der selbstÄndige kompakt bds....tigen geschäftsidee fehle. engere zusammenarbeit angestrebt...
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SELBSTÄNDIGEDER
Monatsinformation des Bundesverbandes der SelbständigenKOMPAKTKommentare. Berichte. Analysen.
BDS.www.bds-dgv.de
April 2012
Frank-Walter Steinmeier, der neben Par-
teichef Sigmar Gabriel und Ex-Finanzminis-
ter Peer Steinbrück als möglicher Kanzler-
kandidat der SPD gilt, empfing Vertreter
des BDS-Präsidiums zu einem ersten
Gedankenaustausch in seinem Berliner
Büro. Die BDS-Delegation mit Präsident
Günther Hieber an der Spitze machte
gleich zu Anfang des Gesprächs deut-
lich, dass es auch innerhalb des selbst-
SPD-Frontmann Frank-Walter Steinmeier empfi ng eine BDS-Delegation. Themen waren unter
anderem die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik, die Mindestlohndebatte und das Engagement
der Sozialdemokraten für den selbstständigen Mittelstand.
„Mit Steuergutschriften Investitionen stimulieren“
ständigen Mittelstandes durchaus Sym-
pathien für eine Neuauflage der Großen
Koalition gebe. Wenn diese dann durch
die SPD geführt werde, präferiere man
Frank-Walter Steinmeier an der Spitze,
weil dieser nach Ansicht der Verbands-
vertreter Sachlichkeit und Ausgewogen-
heit repräsentiere und für den eine „Wa-
denbeißer-Politik“ nicht zum politischen
Ritual gehöre. Ein wahrlich ernst ge-
BDS-HINTERGRUNDGESPRÄCH
„Die Einführung von Mindestlöhnen darf nicht zum Abbau von Arbeitsplätzen führen.“Frank-Walter Steinmeier
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DER SELBSTÄNDIGEII
„Spitzenverdienern ist ein Einkommensteuer-satz von 49 Prozent durchaus zuzumuten.“Frank-Walter Steinmeier
DER SELBSTÄNDIGE III
dem er auf das BDS-Grundsatzprogramm
verwies, in dem manifestiert ist, dass eine
Lohnuntergrenze Sache der Tarifparteien
sei und nicht die der Politik. Außerdem
müssten sich – so Hieber weiter – bei einer
Lohnuntergrenze auch die regionalen Ge-
gebenheiten widerspiegeln. Ein Mindest-
lohn, der beispielsweise in Mecklenburg-
Vorpommern auskömmlich sei, könne in
einer Stadt wie München vielfach die not-
wendigen Kosten für den Lebensunterhalt
nicht abdecken. Im Umkehrschluss wäre
ein Mindestlohn, der sich an den Münch-
ner Gegebenheiten orientiere, für einen
kleinen Betrieb in Mecklenburg-Vorpom-
mern finanziell nicht tragbar, folgerte Hie-
ber und appellierte an die SPD, von einem
flächendeckenden und politisch festge-
legten Mindestlohn Abstand zu nehmen.
Bollwerk gegen Dumpinglöhne
Frank-Walter Steinmeier betonte, er habe
nichts dagegen, wenn sich die Tarifpart-
ner in dieser Frage einigen könnten. Al-
lerdings sei er im Laufe der letzten sechs
Jahre skeptisch geworden, dass das The-
ma tarifvertraglich angepackt würde. Und
Tatenlosigkeit führe dann eben zu gesetz-
geberischen Aktivitäten, machte Steinmei-
er seine Haltung deutlich. Gleichwohl ver-
kenne er nicht, dass ein flächendeckender
Mindestlohn keine Größenordnung errei-
chen dürfe, die dann gegenteilige Effekte
erziele oder gar zum Abbau von Arbeits-
plätzen führe. Wenn er aber höre, dass in
Thüringen Friseure zu einem Stundenlohn
von 3,14 Euro beschäftigt würden, dann
sei dies menschenunwürdig und nicht
meintes Kompliment, wie Hauptgeschäfts-
führer Joachim Schäfer unterstrich.
Steinmeier kündigte für den Fall eines
Wahlsiegs ein Programm für Innovationen
an. Mit Steuergutschriften sollen demnach
Investitionen in die Forschung stimuliert
werden. Soll heißen: Für die Bundestags-
wahl 2013 will die SPD die Industriepolitik
in den Mittelpunkt ihrer Wirtschaftspolitik
stellen. Damit grenzt sich der frühere Bun-
desaußenminister und Vizekanzler klar von
den Bündnisgrünen ab, die ihren Fokus
auf Ökotechnologien legen.
Firmengründer unterstützen
Besonders liegen Steinmeier beschleu-
nigte Planungs- und Genehmigungsver-
fahren für die Energieinfrastruktur am
Herzen. Zudem will er die Bedingungen
für Auslandsinvestitionen verbessern, die
Zollabwicklung vereinfachen und bessere
Finanzierungsmöglichkeiten für Firmen-
gründer schaffen. Wenn die Wirtschaft
allerdings Wachstumsimpulse von der
Politik erwarte, müssten auch Ressour-
cen geschaffen werden. Der einfache
Rückweg in die Neuverschuldung sei aus
guten Gründen verschlossen. Aber Sub-
ventionsabbau und Einnahmen aus der
Finanzmarkttransaktionssteuer könnten
Bewegungsspielräume schaffen, die für
Wachstumsimpulse gebraucht würden.
Differenzierungen beim
Mindestlohn
Naturgemäß stand auch das Thema
Mindestlohn auf der Gesprächsagenda.
Günther Hieber erläuterte Frank-Walter
Steinmeier die Haltung des Verbands, in-
„Der einfache Rück-weg zur Neuver-schuldung ist uns aus guten Gründen verschlossen.“Frank-Walter Steinmeier
DER SELBSTÄNDIGEIV
Steinmeier, es dürfe weder bei der Vermö-
gensteuer noch bei der Erbschaftsteuer
zu einer Substanzbesteuerung kommen.
Allerdings seien aus seiner Sicht Korrek-
turen beim Spitzensteuersatz notwendig.
Er gehöre zwar nicht zu denjenigen, für
die das sozial gerechteste Land das Land
sei, das den höchsten Steuersatz habe,
aber Spitzenverdienern sei ein Einkom-
mensteuersatz von 49 Prozent durchaus
zuzumuten, erläuterte Steinmeier seine
Philosophie mit Blick auf die exorbitant
gestiegene Staatsverschuldung der Bun-
desrepublik Deutschland.
„Spitzenverdiener” definieren
Dem setzte Günther Hieber entgegen,
dass man zunächst einmal den Begriff
des Spitzenverdieners und dessen Ein-
kommenshöhe definieren müsse. Es kön-
ne doch auch im Interesse der SPD nicht
angehen, dass bereits ein Facharbeiter in
diese Kategorie falle – von einem selbst-
ständigen Handwerksmeister einmal ganz
zu schweigen. Hier müsse es zu einer wirk-
lich tragfähigen und akzeptablen Lösung
kommen, so Hieber abschließend. A.S.
Mittelstand künftig bei den Parteistrategen
der SPD eine größere Rolle spiele als bis-
her, empfahl Joachim Schäfer dem sozial-
demokratischen Frontmann. „Ein richtiger
Rat, den ich meiner Partei auch gebe“,
signalisierte Steinmeier volle Zustimmung.
Er persönlich pflege seit Beginn seiner
politischen Laufbahn enge Kontakte zu
mittelständischen Unternehmen. Aller-
dings stimmte er Schäfers Kritikansatz
in dem Punkt zu, dass die enge Zusam-
menarbeit von SPD und Gewerkschaften
dazu führe, dass oft das Engagement der
SPD für den Mittelstand nicht so im Mit-
telpunkt des öffentlichen Interesses liege.
In diesem Zusammenhang forderte Stein-
meier die BDS-Vertreter auf, den Schul-
terschluss mit dem wirtschaftspolitischen
Sprecher der Partei, Garrelt Duin, und der
SPD-Arbeitsgemeinschaft Selbstständige
(AGS) zu suchen, um den BDS-Anliegen
Gehör zu verschaffen. Ein Vorschlag, der
von Günther Hieber, Hans-Peter Murmann
und Joachim Schäfer mit großer Zustim-
mung aufgegriffen wurde.
Auf die Steuerpläne der SPD im Falle eines
Wahlsiegs 2013 angesprochen, sagte
hinnehmbar. Außerdem gab Steinmeier
den BDS-Vertretern zu bedenken, dass
ein festgesetzter Mindestlohn auch ein
Bollwerk gegen Dumpingangebote aus-
ländischer Firmen sei, die auf dem deut-
schen Markt operierten. Steinmeier wört-
lich: „Das müsste doch eigentlich auch in
Ihrem Interesse liegen.“ Außerdem zeige
das Beispiel Schlecker, dass niedrige
Löhne kein Allheilmittel seien, wenn es an
einem Managementkonzept und der rich-
tigen Geschäftsidee fehle.
Engere Zusammenarbeit
angestrebt
Hans-Peter Murmann und Joachim Schä-
fer machten unisono den SPD-Fraktions-
chef darauf aufmerksam, dass nach ihrer
Ansicht im Parteiprogramm der SPD der
selbstständige Mittelstand mit seinen
volkswirtschaftlichen Leistungen kaum
gewürdigt werde. Vor allem werde nicht
differenziert zwischen dem Managerun-
ternehmer auf der einen und dem Risiko-
unternehmer auf der anderen Seite. Aus
Sicht des Verbands sei es daher nur kon-
sequent, wenn auch der selbstständige
In seinem Berliner Büro empfi ng SPD-Spitzenpolitiker Frank-Walter Steinmeier (Mitte) BDS-Präsident Günther Hieber (2. v. r.), BDS-Vize-
präsident Hans-Peter Murmann (r.) und BDS-Hauptgeschäftsführer Joachim Schäfer. Die Statuette im Hintergrund zeigt Willy Brandt.
DER SELBSTÄNDIGEVI
Der Selbständige: Trotz Vollbeschäf-
tigung und einer überaus guten kon-
junkturellen Lage muss sich der Bund
weiter mit rund 26 Milliarden Euro für
das Haushaltsjahr 2012 verschulden.
Wäre es unkeusch, der Bundesregie-
rung ungenügende Sparbemühungen
zu unterstellen?
van Essen: In der Koalition aus FDP, CDU
und CSU haben wir dafür gesorgt, dass
wir eine deutliche Verringerung der Neu-
verschuldung haben. Bei uns ist das Soll
in einem Haushaltsplan niemals die Gren-
ze, die in Bezug auf die Neuverschuldung
unbedingt erreicht werden muss, sondern
es ist für uns die absolute Obergrenze.
Wir liegen im Jahr 2011 deutlich unter
der geplanten Neuverschuldung. Wir wer-
den auch dieses Jahr deutlich unter der
geplanten Neuverschuldung bleiben. Wir
verfolgen einen vernünftigen Kurs zwi-
schen verantwortungsvoller Steuerpolitik
einerseits und einer konsolidierten und
soliden Haushaltspolitik andererseits.
Der Selbständige: Ist Schwarz-Gelb
überhaupt noch die Wunschkoalition
der FDP? Justizministerin Sabine Leut-
heusser-Schnarrenberger etwa denkt
seit geraumer Zeit öffentlich über die
guten sozial-liberalen Zeiten nach …
van Essen: Vor etwas mehr als zwei Jah-
ren hat die christlich-liberale Koalition Re-
gierungsverantwortung für Deutschland
übernommen. Für Deutschland waren
es zwei gute Jahre. Deutschland boomt.
Seit 20 Jahren gab es nicht mehr so we-
nig Arbeitslose. Und auch beim Wachs-
tum und den Staatsfinanzen steht die
schwarz-gelbe Koalition mit ihrer Bilanz
besser da als Rot-Grün oder die Große
Koalition. Haushaltsdisziplin ist einer der
Markenkerne dieser Koalition. Auf klare
Regeln drängen die Liberalen auch im
Zuge der europäischen Schuldenkrise.
Die Stabilität der Währung hat für die
FDP-Fraktion oberste Priorität. Auch bei
den Bürgerrechten haben die Liberalen
für eine Trendwende gesorgt. Der Stopp
des Bürokratiemonsters ELENA oder der
Erfolg für „Löschen statt Sperren“ tra-
Der Selbständige: Herr van Essen, rein
rechnerisch gesehen haben die Bürger
bis zum 8. Juli nur für den Staat gear-
beitet und damit zwei Tage länger als
im vergangenen Jahr. Grund für diese
Verschiebung ist vor allem die kalte
Progression. Fallen aus diesem Blick-
winkel betrachtet die vom Bundeskabi-
nett beschlossenen Steuersenkungs-
maßnahmen daher unter die Rubrik
„Kosmetik“?
Jörg van Essen: In schwierigen Zeiten
sollten wir uns auf die wesentlichen
Grundzüge einer soliden und vernünftigen
Steuer-, Finanz- und Haushaltspolitik be-
sinnen. Wir müssen einen vernünftigen
Ausgleich zwischen der finanziellen und
wirtschaftlichen Freiheit der einzelnen
Bürger und der staatlichen Finanzierung,
also der Finanzierung der notwendiger-
weise durch den Staat zu erledigenden
Aufgaben, schaffen. Wir haben gleich zu
Beginn unserer Regierungsverantwor-
tung in dieser Legislaturperiode mit dem
Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das
zum 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist,
eine deutliche steuerliche Unterstützung
insbesondere der Familien in Deutschland
erreicht. Wir haben übrigens auch einige
Fehler zurückgenommen, die zum Bei-
spiel bei der Unternehmensbesteuerung
gemacht wurden. Wir haben mittlerweile
sprudelnde Steuereinnahmen, die auch
den Kommunen deutlich zugutekommen.
Das ist verantwortungsvolle Finanz- und
Steuerpolitik. Zum 1. Januar 2012 sind
die Änderungen, die wir im Steuervereinfa-
chungsgesetz 2011 vorgenommen haben,
in Kraft getreten. Das wird zu deutlichen
Verbesserungen beim Bürokratieabbau
zugunsten der Steuerpflichtigen führen.
Ich möchte zum Beispiel die Vereinfachung
bei der Abzugsfähigkeit der Kinderbetreu-
ungskosten anführen. Das wird Familien
deutlich entlasten und die Steuererklärung
wesentlich vereinfachen. Wir haben mit
der Möglichkeit der elektronischen Rech-
nungsstellung einen großen Schritt nach
vorne gemacht. Wir haben dafür gesorgt,
dass Familien, deren Kinder in Ausbildung
sind, von einer Vereinfachung der Steu-
ererklärung profitieren. Einige Blätter der
Steuererklärungsformulare werden wegfal-
len. Das ist der richtige Weg. Wir müssen
ein Gleichgewicht schaffen zwischen den
einerseits notwendigen Staatseinnahmen
und andererseits den finanziellen Freiräu-
men, die wir den Bürgern gewähren müs-
sen. Wir müssen Steuervereinfachungen
vornehmen und das Steuersystem den
modernen Anforderungen entsprechend
gestalten.
Jörg van Essen, seit dem Jahr 1994 Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion
im Bundestag, erklärt Schwarz-Gelb weiterhin zur Wunschkoalititon.
„Liberale Handschrift klar erkennbar“
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jörg van Essen (Mitte), umrahmt von BDS-Präsident
Günther Hieber (l.) und BDS-Vizepräsident Hans-Peter Murmann.
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DER SELBSTÄNDIGEVIII
schneller und wirksamer durchsetzen zu
können. Um die Haushaltsdisziplin weiter
zu verbessern, sollte perspektivisch die
Defizitgrenze im Stabilitäts- und Wachs-
tumspakt von derzeit drei Prozent auf zwei
Prozent gesenkt werden.“
Der Selbständige: Auf dem Frankfurter
European Banking Congress sagte Bun-
desfinanzminister Wolfgang Schäuble,
Deutschland sei kein souveräner Staat
und sei es seit Kriegsende nie gewesen.
Schäuble sprach als Hauptredner auf
der Konferenz vor 300 Vertretern der
internationalen Hochfinanz. Anwesend
waren unter anderem Josef Ackermann,
die Frankfurter Oberbürgermeisterin
Petra Roth und der neue Chef der EZB,
Mario Draghi. Schäuble sagte wörtlich:
„Wir sind in Deutschland seit dem 8.
Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll
souverän gewesen.“ Als Beleg führte
er unter anderem das Grundgesetz an,
in dem das Staatsziel so definiert sei:
„Gleichberechtigtes Mitglied in einem
vereinten Europa zu sein.“
van Essen: Deutschland ist ein souve-
räner Staat. Das zeigt sich schon daran,
dass nur souveräne Staaten Mitglied des
Sicherheitsrats der UNO sein können.
gen klar die liberale Handschrift. Von
daher haben wir in dieser Koalition vieles
erreicht und werden die begonnene Arbeit
gemeinsam fortsetzen. Ich bin mir sicher,
dass wir dies in keiner anderen Konstella-
tion erreicht hätten, von daher: Ja, es ist
und bleibt eine Wunschkoalition.
Der Selbständige: China und Russland,
aber auch andere Kapitalgeber, zögern,
in den EFSF zu investieren. Platzt damit
das ganze Konstrukt?
van Essen: Natürlich würde nichts plat-
zen. Wenn einzelne Staaten zum jetzigen
Zeitpunkt noch unentschlossen sein
sollten, bin ich doch sehr zuversichtlich,
dass andere Anleger, auch private, um das
attraktive Angebot wissen und investieren
werden. Hier steht eine Vielzahl unter-
schiedlicher Möglichkeiten offen. Davon
abgesehen erkenne ich derzeit keinen
akuten Bedarf für die Notwendigkeit einer
maximalen Effektivierung der EFSF. Von
daher ist die Frage sehr theoretisch.
Der Selbständige: Nach dem Willen
der EU-Kommission sollen die Länder
der Euro-Zone ihre Haushaltsentwürfe
künftig noch vor der nationalen Bera-
tung zur Kontrolle vorlegen. Ein Indiz
für die weitere Entmachtung der natio-
nalen Parlamente?
van Essen: Grundsätzlich begrüße ich
eine Stärkung des präventiven Ansatzes
innerhalb der Euro-Zone. Das beinhaltet
auch eine Kontrolle der Haushaltsentwürfe
durch die Kommission. Haushaltsgesetz-
geber bleiben jedoch die Parlamente. Das
Budgetrecht bleibt unwiderrufliches Recht
der Parlamente, die die Entscheidung über
den Haushalt treffen. Die Durchsicht der
Entwürfe und die daraus resultierenden
Empfehlungen der Kommission können,
aber müssen nicht in die Entscheidung der
Parlamentarier einfließen.
Der Selbständige: Warum dürfen die
Deutschen nicht per Volksentscheid
über Hilfen für Griechenland oder an-
dere Pleitekandidaten abstimmen?
van Essen: Wir haben den Rettungsfonds
durch die Vertreter des deutschen Volkes
im Bundestag beschlossen. Er hat damit
die höchste Legitimation, die in einer re-
präsentativen Demokratie wie Deutsch-
land gegeben werden kann. Plebiszite wie
im vergangenen Jahr Stuttgart 21 oder der
Mitgliederentscheid der FDP haben im Üb-
rigen gezeigt, dass die Bürger mehrheit-
lich genau so abgestimmt haben wie die
Parlamente und Parteitage.
Der Selbständige: Bundeswirtschafts-
minister Phillip Rösler forderte in einem
Interview mit Focus online eine Modi-
fizierung der Europäischen Verträge.
Was wollen Sie ändern?
van Essen: Unser Vorschlag ist, im Rah-
men der geplanten Änderungen der euro-
päischen Verträge die präventiven Maß-
nahmen wirksam zu verbessern. Dazu
zitierte der Bundeswirtschaftsminister aus
der Zehn-Punkte-Strategie für einen Sta-
bilitäts- und Wachstumspakt II. Hier heißt
es unter Punkt 2: „Auch auf europäischer
Ebene sollte ein ‚Stabilitätsgremium un-
abhängiger Experten‘ geschaffen werden,
das von den Mitgliedsstaaten des Euro-
raums eingerichtet wird. Zu seinen Aufga-
ben gehört insbesondere, Empfehlungen
zur Verbesserung der Wettbewerbsfä-
higkeit auszusprechen, die nationalen
Haushaltspläne zu prüfen, an den Über-
wachungsverfahren der EU zur Wettbe-
werbsfähigkeit und der Haushaltspolitik
mitzuwirken, Stellungnahmen zur Umset-
zung der Verpflichtungen der Mitglieds-
staaten im Rahmen des Euro Plus Pakts
sowie eigenständige Stellungnahmen und
Vorschläge zur Wirtschafts- und Finanz-
politik der Euroländer abzugeben. Das
Prinzip der umgekehrten qualifizierten
Mehrheit sollte auch bei allen präventiven
Entscheidungen sowohl im Rahmen des
Stabilitäts- und Wachstumspakts als auch
bei der Überwachung makroökonomischer
Ungleichgewichte angewandt werden, um
die politische Einflussnahme zu verrin-
gern. Auf europäischer Ebene sollten stär-
ker automatisierte Verfahrensregeln und
Sanktionsmechanismen eingeführt wer-
den (etwa Bindung von EU-Zahlungen aus
den Strukturfonds sowie von EU-Direkt-
zahlungen an das Einhalten bestimmter
Auflagen oder Bedingungen). Dies ist er-
forderlich, um eine solide Haushaltspolitik
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„Die Defi zitgrenze im Stabilitäts- und Wachs-tumspakt sollte auf zwei Prozent sinken.“Jörg van Essen