der einfluß der antrektomie oder der totalen gastrektomie auf die calciuminduzierte magensekretion...

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Klin. Wschr. 55, 1/59-1163 (1977) Klinische Wochen- _ schrift C~ by Springer-Verlag 1977 Der Einflufl der Antrektomie oder der totalen Gastrektomie auf die calciuminduzierte Magensekretion und die Gastrinfreisetzung beim Menschen ~ A. Schafmayer, H.W. B6rger, Th. Stuhler, R. Siewert und H.D. Becker** Klinik und Poliktinik f/Jr Allgemeinchirurgie der Universit~it G6ttingen (Direktor: Prof. Dr. H.-J. Peiper) The Effect of Antrectomy or Total Gastrectomy on Calcium-Induced Gastrin Secretion and Gastrin Release in Man Summary. The effect of induced hypercalcemia on serum gastrin concentrations, measured by radioim- munoassay, and gastric acid secretion was studied in 20 healthy subjects, 8 patients after antrectomy and gastroduodenostomy (Billroth I), 12 patients after an- trectomy and gastrojejunostomy (Billroth II) and in 9 patients after total gastrectomy and esophagojeju- nostomy. In normal man calcium stimulates gastric secretion and gastrin release. %~fterantrectomy gastric secretion is still stimulated by calcium without chang- ing serum gastrin levels. After total gastrectomy basal serum gastrin concentration is further reduced; cap cium does not liberate gastrin. These results show that calcium-induced gastric secretion is caused by direct action at the parietal cell level besides the gas- trin release from the antrum. In man, extra antral gastrin cannot be released by induced hypercalcemia. Key words: Extragastric gastrin - Calcium - antrec- tomy. Zusammenfassung. Bei 20 magengesunden Normal- personen, 8 Patienten nach Antrektomie und Gastro- duodenostomie (Billroth I), 12 Patienten nach An- trektomie und Gastrojejunostomie (Billroth II) sowie 9 Patienten nach totaler Gastrektomie und Osopha- gojejunostomie untersuchten wird den Einflul3 einer induzierten Hypercalcfimie auf die Serumgastrinspie- gel, gemessen mittels Radioimmunassay, und die S/iu- resekretion des Magens. Bei Normalpersonen stimutiert Calcium die Ma- gensekretion und die Gastrinfreisetzung. Nach An- * Mit Unterstiitzung der Deutschen ForschungsgemeinschaI~ (Be 640/1) ** Sonderdruckanfragen an: Priv.-Doz. Dr. H.D. Becker (Adresse siehe oben) trektomie wird die Sfiuresekretion durch Calcium wei- terhin stimuliert ohne deutliche Erh6hung der Serum- gastrinspiegel. Nach totaler Gastrektomie ffillt die ba- sale Serumgastrinkonzentration weiter ab, Calcium bewirkt auch hier keine Freisetzung yon Gastrin. Die hier erhobenen Befunde bestfitigen frtiher gefiul3erte Vermutnngen, daf3 die calciuminduzierte S/iuresekre- tion neben einer Gastrinfreisetzung von Antrum vor allem durch direkte Einwirkung auf die Parietalzellen hervorgerufen wird. Intestinates Gastrin wird beim Menschen wfihrend der Hypercalcfimie nicht freige- setzt. Schliisselw6rter: Extragastrales Gastrin - Calcium - Antrektomie. Die Beziehung zwischen Calcium und. der Magense- kretion ist in den vergangenen Jahren Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen. Von mehreren Arbeitsgruppen wurde gezeigt, dab eine induzierte Hypercalc/imie eine Stimulation der S/iuresekretion und der Motorik des Magens bewirkt [1, 11, t2, 15]. Die ftir die Stimulation verantwortlichen Mechanis- men sind jedoch noch weitgehend unbekannt. Vor allem ist die Bedeutung des antralen Hormons Ga- strin und der extraantralen Gastrindepots (intestinales Gastrin) ftlr die calciuminduzierte Magensekretion nicht v611ig geklgrt. In frfiheren Untersuchungen [3] haben wir die Ver- /inderungen der Magensekretion und der Serumga- strinspiegel w~ihrend einer induzierten Hypercalc/imie bei Normalpersonen, Ulcus duodeni-Patienten und Patienten mit Zotlinger-Ellison-Syndrom untersucht. Die vorliegenden Experimente wurden unternommen, um die Bedeutung der extraantralen Gastrindepots (nach Antrektomie und totaler Gastrektomie) ftir die calciuminduzierte Sfiuresekretion und die Serum-Ga- strinspiegel zu untersuchen.

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Page 1: Der Einfluß der Antrektomie oder der totalen Gastrektomie auf die calciuminduzierte Magensekretion und die Gastrinfreisetzung beim Menschen

Klin. Wschr. 55, 1/59-1163 (1977) Klinische

W o c h e n - _ schrift

C~ by Springer-Verlag 1977

Der Einflufl der Antrektomie oder der totalen Gastrektomie auf die calciuminduzierte Magensekretion und die Gastrinfreisetzung beim Menschen ~

A. Schafmayer, H.W. B6rger, Th. Stuhler, R. Siewert und H.D. Becker** Klinik und Poliktinik f/Jr Allgemeinchirurgie der Universit~it G6ttingen (Direktor: Prof. Dr. H.-J. Peiper)

The Effect of Antrectomy or Total Gastrectomy on Calcium-Induced Gastrin Secretion and Gastrin Release in Man

Summary. The effect of induced hypercalcemia on serum gastrin concentrations, measured by radioim- munoassay, and gastric acid secretion was studied in 20 healthy subjects, 8 patients after antrectomy and gastroduodenostomy (Billroth I), 12 patients after an- trectomy and gastrojejunostomy (Billroth II) and in 9 patients after total gastrectomy and esophagojeju- nostomy. In normal man calcium stimulates gastric secretion and gastrin release. %~fter antrectomy gastric secretion is still stimulated by calcium without chang- ing serum gastrin levels. After total gastrectomy basal serum gastrin concentration is further reduced; cap cium does not liberate gastrin. These results show that calcium-induced gastric secretion is caused by direct action at the parietal cell level besides the gas- trin release from the antrum. In man, extra antral gastrin cannot be released by induced hypercalcemia.

Key words: Extragastric gastrin - Calcium - antrec- tomy.

Zusammenfassung. Bei 20 magengesunden Normal- personen, 8 Patienten nach Antrektomie und Gastro- duodenostomie (Billroth I), 12 Patienten nach An- trektomie und Gastrojejunostomie (Billroth II) sowie 9 Patienten nach totaler Gastrektomie und Osopha- gojejunostomie untersuchten wird den Einflul3 einer induzierten Hypercalcfimie auf die Serumgastrinspie- gel, gemessen mittels Radioimmunassay, und die S/iu- resekretion des Magens.

Bei Normalpersonen stimutiert Calcium die Ma- gensekretion und die Gastrinfreisetzung. Nach An-

* Mit Unterstiitzung der Deutschen ForschungsgemeinschaI~ (Be 640/1) ** Sonderdruckanfragen an: Priv.-Doz. Dr. H.D. Becker (Adresse siehe oben)

trektomie wird die Sfiuresekretion durch Calcium wei- terhin stimuliert ohne deutliche Erh6hung der Serum- gastrinspiegel. Nach totaler Gastrektomie ffillt die ba- sale Serumgastrinkonzentration weiter ab, Calcium bewirkt auch hier keine Freisetzung yon Gastrin. Die hier erhobenen Befunde bestfitigen frtiher gefiul3erte Vermutnngen, daf3 die calciuminduzierte S/iuresekre- tion neben einer Gastrinfreisetzung von Antrum vor allem durch direkte Einwirkung auf die Parietalzellen hervorgerufen wird. Intestinates Gastrin wird beim Menschen wfihrend der Hypercalcfimie nicht freige- setzt.

Schliisselw6rter: Extragastrales Gastrin - Calcium - Antrektomie.

Die Beziehung zwischen Calcium und. der Magense- kretion ist in den vergangenen Jahren Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen. Von mehreren Arbeitsgruppen wurde gezeigt, dab eine induzierte Hypercalc/imie eine Stimulation der S/iuresekretion und der Motorik des Magens bewirkt [1, 11, t2, 15]. Die ftir die Stimulation verantwortlichen Mechanis- men sind jedoch noch weitgehend unbekannt. Vor allem ist die Bedeutung des antralen Hormons Ga- strin und der extraantralen Gastrindepots (intestinales Gastrin) ftlr die calciuminduzierte Magensekretion nicht v611ig geklgrt.

In frfiheren Untersuchungen [3] haben wir die Ver- /inderungen der Magensekretion und der Serumga- strinspiegel w~ihrend einer induzierten Hypercalc/imie bei Normalpersonen, Ulcus duodeni-Patienten und Patienten mit Zotlinger-Ellison-Syndrom untersucht. Die vorliegenden Experimente wurden unternommen, um die Bedeutung der extraantralen Gastrindepots (nach Antrektomie und totaler Gastrektomie) ftir die calciuminduzierte Sfiuresekretion und die Serum-Ga- strinspiegel zu untersuchen.

Page 2: Der Einfluß der Antrektomie oder der totalen Gastrektomie auf die calciuminduzierte Magensekretion und die Gastrinfreisetzung beim Menschen

1160 A. Schafmayer et al. : EinfluB der Antrektomie

Material und Methodik

Alle Untersuchungen wurden an Mfinnern durchgeffihrt, nfimlich bei 20 magengesunden Normalpersonen (Alter: 19 -56 Jahre),

8 Patienten mit Billroth I-Resektion (Alter: 32-51 Jahre)sowie 12 Patienten mit Billroth II-Resektion (Alter: 2 5 - 6 2 Jahre). Alle Patienteu wurden wegen eines Gastroduodenalulcus reseziert; des weiteren untersuchten wir 9 Patienten uach totaler Gastrektomie wegen Magencarcinoms, wobei die Kontinuitfit des oberen Ga- strointestinaltraktes durch (~)sophagojejunostomie wieder herge- stellt worden war (Alter: 5 4 - 65 Jahre). Bei allen operierten Patien- ten war vor den Untersuchungen r6ntgenologisch und gastrosko- pisch kein pathologischer Befund zu erheben. Des weiteren wurde w/ihrend der Gastroskopie bioptisch gesichert, dal3 kein Antrum betassen worden war (bei B I-Patienten) sowie keine schwere atro- phische Gastritis im Magem-est vorlag.

Die Untersuchungen wurden jeweils am frfihen Vormittag unter standardisierten Bedingungen vorgenommen. Alle Probanden waren wenigsten 12 h ntichtern. Die V. basilica wurde an einem Arm kanfiliert, und eine Magensonde unter R6ntgenkontrolle bei Normalpatienten, B I- und B II-Patienten in den Magen vorgescho- ben. Nach einer Basalperiode von 60 rain, w/ihrend der physiologi- sche NaC1-L6sung (25 ml/h) infundiert und 2 Blutproben in 30mi- ntitigen Abstfinden zur Bestimmung der basalen Serumcalcium- und Serumgastrinkonzentration abgenommen wurden, erhielt jeder Patient eine 41/2stiindige Calciuminfusion in einer Dosierung von 4 mg/kg KG/h Calcium + + ats Calciumgluconat. Zusfitzlich wurde wfihrend der ersten 30 min der Infusion eine Aufladedosis yon 4 mg/kg KG Calcium ++ Iangsam intraven6s injiziert. Blutproben zur Bestimmung der Serumgastrinkonzentration wurden alle 30 rain, der Serumcalciumspiegel alle 60 rain wfihrend der gesamten Testperiode entnommen. Die Magensekretion wurde mit konti- nuierlicher Absaugung in 30 min-Portionen gesammelt. Die Serum- gastrinkonzentration bestimmten wit mittels Radioimmunassay (s. unten). Die Serumcatciumkonzentration wurde rnittels Kresolph- thalein-Reaktion am Autoanalyser (Typ SMA 6) gemessen.

Radioimmunassay fiir Gastrin 1

Der von uns verwandte Radioimmunassay ffir Gastrin wurde im Detail frfiher beschrieben [10]. Antik6rper gegen Gastrin wurden beim Kaninchen gewonnen, wobei das als Antigen verwandte syn- thetische menschliche Gastrin (SGH I) mit Rinderalbumin konjn- giert wurde. Der verwandte Gastrinantik6rper erfal3t sowoht G-17 als auch G-34, jedoch die gr6Bere Komponente mit etwa 20% geringerer Empfindlichkeit auf molarer Basis. Die Reproduzierbar- keit des Assays wurde mittels Mehrfachbestimmung der Seren in gleichen und verschiedenen Assays bestimmt. Die Normalwerte lagen zwischen 15 pg/ml und 45 pg/mI, die untere Empfindlichkeit liegt bei 2 pg/ml. Die Ergebnisse der Gastrinbestimmungen sind als Gastrinkonzentration zu jeder beliebigen Zeit oder als inte- grierte Gastrinausschfittung fiir einen bestimmten Zeitraum ange- geben [16]. Die H+-Konzentration der einzelnen Magensaftproben wurde durch Titration mit 0,1 molarem NaOH bis zum Farbum- schlag ermittelt, wobei Phenolrot ats Indikator diente. Die S/iurese- kretion wird als mEq/30 rain oder als S~uresekretion fiber basal ffir eine bestimmte Zeit angegeben. Die Ergebnisse sind Mittelwer- te ± SEM. Der Student-t-Test wurde zur Ermittlung der Signifikanz verwandt.

Ergebnisse

I, Kontrollgruppe (Abb. 1)

Die mittlere basale Serumgastrinkonzentration betrug bei 20 Nor- malpersonen 28 _+ 2 pg/ml. Nach Beginn der Infusion kam es zu einem kontinuierlichen Anstieg der Serumgastrinspiegel auf maxi- mal 47 +_ 6,0 pg/ml, einem Wert, der signifikant fiber dem Basalwert

Ffir die freundliche Uberrassung des Antik6rpers und des mar- kierten Gastrins danken wir Herrn Professor Creutzfeldt und Herrn Dr. Arnold, Medizinische UniversitS~tsklinik G6ttingen

Serum Gastrln

50

40

30

20

10

0

Kontrol|gruppe

I~ Ca** / ,mg/kg ~!

14 Ca ++ Infusion 4mg /kg /h

pg/m~

h-

,t ~" Serum Calcium

t • j "

j s

-15 0 30 60 90 120 150 180 210 240

%

mg Serum Calcium

15

13

12 H* mEq/

30 mln

Z,.O 3.6 3.2 28

2.0 1.6

0.8 Abb. 1. Verhalten der Serumgastrinkonzentration und der Magensekretion w[ihrend einer induzierten Hypercalcfimie bei 20 Normalpersonen

Page 3: Der Einfluß der Antrektomie oder der totalen Gastrektomie auf die calciuminduzierte Magensekretion und die Gastrinfreisetzung beim Menschen

A. Schafmayer et al. : Einflul3 der Antrektomie t 161

pglml

Serum Gaetrin

5O

40

3O

2O

10

0

C a * * / * m g / k g i.V.

L .-1 I"

Ca +*- Infusion (4 m g / , k g / h ) ,I

-15 0

/ /

J

S e r u m - Gastr in

/ /

/

S e r u m - C a l c i u m ~

30 60 go 120 150 180 210 240

Hinuten

Serum Caicium

r a g %

I/* H" mEq/

13 30 Min.

2,2

1,8

I,/*

1,0

0,6

0,2

Abb. 2. Verhalten der Sfiuresekretion und der Serumgastrinspiegel wfihrend der Hypercalcfimie bei 8 Patienten nach Antrektomie und Billroth I -Gast roduodenostomie

pg/rnl

Serum Gastrin

50

/*0 i

3o! 2oi lo!

Ca +* 4 m g / k g I.V.

L )1 I

Iql Ca+* - ln fus ion (4 m g l k g / h )

Serum Serum - Gastrin Calcium

_ : / mg °/. , r

"t* Eq / Min.

1,6

1,4

1,2

1,0

0.8

0.6

0,4

0,2

~15 0 30 60 90 120 150 180 210 2,'-0

Minuten

Abb. 3. Verhalten der Sfiuresekretion und Serumgastrinspiegel wfihrend der IIypercalc~imie bei 12 Patienten nach Antrektomie und Billroth II-Gastrojejunostomie

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1162 A. Schafmayer et al. : Einflug der Antrektomie

Iiegt (p<0,001). Das Serumcalcium stieg yon 9,0±0,3 auf Ca**4mg/kg 14,6420,4 mg-%. Die Magensekretion stieg signifikant yon basal pglm| i.V. 1,8 + 0,3 mEq/30 min (Mittelwert der beiden Basalperioden) auf ein serum . . . . - - G a s t r i n Maximum von 3,95 42 0,6 mEq/30 min (p < 0,001). I-"

S 0

2. Patienten mit Billroth I-Resektion (Abb. 2)

Die basalen Gastrinwerte be± 8 Patienten mit Antrektomie und Gastroduodenostomie betrugen 25 422 pg/ml. Dieser Wert unter- scheidet sich nicht von der Serumgastrinkonzentration be± Normal- personen. W/ihrend der Calciuminfusion kam es zu keinem signifi- kanten Anstieg der Serumgastrinkonzentration. Das Serumcalcium stieg yon 10,0 ± 0,2 mg-% auf 14,6 ± 0,5 rag- %. Die S~uresekretion dagegen zeigte einen signifikanten Anstieg von basal 0,3 ± 0,05 mEq/30 rain auf maximal 2,4 42 0,2 mEq/30 rain (p<0,001).

3. Patienten mit Billroth II-Resektion (Abb. 3)

Auch be± 12 Patienten mit Billroth II-Resektion (Zweidrittelresek- tion mit Gastrojejunostomie) kam es w/ihrend der induzierten Hy- percalc/imie zu keinem signifikanten Anstieg der Serumgastrinkon- zentration. Der Basalwert betrug 20_+ 2 pg/ml; auch dieser Weft liegt nicht signifikant uiedriger als der Basalwert be± Normalperso- hen. Serumcalcium stieg von 10,5 ± 0,5 mg-% auf 14,7 ± 0,2 rag-%. Die S/iuresekretion stieg w/ihrend der Hypercalc/imie von basal 0,3±0,03 mEq/30 rain auf signifikant h6here 1,61±0,11 mEq/ 30 min (p <0,005).

4. Patienten mit totater Gastrektomie (Abb. 4)

Die mittlere basale Gastrinkonzentration war be± 9 Patienten mit totaler Gastrektomie (16 ± 2 pg/ml) signifikant niedriger als be± den 20 Normalpersonen (28+_2 pg/ml). Wfihrend der Hypercalc/imie kam es zu einem geringgradigen, jedoch signifikanten Anstieg der Gastrinspiegel auf 28 #- 6 pg/ml (p < 0,05). Dieser Anstieg war vor allem be± 2 Patienten deutlich zu sehen, be± denen eventuell ein belassener Antrumrest am Duodenalstumpf vorhanden sein k6nnte.

5. Vergleich der Gastrinfreisetzung unter Siiuresekretion nach den verschiedenen Operationsverfahren (Tabelle I)

Eine Zusammenfassung unserer Ergebnisse ±st in Tabelle 1 wieder- gegeben. Be± den 20 Normalpersonen kam es zu einem deutlichen Anstieg des Serumgastrins yon 28 auf 46 pg/ml. Die integrierte Gastrinausschfittung betrug 2,418 ng x 240 min/ml, die max±male S~iuresekretion nach Calciumgabe 7,7 ± 1,86 mEq]h und die S/iure- sekretion fiber basal 9,3 mEq/4 h. Be± den nach Billroth I und Bill- roth II resezierten Patienten kam es zu keinem signifikanten An- stieg der Serumgastrinspiegel. Die maximale Calcium-induzierte Sguresekretion betrug bei B I-Patienten 3,99+__0,57 mEq/h, be±

Tabelle l . Verhalten der Gastrinspiegel und der S~iuresekretion be±

40

Ca** - Infusion (4 m g / k g / h ) I= I

30

20

10

0

/ /

/ /

/

-1;5 ; " 310

Serum Serum - Gas t r in Calcium

4" S e r u m - C a l c i u m

i2

11

10

I 9 2 4 0

I / I I I I 60 90 120 150 180 210

M i n u t e n

Abb. 4. EinfluB der Hypercalcfimie auf Patienten mit Gastrek- tomie und Osophagojejunostomie. (n =9)

nach B II resezierten Patienten 2,93 _+0,79 mEq/h. Die Sfiuresekre- tion fiber basal ergab be± B I-Patienten Werte yon 8,85 mEq/4 h und be± B II-Patienten 5,95 mEq/4 h. Be± Patienten mit totaler Gastrektomie lagen die basalen Gastrinwerte mit 16 pg/ml signifi- kant niedriger als be± den Normalpersonen. Der Anstieg der Serum- gastrinspiegel auf 28 pg/ml war vor allem durch 2 Patienten verur- sacht.

D i s k u s s i o n

In z a h l r e i c h e n U n t e r s u c h u n g e n [1, 8, I1, 13, 15]

k o n n t e geze ig t we rden , d a b e ine i nduz i e r t e H y p e r c a l -

cf imie die S / iu re sek re t ion u n d die M a g e n m o t o r i k sti-

mul ie r t . M e h r e r e U n t e r s u c h e r f a n d e n n e b e n e iner Er -

h 6 h u n g de r Sf iu resekre t ion a u c h e inen A n s t i e g de r

S e r u m g a s t r i n s p i e g e l . In f r f ihe ren U n t e r s u c h u n g e n ha-

ben wi r ze igen k 6 n n e n , d a b s o w o h l be± N o r m a l p e r s o -

nen als a u c h be± U l c u s d u o d e n i - P a t i e n t e n die M a g e n -

s e k r e t i o n u n d die S e r u m g a s t r i n s p i e g e l wf ih rend der

H y p e r c a l c f t m i e ans te igen . A u s d iesen B e f u n d e n h a b e n

wi r d e n Schlul3 gezogen , d a b die u n t e r e ine r H y p e r c a l -

c~imie zu b e o b a c h t e n d e S f iu re sek re t ion z u m i n d e s t teil-

weise d u r c h v o m M a g e n a n t r u m f re igese tz tes G a s t r i n

h e r v o r g e r u f e n wird . D i e j e t z t v o r g e l e g t e n U n t e r s u c h u n g e n bes tMigen

Normalpersonen und nach Antrektomie

Zahl Basale Peak- der Serumgastrin- Gastrin Patienten konzentration (pg/ml)

(pg/ml)

Integ. Gastrin- max. Ca + +-induz. H+-Sekretion ausschfittung H +-Sekretion fiber basal (rig x 240 min/ml) (mEq/30 rain) (mEq]4 h)

Normanpersonen 20 B I-Resektionen 8 B It-Resektionen 12 Totale Gastrektomien 9

28 + 2 47 __+ 6 2,418 3,95 + 0,60 9,33 25 + 2 33 42 4 1,193 2,40 ± 0,20 8,85 20+2 28±4 1,131 1,61 +_0,11 5,95 16+2 28+_6 1,590 -- --

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A. Schafmayer et al. : Einflul3 der Antrektomie 1163

unsere frtiheren Bcfunde insoweit, als eine induzierte Hypercalc/imie bei Kontrollpersonen einen mfiBigen, jedoch signifikanten Anstieg der Serumgastrinkon- zentration und einen deutlichen Anstieg der Sgurese- kretion des Magens bewirkt. Dagegen liel3en sich nach Antrektomie (nach Billroth I- und Billroth II-Resek- tion und bei total gastrektomierten Patienten) durch die Hypercalcfimie nur eine geringe Menge yon Ga- strin freisetzen. Wghrend die Serumgastrinspiegel bei B I- und B II-resezierten Patienten nur einen geringen, nicht signifikanten Anstieg aufwiesen, wurde die S/iu- resekretion w/ihrend der Hypercalc~mie deutlich sti- muliert.

Bereits Passaro und Basso [11] hatten zeigen k6n- nen, dab bei antrektomierten Patienten ein Anstieg der S~iuresekretion w~ihrend einer Calciuminfusion auftrat. Dagegen fanden Christiansen, Stadil und Rehfeld [5] bei 9 antrektomierten Patienten weder einen Anstieg der Serumgastrinspiegel noch einen An- stieg der Sfiuresekretion.

F/ir die Stimulation der S/iuresekretion durch eine Hypercalc/imie wurden neben der Gastrinfreisetzung verschiedene Mechanismen angenommen: Eine va- gale Stimulation [8], gesteigerte Mucosadurchblutung [8], ein lokaler cholinergischer Effekt [t], eine gestei- gerte Empfindlichkeit der Parietalzellen gegeniiber Acetylcholin [15], eine calciumabhfingige Acetylcho- linfreisetzung [1] sowie eine Steigerung der intrazellu- 1/iren Erregungsausbreitung [11]. Aus unseren Unter- suchungen wird deutlich, dab die Sfiuresekretion si- cherlich nicht ausschliel31ich durch die Freisetzung von Gastrin zu erkl/iren ist. Die S/iuresekretion durch Calcium beruht wahrscheinlich am ehesten auf einer direkten Wirkung an den Parietalzellen. Diese Be- funde werden durch Untersuchungen von ttoltermfil- ler et al. [9] best/itigt, die nach intragastraler Gabe von Calcium zwar eine Stimulation der Sfiuresekre- tion, jedoch keine Verfinderung der Serumgastrinkon- zentrationen beobachteten.

Wfihrend eine induzierte Hypercalc/imie bei intak- tern Magen zu einer Freisetzung yon Gastrin ffihrt [3, 12, 13], t/il3t sich nach Entfernung des Magenan- trmns ein Anstieg der Serumgastrinkonzentrationen nicht mehr nachweisen. Da beim Menschen erheb- Iiche extraantrale Gastrindepots vorhanden sind, aus denen nach physiologischen Stimuli wie z.B. Nah- rungsaufnahme erhebliche Gastrinmengen freigesetzt werden [4] und in unserem Radioimmunassay sowohl die kleineren als auch die gr613eren Gastrinformen, die im Intestinum vorherrschen sollen, erfal3t werden, mug man annehmen, dab das extraantrale Gastrin durch eine induzierte Hypercalc/imie nicht freigesetzt wird. Diese Befunde sind in Ubereinstimmung mit Untersuchungen von Christiansen et al. [6], die eben- falls nach Antrektomie beim Menschen keine Gastrin-

freisetzung fanden. Diese Befunde erh/~rten die Ver- mutung, dab die Gastrinfreisetzung aus intestinalen G-Zellen durch andere Mechanismen erfolgt als die Gastrinfreisetzung vom Magenantrum.

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Priv.-Doz. Dr. reed. H.D. Becket Klinik und Poliklinik ffir Allgemeinchirurgle der Universit/it G6ttingen GoBlerstra[~e 10 D-3400 G6ttingen Bundesrepublik DeutschIand