der daguerrotyp

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4 15 xxxr. D E I- Dug u e r o t y p. Von ARAGO. (Cornlit. rend. 1'. IX, p. 250.) Ein neapolitanischer Physilcer, 3 o he n n B ap ti s t e Yo r t 11, bemerfite ungefiihr vor 200 Jahren, dass, wenil man ein sdar kleinev Loch iri den Fcnsterladen eines gut verdunkeltert Zim- mers mscht, oder besser noch in eine diinne, in den Fenster- laden eing-esetzte Metrllplalte, a h aussen behdlichen Gegen- stjinde, k e n Strahlen das Loch erreichen kiinnen , sich auP der gegeniiberstehenden Wand abxeichnen , entweder in vergriis- sertcm otler verjungtem Maassstsbe je nsoh den Entferoungen, mit genauen Umrissen und den naliirlichen Farben. P o r t s bnd bald darauf, dass das Loch keinesweges klein zu sein braiichc, dass es eine gewisse Ausdehnung haben diirfe , wenn man es mit eincr Glsslinse beclcckc. Uie Bi!drr, welche das einfache Loch erzeogt, tlnben we- nig Intensitiit. Dic wdern gliinzen mit einer Lebhaftiglieit, wel- che von der Griivse der Sammeiiit:se abhiingt. Die erstern sind niemsls frei von einem gewissen Zusammetidlcssen , <die Riltler der Liosen besitzen, namentlich wenn man sie genau im Brenn- puncte derselben suffiingt, sehr scharfe Umrisse. Ueberraschend ist diese Schdrfe seit der Entdeekung der achromotischen Liq- sen. - Por tn eonstruirte portative dunkle Kammern: jede der- selben besass ein Rohr von mehr oder weniger Ljinge, an dem sich eine Linse befand. Ein weisser Schirm von Papier oder Pappe, auf welcliem die Bilder sich aufzeichneten, oahm den Rrennpunct ein. Der neapolitnnischc Physiker bestimmte seinen kleinen Apparat fur die Personen, welche niebt aeichnen konn- ten. Um gensue Bilder der zussmmengesetztesten Gegenstande zn erhalten, sollte es geniigen, mit einem Bleistifte die Con- touren des Bildes im Brennpuncte zu verfolgen. Diese Voraussetzongen Ports's haben sich nicht viillig bestatigt. Die Maler, Zeiehner, namentlich die personen, wel- chc die grossen Leinwandfliichen der Dioramen und Panorainen bemalen baben sich noch einige Male der Camera obsczwa bedient, aber vorzuglich, um die Umrisse dcr Gegenstiinde zu

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Page 1: Der Daguerrotyp

4 15

xxxr. D E I - Dug u e r o t y p .

Von A R A G O .

(Cornlit. rend. 1'. IX, p. 250.)

Ein neapolitanischer Physilcer, 3 o he n n B ap t i s t e Y o r t 11,

bemerfite ungefiihr vor 200 Jahren, dass, wenil man ein sdar kleinev Loch iri den Fcnsterladen eines g u t verdunkeltert Zim- mers mscht, oder besser noch in eine diinne, in den Fenster- laden eing-esetzte Metrllplalte, a h aussen behdlichen Gegen- stjinde, k e n Strahlen das Loch erreichen kiinnen , sich auP der gegeniiberstehenden Wand abxeichnen , entweder in vergriis- sertcm otler verjungtem Maassstsbe je nsoh den Entferoungen, mit genauen Umrissen und den naliirlichen Farben. P o r t s bnd bald darauf, dass das Loch keinesweges klein zu sein braiichc, dass es eine gewisse Ausdehnung haben diirfe , wenn man es mit eincr Glsslinse beclcckc.

Uie Bi!drr, welche das einfache Loch erzeogt, tlnben we- n ig Intensitiit. Dic wdern gliinzen mit einer Lebhaftiglieit, wel- che von der Griivse der Sammeiiit:se abhiingt. Die erstern sind niemsls frei von einem gewissen Zusammetidlcssen , <die Riltler der Liosen besitzen, namentlich wenn man sie genau im Brenn- puncte derselben suffiingt, sehr scharfe Umrisse. Ueberraschend ist diese Schdrfe seit der Entdeekung der achromotischen Liq- sen. - P o r tn eonstruirte portative dunkle Kammern: jede der- selben besass ein Rohr von mehr oder weniger Ljinge, an dem sich eine Linse befand. Ein weisser Schirm von Papier oder Pappe, auf welcliem die Bilder sich aufzeichneten, oahm den Rrennpunct ein. Der neapolitnnischc Physiker bestimmte seinen kleinen Apparat fur die Personen, welche niebt aeichnen konn- ten. Um gensue Bilder der zussmmengesetztesten Gegenstande zn erhalten, sollte es geniigen, mit einem Bleistifte die Con- touren des Bildes im Brennpuncte zu verfolgen.

Diese Voraussetzongen Ports's haben sich nicht viillig bestatigt. Die Maler, Zeiehner, namentlich die personen, wel- chc die grossen Leinwandfliichen der Dioramen und Panorainen bemalen baben sich noch einige Male der Camera obsczwa bedient, aber vorzuglich, um die Umrisse dcr Gegenstiinde zu

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216 Ar2g0, iib, d. r)il~UeJTOtyp.

erlislten, urn sie in ihrem ricliligen Grijssenverhiltnisse darxn- stellen, um aie mit allen Erfordernissen det Linearprrspecfire zu zeichnen. Was hingegen die LichtefTecte betrifTt, welctic yon der unvollkommenen Durchsicl~figkcit unserer Atmosphiire abhiiingen, und welcbe mnn mit dqm uneigentlichen A us~lrucke der Luflperspectiw bezeichnet ; so glnubten sdbst die geijblen Maler nioht, dsss die Camera obscura ihnen daxu etwas niitxen kijnnte, urn ihre Darstellung zu erleichtern. Niemnnd , der die ScharPe der Umrisse, die Wahrheit der Formen und Farben,, die Abstufungen in den Tiinen beobnchtet hatfe, welche die durch diess Instrument ausgel'iibrten Bildcr besilxen , hat ey nicht zugleich aucti Iebhaft bednuert, dass sic siah nicht selhst fixirten, und nicht gewunscht, dass man eine Erfiridung ma- Cleo miichte, durch welche diess erreicht wird. In aller Au- gen erschien diess als ein Traurn, welcher unter die schmiir- merischen Ideen eines W i I k i n s oder eines C y r a I I o v o n B e r- g e r a o versetzt zu werden verdiente. Dieser Trnun ist in- dessen zur Wabrhcit geworden. Wir wollen diese &iifdeckung in ihrem Keimen belrachfen und sorgfSlfig ihre Borfschilte sngeben.

Eangst schon gelnng es den Alchymisten, das Silber mit der SalxsPure zu vereinigen. Dns Product bildete ein a.cisses Sak, welches sie Elornsil6t.r @me ou aryent corn3 nanntcn %)* Dieses Salz schwiirzt sich beknrintlich unter dem Einflusse des Lichts j e nach seiner Intensitst. Bestreicht man ein Fapier mit demselben und wirl't durch eine Linse das Bild eines Ge- genstnndes darauf', so bleiben die clunkeln Stellen desselben weiss, die hellen Stellen werden schwnrx und die Mitteltone werdon dutch ein mehr oder weniger tiel'es Ocau dargestcllt.

Legt man einen ICupPerstich auP Papier, das mit Chlor.;il- ber uberzogen ist, und setzt diess dem Einnusse des Sonnen- lictits Bus, so dws der Kuyferstich dariiber liegt, so tialten die sohwarzen Stellcn die Sonnenstrahlen ab, so dass die daruiiter

*) In dem Werke von F a b r i c i u s (de rebus metallicis> ist scbon weitliiufig von ,,einer Art Silbererz die Rede, wclche man Hwnsilber naunte, da es die Farbe uud Durclwichtigkeit des Horns, die Schmelzbarkeit iind Weiclllieit des Wachses besitzt. Iinter dcrn Eiaflitsse des Licbts wurde dasselbe gelbl icb-gtau, d a m viotctt liod endlich fuast schwnrr.'( Es war UnlSsliches IIornsilber.

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A r ngo, ub. d. Daguerrotyp. 217

beflndlichen Rtellen ihre weisse Farbe beibelralten. I)jo 1trr.eipsen

Stelleti des h‘upf&sfiches, welcbe illre Durchseheinetldheit bei- hehalten hnhen, inssen das Licht durch, so dass das Papier dnrunter dndurch geschwiirat wird. Das Biltf wird also auf dem Papiere, und zwnr mit umgekcbrlen Lichteffecten, abge- zeictmet werden.

Man hiitte glauben sollen, dass man schr bald yon dieser Eigenschnft ties Chlorsilbers efne Anwendung machen wiirde, aber item ist nicht SO. Miin inuss bis a u l die ersten J;rhre des 19. Jnhrhunderts hinauhteigen, ehe man die ersten Spuren der Photogrephie findet.

Damals bediente sich unser Landsmann , C h a r 1 e s, des mit Cblorsilber uberzogenen Popiers, urn in seinen Vorlesungen iiber die Einwirliung des Licfits Silhoiiellen zu maclien. C ti a r l e s sfarb, olioe sein Verfahren beschrieben zu haben.

\Vir mussen einer Denkschrift W e d g w o o d’s gedenkcn, melches 1808 im JunihePe tles Journal of the royal Irisfifirtion of Great - erschien. Der Verf. wi l l mil Pergarnent odcr Papier, welrhe mit Chlorsilber oder salpetersiturern Silheroxyd iiherzogeri waren, die Glasmalereicn der Kirchenfenster und liuyfersliclie co- piren. ,,Die Bilder der Camera obscura findet er i.~1 scliwacb, um in einer kurxen Zcit auf das snlpetcrsnure Silberoxpd eirien Eiiilluss ausubcn r,u kiinneiP (The irnayus formed hy means of a camera obscirra, h a w been found lo be too faint to produce, in any moderrsle fime, an eifecl upon the niirdl;

Der Commentator W e d g w ~ o ~ d ’ s , der beruhmte H u m p h r y D a v y , widerspricht nicht dicser Behsuptung iiinsiclitlicb der Bilder der Curtera obscuro. Er fugt nut llinau, dsss es ihrn gelungen sei, sehr kleine Gegenstsnde mit Hulfe des Sonnen- miliroskops EU eopiren, indessen our in einer geringen Enffe1,- nung con tier Linse.

Uebrigens fanden weder W e d gw o o d nocb D a v y cin Mittel, wenn die Operation einmal beendet war, &em Ueber- zuge die Eigenschaft , nachzydunkeln , LU nchmen. Daraus folgt, dass es nicht miiglich w a r , die Copien, melche sie ge- macht batten, bei hellem Tage zu betrachten, denn es wurde dam in wcnig Zeit Alles eine gleichfijrmige schwarzc Farbe

of silre19.

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A rag 0 , iib. d. Daguerrotyp.

erhalttm haben. Welchen geringen Werth dergleichen Zeich- oungen nur haben konnten, leuchtet ein.

Nach diesen unvoll kommenen und unhedeutenden Versuchen kommen wir unmittelbar zu der Untersuchung der Herren N i 6 p c c und D a g u e r r e .

Der verstorbene N i 6 p c e lebte zariickgezogen bei Cha- Zons -sur Sabnne. IEr widmete seine Musse wissenschaff lichen Untersuchungen. Eine derselben, welche eine Maschine be-. triat, in welcher plijtzlich erhitzte Luft die Stelle des Dampfes vertreten sollte, und welche der Prufung der Akademie un- terworfen wurde, giebt eine sehr vortheilhafie Probe seiner Be- muhungen. Die photographischen Untcrsuchungen des IJrn. N i 6 p c e scheinen bis auf das Jahr 1814 zuriickxugehen. Seine ersten Verhandlungen mit Hrn. D a g u e r r e Panden im Jnnuar 1826 statt. Durch die Jndiscretion eines Pariser Optikers wurdc er damals davon benachrichtigt, dass Ur. D a g u e r r e sich dn- mit bewhiiftige, die fiilder der Camera obsctrra zu fixiren. Die ersten photographischen Arbeiten des Hrn. D a g u e r r e riihren also aus dem Jahre 1826 her.

Im Jahre 1827 begnb sich Hr. N i i p c e nach England. I m December desselben Jahres uberreichle er der kihigl. So- cietRt in London eine Denkschrift uber seine photographischen Arbeiten. Diese Denkschrift war von mehreren Proben auf Me- tall begleitet , welche nrch Methoden angeferligt worden waren, welche unser Landsrnann dawals schon entdeckt hatte. Bei Ge- legenheit einer I'rioritiitsfrage sind diese Prohen in einem rioch guten Zustande vor Kurzem sehr ehrlich aus den Sammlungcn verschiedener englischer Gelehrten gekommen. Sie beweisen unwiderruflich, dass sowohl fur die photographische Copie aon h'upfersficlaen als fiir die Anfertigung von Platten mit ziemlich ausgefuhrtem Entwvurfe zum Gebrauche fiir Kopferstecher Br. N i 6 p c e schon im Jahre 1827 Mittel kannte, Schatten durch Schatten, Licht duroh Licht und Halbschatten durch Halbschat- ten darzustellen, und dass er iiberdiess noch ein Mittel kannte, die schwirzenden Strahlen der Sonne unschiidlich zu machen, wenn die Zeichnung vollendet war. Mit einem Worte, cs war dem Gelehrten von Cbalons seit 1827 gelungen, ein Problem zu &en, an welchem der SchsrPsinn von 'CVedgwood und 13 11 m 1' h r y D a v y gescheilert war.

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A r s g o , iib. d. Daguerrotyp. 2 19

Die Verbintlungsurliunde der Herren N i 6 p c e und Da- g u e r r e zur gemeinachaftlichen Ausforschung pholographischer Wethoden ist vom 14 December 1829. Die spiifern Verband- lungen zwischen Hrn. Is i d o r e Ni 6 I, c e, dem Sohne, als Erben seines Voters, und dem Hrn. Dsguer r e, erwiihnen zuerst der Verbesserungen, welche der Muler von Paris in der Method0 des Physikers von Chalons machte, und zweitens vollkommen neue Verfahrungsarten des Hrn. D ag u e r r e , welche ,,die Bil- der mit 60-8Omal mehr Genauigkeit darstellte" als die alten Methoden.

Fast hlfte Hr. N i k p c e es nach einer grossen Menge fruchtloser Versuche selbst aofgegcben, Bilder in der CU- mera o6scura Rnzufertigen. Die Mittel , welche er anwen- dete, veriinderten sich nieht schnell genug unter dern Ein- flusse des Lichtes; er brauclrte 10 bis 12 Stonden, nm eirie Zeichnung zu vollenden. Wiihrend dieser lengen Zeit veriin- derte sich der Sctiatten bedeutend; sie gingen von der iinkeu Seite der Objecte auP die rechte Seite; es macen also alle Licht- effecte verloren , und inan war nsch unendlichen Schwierigkei- ten nicht einmal sicher, ein ziemlich gutes Resultat zu erhalten.

Das Verhhren, dessen sich Hr. N i d p c e bediente, und welches spiiter Ar. D a g u e r r e verbesserte, ist im Kurzen Folgendeu :

Hr. N i 6 p c e lijste trocknes Judenpech in Lavendelijl auf. Nach der Verdunstung blieb ein dickuiissiger Firniss zuruck, welchen er durch auP eine yolirte Mefallplatte, z. B. eirre plattirte Kupferplotte, brachte. Nachdem die Platte einer ge- linflen Warme ausgesetxt worden war, blieb sie mit einer weisslichen anhaftenden Schicht bedeckt von pulverformigem Bitumen. Die so beharrdelte PIalte wurde in den Breun- punct der Camera obscura gebracht ; nach einiger Zeit bemerkte man auf dem Pulver schwacbe Umrisse des Bildew Diese kaum sichtbaren Linien suchte Hr. N i $ p e e zu verstsrken. Er tauchte die Platte in ein Gemenge von Lavendel- und Stein51 und be- merkte, dass die Slellen des Ueberxuges, welche dern E n - pussl: des Lichls ausyesebl getcesen warm, fast vollkommen nnangegrilfen blieben, wiihrend sich die andern Stellen sehr schnell aufliisten und das nnbedeckte Metall zuriickliessen. Wusch man nun die Platte mit Wasser, SO batte man daa Bild der cu-

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220 i i rago , iib. d. Daguerrotyp.

W C I X o6scurn iiarrtif, und mvar waren tlie tiellen Stellen hell, die Schnttcn dunliel. Die Iiellen Stellen waren durch das zcr- streute Licht unti durch die weissliche rrnd nicfit polirte Sub- strnz des Bitumens gebiltlet ; die Schattcn hingegen durch die Itolirtcn und entblussten Stellen des Metallspicgelu, doch nur uiiter der unsichcrn Uedingiing, dnss diese Stellen sich i n dun- lieln Gegenslanden spieycZLen, und dnss man sie so iegte, dass sie dem Auge nicht durch Spiegc-fung ein etmas lebhartes Liclit euwcrfen konnten. Die Mittcltune, wcrtn solchc vorhantlen wa- ren , Iionnten durch die Slellen tles Virtiisses dnrgestcllt wcr- den, welche durch eine unvollliommenc Einwirkung iniitter ge- worden waren als tlie unangegrifCenen Stellen.

Dae pulverisirle Judcnpech hat lieine vollkotnmen weism Farbe ; diem ist violmehr grad. E.s konntcn dither die Licliter und Schatlen der Rilder des Hrn. N i 6 p c o nicht sehr grell hervortreten. Urn den Erect zu verstiirken, tlaciitc der Ent- decker darauf, die entblijssten Metiillflii(:lten naclther xu schwiir- zen , indcm er sie mit einer wSsscrig:.cn SctitveTelk~tliiimlii?;riig. oder mit Jod behnndelte; e r scheitlt aber niclit bedacht zu ha- lien, dam diese letztere Subwtanz, dem Eiiiflusse tles Tages- lictites ausgcselxt, I'ortilauernde Vcriinderur!gen erleiilen musste. Jih jedenfails sicht man, das Hr. iV i d p c e das Jod nicht. als semif ive Subslanz benulzen wolltc, dass er sie vieliilehr nur als schwPrxende .Substan% anwenden w o h , und mvar al!ein m C / 6

drr Darslelluny tier Bilder in der Camera obucura, nach tler

duroh d:is AufIijsungsrnitlel. Was wiirde in diesem F d l e ails

den Milteltiinell geworden sein. Unter den vorzuglich-ten UII- bequemlicfrkeilen dcr Methode des Hrn. N i 8 p c e muss mail dcn Urnstand anfultren , dass ein zu starlies Aufliisungsmiltel tlen Firniss fast vo!lstindig entfernte, wiiihrend ein zu schwaclics .4uflijsungsmiltel d ~ s Bild nictit hiiireiehend lrervortrctan licss. Dcr Erfolg war also niemrls ein sicherer.

Hr. D a g u e r r e ersann eine neue Methotle, welche man la melhoilt: Xiepce perfectionmtk nnnnte. Er lra1idte zuviir- clerst den Ruclistnntl von der Deslilhliori tles 1.nvendclijles an- statt des Bitumens an, indein dieser Rucksfand vie1 weisser und vie1 ernpfitidlicher war. Dieser wurtle i n Alknhol otfcr Aetlier gciijst. Die Fliissigkcil-wurde soriann in eiuer sefir diitioeu LO-

Ver- Jtcdlui!g, ;. . oiler besser nach der Entwiclielurig des nililcs.

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A r ag 0: ub. d. Dnguerrotyp. 22 1

rizonlalen Schichf auP das Melall gebracht, ontl hinterliess dar- auP beim Verdampfen eincn gleichfijrinigen pulverigen Ueber- zug yon der Art, wie er durch Auftupfco nicht ZII erhal- ten war.

Nachdem die so zubereitete Plrrtte dem Brennponcle i n der C Q ~ L Y - ~ obacu~w aurgesetxt %vnrden war, brachte sie Br. Da- g u e r r 0 horixotltill in einiger Eirtreernung uber ein Gefaw, wel- ches ein iitherisches Ocl, d s s wenig erwirmt worden war, ent- hielt. Die Di impk des Ocles liessen die Theilchen des pulver- fiirmigen Ueberzuges , ivclche eine lebhafte Einmirkung des Lichts erlitten hatten , unangcgrilfen j sie durchrlrangen zum Theil mehr oder wenigcr die Stellen des Ueberzugcs, wclcha den Mittalliincn entsprachen vollsfiindig aber die Stellen, rvcl- che im Schatten gcblieben waren.

Hier zeigte sich dns Rlehll an keiner Stelle der Zeicli- nung eiitbliist. Die hellen SLellen wnren durch eine Anhiiufung einer Menge von weissen und sehr tnnttcn Theilchen, die Mit- teltijrie durch gleichartig contlensirte Theilchen, deren Weisse und Mattiglieit der UampP mehr oiler weniger geschwiirzt ltiitte, die Schnttcn durch eine immer gleiche Menge vollstaodig durch- sichlig gewordener l'heilchen d>irgestellt.

Mehr Glanx, eine griissere Versehiedenheit der Tiine, melir RegelmLssigLeit , die Geivissheit eines gliicklichen Erfolgs des Verfahrens, diess waren die Vorxiige der durch Hrn. Da- g u e r r e modilicirten Methotle vor der des Hrn. X i B p c e ; un- gliicklicher Weise war der Ruckstand der Destillation des La- vendeliils, obwohl empfindlicher gegen die Einivirkung des Lich- tes als das Judenpech, noch irumer zu wenig veriinderiich, als dass es nicht einer sehr langen Zeit bedurft h;:\tte, urn die Rilder darauf RU zeichnen.

Die Art der Veriindcrung, welche der Riickstand des La- vendeliiles durcli die Einwirkung des Lichts erleidet, und aaP welche Weise die Diimyfc des iitherischen Oeles diese Siibstanz mehr oder weniger leicht durcbdringeo, ist uns bis jefzt noch unbekannt. Vielleicht muss man es als eine einfache Aostrock- nung der kleinan Theilchen betrschten, vielfeicht darP man darin nur eine neue Anordnung der lileinsten Molecole annehmen. Beide Hypothesen wiirden es erliliiren , dass die Modification

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22% Arago, iib. d. Daguerrotyp.

nnch und nach schwscher wird und endlich viillig verscbwin- det, selbst in der tiebten Finsterniss.

I n dem Verfahren, welches durch die iitrentliche Aner- kennung den Nsmen der Dayuerrolypie erhalten hat, i d der Ueberzug der polirren Ylatten, der Grund des GemBldes, wel- cher das Bild rrufnimmt, eine goldgelhe Lage, mit wclcher die Platte sich bedeckt, wenn man sie einigc Zeit horizontal, so dass das Silber onten liegt, Uber ein Gefiiss legt, auk' dessen Boden sich etwas Jod befindet, welches man der Selbstver- dunstung iiberlbst.

Kommt diese Platte aus der Camera obscum, so aieht man darauf durcliauu krinen Zuy. Die gelbe Lage des Jotl- silbers, welche das Bild rufgenommen hat, schcint in ihrer ganzen Ausdehnung von einer viillig gleichartigen Nuanqe zu sein. Hringt man nun diese Platte in ein zweites Gefiiss (von Glas oder Blech), auk' dessen Boden sich Quecksilber befindet, das man durch eine Spirituslampe ungefiihr his auP 750 C. er- wirmt und setzt sic dicsen aufsteigenden Quecksilbei.diim~f~n aus, so sieht man, wic diese den merkwiirdigsten tiFfect her- vorbringen. Das Quecksilber legt sich in Menge an die Theile der Metallplatte an, welchc eine lehhafie Einwirkung des Licli- les erlitten hatten, Iiisst die Theile, welche sich im Srhatlen befmdert, vijllig unberiihrt und bedeckt endlich die Stellen, aul welche die Mitteltunc fallen, in griisserer oder geringercr Menge, j e nnch der Helligkeit dieser Mitteltijne selbst. RIit Hiilfe eincs schwachen Rerzenlichles kann der Exyerimenfator Schritt vor Schritt der Entwickclung dcs Bildes folgen. E r sieht den Queck- silberdamyP, wie den rllerfeinsten Pinsel, loit der gehiirigen Tiefe einen jeden Theil der Platte bedecken.

1st das Bild der Camera ohscura auf diese Weise herge- stellt, so muss man verhindern , dass das Tageslicht es niclit veriindcre. Hr. D a g u e r r e erreichte diess, iodem er die Platfe in eine Aufliisung von unlerschtuefligsaurem Nalron tauchtc und sie nachher mit heisssm deslillirtem TVusser abwusch.

Nach Hrn. D a g u e r r e bildet sich daa Bild besser atif ei- ner mit Silber plattirten Kupferplatte als auf einer massiven Sil- berplalte. Sollte diese Bemerkung eine gegriindete Thnfsachc sein, 80 wfirde sie zu bemeisen scheinen, (€ASS die EleIitricil;it bei diesem merkwiirdigcn Phiinornet) eine Rnlle spiele.

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Arago, ub. d. Daguerrotpp. 223 Die Platte muss vorher mil Bimssfein abgerieben and dann

mit verdiinnter Salpetersiisra $eiVasChen werden. Dieser vor- theilhafte Eiafluss, den die Salpetersiiure ausubt , kiinnte viel- leicht, nach der Meinung des Hrn. P e l o u x e , d a r d beruhen, dass dadurch die letzten Kupfertheilchen von der Oberfliiche des Silbers entfernt werden. Obgleich die Dickc der gelben Jod- silberlage nsch verschiedencn W-Sgungen des Hrn. D u III a s nicht ein Milliontel eines Millimeters uberstcigen zu kijnnen scheint, so kommt doch sehr vie1 darauf an , dass diese Lage, um die Schatten - und Lichtabstufuagen vollkommen zii machen, voll- kommen glcichmiiasig sei. Hr. D a g u e r r e verhindert, dass sich das Jod mehr an den Itiindern als in der Mittc absetze, intlem er die Platte auP eine fingerbreite Einfassung von dem- selben Metalle legt, die man auf die hiitserne Unterlage, auP der das Ganze ruht, mit Nigeln befestigt. Man kann sich noch nicht hinreichend deri Grund dieser Erscheinung erklgren.

Nicht weniger geheimnissvoll ist folgender Umstand : Will man, dass das Bild den grijsstcn Effect in der gewiihnlichen Stcllung der Bilder macht, also in der verticden, so ist es nothwendig, dass man die Platte unter einen Winkel von 450 den anfsteigenden Quecksilberdiimpfen aussetzt. Legt man sie horizontal dariiber, so muss man das Bild unter einem Winkel von 450 betractitem, um den griissten Effect desselben wahrzu- nehmen.

Sucht man das eigenthiimliche Verfahren des Arn. La- g u e r r c zu erkliiren , so drlngt sich unmittelbar die ldee auf, dass das Licht in der Camera ohscura die Verdumpfung des J o d s dort bewirlit, wo es dic goldgelbe FlBche trifft; dass dort das Metall eiitbliisst wird j dass der Quecksilberdampf auf die entbliisste Stelle einwirlit und wiihrend der zweiten Ope- ration dort ein weisses und mattes Amalgam erzeugt; dass die Wasctiung mit unterschwefligsaurem Natron die chemische Wir- kung hervorbringt , dass sie das Jod, mekhes das Licht nicbt ent- fernt hat, fortgenommen hat, und die artistische, dass diese nun entbliissten Stellen epiegeln und schwarz erscheinen mussen.

Bei dieser Theorie bleiben indessen die unziihligen und so wonderbar abgestuften Mitteltiirie der Zeichnung unerkliirt. Eine einzige Thatsache wird ubrigcns hiureichend beweisen, dass die Sache nicht so einfach ist.

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22 -1. A r a g 0 , iib. d. Doguerrotyp.

Ueberzkht sich die PIafte rnit der goldgelben Lage dcs Jodsilbers, so nimlnt sic in keiner beinerkbaren Art an Gervictit zu. Die Vemehrung des Gewichts ist dagcgen sehr bemerlibar nach deln Einflusse der Quecksilberdiimpfe. Rr. P e I o u z e hat sich iiberzeugt , dess nach der Waschung mil unterschtveflig- saurem Natron die Platte ungeachtet des Amalgams s u e der Oberfliiche, zceniyer rirytals ??or dcm Srginnen der gansm Opera- lion. Das untersclirvcfligsaure Salz nimmt also Silber mit fort, was auch die chernische Untersuchung der Fllssigkeit nechwies.

Urn Reehenschaft von, den Lichteffeclen der D R g u e I re'- schcn BiItIer zu geben , scbeint es EU gettugen, anzunelimerz, dass sich die Silbcrpltitte wiihrend der Einwirkung der Quecli- pilberdiimpfe rnit Amrlgnmkugelchen bedeclie, dass diese Kii- gelcticn euP den Lichtstellen setir gehiiuft seien, sich in d c u Miltcltun'en sehr vermindern und endlich auf den dunliein Stel- len gana verschwinden. Diese physikolische Conjectur hat sich bcstiitigt. Rr. D u m a s hat rnit Mulfe dcs Mikrosliops entdeclik, dass die hellen und schrv8cher erleuchteten Stellen wirltlich durch liteine Iiiigelchen gebildet wertlen , deren Durchmesser ihm untl dem 1Irn. A d o l p h R r o g n i a r t ganz regelm:issig & eines Millimeters zu sein schien. Weslialb aber ist die Nei,- gung der Platle yon 440 nolhweddig in dem Sugenbliclie, u'o sic11 dcr Quecksilberdampf darauf niederschliigt?

Iliilt man mit Hrn. D a g u e r r e diese Reigung Piir uner- Iasslich , so scheint diess die Mitwirkuag lirpstnllinischer xn- deln anzuzeigen, welche in eiricm vollliomrnen fliissigen oder halbflussigen Medium iinmer in verlicaler Richtung entstiinden, erhiirteten und sich grupyirten, und auf diese Weise gegen (lie Platte eine Neigung erhiellen, welche vou der Lage abhsngt, in die man die Platie selbst bringt.

Man w i d vielleicht Tausende von herrlichen Zeichnungetr mit den Doguerrotypen ausfiihren-, ehe man die dubei stliltfin- dendcn Vorgiinge gcnau erltannt haben wid.

Die schrviichsten Lichtstrahlen iiben sclion einen Einfluss auP den Grund der Plntte Bus, und der Effect ist so schnell, dnss die Schatten nicht Zeit hsben, sich bemerkbar zu verfin- dern. Die Resullate sind sicher, wenn man die eiiiBchen at)-

gefuhrten Vorscbriften befdgt. Erlrllich werden die einmal dar- gesteilten Bilder durch jahrelarige Einivirliung der Sonnenstra!i-

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Arago, iib. d. Daguerrotyp. 2a5

len weder in ihrer Reinheit, noch i n ibrem Glanze, noch in ih- rep Harmonie gestiirt.

E in jeder, dcr die Bilder gesehen, wird daran denken, welchen unendlichen Nutzen man ans diesem Verfahren wsh- rend der agyptisclien Expedition gezogen baben wiirde; ein jeder wird sich von der Idee iiberrascht fiihlen, rvenn im Jahre 1798 die Photographie bekannt gewesen wiire, wie man heute die treuen Abbilder der agyptischen Embleme besitzen wiirde, deren die gelehrte Welt durch die Habsucht der Araber, den Vandalismus gcwisser Reisenden fur immer beranbt ist.

Urn die Millionen und nber Millionen VOH Hieroglyphen zu copiren, welche selbst das Aeussere der grossen Monu- mente in Theben, Memphis, Karnak bedecken, wiirden Legio- nen von Zeichnern 20 und mehrere Jahre braochen. Mit dem Daguerrofyp limn ein einzelner Mensch in liurzer Zeit diese ungeheure Arbeit vollendy. - -

Es fragt sich, ob die Kunst selbst von diesem Verfahren einen Nuken zu erwarten hat? Hr. P a u l D e l s r o c h e wird diese Frage beantworten. Dieser beruhlnte Maler sagt unter Anderm dariiber : ,,Das Verfahren des ]Urn. D a g u e r r e ruft einen sehr wesentlichen Fortschdt i n der Vcrvollliommnung ge- w i s e r wesentlicher Erfordernisse der Kunst hervor und wird selbst fur die geschicktesten Maler Gegenstand der hiichsten Aufinerlisamkeit werden. - - Der Maler wird in diesem Ver- fahren ein Mittel besitzen, um Sammlungen von Studien zu machen, welche er sonst nur in langer Zeit, mit grosser Muhe und weniger vollliommen sich wiirde verschaffen kijnnen, wie gross auch immer sein Talent seiu miichte." - Nachdem er mit schlagcnden Griinden die Besorgnisse derer widerlegt hat, welche sich einbildeten, die Photographie wiirde den Kiinst- lern und namentlich den Kupferstechern schaden , schlicsst Hr. D e 1 a r o c h e mit den Worten : ,,Mit einem Worle, die bewnn- derungswurdige Entdeckung des Hrn. D a g n e r r e ist ein un- endlicher Dienst, den er der Kunst geleistet hat." - -

Wir wollen jetzt dieFrage betrachten, ob dss Daguerre ' - sche Verfahren geeignet sei, allgemeine Anwendnng zu finden. -- Es wurde ohne Zweifel fiir den Reisenden einen

bedentenden Vorzug besitzen , wenn er sich stalt der Metall- platten des Papiers bedienen kijnnte, Hr. D a g u e r r e richtete

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in der That zuerst seine Aufmerksamkeit auf Papier, welches mit Chlorsilber oder salpetersnurem Silberoxyd getriinkt warden w a r ; aber die geringere Empfindlichlreit, das Zusammenfliessen der Bilder, die Unsicherheit des JCeseltates, der Umstand, dass die hellen Gegenstiinde auP dem Papiere schwars und die dunkeln hell erschienen , mussten eirien so geschickten Kunst- ler entmuthigen. - Der Preis der l)-letallplatten des Hrn. D a g u e r r e, nlmlich 3 - 4 Franken (ungefiihr i Thlr.), scheinf freilich ein wenig hoch; doch kann man dieselbe Platte, nach Vertilgucg des Bildes, sehr oft wieder brauchen. Das Ver- fahren ist an und fur sich SO einfach, dass es ein jeder, dcr auch darchsus nicht zeichnen kann und sonst wenig manuelle Gescliioklictikeit besitzt , doch ausfuhren kann, und z w a r eben 0 g u t wie Hr. D a g u e r r e selbst. 10-19 iMinuten sind in dustern Wintertagen kaum nijlhig, um die Ansicht eines Monu- ments, eines Stadltheils, einer Gegend aufzunehmen. Im Som- mer, bei schijnem Sonnenschein , kann die Zeit aul die Lliilrle verkurzt werden, und in siidlichen Gegenden werden ohne Zweifel 2 -3 Mioriten vollliornmen hinreichen; d. h., diess ist smmer nur die !h i t , welche die Ylafte in der Camera o6scura liegen muss. Die iibrigen Operalionen werden f oder Q Stunde erfordern, und die Personen, welche glauben, auf dem Post- wagen jede schone Gegend damit aufnehmen zu kiinnen , sind Sehr im Irrthume.

Wie denn aber auch eine jede Sache ibre Miingel hat, so finden wir aucli bier dereri, und namenllicti in der ungemeinen Zartheit der Bilder , welche durcb Reiben, Betupfen, Presseo, Rollen u. 6. w. unwiderruflich eerstijrt werden wurden; es wird jedoch auch lieinem Menschen einfallen , ein Spitzcn- band zu zerren und einen Schmetterlingsfliigel zu biirsten. In- dessen schien mir dieser Umstand ein ernsthaftes Hiriderniss fur d ie Verbreitung des Daguerrotyps zu sein. Schon wiihrend der Verhsndlungen in der Kammer uber diesen Gegenstand drnng ich dsrauf mit Ungestiim, zu versuchen, wie d ie Wirkung ei- nes Firnisses auf die Zeichnungen aeirt mijcbte. Hr. D a g u e r r e war wenig geneigt, etwas aufzunehmen, was der artistischen Schonheit seiner Bilder, wenn auch niir im Geringsten, nach- theilig sein kiinnte. Ich w w d t e mich daher an Hrn. D u m a s . Dieser beruhmte Chemiker fand, d w s die Bilder gefirnisst wer-

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Arago, iih. d. Daguerrotyp. 227

den kiinnten. Es genugt, die Platten in eine siedende Auflijsung eines Theiles Dexfrins in fiiraf Theilen Wasser zu tauchen. - Hr. D u m a s h n d iibrigens, dass der Firniss der Harmonie des Bildes keinen wesentlichen Eintrag thut.

Die D a g u e r r e’sche Platte ist vie1 empfindlicher gegen die Wirkung des Lichts als alle andern bisher bekannten Subsfan- Zen. Niemsls konnten die Strahlen dea Mondes, wir wollen nicht einmal in ihrem natiirlichen Zustande sagen, sondcrn concentrirt, im Brennpuncte der grossten Linse, im Brennpuncte des griissten Hohlspiegels einen bemerkbsren physikalischen Ein- druck bervorrufen. Die D a g u e r r e’schen Platten indessen blei- chen sich unter dem Einflusse dieser Strahlen und der spiitern Behandlung so sehr , dass wir hoffen diirfen , photographische Karteri von unserm Trabanten zu erhalten und dadurch in wenig Minuten eine Arbeit auszufiihren, welche bisher z u den schwierigsten Arbeiten der Astronomie gehiirte.

Ein wichtiger Zweig in den Wissenschaften der Beobach- tong und der Berechnung, die Photomelrie, hat bis jetzt nur we- nige Fortschrilte gemacht. Der Physilier kana wohl die ver- biiltnissmlssigen Intensitiiten zweier benachbarten Lichter ver- gleichen, die er zu derselben Zeit beobachten kann; man hat aber nur sehr unvollkommene Mittel, wenn die Bedingung der Gleichzeitigkeit nicht vorhanden ist. Die kiinstlichen Verglei- chungslichter, z u denen der Beobachter dann seine Zullucht nehmen muss, sind seIten von der erforderlichen Dauer ond Gleichfiirmigkeit; selten, und namentlich wenn es sich um Ster- nenlicht handelt , haben unsere kiinstlichen Lichter die erfor- der!iche Weisse. Daher ruhren die grossen Verschiedenheiten in den Angaben der geschicktestcn Beohachter iiber das Ver- baltniss der Helligkeit der Sonne, des Mondes und der Sterne. - Wir stehen keinen Augenblick an, es aoszusprechen, dass die Entdeckung des Hrn. D a g u e r r e die Fortschritte in dieser Wissenschaft, welche dem menschlichen Geiste am meisten Ehre macht, beschleunigen wird. - M a n wird im Stande sein, die absolute Helligkeit der Sterne beobachten zu kiinnen. - Die Astronomie wird die griissten Vortheile aus dieser Entdecliung &u ziehen im Stande sein $3).

$9 Hr. A r a g o fiihrt die Anmendung des Daguerrotgps in diesen physikalischen Wissenschnften sehr weitliil1fig aus. Wir verweisen

3 6 $7

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928 A r ago, ub. d. Daguerrotyp.

Be! dem Mikroskope wird in gleicher Ansdehnung der Dagrierrotyp seine Anwendung finden, und durch einen merk- wiirdigen Umstand auch in der Meteorologie. Rr. D a g u e r re hat niimlich bemerht, dass die Morgen- und Abendstunden, wel- che gleich weit von tlem Mittage entfernt sind, in denen also die Sonne such gleich hoch iiber dem Horizonte steht, dennoch nicht gleich gunstig Ciir die Anfertigung der Licbtbilder sind. so bildet sich in allen Jahreszeiten bei fast vijllig gleichschei- nenden Bedingungen in der Atmoyhiire ein besseres Bild um 7 Uhr Morgens als urn 5 Uhr Nachmittags, urn 8 Uhr Morgens 81s um 4 Uhr Nachmittags, urn 9 Uhr Morgens aIs um 3 Uhr Nachmittags. 1st diese Thatsnche v5llig festgestellt , so giebt es fur den Meteorologen eine Beobachtung mehr iiber das Ba- rometer, Thermometer u. s. w. Dieser Umstand muss freilich auch eine Schrvierigkeit i n der Anmendung des Daguerrofyps als photometrjscbes Miltel hervorrufen.

Eine andere Schmierigkeit biclet sich dar, wenn man ihn zum Portraitiren anwenlien will. Es werden 2 augenscheinlich nnvereinbare Bedingungen dazu erfordert. Damit das Rild ge- linge, ist es niitbig, dnss die Person 4 -5 Minuten vollig un- beweglich bleibe und zugleich im aolfrm Sonnerilicltie sich be- finde; diess wird bei jeder Person ein fortw5hrendes Blinzeln hervorrufen, sie wurde Grimassen machen und dns Ansehen wiirde giinzlich verfinrlert werden.

Gliiclilicher Weise hat Ilr. D a g u e r r e bemerkt, dass das Jodsilber durch die Slrahlen, welche durch gewisse blaue Glii- ser gehen , fast dieselben photogenischen Versnderungen erlei- det, als wenn dcr Lichteffect total ist. Man braucht also nur zwischen die Person, welche sitzt, und die Sonne ein solches blaues Glrs zu bringen , urn in fast ebcn so schneller Zeit, als ob das Glas nicht da wiire, ein gutes Portrait zo erhallen.

Die Erfindung des Hrn. D a g u e r r e nimmt also unser In- teresse in vierftlcher Weise in Anspruch, von der Seite dec Neuheif, der arfistischen Wiafifigkeit, der sctinellcn Ausfiihrung nnd der wissenschnrtlichen Zlulfsquelle. - -

Man hat gefragt, ob e s nicbt moglich sein miichte, anstsit

den Leser, welcher sic11 damit niiher bekannt machen will, auf das Original, da die wiirllicbe Uebersetzung hier zu weit abfiiliren niirde.

(D. Red.)

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-4 rago, iib. d. Dagiierrotyp. 229

der blossen Schattirungen fertiye Bilder zu erhalfen? Diess Problem wird gelijst sein, wenn man eine Substanz entdecken u i rd , welche durch die rothen Strahlen roth, durch die blauen blau, die gelben gelb U. S. W. gefiirbt wird. N i 6 p c e deutete s,chon Wirkungcn der A r t an; s e e b e r g gleichzeitig bemerkte ro[ht: lind viob[te Fiirbung des Chlorsilbers, und Sir J o h n H c r s c h e 1's Papier, wclches nach und nach alle prismatischen Farben, bis auf das Roth, anninmt, deutet gleichhlls auf die M(jg1ichkeit der Realisirung dieses Wunsches hia.

Hr. D a g u e r r e selbst hat bei seinen ersten Versoohen iiber die Phosphorescenz ein Pulver entdeclit, wclches dieselben Far- ben ausstrahlte, von denen es beschienen worden war. Viel- leicht wird es miiglich sein, diess durch Mischen mit eioem Ilarze zu photogenischen Zwecken zu benutzen.

Bei Gelegenheit des erwiihnten Firnisses aus Dextrin macht Hr. Baron v. S i l v e s t r e die Bemerkung, dass e r sich dieses Mittels schon seit selir langcr Zeit auch als Firniss bei Oel- gemiilden, Aquarcllcn , Ililhographien Bleistiftzeichnungen bc- diene. Man kma diis Dextrin auch als Mundleim anwenden. 2 Theile Dextrin auf 6 Th. Wasser geben einen g q e n Firniss, gleiclre Theile einen guten Leim; ztim Firniss setzte er noch 1 Th. Alkohol, zum Leime 6 Th. hinzu. Yor der Anwendung des Pirnisses muss dieser erst immer iiltrirt werden. Hr. Sil- v e s t r e hat sein Verfi~hren in dcm Bullelin de la Societd d'en- couragemen& your l'Iiidustrie nationale, 2. AoGt rLS37 beschrie- ben CCornpl. rend. ibid. p . 291).

Von den unziihligen Reclamationen Piir die D R g u e r r e'- sche Erfintlung, die bis jelzt schon geltommen siiitl und sphter noch Itommen werden, erwjilinen wir hier nix eine, deren Werth man nicht so leicht entscheiden kann, wie den der ubrigen, z. B. der T a 1 b o t'schen u. P. w., von dessen Bildern Sir J. B e r s c h e 1 sagt, dass sie sich zu den D a g u e r r e'schen ,,\vie Kinderspiele zu Meisterwerken" verhielten. In einem vor Icurzem der Pn- riser Akrdemie zugegangenen Gchreiben wird gesrtgt, dass irn Jahro 16S6 durch M a r c 0 A n t o n i o C e l l i o eine neue Me- (hode aufgefuunden worden sei, mittelst des Sonnenlichts Zeich-

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Fremy, iib. d. Balsame.

nungen xu entwerpen, ohne selbst zeichnen an kijnnen. Hr. Li- bri hat sich eine Abschrift des Aufsatzes von C e l l i o ver- schi-tfft, welcher sich in der Bibliothek des Vaticans befindet, nnd gefunden, dass darin nur ein Verfahren beschrieben ist, die Bilder der Camera obscura mit der Hand nachzuzeichnen, dass aho das Verfahren von C e l l i o und D s g u e r r e inNichts iiber- einkommt CCompt. rend. iba'd. p . 2891.

XXXIl. Ueber d i e c h e m i s c h e n E i g e n s c h a f t e n d e r

Balsam e. V o n

E D M U N D F R E M Y .

(Ann. cts Cliini. et ds Phys. T. LXX, p . I80.j

Die verschiedenen uber die Balsame crschienenen Abhand- lungen hi-tben bis jetzt zum Zweck gchabt, deren Ursprung , die Anzabl der in ihnen enthaltenen unmittelbaren Stoffe und die Mittel, sie von einander abzuscheiden, kennen xu lehren. Im Allgemeinen aber hat man sich w-enig mit dem chemischen Stu- dium dieser Kijrper von so zusammengesetzter Xakr hefasst.

Es ist bekannt, dnss die Balsame i m Allgemeinen durch ihren Gehalt an Benzo6siiure charskterisirt sind. Um zu zeigen, wie unvollsfiindig unsere Kenntnisse von den Balsamen sind, will ich voraus bemerltcn, dsss der Perubalsam unri der Tolubnlsain, in denen man Benzoesiiure zu finden geglnubt hatte, keine entbalten. Ich glaube fibrigens, dass die Thatsachen, welche ich snfuhren will, hinreichend die Stelle angeben wer- den, welche die Balsame i n der Reihe der orgnnischen Vcr- bindnngen einnebmen miissen.

Ein Balsam ist im Allgemeinen ein Gemengc von mehre- ren Kijrpern. Betrachtet man die von Gu i b o u r t bekannt ge- machten Analysen, so sieht man, dass mart in den Rnlsarnen Benzoesiinre, ein fliichtiges Oel und Harze von verKndcrlicher Consistenz flndet. Aber die Balsame sind keirie constanten K6r- per. Ihre Eigenscharten andern sich von Tage an Tage, sic werden allmiihlig dick und einige werden zuletzt ganz fest. Ohne Zweifel sind diess Modificationen, deren Untersuchung von