der computer als werkzeug und seine didaktische reduzierbarkeit
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Der Computer als Werkzeug und seine didaktischeReduzierbarkeitBLEICKE EGGERSPublished online: 15 Oct 2007.
To cite this article: BLEICKE EGGERS (1986) Der Computer als Werkzeug und seine didaktische Reduzierbarkeit, EuropeanJournal of Engineering Education, 11:2, 191-198, DOI: 10.1080/03043798608939296
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European Journal of Engineering Education, Vol. 11, No.2, 1986 191
Der Computer als Werkzeug und seine didaktischeReduzierbarkeit
BLEICKE EGGERS
ZUSAMMENFASSUNG Es werden Probleme der Didaktik des Computers als Paradigmader Technik und ihrer Legitimitiit erimert. Der Begriff der didaktischen Reduktion wirddiskutiert und eine maximale didaktische Reduktion des Computers und eines Programmbeispiels werden vorgestellt. Motivation dafia ist die Frage nach einer didaktischadtiquaten Darstellung des Computers und seiner Programmierung flir jeden engagierten,vom Computer-Einsatz gravierend Betroffenen, der flir die Beurteilung der Legitimitiitvon Technik technisches Grundwissen benotigt.SUMMARY Taking the computer as a paradigm of technology, and the justification ofengineering sciences we discuss problems ofsubject-oriented didactics of computer science.The didactic reduction of a subject of instruction is introduced. A didactic reduction ofthe computer and a programming example are demonstrated. The reduction is maximalin the sense that the abstraction from technical details is maximal too. The motivation fordiscussing this issue is the problem of an adequate presentation of computers and theirprogramming for those people who feel severely affected by computer applications, andwho don't have any idea of the functioning of automata, but nevertheless want to acquirea minimal knowledge of their technical properties.
1 Einleitung
Die rasche Entwicklung der Technik erfordert zunehmend eine Bewertung ihrerAnwendungen und eine Kontrolle ihrer theoretischen Fundierungen mit der generellenZielsetzung ihrer politischen Beherrschung. Eine Charakteristik jeder Technik ist nurmoglich, wenn sie nicht von ihren Verwendungszusamrnenhangen abstrahiert: Technikist zweckbestimmt und wird als Mittel der Politik genauso eingesetzt wie zurBefriedigung individueller Bediirfnisse; andererseits ergeben sich aus der Entwicklungund Anwendung von Technik tiefgreifende Veriinderungen individueller, gesellschaftlicher und natiirlicher Lebensbereiche, von denen die meisten irreversibel sind.
Jede Didaktik technischer Lehrgegenstiinde muB daher sowohl den Funktionen alsauch der Aneignung in geniigendem MaBe Rechnung tragen. Sie muB also insbesondere Zusammenhiinge zwischen den Funktionen eines technischen Gegenstandes undihrer Aneignung erschlieBen, aufbereiten und darstellen. Das schlieBt die Erorterungdessen ein, was ein Anwender eines technischen Produkts von dessen Funktionen undihren theoretischen Fundierungen wissen bzw. verstehen muB, damit man ihm Kompetenz und Kritikfahigkeit im Umgang mit dem Produkt zusichern kann. Dariiberhinaus muB aber auch die Fahigkeit zur Kritik von technischer Innovation sowie vonMerkmalen der Konstruktion und Fertigung gefordert werden. Umweltvertragliche
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Technik, Ergonomie bzw. Humanisierung der Arbeitsprozesse sind Beispie1e fiir dieentsprechenden Begriindungen. Die umfassende Fragestellung lautet allgemein: Wasist die gesellschaftliche Legitimation der Ingenieurwissenschaften und was sind ihreKriterien?
Da die durch den sogenannten Fortschritt der Technik bedingte Entwicklung derProduktions- und Reproduktionsverhiiltnisse von Gesellschaft und Natur sich mitzunehmender Beschleunigung veriindern - der Einsatz von Technik hat einen selbstapplikativen Effekt auf ihre Entwicklung-, wird die Forderung nach vermittelbarenKriterien sowohl fur eine kritische Aneignung als auch fur eine vernunftbegriindeteVerweigerung des Einsatzes oder gar der Entwicklung technischer Produkte immerdringlicher. Deshalb bediirfen Innovation, Konstruktion, Anwendung und Aneignungvon Technik einer detaillierten didaktischen Analyse.
Man wird nicht erwarten Konnen, daB die gesamte Didaktik der Ingenieurwissenschaften unter EinschluB ihrer gesellschaftlichen Legitimierung Gegenstand der vergelegten Anhandlung sein kann. Vielmehr wird exemplarisch ein technisches Produktbetrachtet, dessen Einsatz aile gesellschaftlichen Lebens- und Arbeitsbereiche tiefgreifend und beschleunigt veriindert: der Computer.
1m Zentrum der theoretischen Erorterungen steht der Begriff der didaktischenReduktion des Computers als Lehrgegenstand auf ein Profil von durch Nutzung undFunktion definierter Betroffenheit gesellschaftlicher Gruppierungen.
Der Computer ist ein universeller Automat. Er ist technisch universell, weil jedeKalkulation einer Handlung oder einer Entscheidung (Berechnung einer Funktion odereines Priidikats) prinzipiell von einem Computer ausgefiihrt werden kann-These vonChurch [2]. Er ist pragmatisch universell, weil die durch ihn bedingten Automatisierungen aile Lebens- und Arbeitsbereiche der Gesellschaft erfassen. Die damit verbundene umfassende Betroffenheit impliziert daher die Frage nach einer allgemeinenRationalitat des Verstiindnisses der Funktionen des Computers, ihrer Analyse, ihrerAufbereitung, ihrer Darstellung sowie ihrer Vermittlung.
Ein Versuch einer Darstellung des Computers aus der Sicht universeller Betroffenheit soil eine Anwendung sowie die Angemessenheit des Begriffsexplikats der didaktischen Reduktion zur Diskussion stellen. Fiir die Erorterung der Frage nach einerallgemeinen Rationalitat des Computerverstandnisses und ihrer Darstellung gibt esmindestens zwei gewichtige didaktische Griinde:
(1) die Differenz der Anzahlen universell Betroffener (aile) und technisch Betroffener (Konstrukteure und Systemprogrammierer: wenige) ist maximal; in diesem Sinnekann die didaktische Reduktion sinnvoll als maximal definiert werden;
(2) es gibt eine Fiille an kritischer Literatur iiber den Einsatz des Computers;aber-nach bestem Stand des Wissens des Autors-wird nirgends darin der Versucheiner elementaren, allgemeinverstiindlichen Darstellung des Computers gemacht.
2 Der Begriff der didaktiscben Reduktion und der Computer als didaktiscbesParadigma der Tecbnik
Didaktik ist die Theorie der Bildungsinhalte. Ihre wesentliche Funktion ist die derDarstellung von Wissen mit dem Ziel seiner Vermittlung. Die didaktische Beherrschung von Wissen setzt selbstverstandlich dessen Aneignung voraus. Sie erfordertaber dariiberhinaus die Kompetenz zu seiner Strukturierung derart, daB die Strukturmit den Bedingungen der Wissensaneignungen vertriiglich ist. Eine Implementierungsolcher Strukter heiBt Curriculum. Es beschreibt die Logik und zeitliche Systematikdes zu vermittelnden Wissens. Zur Darstellung und Vermittlung von Wissen gehoren
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auch die Benennung des Lehrgegenstands und die Bestimmung der anzustrebendenQualifikationen (Lehrziele). Letztere sind-technologisch betrachtet-wesentlichdurch die gesellschaftlichen Funktionen des technischen Produkts sowie durch dasjeweilige Berufsbild objektiv bzw. ideologisch gepragt (siehe dazu Eggers/Zimmermann [3]).
Nun hat jeder technische Gegenstand eine mehrfache Charakteristik. Zu ihrgehoren stets mindestens seine durch Zweckbestimmung vorgegebenen Anwendungsbereiche (Pragmatik), seine Realisierungen (Konstruktion und Implementierungen)sowie deren theoretische Fundierungen (Mathematik und Naturwissenschaften). DieseCharakteristik ist aber wesentlich unvollstandig. Denn-wie oben bereits erwahnt-s-gehort zur Technik deren gesellschaftliche Legitimitat, Es ist an dieser Stelle wegen desengen Rahmens objektiv und mangels eigener Kompetenz subjektiv unmoglich, einBegriffsexplikat fur die gesellschaftliche Legitimitat von Technik zu geben. Vielmehrsoli mit einem Beispiel pars pro toto die Problematik der Technik-Legitimationerlautert werden, und zwar aus zwei Griinden. Erstens soli demonstriert werden, daBTechnik nicht wertneutral ist. Denn Technik hat nicht nur einen Gebrauchswert,sondern auch zunehmend globale Wirkungen, die ihrerseits zu Instrumentarien politischer Herrschaft werden (Eureka, SDI). Zweitens stellt die Diskurswelt, in der dieLegitimitat von Technik erortert werden muB, die oberste Betrachtungsebene allerTechnik-Ontologien dar. Sie ist also ihr Supremum, in dem die Abstraktion vontechnischen Details ebenso wie die Anzahl der Betroffenen maximal ist.
Als Beispiel betrachten wir den Einsatz von Technik in der Riistung. Wirabstrahieren dabei vollig von den technischen Realisierungen und beschranken unsausschlieBlich auf die wirkungsbedingten politischen Funktionen (Fiir eine ausgezeichnete Zusammenfassung der Riistungstechnik und ihrer strategischen bzw. taktischenBewertungen siehe Spektrum der Wissenschaft: Verstandliche Forschung [I].)
Die politische Beherrschung moderner Waffensysteme und ihrer Pragmatik wirdimmer schwieriger. Ihre gewaltige Zerstorungskraft und ihre nicht linear wachsendetechnische Kornplexitat lassen sie mehr und mehr zur politisch dominanten EinfluBgroBe werden. Das bewirkt eine Substitution von politischer Rationalitat durchtechnische Funktionalitat. Die-politisch sehr gefahrliche-s-Folge ist: Statt politischerKriterien und ihrer Anwendung mit dem Ziel stabiler Koexistenz tritt Abriistung mitzunehmendem Gewicht in den Vordergrund politischer Auseinandersetzungen; Abriistung wird sogar zur zeitlich notwendigen Voraussetzung fur jede politische Verstandigung unter EinschluB rationaler Bewertung unterschiedlicher gesellschaftlicher Systeme. Dies hat eine globale Forderung von Technokratie zur Folge. Das ist eineHerrschaftsform, fur die ein Primat des Einsatzes, ja sogar der Entwicklung vonTechnik fur politische Zweckbestimmung konstitutiv ist, da ihre Grundideologiedavon ausgeht, daB politische Probleme sich mit technischen Mitteln losen lassen.
Es gibt viele gewichtige Griinde fur die These, daB technokratische Handlungsmaximen destabilisierende Wirkungen auf die Politik haben (siehe dazu die Diskussionen um die Mebfachsprengkopfe MIRV von H.F. York oder iiber die Marschflugkorper von K. Tsipis in [1]). Der Computer spielt diesbeziiglich eine besondere Rolle.Er dient als Werkzeug zur Automatisierung von Kriegshandlungen und Kriegsentscheidungen. Nun hat kiirzlich D. Parnas-einer der prominentensten Computer-Wissenschaftler der U.S.A.-nach anfanglicher Mitarbeit in der SDIO (Strategic DefenseInitiative Organization) seine Mitarbeit unter Angabe detaillierter veroffentlichterBegriindungen aufgegeben [6]. Eines seiner Hauptargumente gegen das SDI-Programm: SDI kann nicht realisiert werden, da die dafur notwendige Computer-Techniknicht beherrschbar ist. Sollten seine Argumente stichhaltig sein und sollte das SDI-
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Programm-wie erwarted werden muB-fortgefiihrt werden, dann kann man schlieBen: Erstens ist die Computer-Technik in diesem Projekt illegitim, denn das Projektgefahrdet das Uberleben der Menschheit. Zweitens ware die Fortfiihrung des Programms ein gewichtiger Beleg fiir die These von der Technokratie.
SchlieBt man sich nun als Computer-Wissenschaftler dem Urteil von D. Parnas anund will man politisch dafiir eintreten, daB SDI nicht verwirklicht wird, dann muBman sich fragen, mit welchen Argumenten der Technokratie des Computer-Einsatzesbegegnet werden kann. Da Technokraten systemnotwendig primar technisch argumentieren, muB bei jedem Kritiker ein minimales technisches Verstandnis kompetentbeherrscht werden. Daraus ergibt sich fiir die Didaktik des Computers die Frage: Wasist eine optimal angemessene Wissensaufbereitung iiber den Computer fiir aile durchSDI Betroffenen? Oder allgemein: Was ist eine technisch maximal abstrakte Darstellung des Computers fiir aile Menschen iiberhaupt?
Die Bestimmung derjenigen Eigenschaften eines Lehrgegenstands, die eine adaquate Anpassung an die angestrebte Qualifikation des zu Unterrichtenden gewahrleistet, heiBt didaktische Reduktion des Lehrgegenstands. 1st die Qualifikation an einBerufsbild gebunden, so sprechen wir von einer didaktischen Reduktion des Lehrgegenstands auf das in Rede stehende Berufsbild.
Jede didaktische Reduktion des Lehrgegenstands Computer gibt den Grad derAbstraktion von Details an, die fur die jeweilige Qualifikation nicht relevant sind. Einedidaktische Reduktion ist umso grofler, je groBer die genannte Abstraktion ist. (Diesist eine qualitativ unwesentliche Abweichung der Quantifizierung in [3, S. 236].) Eineumfassende Charakteristik des Computers kann in diesem Rahmen naturlich nichtgegeben werden. Hier muB die Andeutung geniigen, daB dazu die Architektur (hardware), die Programmierung (software: System und Anwendung), die Anwendungen(Pragmatik), die Wirkungen (Nicht-technische Ontologien) sowie die oben behandelten Intentionen und Funktionen aller Herrschaftsbereiche gehoren. Fiir jede Dimension der Charakteristik gibt es sowohl spezifische oder selektive Funktionen desComputers als auch objektiv definierbare Betroffenheit des zu Unterrichtenden, diebeide Einfiuflgrofsen fur die zu bestimmende Qualifikation sind.
3 Eine maximale didaktische Reduktion des Computers
In diesem Abschnitt soli versucht werden, die Technik des Computers didaktischmaximal reduziert darzustellen. AnschlieBend wird das gleiche mit einem Programmierbeispiel demonstriert. Dabei wird keine der beiden didaktischen Reduktionenverifiziert, und zwar aus zwei Griinden: Erstens miiBte fur eine Verifikation einQualifikationsprofil vorgestellt und begriindet werden (Was muB jeder vom Computerwissen und warum?). Zweitens miiBten die Eigenschaften des Computers, die diedidaktische Reduktion bestimmen, benannt und ihre Anpassung an die Qualifikationgerechtfertigt werden. Beides zusammen ist keine leichte Aufgabe und wiirde sicherlicheine gesonderte Erorterung erfordern.
3.1 Was ist ein Computer?
Wir beginnen mit einem einfachen Werkzeug. Betrachten wir z.B. einen Stein. Er kannals Werkzeug fiir verschiedene Zwecke verwendet werden, z.B. werden Steine vongewissen Indianern im Arnazonas-Gebiet als Axt zum Fallen von Baumen verwendet.Eine moderne Art einer Axt ist aus Eisen gefertigt. Letztere erfiillt ihre Funktionbesser als erstere: Die Funktion eines Werkzeugs ist mehr oder weniger an den mit ihm
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auszufiihrenden Arbeitsvorgang angepaBt. Das Werkzeug kann mit einem Katalysatorverglichen werden: Es ist am Arbeitsvorgang beteiligt, den es mehr oder wenigereffektiv fordert, andert sich selbst aber nicht. Wir wenden uns nun der Maschine zu.Sie ist-zumindest im Sinne ihrer Erfinder-eindeutig an einen Arbeitsvorgang (spezifisch) oder an mehrere Arbeitsvorgange (selektiv) angepaBt. Ihre kennzeichnendeEigenschaft ist die, daB sie unter gleichen auBeren Bedingungen (Voraussetzungen)stets gleiche Wirkungen (Folgen) hat. Diese Eigenschaft nennt man das deterministische Verhalten der Maschine. Man kann dieses Verhalten als die Logik der Maschinebegreifen. Man nennt es auch die Funktion und sagt "die Maschine funktioniert",wenn sie sich nach den Vorschriften fur ihr deterministisches Verhalten regelgerechtverhalt, Als nachst hohere Organisationsstufe einer Maschine erklaren wir, was einAutomat ist: Ein Automat ist eine programmierte Maschine. Seine kennzeichnendeEigenschaft ist die Autonomie: Er fiihrt-einmal voreingestellt und gestanet-jedenArbeitsvorgang autonom, d.h. selbstandig und ohne Eingriff von auBen aus. Insbesondere beendet er auch jeden Arbeitsvorgang selbstandig nach Vorschrift des Programms.Ein elektrischer Herd kann daher im allgemeinen nicht als ein Automat angesehenwerden, ein solcher mit einer Automatik zur Voreinstellung der Beendigung einesKoch-Zoder Bratvorgangs dagegen wohl. Ein weiteres Beispiel ist ein Waschautomat.Hier handelt es sich eigentlich bereits urn einen Mehrfach-Automaten, denn er besitztmehr als ein Programm. Er stellt daher-genau genommen-eine Maschine dar, diemehrere Automaten in sich vereinigt.
Ein Automat, der, was die Vielfalt seiner Logik angeht, prinzipiell ein allmachtigerAutomat ist, kann nun durch Programmierung in die Lage versetzt werden, nach derLogik eines jeden Arbeitsvorgangs zu funktionieren. Ein solcher Automat ist derComputer: Ein Computer ist ein programmierbarer Automat. Seine kennzeichnendeEigenschaft ist seine Unioersaliuu: Er besteht aus einer Grundkonstruktion, genannthardware, die in der Lage ist, Programme, genannt software aufzunehmen. Einmalprogrammien, verhalt sich der Computer danach so, wie die Anweisungen des in Redestehenden Programms es dem Computer vorschreiben. Ein Computer kann nunbeliebig und stets neu programmiert werden. Dadurch stellt er prinzipiell einebeliebige Vielfalt von Automaten dar.
Wir miissen noch erklaren, was ein Programm ist. Das ist abstrakt denkbar einfach:Ein Programm ist eine Beschreibung eines Automaten. Die Programmierung einesComputers bedeutet also nichts anderes, als einen Automaten zu beschreiben. AusGriinden des deterministischen Verhaltens von Maschinen, also insbesondere vonAutomaten, ist die natiirliche Sprache wenig geeignet zur Beschreibung von Automaten. Ein Grund dafiir ist ihre Weitschweifigkeit, ein anderer ihre Moglichkeit, zweideutige Satze zuzulassen (nEr muB don sein und mein Geld Abheben"). Ein dritterGrund liegt darin, daB man fiir Automatenbeschreibungen im wesentlichen nurBefehle zur Beschreibung von Anweisungen, aber sicherlich kein VersmaB fiir Gedichte benotigt. Sprachen, deren Satze Programme sind, die also Automaten beschreiben, heiBen Programmiersprachen. (Es gibt iiber 1000 davon; BASIC, LOGO, FORTRAN und PASCAL sind Namen fur einige der bekanntesten Programmiersprachen.)
3.2 Was ist Programmierung?
Die Programmierung ist der Arbeitsvorgang der Beschreibung eines Automaten mitden Mitteln einer Programmiersprache. Sie ist von dem Arbeitsvorgang der Anwendungeines Programms,-genauer: eines programmienen Computers-zu unterscheiden.Beispie1sweise gibt es Programme, nach deren Vorschriften Computer die Lehne der
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Belegschaft von Betrieben berechnen und iiber sie automatisch Buch fuhren, Fursolche Programme gibt es Programmierer, die sie erstellen und implementieren, d.h.auf den Computer iibertragen. Benutzer dieser Programme sind dagegen aile diejenigen, die mit der Lohnabrechnung unmittelbar oder mittelbar zu tun haben, d.h. dieLohnabrechnungsstelle des Betriebs bzw. die Belegschaft.
Wir wollen nun den Vorgang der Programmierung an einem anschaulichen Beispielaufzeigen.
Gegeben seien beliebig viele gezeichnete Kreise, die sich beliebig iiberlagerndiirfen. Es muB nur mindestens einer sein (siehe Abb. I). Jede von den Kreiseneingeschlossene Flache heiBe Scheibe. Jeder Teil einer Scheibe, der zum Kreis selbst,aber zu keinern anderen Kreis gehort, heiBe Flache. Desgleichen heiBen aile TeileFlachen, die zweien Kreisen gemeinsam sind, aber nicht dreien oder mehreren, die dreiKreisen gemeinsam sind, aber nicht vieren oder mehreren, etc.
ABB. I.
Die Programmieraufgabe lautet nun: Beschreibe einen Automaten, der aile Flachenmit weiB oder schwarz so farbt, daB keine zwei benachbarten Flachen gleich gefarbtsind. Benachbart sind zwei Flachen genau dann, wenn sie ein Stiick eines Kreisumfangs, der nicht nur aus einem Punkt besteht, gemeinsam haben.
Die Losung der Aufgabe bedient sich folgender, menschlicherEinsicht entsprungenerMethode:
farbe eine beliebige scheibe weiB;fur jede weitere scheibe erledige folgendes:betrachte aile flachen der bereits gefarbten scheiben;betrachte dann aile diejenigen flachen, die durch iiberlagerung der neuen scheibe
mit den bereits gefarbten flachen entstehen und die zu dieser scheibe gehoren;farbe diese flachen kornplementar, d.h. wenn sie vor der Farbung weiB waren, dann
farbe .sie schwarz, sonst weiB;beende das Farben, wenn aile scheiben gefarbt sind.Zur Veranschaulichung werde das Programm ohne Erlauterung notiert. Genau
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genommen handelt es sich hier urn eine Befehlsfolge, die noeh weiterer Formulierungen von Einzelheiten bedarf, bevor ein Computer sie wirklieh verarbeiten kann, Diemathematisehen Symbole starnrnen aus der elementaren Mengenlehre. Das Programmsetzt voraus, daB der Compuer direkt auf dem Papier farben kann, was in der hiergeforderten Form nieht zutrifft. Dih., daB ihm die Seheiben erst in masehinengereehterDarstellung mitgeteilt werden miissen u.a.m.. Es sei nur soviel gesagt: Der Computeriibernimmt eine Besehreibung der Seheiben, farbt diese naeh Vorsehrift des Programms, und gibt die gefarbten Flachen mit der Bezeiehnung "Karte" wieder aus.
Programm:
erledigeungefarbt .- seheiben;gefarbt .- <1>;
flir aile k E ungefarbterledige
fur aile f E gefarbterledige
g.- f n k;farbe(g) .-7farbe(f);gefarbt.- (gefarbt-r if'[) U !f-g,gf;k .- k-f
basta;farbe(k) .- WEISS;gefarbt.c-gefarbt U !k}
basta;karte .- gefarbt
basta.
Programme werden vom Computer ausgefiihrt. Eine teilweise, doh. noeh niehtabgesehlossene Ausfiihrung ist in Abb. 2 dargestellt.
ABB.2.
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4 Zur didaktischen Reduzierbarkeit des Computers
Beobachtet man die rasante Entwicklung der Technik, der Programmierung und derAnwendungen des Computers, dann stellt man fest, daB die Darstellung des Wissens inder Informatik zunehmend schwieriger wird, d.h. auch die Didaktik des Computerswird mit der Zeit nicht leichter beherrschbar. Das liegt sicherlich auch daran, daB derComputer als Werkzeug ein sehr stark beschleunigender Katalysator der technischenErkenntnisgewinnung ist: Seine unvorstellbare Geschwindigkeit, seine ebenso immenseDatenkapazitat sowie die Tatsache, daB Versuche mit seiner Unterstutzung ihrerNatur nach abstrakt sind, also keinerlei zeitaufwendiger oder schwer realisierbarertechnischer Neukonstruktionen bedurfen, machen ihn zu einem Instrument, mit demman Konstruktionen und theoretische Planungen sehr schnell andern kann. Hinzukommt, daB Automatisierungen zunehmend selbst wieder programmiert werden: Automatisierungen werden selbst wieder Gegenstand teilweiser Automatisierungen. Folgtman nun der These, daB Analysen und Bewertungen der Pragmatik, der gesellschaftlichen Wirkungen einschlieBlich der Legitimitat ihrer Natur gemall schwierigere Problemstellungen sind als die der sie bedingenden Technik, so ergibt sich zwangslaufig,daB auch die Didaktik des Computers zunehmend schwieriger wird. Dieser Vorgangder wachsenden Diskrepanz von Compurer-Einsatz und der Folgeabschatzungen kanndaher erst dann wieder stagnieren, wenn der Computer-Einsarz sich in einem spezifischen Gebiet-vorwiegend okonomisch bedingt-einer Sattigung nahert,
5 Danksagung
Ich danke B. Mahr und K.-J. Werner fur die Programmieraufgabe. Helga Ruhle dankeich fur die rasante Anfertigung des Manuskripts auf dem Texr-Automaten undWolfgang Werner fur die akkuraten Zeichnungen der Scheiben.
LITERATUR
[I] ALBRECHT, U. et al. (1983) Riistung und Abriistung (Heidelberg, Spektrum derWissenschaft).
[2] CHURCH, A. (1936) An unsolvable problem of elementary number theory,American Journal of Mathematics, 58, pp. 345-363.
[3] EGGERS; B. & ZIMMERMANN, B. (1985) Zur didaktischen Systemanalyse deswissenschaftlichen Programmierunterrichts, Applied Engineering Education, I, pp.229-238.
[4] LAWSON, H.W. & NEUHOLD, E.J. (1983) Verstehen Sie Computer? (Mannheim,Wien, Zurich, BI Wissenschaftsverlag).
[5] KANT, E. (1985) Understanding and automating algorithm design, IEEE Transaction on Software Engineering, 11, pp. 1361-13 74.
[6] PARNAS, D.L. (1985) Software aspects of strategic defence systems, Communications of the ACM, 12, pp. 1326-1335.
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