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Das Onlinemagazin für Corporate HealthAusgabe 2 / Mai 2016
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Psychosozialer Dienst: Lufthansa und ThyssenKrupp Steel stehen auf mehreren Säulen
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Fokusthema Muskel-Skelett-Erkrankungen: Prävention stärkt
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Betriebssport: Sport mit Kollegen als gelebte BGF
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Dr. Irmgard Spickenbom, Teamleiterin Sozialservice, ThyssenKrupp Steel Europe AG
Liebe Leser,
die Krankheitskosten allein für Rückenschmerzen verdoppeln sich laut Angaben des Statistischen Bundesamtes praktisch von Altersgruppe zu Altersgruppe. Entstehen
bereits in der jungen Generation im Alter von 15 bis unter 30 Jahren jährliche Krankheitskosten aufgrund von Rückenschmerzen in Höhe von knapp 19 Milliarden Euro,
steigen die Vergleichswerte für die Generation zwischen 30 und unter 45 Jahre auf über 30 Milliarden Euro und für die Menschen zwischen 45 und unter 65 Jahren
auf fast 67 Milliarden Euro. Dieser Kostenblock und vor allem die körperlichen Beschwerden der Betroffenen lassen sich durch Prävention, Bewegung und Ergonomie
reduzieren. Der neue „GesundheitsManager“ informiert in der Mai-Ausgabe vor allem über Muskel-Skelett-Erkrankungen und macht Lust auf mehr Betriebssport.
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Dr. Guido Birkner
Dr. Guido Birkner,verantwortlicher
Redakteur Human Resources
2 Editorial/Inhalt
Medizinischer Dienst und Sozialberatung
3 Medizinischer Dienst und psychosoziale Beratung als doppeltes Netz Lufthansa baut das Angebot an medizinischen Leistungen und psychosozialer Beratung aus Dr. Guido Birkner
6 Die drei Säulen von ThyssenKrupp Steel Betriebsärztlicher Dienst, Sozialdienst und BGM kooperieren für die Wiedereingliederung psychisch erkrankter Mitarbeiter Dr. Guido Birkner
Muskel-Skelett-Erkrankungen
10 Starker Rücken dank Prävention Basisinformationen zu Muskel-Skelett- Erkrankungen Dr. Guido Birkner
13 Den Rücken krumm gebuckelt Worauf Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Sachen Rückengesundheit achten sollten Sabrina Lieb
16 Neue Ära der Prävention durch neue Technik Worauf Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Sachen Rückengesundheit achten sollten Florian Michalke
18 Ist Sport nur gesund oder auch gefährlich? Ein Überblick über Risiken und optimale Trainingsmethoden Prof. Dr. med. Dietrich Baumgart
20 „Ich habe Rücken“ Der Präventionsbedarf bei Muskel-Skelett-Erkrankungen erfordert qualifizierte medizini-sche Beratung Christian Weyer
Betriebssport
22 Betriebssport fördern und organisieren Betriebliche Gesundheitsförderung als Netz-werkarbeit zwischen Sportvereinen und Unternehmen Dr. Mischa Kläber
24 Betriebssport verbindet Spaß und Gesundheit miteinander Arbeitgeber können Sportangebote als Maß-nahmen der Betrieblichen Gesundheitsförde-rung nutzen Bernd Meyer
26 Kurz und knapp27 Veranstaltungskalender28 Partner29 Impressum
223 13
Ausgabe 2 – Mai 2016
2 // Editorial / Inhalt
Medizinischer Dienst und psychosoziale Beratung als doppeltes NetzLufthansa baut das Angebot an medizinischen Leistungen und psychosozialer Beratung aus
Von Dr. Guido Birkner
Der medizinische Dienst und die Sozialberatung ar-
beiten in vielen Großunternehmen Hand in Hand.
Schließlich liegen die Ursachen für gesundheitliche
Probleme oft in Bereichen, für die der Sozialberater
ebenso zuständig ist wie der Mediziner.
So wie sich die Gesundheit eines Menschen auf Kör-
per und Geist stützt, arbeiten in der Arbeitsmedizin in
vielen Unternehmen der medizinische Dienst und der
psychosoziale Dienst Hand in Hand zusammen. Wie bei
der Deutschen Lufthansa AG. Die Fluggesellschaft spricht
von ihrem 2-Säulen-Konzept für Körper und Seele. Der
Konzern betreibt am Sitz in Frankfurt sowie in Hamburg
und München medizinische Zentren mit insgesamt 107
Mitarbeitern. Darunter sind über 20 Ärzte verschiedener
Disziplinen. Die breite Fachpalette reicht von Neurologen
über HNO-Ärzte bis hin zu Augenärzten.
Das Konzern-Gesundheitsmanagement unter der
Leitung von Dr. Lothar Zell ist direkt beim Personalvor-
stand der Lufthansa AG angesiedelt. „Die engmaschige
Vernetzung mit den HR-Bereichen ist Teil unserer Un-
ternehmenskultur und unseres Leadership-Ansatzes“,
verdeutlicht Lothar Zell. „Die Gesundheit unserer Mit-
arbeiter beginnt in der Führung.“ Deshalb haben HR
und das Konzern-Gesundheitsmanagement ein Gremi-
um gegründet, das den Führungsansatz gemeinsam auf
die Straße bringen soll. „Diese gemeinsame Klammer
zwischen HR und Medizin ist gerade für das Schnittstel-
lenmanagement wichtig“, so Zell. „Dabei stehen die
Personalentwicklung, die Aus- und Weiterbildung von
Führungskräften sowie die strategische Personalplanung
im Fokus.“
Als Teil des medizinischen Dienstes ist das Betriebli-
che Gesundheitsmanagement (BGM) des Konzerns an-
geschlossen. Amelie Torka gestaltet es als Referentin mit.
Das BGM hat sich in den vergangenen Jahren als eigen-
ständiger Managementansatz innerhalb der Abteilung
entwickelt. „Wir wollen das BGM als festen Bestandteil
aller Arbeitsprozesse integrieren“, so Amelie Torka. „Da-
durch sollen unsere Mitarbeiter wahrnehmen, dass wir
ihre Arbeitsumgebung gesundheitsgerecht gestalten.“
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Ist im Job Belastungen ausgesetzt: Boardcrew
Ausgabe 2 – Mai 2016
3 // Medizinischer Dienst und Sozialberatung
Pflicht und Kür in der Arbeitsmedizin
Für die Arbeitsmedizin unterscheidet Leiter Lothar Zell
Pflicht und Kür: „Natürlich sind wir in erster Linie dazu
verpflichtet, sämtliche arbeitsmedizinischen Gesetze und
Vorschriften umzusetzen, die für uns als Lufthansa im In-
land wie im Ausland gelten. Das Spektrum ist sehr breit,
da allein der Gesetzgeber in Deutschland seit den siebzi-
ger Jahren einen umfangreichen Kanon an Vorschriften
erlassen hat.“ So müssen sich viele Funktionsträger regel-
mäßigen Vorsorgeuntersuchungen unterziehen. Doch der
Bedarf an medizinischen und Beratungsleistungen geht
über den gesetzlichen Rahmen hinaus. Schichtdienst,
Zeitzonen, Staub, Lärm, Stress – die Lufthansa-Beschäf-
tigten unterliegen am Arbeitsplatz vielfältigen Einflüssen.
„Auch über den Gesetzesrahmen hinaus nimmt Luft-
hansa als Arbeitgeber ihre soziale Verantwortung für die
Belegschaft wahr“, erklärt Lothar Zell. „Wir wollen mit
Präventionsangeboten dazu beitragen, dass sich Krank-
heiten bei unseren Mitarbeitern erst gar nicht entwi-
ckeln.“ Deshalb hat der Konzern sein Angebot an Maß-
nahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) in
den vergangenen Jahren ausgebaut – und die Zugangs-
schwellen stets niedrig gehalten. „Wir haben erkannt,
dass wir für diese Angebote eine Managementstruktur
benötigen“, ergänzt Amelie Torka. „Deshalb betreiben
wir das BGM als nachhaltigen Ansatz im Sinne von Pla-
nen, Strukturieren, Durchführen und Bewerten.“
Angesichts der diversen Mitarbeitergruppen im Kon-
zern ist es für das BGM als strukturelles Dach wichtig,
Synergien zu heben. Beispielsweise bei Hebehilfen. „Wir
haben mehrere Gesundheitsmanager, die in den ver-
schiedenen Geschäftsbereichen unterwegs sind und dort
auch die Ergonomie der Arbeitsplätze prüfen und ziel-
gruppenspezifische Maßnahmen entwickeln“, beschreibt
Amelie Torka. „Durch unseren Managementansatz ist es
uns gelungen, Hebehilfen für verschiedene Bereiche und
Einsatzzwecke zu entwickeln und zu installieren.“
Zwei Seiten einer Medaille
Der medizinische Dienst ist die eine Seite der Medaille bei
der Gesundheit, das psychosoziale Zentrum inklusive der
Sozialberatung die andere. Lufthansa bietet Mitarbeitern
seit über 40 Jahren Sozialberatungen an. Heute leitet Da-
niel Wend das Zentrum mit insgesamt 15 Mitarbeitern an
vier Standorten. Erst im vergangenen Jahr ist sein Zustän-
digkeitsbereich durch die Fusion der Sozialberatungen
der Lufthansa AG und der Lufthansa Technik noch ein-
mal gewachsen. „In den vergangenen 20 Jahren sind die
Anforderungen an unsere Berater deutlich gestiegen“,
berichtet Daniel Wend. „Neben Krisen- und Suchtprob-
lemen rücken psychische Störungen und Erkrankungen,
aber auch familiäre Probleme und Konflikte am Arbeits-
platz stärker in den Fokus.“
Zwischen 2006 und 2012 hat sich die Zahl der Mit-
arbeiter, die bei Lufthansa eine psychosoziale Beratung
angenommen haben, verdoppelt. Allein 2015 kamen
über 1.500 Klienten in die Sozialberatung. Zudem hat
das Zentrum fast 400 Führungskräfte und Funktionsträ-
ger gecoacht. Dabei ging es in der überwiegenden Zahl
der Fälle um die Frage, wie mit psychisch auffälligen
Mitarbeitern umzugehen ist. Auch die eigene Rolle als
Führungskraft und Konflikte im Team waren in einigen
Fällen die Anlässe für Führungskräfte, die psychosoziale
Beratung aufzusuchen.
„Die engmaschige Vernetzung mit den HR-Bereichen ist Teil unserer Unternehmens-kultur und unseres Leadership-Ansatzes.“
Dr. Lothar Zell, Lufthansa
„Wir benötigen für BGM eine Managementstruk-tur und betreiben einen nachhaltigen Ansatz aus Planen, Strukturieren, Durchführen, Bewerten.“
Amelie Torka, Lufthansa
Ausgabe 2 – Mai 2016
4 // Medizinischer Dienst und Sozialberatung
Damit möglichst viele Beschäftigte die Schulungs- und
Informationsangebote nutzen, bieten Wend und seine
Kollegen neben Standardthemen wie Suchtprävention
immer wieder neue Schwerpunkte wie Resilienz und ge-
sunde Führung an. Allein 2015 fanden 168 Schulungs-
und Informationstermine für Gruppen statt, an denen
über 2.000 Mitarbeiter teilnahmen. Gerade für die Work-
shops zu Resilienz- und Führungsthemen wird mit jeweils
bis zu einem halben Tag mehr Zeit eingeräumt.
Diverse Problemquellen
Die meisten Mitarbeiter wenden sich aus eigener Initia-
tive an die Sozialberatung – ein Indiz für die hohe Ak-
zeptanz des Leistungsangebots. Lufthansa-Mitarbeiter
können die Sozialberatung grundsätzlich freiwillig und
kostenfrei in Anspruch nehmen. In wenigen Fällen er-
folgt die Kontaktaufnahme aufgrund einer Auflage, bei-
spielsweise bei Suchtmittelmissbrauch. Zudem vermitteln
zum Teil Vorgesetzte betroffene Mitarbeiter, die dann in
der Regel freiwillig die Beratung aufsuchen. „Besonders
im Umgang mit auffälligen Mitarbeitern haben wir 2015
eine signifikante Steigerung der Beratungsnachfrage ver-
zeichnet“, so Wend.
Psychische Probleme und Erkrankungen haben bei
Lufthansa wie auch in der gesamten Bevölkerung eine
deutlich höhere Sichtbarkeit erhalten. Daniel Wend be-
obachtet zwei Problemfelder: „Gerade beim fliegenden
Personal wie etwa bei Kabinenmitarbeitern registrieren
wir berufsspezifische Belastungsymptome wie etwa
Schlafstörungen, die auf den Schichtdienst sowie auf
das Arbeiten in wechselnden Zeitzonen zurückgehen.“
Hinzu kommen oft familiäre Probleme, die die Betrof-
fenen durch die langen Abwesenheiten von zu Hause
und die Planungsunsicherheiten oft nur schwer lösen
können.
Eine weitere Problemquelle sind Restrukturierungen
im Konzern. „Der ganze Change-Prozess, in dem sich
Lufthansa befindet, ist mit Stellenabbau verbunden und
kann bei den Menschen existenzielle Fragen auslösen“,
so Wend. „Unsere Aufgabe besteht dann darin, mit den
psychisch belasteten Kollegen neue Perspektiven für die
persönliche Zukunft und Bewältigungskompetenzen zu
erarbeiten.“
Ein Absturz und seine Aufarbeitung
Ein besonders schwerwiegender Einschnitt für den me-
dizinischen Dienst und die psychosoziale Beratung stell-
te der Germanwings-Absturz am 24. März 2015 dar.
Für die eigenen Mitarbeiter und Führungskräfte, die mit
dem Absturz befasst sind, hat Lufthansa intern über die
eigene Infrastruktur konzernweit psychosoziale Hilfe an-
geboten. Dazu gehören eine Notfallversorgung an den
größten Stationen des Konzerns, Nachsorgeveranstaltun-
gen und Führungskräftecoachings. Darüber hinaus wur-
de ein Leitfaden für Führungskräfte entwickelt, um für
den Umgang mit belasteten Mitarbeitern nach dem Ger-
manwings Absturz zu sensibilisieren. Ratsuchende konn-
ten auch an externe Spezialisten vermittelt werden. Die
Aufarbeitung der Katastrophe wird den medizinischen
und den psychosozialen Dienst auch in Zukunft weiter
beschäftigen.
Daneben erarbeiten Daniel Wend und seine Kolle-
gen derzeit ein einheitliches Marketingkonzept und ein
System für das Qualitätsmanagement, um die Produkte
der psychosozialen Beratung noch enger mit anderen
internen Unterstützungsangeboten wie etwa denen der
Lufthansa School of Business zu verzahnen. „Wir wol-
len durch unsere Vernetzung dazu beitragen, dass den
Mitarbeiter der Lufthansa ein einheitliches, synchronisier-
tes und transparentes Angebot zur Verfügung steht, aus
dem sie passgenau ihre spezifische Maßnahmen wählen
können“, so Wend.
Dr. Guido Birkner, verantwortlicher Redakteur Human Resources, FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag
„Neben Krisen- und Suchtproblemen rücken psychische Erkrankun-gen, familiäre Probleme und Konflikte am Ar-beitsplatz in den Fokus.“
Daniel Wend, Lufthansa
Ausgabe 2 – Mai 2016
5 // Medizinischer Dienst und Sozialberatung
Die drei Säulen von ThyssenKrupp SteelBetriebsärztlicher Dienst, Sozialdienst und BGM kooperieren für die Wiedereingliederung psychisch erkrankter Mitarbeiter
Von Dr. Guido Birkner
Führungskräften fällt es oft schwer, mit psychischen
Problemen bei sich und bei Mitarbeitern richtig um-
zugehen. Der Gesundheitsdienst von ThyssenKrupp
Steel zeigt, wie frühzeitiges Eingreifen eine Chroni-
fizierung verhindern kann.
„Ich hatte vor einiger Zeit eine Führungskraft im Bera-
tungsgespräch. Der Kollege hat gerade die Herbstferien
mit seiner Familie im Süden verbracht, musste im Urlaub
aber immer wieder daran denken, wie er die Arbeitszeit
bis Weihnachten überstehen soll.“ Dr. Irmgard Spicken-
bom, Teamleiterin Sozialservice bei der ThyssenKrupp
Steel Europe AG in Duisburg, ist über manchen Fall psy-
chischer Erkrankung selbst betroffen. „Wenn jemand
psychisch so stark angeschlagen ist, dann reichen auch
zwei Wochen Urlaub nicht aus, um wieder auf die Beine
zu kommen.“ Sie rate eher zu einer Auszeit.
Gerade männlichen Führungskräften fällt es noch
schwer, sich psychische Probleme einzugestehen. „Män-
ner handeln oft entsprechend ihrem traditionellen Rol-
lenbild“, betont Ralf van Os, Leiter des Betrieblichen
Gesundheitsmanagements bei ThyssenKrupp Steel. „Da
passt es nicht, wenn die Seele plötzlich nicht mehr mit-
spielt.“ Häufig sind die Belastungen am Arbeitsplatz nur
eine von mehreren Ursachen für eine psychische Schiefla-
ge. „Bei vielen Kollegen überwiegen die Probleme im pri-
vaten Bereich“, erläutert Dr. Ingeborg Erichsen, leitende
Betriebsärztin des Stahlkonzerns. „Beschäftigte im mitt-
leren Alter müssen sich um die eigenen Kinder kümmern,
bezahlen ihre Immobilie ab und werden plötzlich mit dem
Pflegefall der eigenen Eltern konfrontiert. Das sind zu vie-
le Rucksäcke auf einmal.“
Hinzu kommt eine steigende Arbeitsverdichtung. Bei
ThyssenKrupp ist die Rohstahlproduktion zwischen 1990
und 2010 fast konstant geblieben, während sich die Ge-
samtbelegschaft im gleichen Zeitraum mehr als halbiert
hat. Heute beschäftigt die Stahlsparte noch rund 27.500
Mitarbeiter in Deutschland. Die Technologie in der Stahl-
produktion entwickelt sich permanent weiter und er-
möglicht immer schlankere Personaleinsätze. Dabei sind
die Beschäftigten in komplexe Steuerungs- und Überwa-
chungsprozesse eingebunden. Das betrifft den Stahlar-
beiter ebenso wie den Schichtführer. © T
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Große Projekte, kleiner Mensch.
Ausgabe 2 – Mai 2016
6 // Medizinischer Dienst und Sozialberatung
Zwar haben bei ThyssenKrupp Steel nach wie vor
körperliche Beschwerden und hier insbesondere Mus-
kel-Skelett-Erkrankungen einen erheblichen Anteil am
Krankheitsgeschehen und an den Wiedereingliederungs-
fällen. Dennoch nimmt der Anteil von Mitarbeitern mit
psychischen Erkrankungen entsprechend dem allgemei-
nen Trend seit Jahren zu. Deren Wiedereingliederung in
den Regelarbeitsalltag des Unternehmens stellt oft eine
besondere Herausforderung dar. Dafür haben die Verant-
wortlichen einen Leitfaden entwickelt.
Ein erhöhtes Depressionsrisiko besteht bei Managern
In der gesamten Wirtschaft stellt gerade für Führungs-
kräfte die Arbeitsintensität im Sinne von Arbeit pro Zeit-
einheit den mit Abstand größten Belastungsfaktor dar. Zu
diesem Ergebnis kommt die Studie „Psychische Gesund-
heit von Manager/innen“, kurz PsyGeMa, der SRH-Hoch-
schule in Heidelberg. Weitere Faktoren sind emotionale
Anforderungen, Konflikte zwischen dem Berufs- und Pri-
vatleben sowie Rollenkonflikte, also die mangelnde Ak-
zeptanz der Führungsaufgaben durch andere Personen.
Professor Dr. Andreas Zimber, Autor der Studie, hebt
hervor: „Top-Manager befinden sich ungeachtet ihres
hohen Workloads und sehr langer Arbeitszeiten oft in ei-
ner günstigeren Position als die Manager auf den unteren
und mittleren Hierarchieebenen.“
Gerade bei Managern diagnostiziert der Psychologe
ein überdurchschnittlich hohes Depressionsrisiko. „Kon-
kret zeigt es sich weniger in Form von Niedergeschla-
genheit oder Suizidalität, sondern die Betroffenen leiden
unter einem Energieverlust und unter Schlafstörungen
– alles Frühwarnsignale für eine drohende Depression“,
erläutert Andreas Zimber. „Die Personen funktionieren
zwar noch gut, sie sind aber auch deutlich stärker ge-
fährdet, psychisch zu erkranken.“ Die häufigsten Quel-
len psychischer Belastung sind laut der Studie eine hohe
Arbeitsintensität, ein geringer Handlungsspielraum in der
eigenen Funktion, ein Ungleichgewicht zwischen Arbeits-
aufwand und Gegenleistung, lange, zum Teil ungünstige
Arbeitszeiten, geringe soziale Unterstützung, Rollenstress
und Arbeitsplatzunsicherheit.
Interne und externe Netzwerke greifen ineinander
Bei ThyssenKrupp Steel setzen die Verantwortlichen auf
Prävention und Frühwarnung. Wesentliche Erfolgsfak-
toren sind dabei interne und externe Netzwerke. Der
Fachbereich Gesundheit baut auf eigene Teams an vier
Standorten Duisburg, Bochum, Dortmund sowie Sie-
ger- und Sauerland. Sie bestehen aus dem betriebsärtz-
lichen Dienst, dem Sozialservice und dem Betrieblichen
Gesundheitsmanagement (BGM). Das interne Netzwerk
umfasst noch weitere Player. Dazu zählen beispielsweise
Personalmanager, Mitglieder des Teams für das betrieb-
liche Eingliederungsmanagement (BEM) sowie Interes-
sensvertreter wie Betriebsräte und Schwerbehinderten-
vertreter.
Darüber hinaus arbeiten zwei interdisziplinär zusam-
mengesetzte Arbeitskreise an der Wiedereingliederung
von psychisch erkrankten Mitarbeitern. Das Psychoso-
ziale Netzwerk ist eine funktionsübergreifend zusam-
mengesetzte Arbeitsgruppe. Gegründet wurde es Ende
der neunziger Jahre, um den Bedarf der Führungskräfte
und anderer Funktionsträger an Beratung und Unterstüt-
zungsmöglichkeiten bezüglich psychisch erkrankter Mit-
arbeiter zu decken. Beteiligt sind hier Interessenvertreter,
Betriebsärzte und Personalmanager sowie Sozialarbeiter
und Gesundheitsmanager.
Die Aufgaben des Psychosozialen Netzwerkes sind
neu ausgerichtet worden. Dafür hat das Unternehmen
strategische Konzepte und Maßnahmen zum Thema
„Psychische Erkrankungen im betrieblichen Alltag“ ent-
wickelt. Daneben agiert das sogenannte Reha-Team, das
der Sozialbetrieb federführend leitet. Die Hauptaufgabe
des Teams besteht darin, Menschen, die aufgrund von
Leistungseinschränkungen – auch aufgrund psychischer
Erkrankungen – nicht mehr am ursprünglichen Ar-
„Wir als Ansprechpart-ner müssen den Mit-arbeitern bekannt sein und uns für vertrauliche Gespräche anbieten.“
Dr. Irmgard Spickenbom, ThyssenKrupp
Ausgabe 2 – Mai 2016
7 // Medizinischer Dienst und Sozialberatung
beitsplatz eingesetzt werden können, eine Weiterbe-
schäftigung zu ermöglichen. Die Wiedereingliederung
erfolgt in einzelnen Schritten. Dazu zählen stufenweise
Wiedereingliederungen, systematische Arbeitserprobun-
gen und Interimsbeschäftigungen in der angegliederten
Werkstatt für leistungsgewandelte Menschen. Mitglieder
des Reha-Teams sind der Betriebsrat und die Schwerbe-
hindertenvertretung, der Betriebsärztliche Dienst, das
Personalmanagement, Sozialservice, Krankenkassen und
andere Rehabilitationsträger. Die beiden internen Arbeits-
gruppen, also das Psychosoziale Netzwerk und das Reha-
Team, kooperieren bereichsübergreifend auf verschiede-
nen Ebenen.
Extern arbeitet ThyssenKrupp Steel mit großen Behör-
den wie den Rentenversicherungsträgern, der Agentur
für Arbeit und den Berufsgenossenschaften zusammen.
Hinzu kommen je nach Bedarf Integrationsfachdienste,
psychotherapeutische Einrichtungen, Berufsförderungs-
werke und Berufstrainingszentren. Interne Netzwerke
und externe Partner arbeiten in einem strukturierten
Prozess zusammen. Dadurch lassen sich Wiedereingliede-
rungsprozesse zeitlich verkürzen und zielgerichtet steu-
ern.
Vorbeugen, um eine Chronifizierung zu verhindern
Mit den drei Säulen Arbeitsmedizin, Gesundheitsmanage-
ment und Sozialservice sowie interdisziplinären Teams an
allen Standorten gelingt es der leitenden Betriebsärztin
Ingeborg Erichsen und ihren rund 70 Mitarbeitern, vie-
le Beschäftigte mit psychischen Problemen bereits in ei-
nem frühen Stadium aufzufangen. „Wir versuchen, eine
Chronifizierung solcher Fälle durch ein rasches Eingreifen
zu verhindern“, beschreibt die Medizinerin die interne
und externe Vernetzung. Extern kooperiert ThyssenKrupp
dafür mit Ärzten, psychotherapeutischen Einrichtungen,
Integrationsfachdiensten und Berufsförderungswerken.
„Notfälle können wir rasch in die Krisenintervention
steuern, so dass die betroffenen Kollegen binnen weni-
ger Tage stationär aufgenommen werden können, wenn
ein Zusammenbruch akut droht.“
Nach den Erfahrungen von Irmgard Spickenbom hilft
den Betroffenen bereits die Perspektive auf baldige The-
rapie. „Wir als Ansprechpartner müssen den Mitarbei-
tern bekannt sein und uns für vertrauliche Gespräche
anbieten“, hebt die Teamleiterin des Sozialservices her-
vor. Dafür kommuniziert der Fachbereich über alle ver-
fügbaren Konzernmedien und senkt die Hemmschwelle
für Anfragen. Eine Schlüsselrolle kommt wieder den Füh-
rungskräften zu, sowohl bei der Meldung von Verdachts-
fällen als auch bei der Wiedereingliederung erkrankter
Mitarbeiter.
Inzwischen sehen die Verantwortlichen bei Thyssen-
Krupp, dass ihre Informationsarbeit Früchte trägt. So
verzeichnen Seminare und Workshops zur psychischen
Gesundheit einen verstärkten Zulauf – und das nicht
nur seitens der Mitarbeiter, sondern auch von Seiten der
Führungskräfte, der HR-Experten und der Interessenver-
treter. Dabei lernen die Teilnehmer unter anderem, wie
sie mit Verhaltensauffälligen in ein Gespräch kommen. In
der Konsequenz zeigen sich viele Führungskräfte heute
deutlich offener für psychische Probleme ihrer Mitarbei-
ter als in der Vergangenheit. „Die Kollegen verschließen
nicht mehr die Augen davor, weder bei sich selbst noch
bei anderen“, hebt Ingeborg Erichsen hervor. „Sie haben
verstanden, dass Fachleute hermüssen, wenn die Seele
krank ist.“
Dr. Guido Birkner, verantwortlicher Redakteur Human Resources, FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag
„Männer handeln oft entsprechend ihrem traditionellen Rollenbild. Da passt es nicht, wenn die Seele plötzlich nicht mehr mitspielt.“
Ralf van Os, ThyssenKrupp
Ausgabe 2 – Mai 2016
8 // Medizinischer Dienst und Sozialberatung
9 // GesundheitsManager // Ausgabe 2 // Mai 2016 ANZEIGE
Die Vielfalt der Mobilitätslösungen stellt privatwirtschaftliche Unternehmen und öffentliche Behörden vor neue Aufgaben und zusätzlichen administrativen Aufwand. Hier deckt der „Ratgeber Dienstwagen- und Mobilitätsmanagement 2016“ in seiner neuen Ausgabe den Bedarf an aktuellen und verlässlichen Infor-mationen rund um den Dienstwagen und die betriebliche Mobilität ab. Das kompakte Nachschlagewerk spricht sowohl die Fachleute in den Betrieben als auch Dienstwagennutzer an. Kernthemen wie das Fuhrparkmanagement, die Finanzierung von Dienstwagen, die Car-Policy sowie die steuerliche und bilanzi-elle Handhabung stehen im Mittelpunkt dieses Buches.
Herausgeber: FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag, Dataforce, Ebner Stolz, EcoLibro, LeasePlan Deutschland, Volkswagen Automobile Stuttgart 168 Seiten, 29,90 EuroISBN-13:978-3-945999-22-6Direkt bestellbar unter: www.frankfurt-bm.com/publikationen/katalog/ratgeber-dienstwagen-und-mobilitaetsmanagement-2016
Ratgeber Dienstwagen- und Mobilitätsmanagement 2016Das Standardwerk für die Mobilität in Unternehmen und Behörden.
Starker Rücken dank PräventionBasisinformationen zu Muskel-Skelett-Erkrankungen
Von Dr. Guido Birkner
Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) bedingen nach
Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 26 Pro-
zent aller Arbeitsunfähigkeitstage in Deutschland.
Der Produktionsausfall durch MSE betrug demnach
15,5 Milliarden Euro im Jahr 2005. Zudem ist diese
Krankheitsgruppe die zweithäufigste Ursache für
Frühverrentungen. Darüber hinaus zählen Muskel-
Skelett-Beschwerden und damit verbundene Erkran-
kungen zu den häufigsten Gesundheitsproblemen
bei Beschäftigten. In der Summe belaufen sich die
jährlichen Kosten für Prävention, Behandlung, Reha
und Pflege auf knapp 26 Milliarden Euro.
Zu Muskel-Skelett-Erkrankungen zählen einige Krank-
heitsbilder, zum Beispiel Erkrankungen des unteren Rü-
ckens. Dazu gehören Bandscheibenvorfälle, Hernien,
Muskel- und Gewebeverletzungen. Auch Arthrosen bei-
spielsweise der Knie und Entzündungen der Schulter-,
Arm- und Handgelenke fallen unter den Oberbegriff
MSE.
MSE sind ein weitverbreitetes Problem in Europa. Er-
hebungen der Europäischen Stiftung für die Verbesserung
der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) zufolge
klagen 25 Prozent der Arbeitnehmer über Rückenschmer-
zen. Weitere 23 Prozent leiden unter Muskelschmerzen.
Besonders gefährdet sind nach Angaben der Europäi-
schen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am
Arbeitsplatz Arbeitnehmer, die in der Landwirtschaft, am
Bau, im Handwerk, in der Pflege oder der Gastronomie
sowie in der Dateneingabe beschäftigt sind.
Die Ursachen von MSE sind komplex. Bei deren Entste-
hung spielen körperliche, seelische, aber auch arbeits-
bedingte Faktoren eine Rolle. Übergewicht und eine un-
trainierte Muskulatur können genauso am Anfang eines
Rückenleidens stehen wie ein Unfall oder wie Belastun-
gen am Arbeitsplatz. Belastende Tätigkeiten sind in Euro-
pa noch immer weit häufiger anzutreffen als gemeinhin
angenommen – trotz der zunehmenden Mechanisierung
des betrieblichen Alltags. So führen einer Umfrage der
Eurofound zufolge 62 Prozent der Arbeitnehmer in Eu-
ropa sich wiederholende Hand- und Armbewegun-
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Yoga und Gymnastik beugen MSE vor.
Ausgabe 2 – Mai 2016
10 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
gen bei der Arbeit aus. 46 Prozent nehmen schmerzhafte
oder ermüdende Körperhaltungen ein, und 35 Prozent
müssen schwere Lasten bewegen.
Auch psychische Faktoren beeinflussen MSE.
Schmerzempfinden, Verletzungen und Abnutzungser-
scheinungen stehen in einem vielseitigen Wechselspiel.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass Faktoren wie ein
hohes Arbeitstempo oder monotone Arbeit die Entste-
hung von MSE begünstigen können. Umgekehrt kann
sich zum Beispiel eine hohe Arbeitszufriedenheit auch bei
nachweisbaren Schädigungen positiv auf vorhandene Be-
schwerden auswirken.
Was kosten Muskel-Skelett-Erkrankungen?
Die wirtschaftlichen Folgen von Muskel-Skelett-
Erkrankungen sind enorm. Darauf deuten nicht zuletzt
Daten der gesetzlichen Krankenversicherung hin. Sta-
tistischen Angaben des Bundesverbandes der Betriebs-
krankenkassen zufolge gingen 2005 fast 26 Prozent al-
ler Krankheitstage auf Erkrankungen von Muskeln und
Skelett zurück, vor allem Rückenleiden. MSE waren damit
als Ursache für Arbeitsunfähigkeit noch vor Atemwegser-
krankungen, Verletzungen und psychischen Beschwer-
den gerankt.
Das bestätigen auch Analysen der Bundesanstalt für
Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin (BAuA). Danach ent-
fielen 2005 von insgesamt rund 420 Millionen Arbeits-
unfähigkeitstagen in Deutschland knapp 98 Millionen auf
MSE. Das entspricht allein einem Verlust an Arbeitspro-
duktivität im Gegenwert von 15,5 Milliarden Euro.
Angesichts der demographischen Entwicklung und
der alternden Belegschaften sollten sich Arbeitgeber
auf betrieblicher Ebene stärker für die Prävention ein-
setzen. Denn je älter eine Belegschaft im Durchschnitt
wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein
Teil ihrer Mitarbeiter beginnt, an MSE zu leiden. An-
gesichts des zunehmenden Fachkräftemangels müssen
Unternehmen daher mehr als bisher darauf achten, die
Gesundheit ihrer Beschäftigten zu erhalten und zu för-
dern. Zum Beispiel dadurch, dass sie die Arbeit altersge-
recht gestalten.
Arbeitgeber in der Pflicht
Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, Risiken zu bewer-
ten und gegebenenfalls Maßnahmen einzuleiten, um die
Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu schüt-
zen. Wie in anderen Bereichen empfiehlt sich auch bei
Muskel-Skelett-Erkrankungen, nach dem sogenannten
TOP-Prinzip vorzugehen. Die Buchstaben TOP stehen
dabei für die drei Stufen von Präventionsmaßnahmen,
für technische, organisatorische und persönliche Schutz-
maßnahmen.
Zunächst sind hohe Muskel-Skelett-Belastungen
mit Hilfe technischer Maßnahmen zu vermeiden. Tech-
nische Maßnahmen umfassen die ergonomische Ge-
staltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsgeräten, zum
Beispiel kurze Transportwege, vibrationsgeminderte
Werkzeuge oder höhenverstellbare Tische, an denen
Beschäftigte sowohl im Sitzen als auch im Stehen ar-
beiten können.
Jetzt lesen unter: www.faz-personaljournal.de
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Ausgabe 2 – Mai 2016
11 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
Organisatorische Maßnahmen betreffen vor allem
die Arbeitsabläufe im Betrieb. Sie reichen von Betriebs-
anweisungen, wie Lasten zu bewegen sind, bis hin zur
Jobrotation. Dabei wechseln sich Mitarbeiter bei einer
belastenden Tätigkeit möglichst häufig ab, ebenso die
Bewegungspausen.
Personenbezogene Maßnahmen betreffen vor allem
die Schulung und Information der Mitarbeiter, zum Bei-
spiel zum richtigen Heben und Tragen schwerer Lasten.
Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung stellen
hierzu Medien und Infoschriften bereit, die den Arbeitge-
ber bei dieser Aufgabe unterstützen.
Über diesen integrierten Managementansatz hinaus
können Arbeitgeber die Gesundheit ihrer Mitarbeit auch
mit weiteren Maßnahmen fördern. Beispiele hierfür sind
Rückengymnastik als Teil der betrieblichen Gesundheits-
förderung oder Ausgleichssport. Der Betriebsarzt kann
bei arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen die
Mitarbeiter auch dazu beraten, wie sie ihren Lebensstil
so verändern können, dass Muskeln, Gelenke und Kno-
chen gesund bleiben – zum Beispiel indem er Vorschläge
zu mehr körperlicher Bewegung und besserer Ernährung
macht.
Ergonomie
Unter Ergonomie wird die Lehre von der menschli-
chen Arbeit verstanden, das heißt der optimalen Anpas-
sung der Arbeit an die Eigenschaften und Fähigkeiten des
arbeitenden Menschen. Die Ergonomie verfolgt unter Be-
rücksichtigung der Arbeitssicherheit die Ziele Humanität
und Wirtschaftlichkeit, indem sie beispielsweise dazu bei-
trägt, Arbeitsabläufe zu optimieren.
Aspekte der ergonomischen Gestaltung von Ar-
beitsplätzen umfassen Umgebungsvariablen wie Klima
(Licht, Strahlung, Temperatur), Farbgebung, Lärm, Vi-
brationen, die Körpermaße des Menschen (Anthropo-
metrie) und physische und psychische Belastungen am
Arbeitsplatz.
Zum Abschluss noch der Verweis auf die Links zu In-
formationen über Muskel-Skelett-Erkrankungen, die zu-
gleich die Quellen dieses Artikels sind:
w w w . d g u v . d e / d e / m e d i e n c e n t e r / p m /
Pressearchiv/2007/3.-Quartal/EU-Woche-2007/Hintergrund-
MSE.jsp
www.dguv.de/medien/landesverbaende/de/veranstal-
tung/termine/2013/documents/04_20130410_liese.pdf
www.dguv.de/medien/inhalt/praevention/aktionen/
praeventionskampagnen/mse/documents/fachkonz_
deutsch.pdf
www.dguv.de/ifa/Fachinfos/Ergonomie/index.jsp
Dr. Guido Birkner, verantwortlicher Redakteur Human Resources, FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag
QUER DENKEN
Cornelia Klaas | Telefon: 069 75 91-32 09E-Mail: [email protected] www.deutscher-hr-summit.de
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7. Deutscher Human Resources Summit
27./28. Oktober 2016 | Frankfurt am Main
Strategische Inspiration für Führungskräfte und Personalverantwortliche – geschlossene Veranstaltung für geladene Gäste
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Ausgabe 2 – Mai 2016
12 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
Den Rücken krumm gebuckeltWorauf Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Sachen Rückengesundheit achten sollten
Von Sabrina Lieb
Ein verspannter Nacken, Kreuzschmerzen, Ver-
schleißerkrankungen oder gar ein Bandscheibenvor-
fall – Erkrankungen an Rücken und Wirbelsäule sind
der häufigste Grund für Fehltage am Arbeitsplatz
und können zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem
Berufsleben führen. Was können Unternehmen zur
Rückengesundheit ihrer Mitarbeiter beitragen?
Unser Rücken ist ein komplexes Wunderwerk aus Wir-
beln, Gelenken, Bändern, Bandscheiben und Muskeln.
Erst ihr Zusammenspiel gibt ihm Halt und Bewegungs-
freiheit. Schwere körperliche Arbeit, einseitige Belastung,
schlechte Haltung, mangelnde Bewegung oder psychi-
sche Anspannungen können hingegen zu Problemen an
unserem Haltungs- und Bewegungsapparat führen. Rund
85 Prozent der Bevölkerung haben mindestens einmal im
Leben Rückenprobleme. Jeder dritte Deutsche ist aktuell
davon betroffen. Etwa 7 Prozent der Erwerbstätigen sind
innerhalb eines Jahres wegen Rückenproblemen krank-
geschrieben. Mit der hohen Anzahl an Arbeitsunfähig-
keitstagen liegen Rückenerkrankungen seit Jahren an der
Spitze aller Krankheitsarten und verursachen einen er-
heblichen Ausfall an Produktivität. Die Krankheitskosten
werden auf rund 25 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Damit zählen sie zu den teuersten Erkrankungen.
Die Sache mit dem Kreuz
Rückenschmerzen sind meist eine Folge des Lebensstils,
der typisch für unsere moderne Gesellschaft geworden
ist: Zu langes Sitzen, zu wenig Bewegung und eine zu
hohe körperliche und psychische Belastung durch ver-
schiedene Stressfaktoren. Während die einen immer mal
wieder für kurze Zeit unter Schmerzen leiden, nimmt
bei anderen die Krankheit einen ungünstigen Verlauf. Es
kommt zur Chronifizierung mit schweren Beeinträchti-
gungen in Privatleben und am Arbeitsplatz, was bis hin
zu einem frühzeitigen Ausscheiden aus dem Berufsleben
führen kann. „Die Anzahl der Beschwerden ist hoch“, er-
klärt Privatdozent Dr. Michael Ruf, Chefarzt am SRH Klini-
kum Karlsbad-Langensteinbach, einem Akutkrankenhaus
mit dem Schwerpunkt Wirbelsäulenchirurgie.
Besonders betroffen sind Arbeitnehmer im Bauge-
werbe, in Pflegeberufen und in der Dienstleistungsbran-
che. Die Ursachen für Rückenbeschwerden sind vielfältig:
„Neben physischen Belastungen wie schwerer körperli-
cher Arbeit, langem Über-Kopf-Arbeiten oder dem Ein-
wirken von Vibrationen können auch psychische Fakto-
ren auf den Rücken schlagen. Das sind vor allem Stress,
Termindruck, Angst vor Arbeitsplatzverlust oder eine © e
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Die Röntgenaufnahme schafft Klarheit über mögliche Schäden.
Ausgabe 2 – Mai 2016
13 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
permanente Unter- oder Überforderung“, so Michael
Ruf. Die Patienten schränken ihre Aktivitäten meist im-
mer mehr ein, entwickeln eine übersteigerte Schmerz-
aufmerksamkeit und leiden häufig unter Depressionen.
Langjährige Rückenerkrankungen sind oft Teil eines kom-
plexen Krankheitsbildes, das durch das parallele Auftre-
ten einer psychischen Erkrankung gekennzeichnet ist.
Unter dem Begriff Dorsopathien unterscheiden Me-
diziner zwischen verschiedenen Krankheiten am Rücken,
die in entzündliche und degenerative Erkrankungen der
Wirbelsäule, Bandscheibenschäden sowie unspezifische
Rückenerkrankungen eingeteilt werden können. „Ge-
messen an den Arbeitsunfähigkeitstagen im Betrieb ver-
ursachen degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule
wie zum Beispiel Bandscheibenschäden etwa ein Viertel
der Rückenerkrankungen“, erklärt Michael Ruf. Quanti-
tativ am bedeutendsten sind die unspezifischen Rücken-
schmerzen. Die Betroffenen leiden lediglich unter einem
Symptom, dem Rückenschmerz. Es lässt sich aber kein
wegweisender, krankhafter Befund finden.
Die Zeichen des Körpers nicht ignorieren
Jahrelange Fehlhaltungen schränken nicht nur zuneh-
mend Gesundheit, Belastbarkeit und Produktivität von
Arbeitnehmern ein, sie können auch fatale gesundheit-
liche Folgen haben. Bis hin zu einer Spinalkanalstenose,
der verschleißbedingten Einengung des Rückenmarks.
Durch degenerative Prozesse können die Bandscheiben
an Höhe verlieren und die für die Wirbelsäulenstabilität
wichtigen Bänder gelockert werden. Dadurch drohen sich
Wirbel und Gelenke zu verschieben. Der Körper versucht
diese Instabilität und den steigenden Druck auf die Wir-
belgelenke abzustützen und baut an Wirbelkörpern und
-gelenken neue Knochenmasse auf. Die sogenannten
Knochensporne engen wiederrum den Rückenmarkska-
nal, auch Spinal- oder Wirbelkanal genannt, ein. Dadurch
kommt es zu Schmerzen, zumeist in den Beinen.
Zeigen konservative Maßnahmen keine Wirkung
mehr, sorgt meist nur noch eine operative Erweiterung
des Spinalkanals für eine Besserung. Die Chirurgen ent-
fernen dann störendes Gewebe. „Dekompressionen
aufgrund von Spinalkanalstenosen gehören zu den häu-
figsten Wirbelsäulenoperationen gerade bei älteren Ar-
beitnehmern über 50 Jahren. Nach einer ausgedehnten
Dekompression müssen wir die Stabilität der Wirbelsäule
erst wiederherstellen. Dazu greifen wir auf Versteifungs-
operationen oder bewegungserhaltene Verfahren zu-
rück“, so Michael Ruf. Viele Patienten hätten zunächst
Angst vor Bewegungseinschränkungen oder reduzierter
Belastbarkeit. Eine kurzstreckige Versteifung führt jedoch
zu keiner spürbaren Bewegungseinschränkung. Ganz im
Gegenteil: Sie bewegen sich oft besser, weil sie schmerz-
reduziert oder gar schmerzfrei sind.
Vom eigenen Umgang mit den Beschwerden
Rückenschmerzen können das körperliche Wohlbefin-
den und die Lebensfreude empfindlich beeinträchtigen,
doch in den meisten Fällen liegt keine wirklich ernsthafte
Erkrankung zugrunde. Vielmehr kann gerade Angst die
Beschwerden verschlimmern. Die Betroffenen nehmen
meist eine Schonhaltung ein, die wiederum zu neuen
Verspannungen und Schmerzen führt. „Inaktivität ist
kontraproduktiv. Grundsätzlich gilt bei akuten Schmer-
zen, innen ruhig und außen in Bewegung zu bleiben“,
empfiehlt Michael Ruf.
Um den Genesungsprozess zu beschleunigen, könn-
ten Betroffene unterstützende Maßnahmen ergreifen,
wie beispielsweise das Wärmen der schmerzenden
Stellen. Noch besser ist es, Rückenschmerzen nicht erst
entstehen zu lassen. Ein starker Rücken kennt keinen
Schmerz, und eine gut aufgebaute Muskulatur des Be-
wegungsapparates ist dabei die beste Garantie dafür,
dass unser Rücken auch starken körperlichen Belastun-
gen standhält. Ideal sind regelmäßige Bewegung, ein
ausgewogenes Training der Rückenmuskulatur und die
ergonomische Anpassung des Arbeitsplatzes. Bei chroni-
schen Schmerzen können Strategien zur Schmerzbewäl-
tigung wirksame Linderung verschaffen. Arbeitnehmer,
die unter starken psychischen Belastungen leiden, sollten
ihre Beschwerden neben der direkten Arbeit am Körper
mit psychotherapeutischen Maßnahmen auffangen und
Entspannungstechniken üben.
Wer viel im Sitzen arbeitet, kann mit einfachen, aber
effektiven Übungen täglich zu seiner Rückengesund-
heit beitragen. Regelmäßige Positionswechsel entlasten
die Gelenke und verhindern einseitige Haltungen und
schmerzhafte Muskelverhärtungen. Die Schreibtisch- und
Sitzhöhe sollte dabei aufeinander abgestimmt sein. Die
Füße stehen flach auf dem Boden. Ober- und Unterschen-
kel bilden im Idealfall einen rechten Winkel. Für eine auf-
rechte Kopfhaltung sollte der Monitor gerade zum Kör-
per ausgerichtet und der Bildschirm so positioniert
Ausgabe 2 – Mai 2016
14 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
sein, dass die Oberkante mit den Augen abschließt oder
einen Tick darunter liegt. Häufig vernachlässigen wir, ge-
rade zu sitzen. Dazu sind regelmäßig die Sitzposition zu
überprüfen und Übungen zur Muskelanspannung und
-entspannung durchzuführen. Wer es schafft, die Übun-
gen wie die tägliche Kaffeepause zu einem Ritual werden
zu lassen, ist bereits auf dem richtigen Weg.
Prävention von Rückenbeschwerden - auch eine Verantwortung im Unternehmen
Die Verantwortung für einen gesunden Rücken liegt in
erster Linie beim Arbeitnehmer selbst. Aber auch für Un-
ternehmen bedeuten die steigenden Mitarbeiterausfälle
aufgrund von Rückenerkrankungen ein Umdenken. Um
ihre personellen Ressourcen zu schützen, müssen sie ak-
tiv werden. Die Prävention von Rückenproblemen stellt
damit eine zentrale Aufgabe in Projekten zur betriebli-
chen Gesundheitsförderung dar. Besonders erfolgreich
zeigen sich Ansätze, die das Betriebsklima, die ergono-
mischen Bedingungen und die Situation im Bereich der
Arbeitsorganisation gleichermaßen verbessern.
„Die meisten Wirksamkeitsnachweise liegen für
Trainingsprogramme zur Erhöhung der körperlichen Be-
lastbarkeit, zur Verbesserung der Beweglichkeit und zur
Steigerung der Fitness vor. Damit lassen sich Fehlzeiten
infolge von Muskel-Skelett-Erkrankungen, die Anzahl
der Neuerkrankungen und die Häufigkeit des Auftre-
tens deutlich senken. Positive Ergebnisse gibt es auch
für Programme, die solche Trainings mit Veränderungen
am Arbeitsplatz kombinieren“, weiß Professor Dr. Ricar-
do Baumann. Der Diplom-Psychologe unterrichtet Prä-
vention und Gesundheitspsychologie an der SRH Mobile
University, einer Fernhochschule. „Gesundheitszirkel sind
Gruppen von Beschäftigten eines bestimmten Arbeitsbe-
reichs, die sich über einen Zeitraum regelmäßig treffen.
Sie sammeln Belastungsfaktoren, machen Lösungsvor-
schläge und werden im Idealfall von einem erfahrenen
externen Moderator gecoacht. Die Vorschläge werden
dann in Abstimmung mit den Vorgesetzten umgesetzt.“
Ganzheitlicher Ansatz des BGM
Vielen Unternehmen ist bewusst, dass sie die Gesundheit
ihrer Mitarbeiter aktiv fördern müssen, wissen aber nicht,
wo und wie sie ansetzen können. In einem Drittel aller
Unternehmen spielt betriebliche Gesundheitsförderung
keine oder nur eine geringe Rolle, gerade im Mittelstand.
Ein funktionierendes betriebliches Gesundheitsmanage-
ment sollte in der Unternehmensstrategie verankert und
systematisch verfolgt werden. Nachhaltigkeit bedeutet,
Kennzahlen zu definieren und zu generieren, um daraus
weitere Aktionen abzuleiten. Eine Erfolgskontrolle der
Maßnahmen ist perspektivisch notwendig, damit die ge-
sundheitsfördernden Maßnahmen im strategischen Ma-
nagement Platz finden und nachhaltig wirken.
Sabrina Lieb, Journalistin
Was bewegt HR?Was bewegt HR?Welche aktuellen Treiber und Trends prägen die HR-Arbeit? Und wie wird HR zum erfolgreichen Multiplikator Ihrer Unternehmensmarke?
Alles rund um die HR-Community
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Ausgabe 2 – Mai 2016
15 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
Neue Ära der Prävention durch neue TechnikWorauf Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Sachen Rückengesundheit achten sollten
Von Florian Michalke
Dank digitaler Lösungen lässt sich Gesundheitsvor-
sorge im Unternehmen zielführender gestalten.
Ein Projekt mit Unterstützung der ias-Gruppe beim
Unternehmen PIN Mail AG zeigt das Verfahren und
konkrete Ergebnisse.
Wer Briefzusteller der PIN Mail AG nach ihrem Ar-
beitsplatz fragt, der erfährt: „Es sind die Straßen meiner
Stadt Berlin.“ Mit dem Fahrrad legen sie täglich viele Ki-
lometer zurück und stellen sicher, dass – unabhängig von
Wind und Wetter – die Briefe zuverlässig und pünktlich
ankommen.
„Für unsere Briefzusteller ist das Fahrrad das wichtigs-
te Arbeitsmittel“, sagt Nadine Andrae, Abteilungsleite-
rin Personal der PIN Mail AG und betont: „Unsere Flotte
muss hohen Anforderungen in puncto Ausstattung, Si-
cherheit und Fahrgefühl gerecht werden.“ Erst im ver-
gangenen Jahr wurden neue Fahrradmodelle eingeführt.
Eine Maßnahme, die nicht gleich rundlief. Trotz vorhe-
riger Testphasen kam es zu negativen Rückmeldungen
einiger Zusteller, insbesondere ein gefühltes „Schmieren“
des Hinterrades wurde beschrieben.
„Das Feedback unserer Mitarbeiter nehmen wir sehr
ernst“, sagt Andrae. „Schnell wollten wir den Erfah-
rungsberichten auf den Grund gehen und sicherstel-
len, dass die Fahrräder unseren Gesundheitsstandards
entsprechen.“ Hierbei setzte die PIN Mail AG auf ihren
Dienstleister, der mit einem interdisziplinären Team aus
Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und Unternehmens-
beratung im Gesundheitsschutz arbeitete. Gemeinsames
Ziel: eine Strategie zur Steigerung der Leistungsfähigkeit
der Mitarbeiter zu entwickeln.
In Kooperation mit der Epionics Medical GmbH wurde
das digitale Messtool „Epionics SPINE“ eingesetzt. Hier-
mit lassen sich subjektive Empfindungen – wie beispiels-
weise Rückenbeschwerden – messtechnisch erfassen und
objektiven Messdaten gegenüberstellen. Die Messungen
können labor- und ortsunabhängig durchgeführt wer-
den. Ein großer Vorteil, um Belastungen am Arbeitsplatz
vor Ort im Tätigkeitsbereich der Mitarbeiter zu erfassen.
Über den Projektverlauf und die Ergebnisse berichtet
Bernd Fricke, Vorstand des Unternehmens und Mitinitia-
tor des Projektes, im folgenden Interview auf Seite 17.
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PIN-Mail-Zusteller in Berlin.
Florian Michalke, Account Managerias Aktiengesellschaft
Ausgabe 2 – Mai 2016
16 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
Interview mit Bernd Fricke
COO und Mitglied
des Vorstands und
Mitinitiator des
Projektes, PIN Mail AG
Können Sie den Hintergrund und Projektablauf skizzie-
ren?
Bernd Fricke: Für uns standen grundsätzlich zwei zen-
trale Fragestellungen im Raum: Können die subjektiven
Empfindungen unserer Mitarbeiter messtechnisch belegt
werden und lassen sich Unterschiede zwischen den bei-
den Fahrradmodellen aufzeigen? Hier wünschten wir uns
konkrete und messbare Antworten. Drei Zusteller und
Zustellerinnen nahmen an der Datenerhebung teil und
testeten beide Fahrradmodelle an aufeinanderfolgenden
Tagen und bei weitgehend gleichen Bedingungen auf
ihrer regulären Zustellroute. Dabei waren die Sensoren
auf den Rücken der Probanden befestigt und zeichneten
während der Fahrt sowie beim An- und Aufstieg die Da-
ten zur Oberkörperneigung, zur Oberkörperkrümmung
und zur Bewegungsbeschleunigung auf.
Was verriet die Auswertung der Ergebnisse?
Bernd Fricke: Die Messresultate zeigten, dass keines
der beiden Fahrradmodelle die Rückengesundheit un-
serer Mitarbeiter gefährdet. Die Oberkörperneigung der
Mitarbeiter lag im empfohlenen Bereich von 15 bis 20
Grad. Auch zum Phänomen des „Schmierens“ erhiel-
ten wir klare Aussagen. Es wird nicht durch das Fahrrad,
sondern durch den Fahrstil des Briefzustellers beeinflusst
– davon, ob er oder sie zwischen den einzelnen Stopps
überwiegend im Sitzen oder im Stehen fährt. Durch die
Messungen konnte auch hier eine negative Auswirkung
der Fahrradkonfiguration auf die Rückengesundheit
ausgeschlossen werden. Unterschiede zeigten sich aber
in der Rückenkrümmung der Probanden, die nicht im-
mer der empfohlenen S-Form entsprach. Gemeinsam
mit dem Projektteam stießen wir auch schnell auf die
Ursache: Es sind falsche, individuell vorgenommene Ein-
stellungen am Fahrrad, die zu einer Fehlhaltung führen
können.
Welche Maßnahmen leiten Sie davon ab?
Bernd Fricke: Die von uns verwendeten Fahrräder las-
sen sich individuell gut einstellen. Die Sattel- und Lenker-
höhe muss aber vom Fahrer korrekt auf die individuelle
Körpergröße eingestellt werden. Hier wird nun eine re-
gelmäßige Sensibilisierung durch entsprechende Schu-
lungen stattfinden, die wir fest in unserem BGM-Ange-
botspaket verankern. Wie mir unser ias-Betriebsarzt Dr.
Marcus Schmidt bestätigte, können wir so einen wich-
tigen Beitrag leisten, um Muskel-Skelett-Erkrankungen
präventiv zu vermeiden und dadurch betriebliche Aus-
fallzeiten zu verhindern. Zusätzlich werden wir andere
Packvarianten und Gewichtsverteilungen auf den Fahrrä-
dern testen und diese Ergebnisse mit den Fahrradherstel-
lern diskutieren. So können unsere Erfahrungen in die
Entwicklung der nächsten Fahrradgeneration einfließen
und zukünftig die Arbeit unserer Briefzusteller verbes-
sern. Abschließend lässt sich sagen: Die Aktion, die wir
intern auch kommunikativ begleitet haben, schuf einen
großen Mehrwert für uns, auch in puncto Mitarbeiter-
bindung. Unternehmenswerte wie Fürsorge, soziale Ver-
antwortung und Innovationsgeist sind für uns mehr als
Worthülsen – das haben wir mal wieder bewiesen und
mit dem Epionics SPINE-Projekt konkrete Taten folgen
lassen.
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„Roboter vernichten Arbeitsplätze“, „Industrie 4.0 ist nur ein Hype“, „Unsere Arbeit wird vielschichtiger und weniger belastend“ – in der aktuellen Debatte um die Digitalisierung und deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt treffen viele Meinungen und Erfahrungen aufeinander.
Dass das Phänomen der Digitalisierung große Auswir-kungen auf unsere Arbeitswelt hat, ist unbestritten. Doch wie wirkt sich diese Entwicklung auf den Men-schen, seine Gesundheit und seine Leistungsfähigkeit aus? Wo sehen sich deutsche Unternehmen am meisten von Veränderung betroffen?
Diesen Fragen geht die Onlinebefragung der ias-Gruppe nach. Unter den Teilnehmern werden zwei Beratungschecks „Digitalisierung und Gesundheit“ und drei E-Reader Kindle Voyage verlost. Die Befragung dauert nur zehn Minuten und erfolgt anonym. Jetzt teilnehmen unter: www.ias-gruppe.de/digitalisierung
Onlinebefragung „Digitalisierung in der Arbeitswelt“
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Ausgabe 2 – Mai 2016
17 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
Ist Sport nur gesund oder auch gefährlich?Ein Überblick über Risiken und optimale Trainingsmethoden
Von Prof. Dr. med. Dietrich Baumgart
Regelmäßige Bewegung kann manchmal mehr be-
wirken als so manche Pille – und das nicht nur zur
Vorbeugung, sondern auch bei der Behandlung von
Krankheiten. Doch immer wieder liest man leider
auch von Sportlern, die beim Fußball, Tennis oder
Marathon plötzlich sterben. Wie gesund ist Sport
wirklich? Welche Risiken lassen sich möglicherweise
ausschließen? Und wie erziele ich die besten Trai-
ningsergebnisse?
Regelmäßige körperliche Aktivität hat einen positi-
ven Einfluss auf zahlreiche medizinische Werte wie etwa
Blutfette, Blutdruck, Knochendichte oder Muskelmasse.
Sport stärkt auch das Immunsystem und sorgt für einen
gut funktionierenden Stoffwechsel. Gezieltes Kraft- und
Koordinationstraining hilft bei Osteoporose oft wirkungs-
voller gegen Knochenbrüche als Medikamente. Das Risi-
ko, an Darmkrebs zu erkranken, kann durch körperliche
Aktivität um 70 Prozent reduziert werden. Sportlich Aktive
bleiben länger geistig und körperlich fit und leben länger.
Risiken ausschließen
Doch egal ob Amateur oder Profilsportler: Wer ein neues
oder gesteigertes Training angeht, sollte vorab den Zu-
stand von Herz und Gefäßen prüfen lassen. Eine Vielzahl
von Herzerkrankungen kann zu einem akuten, tragischen
Vorfall führen. Bei jungen Athleten können Erbkrankhei-
ten wie die Ionenkanalerkrankung oder Koronaranomali-
en, die zu einem abnormalen Verlauf der Arterie führen,
einen plötzlichen Herztod auslösen. Auch im Falle von
Herzrhythmusstörungen, einer Einengung der Herzarte-
rien, bei Herzmuskelentzündungen oder arteriellem Blut-
hochdruck kann Sport gefährlich werden und sollte nur
unter bestimmten Voraussetzungen ausgeübt werden.
Um Risiken auszuschließen, reicht ein einfaches EKG
nicht aus. Bei Verdacht auf Anomalien helfen bildgeben-
de Verfahren. Mit einem strahlenfreien MRT (Magnet-
resonanztomograph) lassen sich die Pumpfunktion, die
Herzklappen sowie die Durchblutung des Herzmuskels
beurteilten. Eine Computertomographie (CT) hilft bei der
Beurteilung der Herzkranzgefäße. Um Gefäßablagerun-
gen zu erkennen, kann man heute die Dehnbarkeit der
Gefäßwände messen. Zusammen mit bestimmten Blut-
werten, 4-D-Ultraschallbildern sowie Hinweisen zu Le-
bensstil und familiärer Vorgeschichte lässt sich präzise ein
Herzinfarktrisiko bestimmen und ausräumen.
Effizienter trainieren
Moderne Medizin kann nicht nur Risiken minimieren, son-
dern auch hilfreiche Unterstützung bei der Trainingspla-
nung leisten. Eine professionelle Leistungsdiagnostik bietet
die Möglichkeit, das individuelle Leistungsniveau festzu-
stellen und daraufhin Belastung und Dauer des Trainings
so festzulegen, dass es effektiver wird und dass sich
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Eine Spiroergometrie ist ein Baustein einer umfassenden Analyse der Herzgesundheit und Leistungsfähigkeit
Ausgabe 2 – Mai 2016
18 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
angestrebte Ziele in kürzerer Zeit erreichen lassen. Gleich-
zeitig kann sie helfen, Fehlbelastungen zu vermeiden.
Die Leistungsfähigkeit jedes Einzelnen und damit die
optimale Trainingsempfehlung sind sehr individuell. Sie
hängen stark von der persönlichen Stoffwechselsituation
ab. Der entscheidende Faktor ist die aerobe Schwelle, ab
welcher der Körper anfängt, auf eine sauerstoffarme, also
anaerobe Verbrennung umzustellen. Bekannte Messme-
thoden sind etwa die Messung des Laktatwertes im Blut.
Neue Analysemethoden zeigen jedoch, dass der reine
Laktattest relativ ungenau ist. Bei modernen Messmetho-
den werden neben dem Laktatwert auf dem Ergometer
weitere Parameter wie Atmung, Herzfrequenz und die
Fettstoffwechselsituation gemessen. Ein spezielles Com-
puterverfahren ermittelt anhand dieser Werte den indi-
viduellen Trainingsstatus und ermöglicht eine effiziente
und gezielte Trainingssteuerung.
Muskelmasse auf- statt abbauen
Generell lässt sich sagen, dass viele Sportler deutlich zu
stark trainieren, das heißt, ihre Trainingseinheiten sind
meist zu kurz und dafür zu intensiv. Die Sportler über-
schreiten ihre aerobe Schwelle. Das hat zur Folge, das
Muskeln eher ab- statt aufgebaut werden. Vor allem dann,
wenn sich Sportler nach dem Training lange schlapp fühlen
und lange brauchen, um sich zu erholen, liegt der Schluss
nahe, dass sie zu intensiv trainieren. Das ist gerade mit zu-
nehmendem Alter kein wünschenswertes Ergebnis. Denn
ab etwa 30 Jahren nimmt die Muskelmasse ohne Training
ohnehin jährlich um 1 Prozent ab. Das würde bedeuten,
dass mit 80 Jahren die Muskelmasse um etwa die Hälfte
reduziert ist.
Um dem vorzubeugen beziehungsweise den Prozess
aufzuhalten, empfehlen sich eher lange Trainingseinheiten
mit moderater Intensität. Dabei ist neben Ausdauersport-
arten ein gezieltes Krafttraining mit Geräten und Gewich-
ten durchaus sehr sinnvoll. Allerdings gilt auch hier: lieber
öfter die Übungen wiederholen, dafür die Gewichte eher
niedrig wählen. Am besten für die Gesundheit und auch
für den Trainingserfolg ist es, sich von einem Physiothera-
peuten oder erfahrenen Fitnesstrainer anleiten und beglei-
ten zu lassen. Idealerweise stimmt dieser die Übungen auf
ermittelte persönliche Diagnosen und Leistungswerte ab.
Dehnübungen oft vernachlässigt
Gerade Männer vernachlässigen Dehnübungen völlig. Da-
bei sind diese sehr wichtig, nicht nur, um die Verletzungs-
gefahr zu reduzieren. Durch gezielte Dehnübungen lässt
sich Verspannungen und damit Fehlhaltungen des Skeletts
vorbeugen, die sonst schnell zu orthopädischen Proble-
men, etwa an Rücken oder Schultern, führen können.
Auf Dauer ist es ideal, wenn die Sportarten einen Mix
aus Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit enthalten. Gut ge-
eignet sind daher Sportarten wie Schwimmen, Radfahren
und Joggen, aber auch Boxen oder Fußball. Wichtig dabei:
Gerade für alle, die beruflich sehr eingespannt sind, sollte
Sport eher Entspannung und ein Ausgleich zum stressigen
Alltag sein und weniger Wettbewerbscharakter haben.
Prof. Dr. med. Dietrich Baumgart, Kardiologe, Internist und VorsorgemedizinerLeiter Preventicum – Zentrum für Individualisierte Medizin, Essen und Düsseldorf
Sportart Ausdauer Kraft Beweglichkeit Entspannung Kalorienverbrauch pro 30 Minuten*
Laufen 9 km/h +++ ++ - ++ 400 kcal
Radfahren +++ ++ + ++ 320 kcal
Schwimmen +++ ++ ++ ++ 440 kcal
Boxen +++ +++ ++ ++ 480 kcal
Gymnastik ++ + +++ +++ 200 kcal
Fußball +++ ++ + + 400 kcal
Tennis ++ ++ + + 320 kcal
Golfen + + ++ +++ 180 kcal
Walking ++ + - ++ 200 kcal
Bergwandern +++ ++ + ++ 300 kcal
*durchschnittlicher Kalorienverbrauch bei einem Körpergewicht von 80 kg Quelle: www.preventicum.de
Welcher Sport ist wozu geeignet?
Ausgabe 2 – Mai 2016
19 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
„Ich habe Rücken“Der Präventionsbedarf bei Muskel-Skelett-Erkrankungen erfordert qualifizierte medizinische Beratung
Von Christian Weyer
„Hatten Sie in letzter Zeit Rückenschmerzen?“ Die-
se Eingangsfrage bei Mitarbeiter-Workshops bejaht
fast jeder der Teilnehmer, und viele verweisen da-
bei auf jahrelange Beschwerden und vergebliche
Therapiebemühungen. Anonyme Mitarbeiterbe-
fragungen zeichnen ein ähnliches Bild: 68 Prozent
aller Erwerbstätigen geben an, regelmäßig unter
Schmerzen vor allem im Bereich der unteren Wirbel-
säule zu leiden.
Diese Werte aus der Praxis als BGM-Dienstleister wer-
den in anschließenden Screenings genauer analysiert,
wobei die tatsächlichen Ursachen unterschiedlich sein
können. Das Spektrum umfasst dabei gesundheitliche
Einschränkungen infolge degenerierter Rückenmus-
kulatur ebenso wie andauernde Fehlbelastungen und
Zwangshaltungen. Besonders häufig sind auch Beein-
trächtigungen der Körperstatik, die aus weitverbreiteten
Fußfehlstellungen wie Hohl-, Spreiz- und Senkfuß resul-
tieren. Von medizinischen Laien oft vermutete Schädi-
gungen der Bandscheiben lassen sich dagegen nur ver-
einzelt feststellen.
Selten, aber nicht auszuschließen sind schließlich
noch Wechselwirkungen mit organischen Erkrankungen
oder psychischen Belastungen. Pauschale Präventionsan-
gebote wie „Rückenschule für alle“ verfehlen daher ihr
Ziel und können sogar kontraproduktiv sein, wenn im
Vorfeld keine genaue Ursachenklärung erfolgt.
Der Krankenstand zeigt nur die halbe Wahrheit
Subjektive Wahrnehmungen der Mitarbeiter und jährliche
Gesundheitsreports der Krankenversicherer reichen nicht
aus, um geeignete Präventionsmaßnahmen zu definieren.
Um auf eine Senkung des Krankenstandes hinzuwir-
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Rückenschmerz und Hexenschuss können die Folgen hoher physischer Belastung im Job sein.
Ausgabe 2 – Mai 2016
20 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
ken, müssen diese
dort ansetzen, wo
gesundhe i t l i che
Einschränkungen
zunächst noch im An-
fangsstadium oder als
Risiken gegeben sind und
nicht schon infolge ausge-
prägter Beschwerden zu Aus-
falltagen geführt haben.
Genau hier ist die Daten-
lage jedoch unvollkommen:
Die Präventionsforschung
und die Ermittlung
konkreter Handlungs-
bedarfe bei altern-
den Belegschaften
wurden lange Zeit
vernachlässigt. Der
Nutzen eines be-
trieblichen Gesundheitsmanagements wurde überwie-
gend an weichen Faktoren wie Mitarbeiterzufriedenheit
und Arbeitgeberattraktivität festgemacht.
Untersuchungen zum Phänomen Präsentismus bele-
gen eindrücklich die hohe betriebswirtschaftliche Rele-
vanz der gesundheitlichen Verfassung von Mitarbeitern
auch jenseits des von Krankenversicherern erfassten
Krankenstandes. Weiterhin wird nur zwischen eindeutig
kranken und weitgehend gesunden Mitarbeitern unter-
schieden. Darüber hinaus bestehende Risikopotenziale,
wie sie als Bestandteil der seit 2013 erweiterten Gefähr-
dungsbeurteilung im betrieblichen Arbeitsschutz ver-
pflichtend zu dokumentieren sind, bleiben so unerkannt
und bei der Maßnahmenplanung unberücksichtigt.
Spitze des Eisbergs
Rückenschmerzen dominieren bei den Erkrankungen des
Bewegungsapparates, die wiederum mit branchenüber-
greifend 26 Prozent den höchsten Anteil am betriebli-
chen Krankenstand haben. Betrachtet man ergänzend
das Risiko altersbedingter Verschleißerscheinungen und
Folgeerkrankungen, zeigt sich ein weitaus höheres Maß
behandlungsbedürftiger Indikationen.
Im Rahmen orthopädischer Serviceleistungen durch-
geführte Screenings bei Unternehmen unterschiedlicher
Branchen ergaben, dass bei einem Drittel der Beschäf-
tigten ausgeprägte venöse Insuffizienzen bestehen. Über
die Hälfte der Beschäftigten leidet unter tätigkeitsbezo-
genen Gelenkschmerzen einschließlich akuter Rückenbe-
schwerden, und über 70 Prozent weisen oft noch uner-
kannte bzw. ärztlich nicht untersuchte Deformitäten des
Fußgewölbes einschließlich Hallux valgus und Fersen-
schmerz auf.
Ein Großteil der Mitarbeiter ist trotz dieser mitunter
mehrfach feststellbaren Indikationen noch weitgehend
arbeitsfähig, läuft jedoch Gefahr, mittelfristig bei aus-
bleibender angemessener Behandlung schwerwiegende
Symptome mit hohem Ausfallrisiko zu entwickeln. Kurs-
angebote ohne medizinische Voruntersuchung leisten
hier keine Abhilfe und erreichen ohnehin oft nur Mitar-
beiter mit grundlegender Affinität zu Sport- und Gesund-
heitsthemen. Fehlende oder falsche wirtschaftliche Anrei-
ze für behandelnde Ärzte führen mitunter zu unnötigen
operativen Eingriffen mit Folgebeschwerden, oder der
betroffene Mitarbeiter behilft sich mit physiotherapeuti-
schen Maßnahmen und der Einnahme von Schmerzmit-
teln.
Bedarf erkannt – Gefahr gebannt
Konservative Versorgungsmöglichkeiten, wie sie die
Regelversorgung des deutschen Gesundheitssystems
umfassend ermöglicht, müssen von Dienstleistern im
betrieblichen Gesundheitsmanagement oftmals neu ver-
mittelt werden. Die thematische Sensibilisierung und die
direkte Versorgung von Mitarbeitern mit orthopädischen
Hilfsmitteln, ergänzt um telefonisches Gesundheitscoa-
ching und die Empfehlung qualifizierter Fachärzte, haben
sich dabei als initiale Präventionsmaßnahmen in vielen
Fällen erfolgreich bewährt.
Mit der Linderung oft langjährig bestehender Schmer-
zen wird zugleich die Grundlage geschaffen, sportliche
Aktivitäten wieder aufzunehmen oder an betrieblichen
Programmen zur Gesundheitsförderung teilzunehmen.
Diese sind weiterhin ein unverzichtbares Element, aller-
dings als der medizinischen Analyse und Intervention
nachgeordnet zu verstehen und einzusetzen.
Christian Weyer, Bereichsleiter Gesundheitsmanagement,Bauerfeind AG
© Bauerfeind AG.
Ausgabe 2 – Mai 2016
21 // Muskel-Skelett-Erkrankungen
Betriebssport fördern und organisierenBetriebliche Gesundheitsförderung als Netzwerkarbeit zwischen Sportvereinen und Unternehmen
Von Dr. Mischa Kläber
Bewegungsmangel ist in den vergan-
genen Jahren zu einem ernstzuneh-
menden Risikofaktor für viele Krank-
heiten geworden. Das belegt auch der
Gesundheitsbericht des Robert Koch-
Instituts 2013 „Gesundheit in Deutsch-
land“, der deutliche Defizite bei der
körperlichen Aktivität der Deutschen
feststellt. Obwohl sich bei einem Teil
der Bevölkerung seit den neunziger
Jahren eine Steigerung des Aktivitäts-
niveaus beobachten lässt, bewegen
sich immer noch zu viele Personen im
Alltag deutlich zu wenig. Dies lässt
sich unter anderem auf vermehrte
sitzende Tätigkeiten im Berufsalltag
und auf eine veränderte Freizeitge-
staltung mit starker Nutzung der mo-
dernen Massenmedien wie Fernseher und Internet
zurückführen.
Bewegungsmangel wird inzwischen als ein Zivilisa-
tionsphänomen bezeichnet, das durch die Veränderun-
gen in der modernen Industriegesellschaft hervorgerufen
wird. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO gehört
mangelnde Bewegung zu den größten Risikofaktoren
für die Gesundheit. Die Folgen davon sind weitreichend.
Allein an chronischen Rückenschmerzen leidet ein gro-
ßer Teil der deutschen Bevölkerung – und das mit stei-
gender Tendenz. Glücklicherweise liegt die Ursache nur
selten in einer Erkrankung, sondern beruht auf einer zu
schwachen Rumpfmuskulatur. Alles, was
die Rücken- und Bauchmuskeln stärkt, ist
deshalb gleichzeitig Vorsorge für einen
gesunden Rücken.
Ähnlich verhält es sich mit der Blutzir-
kulation in den Beinen, einem Problem,
mit dem vor allem Beschäftigte in Stehbe-
rufen zu kämpfen haben. Bei zu langem
Stehen müssen die Venen fortdauernd
Schwerstarbeit leisten, wenn sie das Blut
zum Herzen transportieren. Auch hier
bringt vor allem Bewegung die Aussicht
auf Erfolg, wenn es darum geht, müden
Beinen und der Bildung von Krampfadern
vorzubeugen.
Neben Fehlernährung und Rauchen
ist Bewegungsmangel eine der häufigs-
ten Ursachen für Zivilisationskrankheiten
wie beispielsweise Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-
Erkrankungen. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten, die
die dadurch entstehenden Krankheiten nach sich ziehen,
sind erheblich. Darüber hinaus sterben in Europa jedes
Jahr ungefähr 600.000 Menschen an den Folgen von
mangelnder Bewegung.
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Fließender Übergang vom Bürojob zum Betriebssport?
Ausgabe 2 – Mai 2016
22 // Betriebssport
Mit BGF gegen Bewegungsmangel
Der demographische Wandel ist in seinen Folgen allge-
genwärtig und macht auch vor der Arbeitswelt nicht
Halt, denn die Gesellschaft – speziell in Bezug auf das
Setting Betrieb – ist zunehmend den Umständen von ver-
längerter Lebensarbeitszeit und Belastungen durch Ter-
min- und Erfolgsdruck ausgesetzt. Damit Arbeitnehmer
lange gesund und leistungsfähig bleiben, müssen auch
Unternehmen ihren Beitrag leisten. Hier setzt die Betrieb-
liche Gesundheitsförderung (BGF) an. Ziel der BGF ist es,
die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu optimieren
(Verhältnisprävention) und die persönlichen Ressourcen
zu stärken (Verhaltensprävention).
Die Wahrscheinlichkeit einer Teilnahme an Gesund-
heitsprogrammen erhöht sich, wenn diese unmittelbar
im Setting Betrieb durchgeführt werden, da die Beschäf-
tigten eine in sich geschlossene Adressatengruppe dar-
stellen und entsprechende Kommunikationswege bereits
vorhanden sind. Die BGF nimmt im Bereich Prävention
und Gesundheitsförderung eine Sonderrolle ein und ge-
winnt für alle Beteiligten immer mehr an Bedeutung.
Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen lohnen
sich solche Maßnahmen unzweifelhaft, wie auch schon
der IGA-Report 13 „Wirksamkeit und Nutzen Betriebli-
cher Gesundheitsförderung und Prävention“ aus dem
Jahr 2009 beweist. Das Ergebnis sind gesunde und mo-
tivierte Mitarbeiter, eine hohe Effizienz sowie geringe
krankheitsbedingte Ausfallzeiten.
Neben den sportaffinen Arbeitnehmern kann vor
allem die Gruppe der Nicht-Beweger in einem solchen
Kontext über niedrigschwellige Angebote gezielt ange-
sprochen werden. Mittels eines solchen Bewegungsan-
gebots und der damit einhergehenden Erfolge in Bezug
auf Wohlbefinden und Gesundheit gilt es, sukzessive eine
Bewegungsbegeisterung bei den Programmabsolventen
zu implementieren. Ziele sind dabei ein langfristig etab-
liertes Sportangebot im Betrieb sowie ein regelmäßiges
Bewegen und Sporttreiben der Belegschaft.
Der organisierte Sport als Partner für Betriebe
Mit seinen Erfahrungen in der Umsetzung von passge-
nauen Bewegungsangeboten für unterschiedliche Ziel-
gruppen sowie mit fachlich gut ausgebildeten Übungs-
leitern stellt der organisierte Sport für Betriebe einen
kompetenten Partner im Themenfeld der Betrieblichen
Gesundheitsförderung dar. Neben dem Deutschen Tur-
nerbund (DTB), der Weiterbildungen speziell im Bereich
Betriebliche Gesundheitsförderung anbietet und der das
DTB-Zertifikat „Betriebliche Gesundheitsförderung“ ver-
leiht, haben verschiedene Landessportbünde wie etwa
der Württembergische Landessportbund, der LSB Bran-
denburg und der LSB Nordrhein-Westfalen in verschie-
denen Kooperationen erfolgreich bewiesen, dass eine
Zusammenarbeit zwischen Sportvereinen und Betrieben
nachhaltig umsetzbar ist.
Diese Erkenntnisse und Kompetenzen werden vie-
lerorts inzwischen dazu genutzt, systematisch Netzwer-
ke aufzubauen, um Partnerschaften zu vermitteln. In
diesem Zuge hat sich auch der Deutsche Olympische
Sportbund als Dachorganisation des deutschen Sports
mit dem Thema der BGF auseinandergesetzt. In seinem
durch das Bundesministerium für Gesundheit geförderten
Projekt „Bewegt im Betrieb“ hat er unter anderem eine
Broschüre entwickelt, die mit einem Vier-Wochen-Bewe-
gungsplan und darin enthaltenen fünf niedrigschwelligen
Job-Fit-Übungen zu mehr Bewegung im Betriebsalltag
anregt. Darüber hinaus gibt es Tipps für mehr Bewegung
im Arbeitsalltag. Die DOSB-Broschüre zeigt auf, dass Be-
triebe auch ohne großen organisatorischen und finanziel-
len Aufwand erste Schritte in Richtung systematische BGF
machen können.
Idealerweise ist dieses Bewegungsprogramm für den
Betriebsalltag gewissermaßen der Auftakt zu einem dau-
erhaft verbesserten Bewegungsverhalten – längerfristig
beispielsweise durch eine Vereinsmitgliedschaft der Ar-
beitnehmer oder aber eine Kooperation des Betriebes mit
einem vor Ort ansässigen Sportverein. Dafür ist jedoch
entscheidend, dass sowohl Gesundheitsverantwortliche
in den Betrieben als auch Arbeitnehmer das große, ge-
sundheitsfördernde Potenzial von BGF-Maßnahmen er-
kennen und für sich nutzen. Dieses enorme Potenzial gilt
es umzusetzen, um dem Ziel einer bewegten und gesun-
den Gesellschaft ein Stück näher zu kommen. Unterdes-
sen wird der organisierte Sport in den nächsten Jahren
die sportvereinsbezogene Arbeit im Setting Betrieb konti-
nuierlich weiterentwickeln, ausbauen und verfestigen.
Dr. Mischa Kläber, Ressortleiter Präventionspolitik und Gesundheitsmanagement Deutscher Olympischer Sportbund
© Deutscher Olympischer Sportbund, 2014: Bewegt im Betrieb. Vier-Wochen-Bewegungsprogramm für mehr Wohlbefinden und Gesundheit am Arbeitsplatz. Frankfurt am Main: DOSB.
Ausgabe 2 – Mai 2016
23 // Betriebssport
Betriebssport verbindet Spaß und Gesundheit miteinanderArbeitgeber können Sportangebote als Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung nutzen
Von Bernd Meyer
Spaß, Identifikation, ein positiver Beitrag für das Be-
triebsklima und die Gesundheit der Beschäftigten:
Mehr als 320.000 Mitarbeiter in Unternehmen und
Institutionen in Deutschland nehmen am organisier-
ten Betriebssport teil. Die Aussicht, nach Feierabend
gemeinsam mit Kollegen Sport zu treiben, motiviert
viele Beschäftigte. Für die Arbeitgeber stellt der Be-
triebssport einen effektiven Weg dar, um die Gesund-
heit von alternden Belegschaften zu fördern.
Mitarbeiter sind die wichtigsten Ressourcen eines
Unternehmens. Sie gilt es zu fördern und zu schützen.
In den vergangenen Jahren hat sich das Verständnis von
Gesundheit am Arbeitsplatz weiterentwickelt. Deshalb
sehen es auch die Organisatoren und Verbände rund um
den Betriebssport als Notwendigkeit an, den Aspekt der
Gesundheit in den Betrieben zu integrieren und Möglich-
keiten der Gesundheitsförderung der Mitarbeiter aller Al-
tersgruppen zu schaffen.
In Zeiten einer sich stark verändernden Arbeitswelt
verfolgen immer mehr Arbeitgeber das Ziel, ihre Unter-
nehmenskultur, das Betriebsklima, die soziale Kompetenz
und das Gesundheitsverhalten der Mitarbeiter zu verbes-
sern. Je besser es um die Gesundheit und das Wohlbefin-
den der Beschäftigten steht, desto stärker schlägt sich das
in geringen Fehlzeiten und einer hoher Motivation nieder.
Die Anbieter und Organisatoren des Betriebssports för-
dern das Gesundheitsverhalten mit gezielten Angeboten
wie Rückentraining, Bewegungsangeboten, Arbeitsplatz-
ergonomie, gesunder Ernährung und Stressbewältigung.
Förderung des Betriebsklimas
Wer den ganzen Tag im Team zusammenarbeitet, hat
beim zunehmenden Arbeitsdruck kaum Zeit für Privates.
Das hilft es, dass manche Kollegen an festen Tagen nach
Arbeitsschluss gemeinsam Sport treiben. Das hilft, Stress
abzubauen, und trägt dazu bei, dass sich auch Kollegen
aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens über
den Sport kennenlernen und interne Netzwerke ausbau-
en. Gemeinsamer Sport stärkt die Gesundheit der Be-
schäftigten, fördert die Bindung an den Betrieb und wirkt
sich leistungssteigernd und damit wertsteigernd für den
Arbeitgeber aus.
Was viele nicht wissen: Der Betriebssport wird auf
Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene von ehren-
amtlich tätigen Mitarbeitern organisiert. Sie koordinieren
insbesondere die Mannschaftssportangebote. Zusam-
mengeschlossen sind die Betriebssportgemeinschaften
im Deutschen Betriebssportverband.
Gerade die ehrenamtliche Struktur ist der Schlüssel
für den Betriebssport als Einstieg in die betriebliche Ge-
sundheitsförderung. Die im Unternehmen zuständigen
Mitarbeiter unterbreiten den Beschäftigten nach Arbeits-
ende Angebote, die Spaß machen, den Nerv treffen und
der Gesundheit des Einzelnen dienen. Dabei sind auch
Verknüpfungen zu Unternehmensangeboten während
der Arbeitszeit möglich. Der Betriebssport wird so zu
Gemeinsames abendliches Joggen an der Alster verbindet Kollegen.
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Ausgabe 2 – Mai 2016
24 // Betriebssport
einer nachhaltig wirkenden Maßnahme der Betrieblichen
Gesundheitsförderung, die von Mitarbeitern für Mitarbei-
ter organisiert wird.
Hamburger Modell
Als Ansprechpartner für Unternehmen, die eine ehren-
amtliche Struktur im Interesse einer betrieblichen Ge-
sundheitsförderung schaffen wollen, bieten sich die je-
weils zuständigen Landesbetriebssportverbände an. Der
Einstieg in die betriebliche Gesundheitsförderung ist auch
in kleinen und mittelständischen Unternehmen ohne
hauptamtliche Beschäftigte möglich, wenn das Ehrenamt
und das damit verbundene geringfügige Engagement
während der Arbeitszeit toleriert wird. Das beweist das
sogenannte Hamburger Modell.
Der Betriebssportverband Hamburg e.V. (BSV) bildet
heute das organisatorische Dach für fast 500 Betriebssport-
gemeinschaften aus Unternehmen, Behörden und Institu-
tionen in der Metropolregion Hamburg mit rund 60.000
Betriebssportlern. In 25 Sportsparten bietet der BSV einen
Runden- und Wettkampfbetrieb an. Er organisiert Einzeltur-
niere und Vergleichswettkämpfe auch mit anderen Städten
und Verbänden in Deutschland. Als Mitglied im Deutschen
Betriebssportverband e.V. besteht für Mannschaften oder
Einzelsportler des BSV Hamburg die Möglichkeit zur Teil-
nahme an Deutschen Betriebssportmeisterschaften.
Die positive Mitgliederentwicklung beim BSV Ham-
burg im Jahr 2015 zeigt, dass der Verband immer stärker
als Plattform für die Betriebliche Gesundheitsförderung
wahrgenommen wird. Dabei konnte der Hamburger
BSV das Netzwerk von Partnern im Gesamtbereich des
betrieblichen Gesundheitsmanagements noch einmal
deutlich ausbauen und sich auf Fachmessen und Veran-
staltungen präsentieren.
Weiterhin hoher Mobilisierungsbedarf
Doch der Status quo ist noch längst nicht zufriedenstel-
lend. Zwar gelingt es dem BSV Hamburg immer wieder,
die Entscheidungsträger im Unternehmen von den Vortei-
len einer Betriebssportgemeinschaft als Bestandteil eines
betrieblichen Gesundheitsmanagements zu überzeugen.
Doch im Hinblick auf die Mitarbeiter besteht weiterhin
hoher Mobilisierungsbedarf. Für die künftige Arbeit des
Hamburger Verbands bedeutet das, sich noch stärker
um die Betreuung von Mitgliedern zu kümmern und den
klassischen Betriebssport um Trendsportarten wie auch
um gezielte Angebote zur Betrieblichen Gesundheitsför-
derung zu ergänzen.
Schon jetzt unterstützen der BSV Hamburg und seine
Netzwerkpartner Betriebe bei der Planung und Durchfüh-
rung von Gesundheitstagen und stellen Kontakt zu Aus-
stellern und Partnern mit einem breiten Angebot an me-
dizinischen Leistungen und Präventionsmaßnahmen her.
Außerdem verfügt der Verband über eine Vielzahl von
Referenten für Vorträge aus dem Gesundheitsbereich, die
thematisch von der Ernährung über Burn-out-Prophylaxe
und Suchtprävention bis zum Umgang mit Stress reichen.
Zu den besonderen Höhepunkten für den BSV Ham-
burg zählten 2015 die European Company Sport Games
(ECSG) in Riccione. Auch führte der Verband im vergan-
genen Jahr Workshops, die City-Nord-Sportwoche, den
Tag des Betriebssports, den Azubi-Sporttag und den
Fachkongress „Betriebliche Zukunft in Motion“ durch.
Besonders erfreut das Präsidium des BSV die Fortsetzung
der Kooperation mit der Handelskammer, der Hand-
werkskammer und der Gesundheitswirtschaft Hamburg
GmbH. Diese enge Zusammenarbeit von Sport und Wirt-
schaft belegt, dass der BSV Hamburg als Partner auf Au-
genhöhe einen wesentlichen Beitrag zur Betrieblichen
Gesundheitsförderung in den Unternehmen leistet.
Bernd Meyer, Präsident,Betriebssportverband Hamburg
• Förderung der internen Kommunikation• Bildung informeller Netzwerke über die gesamte Firma
hinweg• Entwicklung einer positiven Gruppendynamik• Gemeinsam Sport treiben und sich austauschen, auch über
Hierarchiegrenzen hinaus• Verbesserung des Betriebsklimas• Steigerung des Wohlbefindens, der Freude, der Loyalität
und der Motivation am Arbeitsplatz• Stärkung einer gesundheitsbewussten Lebens- und Arbeits-
weise der Mitarbeiter• Erhalt und Förderung der Beschäftigungsfähigkeit durch die
Verringerung von Fehlzeiten• Verbesserung des Firmenimages durch eine moderne
Betriebliche Gesundheitsförderung• BG-Schutz bei betrieblich veranlasstem Betriebssport• Geringer Beitrag für jeden Einzelnen
Warum Betriebssport? Allgemeine positive Aspekte für Unternehmen und Mitarbeiter
Ausgabe 2 – Mai 2016
25 // Betriebssport
Nachrichten aus der Corporate-Health-Welt
Im Jahr 2015 sank die Zahl der töd-lichen Arbeitsunfälle wie bereits im Vorjahr Die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsun-
fälle ist im Jahr 2015 nochmals um ein
halbes Prozent zurückgegangen. Das
geht aus den vorläufigen Zahlen zum
Unfallgeschehen der Deutschen Gesetz-
lichen Unfallversicherung (DGUV) hervor.
Demnach ereigneten sich 2015 in der
gewerblichen Wirtschaft und im öffent-
lichen Sektor 865.500 meldepflichtige
Arbeitsunfälle, der Vorjahreswert lag bei
869.817 Arbeitsunfällen. Auf dem Weg
zur Arbeit oder von dort nach Hause kam
es zu 178.009 Unfällen, das sind 2,2 Pro-
zent mehr als im Vorjahr. Bemerkenswert
ist der Rückgang der tödlichen Arbeits-
unfälle: Ihre Zahl sank um 45 auf 438.
Sollte diese Zahl auch durch die endgül-
tigen Kennzahlen bestätigt werden, wäre
dies die geringste Anzahl von tödlichen
Arbeitsunfällen, die den Berufsgenos-
senschaften und Unfallkassen jemals in
einem Jahr gemeldet wurden. 348 Versi-
cherte kamen bei einem Wegeunfall ums
Leben, 26 mehr als 2014.
Gesundheits-Apps halten daten-schutzrechtliche Anforderungen häufig nicht ein Bei der Datenschutzerklärung und der
Einholung von Einwilligungen durch die
Nutzer fehlt es im Zusammenhang mit
Gesundheits-Apps oft an Transparenz. So-
weit Daten im Ausland gespeichert wer-
den, ist die Nutzung nicht dem deutschen
Datenschutzrecht unterworfen. Zu diesem
Ergebnis kommt die vom Bundesminis-
terium für Gesundheit geförderte Studie
„Chancen und Risiken von Gesundheits-
Apps – CHARISMHA“, die am Peter L. Rei-
chertz Institut für Medizinische Informatik
erarbeitet wurde. Die Forscher empfehlen,
Datenschutzstandards weiterzuentwickeln
und die Aufklärungspflichten zu erweitern.
Die Studie umfasst eine Bestandsauf-
nahme zu Gesundheits-Apps, ihrer Bedeu-
tung für die Gesundheitsversorgung und
leitet Handlungsmöglichkeiten ab. Bei den
gegenwärtig angebotenen Apps in den
Kategorien „Medizin“ und „Gesundheit
und Wellness“ sind Produkte mit diagnos-
tischem oder therapeutischem Anspruch
bisher eher selten.
Begrenzter Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem
Urteil vom 10. Mai 2016 (9 AZR 347/15)
die Forderung eines Klägers nach einem
tabakrauchfreien Arbeitsplatz in einem
hessischen Casino zurückgewiesen. Der
Kläger arbeitet in dem Spielcasino als
Croupier. Er hat hierzu im Durchschnitt
wöchentlich zwei Dienste in einem abge-
trennten Raucherraum zu arbeiten. Nur
dort und im Barbereich ist den Gästen das
Rauchen gestattet. Der Raucherraum ist
mit einer Klimaanlage sowie einer Be- und
Entlüftungsanlage ausgestattet.
Zwar hat der Kläger nach § 5 Abs. 1
Satz 1 ArbStättV grundsätzlich Anspruch
auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz.
Der beklagte Betreiber des Spielcasinos
macht jedoch von einer rechtlichen Aus-
nahmeregelung Gebrauch, die das Rau-
chen in Spielbanken ermöglicht. Das Casi-
no muss deshalb Schutzmaßnahmen nur
insoweit treffen, als die Natur seines Be-
triebs und die Art der Beschäftigung dies
zulassen. Es ist lediglich verpflichtet, die
Gesundheitsgefährdung zu minimieren.
Weniger Burnout-Diagnosen, statt-dessen mehr Depressionen Die Krankschreibungen aufgrund psychi-
scher Probleme haben sich in den ver-
gangenen Jahren deutlich verändert. Die
Ausfalltage durch einen Burnout sanken
seit 2011 um rund 60 Prozent. Die Zahl der
Fehltage durch Depressionen stieg dage-
gen um 41 Prozent an. Das zeigen Kran-
kenstandsdaten der DAK-Gesundheit. Als
Reaktion auf diese Entwicklung bietet
die Krankenkasse eine neuartige Online-
Therapie für Menschen mit leichten und
mittelschweren Depressionen an.
Laut der DAK-Sonderanalyse zu psy-
chischen Erkrankungen entfielen 2015
auf 100 DAK-Versicherte 4,3 Fehltage
wegen Burnout. 2011 waren es noch
10,2 Tage. In den Jahren davor gab es
einen drastischen Anstieg beim Burnout.
Gegensätzlich verhält es sich bei den
Krankschreibungen aufgrund von Depres-
sionen. Bei der häufigsten psychischen
Erkrankung erhöhte sich die Anzahl der
Fehltage zwischen 2011 und 2015 um 41
Prozent – von 81 Tagen auf 114 Tage bei
100 Versicherten.
Ausgabe 2 – Mai 2016
26 // Kurz und knapp
Seminare und Events von Mai bis Juni 2016
5. BGM-Fachtagung: „Das neue Präventionsgesetz – Mit dem BBGM den richtigen Kurs einschlagen!“
Die Tagung befasst sich mit dem Thema „Das
neue Präventionsgesetz“. Beleuchtet wird das
Präventionsgesetz aus vier Blickwinkeln: Wissen-
schaft, Praxis, Wirtschaft & Wirtschaftlichkeit so-
wie Sozialsysteme & Politik. Redner sprechen in
Vorträgen, Best-Practice-Beispielen, Diskussionen
und einem Workshop über den Umgang mit dem
neuen Präventionsgesetz.
Veranstalter: Bundesverband Betriebliches
Gesundheitsmanagement
Zeit und Ort: 31.05.–01.06., Andel's Hotel Berlin
Kontakt: Nathalie Gessner
Telefon: +49 6441 569795-300
E-Mail: [email protected]
Fallstudienseminar Gesundheitsmanager
Das Fallstudienseminar baut auf den Wissensbe-
standteilen der Ausbildungsstufe I auf. Sie wer-
den anhand einer anschaulichen und spannenden
Fallstudie weiterentwickelt, erprobt und disku-
tiert. Die Hauptziele sind die Entwicklung metho-
discher und sozial-kommunikativer Fertigkeiten
anhand konkreter, praxisnaher Erfordernisse in
der Fallstudie sowie die Erhöhung der Handlungs-
sicherheit und Handlungsvielfalt.
Veranstalter: ifg
Zeit und Ort: 06.–10.06., Leipzig
Kontakt: ifg
Telefon: +49 800 7733110
E-Mail: [email protected]
2. ASU-Präventionskongress 2016„Prävention in der Arbeitswelt“
Schwerpunkt des diesjährigen Kongresses sind
die Möglichkeiten zur Umsetzung des neuen
Präventionsgesetzes in Betrieben, die psychische
Gefährdungsbeurteilung im Unternehmen, die
Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit sowie die
Kooperation der Berater im Betrieb bei zuneh-
mendem Fachkräftemangel. Innovative Formate
wie Thinktanks und eine offene Diskussionskultur
sorgen für zusätzliche Impulse.
Veranstalter: ASU/Alfons W. Gentner Verlag
Zeit und Ort: 16.–17.06, Filderhalle, Leinfelden-
Echterdingen
Kontakt: Regina Schönfeld
Telefon: +49 711 63672-852
E-Mail: [email protected]
2. DGUV-Forum Forschung Extra – Gefahrstoff-Forschung – Gerüche und Reizstoffe
Das DGUV Forum-Forschung geht zahlreichen Fra-
gen rund um das Thema Gerüche und Reizstoffe
nach. Auf der Veranstaltung führen die Referen-
ten in die Gefahrstoffforschung ein. Anschließend
finden Vortragsblöcke mit Impulsvorträgen und
Workshops zu den Themenfeldern „Reizstoffe am
Arbeitsplatz“, „Gerüche – Luftqualität in Schulen/
Kitas“ und „Gerüche – Luftqualität im Büro“ statt.
Veranstalter: DGUV
Zeit und Ort: 28.–29.06., DGUV-Akademie,
Dresden
Kontakt: Gabriele Brandt
Telefon: +49 351 457-1920
E-Mail: [email protected]
© mizar_21984/iStock/Thinkstock/Getty Images
Ausgabe 2 – Mai 2016
27 // Veranstaltungskalender
Juliane Barth Vorstand und Leiterin des Beratungszentrums
Corrente AG, Strandstraße 14, 24159 Kiel
Eike Jeske Unternehmenskommunikation und Marketing
BG Kliniken – Klinikverbund der gesetzlichen Unfallver sicherung gGmbH, Mittelstraße 51, 10117 Berlin
eike.jeske@bgkliniken.de
Ruth Wagner Leiterin Bereich Prävention
IKK classic, Schlachthofstraße 3, 71636 Ludwigsburg
ruth.wagner@ikkclassic.de
Prof. Dr. med. Dietrich Baumgart Leiter
Preventicum – Zentrum für Individualisierte Medizin, TheodorAlthoffStraße 47, 45133 Essen
Christian Weyer Bereichsleiter Betriebliches Gesundheitsmanagement
Bauerfeind AG, Triebeser Straße 16, 07937 ZeulenrodaTriebes
Dr. Ingo Weinreich Geschäftsführer
IfG GmbH – Institut für Gesundheit und Management, FerdinandRhodeStraße 3, 04107 Leipzig
Dr. Hansjörg Becker Geschäftsführer
INSITEInterventions GmbH, Clemensstraße 10–12, 60487 Frankfurt am Main
h.becker@insiteinterventions.com
Astrid Funken Marketing und Vertrieb Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
BARMER GEK Hauptverwaltung, Lichtscheider Straße 89, 42285 Wuppertal
astrid.funken@barmergek.de
Dr. Peter Wrogemann Vorstandsvorsitzender
ias Aktiengesellschaft, Askanischer Platz 1, 10963 Berlin
peter.wrogemann@iasgruppe.de
Nils Birschmann Direktor Kommunikation
SRH Holding (SdbR), Bonhoefferstraße 1, 69123 Heidelberg
Dr. med. Ulrike Hein-Rusinek Leitende Betriebsärztin E.ON SE
Redaktion ASU, Alfons W. Gentner Verlag GmbH & Co. KG, Forststraße 131, 70193 Stuttgart
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