der brustkrebs beim mann

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L~ngenbeeks Arch. u. Dtsch. Z. Chir., Bd. 281, S. 96--100 (1955). Aus der II. Chirurgischen Universit~tsklinik in Wien (Prov. Leiter: Prof. Dr. G. S&LZER). Der Brustkrebs beim Mann. Von H. BRUCK uad W. LOttBEK. (Eingegangen am 21. Mai 1955.) Im Zuge der Nachuntersuehungen der weiblichen 3~ammaearcinome sind wir im Krankengute unserer Klinik auch anf 12 Fal]e yon bSs- artigen Geschwiilsten der m~nnlichen Brust gestoBen. ~ber das Schick- sa] dieser Patienten soll im folgenden beriehtet werden. Unsere Naehforsehungen gewinnen insofern an Bedeutung, als bei uns beide Gesehleehter bis heute einer vSllig gleiehen Therapie unter- zogen wurden, so daft sieh recht gute Vergleiehsm6g]iehkeiten ergeben. Leider haben wir mit der in den letzten Jahren yon zahlreiehen Autoren (HEI~RMANN, ALI,EGRA, SOARFF und SMITK) angegebenen Hormon- therapie keinerlei Erfahrung. Daft Hormone jedoeh sieher]ieh eine ge- wisse Rolle beim miinnliehen lV[ammaeareinom spielen, scheint naeh den Arbeiten yon Me. CLtmE und ScA~F sowie SMIT~I ziemlich eindeutig. Ersterer stellte bei, wegen Prostataeareinom mit oestrogenen Hormonen behande]ten Patienten die Bildung yon malignen ,,Geschwiilsten" der Brustdriise fast und letztere konnten an 2 jungen M~nnern, die sieh in ihrem Beruf mit der Verpaekung oestrogener Hormone beseh~ftigten, ebenfalls bedrohliehe Epithelwueherungen in der Brustdriise aufzeigen. Auf der anderen Seite wieder bekande]t tIERRMA~N die Metastasen yon mi~nnlichen Brustearcinomen mit doppe]seitiger Orehidektomie und weibliehen Hormonen, wobei sieh zeigte, daft Knoehen- und Lungen- metastasen unter dieser Therapie giinstig beeinfluftt wurden, w/~hrend sieh Lebermetastasen als vSllig refrakt/~r erwiesen. Alle diese Tatsaehen geben aber bis heute noeh kein eindeutiges Bild der Beziehungen zwisehen dem Hormonstoffweehsel des ?r und der Ausbildung eines ~amma- eareinoms. Es w~re sieherlieh interessant, hier dureh weitere exakte Forsehungen Klarheit zu sehaffen, wobei jedoeh dieses Problem dureh die relative Seltenheit der in ~rage kommenden F/~lle reeht ersehwert werden diirfte. Die Hs des Careinoms beim Manne ist wesentlieh geringer als bei der ]~'rau und betr~gt in der Weltli~eratur zwJsehen 1 und 2 % aller Mammaeareinome. Auch hier diirfte ftir die Seltenheit, wie sehon GrLBERT 1933 an. deutete, wahrseheinlieh der verschiedene Hormonspiegel und die In-

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L~ngenbeeks Arch. u. Dtsch. Z. Chir., Bd. 281, S. 96--100 (1955).

Aus der II. Chirurgischen Universit~tsklinik in Wien (Prov. Leiter: Prof. Dr. G. S&LZER).

Der Brustkrebs beim Mann. Von

H. BRUCK uad W. LOttBEK.

(Eingegangen am 21. Mai 1955.)

I m Zuge der Nachuntersuehungen der weiblichen 3~ammaearcinome sind wir im Krankengute unserer Klinik auch anf 12 Fal]e yon bSs- artigen Geschwiilsten der m~nnlichen Brust gestoBen. ~be r das Schick- sa] dieser Patienten soll im folgenden beriehtet werden.

Unsere Naehforsehungen gewinnen insofern an Bedeutung, als bei uns beide Gesehleehter bis heute einer vSllig gleiehen Therapie unter- zogen wurden, so daft sieh recht gute Vergleiehsm6g]iehkeiten ergeben. Leider haben wir mit der in den letzten Jahren yon zahlreiehen Autoren (HEI~RMANN, ALI, EGRA, SOARFF und SMITK) angegebenen Hormon- therapie keinerlei Erfahrung. Daft Hormone jedoeh sieher]ieh eine ge- wisse Rolle beim miinnliehen lV[ammaeareinom spielen, scheint naeh den Arbeiten yon Me. CLtmE und ScA~F sowie SMIT~I ziemlich eindeutig. Ersterer stellte bei, wegen Prostataeareinom mit oestrogenen Hormonen behande]ten Patienten die Bildung yon malignen ,,Geschwiilsten" der Brustdriise fast und letztere konnten an 2 jungen M~nnern, die sieh in ihrem Beruf mit der Verpaekung oestrogener Hormone beseh~ftigten, ebenfalls bedrohliehe Epithelwueherungen in der Brustdriise aufzeigen. Auf der anderen Seite wieder bekande]t tIERRMA~N die Metastasen yon mi~nnlichen Brustearcinomen mit doppe]seitiger Orehidektomie und weibliehen Hormonen, wobei sieh zeigte, daft Knoehen- und Lungen- metastasen unter dieser Therapie giinstig beeinfluftt wurden, w/~hrend sieh Lebermetastasen als vSllig refrakt/~r erwiesen. Alle diese Tatsaehen geben aber bis heute noeh kein eindeutiges Bild der Beziehungen zwisehen dem Hormonstoffweehsel des ?r und der Ausbildung eines ~ a m m a - eareinoms. Es w~re sieherlieh interessant, hier dureh weitere exakte Forsehungen Klarheit zu sehaffen, wobei jedoeh dieses Problem dureh die relative Seltenheit der in ~rage kommenden F/~lle reeht ersehwert werden diirfte.

Die Hs des Careinoms beim Manne ist wesentlieh geringer als bei der ]~'rau und betr~gt in der Weltli~eratur zwJsehen 1 und 2 % aller Mammaeareinome.

Auch hier diirfte ftir die Seltenheit, wie sehon GrLBERT 1933 an. deutete, wahrseheinlieh der verschiedene Hormonspiegel und die In-

Der Brustkrebs beim Mann. 97

TabelIe 1.

2,1% GU~E~EZ und MO~SER~AT 1,25% SC~REI~ 1,24% HtlNT 1,24% G~LB EI~T 1,1% JIANA und A~zA 1,09% BRUCK und LOI~BEK 1 % GIACOBBE

aktivit~t der m~nnlichen Brust unter norma.len Ulnst~tnden verantwort- ]ich sein. Seltsamerweise konnten aber bisher keinerlei Beziehungen zwischen der Gyn~komastie und dem m~nnlichen Mammacareinom exakt nachgewiesen werden. Woh] betrachtet man die Gyn~komastie in der Regel als ein Leiden, das eine operative Behand]ung erfordert, es sind aber nur ganz vereinzelte ]~lle bekannt, in denen sigh eine nach- gewiesene Gyn~komastie wirklich in ein Carcinom verwandelte. Auch unter unscrew' 12 Patienten hatte nur einer eine so lange Anamnese, dab bei ibm vielleicht prims eine Gyn~komastie bestanden haben kSnnte, die dann maligen degenerierte.

Uber die an unserer Klinik in den Jahren 1933--1953 aufgenommenen und behandelten m~nnlichen Mammaearcinome gibt Tabelle 2 ngheren Aufschlul~.

Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dal~ auch in unserem Kr~nkengut das D u r c h s c h n i t t s a l t e r - - es betrug 63,5 Jahre - - relativ hoch ]iegt.

Auch andere Autoren, wie SOMERVILLE, GILBEXT, WAIMOWRIGI~T, GRUND- ~A~ und andere, haben schon auf diese T~tsache hingewiesen. Obwohl SAX und BRYAN ~ls Extremfall einen 12j~hrigen Knaben angeben und L u ~ einen 91j~hrigen GreJs operierte, ]iegt doch das Alter im I)urchsehnitt zwisehen 55 und 65 Jahren, ~]so deutlich h6her als bei der Frau. Ob dies damit zu tun hat, da{~ das Erlahmen der mAnnlichen Sexualhormone sparer eintritt als das der weiblichen, wie z. B. HERRMA~N annimmt, ist nicht ganz gekl~rt. Wohl aber scheinen aueh hier gewisse Zusammenhange zu bestehen.

Die A n a m n e s e d a u e r ist beim Mann deutlich ]~nger als bei der Fr~u. Betr~gt sie doeh hier beinahe 10 Monate (9,7). Die Grtinde, diese Tat- saehe zu kl~ren, sind nicht g~nz einlaeh, doeh sind wir auf Grund unserer Nachuntersuchung zu der ~einung gekommen, dab es im wesent- lichen psychologische ~aktoren sind, die dies bewirken. Frauen messen in der Rege] ihrer Brust mehr Bedeutung bei als M~nner und aul~erdem hat auch die Krebsaufkl~rung der letzten Jahre sicherlich dazu bei- getragen, da$ eine Frau jeden neu in ihrer Brust auf~retenden Knoten. mit Argwohn be~rachtet und einen Arzt aufsucht. Die M~nner hingegen sind wegen der Seltenheit dieses Leidens sich in der Regel kaum der Tatsaehe bewultt, dal~ auch sie an Brustkrebs erkranken kSnnen. Sic kommen in der Rege] nur, wenn sie sich dureh das Reiben ihrer Hosen- tr~ger an der Gesehwu]st irritiert ffihlen (5 unserer Patienten), respektive, wenn bereits ein Geschwfir aufgebrochen ist.

Langenbecks Arch. u. Dtsch. Z. Chir., ]~d. 281. 7

98 H. BRUCK und W. LORBEK:

Tabelle 2.

71

10

11

12

Alter

46

81

57

53

80

42

6 9

60

68

68

69

71

Anamnese- dauer

1Jahr

9Mona

1 Jahr

l-Jahr

3 Monate

3 Jahre

6 Monate 14 Tage

9 Monate

3 Mona~e

I Jahr '

8 Tage

2 Monate

reehts links

reehts

links

rechts

rechts

I

rechts

links

rechts links

links

links

links

rechts

links

Sta- dium Operation

II Radikal- operation

I I

I

I I

I I

I

?

II

H

Radikal- operation

Radikal- operation

RadikM- operation

Radikai- operation

Radikal- operation

. gadikal- operation

[~adikalJ operation

RSntgen- bestrahlung

gadikal- operation

Radikal operation

RSntgen- bestrahlung

HistoI0giseh

Adeno- carcinom

Carcinoma so]idum simplex

Platten: epithel- earcinom

Carcinoma solidum scirrhosmn

Carcinoma solidnm :, scirrhosum

Carcinoma solidum simplex

Carcinoma solidum scirrh0sum Adenoearc.

Carcinoma solidum scirrhosum

Carcinoma solidum simplex

Carcinoma solidam Simplex

Adenocarc:

Schicksal

nach 2 Jahren Beckenmetastasen nach 3 Jahren gest.

naeh 3 Jahren interkurrent gest.

Naeh 9 Jahren an Lungenmetastasen gest.

Naeh 10 Monaten Beckenmetastasen nach 18 ~onaten gest.

Naeh 1 Jahr interkurrent gest.

Naeh 7 Jahren Lungen, und Kno- chenmetastasen 4 Monate sp~tdr gest.

Lebt 4 Jahre

Nach 5 Monaten Him- und Kreuz- beinmetastasen nach 15 Monaten gest.

Lebt nach 3 Jahren

Lebt naeh 3 Jahren

Naeh 4 Monaten Lungenmetastasen fiach 8 Monaten gest. primarer AMllatu.

Nach 1 Jahr gest. Knocher~- metastasen

1 Ein naheres Eingehen auf diesen Fall wird in einer Ubersicht'fiber die doppel- seitigen Mammacarcinome erfolgem

Der Brustkrebs beim Mann. 99

Histologisch bestehen zwischen don Weiblichen und den m~nnlichen Carcinomen keine Unterschiede und auch die Vertei]ung auf die ein- zelnen Carcinomforrnen ist ziemlich gleich, wenn auch vie]leicht die Adenocarcinome beim Mann etwas hgufiger sind als bei der Frau. Unser Krankengut ist jedoch zu klein, um in dieser l%ichtung eindeutige SeMfisse zuzu]assen.

Auf der anderen Seite sind abet die m~nn]ibhen Carcinome in der Regel weiter fortgeschritten ais die weibliehen; 8 yon den 10 F~llen, bei denen die Axillardrfisen mitoperiert wurden, befanden sich bereits im Stadium steinthal I I . Da die Hist01ogie praktisch gleich ist, scheinen im wesentliehen die preoperative Verz5gerung sowie vielleieht auch die anatomischen Verschiedenheiten z~dschen der m~Lnnlichen und der weib]ichen Brust einen so]chen Untersehied zu bewirken. In der gewebs- armen m~nn]iehen Brust ist eben eine Einwucherung des Careinoms in seine Umgebung und auch eine Ausbreitung in die region~ren Lymph- drfisen wesentlich frfiher zu-erwarten als in der grol~en Brust der Frau.

10 unserer 12 Patienten haben wir operiert, 2, die die Operation verweigerten, nut bestrahlt. Von den Bestrahlten ist einer nach einem Jahr an Knoehenmetastasen verstorben, dem anderen geht es 3 Jahre nach der l%Sntgenbestrahlung gut, jedoch fehlt der patho]ogisqh-histo- logische Befund.

10 F~lle wurden operiert und zwar haben wit gewohnheitsmal~ig die Radika]operation nach ROTTSl~ mit Ausr~umung der Axi]la ausgefiihrt. Aul3erdem wurden alle unsere Pa-~ienten routinem~13ig mit RSntgen nachbestrahlt. Von diesen Kranken waren nach 2 Jahren 5, das ist die H~Llfte, gestorben, 4 davon a m Carcinom. Von den restliehen 5 leben 2 naeh 3 bzw. 5 Jahren. Einer ist nach 3 Jahren interkurrent verstorben, 2 nach 7 bzw. 9 Jahren Sp~tmetastasen er]egen.

Eine Statistik auch nur nach 5 Jahresheilungen ist somit aus unserem Kranken- gut nicht mOglich, jedoch sieht man auf den ersten Blick, da{] die Ergebnisse un- gleich schlechter sind Ms beim weiblichen Mammacarcinom. Auch hier diirften wieder die vorher angefiihrten VerzOgerungen sowie die anatomischen Verhgltnisse ffir das schlechte Ergebnis ausschlaggebend sein.

Zusammen[assung. Es wird fiber 12 F~lle yon m~nnlichen Mammacarcinomen, die in

den letzten 20 Jahren an der If. Chirurgisohen Universit~Ltsldinik zur Aufnahme kamen, beriehtet. Als auff~tllige Untersohiede gegeniiber den weiblichen Carcinomen wurde das h5here Alter, die l~ngere Anamnese, das fortgeschrittenere Stadium und die bedeutend sehlechteren Heflungs- ergebnisse aufgezeigt und begrfindet. Hinsichtlich der tIistologie sowie der eingeschlagenen Therapie bestanden keine Unterschiede.

7*

I00 H. BRVCK und W. LORBEK : Der Brus tk rebs be im Mann.

Literatur. ALLEGRA, E . P . : Riforma reed. 1942, H . 3 1 . --- BRYCE, H. , "u. ~A 7. LO~BEK:

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Dr. H. BI~UCK, Wien (Osterreich), I I . Chirurgische Universi t~tskl inik.