das verfahren 4200 - hs bund
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Das Verfahren 4200
II
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung .................................................................................. 1
B. Entwicklung und Zweck ............................................................. 2
C. Verfahrensablauf ...................................................................... 3
I. Ordnungsgemäßer Verfahrensablauf ...................................... 3
1. Abgrenzung: Einfuhr – Einfuhrlieferung .............................. 3
2. Zollrechtliche Einfuhr .......................................................... 4
3. Einfuhrumsatzsteuerrechtliche Einfuhr ............................... 4
a) Steuerbarer Umsatz ........................................................ 4
b) Entstehung der EUSt / Steuerbefreiung .......................... 5
aa) Allgemeine Voraussetzungen .................................... 5
bb) Innergemeinschaftliche Lieferung .............................. 6
cc) Voraussetzungen des § 5 (1) Nr. 3 a) bis c) UStG ..... 7
II. Unregelmäßigkeiten und Vertrauensschutz ............................ 7
1. Unregelmäßigkeiten ........................................................... 7
2. Vertrauensschutz ................................................................ 8
III. Nachweispflichten ............................................................... 10
1. Belegnachweis ................................................................. 10
2. Buchnachweis .................................................................. 11
3. Alternativnachweise .......................................................... 11
IV. Prüfung im Abfertigungsverfahren ....................................... 11
D. Fiskalvertretung ...................................................................... 12
I. Definition ............................................................................... 12
II. Voraussetzungen ................................................................. 13
III. Rechte und Pflichten des Fiskalvertreters ........................... 14
1. Rechte .............................................................................. 14
2. Pflichten ........................................................................... 14
IV. Beendigung und Ausschluss der Fiskalvertretung ............... 15
E. Vorteile und Probleme des Verfahrens .................................... 15
I. Vorteile .................................................................................. 15
II. Probleme ............................................................................. 16
1. Informationsaustausch ..................................................... 16
2. Betrugsanfälligkeit ............................................................ 17
3. Fehlende Sicherheitsleistung............................................ 18
III
III. Lösungsansätze der Probleme ............................................ 18
F. Bewertung des Verfahrens 4200 ............................................. 20
G. Versicherung ............................................................................. i
H. Literaturverzeichnis ................................................................... ii
I. Internetquellenverzeichnis ......................................................... iv
1
A. Einleitung
Das Verfahren 4200 ist die Einfuhr mit anschließender steuerbefrei-
ter innergemeinschaftlicher Lieferung. Dabei werden Waren in den
zollrechtlich freien Verkehr überlassen und anschließend im Rah-
men einer innergemeinschaftlichen Anschlusslieferung in das Be-
stimmungsland befördert, ohne dass die Einfuhrumsatzsteuer (im
Folgenden: EUSt) in Deutschland entsteht. Dies ist ein in der Praxis
kompliziertes Verfahren.
Zunächst stelle ich die Entwicklung und den Zweck des Verfahrens
dar, um dessen Hintergründe darzulegen. Anschließend wird der
Ablauf des Verfahrens 4200 dargestellt. Dabei ist zunächst die Ein-
fuhr von der Einfuhrlieferung abzugrenzen, da der Begriff „Einfuhr“
mit der „Einfuhrlieferung“ nicht gleichgestellt werden dürfe1. Dann
ist zu klären, ob beim Verfahren 4200 eine Zoll- und Einfuhrum-
satzsteuerschuld entsteht. Hierbei ist festzustellen, dass zwar die
Zollschuld aber keine EUSt-Schuld entsteht, weil für diese bei ord-
nungsgemäßer Durchführung des Verfahrens eine Steuerbefreiung
gem. § 5 (1) Nr. 3 UStG gilt.
Doch welche Folgen hat ein nicht ordnungsgemäß durchgeführtes
Verfahren? Woran könnte es liegen, dass das Verfahren nicht ord-
nungsgemäß durchgeführt wurde? Beim Verfahren 4200 besteht
ein (hohes) Risiko, dass innergemeinschaftliche Lieferungen ange-
meldet werden, die nie stattfinden sollten. Dadurch entsteht die
EUSt, die aber wegen einer vorgespielten Steuerbefreiung nicht
festgesetzt wurde. EU-weit sei auf diese Weise im Jahr 2009 ein
Steuerschaden in Höhe von etwa 2,2 Milliarden Euro entstanden.2
Etwa 29 % der Verfahren 4200 seien im Jahr 2009 nicht ordnungs-
gemäß erledigt worden.3 Dies ist meiner Meinung nach ein enorm
hoher Anteil, der gesenkt werden muss. Doch wie ist es möglich
diesen Anteil zu senken? Wie konnte es überhaupt dazu kommen,
in einem solch hohen Maße Steuern zu hinterziehen, und welche
Ursachen hat dies? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein,
damit dieses Verfahren ordnungsgemäß ablaufen kann?
Mit diesen Fragen beschäftigte ich mich in der vorliegenden Aus-
arbeitung und stellte dabei auch eigene Überlegungen an, wie das
Begehen von Steuerhinterziehungen durch das Verfahren 4200
eingedämpft werden kann.
1 Vgl. Lux/Schrömbges, Zoll und Mehrwertsteuer, S. 120, sowie Schrömbges, ZfZ
2013, S. 1 (2). 2 Vgl. European Court Of Auditors, <http://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocume
nts/INSR11_13/INSR11_13_EN.PDF> (02.07.2017). 3 Ebd.
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B. Entwicklung und Zweck
Die Idee des Verfahrens 4200 sei es, den Steuertatbestand der Ein-
fuhr (z.B. nach Polen vor dessen EU-Beitritt) durch den Steuertatbe-
stand des innergemeinschaftlichen Erwerbs (z.B. nach Polen nach
dessen EU-Beitritt) zu ersetzen, sodass die EUSt erst im Bestim-
mungsmitgliedstaat nach dem Bestimmungslandprinzip und nicht
schon im Einfuhrmitgliedstaat erhoben wird.4
Diese innergemeinschaftlichen Warenbewegungen entwickelten
sich mit dem europäischen Binnenmarkt seit dem 1.1.1993, als die
Zollgrenzen innerhalb der EU aufgehoben wurden, wodurch inner-
halb der EU keine Grenzkontrollen mehr stattfinden.5 Ebenso gibt
es gemäß Art. 30 AEUV keine Zölle innerhalb der EU. Die EUSt
bzw. Umsatzsteuer hingegen wird im innergemeinschaftlichen Wa-
renverkehr weiterhin erhoben.
Bereits 1987 habe die Europäische Kommission geplant, EU-weit
das Ursprungslandprinzip für die EUSt einzuführen6, welches ge-
mäß Art. 402 (1) MwStSystRL noch heute das Ziel ist. Dies hätte ein
höheres Aufkommen der Umsatzsteuer in exportstarken Mit-
gliedstaaten zur Folge, wodurch eine „politisch angestrebte Haus-
haltsneutralität“7 in Gefahr gewesen sei.8 Deshalb habe man sich
als Übergangslösung nicht für das Ursprungs- sondern Bestim-
mungslandprinzip entschieden.9 Ende 2010 habe die Europäische
Kommission erneut den Vorschlag des Ursprungslandprinzips ge-
macht.10 Dieser Vorschlag ist meiner Meinung nach nicht umsetz-
bar, da gemäß Art. 113 AEUV für Änderungen auf dem Gebiet der
Umsatzsteuer die Mitgliedstaaten im Rat der EU einstimmig ab-
stimmen müssen, was ich für eher unwahrscheinlich halte.
Das Verfahren 4200 mit der innergemeinschaftlichen Anschluss-
lieferung sei insgesamt ein System mit dem viel Betrug begangen
werden kann.11 Zur Bekämpfung dieses Betrugs wurde u.a. das
System MIAS12 eingeführt.13
4 Vgl. Scheller/Schrömbges, Grenzüberschreitender Warenverkehr, S. 46. 5 Vgl. Bundesrechnungshof, Gemeinsamer Bericht der Rechnungshöfe vom
27.09.2012, S. 4 <http://www.bundesrechnungshof.de/de/[...]> (09.07.2017). Der
vollständige Internetlink findet sich im Internetquellenverzeichnis. 6 Vgl. Scheller/Schrömbges, a.a.O., S. 45. 7 Ebd., S. 45. 8 Ebd., S. 45. 9 Vgl. Bundesrechnungshof, a.a.O., S. 4. 10 Vgl. Europäische Kommission, Grünbuch, <http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/
LexUriServ.do?uri=COM:2010:0695:FIN:DE:PDF> (06.07.2017). 11 Vgl. Scheller/Schrömbges, a.a.O., S. 47. 12 MIAS: Mehrwertsteuer-Informations-Austausch-System, weitere Ausführungen
hierzu siehe S. 17. 13 Vgl. Scheller/Schrömbges, a.a.O., S. 47.
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C. Verfahrensablauf
I. Ordnungsgemäßer Verfahrensablauf
Das Verfahren 4200 ist die Überführung in den zollrechtlich freien
Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung ohne
vorangegangenes Zollverfahren.14 Angemeldet wird das Verfahren
4200 mit dem Verfahrenscode 4200 in Feld Nr. 37 des Einheits-
papiers der Zollanmeldung.15
Dabei entsteht die Zollschuld gemäß Art. 77 (1) UZK mit der Über-
lassung zum zollrechtlich freien Verkehr – sofern keine Pflichtver-
letzung vorliegt. Sie ist bei der Einfuhr in das Zollgebiet der Union
bereits vor der Überlassung der Waren gemäß Art. 195 (1) UZK zu
entrichten. Mit der Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr
könnte grundsätzlich auch die EUSt gemäß §§ 13 (2), 21 (2) UStG
i.V.m. den Zollvorschriften in sinngemäßer Anwendung entstehen,
es sei denn, es schließt sich ein Verfahren der Steuerbefreiung an.
Gemäß § 5 (1) Nr. 3 UStG ist die Einfuhr der Gegenstände, die von
einem Schuldner der EUSt im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar
zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen ver-
wendet werden, steuerfrei und es entsteht keine EUSt in Deutsch-
land. Diese wird erst im Bestimmungsland, z. B. Frankreich,
erhoben. Dadurch, dass die EUSt in nur einem Mitgliedstaat der EU
erhoben wird, wird eine Doppelbesteuerung vermieden.
Im Folgenden werden die zoll- und einfuhrumsatzsteuerrechtliche
Einfuhr dargestellt.
1. Abgrenzung: Einfuhr – Einfuhrlieferung
Zunächst muss die Einfuhr des Verfahrens 4200 definiert werden.
Hierbei sei die Einfuhr von der Einfuhrlieferung abzugrenzen.16
Eine Einfuhrlieferung sei ein Leistungsaustausch, der ausschließ-
lich von Unternehmen durchgeführt werden könne. Darüber hinaus
setze sie einen Übergang des Eigentums und einen genauen Lie-
ferort voraus.17
14 Zum Verfahrenscode: siehe Merkblatt zu Zollanmeldungen, summarischen An-
meldungen und Wiederausfuhranmeldungen – Ausgabe 2016 – (Z 3455), S. 159 –
164, S. 175. 15 Vgl. Merkblatt zu Zollanmeldungen, summarischen Anmeldungen und Wieder-
ausfuhranmeldungen – Ausgabe 2016 – (Z 3455), S. 66. 16 Vgl. Lux/Schrömbges, Zoll und Mehrwertsteuer, S. 120. 17 Ebd., S. 120.
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Eine Einfuhr sei ein Realakt und könne von jeder Person durchge-
führt werden. Ein Leistungsaustausch, der Übergang des Eigen-
tums sowie ein Lieferort seien für eine Einfuhr nicht erforderlich.18
Die Einfuhr habe mit der Einfuhrlieferung aber auch eine Gemein-
samkeit, nämlich einen steuerbaren Umsatz im Inland.19
2. Zollrechtliche Einfuhr
Zollrechtlich entsteht die Zollschuld gemäß Art. 77 UZK oder Art. 79
UZK. Im Folgenden beschränke ich meine Ausführungen auf Art. 77
UZK. Gemäß Art. 77 (1) a) UZK entsteht eine Einfuhrzollschuld
durch die Überführung von einfuhrabgabenpflichtigen Nicht-
Unionswaren in das Zollverfahren Überlassung zum zollrechtlich
freien Verkehr. Dies setzt zunächst eine einfuhrabgabenpflichtige
Nicht-Unionsware voraus.
Waren sind alle beweglichen Güter einschließlich des elektrischen
Stroms.20 Nicht-Unionswaren sind gemäß Art. 5 Nr. 24 UZK andere
als in Art. 5 Nr. 23 UZK genannte Waren und Waren, die den zoll-
rechtlichen Status als Unionwaren verloren haben. Die meisten
Waren kommen aus Drittländern (Art. 1 Nr. 11 UZK-DA), demnach
sind sie Nicht-Unionswaren. Auch sind die meisten Nicht-Unions-
waren einfuhrabgabenpflichtig, da für sehr viele Waren ein Zollsatz
über 0 % und keine außertarifliche Abgabenbefreiung, z. B. nach
der Zollbefreiungsverordnung, vorgesehen ist.21 Die Waren werden
beim Zollamt nach Annahme der Zollanmeldung (Art. 172 UZK) und
nach Überlassung (Art. 194, 195 UZK) in den zollrechtlich freien
Verkehr übergeführt. Dadurch entsteht beim Verfahren 4200 die
Zollschuld gemäß Art. 77 (1) a) UZK. Sie entsteht gemäß Art. 77 (2)
UZK zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung. Zoll-
schuldner ist gemäß Art. 77 (3) S. 1 UZK grundsätzlich der Anmel-
der (Art. 5 Nr. 15 UZK).
3. Einfuhrumsatzsteuerrechtliche Einfuhr
a) Steuerbarer Umsatz
Die EUSt ist gemäß § 21 (1) UStG eine Verbrauchsteuer im Sinne
der Abgabenordnung. Deshalb setzt eine Steuerentstehung zu-
18 Vgl. Lux/Schrömbges, Zoll und Mehrwertsteuer, S. 120. 19 Vgl. Kokott, Schlussanträge vom 11.01.2007 in der Rs. Teleos, C-409/04, Rn.
24; <http://curia.europa.eu/juris/[...]> (06.07.2017). Der vollständige Internetlink
findet sich im Internetquellenverzeichnis. 20 Vgl. Dienstvorschrift Z 0601 Abs. 101. 21 Vgl. Dienstvorschrift Z 0901 Abs. 5.
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nächst einen steuerbaren Umsatz voraus.22 Dieser ist gemäß § 1
(1) Nr. 4 UStG die Einfuhr von Gegenständen im Inland.
Dabei deckt sich der umsatzsteuerrechtliche Begriff „Gegenstand“
mit dem zollrechtlichen Begriff „Ware“.23 Nun müsste noch eine
Einfuhr im Inland vorliegen. Inland ist dabei gem. § 1 (2) UStG das
Gebiet der Bunderepublik Deutschland mit einigen Ausnahmen. Die
Einfuhr im Inland geht über das bloße Verbringen in das Steu-
ergebiet hinaus, da dies lediglich eine Einfuhr in das Inland wäre.
Die Einfuhr im Inland ist aber mehr als die Einfuhr in das Inland.
Hierbei entschied der BFH bisher, dass mit der Zollschuld auch die
EUSt-Schuld entstand.24 Diese Auffassung des BFH gilt heute nicht
mehr, da der EUGH die Einfuhr im Inland mit der Integration in den
Wirtschaftskreislauf definiert25. Fraglich ist, ob eine Integration in
den Wirtschaftskreislauf im Inland beim Verfahren 4200 überhaupt
vorliegt, da die Ware nicht in Deutschland verbleibt. Nach Ansicht
des Finanzgerichts München genüge es, dass die fraglichen Waren
in den Wirtschaftskreislauf der EU gelangt sind.26 Damit gilt eine
Einfuhr in einen anderen Mitgliedstaat beim Verfahren 4200 als
Einfuhr im Inland.
b) Entstehung der EUSt / Steuerbefreiung
aa) Allgemeine Voraussetzungen Nachdem ein steuerbarer Umsatz festgestellt wurde, ist zu prüfen,
ob für diesen die EUSt gem. §§13 (2), 21 (2) UStG i.V.m. Art. 77 (1)
a) UZK sinngemäß entstanden ist. Voraussetzung hierfür ist ein
steuerpflichtiger Gegenstand, der von der EUSt nicht befreit ist.27
Dass ein Gegenstand vorliegt, wurde bereits beim steuerbaren
Umsatz festgestellt. Dieser Gegenstand müsste steuerpflichtig sein.
Beim Verfahren 4200 käme eine Steuerbefreiung gem. § 5 (1) Nr. 3
UStG in Betracht. Dabei ist die Einfuhr der Gegenstände, die von
einem EUSt-Schuldner im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur
Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 4 Nr. 1 b),
§ 6a UStG) verwendet werden, steuerfrei. Diese Steuerbefreiung
wurde aus Art. 143 (1) d) RL 2006/112 in das nationale Recht um-
gesetzt.
22 Vgl. Kock/Focke, Allgemeines Zollrecht, S. 176. 23 Vgl. Dienstvorschrift Z 8101 Abs. 5. 24 Vgl. Schulmeister in Witte/Wolffgang, Lehrbuch des Zollrechts der EU, S. 565. 25 Vgl. EUGH 02.06.2016 – Rs. C-226/14 und C-228/14, Juris, Rn. 65 – Eurogate
Distribution GmbH gegen Hauptzollamt Hamburg-Stadt (C-226/14) und DHL Hub
Leipzig gegen Hauptzollamt Braunschweig (C-228/14). 26 Vgl. FG München, Urteil vom 20.10.2016 – 14 K 1770/13 -, Juris, Rn. 59. 27 Vgl. Kock/Focke, a.a.O., S. 177.
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Auch muss die Anschlusslieferung von einem Schuldner der EUSt
bewirkt werden. Diese Formulierung des Gesetzes ist ungenau, da
es keinen EUSt-Schuldner geben kann, weil keine EUSt entsteht.
Mit dem Schuldner der EUSt ist vielmehr gemeint, wer EUSt-
Schuldner wäre. Dies sind regelmäßig die Zollschuldner, da gemäß
§§ 13a (2), 21 (2) UStG i.V.m. Art. 77 (3) UZK sinngemäß auf diesen
abgestellt wird.28
Eine Bewilligung für das Verfahren 4200 ist keine Voraussetzung,
anders z.B. bei der aktiven oder passiven Veredelung gemäß Art.
211 (1) a) UZK, da hierfür keine Rechtsgrundlage gegeben ist.
bb) Innergemeinschaftliche Lieferung Außerdem muss eine innergemeinschaftliche Lieferung im An-
schluss an eine Einfuhr durchgeführt worden sein.29 Dies ist bei
Lieferungen aus Drittländern zu bejahen.
Ebenso müssen die kumulativen Tatbestandsmerkmale des § 6a (1)
UStG erfüllt werden.
§ 6a (1) Nr. 1 UStG setzt eine körperliche Verbringung „in das üb-
rige Gemeinschaftsgebiet“ voraus. Hierbei seien der Incoterm sowie
die Person, die die Lieferung körperlich vornimmt, unerheblich.30
Ferner verlangt § 6a (1) Nr. 2 UStG, dass Abnehmer ein Unter-
nehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unterneh-
men erworben hat. Unternehmer ist gem. § 2 (1) S. 1 UStG, wer
eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.
Wenn der Abnehmer eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (im
Folgenden: USt-IdNr.) eines anderen Mitgliedstaats hat, sei davon
auszugehen, dass er Unternehmer ist. In Deutschland wird die USt-
IdNr. für den grenzüberschreitenden Warenverkehr vom Bun-
deszentralamt für Steuern (BZSt) erteilt.31 Das BZSt soll die Be-
steuerung im Bestimmungsland sicherstellen und mit den Behör-
den anderer Mitgliedstaaten einen umfangreichen Datenaustausch
vornehmen.32 Gem. § 18e UStG kann ein deutscher Unternehmer
u.a. die Gültigkeit einer ausländischen USt-IdNr. bestätigen lassen
(sog. Bestätigungsverfahren).
Außerdem muss gemäß § 6a (1) Nr. 3 UStG der Erwerb des Ge-
genstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mit-
gliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegen.
28 Vgl. Kock/Focke, a.a.O., S. 178. 29 Ebd., S. 178. 30 Vgl. Harksen, Der Zoll-Profi! 02/2009, S. 5 (5). 31 Ebd., S. 5 (5 - 6). 32 Vgl. Möller, AW-Prax 2011, S. 407 (410).
7
cc) Voraussetzungen des § 5 (1) Nr. 3 a) bis c) UStG Abschließend müssen die Voraussetzungen des § 5 (1) Nr. 3 a) bis
c) UStG erfüllt sein. Diese Voraussetzungen wurden durch die RL
2009/69 zur Bekämpfung des Steuerbetrugs bei der Einfuhr er-
gänzt. Hierfür wurden Unterlagencodierungen geschaffen.
Unter der Codierung Y040 hat der Beteiligte die USt-IdNr. anzuge-
ben, die ihm in Deutschland als Einfuhrmitgliedstaat erteilt wurde,
oder unter Y042 die USt-IdNr. seines Steuervertreters (Fiskalver-
treters33, § 22a UStG). Außerdem muss der Beteiligte unter Y041
die USt-IdNr. des Empfängers der innergemeinschaftlichen Liefe-
rung in dem anderen Mitgliedstaat angeben und unter Y044 den
Nachweis erbringen, dass die eingeführten Gegenstände für einen
anderen Mitgliedstaat bestimmt sind.34
Sofern alle Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gem. § 5 (1)
Nr. 3 UStG erfüllt sind, entsteht keine EUSt-Schuld.
II. Unregelmäßigkeiten und Vertrauensschutz
Das Verfahren 4200 läuft aber nicht immer ordnungsgemäß ab. Es
können Unregelmäßigkeiten auftreten, wodurch eine EUSt-Schuld
vorbehaltlich des Vertrauensschutzes35 entstehen könnte.
1. Unregelmäßigkeiten
Im Verfahren 4200 soll die EUSt im Bestimmungsmitgliedstaat ent-
stehen. Dies setzt voraus, dass eine Person als Unternehmer in
einem anderen Mitgliedstaat umsatzsteuerrechtlich erfasst ist. So-
fern dies nicht oder nicht mehr gegeben ist, liegt die Voraussetzung
des § 5 (1) Nr. 3 b) UStG nicht oder nicht mehr vor. Folglich kann
eine Steuerbefreiung nicht gewährt werden und die EUSt entsteht.
Außerdem müsse der steuerbare Umsatz nachträglich buchmäßig
erfasst werden.36
Beispiele für Unregelmäßigkeiten, die zu einer Nichtgewährung der
Steuerbefreiung führen, seien die Angabe eines falschen Namens
des Abnehmers, eine nicht vorhandene Übernahmebestätigung
oder eine ungültige USt-IdNr. des Abnehmers.37 Auch werde keine
33 Ausführungen zum Fiskalvertreter finden sich unter Punkt D. 34 Vgl. Kock/Focke, a.a.O., S. 179. 35 Siehe hierzu § 6a Abs. 4 UStG. 36 Vgl. Fuchs, ZfZ 2015, S. 148 (149). 37 Vgl. Summersberger in Summersberger (Hrsg.), Einfuhr und innergemeinschaft-
liche Lieferung, S. 50. – Hinweis: Summersberger verweist in seinem Werk auf ver-
schiedene Gerichtsurteile, die an dieser Stelle aus praktischen Gründen nicht an-
geführt werden können.
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Steuerbefreiung gewährt, wenn der Gegenstand im Inland verbleibt,
der endgültige Bestimmungsort geändert oder die Sendung auf
mehrere Empfänger aufgeteilt wird.38
Sofern das Verfahren 4200 mündlich oder mit einer als Zollanmel-
dung geltenden Handlung angemeldet wird, entspreche diese An-
meldung nicht der Form, da im Feld 44 des Einheitspapiers
schriftlich oder elektronisch der Verfahrenscode 4200 anzumelden
ist. Folglich werde auch dann keine Steuerbefreiung gewährt.39
All diese Unregelmäßigkeiten würden zu einer Entstehung der EUSt
gem. §§ 13 (2), 21 (2) UStG i.V.m. Art. 77 (1) a) UZK sinngemäß
vorbehaltlich des Vertrauensschutzes führen, nicht aber nach §§ 13
(2), 21 (2) UStG i.V.m. Art. 79 (1) a) UZK sinngemäß, da das Zollver-
fahren Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr beendet ist.40
2. Vertrauensschutz
Im Rahmen der Art. 138, 143 RL 2006/112 verdiene derjenige Ver-
trauensschutz, der eine Steuerbefreiung der innergemeinschaft-
lichen Anschlusslieferung gutgläubig nutzt und dabei über das Vor-
liegen der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung getäuscht
wird.41 Der Art. 138 RL 2006/112 bezieht sich aber lediglich auf
innergemeinschaftliche Umsätze. Durch Art. 143 (1) d) RL 2006/112
gilt jedoch auch Art. 138 RL 2006/112, sodass der Vertrauens-
schutz doch angewandt werden könne. 42 Kokott ist sogar der
Ansicht, dass ohne Vertrauensschutz keine grenzüberschreitenden
Lieferungen aufgrund des hohen Risikos der EUSt-Schuld-
entstehung ablaufen würden. 43 Beim Vertrauensschutz gehe es
schließlich darum, ob die Steuer, nachdem sie entstanden ist, zu
zahlen oder nicht zu zahlen ist.44
Gründe für diesen Vertrauensschutz seien, dass der Steuerpflich-
tige als Steuereintreiber des Fiskus agiere, sowie das betrugsanfäl-
lige Bestimmungslandprinzip, da dieses auf Angaben von Privat-
personen ohne zollamtliche Kontrolle basiere.45 In § 6a (4) UStG
wurde der Vertrauensschutz umgesetzt.
38 Ebd., S. 50-51. – Der Hinweis in der Fußnote 37 gilt hier entsprechend. 39 Ebd., S. 53. 40 Vgl. Lux/Schrömbges, AW-Prax 2014, S. 250 (251). 41 Ebd., S. 250 (252). 42 Diese Ansicht vertreten Lux und Schrömbges, siehe AW-Prax 2011, S. 250
(252). Die gegenteilige Ansicht von Summersberger wird hier nicht dargestellt. 43 Vgl. Kokott, Schlussanträge vom 11.01.2007 in der Rs. Teleos, C-409/04, Rn.
72; Internetadresse wie in der Fußnote 19 (06.07.2017). 44 Vgl. Lux/Schrömbges, AW-Prax 2014, S. 250 (252). 45 Ebd., S. 250 (252).
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Gemäß § 6a (4) UStG ist eine Lieferung als steuerfrei anzusehen,
„wenn die Inanspruchnahme auf unrichtigen Angaben des Abneh-
mers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben
auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns
nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die
entgangene Steuer.“ Dies hat zur Folge, dass der Spediteur in
einem solchen Fall kein Schuldner der EUSt wird. Dies gelte auch
in einem solchen Fall, wenn ein Dritter falsche Angaben machte und
der Spediteur als indirekter Vertreter die ihm gegenüber gemachten
Angaben gutgläubig für richtig hielt. In solchen Fällen gelten die
Voraussetzungen der Steuerbefreiung als erfüllt.46
Voraussetzung eines wirksamen Vertrauensschutzes ist es gem.
§ 6a (4) UStG, dass der indirekte Vertreter in gutem Glauben ge-
handelt hat. Er dürfe entweder keine Kenntnis von einer Steuerhin-
terziehung erlangt haben oder, sofern er Kenntnis über eine solche
hatte, alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, dass sein Um-
satz nicht an der Steuerhinterziehung beteiligt ist.47
Nicht nur der Lieferant, sondern auch der Spediteur werde in der
Praxis oft getäuscht. Der Spediteur ist beim Verfahren 4200 grund-
sätzlich als Fiskalvertreter48 der Schuldner der EUSt, da dieser von
einem ausländischen Unternehmen den Auftrag erhält, Gegen-
stände nach der Einfuhr in einen anderen Mitgliedstaat zu verbrin-
gen, und die Lieferung tatsächlich vornimmt. Die Spedition ist je-
doch nicht zum Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG berechtigt.49 Der
Vertrauensschutz sei auf den Spediteur als indirekter Vertreter
dennoch gemäß § 6a (4) UStG (analog) anzuwenden, obwohl die-
ser keine innergemeinschaftliche Anschlusslieferung vornehmen
könne, da er Schuldner der EUSt von Null (wegen der Steuerbe-
freiung) ist.50 Außerdem ist der Zweck dieser Norm, den indirekten
Vertreter (z.B. den Spediteur) vor solchen Machenschaften zu
schützen. Solange nicht erwiesen ist, „dass der Lieferant an der
Steuerhinterziehung beteiligt war, soweit er alle ihm zur Verfügung
stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustel-
len, dass die von ihm vorgenommenen innergemeinschaftliche Lie-
ferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinter-
ziehung führt“51, genieße auch der indirekte Vertreter Vertrauens-
schutz.
46 Vgl. Lux/Schrömbges, Zoll und Mehrwertsteuer, S. 214. 47 Vgl. Schrömbges/Kotschnigg, ZfZ 2016, S. 2 (13). 48 Zum Fiskalvertreter siehe Ausführungen unter D. 49 Siehe auch Summersberger in Summersberger, a.a.O., S. 52. 50 Vgl. Lux/Schrömbges, AW-Prax 2014, S. 250 (252). 51 EUGH 27.9.2007 – Rs. C-409/04, Slg. 007, I-7860 Rn. nach 73 Nr. 3 – The
Queen/Commissioners of Customs & Excise.
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Sofern der Verbringer den Spediteur täuschte, schuldet der Ver-
bringer gem. §§ 13a (2), 21 (2) UStG i.V.m. den Zollvorschriften
sinngemäß die EUSt und wegen des Vertrauensschutzes nicht der
Spediteur.52 Des Weiteren könne der Vertrauensschutz bei einer
Täuschung durch einen Dritten in Anspruch genommen werden.53
III. Nachweispflichten
Der leistende Unternehmer ist verpflichtet, mit dem Buch- und Be-
legnachweis nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für eine
Steuerbefreiung vorlagen.54 Zur Erfüllung der Pflichten kann sich
der leistende Unternehmer auch eines Fiskalvertreters bedienen.55
Er sei aber nicht verpflichtet, den Beweis zu erbringen, dass der Ge-
genstand tatsächlich in einen anderen Mitgliedstaat verbracht wur-
de.56
1. Belegnachweis
Der Belegnachweis besteht gem. § 17a (1), (2) Nr. 1, 2 UStDV aus
dem Doppel der Rechnung57 und aus einer Gelangensbestätigung.
Mit der Gelangensbestätigung bestätigt der Abnehmer in dem ande-
ren Mitgliedstaat, dass die Gegenstände aus Deutschland in einen
anderen Mitgliedstaat gelangt sind.58 Sie werde erst nach Ausfüh-
rung des Transports erstellt. Dies könne nach dem Erhalt der Ware
oder aber nach dem Ende der Beförderung sein.59 Inhaltlich umfasst
die Gelangensbestätigung gem. § 17a (2) Nr. 2 a) bis e) UStDV den
Namen und die Anschrift des Abnehmers, die Menge und
handelsübliche Bezeichnung des Gegenstands, den Ort und Tag
des Endes der Beförderung des Liefergegenstands, das
Ausstellungsdatum der Bestätigung und die Unterschrift des Ab-
nehmers oder eines von ihm Beauftragten.
Der Abnehmer kann diese Bestätigung gegenüber dem liefernden
Unternehmer oder dem mit der Beförderung beauftragten Dritten
abgeben.60 In § 17a (3) UStDV sind weitere Belegnachweise, z.B.
52 Vgl. Lux/Schrömbges, AW-Prax 2014, S. 250 (252). 53 Ebd., S. 250 (252). 54 Vgl. Harksen, Der Zoll-Profi! 01/2012, S. 7 (7). 55 Vgl. Lux/Schrömbges, Zoll und Mehrwertsteuer, S. 141. 56 Vgl. Schrömbges, ZfZ 2013, S. 1 (7). 57 Auf das Doppel der Rechnung wird hier nicht weiter eingegangen. Informationen
zur Ausstellung und die Pflichten ergeben sich aus §§ 14, 14a UStG. 58 Siehe § 17a (2) Nr. 1 UStDV. 59 Vgl. Harksen, Der Zoll-Profi! 01/2012, S. 7 (9). 60 Ebd., S. 7 (9).
11
der Versendungsbeleg (§ 17a (3) S. 1 Nr. 1 a) UStDV), gelistet, auf
die hier nicht weiter eingegangen werden.
2. Buchnachweis
Gemäß § 17c (1) S. 1 UStDV hat der Unternehmer bei innerge-
meinschaftlichen Lieferungen die Pflicht, die Voraussetzungen der
Steuerbefreiungen einschließlich der ausländischen USt-IdNr. des
Abnehmers buchmäßig nachzuweisen (Buchnachweis). Aus der
Buchführung muss dazu gem. § 17c (1) S. 2 UStG eindeutig und
leicht nachprüfbar sein, dass die Voraussetzungen der Steuerbe-
freiung vorlagen. Dabei hat der Unternehmer die Aufzeichnungen
gemäß § 17c (2) Nr. 1-9 UStDV zu führen. Insbesondere habe er
die Anforderungen der qualifizierten Bestätigungsmitteilung sowie
die auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern hinter-
legte ausländische USt-IdNr. zu prüfen.61
3. Alternativnachweise
Neben dem Buch- und Belegnachweis gibt es noch Alternativnach-
weise, z. B. die Spediteurbescheinigung gemäß § 17a (3) S. 1 Nr. 1
b) UStDV.62 Auf diese wird hier nicht weiter eingegangen.
IV. Prüfung im Abfertigungsverfahren
Bei der Zollabfertigung ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer
Steuerbefreiung gegeben sind. Dazu prüft die Zollstelle vor der An-
nahme der Zollanmeldung die Gültigkeit der deutschen USt-IdNr.
des Schuldners der EUSt. Außerdem prüft sie, ob zwischen dem
Schuldner der EUSt und dem Inhaber der deutschen USt-IdNr. eine
Übereinstimmung besteht. Gleiches wird für den Erwerber in dem
anderen Mitgliedstaat geprüft.63 Die Überprüfung dieser angemel-
deten Daten erfolgt durch die in ATLAS64 integrierte Online-Abfrage
(Abs. 67). Sofern andere Fehler als Schreibfehler o.ä. festgestellt
worden sind, ist die Zollanmeldung nicht anzunehmen (Abs. 69).
Außerdem überprüft die Zollstelle durch Sichtung der Begleitpapie-
re (z.B. einer Handelsrechnung), ob der Ort der Lieferung in einem
anderen Mitgliedstaat liegt. Hierbei könnte festgestellt werden, dass
61 Ebd., S. 7 (9). 62 Vgl. Lux/Schrömbges, Zoll und Mehrwertsteuer, S. 137. 63 Vgl. Dienstvorschrift Z 8101 Abs. 65. Die nachfolgenden Angaben dieses Teils
sowie auf der nächsten Seite beziehen sich auch auf die Dienstvorschrift Z 8101.
Der Absatz dieser Dienstvorschrift wird im Text jeweils in Klammern angegeben. 64 Automatisiertes Tarif- und Lokales Zoll-Abwicklungs-System, siehe Z 2650.
12
die Lieferadresse in ATLAS eine andere als auf dem Begleitpapier
ist. Wichtig ist hierbei nur, dass der Bestimmungsort der Ware in
einem anderen Mitgliedstaat liegt (Abs. 70).
Sofern es bei der Überprüfung der Anmeldung Beanstandungen
gibt und die Zollanmeldung nicht angenommen und keine weitere
abgegeben wird, ist die EUSt zu erheben und eine Kontrollmitteilung
zu fertigen. Diese ist an das zuständige Finanzamt des EUSt-
Schuldners weiterzuleiten. Wenn nach nicht angenommener Zollan-
meldung in einer neuen Zollanmeldung der Erwerber abweicht und
die USt-IdNr. keine Beanstandungen ergibt, ist die Einfuhrumsatz-
steuerbefreiung gem. § 5 (1) Nr. 3 UStG zu gewähren und eine Kon-
trollmitteilung auf Vordruck 0488 zu fertigen (Abs. 71).
D. Fiskalvertretung
Die Fiskalvertretung ist ein ausschließlich umsatzsteuerrechtliches
Vertretungsverhältnis und ist unabhängig von der indirekten bzw.
direkten Zollvertretung der Art. 18, 19 UZK zu betrachten (Abs. 74).
In ATLAS ist die Fiskalvertretung in der Maske „anmeldungsbezo-
gene weitere Angaben“ im Feld „Zusätze“ zu erklären. Einzutragen
sind dort das zuständige deutsche Finanzamt und die deutsche
USt-IdNr. des Fiskalvertreters (Abs. 75).
Voraussetzung der Durchführung einer innergemeinschaftlichen
Lieferung ist die steuerliche Registrierung in Deutschland, d.h. es
muss eine deutsche USt-IdNr. angegeben werden (Abs. 72). Diese
Nummer haben nicht alle ausländischen Unternehmen. Sofern sie
keine deutsche USt-IdNr. haben und eine innergemeinschaftliche
Lieferung durchführen wollen, bedürfen sie eines Fiskalvertreters.
Der Fiskalvertreter stellt dann dem (ausländischen) Schuldner der
EUSt seine USt-IdNr. zur Verfügung (Abs. 72).
Der häufigste Anwendungsfall der Fiskalvertretung in der Praxis
hänge mit dem Verfahren 4200 zusammen65. Deshalb wird im Fol-
genden auf diese eingegangen.
I. Definition
Die Fiskalvertretung gebe es seit 1997 und werde nur unter engen
Voraussetzungen erteilt, weshalb sie auch „kleine Fiskalvertretung“
genannt wird.66 Ihr Zweck bestehe darin, dass ausländische Unter-
nehmer ohne Niederlassung in Deutschland keine eigene deutsche
65 Vgl. Harksen, Der Zoll-Profi! 05/2010, S. 9 (11). 66 Ebd., S. 9 (9, 12).
13
USt-IdNr. benötigen, sondern sich eines Fiskalvertreters bedienen
können, was eine enorme Erleichterung für diese Unternehmen
darstellt.67 Der Fiskalvertreter nimmt dabei die Pflichten des Vertre-
tenen als seine eigenen wahr.68 Allerdings habe der Unternehmer
das Tun des Fiskalvertreters zu überwachen.69
Eine Pflicht, sich eines Fiskalvertreters zu bedienen, besteht nicht.
Schließlich kann sich ein ausländisches Unternehmen auch für um-
satzsteuerliche Zwecke in Deutschland registrieren lassen und die
daraus entstehenden steuerlichen Pflichten selbst erfüllen.70 Dann
bräuchte es keine Fiskalvertretung. Rechtsgrundlagen für die Fis-
kalvertretung sind die §§ 22a - 22e UStG auf Basis des Art. 204
MwStSystRL.71
II. Voraussetzungen
Gemäß § 22a UStG kann sich ein Unternehmer nur dann eines
Fiskalvertreters bedienen, wenn der Unternehmer im Inland und in
einem der in § 1 (3) UStG genannten Gebieten keinen Wohnsitz und
keinen Sitz sowie keine Geschäftsleitung oder Zweigniederlassung
hat. Außerdem darf er im Inland nur steuerfreie Umsätze ausführen
und keine Vorsteuerbeträge abziehen können. Ein Unternehmer im
Ausland kann eine Fiskalvertretung also nicht nutzen, sofern er
neben den steuerfreien auch steuerpflichtige Umsätze ausführt.72
Die Fiskalvertretung ist auf den in § 22a (2) UStG genannten Perso-
nenkreis eingeschränkt. Die häufigsten Fälle der Fiskalvertretung in
Bezug auf das Verfahren 4200 sind die Spediteure und Zolldekla-
ranten73 gem. § 4 Nr. 9 c) StBerG. Diesen Personen muss gem.
§ 22a (3) UStG eine Vollmacht des ausländischen Unternehmens
für eine Vertretung erteilt werden. Hierbei ist zu beachten, dass eine
bereits bestehende Vollmacht für Zölle hinsichtlich der EUSt nicht
ausreiche.74 Zudem müsse die Vollmacht für die Fiskalvertretung
bereits vor dem im Inland steuerfreien Umsatz erteilt worden sein.75
67 Ebd., S. 9 (9, 12). 68 Vgl. Dienstvorschrift Z 8101 Abs. 73 S. 2. 69 Vgl. Harksen, Der Zoll-Profi! 05/2010, S. 9 (12). 70 Ebd., S. 9 (9). 71 Vgl. Raudszus in Weimann/Lang, Umsatzsteuer, § 22a UStG, Rz. 2. 72 Ebd., § 22a UStG, Rz. 12. 73 Vgl. Harksen, Der Zoll-Profi! 05/2010, S. 9 (11). 74 Ebd., S. 9 (11). 75 Vgl. Raudszus in Weimann/Lang, a.a.O., § 22a UStG, Rz. 15.
14
III. Rechte und Pflichten des Fiskalvertreters
Der Fiskalvertreter hat gem. § 22b UStG bestimmte Rechte und
Pflichten, die im Folgenden dargestellt werden.
1. Rechte
Gemäß § 22b S. 2 UStG hat der Fiskalvertreter die gleichen Rechte
wie der Vertretene. Auf diese gehe ich nicht weiter ein.
2. Pflichten
Der Fiskalvertreter hat gemäß § 22b (1) S.1 UStG die Pflichten des
im Ausland ansässigen Unternehmers als eigene zu erfüllen. So
muss er gem. § 22b (2) UStG eine „Umsatzsteuerjahreserklä-
rung“76 unter der ihm nach § 22d (1) UStG erteilten Steuernummer
sowie eine Zusammenfassende Meldung abgeben.
Sofern ein Fiskalvertreter mehrere Unternehmen vertritt, hat er bei
der Umsatzsteuerjahreserklärung die Besteuerungsgrundlagen ge-
mäß § 22b (2) S. 1 UStG für jeden Unternehmer zusammenzufas-
sen. Auf Einzelaufstellungen könne dabei verzichtet werden.77
Der Fiskalvertreter hat monatlich eine Zusammenfassende Mel-
dung i.S.d. § 18a UStG beim Bundeszentralamt für Steuern abzu-
geben. Wie auch bei der Umsatzsteuerjahreserklärung habe der
Fiskalvertreter die Bemessungsgrundlagen auch hierbei für jeden
von ihm vertretenen Unternehmer zusammenzufassen.78
Außerdem hat er nach § 22b (3) UStG die allgemeinen Aufzeich-
nungspflichten des § 22 UStG zu erfüllen. Die dort genannten Auf-
zeichnungen hat der Fiskalvertreter für jeden Unternehmer, der von
ihm vertreten wird, gesondert zu führen. Sie müssen Namen und
Anschrift dieser Unternehmer enthalten (siehe § 22b (3) UStG).
Auch muss gemäß § 22c UStG aus der Rechnung ein Hinweis auf
die Fiskalvertretung, sowie Name und Anschrift des Fiskalvertreters
und dessen nach § 22d (1) UStG erteilte USt-IdNr. hervorgehen.
Sollten der oben bereits angesprochene Buch- und Belegnachweis
doch zu keiner Steuerbefreiung, sondern zu einer Steuerentstehung
führen, werde der Vertretene, und nicht etwa der Fiskalvertreter,
Steuerschuldner.79
76 Harksen, Der Zoll-Profi! 05/2010, S. 9 (11). 77 Ebd., S. 9 (11). 78 Ebd., S. 9 (11). 79 Ebd., S. 9 (11-12).
15
IV. Beendigung und Ausschluss der
Fiskalvertretung
Sobald der Vertretene dem Fiskalvertreter die Vollmacht entziehe80
oder die zuständige Finanzbehörde die Fiskalvertretung gemäß
§ 22e UStG untersagt, wird die Fiskalvertretung beendet. Eine
Untersagung der Finanzbehörde erfolgt gemäß § 22e (1) UStG
dann, wenn der Fiskalvertreter wiederholt gegen seine Pflichten aus
§ 22b UStG verstößt oder Ordnungswidrigkeiten nach § 26a UStG
begeht. Des Weiteren endet die Fiskalvertretung sofern steuerbare
Umsätze ausgeführt oder Vorsteuerbeträge geltend gemacht wer-
den.81
E. Vorteile und Probleme des Verfahrens
Nachdem das Verfahren 4200 dargestellt wurde, können nun Vor-
teile, die Sinn und Zweck des Verfahrens begründen, aber auch
einige Probleme zu Lasten der Beteiligten, insbesondere der Spedi-
teure als Fiskalvertreter und des Staates, dargestellt werden. Bei
den Problemen beschränke ich meine Ausführungen auf die meiner
Meinung nach wichtigsten drei.
I. Vorteile
Ein Vorteil ist meiner Ansicht nach die vereinfachte Bürokratie für
den ausländischen Unternehmer durch die Fiskalvertretung: Ge-
mäß § 5 (1) Nr. 3 a) UStG muss ein ausländischer Unternehmer für
die Steuerbefreiung beim Verfahren 4200 grds. eine deutsche USt-
IdNr. haben, wenn er einen Gegenstand nicht direkt in den Bestim-
mungsmitgliedstaat einführt. Wenn er sich eines Fiskalvertreters
bedient, ist dies nicht notwendig (vgl. § 5 (1) Nr. 3 a) UStG).
Ferner besteht ein weiterer Vorteil des Verfahrens meiner Meinung
nach darin, dass die Zollschuld bereits mit der Einfuhr erhoben wird,
sodass zumindest die Zölle gesichert sind. Schließlich werden 75 %
dieser Einnahmen an die EU abgegeben, sodass unerheblich ist, in
welchem Mitgliedstaat die Zölle erhoben werden. Lediglich die übri-
gen 25 % würden zur Deckung der Erhebungskosten im Mitglied-
staat verbleiben.82 Dies ist beim externen Versandverfahren anders,
da während dieses Verfahrens weder Zölle noch die EUSt gemäß
Art. 226 (1) a), b) UZK erhoben werden.
80 Ebd., S. 9 (12). 81 Ebd., S. 9 (12). 82 Vgl. Kock/Focke, Allgemeines Zollrecht, S. 16.
16
Auch könnte ein Vorteil des Beteiligten darin bestehen, dass ihm
keine Doppelbesteuerung zur Last gelegt wird, da die EUSt als
nationale Abgabe in dem jeweiligen Mitgliedstaat entsteht, in dem
sich der Gegenstand befindet. Schließlich behalten bei nationalen
Abgaben die einzelnen Mitgliedstaaten selbst die Einnahmen, da
hierfür das jeweilige Recht des Mitgliedstaats anzuwenden ist, in
dem sich die Ware befindet.
Darüber hinaus wird meiner Ansicht nach der Verwaltungsaufwand
durch das Verfahren 4200 hinsichtlich der Erhebung der EUSt ge-
senkt, sodass die EUSt nicht bei jeder innergemeinschaftlichen
Anschlusslieferung erstattet werden muss. Eine Erhebung mit an-
schließender Erstattung ist seinem Verwaltungsaufwand in diesem
Fall meiner Meinung nach nicht wert.
Ebenso könnte es für die Wirtschaftsbeteiligten von Vorteil sein,
dass die EUSt erst später nach der Zollschuld erhoben wird, so-
dass sie das Geld in der Zwischenzeit zur freien Verfügung haben.
II. Probleme
1. Informationsaustausch
Ein Problem dieses Verfahrens ist meiner Ansicht nach, dass die
einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich mit innergemeinschaftli-
chen Anschlusslieferungen umgehen, was von den Händlern in den
anderen Mitgliedstaaten missbraucht werden könne.83
Beim Verfahren 4200 sind mehrere Behörden verschiedener Staa-
ten beteiligt: So wird der Zoll von den Zollbehörden des Einfuhrlan-
des und die EUSt erst von der Steuerverwaltung des Bestimmungs-
mitgliedstaats erhoben. Dies stellt ein Problem dar, weil die Kommu-
nikation zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten aufgrund unter-
schiedlicher IT-Systeme sowie der unterschiedlichen Amtssprachen
meiner Ansicht nach deutlich erschwert wird. Diese Problematik gibt
es sogar zwischen Behörden innerhalb Deutschlands. So muss die
deutsche Zollverwaltung mit einem deutschen Finanzamt kommuni-
zieren: Die Zollverwaltung arbeitet mit ATLAS, während die Finanz-
ämter mit dem System ELSTER84 arbeiten. Ein Informationsaus-
tausch dieser Systeme ist meiner Ansicht nach kaum möglich, so-
dass die Kommunikation innerhalb Deutschlands schon nicht gut
funktioniert. Mit einem anderen Mitgliedstaat ist dies noch um eini-
ges erschwert, z. B. aufgrund unterschiedlicher Amtssprachen.
83 Vgl. Möller in AW-Prax 2011, S. 407 (410). Diese Meinung vertritt auch Möller. 84 Elektronische Steuererklärung; mehr Informationen zu ELSTER finden sich unter
<https://www.ofd.niedersachsen.de/steuer/themen/67700.html> (08.07.2017).
17
In der EU gibt es für die Steuerverwaltungen der einzelnen Mitglied-
staaten Zugriffe auf MIAS85, was MwSt-Ausfälle vorbeugen solle86.
Mit MIAS sollen Informationen von steuerfreien innergemeinschaft-
lichen Lieferungen zwischen den Mitgliedstaaten abgeglichen wer-
den.87 Hierin seien aber keine Einfuhren im Verfahren 4200 gekenn-
zeichnet, sodass diese nicht erkennbar sind.88
2. Betrugsanfälligkeit
Ein weiteres Problem ist die hohe Betrugsanfälligkeit im Verfahren
4200. Wie bereits in der Einleitung dargestellt, entsteht bei etwa je-
dem dritten Verfahren 4200 die EUSt. Einige Beteiligte wollen die
EUSt umgehen, um mehr Gewinn zu erzielen oder ihre Produkte
günstiger als andere anzubieten. Ein Grund, die EUSt zu hinterzie-
hen, sei die unterschiedliche Behandlung von innergemeinschaft-
lichen Lieferungen89, sodass der Betrug kaum auffällt. Verstärkt wird
dies durch den sog. Karussellbetrug. Hierbei kann die Steuer-
entstehung nicht ermittelt werden, da zu viele Unternehmen an dem
Betrug beteiligt sind, sodass die Zollverwaltung nicht mehr nachvoll-
ziehen kann, in welchem Mitgliedstaat wann die EUSt entstand.90
Ebenso könnte meiner Meinung nach die Unterscheidung zwi-
schen dem Bestimmungs- und Ursprungslandprinzip91 ein Ansatz
sein, eine Steuerhinterziehung zu begehen, da man in der Zollan-
meldung eine gewerbliche Person anmelden kann, für die das Be-
stimmungslandprinzip gilt, tatsächlich aber eine Privatperson die
Ware nach dem Ursprungslandprinzip empfängt. Dies könnte dazu
führen, dass die deutschen Zollbehörden glauben, dass die Steuer
in Polen entsteht und die polnischen Behörden denken, dass sie in
Deutschland entsteht. Folglich wird die EUSt gar nicht erhoben. Ur-
sachen hierfür seien u.a. das Nutzen ungewöhnlicher Transport-
wege sowie der Karussellbetrug. 92 Darüber hinaus würden Em-
pfängerfirmen angegeben, die mit der Ware selbst nichts anstellen
können.93 So kann ein Gärtnereibetrieb nichts mit medizinischen
Instrumenten anfangen.
85 Heller in Summersberger (Hrsg.), a.a.O., S. 28. 86 Scheller/Schrömbges, a.a.O., S. 47. 87 Ebd., S. 47. 88 Heller in Summersberger (Hrsg.), a.a.O., S. 28. 89 Möller in AW-Prax 2011, S. 407 (407). 90 Vgl. Bundesrechnungshof, Gemeinsamer Bericht der Rechnungshöfe vom
27.09.2012, S. 5; Internetadresse wie in Fußnote 5. 91 Ebd., S. 407 (408). 92 Heller in Summersberger (Hrsg.), a.a.O., S. 34. 93 Ebd., S. 34.
18
Ziel der „bösen“ Beteiligten sei es möglichst steuerfrei Waren in die
EU zu importieren und diese auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen.94
3. Fehlende Sicherheitsleistung
Meiner Meinung nach ist ebenso ein Problem des Verfahrens 4200,
dass keine Sicherheit in Höhe der angefallenen EUSt erhoben wird.
Dadurch könnte der Anreiz einen Betrug zu begehen erhöht
werden, da der Beteiligte vor der Lieferung noch keine EUSt zahlte.
Anders ist dies beim externen Versandverfahren. Dabei werden
gem. Art. 226 (1) UZK Nicht-Unionswaren zwischen zwei innerhalb
des Zollgebiets der Union gelegenen Orten befördert, ohne Ein-
fuhrabgaben gem. Art. 5 Nr. 20 UZK und sonstigen Abgaben (z.B.
EUSt) zu unterliegen. Hierbei wird aber gemäß Art. 233 (1) c) UZK
eine Sicherheit für alle bei der Einfuhr anfallenden Abgaben erho-
ben. Beim Verfahren 4200 fehlt es hierfür an einer Rechtsgrundlage.
Das gleiche ist im Verbrauchsteuerrecht bei der Beförderung
verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Verkehr mit anderen Mitglied-
staaten festzustellen. Hier wird von den Mitgliedstaaten gemäß Art.
18 (1), (3) RL 2008/118 eine Sicherheit erhoben. Nur im Verfahren
4200 passiert dies nicht.
III. Lösungsansätze der Probleme
Die oben angesprochenen Probleme müssten meiner Ansicht nach
für einen besseren Verfahrensablauf sowohl für den Staat als auch
für den Beteiligten gelöst werden. Im Folgenden beschränke ich
meine Ausführungen auf die oben genannten Probleme.
Bezüglich des Informationsaustauschs zwischen den einzelnen
Mitgliedstaaten über die EUSt seien in der ganzen EU bereits zen-
trale Behörden, in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern,
eingerichtet wurden.95 Meiner Ansicht nach wird dadurch die Kom-
munikation zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten erleichtert,
indem lediglich eine Behörde einen Staat nach außen hin vertritt
und die entsprechenden Überprüfungen vornehmen kann. Außer-
dem wurde Eurofisc96 für das Verfahren 42 in mittlerweile 22 Mit-
94 Ebd., S. 34. 95 Vgl. Bundeszentralamt für Steuern, <http://www.bzst.de/DE/Steuern_Internation
al/[...]> (02.07.2017). Der vollständige Internetlink findet sich im Internet-
quellenverzeichnis. 96 Eurofisc für das Zollverfahren 42 ist nach dem Gemeinsamen Bericht der
Rechnungshöfe vom 02.10.2015 (S. 10) ein besonderes Netzwerk für Steuerbetrug
i.Z.m. dem Zollverfahren 42.
19
gliedstaaten eingeführt. Dies stärke den unmittelbaren Informa-
tionsaustausch zwischen den Betrugsbekämpfungseinheiten.97
Den Betrug könnte man meiner Ansicht nach etwas vorbeugen,
indem in Höhe der Steuerbefreiung für die EUSt eine Sicherheit
erhoben wird, da dies das Interesse der Beteiligten erhöhen könnte,
eine innergemeinschaftliche Lieferung tatsächlich auszuführen, um
die Sicherheit zurückzubekommen.98 Anderenfalls würde die Steuer
im Bestimmungsmitgliedstaat ein zweites Mal entstehen. Für die
Rückzahlung der Sicherheit könnten als Nachweis z.B. ein
Kaufvertrag oder ein Steuerbescheid des anderen Mitgliedstaats
den deutschen Zollbehörden vorgelegt werden.
Allerdings werden diese Probleme meiner Ansicht nach nicht
zeitnah gelöst werden können, da die Mitgliedstaaten über die
Vorschriften der RL 2006/112 keine Regelungen zur Bekämpfung
von Steuerbetrug treffen dürfen99.
Darüber hinaus habe der Europäische Rechnungshof (ERH) festge-
stellt, dass die MIAS-Daten zu Einfuhren im Verfahren 4200 unvoll-
ständig seien und die deutschen Zollbehörden die Daten der jewei-
ligen Verfahren 4200 nicht an die Steuerbehörden weitersenden.
Ferner bemerkte der ERH, dass die innergemeinschaftlichen An-
schlusslieferungen des Verfahrens 4200 von den Wirtschaftsbe-
teiligten in Deutschland nicht separat ausgewiesen wurden.100 Dies
habe zur Folge, dass die Steuerbehörden keinen Abgleich der
Daten der Zollanmeldung mit denen der Zusammenfassenden Mel-
dungen machen können. Dieser Abgleich sei besonders wichtig,
damit die Steuerbehörden der anderen Mitgliedstaaten Kenntnis
von der innergemeinschaftlichen Anschlusslieferung haben und so
eine Versteuerung stattfinden kann.101
Fortführend wurde beim Verfahren 4200 eine Risikoanalyse durch-
geführt, um Unregelmäßigkeiten in der Zollanmeldung zu erken-
nen.102 Der ERH hat im Sonderbericht Nr. 24 aus dem Jahr 2015,
genauso wie der Bundesrechnungshof in seinem „Gemeinsamen
Bericht der Rechnungshöfe der Niederlande, Belgiens und
Deutschlands“ vom 27.09.2012 weitere Lösungsansätze ermittelt.
97 Vgl. Bundesrechnungshof, Gemeinsamer Bericht der Rechnungshöfe vom
02.10.2015, S.10, <https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/
[...]> (12.07.2017). Der vollständige Link findet sich im Internetquellenverzeichnis. 98 Diese Meinung vertritt auch Karl Fuchs, siehe Fuchs, ZfZ 2015, S. 148 (150). 99 Ebenso: Möller, AW-Prax 2011, S. 407 (410). 100 Vgl. Europäischer Rechnungshof, Sonderbericht Nr. 24, Rn. 78 (S. 32),
<http://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR15_24/SR_VAT_FRAUD_DE
.pdf> (09.07.2017). 101 Ebd., Rn. 79 (S. 33). 102 Vgl. Bundesrechnungshof, Gemeinsamer Bericht der Rechnungshöfe vom
27.09.2012, S. 22; Internetadresse wie in Fußnote 5 (09.07.2017).
20
F. Bewertung des Verfahrens 4200
Der Zweck des Verfahrens 4200 ist es, dass die EUSt beim
gewerblichen Verbringen im Bestimmungsland erhoben wird und
nicht im Einfuhrland. Auf diese Weise wird eine Doppelbesteuerung
vermieden.
Bei der Einfuhr im Verfahren 4200 werden ausschließlich Zölle im
Einfuhrland erhoben. Dies ist meiner Meinung nach auch sinnvoll,
da bereits bei der Einfuhr die Zollschuld gemäß Art. 77 UZK entsteht
und die Bemessungsgrundlagen in jedem Mitgliedstaat durch den
UZK gleich geregelt sind.
Die EUSt ist nicht durch unmittelbares Recht der EU geregelt.
Dennoch gibt es eine Grundlage: die RL 2006/112. Richtlinien müs-
sen jedoch erst in nationales Recht umgesetzt werden. Der Art. 143
(1) d) RL 2006/112 sieht in allen Mitgliedstaaten eine steuerbefreite
innergemeinschaftliche Anschlusslieferung vor. Die Vorausset-
zungen, um eine solche in Anspruch zu nehmen, wurden mit der RL
2009/69 zur Bekämpfung des Steuerbetrugs bei der Einfuhr
ergänzt. Hieran ist meiner Ansicht nach das Interesse der EU zu
erkennen, dass das Hinterziehen der EUSt bei der Einfuhr er-
schwert werden soll, um die EUSt bei der Einfuhr zu sichern.
Meiner Ansicht nach ist relativ einfach die EUSt zu hinterziehen, da
es kein einheitliches System zur Erhebung der EUSt in der EU gibt.
Wobei auch hier Fortschritte in den letzten Jahren gemacht wurden.
So hat man in jedem Mitgliedstaat eine einheitliche Behörde
geschaffen, wodurch die Kommunikation zwischen den Behörden
der einzelnen Mitgliedstaaten erleichtert wird. In Deutschland ist
dies seit 2006 das Bundeszentralamt für Steuern.103 Auch hat der
Europäische Rechnungshof in seinem Sonderbericht Nr. 24 aus
dem Jahr 2015 Maßnahmen zur Bekämpfung des innergemein-
schaftlichen MwSt.-Betrugs aufgezeigt.
Dennoch ist das Verfahren 4200 immer noch sehr betrugsanfällig.
Die einfachste Lösung, wie ich finde, wäre eine Erhebung der
Sicherheit in Höhe der EUSt, was aber mangels einer Harmo-
nisierung nicht möglich ist, da die Mitgliedstaaten keine Kompetenz
haben, Regelungen zur Bekämpfung des Steuerbetrugs zu treffen.
Insgesamt betrachtet ist die Idee der Verfahrens 4200 hinsichtlich
der innergemeinschaftlichen Anschlusslieferungen an die Einfuhr
sinnvoll. Allerdings müsste das Verfahren praktisch anders
umgesetzt werden, um den Steuerbetrug zumindest einzudämpfen.
103 Bundeszentralamt für Steuern, <http://www.bzst.de/DE/Ueber_Uns/Faltblatt_A
ufgaben.pdf?_blob=publicationFile> (03.07.2017).
i
G. Versicherung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und
ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel
angefertigt habe; die aus fremden Werken wörtlich und sinngemäß
übernommenen Gedanken sind unter Angabe der Quellen
gekennzeichnet.
Ort, Datum
Unterschrift
ii
H. Literaturverzeichnis
Einzelschriften, Lehrbücher
Kock, Kai-Uwe
Focke, Annegret
Allgemeines Zollrecht – Prüfungs-
schemata und Übersichten, 4. Auflage,
Witten 2016.
Lux, Michael
Schrömbges, Ulrich
Zoll und Mehrwertsteuer – Praxisleit-
faden unter Einschluss der Verbrauch-
steuern, Köln 2014.
Scheller, Axel
Schrömbges, Ulrich
Grenzüberschreitender Warenverkehr
aus Sicht der Umsatzsteuer – Fehlerur-
sachen und Maßnahmen zur Behe-
bung, Witten 2011.
Summersberger, Walter
Einfuhr und innergemeinschaftliche
Lieferung – Verfahren 42 (Art 6 Abs 3
BMR), Linz 2014.
Witte, Peter
Wolffgang, Michael
Lehrbuch des Zollrechts der Europäi-
schen Union, 8. Auflage, Herne 2016.
Kommentar
Weimann, Rüdiger
Lang, Fritz
Umsatzsteuer – national und inter-
national, Kompakt-Kommentar, 4.
Auflage, Stuttgart 2015.
Zeitschriftenaufsätze
Fuchs, Karl
Verfahrenscode 42 – ein Problem ohne
Ende?, ZfZ 2015, S. 148.
Harksen, Nathalie
Die umsatzsteuerrechtliche Vertretung
– die Fiskalvertretung, Der Zoll-Profi!,
Mai 2010, S. 9.
Harksen, Nathalie
Neue Nachweispflichten in der Um-
satzsteuer – Änderung der Umsatz-
steuer-Durchführungsverordnung
(UStDV) zum 01.01.2012, Der Zoll-
Profi! Januar 2012, S. 7.
iii
Harksen, Nathalie
Warenlieferungen im Europäischen
Binnenmarkt – Die Steuerfreiheit inner-
gemeinschaftlicher Lieferungen, Der
Zoll-Profi! Februar 2009, S. 5.
Lux, Michael
Schrömbges, Ulrich
Entstehung einer Einfuhrumsatz-
steuerschuld im Verfahrenscode 42
und Vertrauensschutz, AW-Prax 2014,
S. 250.
Möller, Thomas
Steuerbefreiung für Anschlussliefe-
rungen – Verfahren 42 ein wirtschaft-
liches Risiko, AW-Prax 2011, S. 407.
Schrömbges, Ulrich
Voraussetzungen für die Steuerfreiheit
der innergemeinschaftlichen An-
schlusslieferung im Verfahrenscode
42, ZfZ 2013, S. 1.
Schrömbges, Ulrich
Zollrechtlich freier Verkehr und einfuhr-
umsatzsteuerrechtliche Einfuhr, ZfZ
2017, S. 106.
Schrömbges, Ulrich
Kotschnigg, Michael
Zur Ust-Freiheit innergemeinschaft-
licher Anschlusslieferungen, Nach-
weispflichten und Vertrauensschutz,
ZfZ 2016, S. 2.
iv
I. Internetquellenverzeichnis
Bundesrechnungshof Gemeinsamer Bericht der Rechnungs-
höfe der Niederlande (Algemene
Rekenkammer), Belgiens (Rekenhof,
Cour des comptes), Deutschlands
(Bundesrechnungshof) über die
Kontrollprüfung zum innergemein-
schaftlichen Umsatzsteuerbetrug vom
27.09.2012, Bonn 2012,
<https://www.bundesrechnungshof.de/
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eQc40LaxqMbN4PahiMe0?text=&doci
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