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Der Gauß-Code +- -+ ++-+ +++ + +-+- ++-- ++-- ++ --- +- -+ Carl Friedrich Gauß, den „Fürsten der Mathe- matik“, kennen viele. Dass Gauß in Göttingen auch den Grundstein der modernen Telekom- munikationstechnik gelegt hat, ist allerdings weniger bekannt. Eine phosphoreszierende Spu- rensuche durch den Göttinger Nachthimmel. FOTOREPORTAGE SS 2012

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Page 1: Der Gauß-Code · ley.de/gauss-weber-telegraf) den Laser-Code und natürlich auch die Auflösung der ver-schlüsselten Nachrichten jederzeit einsehen. Und noch einen stillen Beobachter

Der Gauß-Code+- -+ ++-+ +++ + +-+- ++-- ++-- ++ --- +- -+

Carl Friedrich Gauß, den „Fürsten der Mathe-matik“, kennen viele. Dass Gauß in Göttingen auch den Grundstein der modernen Telekom-munikationstechnik gelegt hat, ist allerdings weniger bekannt. Eine phosphoreszierende Spu-rensuche durch den Göttinger Nachthimmel.

FOTOREPORTAGE SS 2012

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Der grüne Strahl zerschneidet den Nachthimmel der Stadt in gepul-s ten Stößen. Unregelmäßig und messer schar f. Ku r z , lang, ku r z . Weiter unten fahren Autos mit blenden-den Scheinwerfern, Absätze und Stim-mengewirr klackern durch den lauen Sommerabend. Das befremdliche Schauspiel am Himmel sieht nur der, der den Blick nach oben richtet – vielleicht um sich flüchtig der Sterne zu vergewis-sern, vielleicht um nach den Regen-wolken des Tages Ausschau zu halten. Lang, kurz, lang. Da ist er wieder. Leuch-tend grün vor dem dunklen Himmel. Nachtschwärmer in Göttingen kennen ihn – den Gauß-Weber-Laser, der jeden Abend nach Anbruch der Dunkelheit seine geheimnisvollen Signale quer durch die Stadt schickt. Ein ungewöhn-licher Anblick, der futuristisch anmu-tend eine Brücke in die Vergangenheit und zu einem der berühmtesten Köpfe Göttingens schlägt: Carl Friedrich Gauß Gauß, der 1777 in Braunschweig gebo-ren und bis zu seinem Tod im Jahr 1855 in Göttingen lebte und wirkte, war von Anfang an ein „Wunderknabe“. Einer, der mal eben so – noch vor Vollen-dung seines 18. Lebensjahrs – mit der Konstruktion des regelmäßigen 17-Ecks ein neues Kapitel in der 2000 Jahre zuvor ins Stocken geratenen euklidi-schen Geometrie aufschlägt. Mathe-matiker, Physiker, Astronom, Geodät. Von dem König Hannovers als „Fürst der Mathematik“ geehrt und gefördert, steigt Gauß schnell zum Professor der Georg-August-Universität auf und wird mit nicht einmal 30 Jahren Direktor der

den ersten elektromagnetischen Tele-grafen der Welt. Über eine Strecke von 1,1km erstreckt sich ein Kupfer-draht von Webers Kabinett am Papen-diek zur Johanniskirche über den Marktplatz bis zu Gauß‘ Sternwarte in der Geismar Landstraße. Die Leitung dient den beiden Forschern zur Kom-munikation, wird aber aus rein wis-senschaftl ichem Interesse gebaut und nicht wirtschaftlich vermarktet. Dies geschieht zwei Jahre später unabhängig von Gauß und Weber durch Samuel Morse, dessen Morse-Apparat auf einem ganz ähnlichen Prinzip beruht und der den weltwei-ten Siegeszug der modernen Tele-kommunikationstechnik einläutet. „Der Zweck der Sache ist dar-auf gerichtet, die Kräfte des Gal-vanismus und Magnetismus, so weit sie zu practischen Zwecken irgend einmal dienen könnten, im Großen näher zu untersuchen.“ Einer Anekdote zufolge erlaubt sich Gauß bei der Übermittlung seiner ersten telegrafischen Nachricht einen Spaß: Sein Assistent Michelmann und die codierte Nachricht „Michelmann kommt“ liefern sich einen Wettlauf von der Sternwarte zu Webers Arbeits-platz. Wer letztendlich zuerst das phy-sikalische Kabinett erreicht, ist nicht überliefert – bei einer durchschnittli-chen Übertragungszeit von knapp 10 Sekunden pro Zeichen hatte Michel-

Text und Fotografie: Magdalena Kersting

Sternwarte, in der er fast 50 Jahre leben und arbeiten wird. Endgültig Berühmtheit erlangt er durch die korrekte Vorhersage der Flugbahn des Zwergplaneten Ceres, der 1801 zwar gesichtet wird, dessen Spur den damaligen Astronomen aber wieder abhanden kommt. „Ob ich die Mathematik auf ein Paar Dreckklumpen anwende, die wir Planeten nennen, oder auf rein arith-metische Probleme, es bleibt sich gleich, die letz-tern haben nur noch einen höhern Reiz für mich.“ Gauß, dessen Gesicht die meisten noch von den 10-Mark-Scheinen kennen, und der mit Daniel Kehlmanns Roman „Die Vermessung der Welt“ in den letzten Jahren als kauzig verschrobene Figur über die Bel-letristik-Bestsellerlisten wieder in das allgemeine Bewusstsein drang, ist vielseitig interessiert. So scheut der Meister der Abstraktion auch nicht das Experiment an sich und begründet seinen wissenschaftli-chen Einstieg in die Erforschung des Erdmagnetismus mit dem Bau einer eigens entwickelten Telegrafenleitung quer durch Göttingen. 1833 konstruieren er und ein Kollege, der Physiker Wilhelm Weber,

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Die Telegrafen-Konstruktion von Gauß und Weber ist in ihrem Aufbau so einfach wie genial und ein Zeugnis des aufkommenden Interesses und immer tieferen Verständnis-ses elektromagnetischer Phänomene im 19. Jahrhundert. Der Telegraf selbst besteht aus einem Sender, einem Lei-ter und einem Empfänger. Der Leiter, eine einfache Draht-schnur, verbindet zwei Spulen miteinander - eine in Webers Kabinett und eine in der Sternwarte von Gauß. Beide Spulen sind locker um einen Magnetstab gewickelt und können entlang des Stabes bewegt werden. Das elek-tromagnetische Prinzip der Induktion löst bei einer Bewe-gung der Sender-Spule einen Stromstoß aus, der über den Draht zur anderen Spule geleitet und dort wieder in Bewegung übersetzt wird. Das Ausschlagen der Spule beim Empfänger wird dabei durch ein System von Spie-geln und Fernrohren vergrößert und sichtbar gemacht. Gauß und Weber entwickeln eigens ein Binär-Code-System, das auf dem Richtungausschlag der Spulen beruht und dass jedem Buchstaben eine Kombination von vier Ausschlägen zuordnet.

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mann immerhin eine realistische Chance, bei diesem ungleichen Duell zu gewinnen. 1845 zerstört ein Blitzschlag die Göttinger Tele-grafen-Leitung und Gauß, der mittlerweile ein weltweites Netz von Beobachtungsstatio-nen zur Messung des Erdmagnetfeldes initi-iert und sich wissenschaftl ich bereits wie-der anderen Themen zugewendet hat, lässt den Telegrafen nicht mehr reparieren. Weber, nach dem später die physikalische Einheit des magnetischen Flusses benannt wird, ist zu die-sem Zeitpunkt nicht mehr in Göttingen – als einer der „Göttinger Sieben“ ist er von König Ernst August seines Amtes enthoben worden. 2006 greift das „Measurement Valley“, ein in Göttingen ansässiger Wirtschaftscluster, der die Interessen der regionalen Messtechnik-unternehmen bündelt, das historisches Erbe auf. Im Gedenken an Gauß und die weltweit erste Telegrafen-Leitung wird seine Konstruk-tion im Jahr 2006 durch eine Laser-Installa-tion – den Gauß-Weber-Laser – wiederbelebt.

„Unsere große galvanische Kette (6000-7000 Fuß Draht) ist schon lange unge-stört bestehend und schon oft haben wir mit bestem Erfolg ganz kleine Phra-sen einander telegraphisch signalisiert.“ So werden auch heute wie zu Zeiten Gauß‘ und Webers Nachrichten durch Göttingen geschickt – nach einer Startsequenz erleuch-ten Buchstaben codiert durch lange und kurze Laser-Pulse den Nachthimmel. Los geht das all-abendliche Spektakel immer zur übernächsten vollen Stunde nach Sonnenuntergang und für zwei Stunden können die Göttinger zum Bei-spiel vom Wochenmarkt oder dem Gänselie-sel aus den Blick nach oben richten und sich an die Entschlüsselung wagen. Neugierige können im Internet auf der Measurement Val-ley Webseite (http://www.measurement-val-ley.de/gauss-weber-telegraf) den Laser-Code und natürlich auch die Auflösung der ver-schlüsselten Nachrichten jederzeit einsehen. Und noch einen stillen Beobachter hat das Laser-licht: Im Cheltenham-Park blickt Gaußens Grab in dessen Richtung und man mag sich vorstellen, wie der alte Mathematiker seine Freude gehabt hätte an den nächtlichen Knobeleien und der modernen Technik des Lasers, die ihren Ursprung in den ersten primitiven elektromagnetischen Signalen von Gauß hat. Oder wie Daniel Kehl-mann es Gauß so treffend in den Mund legte: „Seltsam sei es und ungerecht, sagte Gauß, so recht ein Beispiel für erbärmliche Zufällig-keit der Existenz, dass man in einer bestimm-ten Zeit geboren und in ihr verhaftet sei, ob man wollte oder nicht. Es verschaffe einem einen unziemlichen Vorteil vor der Vergangen-heit und mache einen zum Clown der Zukunft.“

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