der modulare dieselmotoren-baukasten von volkswagen

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MOTIVATION Um die Abläufe in Entwicklung und Pro- duktion unterschiedlichster Fahrzeuge im Volkswagen-Konzern zu vereinheitlichen und damit wirtschaftliche Vorteile zu generieren, wurde nach dem modularen Längsbaukasten (MLB) der modulare Querbaukasten (MQB) neu entwickelt. Beide Baukästen sehen neben einer Kom- patibilität bei wesentlichen Maßen und Eigenschaften der auf ihnen basierenden Fahrzeuge eine standardisierte Einbaulage aller verwendeten Motoren vor. Der neue modulare Dieselbaukasten (MDB) von Volkswagen setzt die Strategie der Modu- larisierung auf der Aggregateseite konse- quent fort. Er bildet die Basis für alle Vierzylinder-Dieselmotoren des Konzerns mit Hubräumen von 1,6 und 2,0 l in den Leistungsklassen von 66 bis 135 kW mit den Emissionsstufen Euro 4 bis Euro 6. Die neuen Motoren des MDB werden bei fünf Konzernmarken in 70 unterschied- lichen Fahrzeugen mit über 600 Applika- tionen (Leistungsstufen, Getrieben, Abgas- normen, Marktanpassungen) zum Einsatz kommen. Die Produktion der MDB-Moto- ren erfolgt in drei europäischen Motor- werken auf einem Stückzahlniveau, das, den Fahrzeugeinsätzen folgend, auf circa 10.000 Einheiten pro Arbeitstag anwach- sen wird. Sämtliche Prozesse und Pro- duktionsabläufe wurden in den Werken aufeinander abgestimmt und sind zum größtmöglichen Teil identisch. ZIELSETZUNG Bei der Übertragung des Modulgedan- kens auf die Entwicklung der neuen Generation von Dieselmotoren wurden die folgenden Ziele in das Lastenheft aufgenommen: : Maßstab bei Effizienz und Leistungs- fähigkeit : Einsatz in allen relevanten Fahrzeug- baukästen des Volkswagen-Konzerns : Einsatz in allen relevanten Märkten : Abdeckung aller weltweit gültigen Emissionsstufen AUTOREN DIPL.-ING. JÖRN KAHRSTEDT ist Leiter der Entwicklung Diesel- motoren bei der Volkswagen AG in Wolfsburg. DIPL.-ING. HERMANN-JOSEF ENGLER ist Leiter der Entwicklung Drei- und Vierzylinder-Dieselmotoren bei der Volkswagen AG in Wolfsburg. DIPL.-ING. RICHARD DORENKAMP ist Leiter der Entwicklung Niedrigst-Emissions-Dieselmotoren und Abgasnachbehandlung bei der Volkswagen AG in Wolfsburg. DR.-ING. STEFANIE JAUNS-SEYFRIED ist Leiterin der Funktionsentwicklung Antriebselektronik Diesel- und Ottomotoren bei der Volkswagen AG in Wolfsburg. DER MODULARE DIESELMOTOREN- BAUKASTEN VON VOLKSWAGEN Die neue TDI-Motorengeneration von Volkswagen ist ein wesentlicher Bestandteil der Modulstrategie von Volkswagen. Für die neue Motorenfamilie galt es, die Anforderungen des modularen Querbaukastens des Volkswagen-Konzerns umzusetzen und gleichzeitig die TDI-Technologie nachhaltig auf die Anforderungen dieses Jahrzehnts auszurichten. So sind die neuen Motoren im Vergleich zur Vorgängergeneration nicht nur kompakter und deutlich agiler, sondern auch nochmals verbrauchs- und schadstoffärmer. 954 ENTWICKLUNG DIESELMOTOREN

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Page 1: Der Modulare Dieselmotoren-Baukasten von Volkswagen

MOTIVATION

Um die Abläufe in Entwicklung und Pro-duktion unterschiedlichster Fahrzeuge im Volkswagen-Konzern zu vereinheitlichen und damit wirtschaftliche Vorteile zu generieren, wurde nach dem modularen Längsbaukasten (MLB) der modulare Querbaukasten (MQB) neu entwickelt. Beide Baukästen sehen neben einer Kom-patibilität bei wesentlichen Maßen und Eigenschaften der auf ihnen basierenden Fahrzeuge eine standardisierte Einbaulage aller verwendeten Motoren vor. Der neue modulare Dieselbaukasten (MDB) von Volkswagen setzt die Strategie der Modu-larisierung auf der Aggregateseite konse-

quent fort. Er bildet die Basis für alle Vierzylinder-Dieselmotoren des Konzerns mit Hubräumen von 1,6 und 2,0 l in den Leistungsklassen von 66 bis 135 kW mit den Emissionsstufen Euro 4 bis Euro 6. Die neuen Motoren des MDB werden bei fünf Konzernmarken in 70 unterschied-lichen Fahrzeugen mit über 600 Applika-tionen (Leistungsstufen, Getrieben, Abgas-normen, Marktanpassungen) zum Einsatz kommen. Die Produktion der MDB-Moto-ren erfolgt in drei europäischen Motor-werken auf einem Stückzahlniveau, das, den Fahrzeugeinsätzen folgend, auf circa 10.000 Einheiten pro Arbeitstag anwach-sen wird. Sämtliche Prozesse und Pro-duktionsabläufe wurden in den Werken

aufeinander abgestimmt und sind zum größtmöglichen Teil identisch.

ZIELSETZUNG

Bei der Übertragung des Modulgedan-kens auf die Entwicklung der neuen Generation von Dieselmotoren wurden die folgenden Ziele in das Lastenheft aufgenommen: : Maßstab bei Effizienz und Leistungs-

fähigkeit : Einsatz in allen relevanten Fahrzeug-

baukästen des Volkswagen-Konzerns : Einsatz in allen relevanten Märkten : Abdeckung aller weltweit gültigen

Emissionsstufen

AUTOREN

DIPL.-ING. JÖRN KAHRSTEDT ist Leiter der Entwicklung Diesel­motoren bei der Volkswagen AG

in Wolfsburg.

DIPL.-ING. HERMANN-JOSEF ENGLER

ist Leiter der Entwicklung Drei­ und Vierzylinder­Dieselmotoren bei der

Volkswagen AG in Wolfsburg.

DIPL.-ING. RICHARD DORENKAMP ist Leiter der Entwicklung

Niedrigst­Emissions­Dieselmotoren und Abgasnachbehandlung bei der

Volkswagen AG in Wolfsburg.

DR.-ING. STEFANIE JAUNS-SEYFRIED

ist Leiterin der Funktionsentwicklung Antriebselektronik Diesel­ und

Ottomotoren bei der Volkswagen AG in Wolfsburg.

DER MODULARE DIESELMOTOREN-BAUKASTEN VON VOLKSWAGENDie neue TDI­Motorengeneration von Volkswagen ist ein wesentlicher Bestandteil der Modulstrategie

von Volkswagen. Für die neue Motorenfamilie galt es, die Anforderungen des modularen Querbaukastens

des Volkswagen­Konzerns umzusetzen und gleichzeitig die TDI­Technologie nachhaltig auf die Anforderungen

dieses Jahrzehnts auszurichten. So sind die neuen Motoren im Vergleich zur Vorgängergeneration nicht nur

kompakter und deutlich agiler, sondern auch nochmals verbrauchs­ und schadstoffärmer.

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ENTWICKLUNG DIESELMOTOREN

Page 2: Der Modulare Dieselmotoren-Baukasten von Volkswagen

: Vorbereitung auf zukünftige Emissionsstufen

: maximale Synergien bei Prozess- und Produktionsabläufen.

Basierend auf diesen Lastenheftvorga-ben wurden das Grundtriebwerk sowie die Bauteile der Luft- und Gasführung

und der Abgasnachbehandlung in Modulbauweise neu entwickelt, ❶. Beim Grundtriebwerk wurden lediglich der Zylinderabstand von 88 mm und der Zylinderkurbelgehäuse-Werkstoff (GJL-250) vom Vorgänger übernommen.

ZYLINDERKURBELGEHÄUSE

Um die im MDB vorgesehenen Hubraum- und Leistungsspreizungen optimal dar-stellen sowie den Komfortanforderungen gerecht werden zu können, wurden auf Basis einer einheitlichen Grundkonst-ruktion drei Varianten des Zylinderkur-belgehäuses entwickelt. Alle drei Kurbel-gehäusevarianten weisen folgende Merk-male auf, ❷: : kurzer Kühlmittelmantel : Gewinde für die Zylinderkopfschrau-

ben unterhalb des Kühlmittelmantels : Stegkühlung zwischen den Zylindern : Integration von Thermomanagement-

Maßnahmen bei der Öl- und Kühl-mittelführung.

Im Rahmen der konstruktiven Ausle-gung aller drei Zylinderkurbelgehäuse wurde auf ein hohes Maß an Synergien beim Gießprozess sowie bei der mecha-nischen Bearbeitung geachtet. Sämtliche Anschlusspunkte wurden derart gestal-tet, dass die einzelnen Module unabhän-gig von der Variante des Zylinderkurbel-gehäuses auf einer Montagelinie mon-tiert werden können. Für ein optimales tribologisches Verhalten bei gleichzeitig niedrigen Ölverbrauchs- und Blow-by-Werten erfolgt die Honung der Zylinder-laufbahnen bei allen drei Zylinderkur-belgehäusen mithilfe einer Honbrille.

❶ Die Module des neuen MDB

12I2012 73. Jahrgang 955

Page 3: Der Modulare Dieselmotoren-Baukasten von Volkswagen

KURBELTRIEB

Die geschmiedeten Kurbelwellen der 1,6- und 2,0-l-Motoren sind fünffach gelagert und mit nur vier Gegengewich-ten ausgeführt. Die Haupt- und Pleuel-lagerzapfen sind induktiv gehärtet, feingeläppt und an den Radien zur Erhö-hung der Festigkeit rolliert. Aufgrund der hohen Belastungen, die durch den Antrieb der Neben aggregate im Start-Stopp-Betrieb verursacht werden, ist das vordere Hauptlager als gewalztes Drei-stofflager mit Polymerbeschichtung aus-geführt. Für die übrigen Hauptlager wer-den Aluminium-Zweistofflager verwen-det. Bei den Pleueln handelt es sich um geschmiedete Crackpleuel, deren kleines Auge mit einer Buchse und einer Form-bohrung ausgeführt ist.

Die Kolben sind in allen Leistungsvari-anten mit einem Kühlkanal ausgestattet, der Kolbenbolzendurchmesser ist für alle Leistungsklassen identisch. Eine redu-zierte Schaftrauigkeit und eine neu entwi-ckelte Schaftbeschichtung am Kolben-hemd führen zusammen mit dem opti-mierten Einbauspiel zu einer deutlichen Verschleiß- und Reibungsreduzierung der Kolbengruppe ohne Beeinträchtigung der Motorakustik. Zur weiteren Verringerung der Reibung ist der Kolbenbolzen mit einer DLC-Beschichtung (Diamond-Like Carbon) versehen, und das Ringpaket ist durch die Reduzierung der Tangential-kräfte reibungsoptimiert. Je nach Leis-tungsstufe kommen zwei Verdichtungsva-rianten zum Einsatz: 16,2:1 für die Moto-ren bis 110 kW und 15,8:1 für die Variante des 2,0-l-Motors mit 135 kW Leistung, ❸.

AUSGLEICHSWELLENSYSTEM

Zum Ausgleich der freien Massenkräfte zweiter Ordnung sind für die Motoren mit 2,0 l Hubraum in Abhängigkeit von Fahrzeugeinsatz und Leistungsklasse höhenversetzte Ausgleichswellen vorge-sehen. Die Ausgleichswellen werden über schrägverzahnte Stirnräder direkt von der Kurbelwelle angetrieben. Die Drehrichtungsumkehr für die auslasssei-tige Ausgleichswelle erfolgt durch ein Zwischenrad. Über dieses werden die Verdrehflankenspiele der Zahnräder auf der Auslassseite im Montageprozess fest-gelegt. Das Zwischenrad besitzt dazu im Verbauzustand eine Zahnradbeschich-tung, die sich bereits nach wenigen Motorumdrehungen auflöst und somit

betriebssichere Zahnflankenspiele bei gleichzeitiger Erfüllung der akustischen Anforderungen sicherstellt. Sämtliche Lagerstellen des Ausgleichswellentriebs sind als Wälzlager ausgeführt. Die Schmierung der Lagerstellen erfolgt über den Ölnebel im Zylinderkurbelgehäuse.

DUOPUMPE

Bei der Duopumpe handelt es sich um eine Kombination aus Öl- und Vakuum-pumpe, die an der Unterseite des Zylin-derkurbelgehäuses befestigt wird. Der Antrieb erfolgt über einen reibungsar-men Zahnriementrieb von der Kurbel-

welle. Der Zahnriemen läuft direkt im Öl und ist auf Motorlebensdauer ausgelegt. Die Vorspannung des Zahnriemens ist durch den Achsabstand der Bauteile vor-gegeben, sodass auf den Einsatz eines Riemenspanners verzichtet werden kann.

Um die Antriebsleistung der Duopumpe bedarfsgerecht steuern zu können, wird als Ölpumpe eine volumenstromgeregelte Flügelzellenpumpe ein gesetzt. Die Öl -pumpe kann darüber hinaus in Abhän-gigkeit von der Motorlast, der Motor-drehzahl und der Öl temperatur zwi-schen einer niedrigen Druckstufe (1,8 bis 2,0 bar) und einer hohen Druckstufe (3,8 bis 4,2 bar) umgeschaltet werden.

❷ Das Grundtriebwerk

1,6 L 77 KW 2,0 L 110 KW 2,0 L 135 KW

ZYLINDERKURBELGEHÄUSE

Hubraum cm3 1598 1968

Hub mm 80,5 95,5

Bohrung mm 79,5 81

Hub­Bohrungs­Verhältnis – 1,01 1,18

Verdichtung – 16,2 15,8

Zylinderabstand mm 88

Blockhöhe mm 236,5

KURBELWELLE

Hauptlagerdurchmesser 54

Pleuellagerdurchmesser mm 47,8 50,9

Pleuellänge mm 152 144

KOLBEN

Kompressionshöhe mm 45,3 45,8

Feuersteghöhe mm 11,5 12

Kolbenbolzendurchmesser mm 26

Kolbenbolzenlänge mm 66❸ Grundabmessungen des MDB

ENTWICKLUNG DIESELMOTOREN

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Page 4: Der Modulare Dieselmotoren-Baukasten von Volkswagen

REIBLEISTUNG

Im Rahmen der Entwicklung wurden sämtliche relevanten Bauteile hinsicht-lich Ihrer Reibleistung optimiert. Hier-durch konnte die mechanische Reibleis-tung des Motors in den kundenrelevan-ten Betriebsbereichen gegenüber den bereits guten Werten der Vorgänger-generation um bis zu 15 % re duziert werden. Die Reibleistung verläuft über das gesamte Drehzahlband im unteren Bereich des FEV-Streubands, ❹.

ZYLINDERKOPF MIT INTEGRIERTEM VENTILTRIEBSMODUL

Der Zylinderkopf wird als Kokillenguss im Drehkippverfahren hergestellt. Beson-deres Merkmal ist neben seiner kompak-ten Bauform mit einer Bauhöhe von le -diglich 105 mm die Aufteilung des Kühl-mittelraums in einen unteren und einen oberen Kühlmittelmantel, ❺. In der Warmlaufphase tritt das Kühlmittel am vorderen Zylinder in den Zylinderkopf ein, durchläuft beide Kühlmittelmäntel und tritt stirnseitig am hinteren Zylinder in Richtung Heizungswärmetauscher wieder aus. Bei hoher Leistungsanforde-rung strömt das Kühlmittel durch das Kurbelgehäuse in den unteren Kühlmittel-mantel (Querstromkühlung) und in den oberen Kühlmittelmantel (Längsstrom-kühlung) und verlässt am hinteren Zylinder über den Hauptaustritt den Zy linderkopf in Richtung Thermostat.

❹ Die 2,0-l-Variante des MDB im FEV-Streuband bei 90 °C Öltemperatur mit Öl der Klasse SAE 5W-30

❺ Der Zylinderkopf mit integriertem Ventiltriebsmodul

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ECF-WasserpumpeDie Kühlmittelpumpe mit elektrohydraulischem Regelglied arbeitet nach dem ECF-Prinzip (Electrohydraulically Controlled Flow). Dieses basiert auf einer hydraulischen Ansteuerung der internen Schalteinheit. Die Pumpe ist unterdruckunabhängig und wird ON/OFF geschaltet. Die schnelle Motoraufheizung ermöglicht eine Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und des Emissionsausstoßes. Durch ihre geringe Dimension ist die Pumpe passend für kleine Bauräume.

Page 5: Der Modulare Dieselmotoren-Baukasten von Volkswagen

Dank des geteilten Kühlmittelmantels kann eine optimale Volumenstromvertei-lung und dadurch eine hochwirksame Kühlung zwischen den Einlass-, Auslass-ventilen und dem Injektor bei gleichzeitig geringem Druckverlust realisiert werden. Das aus der Aufteilung des Kühlmittel-mantels resultierende Zwischendeck ver-steift dabei die Struktur des Zylinderkopfs in hochbeanspruchen Bereichen, sodass eine sehr hohe mechanische Festigkeit des Bauteils erreicht wird.

Auf der Basis nur eines Zylinderkopf-Rohteils werden die Varianten für unter-schiedliche Hubräume durch Anpassung der Bearbeitung der Ventildurchmesser hergestellt. Des Weiteren erlaubt der Zy -linderkopf die Konstruktion des Ventil-triebs als integriertes Ventiltriebsmodul (iVM): Hierbei werden die Nockenwel-len durch ein thermisches Verfahren gefügt und in einem geschlossenen Rahmen gelagert, was bei niedrigem Gewicht eine sehr steife Ausführung der Nockenwellenführung ermöglicht. Durch die konstruktive Trennung von Nockenwellenlagerung und Zylinder-kopf ergeben sich erhebliche produkti-onstechnische Vorteile wie ein ebenes Zylinderkopf-Topdeck, das mit Flüssig-dichtmittel abgedichtet werden kann.

THERMOMANAGEMENT UND KÜHLMITTELKREISLAUF

Die Motoren des MDB verfügen über ein Thermomanagement, das die Warmlauf-phase nach Kaltstart verkürzt und die im Motor erzeugte Wärme effizient für die Fahrzeuginnenraum-Beheizung zur Ver-fügung stellt, ❻.

Nach Kaltstart wird zunächst nur der Mikrokreislauf (in ⑥ rot dargestellt) über eine elektrische Kühlmittelpumpe durch-strömt. Die Förderleistung der Pumpe wird anhand der Anforderungen aus Fahrgastraumklimatisierung, AGR-Küh-lung und Zylinderkopfkühlung geregelt. Hierzu ist ein Sensor für die Kühlmittel-temperatur im Zylinderkopf brennraum-nah am vierten Zylinder angeordnet. In diesem Betriebsmodus wird die Durch-strömung des Zylinderkurbelgehäuses beziehungsweise des Hauptkreislaufs durch die schaltbare Kühlmittelpumpe unterbunden.

Bei steigendem Kühlbedarf wird die schaltbare Kühlmittelpumpe im Haupt-kreislauf (in ⑥ blau dargestellt) aktiviert. Bei Erreichen der Motorbetriebstempera-tur kommt das als 3/2-Wegeventil ausge-führte Thermostat in den Regelbereich und öffnet den Kühlkreislauf in Richtung

Frontkühler. Der Niedertemperatur-kreislauf für die indirekte Ladeluft-kühlung (in ⑥ orange dargestellt) wird unabhängig vom Hochtemperatur-kreislauf betrieben. Führungsgröße für die Ansteuerung der elektrischen Kühlmittelpumpe ist die Gastemperatur am Ladeluftkühleraustritt.

SCHALTBARE KÜHLMITTELPUMPE

Herzstück des Thermomanagements ist die schaltbare Kühlmittelpumpe, ❼, in der ein topfförmiger Regelschieber über das Flügelrad fahren und dieses stirn seitig gegen das Zylinderkurbelgehäuse abdich-ten kann. Dadurch ist der Kühlmittelstrom unterbrochen, das Laufrad wird nicht durchströmt und die Antriebsleistung der Pumpe sinkt auf ein Minimum.

Der Regelschieber wird über ein Mag-netventil angesteuert, das den pumpenin-ternen Hydraulikkreislauf schließt. Dieser nutzt das Kühlmittel als Arbeitsmedium und wird durch eine Axial kolbenpumpe gespeist, die den Systemdruck zum Ver-fahren des Regelschiebers aufbaut. Die Axialkolbenpumpe wird durch eine Hub-kontur auf der Rückseite des Flügelrads permanent ange trieben. Bei Deaktivierung des Magnetventils (unbestromt) fällt der

❻ Der Gesamtkühlkreislauf mit den drei Teilkreisläufen

ENTWICKLUNG DIESELMOTOREN

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Page 6: Der Modulare Dieselmotoren-Baukasten von Volkswagen

Druck im Hydraulikkreislauf ab, und der Schieber wird durch eine Rückstellfe-der in seine Ausgangsposition zurückge-drückt (Fail-safe-Funktion).

LADELUFTFÜHRUNG UND -KÜHLUNG

Eine weitere Innovation im modularen Dieselbaukasten von Volkswagen ist der saugrohrintegrierte, wassergekühlte Ladeluftkühler (SiLLK) für Dieselmo-toren, der in den Niedertemperatur-kreislauf des Motors eingefügt ist. Über die drehzahlvariabel ansteuerbare Kühl-mittelpumpe wird eine bedarfsgerechte in direkte Ladeluftkühlung ermöglicht, die folgende Vorteile bietet:

: regelbare Saugrohrtemperatur : Reduzierung der Strömungsverluste : deutlich verbessertes Instationärver-

halten des Motors.Der SiLLK ist komplett in Aluminium aus-geführt. Der Kühler selbst besteht aus zehn paarweise gelöteten Kühlplatten, die kühlmittelseitig im Gegenstromprinzip und W-förmig durchströmt werden. Die Geometrie der Kühlplatten sorgt dabei für einen guten Wärmeübergang vom Kühl-körper zum Kühlmittel und bietet außer-dem eine bezüglich Druckschwellfestig-keit robuste Konstruktion. Durch die gleichmäßige gasseitige Beaufschlagung der Kühlplatten bei unterschiedlichen Luftmassendurchsätzen wird eine hohe Kühlleistung mit mode raten Druckverlus-

ten realisiert. Im Vergleich zur konventi-onellen Luft-Luft-Ladeluftkühlung wurde der Druckverlust dank des SiLLK um mehr als 50 % und das Ladeluftvolumen um mehr als 60 % reduziert.

AUFLADUNG UND NIEDERDRUCK-LADELUFTKÜHLUNG

Alle Motoren des MDB sind aufgeladen und verfügen in der Abgasstufe Euro 5 über eine Niederdruck-Abgasrückführung (ND-AGR), die das Abgas vor Verdichter-eintritt der Verbrennungsluft zumischt, ❽. Für die Aufladung kommen Abgastur-bolader (ATL) mit an den Abgaskrümmer angegos senem Turbi nengehäuse und variabler Tur binengeometrie (VTG) zum Einsatz. Die Be tätigung des VTG-Mecha-nismus erfolgt über Unterdruckdosen mit Positionssensor.

Für den Betrieb mit der ND-AGR wur-den die Turbolader aller drei Leistungs-stufen entsprechend optimiert. Hierzu wird ein beschichtetes Verdichterrad eingesetzt, das Ablagerungen unverbrannter Stoffe aus dem Abgas vermeidet, den hohen Ver-dichter-Austrittstemperaturen standhält und eine ausreichende Mate rialfes tigkeit mit sich bringt. Zur Ge währ leis tung einer homogenen Temperaturverteilung am Verdichter erfolgt die ND-AGR-Einleitung in seinem größtmög lichen Querschnitt, was gleichzeitig den Druckverlust in der Einleitung deutlich reduziert.

Durch den Einsatz der ND-AGR erfolgt die Entnahme des Abgasmassenstroms nicht wie bei der Hochdruck-AGR vor der Turbine, sondern nach dem Dieselparti-kelfilter (DPF) und damit nach dem Tur-bolader. Somit wird der gesamte Abgas-massenstrom über die Turbine geleitet, was turbinenseitig zu einer Erhöhung der Abgasenthalpie führt. Die Turbine kann dadurch in Bereichen mit höherem Wirkungsgrad betrieben werden. Insbe-sondere in der Teillast sind höhere Lade-drücke und damit größere Zylinderfül-lungen möglich.

Aufgrund des höheren Abgasmassen-stroms über der Turbine und der damit verbundenen höheren Drehzahl des Läufers wird darüber hinaus im Falle eines Lastsprungs das Zieldrehmoment schneller erreicht. Dank dieser thermo-dynamischen Vorteile des ND-AGR-Sys-tems in Verbindung mit dem Auflade-system ergeben sich für die neuen Motoren des MDB Emissions-, Verbrauchs- und Dynamikvorteile.

❼ Die schaltbare Kühlmittelpumpe

❽ Die Ladeluftstrecke mit saugrohrintegriertem Ladeluftkühler

ENTWICKLUNG DIESELMOTOREN

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Page 7: Der Modulare Dieselmotoren-Baukasten von Volkswagen

MOTORNAHE ABGASREINIGUNG

Die Komponenten der Abgasnachbe-handlung und der ND-AGR sind in horizontal übereinanderliegender Po sition direkt am Motor angeordnet. Dabei wird der Oxidationskatalysator mit dem darunterliegenden DPF ver-bunden, der wiederum den nachgela-gerten ND-AGR-Kühler mit gereinig-tem Abgas direkt an strömt. Über das AGR-Ventil und einen entkoppelnden Schlauch gelangt das Abgas zur Ein-leitstelle vor den Verdichter, ❾.

Das Volumen des Oxidationskataly-sators beträgt 1,4 l, sodass hohe HC- und CO-Konvertierungsraten über die gesam- te Fahrzeuglebensdauer sichergestellt werden. Der Metallträger des Katalysa-tors mit turbulentem Strömungsprofil (LS: longitudinale Struktur) und einer effektiven Zelldichte von 600 cpsi (cells per square inch) sorgt bei niedrigen Temperaturen für gute Anspringeigen-schaften (Light Off), verbesserten Stoff-transport bei hohen Raumgeschwindig-keiten und reduzierten Druckverlust. Der DPF besitzt ein Volumen von 3 l. Sowohl Aluminiumtitanat als auch Siliziumkar-bid kommen dabei als Filtersubstrate zum Einsatz. Beide eingesetzten Varian-ten zeichnen sich durch asymmetrische Zellgeometrie und hohe Ascheverträg-lichkeit aus.

Zusammenfassend stellen sich die Vorteile der motornahen Abgasreinigung wie folgt dar:

: schnelle Erwärmung der emissions-relevanten Komponenten und damit frühes Erreichen der Light-off-Tem-peraturen

: geringe Druckverluste in der ND-AGR-Strecke, damit hohe ND-AGR-Massen-ströme ohne oder mit geringer Andros-selung des Abgasmassenstroms

: modularer Aufbau für alle Leistungs- und Emissionsstufen.

MOTORSTEUERUNG

Zur Ansteuerung und Regelung der MDB-Motoren wurde bei Volkswagen eine vollständig neue Motorsteuer geräte-Software entwickelt. Damit wurde eine Basis geschaffen, in der alle thermo-dynamisch relevanten Bauteile in einem Gasmodell abgebildet und über eine Gassystemregelung, eine Gassystem-diagnose sowie eine Betriebsarten-koordination funktional miteinander vernetzt werden. Die Aufgaben dieser vier Softwarebereiche lassen sich wie folgt beschreiben: : Das Gasmodell berechnet alle von

den Anwenderfunktionen benötigten Temperaturen, Drücke, Massenströme und Gasmassenkonzentrationen.

: Die Gassystemregelung inklusive Ladedruckregelung enthält die Soll-wertstrukturen, Begrenzungen und die eigentlichen Regler.

: Die Gassystemdiagnose stellt eine OBD-konforme Systemdiagnose der Gassystemregelung sicher.

: Die Betriebsartenkoordination koor-diniert sämtliche Brennverfahrens-modi der Bereiche Normalbetrieb, Abgasnachbehandlung und Diagnose.

Mit der neuen Software wird unter ande-rem die Leistungsfähigkeit bei Betriebs-artenwechseln und in der Dynamik deut-lich verbessert. Dank definierter Schnitt-stellen wird die Modularität der neuen Dieselmotoren optimal in der Software abgebildet. Die für die Abgasnorm Euro 6 notwendigen Freiheitsgrade kön-nen ohne weitere aufwendige Sensorik im Gassystem als Mehrkreis-AGR-Sys-teme sowie als Konzepte mit NOx-Spei-cherkatalysator oder selektiver katalyti-scher Reduktion (SCR) abgebildet werden.

FAHRLEISTUNGEN, VERBRAUCH, EMISSIONEN

Die neuen Dieselmotoren erreichen im Fahrzeug Spitzenwerte hinsichtlich Fahr-leistungen, Verbrauch und Emissionen. Stellvertretend hierfür steht der neue Golf, der im NEFZ in der 1,6-l-TDI-Basis-ausführung mit Handschaltgetriebe und Frontantrieb nur noch 3,8 l Kraft-stoff/100 km verbraucht, was einem CO2-Wert von 99 g/km entspricht. Der Golf mit 2,0-TDI-Motor (110-kW-Version) liegt mit 4,1 l/100 km beziehungsweise 106 g CO2/km nur knapp darüber. Diese Werte bedeuten eine Reduzierung des Verbrauchs im Vergleich zum Vorgän-germodell um 16 % für die 1,6-l-Version mit 77 kW und um 15 % für den Golf mit 2,0-l-Motor und 110 kW. Sämtliche Werte der neuen Motorengeneration stel-len Bestmarken der aktuellen Dieseltech-nik dar und verdeutlichen eindrucksvoll, dass es gelungen ist, dem Kunden eine Kombination aus sehr guten Fahrleistun-gen, sehr niedrigen Kraftstoffverbräu-chen und geringen Emissionen anbieten zu können, ❿.

ZUSAMMENFASSUNG

Mit dem modularen Dieselbaukasten hat der Volkswagen-Konzern eine neue Ge neration von Dieselmotoren entwickelt, die im Vierzylinder-Segment neue Maßstäbe setzt. Verantwortlich hierfür sind innovative und hocheffi-ziente Lösungen bei der Gestaltung des Grundtriebwerks, der Bauteile der Luft- und Gasführung sowie bei der Abgasnachbehandlung und der Motor-steuerung.❾ Die motornahe Abgasreinigung

ENTWICKLUNG DIESELMOTOREN

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Page 8: Der Modulare Dieselmotoren-Baukasten von Volkswagen

Durch eine Vielzahl unterschiedlicher Detaillösungen am Grundtriebwerk in Kombination mit einem hochwirksamen Thermomanagement konnte die Reib-leistung der Motoren signifikant gesenkt werden. Die verkürzte Ladeluftstrecke reduziert das Volumen im Vergleich zur Vorgängergeneration um 40 %, was in Kombination mit der Optimierung der Druckverluste und mit der neuen Motor-steuerung zu einem deutlich verbesserten Ansprechverhalten führt. Mit der motorna-hen Abgasreinigung werden die emissions-relevanten Komponenten in nerhalb kürzes-ter Zeit erwärmt und die Light-off-Tempera-turen schnellstmöglich erreicht. Ferner konnten die Druckverluste innerhalb der AGR-Strecke halbiert und die Rohemissio-nen um bis zu 50 % gesenkt werden.

Dank moderner Technik sind die Mo -toren des modularen Dieselbaukastens bestens auf zukünftige Herausforderun-gen durch die sich weltweit verschärfen-den Emissionsgesetzgebungen und die immer anspruchsvolleren Kundenbedürf-nisse gerüstet. So erfüllen die Motoren nicht nur die aktuelle Emissionsgesetzge-bung Euro 5, sondern sind bereits für die

ab 2015 verbindliche Abgasnorm Euro 6 vorbereitet. In Kombination mit den soge-nannten Blue-Motion-Techno logien bietet der modulare Dieselbaukasten Potenzial für weitere Verbrauchs reduzierungen. Gleichzeitig bieten die Motoren Möglich-keiten zur Leistungssteigerung für die nachfolgenden Fahrzeuge des modularen Quer- und Längsbaukastens.

LITERATURHINWEISE[1] Neußer, H.­J.; Kahrstedt, J.; Jelden, H.; Engler, H.­J.; Dorenkamp, R.; Jauns­Seyfried, S.; Krause, A.: Die neue modulare TDI­Generation von Volks­wagen. 33. Internationales Wiener Motorensympo­sium, 2012[2] Schmidt, A.; Wietholt, B.; Hilzendeger, J.; Mül­ler, C.; Woelke, D.: Das Aufladekonzept der neuen modularen TDI­Generation von Volkswagen. 17. Auf­ladetechnische Konferenz, Dresden, 2012[3] Neußer, H.­J.; Thielecke, R.: Die neuen Moto­ren: ökonomisch, sauber, dynamisch. In: Der neue VW Golf, ATZextra, 2012

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Drehzahl [1/min]

1000 2000 3000 4000 5000

MDB 1,6 l / 77 kW MDB 2,0 l / 110 kW

❿ Volllastdiagramme (oben) und Fahrzeugergebnisse (unten) für den neuen Golf VII (Euro 5, Handschaltgetriebe und Frontantrieb)

MDB 1,6 L/77 KW

IM NEUEN GOLF

MDB 2,0 L/110 KW

IM NEUEN GOLF

HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT km/h 192 216

BESCHLEUNIGUNG 0 – 100 KM/H s 10,7 8,6

ELASTIZITÄT 80 – 120 KM/H

(4. GANG)s 9,5 7,0

ELASTIZITÄT 80 – 120 KM/H

(5. GANG)s 13,0 9,5

KRAFTSTOFFVERBRAUCH I/100 km 3,8 4,1

CO2-EMISSIONEN NEFZ g/km 99 106

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12I2012 73. Jahrgang 963

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