandardprXparat geschaften werden. Die Auswer- tung am Meerschweinchen IIach KNAFFL-LENz muB noch

ALIEN.

weiter geprfift werden. Gegen die Froschmethoden ist ein- zuwelideli, dab die Empfindlichkeit der Fr6sche sehr schwankt, im Sommer eine andere ist als im Winter, die relative YVir- kungsstS, rke der einzelnen Digitalisglykoside am Frosch nicht dieselbe wie am Menschen ist, ffir die meisten Froschmethoden alkoholische Auszfige erforderlich sind, wodurch ulikontrollier- bare Fehler in die Bestimmung hineingebracht werden. Die Ergebnisse der Eichungen am Frosch zeigen denn auch sehr grol3e Abweichungeli. In der Aussprache schXtzt CUSHNY die Zuverl~tssigkeit der Froschmethode h6her ein als M A G N U S ;

KROGH weist darauf hin, dab die relative Giftigkeit der iso- lierten Glykoside Ifir verschiedelie Species yon Tieren ver- schieden ist.

Es soll nicht auf weitere Einzelheiten eingegangen werden. Die soeben aligefiihrten Ansichten der besten Kenner des Gebietes genfigen, um zu zeigen, dal3 die Bestimmung des Wirkungswertes yon Digitalispr~iparaten in dem unter ein- faehsten. Bedingungen arbeitenden Tierversuch noch ein umstrittenes Problem ist und keine ganz zuverlAssigen Er- gebnisse liefert. Da wundert es uns nicht, dab die gelehrte Kommission fiber die klinische Prtifung IIoch weniger Gutes zu sagen hat : ,,Die nach Abschlul3 der Konferenz durch- geffihrten Untersuchungeli 2 fiber die Wirkungsst~,rke yon drei B1Atterproben am herzkranken Menscheli haben gezeigt, dab eilie quanti tat ive Bewertung am Patienteli mit den derzeitigen klinischen Untersuchungsmethoden nicht m6glich ist."

Das hat seine guten Grtinde. Die beim kranken Menschen- herzen angewandten und wirksamen Gaben sind im Verh~lt- nis um ein Vielfaches kleiner, als die im Tierversuch ange- wandten und n6tigen Gaben. DaB beim Menschen diese kleinen Gaben wirken, liegt an dem krankhaften Zustande des Herzens. Im besonderen ist es die Vereinigung yon Hyper- trophie mit Insuffizienz, die besondere Wirkungsbedingungen ffir die Digitalis schafft, wie ich in meiner Monographie fiber die Digitalisbehandlung a nachgewiesen habe. Ich babe dort auch betont, dab beim Menschen uligew6hnliche Digitalis- wirkungen wie Leitungshemmungen nicht auf zu hohe Gaben, sondern auf eine Sch~digung und dadurch begrfindete l~ber- empfilidlichkeit der Leitungsbahn ffir die Digitalis zurtick- zuffihren seien. Kurz und gut, damit die fiblicheli Digitalis- gaben beim Menschen eine nachweisbare Herzwirkung ent- falten k6nnen, muI3 der Zustand des Herzens in besonderer Art verXndert sein. Indem dieser Zustand die Wirkung der tiblicheli Gaben fiberhaupt erst m6glich macht, bestimmt er gleichzeitig die f fir den betreffenden Zustand richtige H6he der Gaben. Oder klinisch gesprochen: die im einzelnen .Falle zu gebenden Digitalisdosen werden durch den Zustand des Herzens maflgebend bestimmt. Die St~rke der Wirkung eines Pr~,parates h~ngt dementsprechend nicht IIur v o n d e r Gr6ge der Gaben ab, sondern auch, und zwar in wesentlichem Grade, yon dem Zustand des Herzens. Das in Amerika ffir die H6he der Gaben als maBgebend erachtete K6rpergewicht spielt gegenfiber dem Zustand des Herzens nur eine unwesentliche Rolle. Da nun bei jedem herzkranken Menschen der Zustand des Herzens ein anderer ist, und da bis jetzt dieser Zustand