der prothetische tracheaersatz mit kunststoff

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454 H. Weidauer und I. Vogt-Moykopf: Der prothetische Tracheaersatz werdenden Tracheotomie beim Sfiugling und Kleinkind durch Anlage eines hautgedeckten Tracheostomas eine Reduzierung des erschwerten Dekanulements auf etwa I/3 im Vergleich zur konventionellen Tracheotomie. Im Interesse des Patienten mug der HNO-Arzt also auf die Mitwirkung bei intensiv-medizinischer Betreuung bestehen, Herr Dietzel (Rostock): Neben der Druck- und Scherbelastung der Tracheawandung durch die anliegende Manschette des Tubus kommt als weiteres, die ScMdigung des trachealen Gewebes begfinstigendes Moment hinzu, dag sich einerseits fiber der Manschette Speichel- und Sekretmassen stauen, die nicht abgehustet werden k6nnen und zumeist bei der Pharynxtoilette nicht mit abgesaugt werden; andererseits wird bei Hustenst6gen nicht die gesamte zu expektorierende bronchiale Sekretmasse dutch den Tubus in den Pharynx gelangen, sondern ein Tell des Expektorates ffingt sich zwischen Tracheawand und Tubus, kann hier nicht abgesaugt werden, lfiuft zurfick, und f/ihrt zu neuen und weiterhin ffustranen Hustenversuchen (,Refluxbronchitis"). Beide Sekretverhaltungen stellen einen N/ihrboden fiir die Infektion der ober- und unterhalb der Tubusmanschette befindlichen Schleimhautareale dar und begfinstigen so narbige Gewebsreaktionen in der Wand der Treachea zus~tzlich. K. W. Hommerich (Berlin): Alternative zur Langzeitintubation kann entsprechend dem schon von Herrn Denecke erfolgten Hinweis nicht die Tracheotomie, sondern nut die Anlage eines allseitig mit Haut versorgten Tracheostomas sein. Frau B. H6vener (Berlin), Scidullwort: Zu Denecke: Nur durch grof3angelegte Studien, in dem Rahmen wie wir sie durchgeffihrt haben, kann etwas fiber das Risiko von Langzeitintubationen hinsichtlich der Schfiden im Kehlkopfbereich ausgesagt werden. Wit haben bis auf geringe Verfinderungen wie winzige Narben an den Stimmbgndern und geringgradige Phonationsspaltbil- dungen bei unseren bisherigen Nachuntersuchungen keine, wie yon Ihnen beschrieben, ernsthaften Schfiden gesehen. Die erwfihnte Literatur fiber Trachealstenosen nach Tracheotomie stammt aus den siebziger Jahren. Vor Einffihrung der Niederdruckmanschetten waren die Trachealstenosen hfiufiger im Bereich der Tubusblockung. Neuere tierexperimentelle Untersuchungen von Leverment et al. (1975) und Friman et al. (1976) fanden in fast allen F~llen Stenosierungen der Trachea im Bereich des Tracheostomas. Von unseren Hals-, Nasen- und Ohrenfirzten wird bei der Tracheotomie das Tracheostoma nach plastischen Gesichtspunkten angelegt. - Zu Minnigerode: Der Pflege von langzeitintubierten Patienten ist eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Wichtig ist Mufiges aseptisches Absaugen und die Beachtung der weiteren Punkte, die in der Abb. 1 dargestellt sin& - Zu Rose: E1Naggar et al. haben 1975 in einer prospektiven vergleichenden Studie fiber Langzeitintubation und Tracheotomie eine um das achtfache erh6hte Infektionsrate und damit eine Verlfingerung des Klinikaufenthaltes festgestellt. Die Schfiden, die diese Autoren gesehen haben, waren bei den tracheotomierten Patienten gravierender als bei den Patienten mit Langzeitintubation. Die Mortalitfitsrate bei der Tracheotomie liegt in sfimtlichen Literaturangaben immer noch wesentlich h6her, als die der Langzeitintubation (Schultz-Coulon 2% ffir die Tracheotomie und 0,5% ffir die Langzeitintubation). Somit ist - wie auch die Autoren McGovern und Lemburg u.a. festgestellt haben - das Risiko einer Tracheotomie h6her als das einer Langzeitintubation. - Zu Kup: In der Literatur wird der Zeitpunkt der Zunahme der Schfiden nach Langzeitintubation sehr unterschiedlich betrachtet. Wir haben bei unseren zwischenzeitlichen Laryngo-Tracheoskopien bei der prolongierten Intubation keinen direkten Zusammenhang zwischen der Schwere der Schfiden und der Intubationsdauer gesehen. 35. H. Weidauer, I. Vogt-Moykopf (a.G.) (Heidelberg): Der prothetische Tracheaersatz mit Kunststoff Bei der Therapie von Trachealstenosen dutch Querresektion und End-zu-End-Anastomose bietet die Zusammenarbeit mit dem Thoraxchirurgen eine Indikationserweiterung, wenn durch die Lfinge der Stenose eine End-zu-End-Anastomose nur unter Spannung m~Sglich und damit die Gefahr der

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Page 1: Der prothetische Tracheaersatz mit Kunststoff

454 H. Weidauer und I. Vogt-Moykopf: Der prothetische Tracheaersatz

werdenden Tracheotomie beim Sfiugling und Kleinkind durch Anlage eines hautgedeckten Tracheostomas eine Reduzierung des erschwerten Dekanulements auf etwa I/3 im Vergleich zur konventionellen Tracheotomie. Im Interesse des Patienten mug der HNO-Arzt also auf die Mitwirkung bei intensiv-medizinischer Betreuung bestehen,

Herr Dietzel (Rostock): Neben der Druck- und Scherbelastung der Tracheawandung durch die anliegende Manschette des Tubus kommt als weiteres, die ScMdigung des trachealen Gewebes begfinstigendes Moment hinzu, dag sich einerseits fiber der Manschette Speichel- und Sekretmassen stauen, die nicht abgehustet werden k6nnen und zumeist bei der Pharynxtoilette nicht mit abgesaugt werden; andererseits wird bei Hustenst6gen nicht die gesamte zu expektorierende bronchiale Sekretmasse dutch den Tubus in den Pharynx gelangen, sondern ein Tell des Expektorates ffingt sich zwischen Tracheawand und Tubus, kann hier nicht abgesaugt werden, lfiuft zurfick, und f/ihrt zu neuen und weiterhin ffustranen Hustenversuchen (,Refluxbronchitis"). Beide Sekretverhaltungen stellen einen N/ihrboden fiir die Infektion der ober- und unterhalb der Tubusmanschette befindlichen Schleimhautareale dar und begfinstigen so narbige Gewebsreaktionen in der Wand der Treachea zus~tzlich.

K. W. Hommerich (Berlin): Alternative zur Langzeitintubation kann entsprechend dem schon von Herrn Denecke erfolgten Hinweis nicht die Tracheotomie, sondern nut die Anlage eines allseitig mit Haut versorgten Tracheostomas sein.

Frau B. H6vener (Berlin), Scidullwort: Zu Denecke: Nur durch grof3angelegte Studien, in dem Rahmen wie wir sie durchgeffihrt haben, kann etwas fiber das Risiko von Langzeitintubationen hinsichtlich der Schfiden im Kehlkopfbereich ausgesagt werden. Wit haben bis auf geringe Verfinderungen wie winzige Narben an den Stimmbgndern und geringgradige Phonationsspaltbil- dungen bei unseren bisherigen Nachuntersuchungen keine, wie yon Ihnen beschrieben, ernsthaften Schfiden gesehen. Die erwfihnte Literatur fiber Trachealstenosen nach Tracheotomie stammt aus den siebziger Jahren. Vor Einffihrung der Niederdruckmanschetten waren die Trachealstenosen hfiufiger im Bereich der Tubusblockung. Neuere tierexperimentelle Untersuchungen von Leverment et al. (1975) und Friman et al. (1976) fanden in fast allen F~llen Stenosierungen der Trachea im Bereich des Tracheostomas. Von unseren Hals-, Nasen- und Ohrenfirzten wird bei der Tracheotomie das Tracheostoma nach plastischen Gesichtspunkten angelegt. - Zu Minnigerode: Der Pflege von langzeitintubierten Patienten ist eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Wichtig ist Mufiges aseptisches Absaugen und die Beachtung der weiteren Punkte, die in der Abb. 1 dargestellt sin& - Zu Rose: E1Naggar et al. haben 1975 in einer prospektiven vergleichenden Studie fiber Langzeitintubation und Tracheotomie eine um das achtfache erh6hte Infektionsrate und damit eine Verlfingerung des Klinikaufenthaltes festgestellt. Die Schfiden, die diese Autoren gesehen haben, waren bei den tracheotomierten Patienten gravierender als bei den Patienten mit Langzeitintubation. Die Mortalitfitsrate bei der Tracheotomie liegt in sfimtlichen Literaturangaben immer noch wesentlich h6her, als die der Langzeitintubation (Schultz-Coulon 2% ffir die Tracheotomie und 0,5% ffir die Langzeitintubation). Somit ist - wie auch die Autoren McGovern und Lemburg u.a. festgestellt haben - das Risiko einer Tracheotomie h6her als das einer Langzeitintubation. - Zu Kup: In der Literatur wird der Zeitpunkt der Zunahme der Schfiden nach Langzeitintubation sehr unterschiedlich betrachtet. Wir haben bei unseren zwischenzeitlichen Laryngo-Tracheoskopien bei der prolongierten Intubation keinen direkten Zusammenhang zwischen der Schwere der Schfiden und der Intubationsdauer gesehen.

35. H. Weidauer, I. Vogt-Moykopf (a.G.) (Heidelberg): Der prothetische Tracheaersatz mit Kunststoff

B e i d e r T h e r a p i e v o n T r a c h e a l s t e n o s e n d u t c h Q u e r r e s e k t i o n u n d E n d - z u - E n d - A n a s t o m o s e b i e t e t d ie Z u s a m m e n a r b e i t m i t d e m T h o r a x c h i r u r g e n e i n e I n d i k a t i o n s e r w e i t e r u n g , w e n n d u r c h d ie Lf inge d e r S t e n o s e e i n e E n d - z u - E n d - A n a s t o m o s e nu r u n t e r S p a n n u n g m~Sglich u n d d a m i t d ie G e f a h r d e r

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Der prothetische Tracheaersatz mit Kunststoff 455

Restenosierung gegeben ist und wenn die Stenose sich erheblich in den thorakalen Bereich der Trachea fortsetzt. Trotz dieser Indikationserweiterung verbleibt schliel31ich eine geringe Anzahl von Patienten, bei denen wegen der Ausdehnung, Lokalisation und ,~tiologie der Stenose der prothetische Ersatz der Trachea und ggf. der Bifurkation in Zusammenarbeit mit dem Thorax- chirurgen eine letzte Chance darstellt, den Erstickungstod zu umgehen. Die zahlreichen, bisher publizierten M6glichkeiten eines prothetischen Trachealer-

A.bb. 1. Trachea- und Bifurkationsprothesen nach Neville

Abb. 2. Endoskopischer Befund mit reiz- und reaktionslos in die Trachea eingeheilter Neville- Prothese (Pfeil)

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satzes, ihre Erfolge und Entt/iuschungen sind ein Spiegel der bisher ungel6sten Problematik. 1967 hatten Neville et al. erstmals fiber den plastischen Ersatz der Carina berichtet und 1976 ein Ubersichtsreferat fiber Indikation und Thera- pieergebnisse vorgelegt. Abgesehen von der M6glichkeit einer Epithelisierung erf~llt diese Prothese (Abb. 1) alle Voraussetzungen einer Idealprothese, so z. B. reaktionsloses Einheilen (Abb. 2). Bisher wurde diese Prothese in Europa unseres Wissens noch nicht angewendet. Nach Querresektion der Tracheal- stenose werden die verbliebenen Tracheal- bzw. Bronchialenden teleskopartig zum Dacronring vorgeschoben und mit diesem vern/iht, wobei zur Vermeidung von kleinen Lecks am Stichkanal die Ffiden zusfitzlich mit Teflonfilz armiert werden.

In bisher vier F~llen wurde von uns eine Trachealprothese bzw. Bifurka- tionsprothese nach Neville bei einem ausgew/ihlten Patientengut mit notfall- m~13ig drohender Erstickung durch 6rtlich fortgeschrittene Malignome und erfolglosen endoskopischen Dehnungen eingesetzt, wobei die Patienten fiber Grundleiden, Situation und Risiko des Eingriffs voll aufgekl/irt waren.

Die Behandlungsergebnisse sind nur unter Berficksichtigung der ausschliel3- lich dramatischen malignombedingten Ausgangslage zu interpretieren: zwei Patienten lebten bei freier Atmung und ausreichender Atemtoilette bis zum Tod an ihrem Grundleiden gr613tenteils zu Hause in der Familie, ein Patient verstarb 10 Tage postoperativ an cardio-respiratorischer Insuffizienz und ein Patient am 15. Tag akut an einer Arrosionsblutung des Truncus brachio-cephalicus. Im Gegensatz zu Neville sind wir wie Grillo der Ansicht, dab vor dem prothetischen Ersatz cervico-mediastinaler Trachealstenosen alle M6glichkeiten einer Quer- resektion und End-zu-End-Anastomose genutzt werden sollten. Cervico-me- diastinale Stenosen mit einer L~nge von fiber 5 cm, malignombedingte Stenosen und prim/ire Trachealmalignome mit und ohne Bifurkationsbeteiligung scheinen ffir einen prothetischen Ersatz geeignet zu sein, wobei die Indikation sehr behutsam gestellt und der seltene chirurgische Eingriff unter Berficksichtigung intra- und postoperativer Erfahrungen zentral koordiniert werden sollte.

Literatur

Graziano JS, Spinazolla A, Neville WE (1967) Prosthetic replacement of the tracheal carina. Ann Thorac Surg 4:421

Neville WE, Bolanowski PJP, Soltanzadeh H (1976) Prosthetic reconstruction of the trachea and carina. J Thorac Cardiovasc Surg 72:525

Grillo HC (1979) Surgical treatment of postintubation tracheal injuries. J Thorac Carciovasc Surg 78 : 860

Grillo H (1979) Discussion. J Thorac Cardiovasc Surg 78:536

C. v. Ilberg (Frankfurt a. M.). Das Problem bei der Verv~endung von Kunststoffprothesen zur Rekonstruktion tier oberen Atemwege ist das Fehlen der inneren Epithelialisierung. Die Folge ist Neigung zu Borkenbildung mit der Gefahr der Infektion und Atemnot. Wie kOnnen Sie das verhindern?