der einfluß der tourenzahl beim radfahren auf die maximale sauerstoffaufnahme und auf die...

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(Aus dem Kaiser Wilhehn-]nstitut fiir Arbeitsphysiologie, Dortmund.) Der Einiluil der Tourenzahl beim Radfahren auf die maximale Sauerstoffauhmhme und auf die Ausnutzung des Atemsauerstoffs. Von Hedwig Miehaelis und E. A. ])Iiiller. Mit 1 Textabbildung. (Ei~gegangen am 7. Januar 1942.) In einer friiheren Ver6ffentlichung (Michaelis und Miiller 1) konnten wir zeigen, dab die maxiln,%le Sauerstoffaufnahme des KSrpers peripher begrenzt ist. In der vorliegenden Arbeit untersuchten wir, ob dieser Grenzwert h(~her liegt, wenn wir, st~tt wie in der zitierten Arbeit, die Erhbhung der Leistung durch Steigerung der Radfahrarbeit je Um- drehung bei konstanter Drehzahl vorzunehmen, eine Leistungssteigerung dutch Erh0hung der Drehzahl bei konstanter Arbeit je Umdrehung w~hlten. Unsere Versuche wurden in der gleichen Weise durchgeffihrt wie in der zitierten Arbeit; auch die Vp. war die gleiche. Wir verglichen folgende 3 Versuchsreihen: Yersuchsreihe A. Die Werte unserer ersten Ver6ffentlichung, in der wir bei 45 Pedalumdrehungen in der Minute die Arbeit yon 4,0--17,3 mkg/Umdrehung variierten und damit Leistungen bis zu ] 3 mkg/sec erzielten, wnrden untcr Er- weiterung auf 14 mkg/sec iibernommen. Versuchsre~ihe B. ]n neuen Vcrsuchen mit einer konstanten Arbeit yon 13,3 mkg/Umdrehung erh6hten wir die Leistung bis ~ui 13,3 mkg/sec durch Steige- rung der Tourenzahl auf 60 Umdrehungen/Minute. Versuchsreihe C. Die Leistung wurde wie in Versuchsreihe B bei konstanter, aber kleinerer Arbeit yon 6,7 nfl~g/Umdrehung dutch Steigerung der Tourenzahl auf 100 Umdrehungen/Minute erh6ht und d~mit eine Leistung von ]1,2 mkg/sec erreicht. Ftir ,~lle 3 Versuchsreihen bestimmten wir die Leistung, die 6--8 Minuten lang durchgelmlten werden konnte und dic ihr zugeor~lete Sauerstoffaufnahme/Minnte. Unsere Versuchsergebnisse sind in Tabelle l wiedergegeben. Sie enth/~lt fiir jede Leistungsstufe die Mittelwerte aus 3--,5 Versuchen, in denen nach vorausgegangenen Einiibungsversuchen konstante Werte erreicht waren. Ein einheitlicher ~bungsgrad ffir alle 3 Versuchsreihen war schwer zu erhalten, weft beim Fahren mit geringer Arbeit je Urn. drehung und hoher Tourenzahl das Training Ifir gr61~ere Arbeit je Um- drehung bei entsprechend geringerer Tourenzahl allm~hlich verlorenging. Die Werte der Tabelle 1 sind in Abb. 1 graphisch dargestellt. Die Abh~ngigkeit der Sauerstoffaufnahme in 1/min yon der Leistung ist Arbeit,sphyslologie. 72.13d. 6

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(Aus dem Kaiser Wilhehn-]nstitut fiir Arbeitsphysiologie, Dortmund.)

Der Einiluil der Tourenzahl beim Radfahren auf die maximale Sauerstoffauhmhme und auf die Ausnutzung

des Atemsauerstoffs. Von

Hedwig Miehaelis und E. A. ])Iiiller.

Mit 1 Textabbildung.

(Ei~gegangen am 7. Januar 1942.)

In einer friiheren Ver6ffentlichung (Michaelis und Miil ler 1) konnten wir zeigen, dab die maxiln,%le Sauerstoffaufnahme des KSrpers peripher begrenzt ist. In der vorliegenden Arbeit untersuchten wir, ob dieser Grenzwert h(~her liegt, wenn wir, st~tt wie in der zitierten Arbeit, die Erhbhung der Leistung durch Steigerung der Radfahrarbeit je Um- drehung bei konstanter Drehzahl vorzunehmen, eine Leistungssteigerung dutch Erh0hung der Drehzahl bei konstanter Arbeit je Umdrehung w~hlten.

Unsere Versuche wurden in der gleichen Weise durchgeffihrt wie in der zitierten Arbeit; auch die Vp. war die gleiche.

Wir verglichen folgende 3 Versuchsreihen: Yersuchsreihe A. Die Werte unserer ersten Ver6ffentlichung, in der wir bei

45 Pedalumdrehungen in der Minute die Arbeit yon 4,0--17,3 mkg/Umdrehung variierten und damit Leistungen bis zu ] 3 mkg/sec erzielten, wnrden untcr Er- weiterung auf 14 mkg/sec iibernommen.

Versuchsre~ihe B. ]n neuen Vcrsuchen mit einer konstanten Arbeit yon 13,3 mkg/Umdrehung erh6hten wir die Leistung bis ~ui 13,3 mkg/sec durch Steige- rung der Tourenzahl auf 60 Umdrehungen/Minute.

Versuchsreihe C. Die Leistung wurde wie in Versuchsreihe B bei konstanter, aber kleinerer Arbeit yon 6,7 nfl~g/Umdrehung dutch Steigerung der Tourenzahl auf 100 Umdrehungen/Minute erh6ht und d~mit eine Leistung von ]1,2 mkg/sec erreicht.

Ftir ,~lle 3 Versuchsreihen bestimmten wir die Leistung, die 6--8 Minuten lang durchgelmlten werden konnte und dic ihr zugeor~lete Sauerstoffaufnahme/Minnte.

Unsere Versuchsergebnisse sind in Tabelle l wiedergegeben. Sie enth/~lt fiir jede Leistungsstufe die Mittelwerte aus 3--,5 Versuchen, in denen nach vorausgegangenen Einiibungsversuchen konstante Werte erreicht waren. Ein einheitlicher ~bungsgrad ffir alle 3 Versuchsreihen war schwer zu erhalten, weft beim Fahren mit geringer Arbeit je Urn. drehung und hoher Tourenzahl das Training Ifir gr61~ere Arbeit je Um- drehung bei entsprechend geringerer Tourenzahl allm~hlich verlorenging.

Die Werte der Tabelle 1 sind in Abb. 1 graphisch dargestellt. Die Abh~ngigkeit der Sauerstoffaufnahme in 1/min yon der Leistung ist

Arbeit, sphyslologie. 72.13d. 6

8 2 Hedwig Michael is u n d E. A. Miillcr: EinfluL~ der T o u r c n z a h l beinl Radfahre~

"Vor- ~ l l C h S o reihe

A

B

Arbeit ! je Urn- i Touren- drohung" [ zahl

mkg I

4 i 45 6,7

]0,7 13,3 14,7 16,0 17,3 18,6

13,3 45 50 55 6O

(1,7 45 55 70 80 90

19()

Lcistung

mkg/scc

3 5 8

10 II. 12 13 14

10 11,I 12,3 1.3,3

5,0 6,1 7,8 8,8

10,0 11,2

a l ) e l l e I.

Vent. Arbcits- rod. minute

l/rain

13 . - -15 . 15,5 13 . - -15 . 19,8 13 . - -15 . 31,6 13 . - -15 . 40,0 13. - -15. 43,5 11 . - -13 . 48,7 �9 6. - 7. 52,3

6. 57,9

13 . - -15 . 40,0 6 . - - 7. 43,9 8 . - - 10 . 50,4 6 . - - 7. 55,2

13 . - -15 . 19,8 9 . - - ] 1. 27,0 9 . - - 11 . 31,5 9 . - -11 . 36,8 8 . - -10 . 47,4 6 . - - 7. 55,8

0 .. -Auf- nahlnl; Ventilation

red. 02- jufnahn)o l/min

0,54 28,4 0,82 25,0 ] ,20 26,4 1,51 25,3 1,59 27,5 1,66 29,4 1,75 29,8 1,89 31,6

1,51 25,3 ] ,61 27,2 1,72 2 9 , 3 1,84 31,1

0,82 25,0 0,95 28,5 1,16 26,0 1,38 26,7 1,60 29,7 1,81 31,0

P u ] s - zahl

82 81

105 125 137 141

158

81 108 ]19 138 142 156

150

~ f20

f ~

o,a o,8

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0 Z q 8 10 7,? Le/Mun#

Abb. 1. Die Ablgtnglgkcit dcr Sauerstoffaufnahmo (A~, B1, C~), der Ventilation (A~, B2, C.j und der l 'ulszahl (.43, U~) bei konstantor Tourenzahl (A = 45 Pedalunldrehuugen/min

bzw. konstantcr Arl)eiL/lYnldrohung (B = 13,3 mkg; O = 6,7 mkg).

fiir die Versuchsreihen A--C durch die Kurven A1, B 1 und C I wieder gegeben. Die 3 Kurven fallen bis zu einer Leistung yon 10 mkgise(

auf die maximale Sauerstoffaufnahmc und Ausnutzung des Atemsauerstoffs. 83

etwa zusammen. Der Wirkungsgrad ist also bis zu dieser Leistung davon unabhis ob eine best immte Leistung durch eine hobe Tourenzahl oder durch eine groge Arbeit je Umdrehung zustande kommt. Oberhalb 10 mkg/sec steigt die Kurve B 1 und mehr noch die Kurve C 1 steiler Ms A 1. Der Wirkungsgrad versehleehtert sich also init der Zunahme der Tourenzahl bei sinkender Arbeit/Umdrehung. Der grSBte Sauerstoff- bedarf, der durch die Sauerstoffaufnahme noch gedeckt ist, liegt in allen 3 Versuehsreihen zwisehen 1,6 und 1,7 ]/min.

Tabelle 2.

Ver- Leistung suchs - reiho mkg/see

A 14,0 B 13,3 C 11,2

Max. Lei- l 8tungsdauer O~-Aufnahme Oz-Bedarf mhl l/rain ] l/rain

6 JI 1,80 I ,ll 8 1 1,84 2,00 8 1,81 1,97

02-Schuhl Ventilation ]/min / 0 .: --.&uf nahme

0,22 I 3],6 0,16 31,1 0,16 31,0

Diejenige Leistung, die mgximal 6 - -8 Minuten durchzuhalten ist, und die damit soeben noch zu einem steady state fiihrt, ist ffir die 3 Ver- suehsreihen in Tabelle 2 zu finden, lh r zugeordnet ist in allen 3 Versuchs- reihen eine Sauerstoffaufnahme von 1,8--1,9 1/min und ein Sauerstoff- bedarf yon 2,00--2,11 l/min. Die Sauerstoffschuld wgehst also um 0,16--0,22 1/min an.

Die Kurven der Ventilation sind in Abb. 1 mit A2, B 2 und C 2 be- zeichnet. Tabelle 2 zeigt, dab das Verhgltnis Ventilation/Sauerstoff- aufnahme ffir die h6chste erreichte Sauerstoffaufnahme in den 3 Ver- suchsreihen das gleiche ist.

In ~3bereinstimmung mit den Angaben yon E. A . Miiller 2 finden wir bei gleieher Leistung eine hShere Pulszahl ffir die hShere Tourenzahl (Kurven A s und C a in Abb. 1).

Naeh diesen Befunden ist es nicht m5glich, dutch ErhShung der Tourenzahl beim Radfahren fiber 45 hina/us die maximale Sauerstoff- aufnahme zu vergrSBern. Von 1,6--1,7 l/rain ab bleibt in jedem Fall die Sauerstoffaufnahme hinter dem Sauerstoffbedarf zurfick. Erreieht der Sauerstoffbedarf rund 2 1/min, so kOnnen nur noch etwa 90 % dieses Bedarfs gedeckt werden. Dabei werden maximale Fahrzeiten yon 6- -8 Minuten erzielt. In allen 3 Versuchsreiben ist die Ausmltzung des Atemsauerstoffs bis zur gr6Bten Leistung eine gute.

In unserer ersten VerSffentlichung 1 stellten wir lest, dab eine Ver- schlechterung der Ausnutzung des Atemsauerstoffs mi t zunehmender Arbei~ je Umdrehung bei konstanter Tourenzahl beim Gefibten und Gesunden nicht nachweisbar ist. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dab auch mit zunehmender Tourenzahl bei konstanter Arbeit je Um- drehung die Ausnutzung des Atemsauerstoffs bis zur Leistungsgrenze sich nur wenig ~ndert und dab jedenfalls eine Leistungsbegrenzung durch

6*

84 Hedwig Mich~elis und I,]. A. MiilIer: l~hfflu/~ der Tourenzahl.

die Atmung nicht eintritt (Atemgvenzwert der Vp.: 80 l/rain). D~s a uf der Verschlechterung der Sauerstoffausniitzung aufbauende Knip2~ ingschc a

Verfahren ist ~lso nicht geeignct, die, Leistungsf/~higkeit des Gesunden. Geiibte~3 zu erfassen.

Bei tier Betrachtung (let' Tabelle 2 dr/ingt sich die Frage ttuf: 1st nicht in jedem Fall eine best immte m~ximale Saucrstoffschuld fiir (tie GrS/3e der maximalen Fahrzeit maf3gebend ? In der Tat ist diese Schuld in allen 3 Versuchsreihen fiir die in Tabelle 2 angefiihrten, 6- -8 Minuten durchgehaltenen Leistungen ctwa glcieh grof3. Wir wissen a.ndererseits, dal3 auch bei gedecktem Sauerstoffbc~larf eine Begrenzlmg dcr m~ximalen Fa.hrzeit vorhanden ist, so d~d3 ein direkter Zusammenhang zwischen Saucrstoffschuld und Arbeitsmdximum zum mindesten nieht immer besteht.

Z,usammen]a,~s~lng.

:Beim Radfahren ffihrt die Steigerung der Leistung durch ErhShung dcr Tourcnz,~hl bci konst~nter Arbeit je Umdrehung zu der gleichen m~ximalen Sauerstoffaufnahme wie bei Ste, igerung der Leistung durch Erhi}hung der Arbeit je Umdrehung bei konstanter Tourenz~hl. In beiden F/illen steigt, die Ausnutzung des Atems~uerstoffs bis zu den grSl~ten Lcistungen nur wcnig. Sie kann ,~]s MaB der Leistungsf~higkcit des Gesunden und Geiibten nieht verwendet werden.

Liieratur. z Michaeli.s', H. u. E. A. Miiller: Arb.tlhysiol. I 1,462 (1941). - - o Miiller, E. A. :

Arb.physio]. (ira Druek). - - :~ K,nil~ping, H.: Luft,fahrtnted. |, 26 (1937).