das hanf handbuch

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HAI & RIPPCHEN DAS H A N F HAND B U C H DER GRÜNE ZWEIG 173

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H A I & R I P P C H E N

D A SH A N FH A N DB U C HDER G R Ü N E Z W E I G 173

HAI & RIPPCHENDAS HANF-HANDBUCHDER GRÜNE ZWEIG 173

ES HANDELT SICH UM EINEN NACHFOLGE-BAND VON HAINER HAIS WERK AUS DEM JAHR1982, DEM DEFINITIVEN DEUTSCHEN HANF-HANDBUCH. RONALD RIPPCHEN HAT ES UM50 % GEKÜRZT UND 140 NEUE SEITEN HINZU-GESTEUERT, UM ES AUF DEN STAND DER 90ERJAHRE ZU BRINGEN.

MITARBEITER:SIND IN DEN DANKSAGUNGEN DES HERAUSGE-BERS GENANNT,

GESTALTUNG:RONALD RIPPCHEN UND DIE ARBEITSGRUPPEZUR ERHALTUNG BEDROHTER ARTEN (AZEBA)

ILLUSTRATIONEN:ADAM APFEL, LAURENCE CHERNIAK, DADA(DROGENARCHIV DER ANBAUER)

SATZ: PETRA PETZOLD U.V.A.

DRUCK: FULDAER VERLAGSANSTALT

GEDRUCKT AUF HANFPAPIER DER FIRMASCHNEIDERSÖHNE, KELKHEIM

VERLEGT ALS A JOINT VENTURE VON

• WERNER PIEPER'S MEDIENEXPERIMENTENALTE SCHMIEDED-69488 LÖHRBACHFAX 062 01/2 25 85

UND

• NACHTSCHATTEN VERLAGRITTERQUAI 2-4CH-4502 SOLOTHURN

ISBN 3-925817-73-5

MEHR STOFF AUF SEITE 187 FF.BUMBUM

Alle über 250 Quellenangaben aus diesemBuch gibt es gegen 1 DM Rückporto ko-stenlos beim Verlag. Der Abdruck hätte denUmfang dieses Buches gesprengt.

JEDER TAG EINNAMENSTAG

„Hast du mal einen Marijuana Joint?" fragteVivida, als wir es uns an Deck in einem Lie-gestuhl in der brennenden Sonne bequemgemacht hatten. „Marijuana? Was ist dasdenn?"„Weißt du", sagte Vivida, „Marijuana...;Gras, Dope, Brösel, Knaster, Grüne Kraft,Psychovitamine, Kunubu, Kunnapu, Canna-bis, Kannabis, Konnab, Kinab, Kon-nab,Kannab, Kanub, Kinnab, Quinnab, Konneb,Quonnab, Quinnaq, Qinnab, Kenneb, Alcan-que, Kinnabis, Kinnub, Kanop, Kanaq,Ranob, Canapa, Kanep, Canep, Konopj, Ko-nople, Konopli, Konoptia, Canapa, Cannap-pa, Canamo. Canhamo, Canamazo, Kanas,Kas, Hon-neb, Hen-nab, Hennip, Nennup,Hampa, Hamp, Kamp, Kemp, Hemp, Hanf,Cannabis Indica, Cannabis Sativa, Kandir,Bhanga, Bangue, Banga, Bhang, Bang,Beng, Benhin, Benj, Bendj, Ganja, Ganjica,Gangika, Ganga, Ginji. Ginjeh, Guinnjeh,Gindsche, Gunjab, Guaza, Haschischa, Has-heesh, Hashish, Haschisch, Hachache,Hachaichi, Hadschi, Azallu, Subjee, Shesh,Assis, Axis, Assyuni, Asarath, Nasha,Anascha, Asa, Dakka, Dakha, Dacha, Dak-kan, Dagga, Djamba, Diamba, Jamba, Riam-ba, Damba, Kanedir, Kanabira. Kendir, Ken-der, Kennevir, Kenevir, Kentyr, Butt, Cada-neh, Cansjava, Chanvre, Chenevis, Chutsao,Chu-Tsao, Chu-Tso, Hursuni, Indrasans, Jia,Intsangu, Kaff, Kif, Kief, Kinif. Kerp, Khara-neq, Sharaneq, Shanareq, Sjarank, Sheera,Ma, Ma-yo, Ta-ma, Si-ma, Tse-ma, Maguen,El Mogen, Malach, Mosjusck, Maconha,Marihuana, Mariguana, Marajuana, Matak-wane, Mnoana, Mutokwana, Opishnu,Penek, Pienka, Penka, Rongoyne, Sejav,Ahets-Mangha, Fasukh, Vijaya, Teriaki, Te-krowia, Takrousi, Takut, Takruri, Takrouri,Tekrouri, Berch, Bernavi, Bernouay, Bers,Bosa, Charas, Chiras, Churus, Churrus,Chira, Marihuana Pura, Gard, Rup, Taghalim,Ganja, Gabza, Momea, Shahjehani, Mashak,Bhara, Dust, Chastry, Chatzraki, Chinty, Da-

wamesc, Dawamesck, Kawamesc, Diamo-schum, Diamusch, Diamesch, Diamesk, Dy-asmouck, Esrar, Extract of Hemp, The Eme-rald Cup of Haider, Garawisch, Hachich-Kaf-our, Hachich, Hafiou, Hafioun, Hashish Oil,Cooked Hashish, Maju, Majum, Tadhai, Ma-joon, Madjoon, Majoorn, Madjun, Madjoun,Magioun, Majoan, Mapuchari, Mapouchari,Mapouchair, Maslac, Masha, Ma'agoun,Manzoul, Manjoun, Haloua, Masmoch,Malak, Maraguango, Juanita, Dona Juanita.Maria Johanna, Rosa Maria, Nabutal Qunn-ab, Subji, Patti, Ganje-kuper, Gur, Siddhi,Sabzi, Philganja, Savia, Sukhu, Sidhi, Sabza,Thandai, Sabzi, Subzee, Darakte-bang, Dar-akhte-kinnab, Drakte-Bang, Nabatul-Qunn-ab, Muggles, Mooter, Reffers, Greefa, Grif-fo, Mary Warner, MaryWeaver, Mary Jane,Indian Hay, Loco Weed, Love Weed, Joy-Smoke, Giggle-Smoke, Bambalacha, Mo-hasky, Mu, Moocah, The Weed, Grass, Tea,Ea-Tay, Eed-Way, Eed-Waggles."„Nein", sagte ich.„Dann müssen wir halt ohne auskommen",erwiderte sie.(aus: „Nenn mich Adam" von Tuli Kupfer-berg)

INHALTSVERZEICHNIS

8 ... Vorwort des Verlegers

DER HANF ALS SOLCHER

19 ... Mathias Bröckers: Hanfdampf und seine Kriegsgewinnler35 ... Jonathan Ott: Tetrahydrocannabinole und die Gattung Cannabis39 ... Dale Gieringer (NORML): Hanf Mythen und ihre Enttarnung48 ... Hanf & seine faserigen Eigenschaften51 ... Faserhanfanbau, international55... Hanfperspektiven

BOTANIK UND BIOGENESE

60 ... Die natürliche Entwicklung69 ... Cannabinoide in der Pflanze

CHEMIE

76 ... Was hat Hanf, das Eichenlaub nicht hat?

ANBAU

89... Freiland93 ... Samenwahl, Züchterqual

101 ... Kunstlichtanbau117... Die Blüte122 ... Die Ernte

DIE PRODUKTION __

135... Zur Welterzeugung von Haschisch139 ... High in den Niederlanden?142 ... Traditionelle Harzgewinnung in verschiedenen Kulturen147 ... Holland, Teil 2 (René Gorig)151 ... Traditionelle Haschisch-Herstellung

DIE EINNAHME

165... Rauchen169... Konsumformen170 ... Die Wasserpfeife174... Hanfesser

DIE WIRKUNG

180 ... Dia Hefe des Denkens - Cannabisrezeptoren im Gehirn entdeckt182 ... (Selbst-)Erfahrungen: Goethe & Schiller, Hartwich, Gelpke, Nina Graboi188 ... Wirkung auf die Psyche, Wahrnehmungen, intellektuelle Funktionen,

Kreativität, Sozialverhalten, ...203 ... Langzeitwirkung (psychosozial)208 ... Zur Wirkung auf den Körper

MEDIZIN & HEILMITTEL

213 ... Hanf als Heilmittel214 ... Christian Ratsch: Die moderne Selbstmedikation215 ... Christian Ratsch: THC in der Schulmedikation218 ... Cannabis-Behandlung von Aids-Kranken220... Immo Jalass: Psychovitamine222 ... Noch ein Rezeptor: CX5223 ... Wie gesundheitsschädlich ist es, Haschisch zu rauchen?

MUSIK

226 ... Von La Cucaracha bis Hits from the Bong!231... Cheb Kif-Kif: Die Haschischlyrik der Rembetes

DIE DEBATTE

238 ... Halt die Presse? Wie die Herren Neskovic, Herer und Bröckersdie neue Hanf-Debatte entfachten

242 ... Gotteslästerung? Zur Geschichte des Hanfverbotes251 ... Zahlenspiele in der Folge des Verbotes254 ... Stationen auf dem Weg zur Normalisierung einer natürlichen Beziehung257 ... Immer verboten - selten strafbar. Zum Haschisch-Urteil 1994260 ... Das Smoke-ln im Darmstädter Hanfkessel

HANF IM STRASSENVERKEHR

262 ... Bernd Müllender: Voll Stoff über die Autobahn, ein Testbericht264 ... Dieses Urteil signalisiert ein Umdenken, Neskovic-lnterview266 ... Haar- und Urinproben, neue Abgründe tun sich auf270 ... Haschischtests - wie funktionieren sie?

OH FUTURE!

274 ... Urs Kroethner: Verschiedene Legalisierungsmodelle280 ... Zur freaklichen Ausbeutung der 3. Welt282 ... Erste Ergebnisse der großen Kifferumfrage Hanf & Fuß285 ... Mathias Bröckers: Wolfgang Neuss - der Vorraucher der Nation

VORWORT

Weed willWeed willRock you!Grafitti

Dieses Buch ist wie ein Hanfsame zu be-handeln:Der Besitz ist legal, die praktische Nutzungnicht. Weder darf man einen Hanfsamen insErdreich fallen lassen, noch das in diesemBuch enthaltene Wissen in die Praxis um-setzen. So sind ein Großteil der in diesemBuch enthaltenen Informationen nur in we-nigen Ländern der Erde legal umsetzbar.Damit dieses Wissen nicht verloren gehtund im Fall der, von uns bald erwarteten,Entkriminalisierung abrufbar ist, wurde die-ses Buch erstellt.Wer uns, den Autoren und dem Verlag, dasVerbreiten dieser Informationen als Auffor-derung zu strafbaren Handlungen unterju-beln will, sollte bedenken, daß Krimilesernicht automatisch zu Mördern und Verbre-chern werden und das Lesen der Bibel alleinkeine Erleuchtung verspricht. Dies Buch istkeine Einstiegsdroge.

Im Welt-Drogen-Bericht 1993, herausgege-ben vom Observatoire géopolitique des dro-gues.OGD, (dtv sachbuch 30401), geht manin Deutschland von vier bis sieben MillionenCannabisverbrauchern aus. Diesen korrekteund glaubwürdige Informationen über ihrkriminelles Tun zu vermitteln, das ist dieHauptaufgabe dieses Buches. Angesichtsdieser Zahlen darf es nicht verwundern,wenn die Autoren dieses Buches eine Ent-kriminalisierung, einige gar eine Legalisie-rung von Cannabis als Genußmittel fordern.Denn vier bis sieben Millionen Kiffer, dasbedeutet, daß über 10% der erwachsenenBevölkerung regelmäßig bewußt gegen einGesetz verstoßen, ohne Dritten dadurch zuschaden. So ein Gesetz erscheint uns, wieauch vielen Richtern, nicht mehr zeitgemäß.Trotzdem kann jede offensive Bemerkung

zum Thema Cannabis potentiell als eine'Drogenverherrlichung' oder 'Aufforderungzu strafbaren Handlungen' interpretiert wer-den. Damit müssen wir leben, auch wenndas nun wirklich nicht unsere Absicht ist.Auf Grund des Erlebens mehrerer Gerichts-verhandlungen wegen Büchern über psy-choaktive Substanzen ist mir klar, daß man-che behördliche Stellen und Gerichte solcheBemerkungen als Schutzbehauptungen ab-tun und dem Verleger u.U. noch negativankreiden. Die Wahrheit hat es nicht immerleicht.

ZUR GESCHICHTE DIESES BUCHES

Dieses Buch hat eine Vorgeschichte. Als Er-folgsautor Hainer Hai ca 1980 mit der Ideekam, ein Hanfbuch zu machen, da die da-mals existierenden meist schlechte Über-setzungen von oft noch schlechteren ameri-kanischen Büchern waren, stellte ich dieBedingung, daß es so gut sein müsse, daßes 10 Jahre zu Recht den Untertitel definitivtragen dürfe. Im Unterschied zu den ameri-kanischen Schluderwerken nannten wir esDas Definitive Deutsche Hanf Handbuch.Gesagt. Getan. Versprochen. Gehalten.

Kurz nach Erscheinen wurde das Buch dannindiziert, oder, wie man in der DDR zu sagenpflegte, zur Bückware. Nur noch unterm La-dentisch erhältlich. Die Geschichte der Indi-zierung dieses Buches ist in dem Buch vonRonald Rippchen, RECHT AUF RAUSCH,Der Grüne Zweig 147. dokumentiert worden.Pünktlich nach zehn Jahren begann plötzlicheine große Hanfdebatte im Lande, der diesegrundlegend überarbeitete Neufassung desBuches Rechnung tragen will. Sie begannmit dem Gerichtsbeschluß von RichterNeskovic 1992 und setzte sich 1993 mitdem Erscheinen des bahnbrechenden Bu-ches HANF von Jack Herer und MathiasBröckers fort. Angesichts des starken Inter-esses am Hanf war mir als Verleger klar,daß unser Hanfbuch einer dringenden Über-arbeitung bedurfte. Hainer Hai, inzwischenunter anderem Namen ein Erfolgsautor ineinem großen Verlag, zeigte kein Interesse

an einer Überarbeitung. So verpflichtete ichden ehemaligen Drogenkolumnisten dertaz, Ronald Rippchen, für diesen Job. Waser mir bald darauf an neuen Hanfinfos bei-brachte justifizierte seine Verpflichtung: vonden Coffeeshops in Holland und den dazugehörigen Mythen, vom Einsatz von Hanfbei AIDS und anderswo in der Medizin, vonder großen Rechtsdebatte, von holländi-schen Neuzüchtungen, von der neu erstark-ten Bauernbewegung, die wieder Hanf an-bauen will, vor allem in der Ex-DDR undschließlich von den Urin- und Haarkontrollenpotentiell kiffender Autofahrer... all das fandich so spannend, daß wir beschlossen, dasBuch von Hai völlig umzukrempeln. Rausflogen die Kapitel über Schmuggel undRecht (veraltet) sowie über Feinheiten wiedie Haschölherstellung. Alle indizierten Ab-schnitte und Sätze wurden, so sie nichtgänzlich rausflogen, in diesem Buch einge-schwärzt. Die Hanfpflanze ist zu wichtig, alsdaß man wegen ein paar postpubertärenFormulierungen eine Indizierung provozie-ren sollte. Herausgekommen ist ein wirklichneues Buch.

[n dieser Neuauflage ist viel von Hanf alsNutz- und Faserpflanze die Rede: von Hanfals Heilmittel, als Grundstoff für Textilienund Papier. Vor allem geht es aber darum,den illegalen Genießer über sein Tun aufzu-klären. Dabei kann es ab und an zu inhaltli-chen Wiederholungen kommen, da wir eini-ge Originalbeiträge ungekürzt übernommenhaben. Aber doppeltgemopppelt schadetnicht.

ZUR WIRKUNG VON THC

Zu beachten sei, daß manchmal von Mari-juana und manchmal von Haschisch dieRede ist. Beides wird zwar aus der Hanf-pflanze gewonnen, aber die Wirkung istdurchaus unterschiedlich. Man kann ja auchdie Erzeugnisse eines Konditors nicht mitdenen eines Bäckers gleichstellen. Marijua-na ist das Brot, Haschisch der Kuchen.(Dabei möchte ich gleich eine Erklärung fürdie durchgehend unterschiedliche Schreib-

weise von Marijuana geben: als Teil derStrategie des in den 30er Jahren entfach-ten Krieges dem Rauschgift, wurde dasKraut in der amerikanischen Hetzpresseplötzlich Marihuana ausgeschrieben. Dashat sich weitgehend so eingebürgert, aberwir versuchen, wo es nur geht, die tradi-tionelle mexikanische Schreibweise zugebrauchen, ohne bei Zitaten etc. dieseSchreibweise durchzupauken). Über dieWirkung des psychoaktiven Wirkstoffes imHanf, das Tetrahydrocanabinol, ist viel ge-forscht worden. Laut Welt am Sonntag vom14.11.1993 wirkt es bei einem Rausch wiefolgt auf das zentrale Nervensystem:"Euphorie und Entspannung, ein verbesser-tes Kurzzeitgedächtnis und eine gesteigerteWahrnehmungsfähigkeit gehören zu denvom Konsumenten erwünschten Effekten."Man soll nicht alles in der WamS zu ernstnehmen, denn diese Meldung scheint voneinem bekifften Reporter verfaßt zu sein,der schnell mal vergessen hat, daß in derTat ein flatterndes Kurzzeitgedächtnis zuden wenigen, von einigen Konsumenten ge-nannten Nachteilen des Cannabisgenussesgehört. Ein Exempel für die unterschiedli-chen Realitäten von Theorie und Praxis. Wirkennen das Beispiel, in dem ein TheoretikerSex so beschreibt, daß er eigentlich verbo-ten gehört: Es kommt zu Schweißausbrü-chen, unkontrollierten, ja, spastisch anmu-tenden Bewegungen, Schmerzensschreien,rasendem Puls, der Kreislauf spielt verrückt,Menschen verlieren gänzlich die Kontrolleüber ihren Körper.... So wird es jederschwer haben glaubwürdig über Haschischzu reden, der es nie selber ausprobiert hat.

Treffender erscheint mir da schon die Defi-nition der Haschischwirkung von HellmuthKotschenreuther: "Das logisch-deduktiveund kategoriale Denken wird durch das in-tuitiv-assoziative ersetzt. Indem das THCdas kausale Denken zugunsten des intuiti-ven schwächt, setzt es die Phantasie frei;und indem es Psyche und Geist von der Fi-xierung an den Alltag und seine Problemelöst, erleichtert es die Konzentration auf dasWesentliche."

Die psychoaktiv wirksame Dosis THC liegtbei 4-8 mg. THC ist kein gefährlicher Stoff,seine Toxizität liegt bei Ratten bei 600 mg/kg, also etwa 6000-fach höher als die beimMenschen wirksame Dosis. So ist auchnoch kein einziger Todesfall durch eineHanfüberdosierung bekannt. Todesfälledurch Hanf gab es allenfalls auf dem Scha-fott durch einen Strick aus Hanf. Laut demGerichtsbeschluß von Richter Neskovic gel-ten Hanfprodukte "nach dem neuesten wis-senschaftlichen Forschungsstand als dieharmlosesten bekannten Rauschmittel."Das THC bewirkt in der wirksamen Dosisvon 4-8 mg (das entspricht etwa einemJoint mit 0,5 g Haschisch oder 1 g Marijua-na) einen "etwa drei Stunden dauerndenRauschzustand, der durch ein Gefühl vonLosgelöstheit charakterisiert ist, das einemeditative Versenkung oder eine Hingabean sensorische Stimuli erlaubt. Der Zustandist im allgemeinen frei von optischen undakustischen Halluzinationen, die beim vier-bis fünffachen dieser Dosis auftreten kön-nen. Subjektiv gesteigert wird die Gefühls-intensität beim Hören von Musik, beim Be-trachten von Bildern, bei Essen und Trinkenund bei sexueller Aktivität" (Binder, 1981).

Da der Wirkstoff THC nicht wasser- sondernnur fettlöslich ist, kann man Haschisch nichtfixen. So ist eine tödliche Überdosierungschlichtweg unmöglich, da streiken vorherGalle oder Lunge. Da es den Körper nicht soschnell wie andere Drogen verläßt, kann derKonsument keine physischen Sucht-Sym-ptome entwickeln.

Immer wieder werden Forschungen ange-strengt, in denen man nach überzeugendenNachteilen des Cannabiskonsums sucht. Sowurde gerade wieder eine Untersuchungaus den USA bekannt, bei der vom US Go-vernment's National Center for ToxicologicalResearch (NCTR) im Laufe mehrerer JahreAbermillionen von Dollar ausgegeben wur-den, um Langzeitschäden von Marijuana anAffen zu belegen. Den Affen wurde ein Jahrlang reichlich Cannabis zugeführt. Dann leb-ten sie weitere sieben Monate ohne

Rauschmittel um anschließend allesamt ge-opfert und aufgeschnitten zu werden. Diegewonnenen Daten zeigen, daß es keinerleiHinweise auf Langzeitschäden gibt. Allesgut, aber Affen tot.

CANNABIS-KONSUM UNDPSYCHOSOZIALE ENTWICKLUNGVON JUGENDLICHEN

Nur etwa zwei bis drei Prozent aller erwach-senen Deutschen leben wirklich drogenab-stinent. Das heißt: Fast jeder Bürger stimu-liert sich mit Kaffee, Alkohol, Pharmazeu-tika, Tabak oder illegalen Substanzen. Sehraufschlußreich hierzu ist ein Beitrag aus derWamS vom 14.11.1993, den ich hier etwasausführlicher zitieren möchte: "Mehr als16% aller Deutschen zwischen 12 und 39Jahren konsumieren zumindest einmal inihrem Leben eine illegale Droge, ergab eineErhebung des Bundesgesundheitsministeri-ums. Zwei von den drei Konsumenten ma-chen dabei ausschließlich Erfahrungen mrtHaschisch und Marihuana; die überwiegen-de Mehrheit kommt zwischen dem 15. und19. Lebensjahr in Berührung mit Canna-bis..."'Als grundsatzlich "normales alters- und ent-wicklungsgemäßes Experimentierverhal-ten" betrachtet Psychologie-Professor Die-ter Kleiber von der Freien Universität Berlinden Haschischkonsum unter Jugendlichen.Es handele sich um eine "Variante exzessi-ver Aktivitäten" wie beispielsweise eineMutprobe bestehen, Nächte durchmachen,laute Musik hören oder Rockkonzerte besu-chen. "Der Jugendliche will seine Grenzenkennenlernen und erweitern."....Kleiber verwies auf eine Studie der beidenamerikanischen Psychologen JonathanShedler und Jack Block von der UniversitätKalifornien, Berkeley, die die Wechselwir-kungen zwischen Cannabiskonsum undpsychosozialer Entwicklung bei 18jährigenJungen und Mädchen untersuchten. Ergeb-nis: Die Gruppe der Jugendlichen, die Can-nabis ausprobiert und unregelmäßig ge-nommen hatte, erwies sich als besondersaktiv, sozial integriert und emotional stabil.

Jene Jugendlichen dagegen, die absolut ab-stinent geblieben waren, zeigten ebensowie die Gruppe der 'frequent users', die re-gelmäßigen Konsum entwickelt hatten,größere Hemmungen und soziale Anpas-sungsprobleme."

Ein genaueres Bild der Cannabiskonsumen-ten und ihrer Kultur zeichnet die Kifferum-frage Unser gutes Kraut von der SchweizerArbeitsgruppe Hanf und Fuß, die kürzlich inder Reihe RauschKunde des NachtschattenVerlages und der MedienXperimente alsBuch erschienen ist. Es handelt sich um dieAuswertung einer Umfrage, bei der gut 800Menschen aus der Schweiz und Deutsch-land über 50 Fragen zu ihrem Konsum imweiteren Sinne, mit vielfachen Beantwor-tungsoptionen ausgefüllt haben. Einige Sei-ten daraus werden in dem vorliegendenBuch dokumentiert.

AUFSCHWUNG OST DURCH HANF

Man sollte es in Sachbüchern vermeiden,auf tagespolitische Themen einzugehen,das liest sich nach fünf oder zehn Jahren be-stenfalls mit einem Schmunzeln im Gesicht.Aber da ich davon ausgehe, daß der not-wendige materielle Aufschwung Ost keineAnlegenheit von Jahren, sondern von Gene-rationen sein wird, biete ich hier als Lang-zeithilfe selbigen Aufschwung durch Hanfan. Kein Scherz.

Faseln Politiker auch noch von einer 'kultur-fremden Pflanze' (oder mindestens 'kultur-fremden Droge'), wenn es um Hanf geht, sosieht das die Wissenschaft in einem ganzanderen Licht. "Der älteste bisher bekanntearchäologische Hanffund (von Eisenberg/Thüringen) stammt noch aus vorgermani-scher Zeit. Aber schon für die frühe germa-nische Zeit gibt es archäologische Belege.In der Asche einer Graburne aus Wilmers-dorf in Brandenburg wurden die Samen vonCannabis sativa entdeckt. Der Fund wird aufdas 5. Jh. v. Chr. datiert." So Dr.ChristianRätsch in seinem Buch Hanf als Heilmittel.Kann man da von Zufall reden, wenn Verle-

ger Lutz Kroth im Merkheft Anfang 1994schreibt: "In Brandenburg werden 1994 ein-hundert Hektar Land mit Hanf bebaut. Sooder so, das ist ziemlich sicher. Mit Unter-stützung der Treuhand soll der Hanf in eineZellstofffabrik am Ortsrand von Ortrand. DieFabrik hat bereits eine Abnahmegarantievon Schneidersöhne, Deutschlands größ-tem Papiergroßhändler. (Auch dieses Buchist auf Hanfpapier von Schneidersöhne ge-druckt, Anm. d. Hrsg.) Schneidersöhne wird1994 eine ganze Palette an Hanfpapierenanbieten, vom Schreibpapier bis zum fein-sten Kunstdruckpapier.Sogar ein Förderverband für Hanfproduktewird gerade gegründet, der Hanfverein, dersich um Anbau, Veredelung und Vermark-tung von Hanfprodukten kümmern wird.Gründungsmitglieder sind u. a. Hanfbauernaus Brandenburg und die Humboldt-Univer-sität...."Der potentielle Bedarf an Faserhanf könnteweite Teile Brandenburgs und anderer Re-gionen kräftig begrünen. Neue Produkte.Neue Beschäftigungen. Neue Visionen. Undwie das dann erst losgeht, wenn auch Hanfals Heilmittel angepflanzt wird, oder garauch als Genußmittel. Das würde den dannamtierendem Finanzminister einen warmenRegen an Steuern und Sonderabgaben ein-bringen. Klingt doch logisch, oder?

Auf einen Bericht des Magazins Focus überdie Nutzpflanze Hanf und die Schwierigkei-ten, die den Brandenburger Bauern vondeutsch-behördlicher Seite in den Weggeräumt werden, erschien ebendort einLeserbrief von Achmed Khammas: "Wiesomischen sich BundesOpiumstelle und Skan-dal-BGA (Bundes-Gesundheits-Amt) in et-was ein, daß sie nicht das geringste an-geht? Ich könnte mich schließlich auch mitdem exzessiven Verzehr ungekochterNachtschattengewächse vergiften, ohnedaß sich diese Stellen dazu aufgerufenfühlen würden, die Kartoffeln zu verbieten.Die genannten Stellen versuchen mit Am-menmärchen über Suchtgefährdung denAnbau des hochwertigen IndustrierohstoffsHanf zu verhindern."

POT POLITIK

Gehen wir meistens davon aus, daß die be-stehenden Drogengesetze, auf Grund derfehlenden Selbsterfahrung, bzw. der Igno-ranz der Politiker, wenn es um wissen-schaftliche Forschungsergebnisse geht, Be-stand haben, so vermutet Terence McKen-na eine unbewußte Strategie dahinter:"In unserer Kultur wird privater Drogenge-brauch als etwas Zweifelhaftes angesehen.Individueller Drogengenuß allem wird alsetwas Krankhaftes verdammt. Das archai-sche Modell des Gebrauchs psychoaktiverPflanzen, inklusive Cannabis, widersprichtden heute allgemeinen Ansichten. Der ar-chaische Schamane benutzt das Ritual, dieIsolation und Reizentzug als Techniken, eineReise in die Welt der Geister und Vorfahrenzu unternehmen. Es gibt keine Zweifel, daßCannabis heute als Handelsware abgetanund durch die Bezeichnung 'sanfte Droge'abgewertet wird. Genausowenig Zweifelsind angesagt, daß Cannabis, wenn es abund an im rituellen Kontext und in der Ab-sicht und Erwartung einer Transformationdes Bewußtseins genommen wird, in sei-ner Wirkung fast das volle Spektrum psy-chedelischer Erfahrungen auslösen kann,die sonst nur den Halluzinogenen zuge-schrieben werden.Von all den allgemein verbreiteten pflanz-lichen Rauschmitteln steht Cannabis nurden Pilzen in seinem Wert für die Promotionsozialer Werte und gefühlsbetonter Verhalt-nisse nach, die die Grundlage partnerschaft-licher Gesellschaften waren. Wie läßt sichsonst die unerbittliche Verfolgung von Can-nabis angesichts der überwältigenden Be-weise, daß es von allen bekannten Rausch-mitteln das zuträglichste ist, erklären? Seinesozialen Konsequenzen sind, verglichen mitdenen des Alkohols, unbedeutend. Für dieDominator-Kultur ist Cannabis jedoch einGreuel, denn es dekonditioniert den Uservon allgemeingültigen gesellschaftlichenWerten. Cannabis kann auf Grund seinersublimen psychedelischen Wirkung, in derTat bei regelmäßigem Gebrauch Auswirkun-gen grundsätzlicher Art auf den Lebensstil

haben. Ein behanfter Mensch gerät in intui-tiven Kontakt mit weniger zielgerichtetenund nicht auf Wettstreit ausgerichteten Ver-haltensmustern. Aus diesem Grund paßtMarijuana schlecht in die moderne Büro-welt. Hier ist statt dessen Kaffee als Auf-putschmittel willkommen und akzeptiert,denn diese Droge unterstützt die Werte derindustriellen Kultur. Der Cannabisgenußwird zu Recht als ketzerisch und als tief un-loyal gegenüber den Werten der männli-chen Dominanz empfunden. So gesehen istdie Legalisierung von Hanf eine sehr kom-plexe Angelegenheit, denn sie schließt legi-time soziale Faktoren mit ein, die zu einerVerbesserung des Status Quo oder gar zurModifizierung ego-dominierender Werteführt.Eine Legalisierung und Besteuerung vonCannabis würde uns eine gesunde Basis zurBeseitigung der Staatsschulden schaffen.Statt dessen verschwenden wir HunderteMillionen von Dollar für eine Cannabis-Aus-rottung. Die derzeitige Drogenpolitik sätMißtrauen und degradiert Millionen vonMenschen zu Kriminellen. Menschen, diesich ansonsten treu an die Gesetze halten.Die allgemein gesellschaftliche Verachtungfür den Cannabis-Gebraucher verschleiertnur die Verachtung für Werte des Gemein-wohls und des Femininen. Wie sonst wäredie endlose Kampagne der Medien zu er-klären, die den psychedelischen Drogenge-brauch und die sozialen Experimente desUndergrounds der '60er Jahre in Abredestellen? Wenn man die Ereignisse im Lichtder Idee analysiert, daß das Establishmentmit einem Ausbruch geschlechtsunspezifi-scher Partnerschaften konfrontiert war,kann man die Angst verstehen, die jene Blu-menkinder im Establishment hervorriefen.Die Selbstüberschätzung verschwand unddas war mehr als schmerzhaft für die domi-nanten Egotripper.Keine andere Substanz kann es mit der Wir-kung von Cannabis aufnehmen, wenn esum die Befriedigung der angeborenenSehnsucht geht, archaische Grenzen zuüberschreiten und die Strukturen der nor-malen Gesellschaft trotzdem beizubehalten.

Wenn jeder Alkoholiker ein Kiffer wäre,jeder Crack-user, jeder Raucher nur Marijua-na rauchte, würden die sozialen Konsequen-zen des Drogenproblems transformiert.Doch als Gesellschaft sind wir noch nicht inder Lage, Möglichkeiten wie selbst-gerna-nagte Süchte und die Möglichkeiten der in-telligenten Wahl von Pflanzen, die wir zu un-seren persönlichen Verbündeten machenwollen, legal zu nutzen. Mit der Zeit, even-tuell auf Grund der wachsenden Verzweif-lung, wird das schon kommen." TerenceMcKenna, The Food of the Gods, Bantam,1992.

DIE CANNABIS CONSPIRATION

Vielen Kiffern, vor allem jenen, die nieSchwierigkeiten mit der Polizei hatten, fehltjegliches Unrechtsbewußtsein bei ihremillegalen Tun. Sie halten es schlichtweg fürlegitim, selbstverantwortlich zu entschei-den, was sie ihrem Kopf und Körper antun.Das unterscheidet sie vor allem von ande-ren Kriminellen. Auf die Gefahr hin, daß einoberschlauer Beamter im BKA darauf her-einfällt, wage ich hier von einer kriminellenVereinigung oder Verschwörung zu reden.Die wahre Conspiration, denn conspirarekommt aus dem Lateinischen und bedeutet'zusammen atmen'. Die meisten Jointswerden von mehreren Menschen gemein-sam geraucht. Das blaue Band des Rauchesverbindet sie, wie wir es schon von denFriedenspfeifen anderer Kulturen kennen.Ätherische Blutsbrüderschaft.In der Tat verbindet ein gemeinsamerGenuß, nicht nur von Cannabis. Jedes Joint-rollen ist ein Ritual in sich. Durch den geteil-ten Jointgenuß wurde bei den Hippies inden '60ern ein lebendiges Kreisritual einge-führt, wie es in unserer westlichen Kulturbislang unbekannt war. Aber gemeinsamverübte strafbare Handlungen verbindenauch. So ging der Gründer des Living Thea-tre, Julian Beck so weit zu sagen: "l don'twant to change the law, l want to break thelaw!" Wieviele Kiffer wohl mit ihrem Canna-biskonsum aufhören werden, wenn es dennzu einer Legalisierung kommen sollte?

In diesem Buch werden auch Entkriminali-sierungs- und Legalisierungstrategien doku-mentiert, ohne daß es zu einer konkretenForderung kommt. Diese Entscheidung soll-te jeder für sich fallen. So schaudert es michbei dem Gedanken einer Legalisierung, dieso unvorbereitet wie die Aufsaugung derDDR durch die BRD über uns hereinbrechenkönnte. Es gilt die richtigen Schritte nach-einander zu machen. Viele Schritte. Auf vie-len unterschiedlichen Wegen. Da sind vielegefordert: vom Faserbauern in Branden-burg, über Papierhersteller, Vertriebe vonlegalen Hanfprodukten, der Paraphernalia-handel bis hin zu den Smoke-lnitiativen undKiffern und Parteien und Medien. Denneines ist klar: Hänflinge trifft man überall.

Eine erste konkrete Forderung auf Grundder in diesem Buch dokumentierten Fakten,ist die Freigabe von Cannabis als Medizinfür von bestimmten Krankheiten geplagteMenschen. Dazu gehören Aids-Krankeebenso wie Multi-Sklerose-Fälle, Quer-schnittgelähmte und andere.Ein nächster Schritt könnte eine Straffrei-heit für eine einem Monatskonsum gleich-kommende Menge für den Verbrauchersein. Und die Verbraucherin. Und der straf-freie Selbstanbau einer Jahresdosis für dieFamilie (natürlich mit erwachsenen Kin-dern).Danach sollte man sich Gedanken über einekomplette Entkrirninalisierung, auch derKleindealer machen, und eine Verkaufsbe-schränkung wie bei Alkohol z. B. festlegen.Bis dahin sollte man Strategien einer wieauch immer kontrollierten Abgabe ent-wickelt haben, die sowohl die Mafia, wieauch die Tabakmultis außen vor lassen, unddie Erzeuger in der nicht-westlichen Weltangemessen berücksichtigen. An Volks-hochschulen (sic!) könnten Kurse im Um-gang mit Hanf und anderen psychoaktivenSubstanzen gegeben werden, eine Art psy-chedelische Fahrschule...

Manche Menschen glauben oft zu früh, aus-gelernt zu haben. Als Richter Neskovic sei-nen auf gründlicher Recherche basierenden

Der erste GRÜNE ZWEIG zum Thema Hanf, aus dem Jahr 1973.

Lernprozeß im Lübecker Gerichtsbeschlußniederlegte, wurde ihm vom bayrischenUrbub Stoiber vorgeworfen, wer den unge-straften Genuß von Cannabis befürworte,nehme "in verantwortungsloser Weise denTod von Tausenden junger Menschen inKauf".

Da kommt der Schweizer Tages-Anzeigerunserer Wahrheit schon erheblich näher:"Und wenn ein ehrlicher Satz gesagt wurdeüber diesen Stoff, aus dem die Träume undAlpträume sind, sofern Ehrlichkeit über-haupt das richtige Wort ist, dann dieser:Haschisch ist das, was man daraus macht,bringt hervor, was man hineinträgt.In Cannabis veritas. "

Werner PieperVerlegerLondon, März 1994

DANKSAGUNGEN

Der Herausgeber hat folgende schriftlicheQuellen geplündert, wobei er Zitate mit derjeweiligen Ziffer in Klammern gekennzeich-net hat:

1) Herer, Bröckers, Katalyse: Die Wieder-entdeckung der Nutzpflanze Hanf; Zweitau-sendeins, Frankfurt, 19932) Greenspoon, Lester: Hanf - Die verbote-

ne Medizin; Zweitausendeins, Frankfurt,1994

3) Conrads, Chris: Hemp, Lifeline to theFuture; CXP, Los Angeles, 19934) Küttner. Michael: Psychedelische Hand-

lungselernente in den Märchen der Gebrü-der Grimm; Inaugural-Dissertation, JustusLiebig Universiät Gießen, 19925) Koethner, Urs: Mit Drogen Leben? Zen-

trale Aspekte der Legalisierungsdebatte ille-galer Drogen; Diplomarbeit an der Univer-sität-Gesamthochschule Essen, 19936) Stringans, M.G.: Die Haschischsucht;

Julius Springer Vlg, Berlin, 1936

Die ursprüngliche Heimat des Hanfes (auf der Karte schraffiert) ist vermutlich Zentralasien:von dort aus hat sich die Pflanze über die ganze Erde verbreitet (graugetönte Regionen). AußerEiszonen und tropischen Regenwäldern ist alles breit.

7) Observatoire géopolitique des drogues(OGD): Der Welt-Drogen-Bericht; dtv Ta-schenbuch, München, 19938) Arbeitskreis Drogenpolitik beim JUSO-

Bundesverband: Pressespiegel und Refera-te zur Haschisch-Diskussion; Bonn, März19929) Informationsmaterial von NORML, der

US Legalisierungskampagne, 199410) MAPS, Rundbriefe der MultidisciplinaryAssociation for Psychedelic Studies; Char-lotte, USA, 1993,199411) Gorig, Rene: Hanf Ratgeber; Trier, 1993

Mein Dank gilt erstmal all jenen, die mich imLaufe der Jahrzehnte haben mitrauchen las-sen, denn ohne diese Erfahrungen hätte ichmich sicherlich nicht auf die Arbeit an demvorliegenden Buch gemacht.

Folgende Informanten versorgten mich mitaktuellen Informationen, ohne die diesesBuch inhaltlich ärmer wäre; Hainer Hei-decker, Mathias Bröckers, Rick Dublin vonMAPS, Roger Liggensdorfer, Marco Bi-schof, Dale Gieringer von NORML, ReneGorig, Michael Schoesau, Joe White, Ede,Jonathan Ott, Jean Trouillet, Lutz Kroth, EvaHodge vom Hanf e.V., dem BtmG-Kurier,Christian Beck, Urs Koether, Jürgen Schle-gelmilch von Schneidersöhne, der Darm-stadter Hanf AG.

Daß aus meinem Wust an fehlerhaft ge-setzten Manuskriptdisketten & -zetteln einüberschaubares, (ähem, relativ, d.Säzz.) feh-lerarmes Buch wurde, verdanken wir FrankMüller, Konrad Volz, Achmed Khammas,sowie der ordnenden Kraft von Petra Pet-zold und besonders meinem Patron, Verle-ger Werner Pieper.

An alle ein herzliches Hanf Dank.

Ronald RippchenHerausgeberDaheim, Frühling '94

HAST DU EINEN FIMMEL?HANFF 1735.Ein Gewächs, das wenigstens so hoch alsein Mann wächst. Das Weiblein heissetteutsch wilder Hanff, Fimmeln, Fimmel-Hanff ... Der Hanff ist allen EuropäischenVölckern wohl bekannt, er verlanget eingutes und fruchtbares Erdreich. Je fruchtba-rer der Grund, je dickere runde Stengelüberkommt der Hanff, deswegen pfleget indenen ausgetrockneten und abgelassenenFischteichen der beste Hanff zu wachsen ...An etlichen Orten wird er vor Urban, an an-deren hingegen nach Philippi Jacobi gesäet.. . Wenn der Fimmel anfängt zu blühen undzu frieben, so ist es ein Zeichen, daß er reiffist; alsdenn ziehet man ihn heraus, und nen-nen die Hauß-Wirthe dieser Arbeit Fimmeln.Es kommet der Fimmel eher zur Zeitigungals der Hanff ...Hingegen soll der Samen bey denen Per-sern, nebst denen jungen zarten Blätternunter dem Namen Bengi oder Bange, dieNatur stärken, und zum Venus-Spiel brün-stig machen, und haben diejenigen, so es inPersien genüssen, bey ehrbaren Leutennicht ein gar zu gutes Lob, man nennt sie Ki-dibengi, Hanfffresserische Hanhreiber undverhurte Hunde.Der Same eröffnet die verstopffte Leber.zerstossen in Wein eingenommen ... wirdvon etlichen wieder die Bauchwürmer . . .Gelbsucht und venerischen Saamen-Flußgelobet.Hanff hat auch eine verborgene Eigenschaftfett zu machen ...Dahero er die Hüner, so davon fressen,fruchtbar machet, daß sie desto mehr Eyertragen ...Die Italienischen Weiber brauchen densel-ben in bösen Wesen derer Kinder ...Bey denen Türcken ist aus diesem Saamenein Pulver in gebrauch, welches sie Heiran-loe nennen, wenn sie dessen ohngefehr einLöffel in Wein nehmen, fangen sie alsbaldan zu lachen und zu gauckeln, daß die Zuse-her ihrer lachen müssen ...aus: Zedlers Grosses vollständiges Univer-sal Lexikon aller Wissenschaften. Halle &Leipzig Anno 1735

Hier stehen wir, wir können nicht anders. Die Götter helfen uns. Bum Shankar.

Mathias BröckersHANFDAMPF

UND SEINE KRIEGSGEWINNLERKleine Kulturgeschichte der

nützlichsten Pflanze der Welt

„Bitte recht freundlich" steht an der Woh-nungstür, aber der Mann, der öffnet, ist keinFotograf. Er ist Ende Dreißig und seit knapp20 Jahren im Geschäft: Der Mann, nennenwir ihn Karl, verkauft Haschisch. Er hat eineTochter, spielt einmal in der Woche Fußballund fährt zwei- bis dreimal im Jahr in Urlaub.Den Rest des Jahres verbringt er in seinerBerliner Wohnung. „Ein paar Jahre habe ichhalbtags gearbeitet, aber jetzt, wo meineFreundin wieder jobbt, reicht es auch so. Ichbin also sozusagen Hausmann und Serien-straftäter."Mit dem Verkauf von Haschisch verstößtKarl nahezu täglich gegen das Betäubungs-mittelgesetz. Seine Geschäfte wickelt erausschließlich zu Hause ab, und doch deu-tet nichts darauf hin, daß es sich bei demZimmer, in dem wir sitzen, um einenRauschgiftumschlagplatz handelt - bis aufdie elektronische Briefwaage auf demSchreibtisch.Weißgestrichene hohe Wände, ein Chrom-regal mit Platten und Büchern, ein schwarz-es Ledersofa und ein Klavier - ein abstinen-ter Studienrat könnte sich hier ebenso wohlfühlen wie ein versoffener Filialleiter. Wiealle guten Kaufleute läßt sich auch Karl un-gern in die Bücher gucken. Auf etwa 100beziffert er die Zahl seiner Kunden, alle sindpersönliche Bekannte oder von solchen alsdiskret verbürgte Zeitgenossen, die einmalim Monat bei ihm vorbeikommen und sicheindecken.»Die Leute kaufen zwischen zehn und 100Gramm, ganz selten mehr, und das sollauch so sein. Große Mengen sind zwarschnelles Geld, aber auch reichlich mehr Ri-siko. Es ist wie beim Autofahren: Mit Blei-fuß und Tempo 200 kommst du schnelleran, aber frag mich nicht, wo."

Deshalb auch verkauft der DrogenhändlerKarl ausschließlich Haschisch und, so vor-handen, Marihuana: „Selbst wenn ein alterKumpel plötzlich zu koksen anfinge, ichwürde ihm das Zeug nicht besorgen. KeinKoks, kein Speed, kein Heroin. Das mögen,für sich besehen, alles schöne Sachen sein,aber nicht für mich. Erstens wegen der Bul-lenparanoia, die da noch einen Zackenschärfer ausfällt, und zweitens, weil Ha-schisch wirklich die einzige Droge ist, dieich mit gutem Gewissen verkaufen kann."Aber die Euphorie der Hippie-Ära, dieses„Morgens ein Joint und der Tag ist deinFreund" ist doch vorbei? Was sind das fürLeute, die für ihre Droge Illegalität in Kaufnehmen?„Die meisten Leute, die bei mir kaufen, sindsicher nicht das, was sich ein Bild-Leserunter einem Rauschgiftsüchtigen vorstellt:Rechtsanwälte, Postbeamte, Lehrer, Sozial-arbeiter, Taxiunternehmer - das geht wirk-lich querbeet. Theaterleute, Musiker, Künst-ler, ein paar Alt-Freaks, die ihr Teppich-täschchen und ihren Pferdeschwanz seit'69 mit sich rumschleppen, und ganz solideFamilienväter, denen du heute im Traumnicht mehr anmerkst, daß sie seinerzeit aufdie Isle of Man zu Jimi Hendrix getramptsind. Alles Leute, die irgendwann mal einbißchen geraucht haben und dabeigeblie-ben sind. Und wenn du überzeugt bist, daßes sich bei Haschisch um ein natürliches,homöopathisches High-Mittel handelt, dasdeinen Körper im Unterschied zu den mei-sten anderen Drogen nicht süchtig macht,dann erscheint das Verbot total absurd, unddu hast, zumindest moralisch, kein Problemdamit, es zu übertreten. Die Gefahr, er-wischt zu werden, ist wirklich halb so wild,wenn du dich nicht auf den Szene-Treff-

punkten bewegst, an der Grenze nicht imverbeulten 2-CV vorfährst und in der Öffent-lichkeit nicht immer deinen ganzen Vorratmit dir rumschleppst. Selbst wenn - beimersten Mal und mit kleinen Mengen geht esmeistens glimpflich ab. Neulich mußte einTyp, der hier seit zehn Jahren sein Dopeholt, durch ein paar blöde Zufälle bei einerVerkehrssache auf der Polizeiwache seineTaschen leeren, und dabei wurden zweiGramm Haschisch entdeckt. Er konnte aberglaubhaft versichern, daß er es am Nach-mittag bei seinem 14jährigen Sohn konfis-ziert hatte, und es passierte gar nichts. Daßein Anlageberater Mitte Vierzig mit Bauch-ansatz und Halbglatze kifft, schien auch derPolizei unwahrscheinlich."Die Polizeistatistik spricht eine andere Spra-che: Unter den von der Hamburger Justiz imJahr 1983 verurteilten „Drogentätern"waren 0,06 Prozent der oberen Händler-Hierarchie zuzuordnen, nahezu 50 Prozentaller Drogenurteile betrafen Haschischmen-gen unter zehn Gramm. Wie die „Glimpf-lichkeit" beim ersten Mal und bei kleinenMengen aussieht, kann ein aktuelles Urteilbelegen: Im April 1988 verurteilte ein Berli-ner Gericht einen 23jährigen Betonbauerwegen eines auf der Toilette gerauchtenhalben Joints - der ihn bereits seinen Jobgekostet hatte - zu 2000 Mark Geldstrafe.Gemessen daran wäre die Holzkiste, dieKarl auf den Tisch stellt, gut für zwei bis dreiJahre ohne Bewährung: Haschisch aus Ma-rokko, Libanon, Pakistan und Nepal. Im Er-zeugerland ist ein Kilo mittlerer Qualität für200 Mark zu haben, frei Amsterdam kostetes, nach dem Weg über etliche Groß- undZwischenhändler, 3000 Mark, und im Berli-ner Einzelhandel kommt es schließlich fürzwölf Mark pro Gramm in die Pfeife. DiePreispalette unseres Dealers Karl reicht vonzehn bis 16 Mark, bei Abnahme eines„Hec" (100 Gramm) werden 20 Prozent Ra-batt gewährt. Die Haschischpreise sind inden letzten 15 Jahren ebenso stark gestie-gen wie die für Bier oder Tabak, was aufeinen stabilen Markt und steigende Nach-frage schließen läßt.„Die Preise", sagt Karl, „sind nicht der

Punkt. Das Problem ist, wirklich gute Warezu kriegen. Aus Afghanistan kommt so gutwie nichts mehr. Was hier als Afghani läuft,stammt meistens aus Pakistan. Auch türki-sches Haschisch kommt höchstens nochüber den privaten Ameisen-Import ins LandVor zehn Jahren gab es das hier in Mengen,dünn gepreßt und hellgrün, der sogenannteLach-Türke - ein Zug, und du mußtest erstmal kichern -, aber mittlerweile sind die tür-kischen Händler offenbar auf Heroin umge-stiegen. Inzwischen werden schätzungs-weise 70 Prozent des deutschen Ha-schischmarkts aus Marokko bedient, unddas meiste ist >Eierdope<. Nicht unbedingtschlecht, aber auch nicht das Wahre. BeimEierdope wird wie beim Orangensaftkon-zentrat nur der Wirkstoff exportiert, und derwird im Verbraucherland zum Endproduktverlängert. Mit den ausgelutschten Restenveranstalten die Marokkaner dann alljährlichfür ihre amerikanischen Anti-Drogen-Freun-de mit viel Presserummel die große Ha-schisch-Verbrennung."

Die Spezies heißt Cannabis sativa L., wobeisat/Vafür „angebaut, kultiviert" steht und L.für Linné (Linnaeus), den schwedischen Be-gründer der modernen Botanik, der nebendem angebauten Hanf noch eine zweite Art,Cannabis indica, analysiert hat, was über200 Jahre lang zu der Annahme geführt hat,es existierten zwei Arten Hanf, von denennur dem „indischen Hanf" eine geistigeWirkung zugesprochen werden könne. Erstseit kurzer Zeit geht die Wissenschaft voneiner Spezies aus, deren unterschiedlicheWirkungen klima- und züchtungsbedingtsind. Einigkeit herrscht darüber, daß es sichbei Cannabis um eine der ältesten Kultur-pflanzen handelt.Wie die nomadischen Jungsteinzeit-Men-schen vor etwa 12 000 Jahren auf den Hanfkamen, kann nur vermutet werden: Viel-leicht entdeckte jemand die kräftigen Fa-sern eines umgeknickten Hanfstammesund machte daraus ein Seil; oder die fetten,prächtigen Samen, die eigentlichen Früchteder Pflanze, wurden als Nahrung auspro-biert und für gut befunden. Für die dritte Va-

riante - einer unserer hungrigen Urahnen aßvon den sattgrünen Blättern und fand sichkurz darauf in euphorischer Stimmung -spricht die erste schriftliche Erwähnung desHanfs durch den chinesischen Kaiser Shen-Nung, der ihn 2737 v.Chr. als Heilmittelgegen „Malaria, Beriberi (Vitamin-B-Man-gel), Rheuma, Geistesabwesenheit undFrauenleiden" empfahl. Von der in China als„göttliches Kraut" verehrten Pflanze heißtes im Pen Tsao, dem ältesten Arzneibuchder Welt: „ Nimmt man sie eine längere Zeithinweg, wird man befähigt, mit den Gei-stern zu sprechen, und der Körper wirdleicht." Im ersten Jahrhundert vor unsererZeitrechnung entwickelten die Chinesen dieKunst der Papierherstellung aus Hanf. DieseTechnik - in den islamischen Ländern gabes erst 800, in Europa erst 1200 Jahre spä-ter Hanfpapier - wird als einer der Haupt-gründe für den großen wissenschaftlich-kul-turellen Vorsprung der Chinesen angese-hen. (Bis Ende des 19. Jahrhunderts be-standen 75 Prozent des in der Welt herge-stellten Papiers aus Hanf.) Die Verehrungdes Hanfs in China geht auf seine universel-le Verwendbarkeit zurück: Die zerstoßenenWurzeln heilten Knochenbrüche, die Sten-gel wurden zu Textilfasern, Seilen und Pa-pier verarbeitet, Blätter und Blüten dientenals Medizin und Genußmittel, die Samen alsÖllieferant. Über die Nachbarn der Chinesen- Arier, Skythen, Mongolen - drang dieKunde des Hanfs nach Indien und in denMittelmeerraum. In den Veden, dem indi-schen Mythos, bringt der Gott Shiva denHanf vom Himalaja - „den Menschen zurFreude und Erleuchtung". Erste detaillierteAufzeichnungen über die Hanfdampf-Berau-schung lieferte 450 v. Chr. Herodot in sei-nen Berichten über die Skythen. Auch der„Gott wohlgefällige Duft", den die BibelKönig Salomon in den Mund legt, entströmtdem Hanf. An die Herkunft des christlichenKults u. a. aus den hanfbefeuerten Religio-nen des Ostens erinnert mittlerweile nurnoch authentischer Kirchengeruch: Das bisheute als Weihrauch verwendete Olibanumenthält den psychoaktiven HanfwirkstoffTetrahydrocannabinol (THC).

Auch die Griechen trieben ihre Schamanenund Weisen mit Cannabis an: Hanfdampfaus der Erdspalte ließ aus dem „rasendenMund" der Pythia die Götter sprechen, die„thrakischen Feuer" inspirierten die Orakelin Delphi und anderswo. Und auch Platonund Aristoteles standen als Eingeweihte der„eleusischen Mysterien" turnusmäßigunter Drogeneinfluß,Ob bei den mexikanischen Indianern oderauf dem „Dach der Welt", in Tibet, ob inAfrika, Kleinasien oder im Mecklenburgi-schen, wo Cannabis in Gräbern aus demfünften vorchristlichen Jahrhundert ent-deckt wurde - über Tausende von Jahrenstellte der Hanf für zwei Drittel der Mensch-heit ein zentrales Überlebensmittel dar. DieLegende, nach der Siddharta sechs Jahrelang nichts anderes aß als Hanf, um Buddhazu werden, ist so unwahrscheinlich nicht.Der Hanfsamen enthält die acht essentiel-len Aminosäuren und wird in der Ranglisteder gehaltreichsten Früchte nur von der So-jabohne übertroffen. Die Encyclopaedia Bri-tannica, Ausgabe von 1893, der zufolge derBuddha im Alter von 65 Jahren an einerÜberdosis magischer Pilze verschieden seinsoll, weist darauf hin, daß mindestens dieHälfte des in der Geschichte „Leinen" ge-nannten Materials aus Hanf hergestelltwurde - nicht etwa aus Flachs. Bis zur letz-ten Jahrhundertwende bestanden 80 Pro-zent aller Textilien, Seile und Zwirnwarenaus Hanf, und erst die petrochemischen Fa-sern der IG Farben verdrängten den Hanfaus seiner Spitzenstellung. Seit der Zeit derphönizischen Seefahrer bis ins 20. Jahrhun-dert waren auch 90 Prozent aller Schiffsse-gel verbrämtes Haschisch. Die SeemachtEngland mußte, um in Fahrt zu bleiben, beijedem ihrer Schiffe jährlich 50 Tonnen Hanfersetzen, der zum größten Teil in Rußlandgekauft wurde, das damals die gesamtewestliche Welt mit seinem Hauptexportarti-kel belieferte. Den Vertrag von Tilsit, denZar Alexander 1807 mit Napoleon schloß,konnten die Russen deshalb schon aus öko-nomischen Gründen nicht einhalten. DenHanfexport nach England übernahmen ille-gale, unter amerikanischer Flagge segelnde

Schiffe; 1809 zählte der US-Botschafter inSt. Petersburg 600 Schiffe, die innerhalbvon 14 Tagen hanfbeladen den Hafen Kron-stadt verlassen hatten. Napoleon fordertemehrfach den sofortigen Stopp der Hanfex-porte des mit ihm alliierten Zaren an denHauptfeind England, und nach Jahren desAbwiegeins setzte Napoleon im Juni 1812seine Truppen Richtung Moskau in Marsch.Den Rest kennen wir aus Krieg und Frieden.

Das erste Marijuana-Gesetz der NeuenWelt erging 1619 in Virginia. Es befahl allenFarmern den Anbau von Cannabis; auch inMassachusetts und Connecticut bestand ab1632 Hanfzwang, und von dieser Zeit ankonnten die amerikanischen Farmer fast200 Jahre ihre Steuern in Form von Hanfentrichten. Bis 1870, als Rockefeiler kosten-los Petroleumlampen verteilen ließ, warHanfsamenöl der nach Petroleum meistge-brauchte Lampenbrennstoff. Als große Can-nabis-Förderer taten sich die US-Präsiden-ten George Washington und Thomas Jeffer-son hervor, die Hanf auch hinter ihrem Hausanbauten. Ob die Staatsgründung den hanfi-gen Einfällen (engl.: hempish heißt sovielwie: aufgedreht) geschuldet ist, muß indes-sen offenbleiben, wie die Frage, ob der Ha-schischraucher auf die Zerstörung des er-oberten Roms verzichtete, nur weil er dreiTage lang im Dauertörn war.Mit der wachsenden lebensmitteltechni-schen und militärischen Bedeutung desHanfs ging seine zunehmende Verwendungals Genußmittel einher. Aber auch als Uni-versalmedizin: 1855 schätzt Dr. James F.Johnston in Die Chemie des täglichen Le-bens die Zahl der Hanfkonsumenten welt-weit auf 200 bis 300 Millionen. Denn auchim Westen spielt Hanf mittlerweile eine do-minierende Rolle: Zwischen 1840 und 1890standen Cannabis-Extrakte an zweiter Stelleder verordneten Arzneimittel in den USA,und im Hamburger Freihafen wurden 1885allein im Monat September 3000 Doppel-zentner indisches Haschisch gelöscht. Wasder deutsche Bauer als „Kraut" oder „Kna-ster", der feine Herr als „Orient" rauchte,und Mozart der Geliebten als „Damacenie-

ren" anheimstellte, ist im 18. und 19. Jahr-hundert überall nur: Hanf. Die Ärzte verord-nen ihn gegen Krämpfe aller Art, gegen Hu-sten, Asthma, Migräne, Appetitlosigkeit undSchlafstörungen, als „leichtes Opium" undErsatzstoff für das Opiat Morphin. Erst um1900 wurde der Medizinal-Hanf von einemMittel verdrängt, das die Firma Bayer als„garantiert nicht süchtig machend" auf denMarkt brachte: das Heroin.„Haschisch und Musik haben gemeinsam,daß sie sich schlecht beschreiben lassen.Natürlich ist es möglich, die Instrumenteaufzuzählen, mit denen die Musik gemachtwird, sicherlich läßt sich der Unterschiedzwischen einer Beethoven-Sonate undeinem Boogie-Woogie klarmachen. Aberdem, der nie Musik gehört hat, nützen auchdie klügsten Erklärungen wenig oder garnichts. Ohne Haschisch zu rauchen, ohnees geraucht zu haben, und zwar in größerenMengen, entzieht sich das Wesentliche die-ses Stoffs jedem Verständnis. "So hieß es im Jahr 1985 in der ersten Folgeder Serie Ja, ja - der Wein in der Zeit. DerAutor, Drogenforscher Rolf Achteck, ließsich spater zu einem ähnlichen Genießer-Seminar animieren, das dann in 13 Fortset-zungen in der Berliner tageszeitung erschi-en. Für die erste Folge hatte er den Original-text aus der Zeit verwendet; nur jeweils„Wein" durch „Haschisch" ersetzt sowieAnbaugebiete und Utensilien entsprechendvariiert; „Es hat einwandfrei funktioniert",sagt er.

Wir sitzen auf einem Balkon in Berlin-Kreuz-berg, im Rücken des DrogenforschersWohn- und Arbeitszimmer mit einer stattli-chen Bibliothek. Nach dem Uni-Abschlußals Literaturwissenschaftler schlägt sichRolf Achteck heute als Journalist durch undträumt von genug Zeit und Geld, eine Kul-turgeschichte der Drogen zu schreiben, „ir-gendwann ist mir aufgefallen, daß es fastausschließlich Drogennehmer waren, diedie Literatur, die Musik, die Kunst weiterge-bracht haben. Wenn man die Moderne aufRauschmittel abklopft, kann man zu der Ein-schätzung kommen, daß ohne Drogen

nichts zu machen ist. Wenn man sich denClub der Haschischesser im letzten Jahr-hundert in Paris ansieht, hat man die hervor-ragendsten Vertreter der Epoche beisam-men: Baudelaire, Victor Hugo, Balzac, denZeichner Daumier. Und etwas später dieAvantgardisten und Freaks, die den ganzenSurrealismus angemacht haben: Rimbaud,Verlaine, Lautréamont - alles Haschischrau-cher. Dann Mallarmé und Cocteau, die auchOpium nahmen, und natürlich AntoninArtaud. Picasso war ein Kiffer. In England:die Romantiker Coleridge und Keats -Opium und Haschisch -, später der genialeLewis Caroll, der zeitlebens wöchentlich einFläschchen Cannabis-Tinktur verbrauchte;der Zeichner Beardsley und natürlich OscarWilde, die nahmen Hanf und alles, was siesonst noch kriegen konnten. Die deutscheRomantik haben drei Opiomanen - Schel-Iing, Schlegel, Novalis - initiiert, der gesam-te Expressionismus samt Dada - eine reineDrogenangelegenheit. Mittlerweile warenMorphium, Kokain und Heroin im Spiel.Tucholsky wurde dreimal in der Nase ope-riert, warum wohl? Selbst wenn es nicht amKokain lag, die Szene, die um die Tuchols-kys, Wedekinds, Brechts herum war, ihreAssistenten, Zuträger, Kollegen - alles an-getörnte Leute. Brecht hat im Exil in Däne-mark nichts so sehr vermißt wie seine inspi-rierenden Freunde."Achteck deutet mit vager Geste auf dieStraße hinaus: „Hier, zwei Ecken weiter,war seine Arztpraxis: Gottfried Benn, derKiffer, Kokser, Morphinist, Trinker. Er hatalles genommen, ein Drogenkaiser, und bisheute der König der deutschen Lyrik, trotzseiner Liebäugeleien mit den Nazis. Durchdie amerikanische Literatur ziehen sich Dro-gen wie ein roter Faden — von Edgar AllanPoe und Mark Twain über die Beat-Leutebis zu Thomas Pyhon. Drogen, wo du auchhinsiehst - und immer sind es die bestenKöpfe."In seinem „Giftschrank", einem bis zurDecke reichenden Regal, sammelt RolfAchteck die Literatur, die ihm zum Thema„Drogen und Kultur" in die Finger kommt.Die entscheidenden Stellen sind jeweils mit

einem Pfeifenreiniger markiert. Einer stecktin Friedrich Nietzsches Ecce homo: „Wervon einem unerträglichen Druck loskom-men will, der hat Haschisch nötig." Neben-an im Giftschrank eine Ausgabe von Nietz-sche-Briefen aus dem Jahr 1942. Herausge-ber Friedrich Würzbach merkt an: „Nietz-sche will mit diesem Vergleich sein Verhält-nis zu Wagners Musik erklären. Muß er des-wegen Haschisch ausprobiert haben? DieSchwester hat erzählt, daß Nietzsche eineFlasche des javanischen Beruhigungsmit-teis von einem Holländer erhalten, und alser einmal zuviel davon nahm, sich in Lach-krämpfen auf dem Boden gewälzt habe. Ha-schisch hat allerdings diese Wirkung. Neh-men wir an, Nietzsche hätte Rauschgiftegenommen, so möchten wir an die WorteBaudelaires erinnern, der sehr richtig sagt,daß man im Haschischrausch durchausnichts Wunderbares finden werde, sondernnichts als das eigene verschärfte Naturell.Wir erhalten also einen Nietzsche mit all sei-nen genialen Eigenschaften, aber gleichsamverstärkt und unterstrichen."Mit Rotstift markiert finde ich in diesemBand noch den Hinweis, daß der Philosophseit seiner Ausbildung als Heeressanitäterkeinen Arzt, sondern nur seine Hausapothe-ke konsultiert hat und sich zeitlebens selbstmedikamentierte.

„Ach, der Baudelaire, er hat zwar viele schö-ne Sachen über Haschisch geschrieben -wie etwa, daß der Haschischraucher »wederKrieger noch Bürger sei - und auch, daß dieDroge nichts Neues hinzubringt, sondernnur das Vorhandene neu mischt. Das istrichtig, aber leider auch banal." Rolf Acht-eck stöhnt, auf Baudelaire ist er zu oft ange-sprochen worden. „Da waren die Araberschon weiter, die machten sich Gedankenüber das jeweilige Naturell der Drogen."Eine orientalische Fabel sagt alles: Die Her-ren Haschisch, Opium und Wein kommenan einem Abend an ein verschlossenesStadttor. Der Alkohol schreit und poltertgegen die Tür. das Opium sagt: „Laßt unshier unter dem Baum schlafen bis morgenfrüh", und Herr Haschisch meint: „Was regt

ihr euch auf, wir gehen einfach durchsSchlüsselloch."„Baudelaire", meint der Drogenforscher,„beschreibt die Haschischsensation, die Vi-sionen und Ekstasen, die sich bei einer sehrhohen Dosis einstellen. Die nahmen halt 5bis 10 Gramm auf einmal und wartetendann auf Vorfilm, Hauptfilm, Schluß - hallu-zinogenes Kino. Der phantastische Alkoholi-ker E.T.A. Hoffmann hat Musikern empfoh-len, zum Komponieren komischer OpernChampagner und für heroische Musik Burg-under zu sich zu nehmen. Aber solche Mit-teilungen sind selten. Sportler sprechenauch nicht über ihre Tricks und Kniffe beimDoping."Tatsachlich hat Gottfried Benn, der sich vonHaschisch und Meskalin eine „neue schöp-ferische Periode" für die „denaturierten eu-ropäischen Gehirne" erhoffte und nebenHymnen auf das Kokain auch Dopinganwei-sungen von sich gab - „Potente Gehirnestärken sich nicht durch Milch, sonderndurch Alkaloide" -, den Einfluß der Drogenauf sein eigenes Werk als „kurze Phase"abgetan. Gegen den Hänfling Nietzschewandte er ein: „Nietzsches Abneigunggegen Bier war mir immer etwas verdäch-tig. Wen Bier hindert, der trinkt es falsch."Interessanter findet der Forscher Achteckeinen Band von Ludwig Klages, Die Kosmo-gonie des Eros: „Die seelenkundliche Erfor-schung der Ekstase bedarf der Ergänzungdurch eine Wissenschaft von Berau-schungsmitteln. Opium, Haschisch, Koka,Alkohol, ätherische Öle, Weihrauch, Lor-beer, die Solaningifte, selbst Nikotin, Koffe-in, Thein haben wechselweise dem Entselb-stungsdrange der Visionäre gedient, und wirdürften uns die größten Aufschlüsse überdas Wesen des Rauschs von einer Wissen-schaft der Signaturen erwarten, wie sie imFreskostil die Mystik der Renaissance ent-warf. Angesichts des Versagens heutigerMedizin bleibt uns vorerst nur die innereZergliederung offen."Zum Mythos Haschisch hat jedoch auchimmer seine Gefährlichkeit gehört. In einemBrief an Baudelaire schreibt Gustave Flau-bert: „Nach dieser Art Drogen habe ich

immer eine große Lust verspürt. Ich besitzesogar ein sehr gutes, vom Apotheker Gasti-nel gemischtes Haschisch, doch habe ichAngst davor, was ich mir zum Vorwurfmache."Der Hanfdrogen-Kommission, die im Auf-trag der britischen Kolonialmacht ab 1893 inIndien dem Mythos zu Leibe rücken sollte,schien „kein Argument für das Verbot vonGanja überzeugend". Vielmehr notierte sieden Verdacht, daß der „Angriff auf die Hanf-drogen nur gestartet wurde, um an ihrerStelle europäischen Schnaps zu verkaufen".Die indischen Arbeiter durften also weiter-rauchen. Nicht so die Minenarbeiter im Bu-renland Südafrika, wo 1911 der Hanf verbo-ten wurde, wegen der Personengruppe, diedas „Kraut der Armen" zu sich nahm. Zu-sammen mit dem Königreich Ägypten undder Türkei, die ebenfalls mit einer aufsässi-gen, haschischrauchenden Bevölkerung zutun hatten, brachte Südafrika den Hanf indie Vertragswerke der 1925 einberufenenOpium-Konferenz des Völkerbunds ein.Nach einer Kampfabstimmung (9 : 7) wurdeHaschisch verboten. Nachdem Ägypten zu-gesichert hatte, keine Importbeschränkun-gen für Heroin zu erlassen, stimmte auchdas Deutsche Reich für das Verbot undübernahm es 1929.

Da war der Papierkrieg um den Hanf bereitsin vollem Gange. Am 14. Oktober 1916 ver-öffentlichte das amerikanische Landwirt-schaftsministerium ein Bulletin über „Hanf-Werg als Material zur Papierherstellung".Die Agrarwissenschaftler hatten herausge-funden, daß ein Hektar Hanf, der als ein-jährige Pflanze bis zu sechs Meter hochwachst, zu Pulpe (Papierbrei) verarbeitetdieselbe Menge Papier ergibt wie 4,1 Hek-tar Wald. Voraussetzung für diese extremeProduktivitätssteigerung in der Papierher-stellung sei, so das „Department of Agricul-ture", eine moderne Technik, die das Abzie-hen der Hanffasern erleichtert. Für ihrenVersuch hatten die Forscher noch, wie dieChinesen, von Hand gestrippt. Das Neuarti-ge an der ausprobierten Methode war, daßsie das Papier nicht aus den Fasern gewan-

nen, sondern aus dem übriggebliebenenWerg, dem Abfall, und daß zur Herstellungdes Hanfpapiers fünfmal weniger Chemika-lien nötig waren als bei der üblichen Papier-produktion aus Holz. Da es eine Maschine,die diese Entdeckung nutzbar machenkonnte, noch nicht gab - sie sollte technischkein großes Problern darstellen -, blieb dasBulletin Nr. 404 vorerst folgenlos. Dennochdürften es seine Adressaten - „Personen,die an einer ökonomischen Papierherstel-lung interessiert sind, besonders print andbook paper manufacturers" -aufmerksamgelesen haben,Vor allem die „Paper Manufacturing Com-pany" des William Randolph Hearst mußtesich für die Neuerung interessieren, undauch der Chemiekonzern „Dupont", der dieSulfide für die Papierherstellung aus Holzlieferte. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts,während des spanisch-amerikanischen Krie-ges, hatte Hearst in seinen Blättern eine De-nunziationskampagne gegen Schwarze,Mexikaner und Latinos gestartet, die er mitseinem Citizen Kane-lmperium in den 20erund 30er Jahren fortführte. War jedoch inden Hearst-Schlagzeilen zwischen 1910 und1920 in aller Regel von Kokain die Rede,wenn wieder einmal ein Neger eine weißeFrau mit Kind vergewaltigt hatte, so war nunplötzlich dauernd Marihuana im Spiel. EinUnfall, bei dem ein Joint gefunden wordenwar, füllte wochenlang die Zeitungen. Zwarhatte Hearst schon früher gegen den Jazz,diese „Voodoo satanic music", und dasKraut, das die schwarzen Musiker rauchten,mobil gemacht, was in New Orleans und an-deren Bundesstaaten zu ersten Verbotengeführt hatte. Doch Verstöße wurden sogut wie nie verfolgt. Das änderte sich erst,als Harry J. Anslingers „Bureau of Narco-tics" die Kreuzritterlegende von den„Haschaschin" - jenem im Haschisch-rausch mordenden Stamm der Assassinen- modernisierte: „Marihuana - Murder ofYouth".Vielleicht kann das Bulletin Nr. 404 dieFrage erhellen, auf die auch Hans-GeorgBahr in seinem Standardwerk Von Hanf istdie Rede keine Antwort weiß: Warum näm-

lich Anslinger 1930 aus dem diplomatischenDienst auf den schlechter bezahlten Posteneines Commissioners im „Bureau of Narco-tics" wechselte. Vieles spricht dafür, daßder Schwenk von Kokain auf Marihuana,den die Hearst-Presse bei ihren Schuldzu-weisungen vollzogen hatte, nicht den Lau-nen eines Rassisten geschuldet war, son-dern dem Kalkül des Waldbesitzers und Pa-pierherstellers Hearst sowie des Chemie-Riesen „Dupont". Keinem anderen nämlichals dem Hearst-Bankier und Hauptfinanzierder Firma „Dupont", Andrew Mellon, Besit-zer der Mellon Bank, zweitreichster Mannder USA und Finanzminister, unterstand das„Bureau of Narcotics". Auf Mellons Anwei-sung gab das Bureau der Hearst-Kampagneab 1930 amtlichen Begleitschutz. Den Lei-ter des Anti-Marihuana-Unternehmenssuchte Andrew Mellon persönlich aus: DieWahl fiel auf einen Beamten seines Vertrau-ens, den Mann seiner Nichte; eben Harry J.Anslinger.Auf dem Tiefpunkt der Wirtschaftskrise ge-währte der Finanzminister seinem Schwipp-Schwiegersohn 100 000 Dollar Sonderetat:für Freikuverts, die an Polizisten und Jour-nalisten verteilt wurden mit der Bitte, „alleFälle zu sammeln, die eine Gefährlichkeitvon Marihuana beweisen können, insbeson-dere Verbrechen, Fälle von Wahnsinn u. a.".Mit heißen Geschichten, von den morden-den Assassinen des Mittelalters bis zum kif-fenden Mörder-Nigger gleich um die Ecke,ging Anslinger auf Vortrags-Tournee undnach sieben Jahren mit einer Fotomappegrauslicher Mordopfer vor den Kongreß.Dort bezeugte er: „Marihuana ist die ammeisten gewaltverursachende Droge in derGeschichte der Menschheit." Er sprach von„Farbigen mit dicken Lippen, die weißeFrauen mit Jazz und Marihuana locken",und trickste den Einspruch der Ärzte-Verei-nigung gegen ein Hanfverbot mit Gutachtenaus. Die erwiesen sich später als ebensoobskur wie die dokumentierten Mordfälle,doch am 1.September 1937 hatte Präsi-dent Roosevelt den „Marihuana Tax Act"unterzeichnet - die Erfolgsmeldung derZeitschrift Popular Mechanics kam im Fe-

bruar 1938 mindestens fünf Monate zuspät. „A Billion Dollar Crop" versprach eineuphorischer Artikel, der über die erstenEinsätze der neuen Hanfverarbeitungsma-schine berichtete und die Millionen vorrech-nete, um die heimischer Hanf künftig dieKosten für Importwaren senken könne.Dabei wurde die 1916 entdeckte Ökonomieder Papiergewinnung ebenso erwähnt wieder Hinweis, daß der Zellulosegehalt desHanfs den des Getreides um ein Vielfachesübertrifft: „Das nach Abziehen der Faserzurückbleibende Mark enthält mehr als 77Prozent Zellulose und kann zur Herstellungvon über 25 000 Produkten verwendet wer-den, von Dynamit bis zum Zellophan." Daßsich aus Hanf das billigste Methanol derWelt gewinnen läßt, spielte bei den Benzin-preisen 1938 noch eine untergeordneteRolle. Fast wehmütig endet der Artikel überdie „Milliarden-Ernte" mit der Feststellung,daß es unmöglich sei, legalen Hanf ohne il-legales Marihuana herzustellen.

Ein halbes Jahrhundert ist seitdem vergan-gen, Milliarden Dollar wurden in den Krieggegen den Hanf gesteckt, Tausende vonJahren Haft abgesessen, die Pharma-lndu-strie fährt mit fabulös differenzierten Schlaf-tabletten und Wachmachern alljährlich neueRekorde ein, Alkohol-, Kaffee- und Tabakin-dustrien erzielen weiterhin prächtige Um-sätze, und die Drogenmafia bietet von An-geldust über Crack bis zu den Designerdro-gen immer heißere Novitäten. Der alte Hanffreilich hat Rockefellers Petroleum, dieKunstfasern der IG Farben und die Holzpa-pierindustrie prächtig überstanden. Undginge es mit rechten Dingen zu, wärenlängst neue Bulletins der Landwirtschafts-und Kulturministerien fällig: zum einen, weildie Bücher aus säurehaltigem Holzpapierden Bibliothekaren nach kaum 100 Jahren inden Händen zerbröseln, während sich dieGutenberg-Bibel aus Hanfpapier noch blät-tern läßt wie am ersten Tag. Zum anderen,weil Cannabis mittlerweile zur wertvollstenNutzpflanze in den Vereinigten Staatenavanciert ist. Nach einem Bericht der „Na-tionalen Organisation für die Reform der

Marihuana-Gesetze" (NORML) hatte dieCannabisernte 1985 einen Wert von 18,6Millarden Dollar, einige Millionen mehr alsdie einträglichste legale Nutzpflanze Mais.Doch der angesichts immenser Haushalts-löcher staatsbürgerlich durchaus vernünfti-gen Forderung der Reformer nach Aufhe-bung des Verbots und Besteuerung derErnte wird auf absehbare Zeit nicht stattge-geben werden. Diesmal ist es kein Rassistund Waldbesitzer, der die Anti-Hanf-Frontanführt, sondern ein Lobbyist der pharma-zeutischen Industrie. Derzeit noch Direktorvon Ronald Reagans „Drug Task Force",schickt er sich an, das höchste Amt im Staa-te zu erobern. Sein Name: George Bush.Nachdem er 1977 den Dienst bei der CIAquittiert hatte, war er Direktor des Pharma-Konzerns „Eli Lilly" geworden und hattesich mit beträchtlichen Aktienpaketen anden Pharrna-Unternehmen „Abbott-Labora-tories", „Bristol-Myers" und „Pfizer" betei-ligt. Bei der obligatorischen Offenlegungseiner Vermögensverhältnisse wurde 1979bekannt, daß die Familie Bush weiterhinüber eine Sperrminorität bei „Pfizer" undeine große Anzahl Beteiligungen an anderen„Drug companies" verfügt. Als Vizepräsi-dent wurde George Bush persönlich bei derFinanzbehörde vorstellig, um einen beson-deren Steuernachlaß für in Puerto Rico pro-duzierende Pharma-Unternehmen durchzu-setzen. 1981 wurde er dafür vom U.S. Su-preme Court gerügt und aufgefordert, denLobbyismus für die pharmazeutische Indu-strie zu unterlassen. Seither sind keine wei-teren Lobby-Aktivitäten des Vizepräsiden-ten ruchbar geworden - dennoch erhaltenPharma-Unternehmen für ihre Puerto-Rico-Produktion noch immer eine Steuerermäßi-gung von 23 Prozent. Dort werden für denExport in die Dritte Welt Medikamente undChemikalien hergestellt, die in den USA ver-boten sind.Bushs Aktivitäten nahmen eine andereRichtung: In einem Schreiben an alle ameri-kanischen Universitäten ließ er im Septem-ber 1983 anfragen, ob man die Ergebnisseder Cannabis-Forschung von 1966-76einschließlich der Kompendien in den Biblio-

theken nicht verschwinden lassen könne.Verschont bleiben sollten lediglich Studienüber synthetisch hergestelltes THC. DerPlan mußte nach Protesten von Wissen-schaftlern und Ärzten fallengelassen wer-den - wohl nicht endültig. Bereits 1976 hat-ten Interessenvertreter der Pharma-lndu-strie ein ähnliches Ansinnen an die Ford-Re-gierung gestellt: Damals war die Firma „EliLilly" mit „Nabilone" auf den Markt gekom-men, einem synthetischen Cousin des Can-nabis-Wirkstoffs THC-Delta 9. Anlaß für dieaufwendige Synthetisierung des Stoffswaren die erstaunlichen Resultate zahlrei-cher Cannabis-Experimente, die ab 1966,dem Beginn der großen Marihuana-Welle,durchgeführt worden waren.Dr. Raphael Mechoulam von der UniversitätTel Aviv, dem 1964 erstmals die Syntheti-sierung gelungen war, kam nach 20 JahrenForschung zu dem Schluß, daß legales Ma-rihuana 10 bis 20 Prozent aller verschriebe-nen Medikamente und pharmazeutischenTherapien ersetzen könnte. 40 bis 50 Pro-zent aller Pharmaka wären nach Mechou-lams Schätzung durch Beigabe von Hanf zuverbessern, wenn die Pflanze und ihr Wirk-stoff völlig erforscht seien. Eine Studie desMedical College of Georgia kam zu dem Er-gebnis, daß mit Marihuana 90 Prozent allerFälle von grauem Star erfolgreich therapiertwerden könnten, und Dr. Tashkin faßt 14Jahre Forschung an der University of Cali-fornia so zusammen: „Gras ist das Bestegegen Streß, Migräne, Depression und Ap-petitlosigkeit."Wir Haschischesser, die wir den wahnwitzi-gen Heißhunger kennen, den schon einekleine Dosis Hanf auslösen kann, wissenum diese Wirkung - aber auch bei Fällenvon fortgeschrittenem Bauchspeicheldrü-senkrebs wurde Cannabis mit großem Er-folg angewendet. Außerdem, so der Chefdes „California's Marihuana for Cancer"-Forschungsprojekts, Dr. Thomas Unterlei-der, ist „Marihuana das beste Mittel zurKontrolle der Übelkeit bei der Krebs-Chemo-therapie". Ebenso erfolgreich wurde Canna-bis als natürliches Antibakterium getestet,als überaus wirksames Mittel gegen Asth-

ma, Epilepsie, Krämpfe und, wie eine vonder Regierung 1975 finanzierte Studie desMedical College of Virginia ergab, gegenbösartige und gutartige Tumoren.Kaum verwunderlich also, daß die Pharma-industrie große Erwartungen in ihren syn-thetischen Hanf setzte. Die Mühen warenjedoch vergeblich. Im September 1982 stell-te das Magazin Omni fest, daß „Nabilone",verglichen mit Marihuana, „nutzlos" ist:„Nach zig Millionen von Dollar und neunJahren Forschung sind die Pharma-Konzer-ne total gescheitert." Daß sie noch nichtaufgegeben haben, zeigt der Versuch derBush-Reagan-Administration, die „natürli-che" Marihuana-Forschung zu unterbinden- auf den simplen Extrakt der Hanfblätterhat weder „Eli Lilly" noch sonst irgend je-mand ein Patent...

Was ist das für ein merkwürdiger Stoff, deranregen und Krämpfe lösen, der Heißhun-ger hervorrufen und gleichzeitig Übelkeitverhindern, beruhigen und „high" machenkann? Der alberne Lachkrämpfe und tiefeNachdenklichkeit erzeugt, das Kurzzeitge-dächtnis ausfallen läßt, aber die Erinnerungschärft, der „Phantasticum" und „Halluzino-gen" genannt wird und gleichzeitig ganznüchterne, alltägliche Erkenntnisse - WalterBenjamin spricht von der „profanen Er-leuchtung" - beschert? Dr. Mechoulamkommentierte das Wunder so: „Vielleichthaben wir zu lange nach einem Wirkstoffgesucht. Möglicherweise beruht die zu un-tersuchende Wirkung auf einem Zusam-menhang verschiedener Substanzen, vonder Natur so raffiniert ausbalanciert, daß wirihm noch immer nicht auf die Schliche ge-kommen sind."Solange die Wissenschaft noch im dunkelntappt, halten wir uns an die Konsumentenals Sachverständige. Ich bin zu Besuch beiFritz, er ist 35 und nimmt seit 15 Jahren Ha-schisch. Seit er sich vor zwei Jahren die Zi-garetten abgewöhnt hat, konsumiert er seinDope nicht mehr im Joint, sondern in Formvon Keksen. „Erstens strapaziert das Essenmeine Lungen nicht, zweitens ist es billiger,weil nichts in der Luft verdampft, und drit-

tens gewöhnt man sich damit ein bißchenRausch-Disziplin an. Die Wirkung kommtnicht sofort, wie beim Joint oder der Pfeife,sondern eben erst in ein oder zwei Stunden.Du läßt dich nicht so wahllos von der erstenLust hinreißen."Aber Haschisch macht nicht süchtig; ist esda nötig, Disziplin zu halten?„Das Problem für mich ist, daß es so leichtist, aufzuhören. Ich nehme ein halbes Jahrlang jeden Tag meine zwei, drei Kekse undkann ohne Streß von einem Tag auf den an-deren aufhören. Verglichen mit dem Niko-tinentzug, den ich im dritten Anlauf und mitHöllenqualen geschafft habe, ist das ein Kin-derspiel. Ich habe es oft genug probiert.Wenn ich aber jederzeit verzichten kann,warum soll ich dann aufhören? Ich tue estrotzdem immer wieder, weil ich mir denke:Nein, das ist nicht normal, immer gut drauf,immer locker, immer heiter, du mußt auchmal wieder alles nüchtern betrachten. Dannlasse ich für ein paar Wochen das Ha-schisch weg und stelle fest: Die Welt istnoch so schön und beschissen wie vorher,und mir geht es nicht schlecht, aber mit Ha-schisch geht es mir besser."Und das sogenannte Demotivationssyn-drom, die Schlaffheit und Laschheit, die denKiffern nachgesagt wird?„Da ist natürlich was dran, aber es ist nurdie eine Seite. Auf Haschisch kannst duwunderbar schlafen, du kannst aber auchabsoluten Aktivismus entwickeln. Dukannst abhängen, rumlungern, dösen, aberdu kannst auch arbeiten, diskutieren odertanzen. Es kommt auf dich an; wenndu lasch und lustlos bist und rauchst was,dann wirst du eben noch ein bißchen la-scher und lustloser. Das Wunderbare amHaschisch ist - und das Wunderbare istimmer auch das Gefährliche -, daß dugarantiert keine Langeweile mehr hast. Obdu nun 'ne Nachtschicht mit dem Taxi vordir hast oder ein leeres Zimmer, das gestri-chen werden muß, oder das Werbefernse-hen von SAT 1."Mein nächster Gesprächspartner arbeitetseit zehn Jahren mit Drogenabhängigen, zurZeit in einem Beratungsladen für Fixer.

Auch ist er seit langer Zeit regelmäßiger Ha-schischkonsument: „Es ist die angenehm-ste Droge, die ich kenne, und das einzige,was auf Dauer verträglich ist. Ich kann so-viel rauchen, wie ich will, und kriege keinenKater davon, ich muß nicht dauernd dieDosis steigern, um draufzukomrnen, undich kann auch ohne großen Streß damit auf-hören."Warum aber hören die Haschischraucher,die alle beteuern, der Entzug sei kein Pro-blem, nicht einfach auf?„Warum hörst du nicht auf, Zeitung zulesen, Kaffee zu trinken oder Kuchen zuessen? Weil du überzeugt bist, daß es dirwas bringt. Das nennt man, wenn ich malals Drogenberater sprechen darf, psychi-sche Abhängigkeit. Und die gibt es natürlichauch beim Shit. Der gehört dann irgend-wann dazu, um sich lustökonomisch durchden Alltag zu bringen, wie die Zeitung zumFrühstück, die Kaffeepause oder abendsdas Bier vor der Glotze. Nun kannst dusagen, daß alles, was zur Routine wird,auch öde wird. Gebongt, aber dann kannich nur antworten: Bisher ist mir Haschischnoch nicht öde geworden, und ich freuemich wie ein Schneekönig auf den erstenJoint."Doch hier muß der Drogenberater differen-zieren: „Einem 15jährigen, der, statt zurSchule zu gehen, bis zur großen Pauseschon drei Wasserpfeifen geraucht hat,kannst du natürlich kein Loblied auf Ha-schisch singen. Aber an Pattex-Schnüfflerwürde ich es schon gerne verteilen, als le-bensrettende Maßnahme. Daran ist natür-lich nicht zu denken, ich darf in meinemLaden nicht mal Spritzbestecke an Junkiesausgeben, das darf nur der Typ von derAids-Hilfe, der deshalb jeden Tag vorbei-kommt. Hat der Junkie die Ausgabezeitenmal verpennt, muß er die Fixe vom Kumpelnehmen. Eine stabile Persönlichkeitbrauchst du für den Umgang mit jederDroge, ob es nun Alkohol, Haschisch oderHeroin ist. In der Drogenarbeit haben wir esmit instabilen Persönlichkeiten zu tun, undda, muß ich sagen, sind die Haschisch-Mißbraucher das geringste Problem. Leider

ist Shit für einen flashgeilen Fixer wie Pea-nuts, und Alkis brauchen eine Weile, bis sieein Gespür für die Wirkung entwickeln,sonst wäre es nicht das Schlechteste, dieseLeute auf Shit anzutörnen. Auch den Regie-rungsdirektoren mit ihren Valiums, den Bar-schels mit ihrem Tavor und all den Säufernwürde die Umstellung guttun. Wenn sieschon dauernd irgendwas brauchen, zur Be-ruhigung, zur Entspannung, zum Vergnü-gen, dann sollten sie wenigstens wasNatürliches nehmen, das nicht kaputt-macht."

In einer von den Grünen in Auftrag gegebe-nen Studie zur Drogenpolitik in der Bundes-republik schätzt der ehemalige hessischeUmweltminister Joschka Fischer die Zahlder Hanfkonsumenten auf 2,5 bis 5 Millio-nen - ein erkleckliches Wählerpotential.Doch im Programm der Partei zur 1987erBundestagswahl findet sich zur Entkrimina-lisierung von Cannabis keine Zeile, obwohlsich die angesprochene Studie nach Abwä-gung aller Fakten deutlich für die Straffrei-heit des Konsums (nicht des Verkaufs) vonHanf und anderen Drogen ausspricht. Chri-stian Ströbele, ehemaliger Bonner Abgeord-neter der Berliner Alternativen Liste, erzählt,wie die Sache gelaufen ist: „Auf dem Pro-grammparteitag in Hannover wurde derPunkt Straffreiheit des Drogenkonsums mitgroßer Mehrheit beschlossen, bei derschriftlichen Abfassung des offiziellenWahlprogramrns wurde diese Forderungaber einfach weggelassen - aus Angst, dieGrünen könnten vom politischen Gegner alsRauschgiftpartei denunziert werden."Doktor J., Rechtsanwalt und passionierterHaschischraucher, sieht das Legalisierungs-problem pragmatischer: „Solange es keineMethoden zur exakten Messung einer Can-nabis-Intoxikation gibt, wird es strikt verbo-ten bleiben. Bisher ist es so, daß man zwarmit einigem Aufwand feststellen kann, objemand Haschisch genommen hat, abernicht, wann und wieviel. Die Drogentests,die Reagan angeblich in den USA durchset-zen will, sind der reine Mythos, zumindestwas Hanf betrifft."

Mit einem einwandfreien Teströhrchen wiebeim Alkohol wäre also das Problem erle-digt?„Auf keinen Fall. Die Möglichkeit einesTests ist nur die Grundvoraussetzung. InHolland und Spanien sieht man das zwarweniger eng, und tatsächlich ist es ja auchkein wirkliches Problem - denn wer wenigraucht, ist noch Herr seiner Sinne, und werzu viel raucht, bleibt freiwillig auf dem Sofasitzen und hat keine Ambitionen, sich in denVerkehr zu stürzen. Aber man kennt ja dieDeutschen: dumpf und geradeaus. Im 17.Jahrhundert zahlte der Fürst von Waldeckjedem zehn Taler, der einen Kaffeetrinkeranzeigte, und in Lüneburg wurde das Tabak-rauchen mit dem Tode bestraft. Während-dessen saßen die Holländer schon gemüt-lich mit der Pfeife im Kaffeehaus. Das ersteKaffeehaus in Berlin wurde erst 60 Jahrespäter eröffnet."Dr. J. möchte keine Wette darauf absch-ließen, wie lange es diesmal dauert. Er zer-bröselt eine Mentholzigarette und legt mitein paar Blättchen Zigarettenpapier dieGrundlage für einen formschönen Joint:„Die Lage ist pervers, aber zerbrechen wiruns darüber nicht den Kopf. Wichtig ist: fro-hen Herzens genießen."Und wann ist genug genossen? Der India-nerstamm der Balubas in Mexiko hat einenzuverlässigen Test entwickelt: Die Rauchersetzen sich im Kreis und legen einen großenLeguan in die Mitte. Sobald der Saurier,betäubt vom Hanfdampf, ohnmächtig wird,weiß man, daß es Zeit ist, mit dem Rauchenaufzuhören.

Dieser Text erschien 1987 in "Transatlan-tik", einem von Hans Magnus Enzensber-ger Anfang der 80er konzipierten Magazin,das lange, erzählende Reportagen im Stiledes "New Yorker" veröffentlichte. Zu die-ser Zeit verdiente ich als Kultur-Redakteurder "taz" schon seit 7 Jahren einen trauri-gen Einheitslohn, Nebenaufträge kamenstets wie gerufen und solche wie dieserganz besonders. Nicht nur, weil "Transat-Iantik"-Honorare zum Lukrativsten zählten,was die Branche zu bieten hatte, sondern

auch weil mir ein paar Wochen zuvor diesemerkwürdige Geschichte der Marihuana-Verschwörung auf den Schreibtisch geflat-tert war. Wem ich die Fotokopie von JackHerers Buch verdanke, weiß ich bis heutenicht; sie lag, ohne Absender, mit einemBerg anderer Post eines Morgens auf mei-nem Schreibtisch. Schon nachdem ich siekurz überflogen hatte, war mir klar, daß diesmehr war, als nur eine weitere windige cali-fornische Verschwörungs-Story - aber wiebrachte man das chaotisch aufgemachteKonglomerat aus Dokumentation, Informati-on und Pamphlet an die deutschen Leserin-nen und Leser? Jack Herer sprang ziemlichwild zwischen der vor - und frühgeschichtli-chen Verwendung der Hanfpflanze und deraktuellen Verbotssituation, zwischen derEignung des Hanfs als universellem Bio-Rohstoff und der Lobby von amerikanischerÖl-und Chemiemagnaten, die in den 30erndie Kampagne "Marihuana - Mörder der Ju-gend" inszenierten. So sensationell dieMenge von Informationen und Fakten überdie Hanfpflanze und die Hintergründe ihresVerbots schienen - so schwer ließ sich einAufhänger finden, sie systematisch und ge-rafft nachzuerzählen...bis die "Transatlan-tik"-Redaktion anrief und für ein Heft zumThema "Genußkuftur" nach einer Geschich-te über die Cannabis-Genüsse der Deut-schen fragte. "Ein Report von der Kiffer-front - Minimum 17 Manuskriptseiten".Musik in den Ohren jedes Zeilenhonorar-empfängers - und Platz genug, um einge-bettet in eine Art Reportage die Geheimge-schichte der universellen Nutzpflanze Hanfendlich zu erzählen. Als der Text fertig warund die Redaktion ihn ohne Änderungenoder Kürzungen und in in großzügigem Lay-out gedruckt hatte, legte ich mir das HerersBuch zum Kopieren bereit - daß sich nachdieser Story ein Verlag dafür interessierenwürde, schien mir ausgemachte Sache.Doch merkwürdigerweise geschah garnichts - zwar kamen einige begeisterte Les-erzuschriften und in einschlägigen Kreisenmachte der Artikel als Geheimtip durchausdie Runde, Verlage aber meldeten sichnicht. Zum 50. Jahrestag des Marihuana

Tax Act, dem Beginn der Hanf-Diskriminie-rung in USA, erzählte Rolf Achteck für die"taz" die Geschichte der Marihuana-Ver-schwörung nach - wieder mit Hinweisen aufJack Herers Buch - und wiederum ohneReaktionen von Verlagsseite. Und so setztedie Hanf-Akte in meinem Regal langsamStaub an. Zwar erzählte ich die Geschichtemit Vorliebe weiter und da man als Kultu-ronkel einer Tageszeitung häufig mit Verla-gen zu tun hat, gehörten auch immer malwieder Verleger und Lektoren zu den Zuhö-rern, doch niemand biß auf diesen fettenHanf-Köder an. Die einen zuckten schonbeim Stichwort "Marihuana" zurück, die an-deren, die gerade das interessant fanden,spätestens bei dem Versuch, das gelindeChaos des US-Originals systematischdurchzulesen und auf die Reihe zu brin-gen...bis ich im Oktober 1992 Lutz Krothvon "Zweitausendeins" die Geschichte er-zählte. Auch der war erst mal skeptisch.Doch auf einmal ging alles ganz schnell:Lutz las die (mitterweile erheblich erweiter-te und verbesserte) Neuauflage des Buchsund rief kurz darauf an: "Ich mache es,wenn Du es überarbeitest und herausgibst"- "Ich mache es, wenn Du es auf Hanfpapierdruckst". Unter diesen Bedingungen wur-den wir uns einig, Ein Vertrag mit JackHerer in L.A. wurde geschlossen, drei Über-setzer an's Werk gesetzt, und ich machtemich an das geplante kurze Nachwort. FürEuropa, so stellte ich schnell fest, ließ sicheine Verschwörung der Petro-und Chemie-Magnaten gegen den Hanf nicht belegen,die Gründe seines Niedergangs als Nutz-pflanze waren aber dennoch äußerst span-nend. Vom Bereich der Pharmazie, wo Can-nabis als Universalmedizin durch das"Bayer"-Patent "Heroin" verdrängt wurde,bis hin zum Verpackungswesen, wo Billig-Ware aus der Dritten Wert - indische Jute -den klassischen Hanf ersetzte. "Jute stattPlastik", die einstige Öko-Parole, war aufdiesem historischen Hintergrund auf einmalgar nicht mehr so grün: innerhalb einesJahrzehntes ließen die britischen Kolonial-herren über eine Million Hektar Jute pflan-zen und eroberten dank ausbeuterischer

Löhne damit den Welttextilrnarkt.Was ich vor allem suchte, bei meiner Biblio-theks-Recherche, war der Haken an dieserHanfgeschichte - die Wunderpflanze, wiesie Jack Herer da schilderte und dokumen-tierte, schien mir einfach unglaublich. Dochwas ich fand, in neuen, alten und uraltenBüchern, war Bestätigung über Bestäti-gung. Wenn aber Hanf so problemlos anzu-bauen war, so hohe und universell nutzbareErträge lieferte und dabei noch die Bödenverbesserte, statt sie auszulaugen - wiekonnte er dann so spurlos von den Äckernverschwinden ? Ein wesentlicher Grundwar, daß der technische Fortschritt Mittedes 19. Jahrhuhunderts andere Pflanzen be-günstigte. So wurde zu Beispiel die Baum-wollmaschine erfunden, die das Verspinnender geernteten Baumwolle wesentlich ver-einfachte. Innerhalb kürzester Zeit wurde sodie bis dahin exotische Baumwolle zur do-minierenden Textilfaser. Die ebenfalls um1850 entwickelte Holzschliffmaschinemachte Bäume als (scheinbar kostenlosen)Papierrohstoff attraktiv, und verdrängte dasPapier aus Hadern (Hanf-und Flachs-Lum-pen) vom Markt. Den Pharmazeuten gelanges, die Mohnpflanze in ihre Derivate aufzu-spalten und extrem starke Entspannungs-und Beruhigungsmittel zu synthetisieren,was der krampflösenden und entspannen-den Cannabis-Medizin den Garaus machte.Im vor-mechanischen Zeitalter hatte dieHanfpflanze vor allem ein Problern ge-macht: die mächtigen, über vier Meterhohen 'Bäume' waren schwer zu ernten, zutransportieren und zu verarbeiten. Erst inden 20er Jahren dieses Jahrhunderts wur-den die entsprechenden Maschinen ent-wickelt und just als sie so weit waren unddem fast schon vergessenen Hanf eine Re-naissance als nachwachsender Rohstoff be-schert hätten, setzt die "Marihuana"-Kam-pagne in Amerika ein. Von dieser Denunzia-tion hat sich der Hanf bis heute nicht erholt- ausgehend von USA ging die Kunde vom"mörderischen Rauschgift" Hanf durch dieganze westliche Welt. Ins deutsche Opium-gesetz war der "indische Hanf" zwar schon1929 geraten, juristisch spielte dieses Ver-

bot aber keinerlei Rolle - die ersten Verfah-ren fanden erst nach 1945 statt und eswaren Gls, die mit dem "Mörderkraut" er-wischt wurden. Daß dieses teuflische Mari-huana der gute alte Hanf war, den noch derOpa als Knaster im Pfeifchen geraucht hatte,wußte zu dieser Zeit in Deutschland schonkaum jemand mehr.Mein "kurzes" Nachwort wurde länger undlänger - und der Haken war immer nochnicht aufgetaucht, auch nicht in der letztendeutschen Monographie über die Nutzpflan-ze Hanf, erschienen 1957 im Bauernverlagder DDR. Stattdessen spielte mir der Zufall(??) eine weiteres Dokument in die Hände.Beim Kopieren alter Lexikon-Artikel in derBerliner Staatsbibliothek fiel mir an einerWand erstmals ein großer Karteischrank mitder Aufschrift "Restbestände des Alt-Kata-logs" auf. "Was ist denn das?" dachte ichmir, zog unter dem Schlagwort "Landwirt-schaft" die Schublade "H" auf, blätterte dieReihe von Karteikarten in der Mitte auf - undda war sie: "Hanffibel, Die lustige", (Hrsg.)Reichsnährstand, Berlin 1942. Als mir dieAusleihe eine Stunde später das Bändchenin die Hand gedrückt hatte, war einmalmehr klar, daß Nicht-Suchen immer nochdie besten Fundstücke garantiert: "DerHanf ist uns kein fremder Gast, man pflanzeihn, wohin er paßt.. Die Pflanze Hanf, großund gewaltig, ist in der Leistung vielgestal-tig... Wer Hanf heut baut mit starker Hand,hilft selbst sich und dem Vaterland." EinLoblied auf den Universal-Rohstoff Hanfund eine genaue Anbauanleitung, auf 32Seiten, gereimt, mit farbigen Zeichnungen -gegen das High, das mir diese Lektüre ver-schaffte, konnte selbst bestes Skunk nichtanstinken. (Zu recht vermutet Micky Re-mann, daß Gott, als er die Nüchternheit er-fand, high gewesen sein muß). Es war klar,daß dieses Prachtstück dokumentiert wer-den mußte: wie schon in den "Notzeiten"des 1. Weltkriegs, als sie als kriegs-treibende Nation von der Rohstoff-Versor-gung abgeschnitten waren, hatten sich dieDeutschen auch im 2. Weltkrieg auf denHanf besonnen - und nicht nur sie. Zeit-gleich mit der Veröffentlichung der "Hanf-

Fibel" durch die NS-Bauernorganisation"Reichsnährstand" wurde der Hanf auchauf der anderen Seite des Atlantiks wieder-entdeckt- und dem Landmann mit dem Pro-paganda-Film "Hemp for victory! " an's Herzgelegt. Auch für die US-Regierung war dasfünf Jahre zuvor von den Äckern verbannte"Mörderkraut" plötzlich unverzichtbar - dieJapaner hatten sie von der Zufuhr des billi-gen philippinischen "Manilahanfs" abge-schnitten. ("Hanf" hießen diese aus Bana-nenblättern gewonnen Fasern übrigens nur,weil sie als Ersatz für echte Hanffasern ausCannabis benutzt wurden. Dasselbe gilt fürden sog. "Sisalhanf" aus der Sisalpflanze).Die Zeit drängte, die Recherchen mußtenzum Abschluß kommen, zudem war meinNachwort schon jetzt auf 100 Seiten ange-wachsen. Doch das Problem war wenigerder Umfang, sondern eher die Tatsache,daß der Haken immer noch nicht aufge-taucht war. "Diese Geschichte ist so wahrund so gut dokumentiert, das glaubt unsalles kein Mensch", warnte ich den Verle-ger am Telefon, "wir brauchen ein Gutach-ten, irgendeine objektive Stellungnahme."Als ich mit Michael Karus vom Kölner Kata-lyse-Institut den Auftrag für eine Studieüber Hanf im Vergleich mit anderen Nutz-pflanzen besprach, war mir nicht ganz wohlim Magen: Was würden wir machen, wenndiese Studie die hervorragenden und univer-sellen Eigenschaften des Rohstoffs Hanfnicht bestätigte ? Diese Sorge bewies sichnicht nur als unbegründet, die Ertrags-Daten, die "Katalyse" bei seinen Recher-chen ermittelte, setzten auf unsere Thesevom Hanf als Rohstoff Nr.1 vielmehr nocheins drauf. Ungarische Studien etwa hattenergeben, daß Hanf auf gleicher Fläche nichtnur 4 bis 5mal soviel Papier abwirft wieBäume, sondern auf längere Sicht sogar 15-mal soviel. Nach neuen rumänische Unter-suchungen, die einen Ölertrag von 4.000Kilo pro Hektar erbrachten, verurteilt Hanfden hierzulande als Ölpflanze angebautenRaps (seltenst erreichter Spitzenertrag;1.500 kg) geradezu zur Lächerlichkeit.Als der erste Zwischenbericht von Katalyseauf meinem Schreibtisch gelandet war.

legte ich ein Gelübde ab: "Wenn diesesBuch nichts bewegt, schreibst Du nie wie-der eins! ". Kurz darauf traf ich Jack Herer inParis, wo er zu einem Cannabis-Kongreßeingeladen war. Auf einem Hausboot aufder Seine, wo ihn die Organisatoren ein-quartiert hatten, sprachen wir eine ganzeNacht lang. Jack erzählte, wie er vor 15 Jah-ren von einem Freund auf die NutzpflanzeHanf aufmerksam gemacht worden war,wie er Jahre lang Dokumente gesucht undgesammelt hatte - und von allen mehr oderweniger für verrückt gehalten wurde. Nichtnur die Ökologen, auch die "Legalize it!"-Aktivisten von N.O.R.M.L. hätten seine Ge-schichte der Verschwörung gegen die Nutz-pflanze Hanf jahrelang abgelehnt und alsSpinnerei disqualifiziert. Die ersten Aufla-gen des "Emperor" brachte er 1986 imSelbstverlag heraus - und erweiterte sie Zugum Zug mit immer neuen Dokumenten.Ende der 80er dann war das Puzzle vollstän-dig genug, plötzlich war Hanf überall in Cali-fornien angesagt - und die "High Times"wählte Jack zum "Man Of The Year". In LosAngeles hatte er den ersten Laden mitHanf-Produkten eröffnet. Den meisten Teildes Jahres verbrachte er auf Vortrags-Tour,durch Colleges, Universitäten und Football-stadien, wo er als "Vorgruppe" von Great-ful Dead und Hanf-Botschafter auftritt. Seitunserem Treffen in Paris auch mit Zitatenaus der "Lustigen Hanffibel", die in die neu-este US-Ausgabe aufgenommen wurde.Als der Verlag bei seinem PapierhändlerHanfpapier bestellte, schüttelte dieser an-gesichts dieser Idee den Kopf: So was hatteman da noch nie gehört - wer ihnen dennden Floh in's Ohr gesetzt hätte ? Gottsei-dank hatte ich nicht nur Flöhe, sondern aucheinen Hersteller in China - und nach einigenWochen lag tatsächlich ein Muster auf demTisch. Das Papier wurde bestellt, die zuge-sagte Lieferung zögerte sich aber Wocheum Woche hinaus. Noch bevor die Ladungim Hamburger eintraf stellte sich heraus,daß weder das Format noch die Qualität desPapiers, das da gen Germany schipperte,dem entsprach was bestellt war. Wenn dasBuch auf Hanfpapier erscheinen sollte, blieb

nur eine Möglichkeit: Hanfzellstoff aus Spa-nien zu besorgen (dem einzigen Herstellerin Europa) und das Papier selbst zu machen."Wenn es nicht ein guter Kunde wie Zweit-ausendeins gewesen wäre, hätte ich michdarauf nie und nimmer eingelassen", sagtemir Jürgen Schlegelmilch, Manager des Pa-pier-Großhändlers "Schneidersöhne" 8 Mo-nate später - als aus der fixen Hanf-Idee be-reits ein kleines, aber feines Marktsegment

mit einem Umsatz von immerhin70 Tonnen Hanfpapier geworden war. Und"Schneidersöhne" als größter deutscherPapier-Händler daran arbeitete, verschiede-ne Qualitäten von Hanfpapier herzustellenund wieder fest in's Sortiment zu nehmen.Im Papierbereich war also allein durch dieAufträge für das Buch die Hanfindustrie inDeutschland schon wiederbelebt worden -daß andere Bereiche bald folgen sollten,verdankte sich vor allem einer Baseballmüt-ze aus Hanf, die ich von Jack ergattert hatte.Viele Leute, denen ich sie zeigte, waren sobegeistert, daß sie mir glatt 100 Mark dafürboten. Auch die Leinenstoffe, das Hanfpa-pier und andere Produkte stießen bei denmeisten Betrachterinnen auf glänzendeAugen. "Das will ich haben. Wo gibt's das?Bring mir das nächste Mal davon was mit!"Diese überwältigende Nachfrage führte zueinem weiteren Akt bei der Wiederbele-bung der heimischen Hanfindustrie - imSeptember, wenige Wochen vor Erschei-nen des Buchs, gründete ich mit drei Freun-den das "HanfHaus". Als Tante-Emma-Ver-sand, so dachten wir, könnten wir dochlocker nebenbei ein paar Hanfprodukte im-portieren und vertreiben - und legten einenkleinen Katalog mit Angeboten von Stoffenund feinem Briefpapier aus Hanf auf - undnatürlich den Baseballmützen. Und wiederübertraf die Begeisterung alle Erwartungen- kaum war eine heißersehnte Lieferung ein-getroffen, war sie auch schon wieder aus-verkauft. Obwohl wir, außer einer Notiz imBuch, noch keinerlei Werbung machten. Alswir beim Zoll "Leinenstoffe aus Cannabis,Herkunftsland China" anmeldeten, staunteman zuerst nicht schlecht - weil dieser Arti-kel aber eine ganz normale Zollnummer hat,

gab es bei der Einfuhr keinerlei Probleme.Wie überhaupt die Etablierung des Handelsmit Hanfprodukten amtlicherseits routi-nemäßig genehmigt wurde, "Wollen sieauch mit Haschisch handeln", fragte derPrüfer vom Gewerbeamt. "Nein, das istdoch verboten." - "Na ja, es hätte ja seinkönnen, aus medizinischen Gründen." Sageda noch einer, deutsche Beamte hätten keinVerständnis...Das Buch war gerade zwei Tage ausgelie-fert, da meldete sich eine Agrargenossen-schaft aus Brandenburg: Ob ich es mit demHanf ernst meine und ihre Bestrebungen,ihn wieder anzubauen, unterstützen würde? Schon ein paar Tage später war ichdraußen und besichtigte zusammen mit denBauern jene Böden im Märkischen Luch, dieneben Bayern und dem Oberrhein einst dasZentrum des deutsche Hanfanbaus gewe-sen waren. Keine 20 Kilometer von der Ber-liner Stadtgrenze könnten hier demnächstdie Jeans für die Kreuzberger Szene ebensowachsen wie das edle Briefpapier haupt-städtischer Konzernniederlassungen...fürdie darbenden ehemaligen LPGs endlicheine Perspektive. Ende Januar aber lehntedas Bundesgesundheitsamt den Antragzum Anbau von 110 Hektar ab - auch beithc-armen Hanfsorten sei der Mißbrauchzur Drogengewinnung nicht auszusch-ließen. Die Bauern zogen mit einer Klagevor das Verwaltungsgericht - der Ausgangist zu diesem Zeitpunkt noch offen, auchwenn die Landwirte zwei hochkarätige Gut-achten auf ihrer Seite haben. Von der Bun-desforsschungsanstalt für Landwirtschaft inBraunschweig, wo zwei Jahre lang thc-arme Hanfsorten getestet wurden - sowieaus der Feder des Frankfurter Oberstaats-anwalts und BtMG-Kommentators HansKörner, nach dessen Meinung diese thc-armen Hanf-Sorten gar nicht unter dasBtMG fallen und dem Landwirt das Rechtzum Anbau nicht verwehrt werden kann.Zumal es seinen Kollegen in Frankreich,Spanien oder England erlaubt ist. ProfessorDambroth, Leiter des Insituts für Pflanzen-bau an der Bundesforschungsanstalt, möch-te zwar mit dem Satz "Davon muß man 30

Kilo rauchen, um einen Rausch zu erzielen"nicht zitiert werden ("Sonst meinen dieLeute, ich hätte es selbst ausprobiert") -sinngemäß aber unterschreibt er diese Aus-sage über die "Gefahren" des thc-armenHanfs.Auch wenn der Anbau für 1994 noch unge-wiß ist - aufzuhalten ist die Wiederent-deckung des Hanfs schon jetzt nicht mehr.Die Veröffentlichung von Jack Herers Buchin Europa hat einen schlafenden Riesen ge-weckt. Die Importkurve für Hanfprodukteging schon 1993 steil nach oben - die Jeansaus 100% Cannabis, die 1994 vom "Hanf-Haus" auf den Markt gebracht wird, wird

noch einmal einen gewaltigen Schub hinzu-fügen. Wirtschaftliche Interessen waren inDeutschland schon allemal das beste Ar-gument, um irgendetwas durchzusetzen -insofern ist es nur eine Frage der Zeit, bisdie hanffeindlichen Gesundheits-Bürokra-ten von der Agrar-Lobby weggepustet wer-den. Denn anders als beim Hanf-Verbot inden 30er Jahren, als die Industrie ihre Hoff-nungen noch auf Plastik und Chemie setzte,sind die Bewußtseine heute ein Stück wei-ter. Eigentlich weiß schon jedes Kind, daßdie Menschheit nur eine Chance hat; grünwerden oder sterben. An der Zukunft ausder Pflanze führt kein Weg vorbei.

Herer/Bröckers/Katalyse:Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze HanfZweitausandeins, 480 S., 30 DMHanfHaus, Eisenacherstr. 71, 10823 Berlin

Jonathan Ott

TETRAHYDRO-CANNABINOLE UND DIEGATTUNG CANNABIS

Tetrahydrocannabinole sind die stickstoff-freien psychoaktiven Bestandteile von Mari-huana, Species Cannabis (Joyce & Curry,1970; Weil et al. 1968). Sie bilden eine Un-tergruppe der Cannabinoide, die Monoter-pene, von denen schon mehr als 50 ausCannabis und seinen Präparationen isoliertwerden konnten (Mechoulam 1973; Schul-tes und Hofmann 1980).Die aktive Haupt-komponente scheint (-)-delta1-3,4-trans-Te-trahydrocannabinol (delta1-THC) zu sein. Eswurde erstmals 1964 isoliert (Gaoni & Me-choulam 1964). Ein zweites, aktives Isomerkommt in geringeren Mengen vor. Es istdas 1966 zuerst isolierte (-)-delta6-3,4-trans-Te-trahydrocannabinol (delta6-THC) (Hively et al.1966). In erntefrischen Cannabis-Pflanzenliegen diese und andere Cannabinoidemeist oder ausschließlich als deren korre-spondierende Carboxyl-Säuren vor (THC-Säuren). Sie werden durch Trocknung, La-gerung, Erhitzen, Pressen oder während derchemischen Analyse in die entsprechendenneutralen und aktiven Cannabinoide umge-wandelt (Schultes & Hofmann 1980). Für delta1-THC existieren zwei Carboxyl-Säure-Varian-ten, die delta1-THC-Säure A (4'-carboxy), unddie delta1-THC-Säure B (6'-carboxy), wobei dieerstere Form häufiger vorkommt (Schultes& Hofmann 1980). Während delta6-THC norma-lerweise nur in Spuren auftritt, existiert es ineinigen Proben "in beträchtlicher Menge"(Mechoulam 1973). Abweichende Anteileder zwei aktiven THC-lsomere könnten zumTeil für die unterschiedlichen Wirkungeneinzelner Partien Cannabis verantwortlichsein. Eine Rolle spielen dabei auch anderechemische Abweichungen wie das Men-genverhältnis zwischen THC-Säuren undneutralen Cannabinoiden (Mechoulam1973). Ferner bewirken Cannabinol undCannabidiol neurochemische Aktivitäten,Besonders Cannabidiol hat beruhigende

Wirkung in einigen Cannabis-Zubereitungen(Paton & Pertwee 1973a). Die komplexeChemie der Cannabis-Spezies wurde vonSchultes und Hofmann (1980) und noch de-taillierter von Mechoulam (1973) unter-sucht. Eine wirksame Dosis delta1-THC beträgtzwischen 3 und 30 mg (Mechoulam 1973;Schultes & Hofmann 1980). Es existierenAbhandlungen über die Pharmakologie desTetrahydrocannabinols (Kettenes-van denBosch & Salemink 1980; Mason & McBay1985; Nahas 1976; Starks 1977), und zumletzten Stand der Cannabis-Forschung (Hu-sain & Khan 1985). In 90 Jahre altem, ge-trocknetem Marihuana wurden trotz ihrerInstabilität noch THC und andere Cannabi-noide nachgewiesen (Harvey 1990). DieFunktion dieser Sekundär-Bestandteile inder lebenden Pflanze ist noch unklar, aberes scheint, daß Stress die Cannabis-Pflanzeanregt, mehr Cannabinoide zu produzieren(Haney & Kutscheid 1973; Latta & Eaton1975).

Jüngste Untersuchungen an THC-Rezepto-ren in Gehirnen führten zur Isolation vonArachidonyl-Ethanolamid, dem endogenenAndock-Molekül für den Rezeptor (d.h., dernatürlichen Substanz im Gehirn, die im Nor-malfall an den Rezeptor andockt, den auchTHC aktiviert). Dieses Molekül wurdeAnand-Amid genannt, nach dem Sanskrit-Wort für "Glückseligkeit". Es ist möglich,daß dieses wichtige Ergebnis die Ent-deckung einer neuen Klasse von Neuro-transmittern bedeutet, die Entspannung inSäugetierhirnen auslöst -vielleicht sogar"Glückseligkeit"! (Barinaga 1992; Devaneet al. 1992).

Tetrahydrocannabinole kommen nur in derCannabis-Spezies vor. Zur botanischen Be-stimmung kennen wir gegenteilige Meinun-gen, ob es eine oder mehrere Arten vonCannabis gibt. Die Vorstellung von mehre-ren Abarten wurde von Schultes und seinenMitarbeitern (Schultes et al. 1974) unddavon unabhängig von anderen geäußert(Anderson 1974; Anderson 1980; Emboden1974). Diese Botaniker gehen von drei Spe-

zies aus: Cannabis Sativa (groß mit einigenSeitentrieben; Shawcross 1982), CannabisIndica (kleiner mit vielen buschigen Seiten-trieben) und Cannabis Ruderalis (sehr klein,nicht oder nur wenig verzweigt), die sichmorphologisch, im Wachstum und in ihrerChemie unterscheiden. Durch Kreuzungvon Cannabis Sativa und C. Ruderalis ent-standen Hybriden mit durchschnittlichemTHC-Gehalt (Beutler & Der Marderosian1978). Andererseits favorisieren Small,Cronquist, Quimby und Kollegen den mono-typischen Aufbau der Art und kennen nurdie Spezies Cannabis Sativa mit zwei Unter-arten, die in je zwei Variationen vorkom-men: Cannabis Sativa, Subspezies Sativa,mit den Varianten Sativa und Spontanea,und Cannabis Sativa, Subspezies Indica, mitden Varianten Indica und Kafiristanica(Quimby et al. 1973; Small 1975c; Small &Cronquist 1975; Small et al. 1975), Die De-batte um die Klassifizierung hat andere alsbiologische Gründe -Small führt aus, daßKlassifizierungen "den gesellschaftlichenNotwendigkeiten dienen" müssen. Für ihnbedeutete dies, nicht den Anti-Marihuana-Gesetzen zu widersprechen, in denen vor-ausgesetzt wird, daß es eine Spezies Can-nabis gibt, die auch ausdrücklich erwähntwird. Der Klassifizierende sollte dies nichtzerstören, indem er mehrere Spezies vor-gibt und damit die Marihuana-Verbote unter-miniert (Small 1975a; Small 1975b; Small1976)! Beide Seiten der Argumentationwurden von Emboden (1981a) gegenüber-gestellt. Letzte Forschungen zur Morpholo-gie, der chemischen Klassifikation und zurGenetik von Cannabis ergaben neue Bewei-se für die Existenz von mehreren Abartender Spezies (Hillig 1993). Gleich, wie vieleArten von Cannabis man postuliert, enthal-ten alle Pflanzen in sämtlichen Teilen, sogarin den Pollen (Paris et al. 1975), Tetrahydro-cannabinole, welche in keiner anderenPflanzenart zu finden sind.

Die Geschichte von Cannabis reicht weitzurück und ist sehr komplex. Sie soll hiernur kurz angerissen werden. Textilien ausCannabis-Fasern (Hanf) kennt man in China

bereits seit 6000 Jahren (Li 1974b). Eindeu-tige Erwähnung seiner psychotropen Eigen-schaften finden sich in dem KräuterbuchPen Ts'ao Ching, das im ersten Jahrhundertu.Z. zusammengestellt wurde, traditionelljedoch einem sagenumwobenen Herrscherum 2700 v.u.Z. zugeschrieben wird (Embo-den 1972a; Li 1974a; Touw 1981). Cannabisfand in Indien lange Zeit Verwendung bei re-ligiösen Ritualen (Aldritch 1977). Es ist inder Atharva Veda als heiliges Rauschmittelerwähnt, das zusammen mit Amrta undSoma entstand, als die Götter die Ozeaneaufwühlten (Sharma 1977; Touw 1981),Cannabis-haltige Zubereitungen, in Sanskritmanchmal "Vijaya" (oder "Sieg") genannt(Marglin 1985), sind besonders dem GottSchiwa geweiht. Man findet sie in drei For-men: Bhang, eine Präparation aus Blätternin Milchgetränken (z.B. Bhang Lassi), dasvon frommen Hindus vor dem Betretenwichtiger Tempel getrunken wird, Ganja,Blütenstände, und Charras, pures Harz. Diebeiden letzteren werden geraucht, meist ineinem "Chillum", einem senkrecht gehalte-nen Rohr (Carstairs 1954; LeBarre 1980b).Zubereitungen mit Cannabis werden beson-ders bei der rituellen Verehrung des indi-schen vor-vedischen Stammesgottes Ja-gannath, dem "Jagannath Mandir" in Puri,angewendet (Marglin 1985). Der rituelle Ge-brauch bei den Hindus wird ausführlich vonSwami Agehanandra Bharati beschrieben(Zitiert von Schleiffer 1979). In Asien wirdCannabis weitläufig als Ethnomedizin einge-setzt, z.B. als Beruhigungs- und Betäu-bungsmittel in Thailand (Ponglux et al.1987). Die Khasi und Garo im zentralindi-schen Meghalaya setzen es bei Hauterkran-kungen ein (Rao 1981 ). In Haryana (indischeProvinz) werden Cannabis Sativa-Blätter mitHonig gegen Husten eingenommen (Lal &Yadav 1983). während in Nepal der Saft derBlätter als Wundheilmittel Verwendung fin-det (Bhattarai 1990).

In der westlichen Hemisphäre wird Canna-bis um 500 v.u.Z. von Herodot erwähnt. Eswerde von den mysteriösen Skythen inihren Schwitzhütten auf heiße Steine ge-

worfen, und sie würden von den Dämpfenberauscht (Brunner 1977; Schleiffer 1979).Die antiken Ärzte Dioscorides und Galen be-fassen sich mit der Verwendung von Canna-bis in der Medizin, und es häufen sich An-zeichen für seinen Gebrauch als Rauschmit-tel in der klassischen Epoche (Andrews &Vinkenoog 1967; Emboden 1972a; Escoho-tado 1989a) In der arabischen Wert warCannabis von größter sozialer und rituellerBedeutung. Marco Polo berichtete in Euro-pa erstmals im dreizehnten Jahrhundert vonder Anwendung des Cannabis als Rausch-mittel Arabiens. Polo schrieb von dem my-steriösen "Alten vom Berge" und dessenfantastischen Lustgarten, wo wunderschö-ne junge Frauen seinen unter Drogen ge-setzten Kriegern vorgaukelten, er besitzeden Schlüssel zum Paradies. So versicherteer sich deren ewiger Treue, und sie wurdenseine "Assassinen", eine fanatische Mör-dertruppe. Dieser Alte soll niemand anderesals Hassan Sabah gewesen sein, die Drogewar Haschisch, seine Gefolgsleute die Ha-schischinen, woraus sich das englisch/fran-zösische "Assassin" für Mörder ableitet.Rudolf Gelpke unternahm den Versuch, Fak-ten und Fiktionen in der Legende des Altenvom Berge zu trennen (Gelpke 1966a; Gelp-ke 1966b). Trotzdem besteht kein Zweifel,welch wichtige Rolle Cannabis in der arabi-schen Welt spielte. Von der Droge erzähltScheherazade in "Tausendundeine Nacht"(Emboden 1972a). Cannabis wird auch mitder esoterischen Sufi-Sekte, den "tanzen-den Derwischen", in Verbindung gebracht(Friedlander 1975; Gelpke 1966a; Lewin1924). Heute kommt ein Großteil des in Eu-ropa erhältlichen Haschisch aus dem marok-kanischen Rif-Gebirge, wo man die Drogeunter dem Namen Kif kennt (Banabud 1957;Cherniak 1979; Joseph 1973; Mikurya1870). Es gibt auch eine Zusammenfassungder afrikanischen Cannabis-Geschichte (DuToit 1980).

Die erste wissenschaftliche Studie Europasüber Cannabis veröffentlichte 1845 J.-J.Moreau de Tours in Paris. Er beschriebSelbstversuche und Experimente mit Ein-

wohnern des damals besetzten Ägypten(Moreau 1845). Moreau war Mitbegründereines literarischen Zirkel in Paris, der sich"Le Club des Haschischins" nannte. Beiden Treffen konsumierte man reichlich einHaschisch-Gebäck namens "dawamesk".Zwei prominente Mitglieder waren der fran-zösische Dichter Charles Baudelaire, des-sen Buch "Les Paradis Artificiels", "Diekünstlichen Paradiese", poetisch die Wir-kung von Opium und Haschisch beschreibt(Baudelaire 1860), und der SchriftstellerThéophile Gautier, der zwei Novellen überseine Cannabis-Erfahrungen schrieb (Gau-tier 1961). Fünf Jahre vor Baudelaire legtebereits der amerikanische Dichter BayardTaylor seine Haschisch-Experimente dar(Hayter 1968; Taylor 1961). Das vielleichtbekannteste literarische Werk über Canna-bis ist Fitz Hugh Ludlows klassisches Buch"The Hasheesh Eater: Beeing Passagesfrom the Life of a Pythagorean". Darin be-schreibt er seine persönlichen Erfahrungenmit großen Dosen einer Cannabis Indica-Tinktur der Firma Tilden & Company, diezum Verkauf in Apotheken hergestelltwurde (Ludlow 1857). Ein weiterer bekann-ter Haschisch-Experimentator war WalterBenjamin (Benjamin 1972). Die moderne Li-teratur über Cannabis ist sehr umfangreichund wird hier nicht besprochen.

Dank der literarischen Bemühungen vonGautier, Taylor, Baudelaire, Ludlow und an-derer wurde der Nutzen von Cannabis überseine traditionellen Bereiche heraus be-kannt, und seit anderthalb Jahrhundertenwird die Droge in esoterischen Zirkeln derwestlichen Länder geschätzt. In den USAbrachte man bis in die 50er Jahre den Ge-brauch von Marihuana mit eingewandertenmexikanischen Arbeitern und kleinen Krei-sen farbiger Musiker in Verbindung. Dannfand es über die Anhäger des Beat Move-ment seinen Weg in alle Gesellschafts-schichten Nordamerikas. Cannabis warnicht wegzudenken aus dem "Psychedeli-schen Zeitalter" der 60er Jahre, und zu Be-ginn der 70er hatten mindestens 24 Millio-nen Nordamerikaner die Droge probiert

(Grinspoon 1977; National Commission onMarijuana 1972). 1988 stellte das NationalInstitute of Drug Abuse mehr als zwölf Mil-lionen regelmäßige User im Alter über zwölfJahren in der US-Bevölkerung fest (Gold-stein & Kalant 1990). Dank der energischenpolizeilichen Anstrengungen , den Schmug-gel von Cannabis-Produkten in die USA zuunterbinden, und der Verbesserung von An-baumethoden, wurden die USA zum welt-weit führenden Produzenten und einem dergrößten Verbraucher-Märkte für Cannabis.Ein werteres Ergebnis ist die Entwicklungeines super-potenten Marihuana von einerStärke, die bis dahin unbekannt war (Ott1992a). Inzwischen gibt es eine Vielzahl vonLiteratur zur Methodik des Cannabis-Anbau.Das erste Buch darüber war wahrscheinlich"The Cultivator's Handbook of Marijuana"(Drake 1970; siehe auch: Frank & Rosenthal1974, Irving 1978 und Mountain Girl 1977).Außer dem allgemeinen Gebrauch alsRauschmittel wird Marihuana inzwischenauf vielen Gebieten zu medizinischenZwecken eingesetzt. Hauptsächlich dient eszur Unterdrückung extremer Brechreize, diewährend der Krebs- und AIDS-Chemothera-pie auftreten, und zur Verringerung desAugen-lnnendrucks bei Glaukom-Patienten(Roffman 1982; Zinberg 1979). Die AntiDro-gen-Gesetzgebung mußte wegen der gutenBehandlungserfolge gelockert werden. Soist der Rauch von Marihuana oder die oraleGabe von delta1-THC sehr angebracht zur Medi-kation gegen Brechreiz, und Marihuana-Rauch bewirkt Erfolge bei der Behandlungvon Glaukomen. Trotzdem hat die US-Re-gierung die Verteilung der Droge an neueGlaukom- Krebs- und AIDS-Patienten ge-stoppt. Man will keine Signale im Fall vonMarihuana setzen (und zieht es vor, Men-schen sinnlos leiden zu lassen). Tablettenmit THC ("Marinol") sind weiterhin erhält-lich (Blumenthal 1992). Die rechtliche Situa-tion, wie auch der Nutzen von Marihuana inder Medizin, werden in einem Fachbuch be-handelt (Roffman 1982). Cannabis wirdauch als Therapeutikum zur Behandlung vonAlkoholismus vorgeschlagen (Mikuriya1971; Mikuriya 1973). Der Wert von Mari-

huana in Arzneien und die riesige Zahl der il-legalen Benutzer der Droge hat Gruppenwie NORML (National Organization for théReform of Marijuana Laws) veranlaßt,gegen Verbote zu Felde zu ziehen. Ihr Zielist, die bestehende Gesetze zu ändern. Eini-ge Erfolge gab es in den 70ern. In den Staa-ten Alaska, Oregon, Kalifornien und anders-wo setzte man damals auf Entkriminalisie-rung, was in einigen Fällen zu einem kon-servativen Rückschlag und erneuter Krimi-nalisierung führte. Mit unserer heutigen, hy-sterischen Einstellung gegenüber verbote-nen Drogen erscheint Marihuana in derListe der "gefährlichen Drogen", währenddie einst so gefürchteten Psychedelika LSDund Meskalin fast vergessen sind. Marihua-na ist ohne Zweifel die am meisten genutz-te schöpferische Droge auf der Erde. DieZahl der Verbraucher beträgt Hunderte vonMillionen (Rubin 1975).

Alle über 250 Quellenangaben aus diesemBuch gibt es gegen 1 DM Rückporto ko-stenlos beim Verlag. Der Abdruck hätte denUmfang dieses Buches gesprengt.

Diesen Text haben wir mit freundlicher Ge-nehmigung des Autors Jonathan Ott demepochalen Werk PHARMACOTHEON - En-theogenic Drugs, Their Plant Sources andHistory, Kennewick, 1993, entnommen. Inder über 2400 Titel fassenden Bibliographiefindet der Neugierige auch sämtliche imText erwähnte Quellen. Das 640-seitigeBuch ist über den Rauschkunde-Vertrieb derMedienexperimente für 80 DM erhältlich.

HANF-MYTHENUND IHRE ENTTARNUNG

Dale Gieringers Antworten auf dummeFragen: Falsche Behauptungen überMarihuanaDale Gieringer ist Koordinator von NORMLKalifornien und Mitglied des NORML-Vor-stands. Er ist Doktor der Philosophie unddissertierte über wirtschaftstechnische Sy-steme mit der Arbeit "Verbraucherwünscheund staatliche Drogenpolitik". Er forschteund veröffentlichte über "Marihuana undGesundheit", Drogentests und die wirt-schaftlichen Auswirkungen der Legalisie-rung von Marihuana.Ferner ist er der Autor der "Gesundheitstipsfür Marihuana-Raucher", und erforscht mo-mentan die gesundheitlichen Vorteile vonWasserpfeifen.

MYTHOS 1: "Marihuana ist einegefährliche Droge"Jede Abhandlung über Marihuana sollte zu-erst eines klarstellen: Es gibt zu diesemThema zahlreiche offizielle Studien. Alleschließen große gesellschaftliche Gefahrendurch Marihuana aus und fordern eine Ent-kriminalisierung; so z.B. "Analyse der Mari-huana-Politik" (1982, Nationalakademie derWissenschaften), der "Shafer Report" derNationalen Kommission zu Marihuana- undDrogen-Mißbrauch (1973), der "Le Dain Re-port" des Parlamentarischen Untersu-chungs-Ausschuß der kanadischen Regie-rung (1970), der "Wooton Report" des Briti-schen Aufklärungs-Kommitees zur Drogen-abhängigkeit (1968), der "La Guardia Re-port" (1944), die militärischen "Panarna-Kanal-Zonen-Ermittlungen" (1916-29) unddie gewaltige britische "Indische Hanf-Drogen Kommission" (1893-94).Manchmal wird behauptet, es gäbe "neueBeweise", daß Marihuana schädlicher sei,als in den Sechzigern angenommen. Tat-sächlich neigt ein Großteil der jüngsten Stu-

dien dazu, die Harmlosigkeit von Marihuanazu bestätigen, Thesen, die der Droge Ge-burtsdefekte, Zerstörung von Gehirnzellen,gesunkene Testosteron-Werte oder zuneh-mende Probleme mit Drogen-Mißbrauch zu-ordnen, sind widerlegt.Den gegenwärtigen Konsens beweist der20. Jahresbericht des California ResearchAdvisory Panel (1990). Er schlägt vor, Eigen-verbrauch und Anbau von Marihuana zu le-galisieren: "Eine objektive Betrachtung vonMarihuana zeigt, daß es weniger für gesell-schaftliche und individuelle Schäden verant-wortlich ist als Alkohol und Nikotin."Quellen: Der Bericht der Nationalakademieder Wissenschaften, "Marijuana andHealth" (National Academy Press. 1982), istbis auf weiteres das brauchbarste Kompen-dium über Wirkungen von Marihuana aufdie Gesundheit. Seine wichtigsten Schluß-folgerungen gelten auch nach zehn Jahrenweiterer Forschungen. "The MarihuanaQuestion" von Lovinger und Jones (Dodd,Mead & Co., NY 1985), gilt als ausführlich-ste, doch sehr objektive Tatsachensamm-lung gegen Marihuana. Gute positive Per-spektiven finden sich in Lester Grinspoons"Marihuana, The Forbidden Medicine" (YalePress, 1993), sowie in "Marihuana Reconsi-dered" (Harvard University Press, 1971),das mit vielen der älteren Anti-Pot-Mythenabrechnet. Siehe auch Leo Hollister,"Health Aspects Of Cannabis" (Pharmalogi-cal Reviews 38:1-20, 1986), Eine Zusam-menfassung zum letzten Stand der For-schung und zur Vermeidung von Risikenenthält das von NORML Kalifornien vertrie-bene "Health Tips for Marijuana Smokers"(für 5$ bei; Cal.NORML, 2215-R Market St.#278, San Francisco CA 94114).

MYTHOS 2: "Marihuana ist harmlos"Nahezu alle Experten stimmen darin über-

ein, daß der gelegentliche und maßvolle Ge-brauch von Marihuana unschädlich ist. Siesagen jedoch gleichzeitig, daß exzessiverGenuß schädliche Auswirkungen habenkann. Die zwei Hauptrisiken exzessiven Ma-rihuana-Gebrauchs sind: 1) Krankheiten derAtemwege durch das Rauchen, und 2) Un-fallverletzungen durch Unaufmerksamkeit.

Rauchen von Marihuana:Neueste Untersuchungen des Kaiser Per-manente Center ergaben bei täglichem Ma-rihuana-Rauchen (ohne Tabak!) eine um19% gesteigerte Anfälligkeit für Atemwegs-Beschwerden als bei Nichtrauchern (1). Die-ses Ergebnis überrascht nicht, weiß mandoch seit langem, daß Marihuana-Rauchaußer psychoaktiven Stoffen in etwa diegleichen toxischen Gase und krebserregen-den Kondensate wie Tabak-Rauch enthält.Versuche an Menschen ergaben, daß Pot-Raucher an den gleichen Atemwegs-Erkran-kungen leiden wie Tabak-Raucher. Sie sindanfälliger für Bronchitis, Luftröhren- undLungenentzündungen und -Infektionen (2).Obwohl es auf diesem Gebiet noch nichtgenügend epidemiologische Forschung füreine definitive Aussage gibt, wird allgemeinvermutet, daß Marihuana-Rauchen Krebshervorruft. Studien mit Pot-Rauchern habenzumindest für das Vor-Krebs-Stadium typi-sche Zellveränderungen bei ihnen ergeben.Krebsspezialisten berichten, daß sie bei jün-geren Nur-Marihuana-Rauchern auffallendhäufig Kehlkopf-, Hals- und Lungenkrebsfeststellen. Einige Fälle waren lebensbedro-hend, Es ist nicht abschließend erwiesen,daß Rauchen von Marihuana Lungenkrebsfördert, der Schluß ist aber naheliegend.Dr. Donald Tashkin (Universität LA), führendin der Forschung mit Marihuana-Rauch: "Si-cher müssen wir noch mehr Informationensammeln, doch existieren genügend Bewei-se für Gesundheitsschädigungen durch Ma-rihuana-Rauchen, um ärztliche Warnungenvor gesundheitsschädlichen Folgen zurechtfertigen."Zum Glück können die nachteiligen Folgenauf verschiedene Weise gemindert werden:1. durch hochpotentes Cannabis (Super-

Skunk!), das in kleineren Mengen gerauchtwerden kann, 2. durch Gebrauch von Was-serpfeifen oder andere Filtermethoden (6),3. indem man das Kraut ißt, anstelle es zurauchen.

Mythos: Ein Joint ist vergleichbar miteiner Schachtal (oder 16, oder vielleichtnur 4) ZigarettenEinige Kritiker übertreiben die Gefahren desMarihuana-Rauchens, indem sie eine Studievon Dr. Tashkin irreführend zitieren. Er hattebei täglichen Pot-Rauchern eine "leichte,doch erkennbar" höhere Anfälligkeit gegenKlimaanlagen in Großflugzeugen ermittelt,größer als die von Personen, die bis zu 16Zigaretten am Tag rauchen (7). Dabei wirdunterschlagen, daß in dieser Studie auch an-dere, wichtigere gesundheitliche Aspekte inBezug auf die Atemwege untersucht wur-den, bei denen Marihuana-Raucher weitbesser abschnitten als Tabak-Raucher. Dr.Tashkin selbst verwirft die Schlußfolgerung,daß ein Joint mit 16 Zigaretten vergleichbarist.Die Schätzung, daß Marihuana-Raucher einVierfaches an krebserregenden Kondensa-ten im Vergleich zu Tabak-Rauchern inhalie-ren, ist wohl stimmig, im Verhältnis zur ge-rauchten Menge (8). Dies erlaubt nicht dieFolgerung, ein Joint sei schädlich wie vierZigaretten, denn Joints wiegen weniger.Der durchschnittliche Joint enthält 0,4Gramm Rauchbares, die Zigarette wiegt ca.ein Gramm. Ein Joint wäre also zu verglei-chen mit zwei Zigaretten. Tatsächlich gibtes die zigarrengroßen Spliffs der Rastas,aber auch feine Sinsemilla-Joints, die nur0,2 Gramm wiegen. Es muß angeführt wer-den, daß keine direkte Vergleichsmöglich-keit zwischen Tabak- und Marihuana-Rauchbesteht, sie belasten verschiedene Teiledes Atmungstrakts auf unterschiedlicheWeise: während Tabak in die kleineren, pe-ripheren Lungenkanäle eindringt, gelangtPot hauptsächlich in die größeren zentralenKanäle. Eine der Folgen ist, daß Pot, andersals Tabak, nicht als Ursache für Emphysemein Frage kommt.

Mythos: Verbote reduzieren dieSchädlichkeit des Pot-RauchensWelche Risiken Pot-Raucher haben mögen,sie werden durch bestehende Gesetze inmehreren Aspekten verschlimmert: 1. Ge-setze, die Drogenzubehör mit einschließen,erschweren Entwicklung und Vermarktungvon Wasserpfeifen und weiter entwickeltenTechnologien zur deutlichen Minderungschädlicher Bestandteile von Mariuhuana-Rauch. 2. Verbote fördern den unkontrollier-ten Verkauf von verunreinigtem oder ver-fälschtem Pot, z.B. durch Insektizide, undvon Mischungen mit anderen Drogen wiePCP ('Angel Dust'), Creck (karboniertes Ko-kain) oder sogar mit Heroin. 3. Wegen höhe-rer Preise durch die Verbote ist es unökono-misch, Marihuana oral zu genießen; Essenist der beste Weg, alle Gefahren des Rau-chens zu umgehen, man benötigt zur glei-chen Wirkung aber die zwei- bis dreifacheMenge.NORML ist, anders als die Behörden, nurdaran interessiert, die Gefahren des Pot-Rauchens zu mindern; deshalb stellt manmit MAPS (Multidisziplinäre Arbeitsgemein-schaft für Psychedelische Studien) zur ZeitVersuche zum Gebrauch von Wasserpfeifenund verwandten Systemen an.

Quellen zu Marihuana und Rauchen:

Donald Tashkin: "Is Fréquent Marijuana SmokingHazardous To Health?" {Western Journal of Medi-cine 158 #6, S.635-37, Juni 1993) C. Nora Chiangund Richard L Hawks (Hrsg.): "Research Findingson Smoking of Abused Substances", ResearchMonograph 99 (National Institute on Drug Abuse,Rockville, MD, 1990)National Academy of Science Report (aaO)California NORML: "Health Tips for Marijuana Smo-kers" (aaO)

MARIHUANA UND UNFALLHÄUFIGKEITMythos: Niemand ist bisher durchden Gebrauch von MarihuanagestorbenDie oben genannte Kaiser-Studie belegt,daß tägliche Pot-Raucher ein 30% höheresRisiko von Verletzungen eingehen, wohlmeist durch Unfälle. Diese Zahlen sind sig-nifikant, doch nicht so hoch wie bei ver-gleichbaren Risikogruppen wie Gewohn-heitstrinkern oder Tabak-Abhängigen. DaßPot unfallverursachend wirken kann, istkaum verwunderlich. Marihuana kann Kurz-zeitgedächtnis, Konzentration, Selbstein-schätzung und Koordination komplexer An-forderungen, wie Autofahren, nachweislichreduzieren (10). Man kennt zahlreiche Be-richte von durch Pot verursachten Unfällen -einige davon mit tödlichem Ausgang, wasden attraktiven Mythos widerlegt, daß nochnie jemand durch Marihuana gestorben sei.Eine Untersuchung von 1023 Trauma-Pati-enten der Notfall-Aufnahme in Baltimoreergab, daß ganze 34,7% unter Einfluß vonMarihuana standen, mehr als unter Alkohol(33,5%); die Hälfte (16,5%) hatte Alkoholund Marihuana gleichzeitig konsumiert (11).Dies ist das vielleicht traurigste Forschungs-ergebnis zu Marihuana; wie wir sehen wer-den, kommen die meisten anderen Unfall-forscher zu dem Ergebnis, daß Pot weit we-niger gefährlich als Alkohol ist.Es ist jedoch wichtig, auch die Kehrseite derMedaille zu sehen. Pot-Raucher sollten sichbewußt machen, daß die größte Gefahr beimäßiger Nutzung durch Unfälle besteht. Zu-gleich können die psychoaktiven Effektevon Marihuana gegenteilige Wirkungen aufdas Verhalten in Schule und Produktionhaben.

Mythos: Marihuana ist eine der großenGefahrenquellen im StraßenverkehrIm Straßenverkehr, sagen die meisten Ex-perten, ist Marihuana weniger gefährlich alsAlkohol. Studien über tödliche Autounfällezeigen, daß die Hälfte oder mehr der daranbeteiligten Fahrer Alkohol im Blut hatten,dagegen nur 7-20% THC (was bedeutet,daß sie sich innerhalb der letzten zwei bis

vier Stunden angetörnt hatten) (12). Wichtigscheint, daß die THC-Positiven zu mehr als80% auch noch Alkohol im Blut hatten. Diesläßt vermuten, daß Marihuana allein einegeringe Rolle bei Autounfällen spielt, dieKombination von Alkohol und Marihuana je-doch nicht (13). Einige Forscher unterstellensogar, geringe Dosen Pot könnten die Fahr-tüchtigkeit steigern (14). (Dies mag aber aufindirekt mit dem Fahren verbundene Fähig-keiten, wie Erinnerungsvermögen und Auf-merksamkeit, nicht zutreffen; hier könnteauch die Erklärung zu finden sein, warumdie Studie aus Baltimore abweicht. Dortwurden Unfälle aller Art einbezogen.)Bei der Nationalen Sicherheitskornmissionfür High(l)ways wertet man zwei Studienaus, die, so wird erwartet, die relative Harm-losigkeit im Vergleich zu Alkohol beweisen.Ähnliche Ansichten vertritt in einem neuenBericht die California State EpidemiologicalWork Group (1 5):"Studien haben schädliche Auswirkungendurch Drogen auf die Fahrtüchtigkeit doku-mentiert. Allgemein sind Auswirkungendurch Drogen nicht so gravierend wie diedurch Alkohol allein oder durch Alkohol inVerbindung mit Drogen. Andere Studien be-weisen, daß manche Drogen, unter ande-rem Kokain, tatsächlich die Fahrtüchtigkeitverbessern. Die vorliegenden Ergebnisselassen darauf schließen, daß unterschiedli-che Drogen das Fahrverhalten auf unter-schiedliche Weise beeinflussen. Und zwarpositiv wie negativ, wobei die dokumentier-ten negativen Auswirkungen durch Drogengenerell nicht den Umfang wie die durch Al-kohol ausgelösten haben."Der Bericht kritisiert weiter die vom Staatvertretene Formel 'Rauche einen Joint undverliere Deinen Führerschein': "ZwischenDrogengebrauch und Risiken im Straßen-verkehr besteht ein nur geringer Zusam-menhang. Die Frage stellt sich, ob es ver-nünftig ist, deshalb die Führerscheine allereines Drogenvergehens schuldiger Perso-nen einzuziehen."

Mythos: Das Marihuana-Verbot erhöhtdie öffentliche SicherheitEs gibt keine Beweise, daß ein Marihuana-Verbot die Unfallhäufigkeit verringert. ImGegenteil, neue Studien legen nahe, Mari-huana könnte von Nutzen als Ersatz für Al-kohol und andere, noch gefährlichere Dro-gen sein. Die Forschungen von Karyn Modelbelegen, daß Staaten mit Ansätzen der De-kriminalisierung von Marihuana einen ver-gleichsweise niedrigeren Drogenmißbrauchinsgesamt verzeichnen; eine Studie vonFrank Chaloupka weist in solchen Staatenauch eine geringere Unfallhäufigkeit nach(16). In Alaska blieben nach Legalisierungdes persönlichen Gebrauchs von Marihuanadie Unfallzahlen gleich, bzw. sanken sogar(17). Die holländischen Behörden sind über-zeugt, daß Cannabis für einen allgemeinenRückgang des Opiat-Mißbrauchs verant-wortlich ist. Neueste staatliche Statistikenzeigen die höchsten Raten von Kokain-Mißbrauch in Nevada und Arizona, den US-Bundesstaaten mit den strengsten Marihua-na-Gesetzen.

Mythos: Urin-Untersuchungen aufDrogen erhöhen die Sicherheit amArbeitsplatzBis heute wurde keine einzige kontrolliertewissenschaftliche Studie erstellt, die nach-weist, ob Urinproben die Sicherheit an Ar-beitsplätzen verbessern. Solche Behauptun-gen fußen auf dubiosen 'Tatsachenberich-ten' oder der schlichten Beobachtung, daßzunehmend weniger Drogen-positive Pro-ben zur Untersuchung kommen. Man kannkeinen Zusammenhang mit der Leistungs-fähigkeit Einzelner herstellen. Studien, diedazu veröffentlicht wurden, weisen nur ge-ringe Abweichungen der ArbeitsleistungUrin-positiver und anderer Arbeitnehmernach. Beim bis heute größten Test wurden4396 Postarbeiter untersucht. Man fand kei-nen Unterschied in der Unfallhäufigkeit vonArbeitern, die mit dem Drogen-Test positiv,und denen, die negativ getestet wurden(18). Allerdings konnte man mit dem Testbei Drogen-positiven Arbeitern 50% höhereFehlzeiten und Kündigungsraten nachwei-

sen; die Statistik läßt sich auch so lesen:93,4% der Drogenbenutzer waren durch-schnittlich am Arbeitsplatz anwesend (ge-genüber 95,8% der 'Cleanen'), und ganze85% blieben mehr als ein Jahr in der Firma(gegenüber 89,5% der 'Cleanen')! Eine öko-nomische Analyse unter Bostoner Postar-beiternkommt zum Schluß, daß mit den Drogen-Tests nur unerhebliche Einsparungen erzieltwurden, und viele Bereiche vorstellbar sind,wo sie höhere Kosten als Nutzen verursa-chen (19). Eine andere Untersuchung mitArbeitern im Gesundheitswesen in Georgiafand keinen Unterschied in der Leistungs-fähigkeit von Drogen-positiv und Drogen-ne-gativ Getesteten (20).

Mythos: Drogen-Stichproben sindunverzichtbar bei Sicherheits-empfindlichen Jobs im TransportwesenDie behördlichen Anordnungen zur Durch-führung von Drogen-Stichproben wurdenerlassen, ohne daß vorher statistische Be-weise für verstärktes Sicherheitsrisiko er-bracht waren. Kein einziger Passagierflug-Unfall läßt sich auf Marihuana- (oder in die-sem Fall auch Alkohol-) Mißbrauch zurück-führen (21). Drogen-Tests mit Bahn-arbei-tern fanden keine vermehrten Anzeichen fürDrogen-Mißbrauch bei in Unfälle verwickel-ten Eisenbahnern (22).Drogen-Stichproben für Transport-Arbeiterwurden in einer hysterischen Reaktion aufeinen einzigen Unfall 1987 befohlen. Ineinem Amtrak-Zug starben damals 16 Men-schen, als ein Conrail-Zug nicht rechtzeitiganhielt. Ingenieur und Bremser des Conrail-Zugs hatten das Unglück verursacht, undman wies ihnen den Gebrauch von Marihua-na nach. Nicht bewiesen werden konnte,daß das Unglück durch Marihuana-Rauchenverursacht worden war. Der Conrail-Ingeni-eur hatte ein umfangreiches Strafregisterwegen zu schnellem und betrunkenem Fah-ren. Dem Management waren seine Alko-hol-Probleme bekannt, Sicherheits-Einrich-tungen, die den Unfall unmöglich gemachthätten, fehlten oder waren defekt. Die fol-gende Untersuchung der Nationalen Trans-

port-Sicherheits-Kommission erließ die Auf-lage für Conrail, Management und Ausrü-stung nachzubessern, machten aber nichtden Vorschlag, Drogen-Tests einzuführen.Dennoch nahm der Kongress die Gelegen-heit wahr, Drogen-Stichproben für die ge-samte Transport-Industrie vorzuschreiben,vom Bodenpersonal der Fluggesellschaftenbis zu Arbeitern an Gaspipelines.

Mythos: Ein einziger Joint zeigtNachwirkungen über Tage und WochenZwar werden THC und andere Cannabinoleals fettlösliche Substanzen längere Zeit imKörper abgelagert, sie wirken jedoch nur ei-nige Stunden lang auf unser Verhalten(außer bei chronischen Rauchern). Die mei-sten Untersuchungen ergaben, daß beein-trächtigende Effekte von Marihuana-Ge-brauch nach zwei bis sechs Stunden abklin-gen, wesentlich schneller als die von Alko-hol (23). Bemerkenswerte Ausnahme bildetein Flugsimulator-Test von Leirer, Yesavageund Morrow, wobei ein Nachlassen der Lei-stungen am Flugsimulator bis zu 24 Stun-den danach dokumentiert wurde (24). DieLeistungs-unterschiede, von Leirer als"hauchdünn" und "sehr begrenzt" be-schrieben, waren geringer als zwischenalten und jungen Piloten. In einer zweitenUntersuchung fanden dieselben Forschernach vier Stunden keinerlei Nachwirkungenmehr (25), Ähnliche "Kater-Effekte" zeigensich mit Alkohol (26).Chronische Anwender können über längereZeit Nachwirkungen beobachten, da dieCannabinole im Fettgewebe gespeichertwerden. Exzessive Verbraucher spüren Wo-chen oder gar Monate nachdem sie aufhör-ten noch etwas. Es ist jedoch unmöglich,daraus auf eine Gefährdung der Sicherheitzu schließen.

Quellen zu Drogentests bei Unfällen:"Alcohol, Drugs, and Driving: Abstracts andReviews" Vol.2 #3-4 (Brain Information Service,UCLA 1986); Dale Gieringer: "Marijuana, Driving,and Accident Safety", Journal of Psychedlic Drugs20(1): 93-101 (Jan.-März 1988); Dr. John Morgan:"Impaired Statistics and the Unimpaired Worker",Drug Policy Letter 1(2) (Mai/Juni 1989), und "The

'scientific' justification for drug urine testing", TheUniversitv of Kansas Law Review 36: S.683-97(1983); John Horgan: "Test Negative: A look at théevidence justifying illicit-drug tests", Scientiftc Ame-rican (März 1990, S.18-22). und "Post Mortem"Scientific Amefican (Feb. 1991. S.22-23); Dale Gier-Inger: "Urinanalysis Uromancy?" in: Strategies forChange: New Directions in Drug

Policy (Drug Policy Foundation, 1992).

Mythos: Cannabis ist heute stärker undpotenter als in den 60ernDas Gerücht, daß Pot heute eine drastischhöhere Potenz hat, ist von der DEA (US-Dro-genbehörde) auf Grund verfälschter Datenin die Welt gesetzt worden (27). Dabeinahm man Proben von uraltem Mexikani-schem Gras der frühen 70er aus den Asser-vatenschränken. Dessen Potenz war aufzum Rauchen kaum noch lohnende 0,5%gesunken. Es wurde mit Proben von qualita-tiv gutem Marihuana von heute verglichen.Das weckt natürlich den Anschein, die Po-tenz sei astronomisch höher.Tatsächlich ist hochpotentes Pot nichtsNeues. In den 60ern konnte man es in Formvon 'Acapulco Gold', 'Panama Red' u.s.w.erwerben. Daneben gab es auch Haschischund Hasch-öl, die schon immer so starkwaren wie heutiges superstarkes Sinsemil-la-Gras und in der Behörden-Statistik ver-gessen wurden. Während die durchschnitt-liche Potenz einheimischer Grassorten mitEinführung des samenlosen 'Sinsemilla' inden 70ern anstieg, hat sich die Bandbreitevon verschieden potenten Rauchwaren seitdem letzten Jahrhundert kaum verändert.Damals verkaufte man erstmals extremstarke Mixturen in Apotheken. In Hollandwerden hochwirksames Haschisch und Sin-semilla ohne Probleme in Kaffeehäusernverkauft.Entgegen dem volkstümlichen Mythos mußStärkere Potenz nicht unbedingt gefährli-cher sein. Raucher bestimmen gewöhnlichihre Dosis aufgrund der Potenz ("Eigen-Ti-tration"). Insgesamt ist also Sinsemilla vonhoher Qualität gesünder für die Lungen,denn man muß weniger Rauch einatmenum genauso high zu werden.

Mythos: Pot tötet Hirnzellen abFür von Marihuana verursachte Schäden ammenschlichen Gehirn gibt es keinerlei Be-weise. Diese Behauptung stützt sich aufspärliche Tierversuche, wobei strukturelleVeränderungen im Hirn (kein Absterben vonZellen, wie manchmal erzählt wird) von Tie-ren ermittelt wurden, die hohe Dosen Potbekamen. Viele Kritiker zitieren immer nochdie notorischen Affenversuche des Dr.Robert G. Heath, die den Anschein erweck-ten, bei drei Affen seien Hirnschäden zu er-kennen gewesen, nachdem sie heftigeöberdosen Cannabis verabreicht bekamen(28). Die Ergebnisse konnten nie verifiziertwerden. Sie sind widerlegt von zwei besserkontrollierten, wesentlich umfangreicherenAffenversuchen, einem von Dr. William Slik-ker (National Center for Toxicological Rese-arch) (29), und einem zweiten von CharlesRebert und Gordon Pryor (SRI International)(30). Keiner fand Beweise für physischeVeränderungen in den Hirnen von Affen, dieüber ein Jahr täglichen Pot-Dosen ausge-setzt waren. Studien am Menschen bei star-ken Pot-Rauchern in Jamaica und CostaRica zeigten keine Anzeichen von Abnorma-litäten in der Hirn-Physiologie (31). Obwohlnicht beweisbar ist, daß Pot dauernde Hirn-schäden verursacht, müssen Raucher sichbewußt machen, daß anhaltende Defizitedes Kurzzeit-Gedächtnis bei chronisch star-ken Marihuana-Rauchern noch nach sechsbis zwölf Wochen Abstinenz beobachtetwerden (32). Eine wichtige Anmerkung: An-dere Drogen, inklusive Alkohol, sind be-kannt für hirnschädigende Wirkungen.

Mythos: Marihuana senkt danTestosteron-Spiegel und verursachtUnfruchtbarkeitEinige wenige Studien unterstellen, Mari-huana habe einen reversiblen (rückgängigzu machenden) negativen Einfluß auf diemännlichen Fortpflanzungs-Funktionen (33).Eine neue Untersuchung von Dr. RobertBlock widerlegt frühere Behauptungen, Ma-rihuana senke den Testosteron-Spiegel oderverringere andere Hormone bei Frauen undMännern (34). Dagegen führt übermäßiger

Alkohol-Konsum zu niedrigen Testosteron-Werten und verursacht Impotenz. Laborver-suche lassen vermuten, daß sehr starkesMarihuana-Rauchen die Zahl der Spermienreduziert.Jedoch waren bei chronischen Rauchernkeine Anzeichen von Unfruchtbarkeit oderanderen Anomalien festzustellen.Weniger weiß man über Effekte von Mari-huana auf weibliche Körper (35). Tierversu-che legen nahe, daß Pot zeitweilig dieFruchtbarkeit vermindert und das Risikoeiner Fehlgeburt erhöht. Die Ergebnisse las-sen aber nur zweifelhafte Rückschlüsse aufmenschliche Wesen zu. Eine Studie vermu-tet, Pot könne einen Eisprung verhindern.Möglich wäre, daß Heranwachsende sehranfällig für von Pot verursachte Hormon-schwankungen sind. Jedenfalls läßt sich beiMenschen beiderlei Geschlechts kein Fallvon Unfruchtbarkeit aufgrund von Cannabis-Konsum nachweisen.

Mythos: Marihuana ist verantwortlichfür Geburts-DefekteExperten sprechen sich generell gegenjeden Drogengebrauch während derSchwangerschaft aus. Für Marihuana gibtes keine Anzeichen von negativen Auswir-kungen auf den Fötus, wohl aber für Alko-hol, Kokain oder Tabak. EpidemiologischeForschungen bestätigen keinen Zusammen-hang zwischen Anwendung von Marihuanavor der Geburt und Geburtsdefekten beimMenschen (36). Dr. Susan Astley (Universityof Washington) widerlegt eine ältere Arbeit,die unterstellt, Cannabis begünstige fötaleAIkohol-Syndrome (37).Die wenigen Arbeiten, die Cannabis-Ge-brauch mit geringfügig reduziertem Ge-burtsgewicht und geringerer Körpergrößevon Babies in Verbindung bringen (38),geben Anlaß zu Kritik an ihrer Methodik.Kürzlich belegte eine sorgfältig kontrollierteStudie, daß Cannabis im letzten Schwanger-schafts-Drittel sogar einen positiven Einflußauf das Geburtsgewicht ohne nachteiligeKonsequenzen haben kann (39). DieselbeStudie fand eine unbedeutende Verringe-rung des Geburts-Gewichts bei Pot-Ge-

brauch in den ersten zwei Schwanger-schafts-Monaten. Ein anderer Versuch mitJamaikanerinnen, die während der gesam-ten Schwangerschaft Pot rauchten, regi-strierte eine höhere Gewichtszunahme ihrerBabies bis zum After von 30 Tagen. Auswir-kungen auf Gewicht und Größe bis zur Ge-burt wurden nicht bemerkt (40).Cannabis während der Schwangerschaftmöchte ich nicht generell empfehlen. Es istjedoch für manche Frauen von medizini-schem Wert zur Behandlung von öbelkeitoder zur Erleichterung der Geburt.

Mythos: Pot verursacht BluthochdruckNach Berichten der National Academy ofSciences sind die Effekte von Marihuanaauf den Blutdruck komplex. Sie hängen vonDosierung, Art der Einnahme und Allge-meinzustand ab (41). Marihuana erzeugteinen zeitweisen moderaten Anstieg desBlutdrucks direkt nach der Einnahme; großechronische Dosen führen jedoch eher zueinem Absinken. Allgemein entsteht ein hö-herer Blutdruck beim stehenden Genuß, imLiegen sinkt er, was ein flaues Gefühl beimschnellen Aufstehen nach sich zieht. Nichtbewiesen ist, daß Pot für dauerhaften Blut-hochdruck oder Herzkrankheiten verant-wortlich sei; mancher Raucher behauptetsogar, infolge Stress-Abbau besser mit sei-nem Bluthochdruck zurecht zu kommen.Eine Sache, die THC tatsächlich bewirkt,sind erhöhte Pulsfrequenzen bis zu einerStunde nach dem Rauchen. Dies ist relativharmlos, denn durch körperlichen Einsatzgeschieht das Gleiche. Es könnte aber zuProblemen bei Personen mit bereits beste-henden Herzbeschwerden kommen. Chro-nische Anwender entwickeln eine gewisseToleranz dazu und zu anderen Herzmuskel-reaktionen.

Mythos: Marihuana schädigt dasImmunsystemEinige Studien zeigen schwache, reversibleimmuno-suppressive Effekte (Minderungender Abwehrkräfte) durch THC und andereCannabinole. Die Aktivität von Lymphozyten(T- und B-Zellen) und Makrophagen wird

herabgesetzt. Zweifelhaft ist, ob solche Ef-fekte für die menschliche Gesundheit vonNachteil sind, denn die Ergebnisse geltennur für theoretische Labor- und Tierversu-che. Auszug aus einem Bericht von Dr. LeoHollister (42): "Die Beweiskraft (für eine Un-terdrückung der Immunfunktionen) ist wi-dersprüchlich, sie stützt sich ausschließlichauf Reagenzglas-Versuche. Die Ergebnissesind grob verfälscht durch hohe Drogen-Konzentrationen, die zum Erhalt immuno-suppressiver Effekte gegeben werdenmußten. Je mehr die experimentellen Ver-suche an bestehende klinische Situationenangeglichen wurden, desto weniger be-weiskräftig waren sie."Schwächung der körperlichen Abwehrkrafteals Argument wurde zuerst von dem noto-risch cannabophoben (Cannabophobie =Angst vor Cannabis) Dr. Gabriel Nahas inBetracht gezogen. Eine in großer Aufregungverfaßte Studie der Reagan-Administrationerbrachte aber nichts Alarmierendes. Dievor Kurzem entdeckten Rezeptoren in derMilz von Ratten, wo sich Immunzellen bil-den, nährt die Annahme, daß Cannabinoleeinigen Einfluß auf das Immunsystemhaben könnten (43). Es läßt sich sogar ver-muten, diese Einflüsse könnten von heilen-der Wirkung bei auto-immunen Krankheitenwie multipler Sklerose sein. Bis heute istkein Fall bekannt, wo das menschliche Im-munsystem klinisch oder epidemiologischnachweisbar durch Marihuana geschädigtwurde.Die menschlichen Lungen bilden eine Aus-nahme. Chronische Pot-Raucher schädigendort Immunzellen, die man alveole Makro-phagen nennt, sowie andere Abwehrme-chanismen (44). Unklar ist, in wie weit THCfür diese Schäden verantwortlich ist, wennman an all die weiteren Giftstoffe denkt, dieim Rauch auftreten (45).Keinen Grund gibt es zur Annahme, daß Ma-rihuana AIDS-Patienten schädigen könnte.Im Gegenteil behaupten viele AIDS-Patien-ten, daß bei ihnen die meist tödlichen "Ver-falls-Syndrorne" gelindert werden. Siehaben wieder Appetit und der Brechreizwird vermieden, T-Abwehr-Zellen, die kaum

mehr im Blut von AIDS-Erkrankten zu findensind, werden nicht geschädigt: Eine Studiekam sogar zum Ergebnis, daß sich T-Zellenbei Marihuana-Gebrauch (von nicht an AIDSErkrankten) wieder vermehren (46). Epide-miologische Studien zeigen auch keinerleiZusammenhang zwischen dem Gebrauchvon Marihuana oder anderen Drogen undeinem Ausbruch der AIDS-Krankheit (47).

Mythos: Marihuana verursachtChromosomen- und ZellschädenFolgt man der NAS, "kommen Studien, diefolgern, daß Marihuana nicht in der Lagesein kann, Chromosomen zu spalten, derWahrheit sehr nahe" (48). Die Cannabinolesind weder mutagen (erbgutverändernd)noch karzinogen (krebserregend), wohl aberdie bei der Verbrennung entstehenden Kon-densate. Einige Laborversuche lassenschließen, daß hohe Dosen THC in die Zell-vermehrung eingreifen und zur Bildung an-ormaler Chromosomen beitragen; dies läßtaber keine Schlüsse auf Schädigungen inrealen Situationen zu.

Mythos: Marihuana führt zum'Umsteigen' auf harte DrogenEs finden sich keine wissenschaftlichen Be-weise für die Theorie von Marihuana als'Einstiegs-Droge'. Der Gedanke kam in den60ern auf, als Marihuana zum weitverbreite-ten Entspannungsmittel wurde. Widerlegthat sich diese Theorie in den 80ern. Der Ko-kainmißbrauch explodierte, während derMarihuana-Gebrauch rückläufig war. In denKulturen mit geduldetem Cannabis-Ge-brauch in Asien, dem Nahen Osten, Afrikaund Lateinamerika zeigt sich kein Trend zuanderen Drogen. Wie wir festgestellthaben, wird Cannabis eher Alkohol und son-stige 'harten' Drogen ersetzen können.Nur durch seine Illegalität zeigt Marihuanatatsächlich den Weg zu anderen Drogen:Personen, die Marihuana verkaufen, könn-ten geneigt sein, auch weitere verboteneDrogen anzubieten.

Alle über 250 Quellenangaben aus diesemBuch gibt es gegen 1 DM Rückporto ko-stenlos beim Verlag. Der Abdruck hätte denUmfang dieses Buches gesprengt.

HANF - DIE PFLANZE& IHRE FASERIGENEIGENSCHAFTEN

Was macht den Hanf zu einem ganz beson-deren Weggefährten des Menschen? DerEthnopharmakologe Dr. Christian Rätschbeschreibt ihn wie folgt: "Ähnlich wie derBüffel als Tier bei den Indianern ist der Hanfeine Pflanze mit vielseitiger Totalverwer-tung. Die Samen dienen als Nahrung fürMensch und Tier und liefern vielfach ver-wendbares Öl, die weiblichen Blüten bildendas begehrte berauschende Harz und wer-den als Medizin und Aphrodisiakum ge-nutzt. Aus den Blättern werden Pasten undGetränke gewonnen, die Stengel lieferndauerhafte, stabile Fasern zur Herstellungvon Seilen, Netzen, Papier, Kleidung. DieWurzeln sind medizinisch brauchbar. Ausden Stengeln werden auch schamanischeRitualgegenstände (Zauberstäbe) geschnit-ten. Hanffasern dienen als Amulette.Zudem ist der Hanf eine genügsame Pflan-ze, die den Boden nicht auslaugt, sondernauch für andere Pflanzen begünstigt. Diemultiple Nutzung des Hanfs als Nahrung,Rohstofflieferant, Medizin, Genußmittelund spirituelles Rauschmittel ist für vieleKulturen belegt. Der Hanf wurde in dieserWeise von den alten Chinesen, den alten In-dern und Germanen benutzt. Überall, woder Hanf wächst, wird er vielseitig genutzt.In manchen Gegenden überwiegt der Ge-brauch als Rauschmittel, in anderen die Nut-zung der Fasern. Einen medizinischen Ge-brauch der Pflanze trifft man überall."

"Hanf zählt zu den höchstentwickeltenPflanzenfamilien der Erde und ist eine zwei-häusige Pflanze, das heißt, er hat männlicheund weibliche Fortpflanzungsorgane, esgibt auch zweigeschlechtliche Pflanzen-stöcke. Er ist ein holziges, einjähriges Kraut,das die Sonne effizienter nutzt als jede an-dere Pflanze auf unserem Planeten und ineiner nur kurzen Wachstumszeit die stattli-che Höhe von vier bis sieben Metern er-reicht. Hanf kann in nahezu jedem Klima

und auf jedem Boden, selbst in Grenzer-tragsgebieten, angebaut werden. Er ist mitAbstand der ertragreichste nachwachsendeRohstoff der Erde". (1)

Es gibt kaum eine Pflanze, die schöner aus-sieht als der Hanf, von bunt blühenden Blu-men einmal abgesehen. Zudem ist Hanfeine äußerst robuste Pflanze. Während dieWeltproduktion von Soja wegen des Ozon-lochs nach neueren Studien in den kom-menden Jahren einen Rückgang von 30 - 50% hinnehmen muß, scheint unser Freundrésistent gegen eindringende UV-Strahlungzu sein. Unter ihrem Einfluß bildet er sogargrößere Mengen Cannabidiole und schütztsich so selbst gegen schädliche Strahlun-gen. Versuche in Deutschland haben erge-ben, daß Hanf auch auf schwermetalIbela-steten Böden angebaut werden kann, ohnedas die Fasern Schwermetalle aufnehmenoder an Qualität einbüßen.

HANF ALS NOTHELFER

Noch Hitler, Stalin und Rockefeller griffen inNotzeiten auf Hanf als Helfer zurück. Dabeiging es ihnen schamlos um 'kriegserhalten-de Maßnahmen'. Heute führen Regierendeeinen Krieg gegen Hanf, doch so schadensie zu allererst dem ganzen Planeten."Wenn die Pflanze nun heute abermals voreiner Neuentdeckung steht, dann ent-springt dies zwar ebenfalls einer äußerst kri-tischen Notlage, hat aber ganz andere Grün-de: Im Hanf haben wir einen der Rettungs-anker, um die Biosphäre zu erhalten und zuschützen. Der Grund, weshalb mit den Res-sourcen besser und strenger hauszuhaltenwerden muß, ist diesmal ein ganz und garfriedlicher. Es geht gerade nicht um irgend-einen militärischen Durchhaltewillen, allesfür den Sieg oder gar einen 'Endsieg' zu mo-bilisieren. Der Hanf kornt am Ende des Jahr-hunderts deshalb wieder, weil die wachsen-de ökologische Krise uns immer gebieteri-scher nötigt, endlich jenen alten Krieg abzu-brechen, den wir seit 10 oder 15 Generatio-

nen immer gnadenloser und bornierterführen: den Krieg gegen die Natur." (1)

Niemand hat das Thema Hanf bislang bes-ser, eindringlicher, überzeugender und of-fensichtlich genauer studiert als Jack Hererund Mathias Bröckers in ihrem Werk HANFim Verlag 2001 erschienen und an andererStelle dieses Buches ausführlich gewürdigt.Sie sehen folgende Perspektiven für dieHanfpflanze in Europa:"30 Millionen Hektar Anbaufläche stehennach Angaben der EG im europäischenRaum auf stillgelegten Äckern für nach-wachsende Rohstoffe zur Verfügung. Wür-den nur 6 Millionen Hektar, das wäre geradeein Fünftel dieser nicht mehr genutztenFläche, im nächsten Jahr mit Hanf bestellt,könnten nach hundert Tagen von diesenFeldern geerntet werden:- 24 Millionen Tonnen Öl. Das wäre eineEnergie, die denselben Brennwert wie Hei-zöl oder Diesel hat, ohne aber im Unter-schied zu fossilen Brennstoffen die CO2-Bi-lanz zu belasten. Der ganze Dieselverbrauch

der BRD (1989 waren es 17 Millionen Ton-nen) wäre mit dieser Ernte zu decken. Derderzeit bei uns als Öllieferant favorisierteRaps bringt nur weniger als die Hälfte derHanferträge, er ist darüber hinaus im Anbauarbeitsintensiver, braucht große MengenPflanzenschutzmittel und laugt die Bödenaus. Außerdem ist Raps nach der Ölgewin-nung nur noch zum Verbrennen geeignet.Hanf hingegen bringt nicht nur die doppelteMenge Öl, sondern nach der Ölgewinnungfielen auch weiterhin- 36 Millionen Tonnen 'Hanfkuchen' an.Diese bei der Ölpressung zurückbleibendenSamenreste sind ein protein- und eiweißhal-tiges Nahrungsmittel. In der anfallendenForm kann es direkt als hochwertiges Vieh-futter verfüttert oder in der Lebensmittel-produktion weiterverarbeitet werden. Übri-gens läßt sich aus den Samenkapseln auchnoch ein natürliches Antibiotikum gewin-nen. Nach alledem, der Energie, den Ei-weißen und dem 'Pennicillin'. liefern dieübrig gebliebenen Hanfstengel:- 4,8 Millionen Tonnen Fasern, die auch bei

Hanf in der Mark Brandenburg, 1917

den besonderen Anbauformen zur Samen-und Ölgewinnung als Nebenprodukt anfal-len. Da der Samenhanf in größerem Ab-stand angebaut wird, liegt die Faserausbeu-te zwar niedriger. Aber auch dieser 'Abfall'liefert die stabilste Textilfaser, die in unse-ren Breiten wächst. Außer den Fasern lie-fern die Hanfstengel- 6 Millionen Tonnen Hanfschäben. Schä-ben sind der verholzte Anteil der Stengelund mit ihrem hohen Zellulosegehalt ein op-timaler Grundstoff für die Papierherstellung.Dieses Papier und die vielen anderen Stof-fe, die aus Zellulose hergestellt werdenkönnen, zeichnen sich allesamt durch einesaus; sie sind umweltfreundlich herzustellenund biologisch abbaubar.Dies alles, wie gesagt, auf einem Fünftelder in der EG brachliegenden Fläche, undvon einer Pflanze, die zu einem Bruchteilder Kosten angebaut werden kann, die beiRaps, Mais, Zuckerrüben und den anderenderzeit als nachwachsende Rohstoffe ange-bauten Pflanzen anfallen: Arbeitsaufwand,Pflege, Schädlingsbekämpfung, Auszeh-rung der Böden....Der Zellulosegehalt des bei der Fasergewin-nung anfallenden 'Abfallproduktes', derSchäben, beträgt etwa 77%. Laut Berichtendes Landwirtschaftsministeriums der Verei-nigten Staaten übertrifft der Zellulosegehaltdes Hanfs jenen von vergleichbaren einjähri-gen Pflanzen wie Mais, Kenaf und Zucker-rohr um das vier- bis hundertfache. Wennman nun bedenkt, welche übelen Auswir-kungen die seit Anfang des Jahrhundertsgebräuchliche 'Alternative' zur Papiergewin-nung aus Hanf, die aus Holzpulpe, mit sichzieht, so versteht weder der Laie noch derFachmann, warum kein Umschwenkenbzw. Rückschwenken vom holzhaltigenzum Hanfpapier stattgefunden hat. Im Jahr1988 wurden auf der Erde Bäume miteinem Gesamtgewicht von 225 MillionenTonnen für die Papierherstellung geopfert.Aus diesem Grund büßten die USA seitdem Hanfverbot der '30er Jahre etwa 70%ihres Waldes ein. Für jede Tonne Papiermußten und müssen etwa zwölf ausge-wachsene Bäume Wurzeln lassen. Hinzu

kommt, daß bei der Papierherstellung ausHolz Chemikalien Unmengen von Wasserverschmutzen. Mit Hanfes Hilfe läßt sichdiese Umweltsünde vermeiden. Einen klei-nen Beitrag liefert auch das vorliegendeBuch, ist es doch aus Hanfpapier herge-stellt. Der Verlag MedienXperimente läßtseit Anfang 1994 seine Bücher auf Hanfpa-pier drucken, andere Verlage werden fol-gen.

HANFANBAU HEUTE

Über die größeren Erzeugerländer von psy-choaktivem Hanf wird in diesem Buch an-derswo berichtet. Der Anbau von Faserhanfunterliegt auch innerhalb von Europa unter-schiedlichen Gesetzen. Die Zeitschrift DerSchweizer Bauer berichtete Ende 1993 wiefolgt: "Die EG-Staaten verfolgen bei der Be-willigung des Hanfanbaus keine einheitlichePolitik. In Osteuropa wird die Option derPapierherstellung erforscht. Der Anbau vonHanf für technische Zwecke ist in einigenLändern der EG erlaubt. Für das Wirt-schaftsjahr 1993/94 beträgt die vorgese-hene Beihilfe für Faserhanf 650 Ecu/ha.Erlaubte Sorten (THC unter 0,5%) sind ineiner offiziellen Sortenliste eingetragen. InDeutschland besteht ein Anbauverbot fürHanf. Die technologische Entwicklung istdadurch gestoppt. Dies birgt die Gefahreines Wettbewerbnachteils Deutschlandsgegenüber anderen EG-Staaten. GewisseEG-Staaten können die Nutzung des Hanfesunter neuzeitlichen Gesichtspunkten voran-treiben, während er in Deutschland weiter-hin im Dornröschenschlaf verbleibt. Darausergeben sich zwei Nachteile: Kein Pflanzen-züchter wird sich mit einer Pflanze befas-sen, deren Anbau verboten ist. Die Konse-quenz daraus ist. daß der ohnehin nochnicht durchgezüchtete Hanf weiterhin aufeiner niedrigen Leistungsstufe bleibt, ob-wohl die in Hanfformen vorhandene Veria-bilrtät für den Pflanzenzüchter eine Freudeist, weil sie die Basis für eine erfolgreicheArbeit ist."

NATIONALEFASER-HANF-ANBAUSTRATEGIEN& NUTZUNGEN

CHINAMit zwölf Millionen Tonnen Papier liegtChina in der Weltproduktion an vierter Stel-le. Unter allen Ländern ist es jedoch dieNummer 1, was die Vermeidung von Holzund den Einsatz von Hanf bei der Papierher-stellung betrifft. Dieses Papier gelangt bis-lang allerdings kaum in den Export. Tal ma,so "Cannabis" auf chinesisch, wird auch zu-nehmend von der chinesischen Textilindu-strie genutzt. (Tatsächlich habe ich währendder Produktion dieses Buches einen Pull-over aus chinesischem Hanf getragen. Sehrangenehm!).

SPANIENDie Anbaufläche von Hanf für die Papierpro-duktion beläuft sich zur Zeit auf 650 ha.Auch der Hanf für das Papier dieses Buchesist dort gewachsen. Darum verteuert sichdie Herstellung des Buches auch um einigeMark. Hanfpapier kostet heute noch einmehrfaches gängigen Baumkadaverpapies.Ein Großteil der spanischen Hanfernte wirdin der Celesa Celusosa-Mühle am Ebro,nahe der Stadt Tortosa, verarbeitet. Vormalsarbeitete man vor allem mit Reisstroh, aberseit 1967 verwendet man auch Hanf, deranfänglich aus Belgien geliefert wurde. Diebeiden meisthergestellten Papiersorten,Hempcell-A und Hempcell-B, werden für Zi-garettenpapier und für den Bibeldruck ver-wendet. Und für Teebeutel!Vor 150 Jahren trug man in Spanien nochHanf-Schuhe, Alpargates genannt. "Hanf-schuhe vorzüglich nur in Spanien, sowohldie Füße beider Geschlechter als aller Stän-de bekleiden, und wegen ihrer Leichtigkeitunter dem heißen Himmel Spaniens selbstLederschuhen vorzuziehen..." Allg.Ency-clopädie der Wissenschaften und Künste,Leipzig 1827.

FRANKREICH1993 wurde in Paris erstmals ein großer in-ternationaler Hanf-Kongress abgehalten, aufdem erstaunliche Fakten der Hanfnutzungvorgestellt wurden, u.a. aus Hanf gebauteHäuser. Bei unseren Nachbarn benützt mantraditionell Zigarettenpapier aus Hanf. Alsokeine Hanf-Zigaretten, sondern Hanfpapierals Tabakhalter. Die Fédération Nationale daProductes de Chanvre, ein landwirtschaftli-ches Forschungsinstitut in Le Mans, be-schäftigt sich zur Zeit mit weiteren Einsatz-möglichkeiten des Hanfes, u.a. als Tierfut-ter, und mit der Ölgewinnung aus denSamen. Die Anbaufläche betrug 1993 5850Hektar Land. Eine Hälfte des Hanfes wurdeerst zur Samenernte genutzt, bevor manauch die Fasern erntete. Der durchschnittli-che THC-Gehalt schwankt zwischen 0,1 und0,2 Prozent. Die Samen werden vor allemals Vogelfutter für Zootiere verarbeitet. Diefranzösischen Hanfprodukte sind durch Im-porthanf aus China einer harten Konkurrenzausgesetzt.

ENGLANDAus England kommt wunderschönes undgutes Briefpapier mit einem Hanfblatt alsWasserzeichen. Der Hanf hierfür durfte1993 erstmalig wieder angebaut werden.Zur Papierherstellung mußte jener Hanf al-lerdings extra nach Spanien transportiertwerden, da in England wie auch anderswodie entsprechenden Hanfverarbeitungsma-schinen noch nicht wieder in Betrieb odernoch nicht einmal entwickelt worden sind.Ganze 600 ha wurden im ersten Jahr be-pflanzt, fürs kommende Jahre erwartet manmehr. Die Nachfrage nach diesem tree free-Papier steigt rapide, weil u.a. viele Bandsihre CDs und LPs in Hanfhüllen verpackenmöchten.

ITALIENAnfang des Jahrhunderts besaß Italien nachRußland die zweitgrößte Anbaufläche fürHanf in der Welt. Davon ist nichts übrig ge-blieben. Die italienische Administration er-

teilt theoretisch Anbaubewilligungen, aberin der Praxis ist nichts davon bekannt.

RUSSLANDTraditionell der Haupterzeuger von Hanfpro-dukten auf der Erde. Schon vor 165 Jahrenberichtete ein Lexikon: "Hanf, eines derwichtigsten und einträglichsten ProdukteRußlands, scheint diesem Reiche ursprüng-lich anzugehören, da man ihn allenthalbenwild findet."Zur Zeit sucht man potente Joint-Venture-Partner im Westen, um die überalteten Ma-schinenparks umrüsten zu können und wie-der Zugang zum Weltmarkt zu erhalten.Hanf könnte in Rußland ebenso zum Auf-schwung Ost beitragen wie in der Ex-DDR.Immerhin hat die Hanfpflanze 1991 155000Hektar russischen Landes begrünt. AusHanf werden nicht nur Seile gedreht, son-dern in gepreßter Form auch Möbel undBaumaterialien hergestellt.

UNGARNDieses Land hat, ebenso wie die meistenehemaligen Ostblockstaaten, nie die SingleConvention der Vereinten Nationen unter-schrieben, also darf hier Hanf angebaut wer-den, ohne damit gegen internationale Ab-kommen zu verstoßen. Das heißt, sogarTHC-haltiges Cannabis darf hier wachsen,auch wenn von solchen Plantagen nochnichts bekannt wurde.Die Firma Cellker widmet sich der Verwen-dung von Hanf in der Möbelherstellung, derInnendekoration und in der Verpackungsin-dustrie, Außerdem stellen sie Hanfseile und

Hanffeld in Ungarn (HanfGarn aus UnGarn).

-stricke her. Als ökologische Alternative zuherkömmlichen Materialien wird die Eig-nung des Hanfes zum Einsatz als Wärme-und Lärmisolation genutzt. Die Firma Celspezialisiert sich ganz auf Seile und Taue inStärken zwischen 6 und 120 mm. Als näch-stes Hanfprodukt sind Wursthüllen geplant.Über andere Länder des ehemaligen Ost-blocks vermochte ich bislang nichts in Er-fahrung zu bringen.

DEUTSCHLANDÜber die Aktivitäten der Bauern Branden-burgs an der Hanffront berichtet MathiasBröckers in seinem Beitrag in diesem Buch.Immerhin waren im Jahr 1937 noch 3060 haBrandenburgs, 968 ha Bayerns und 375 haWestfalens behanft, in ganz Deutschlandwaren es 7500 ha.Till Eulenspiegel hätte seine Freude an denpeinlichen Bemühungen der Behörden eineVerhanfung Deutschlands, ob mit THC oderohne, zu verhindern. Im Jahr 1993 erteiltedas Bundesgesundheitsamt ganze zehn Be-willigungen für Hanfpflanzungen. Diesewurden allerdings vor allem Museen undbotanischen Gärten erteilt, bei welchen essich meist nur um eine Pflanze handelte."Genehmigungen für größere Flächen sindbesonders schwer zu bekommen und mitstrengen Auflagen verbunden; an eine Ver-einfachung der Verfahren wird derzeit nichtgedacht." (10)Erste Nachfragen von Bauern 1993 erga-ben, daß zuständige Stellen keine Antrags-formulare finden konnten, hieß es. Als ich

noch mit meinen Zweifeln kämpfte, obBehörden denn so dummdreist handelnkönnen, las ich am 23.12.'93 in der taz fol-gende Notiz in der 'Was fehlt'-Spalte: "Wei-terhin der Hanfanbau in deutschen Landen."Der bleibt von Regierungsseite grundsätz-lich verboten. Zur Begründung heißt es ineiner Antwort der Regierung auf eine Anfra-ge der Bündnis 90/Grünen, der Hanfanbausei grundsätzlich von der Genehmigungdurch das Bundesgesundheitsamt abhän-gig. Da dieses Amt derzeit abgewickeltwird, bleibt Hoffnung." Also ist da ein Amt,das gerade aufgelöst wird, für eine Bewilli-gung zuständig, die es aber nicht mehr er-teilen kann, da nicht mehr, tja, im Amt.Klingt bekifft, oder?

DEUTSCHE FORSCHER:"LEGALIZE ITI"

Was heute noch verboten ist, könnte imJahr 2000 wieder eine Einnahmequellefür deutsche Landwirte sein: Die Bun-desforschungsanstalt für Landwirt-schaft (FAL) in Braunschweig forderteine "Renaissance" des Hanfs. Seit1982 ist der Anbau der robusten Pflanzedurch das Betäubungsmittelgesetz ver-boten. "Wir wollen die Wiederbelebungdes aus dem Anbau verdrängtenHanfs", machte Prof. Manfred Damroth,Leiter der FAL deutlich. Das rauscher-zeugende THC im Hanf interessiert dieForscher nur bedingt: Sie möchten dieFaserpflanze als nachwachsenden Roh-stoff für Dämm-, Bau- und Polsterstof-fe, Verpackungen und Papier nutzen.Seit zwei Jahren experimentieren dieBraunschweiger mit der außergewöhn-lichen Pflanze. Im Mittelpunkt der FAL-Forschung steht die Reduzierung desTHC-Gehalts: "Vor Ende des ZweitenWeltkriegs hat es bereits eine Züchtungohne THC gegeben. Diese Form ist lei-der verschwunden, aber sicher wiederzu züchten", hofft Damroth. "Unser vor-rangiges Ziel ist, Landwirten den Anbauzu ermöglichen, ohne daß die Polizeikommt und die Felder abmäht."

taz, 12.2.1994

HANF AUF DEM MOND

Ich kontaktierte den Autor und Lektor Rich-ard Alan Miller, welcher zu den respektierte-sten und besten Landwirtschaftsberaternder USA zählt. Er reist regelmäßig auf Einla-dung von Universitäten und hält landwirt-schaftliche Kongresse ab. Ebenso ist eraber auch als privater Berater für einigeGouverneure unterwegs. Sein Spezialgebietist die alternative Entwicklung von Feld-früchten, die helfen soll, kleine Farmen zusichern, und so wunderte ich mich, daßHanf die einzige Lösung des Problems seinsolle.Ich wollte eine „Zurück zur Natur"-Voraus-sage von einem der besten und in den USAam meisten respektierten Landwirtschafts-experten und war nicht darauf vorbereitet,was ich alles zu hören bekommen würde.Mr. Miller betonte, er sei Mitarbeiter einesgeheimen Teams gewesen, welches anHanfstudien für Weltraumorganisationenund die US-Regierung tätig gewesen sei. Erbehauptete, daß Schwerelosigkeitsstudienmit Hanf und Versuche, ob dieser im Welt-raum wächst, angestellt wurden!High Times: Ich weiß, daß Sie sich langeZeit, bevor der Innenanbau von Hanf oderMarihuana populär wurde, damit befaßthaben.Richard A. Miller: In den Jahren 1968-72arbeitete ich für Dr. Arthur Pilgrim, einemMajor der Luftwaffe im Nordwesten derUSA. Es ging um die Entwicklung von simu-lierenden Hydrokultursystemen für den Ge-brauch auf dem Mond. Dieses Projekt hieß„Lunar Base Alpha One Project".High Times: War das wirklich ein Projektzur Errichtung einer Mondbasis?Richard A. Miller: Es war ein geschlosse-nes System. Wir arbeiteten an Studien mitverschiedenen Pflanzen - das war alles.High Times: Welche Pflanzen waren das?Richard A. Miller: Hanf, Tomaten (neben-bei erwähnt sind sich Tomaten und Hanf inihrer chemischen Struktur sehr ähnlich),sowie zwei Algenarten, Fellopia und Cholo-rella, ein Wundernahrungsmittel des „NewAge".

High Times: Was war Ihre Aufgabe dort?Richard A. Miller: Ich erforschte die Effek-te der verschiedenen Typen von Licht aufdie wechselnden chemischen Reaktionen inPflanzen und alle anderen variablen Kondi-tionen. Anfangs befaßten wir uns u.a. mitder Simulation von Licht bzw. Sonnenlichtauf dem Mond. Diese Forschungen warenspeziell auf Hanf ausgerichtet. Dieses Lichtwies große Unterschiede zu dem Licht inder Erdatmosphäre auf.High Times: Welche Lampen wurden ver-wendet?Richard A. Miller: Wir gebrauchten Xenon-lampen und andere, sehr spezielle Typenvon Lampen, die ultralange, ultravioletteFormen von Licht erzeugen, welche demnatürlichen Sonnenlicht am nächsten kom-men, um Dinge der Natur am besten zu si-mulieren. Wir fanden heraus, daß Cannabis- speziell die Indica-Sorten - 60 verschiede-ne Arten von Cannabinolen entwickelt, vondenen mehr als 42 psychoaktiv sind. Dieseaktiven Substanzen wirkten bewußtseinser-weiternd, die anderen hatten viele verschie-dene Effekte. Einige von ihnen machtenmüde, einige beruhigten, andere wiederumwirkten stimulierend. Mit all unseren ver-schiedenen Lampen konnten wir feststel-len, welches die dominantesten Pflanzenwaren, bzw. wir konnten den chemischenVorgang in der Pflanze kontrollieren. Jenachdem, wie man das Licht beeinflußt, hates Auswirkungen auf den Cannabinolgehalt.High Times: Wurden auch Experimente mitHalogenlampen, wie sie heute von Innen-züchtern gebraucht werden, gemacht?Richard A. Miller: Ja. Halogenlampen sindgut geeignet, um Cannabis zu züchten,denn Cannabispflanzen brauchen, um po-tent zu werden, ein hohes Niveau an geo-graphischer Höhe. Am besten entwickelnsie sich in den Bergen. Das Klima dort hateine höhere Lichtausbeute in Form von ul-traviolettem Licht zur Folge.High Times: Warum haben Sie gerade Hanfausgewählt, um diese Experimente zu ma-chen?Richard A. Miller: Hanf war die idealePflanze. Er gab uns genügend kontrollierba-

re Variablen, sowohl in der chemischenStruktur als auch bei den verschiedenenCannabinolen, die sich auf mehrere Dut-zend belaufen. Man nimmt einen kleinenTeil und sieht den Effekt bei allen anderenPflanzen. Dabei gibt es Hunderte von Kom-binationen. Einfache Lichtveränderungenspiegeln sich bei Cannabis gut wider.High Times: Wachsen Pflanzen auch inSchwerelosigkeit?Richard A. Miller: Wir hatten eine Gruppe,die sich mit Schwerelosigkeit befaßte. DasTeam experimentierte mit die Erde umkrei-senden Raumstationen, -plattformen undSatelliten. Das waren alles streng geheimebiologische Experimente. In einem dieseragrartechnischen Experimente wurde erfol-greich versucht, Trüffel im Weltraum anzu-bauen. Diese Trüffel wurden „die Erde um-kreisende Trüffel" genannt. Und ob Sie esglauben oder nicht, sie wurden für 3000Dollar pro Unze in Luxusrestaurants in NewYork verkauft.

HANFFORSCHUNG

"Das umfangreichste Wissen über Anbauund Nutzung von Hanfpflanzen liegt inRumänien. Rumänische Wissenschaftlersind vor allem in der Züchtung aktiv, was dieErhöhung der Faser- und Ölerträge angeht.In den ehemaligen UdSSR-Ländern sindneue Erntemaschinen in der Entwicklung.Die ungarischen Wissenschaftler setzenihren Schwerpunkt auf die Papierherstel-lung. In Westeuropa können lediglichHolland und Frankreich Institute vorweisen,die sich mit Anbau- und Nutzungsfragen be-schäftigen. Ein vierjähriges Projekt, das mitumgerechnet etwa zehn Millionen DM vomholländischen Staat finanziert wird, klärt diemögliche Papierherstellung aus Hanf ab. Inder Schweiz wurde 1993 in einem Anbau-versuch Hanf erprobt und die Ertragslei-stung sowie die Gehalte psychotrop wirksa-mer Substanzen untersucht....Innovationen sind auch bezüglich der Faser-gewinnung gefragt. Sie muß völlig neu ent-wickelt werden, denn die klassischen Auf-bereitungsverfahren sind aus ökonomi-schen und ökologischen Gründen nichtmehr brauchbar. Abgesehen davon gibt esin Deutschland noch nicht einmal eine alteAnlage. Im Lichte dieser Aussagen wirddeutlich, daß, selbst wenn das Anbauverbotfür Hanf heute aufgehoben würde, ein Han-fanbau in der Praxis noch nicht stattfindenkann. Bevor dies möglich ist, müssen diedurch das Betäubungsmittelgesetz entstan-denen Versäumnisse bezüglich der Hanf-nutzung aufgeholt werden: denn der gegen-wärtige Kenntnisstand um diese Pflanze istin Deutschland auf dem Niveau, wie es zumEnde des Zweiten Weltkrieges erreichtwar." (Der Schweizer Bauer, Nr. 101, 148.Jahrgang)

So absurd es klingen mag, aber Auf-schwung Ost durch Hanf hat als Sloganmehr potentiellen Wahrheitsgehalt als vielerealpolitischen Versprechungen der Politi-ker. Th. Sabalitschka berichtete schon 1926in seiner Arbeit Über "Cannabis Indica, ins-

besondere über eine Gewinnung hochwerti-ger Herba Cannabis Indicae durch Kultur inDeutschland" in Heil- und Gewürzpflanzen,8. Seiten 72 bis 81, daß es Forschern inHapping in Oberbayern gelungen sei, imJahr 1921 durch Hochzüchtung den echtenIndischen Hanf Gunjahe mit einem Harzge-halt von 20% zu ernten.

HANF PERSPEKTIVENFÜRS KOMMENDEJAHRTAUSEND

Die Wiederentdeckung des pflanzlichenMultitalents Hanf wird in allen Bereichender Gesellschaft bzw. Wirtschaft für neuePerspektiven und Arbeitsplätze sorgen. Werjetzt einsteigt, hat eine Jahrhundertchance,in eine schnell wachsende, und ökologischastreine Industrie zu investieren. SolcheMöglichkeiten ergeben sich selten. Dabei,lieber Großer Bruder, rede ich hier bislangausschließlich von der Pflanzenfaser, nichtvon seinem psychoaktiven Einsatz in Medi-zin, Magie & Musik. Ehrlich!

Das neue Material erfordert neue Produkti-onsanlagen in vielen Bereichen:- Das fängt beim Anbau und der Ernte an.

Bio-logisch und wenn es geht auch dyna-misch.

- Die Verarbeitungstechnologien müssenauf den neuesten Stand gebracht werden.

- Ein Markt muß vorbereitet, entwickelt undgepflegt werden.

- Neue Vertriebsstrukturen braucht dasLand!

Was bleibt ist die Frage, ob und wie sich dieeuropäischen Länder einigen werden. So-viel ist klar: Beim Hanf handelt es sich umdie Materie der Stunde und des Jahrzehnts.US-Experten sprechen von über 50000 ver-schiedenen industriellen Hanfprodukten,dabei steht die neuzeitliche Forschung erstam Anfang.Hanf ist die grüne Kraft, die wir und der Pla-net brauchen.Grün ist die Hoffnung.

Ende 1993 wurde in Berlin das HanfHausgegründet, ein Laden und Vertrieb für legaleHanfprodukte. Hanfpapier mit Wasserzei-chen, Stoffe der Marke HighTex und Bindfä-den bilden den Anfang, eine ganze Kollek-tion mit Hanfstoffen ist in Arbeit. Die Preiseschließen noch ein Notopfer Hanf mit ein,aber sie werden rapide sinken, wenn inDeutschland auch Hanf geerntet werdendarf. Das HanfHaus, Eisenacherstr. 71,10823 Berlin, Fax 030-781 2047.

HAST DU EINEN VOGEL?

Falls ja, wird der sich freuen. "Bis zum Pro-hibitionsgesetz von 1937 war Hanfsamendas wichtigste Vogelfutter in der Welt so-wohl für frei fliegende Vögel wie auch fürKäfigvögel, das sie allen anderen Samenvorzogen. 1937 wurden in den USA vier Mil-lionen Pfund Hanfsamen für Singvögel alleinim Einzelhandel verkauft. Aus einer Samen-mischung picken sich Vögel als erstes dieHanfsamen heraus. In der freien Naturleben Vögel länger und haben mehr Junge,wenn Hanfsamen Bestandteil ihrer Nahrungsind, und das Öl ist gut für ihr Gefieder undihre Gesundheit im allgemeinen." (1)

HANF PAPIERSchon Gutenberg, so geht die Legende,druckte seine Bibeln auf Hanfpapier, wieauch die US-Amis ihre Unabhängigkeitser-klärung. Genauere Prüfungen könnten aberdurchaus ergeben, daß dies nicht ganzstimmt. Damals gab es kein ausgesproche-nes Hanf-Papier. Papier wurde aus Lumpenhergestellt und wenn bei diesen ehemaligeKleidungsstücke mit Hanfgehalt waren, jadann wurde auch Gottes Wort auf selbigeMasse gedruckt.

Erst heute kann man von echtem Hanf-Pa-pier bei uns reden, wie z.B. bei dem Papier,auf das dieser Text gedruckt ist. Dank desPioniergeistes von Mathias Bröckers unddem Verlag 2001, sowie der Cooperationder Papierfabrik Schneidersöhne in Kelk-heim, vertreten von Herrn Schlegelmilchwerden heute verschiedene QualitätenHanfpapier auf dem Rohstoff-Umweg Spa-nien bei uns hergestellt. Auch aus Englandwird Hanfpapier importiert, sogar aus engli-schem Hanf. Diese Papiere sind noch relativteuer. Das wird sich ändern, wenn a) wiederheimischer Hanf aus Baden und Branden-burg angebaut und genutzt werden darf undb) die entsprechenden Verarbeitungsanla-gen neu entwickelt und installiert sind. Daskann dauern.

Briefpapier aus Hanf, ein edles Stöffchen,sogar mit Hanfblatt-Wasserzeichen, gibt esim HanfHaus in Berlin.

HANF LEGAL

Die Anbauerlaubnis erteilt in Deutsch-land im Prinzip das Bundesgesundheit-samt, genauer die dort angesiedelteBundesopiumstelle. Anschrift: Genthi-ner Straße 38, 10785 Berlin. Laut § 29BtmG, Absatz 1, Ziffer 1 kann dieseStelle den Anbau von Hanf unter beson-deren Umständen erlauben.In der Praxis jedoch sieht es so aus, daßdas Bundesgesundheitsamt aufgelöstwird und in der Übergangsphase nie-mand dafür zuständig zu sein scheint.Bis zu einer Legalisierung der Cannabis-pflanze möchte der Autor und der Verle-ger dieses Buches darauf hinweisen,daß Anbautips in diesem Buch nur fürberechtigte Hanfanbauer gelten.Wer keine Erlaubnis hat und trotzdemHanf anbaut, begeht eine kriminelleHandlung, die eine nicht unerheblicheStrafe nach sich ziehen kann.

WARUM VERWENDENWIR NICHT HANF, UM DENTREIBHAUSEFFEKT RÜCK-GÄNGIG ZU MACHEN UNDDIE WELT ZU RETTEN?

Diese Frage stellten wir, Jack Herer undMaria Farrow, Anfang 1989 Steve Rawlings.dem höchsten Beamten im USDA, demLandwirtschaftsministerium der VereinigtenStaaten. Er leitete damals am USDA-eige-nen Weltforschungszentrum in Beltsville,Maryland, ein Projekt, das die Möglichkei-ten, den Treibhauseffekt aufzuhalten, erfor-schen sollte.Wir stellten uns zunächst vor und sagtenihm, wir würden für Zeitungen der Grünenschreiben. Dann fragten wir Rawlings: „An-genommen, Sie hätten zu entscheiden, waswäre dann Ihrer Meinung nach der besteWeg, um den Treibhauseffekt aufzuhaltenoder rückgängig zu machen?"Er sagte: „Mit der Rodung der Wälder undder Verwendung fossiler Brennstoffe auf-zuhören."„Und warum geschieht das nicht?"„Weil es keine brauchbare Alternative fürHolz zur Papierherstellung oder für fossileBrennstoffe gibt."„Weshalb verwenden wir keine einjährigenPflanzen, um Papier sowie Biomasse für dieEnergieerzeugung herzustellen?"„Ja, das wäre natürlich ideal", stimmte erzu. „Aber leider gibt es nichts Brauchbares,aus dem man genügend Material herstellenkönnte."„Nun, was würden Sie sagen, wenn estatsächlich eine Pflanze gäbe, die alles Holz-zellstoffpapier und alle fossilen Brennstoffeersetzen könnte, aus der die meisten unse-rer Faserstoffe auf natürlichem Weg er-zeugt werden könnten, alle Stoffe, vom Dy-namit bis zum Palstik; eine Pflanze, die inallen 50 US-Staaten wachsen und mit einerAnbaufläche von nur einem Morgen etwa4,1 Morgen Baumbestand retten könnte.Eine Pflanze, die, auf 6 Prozent der US-ame-rikanischen Landfläche einschließlich der

Grenzertragsflächen angebaut, in der Lagewäre, sämtliche Kilowattstunden Energie zuerzeugen, die jährlich in den USA benötigtwerden? Würde das helfen, den Planetenzu retten?"„Das wäre ideal. Aber eine derartige Pflanzegibt es nicht."„Wir glauben, daß es sie gibt."„Tatsächlich? Welche denn?"„Hanf."„Hanf!" sagte er nachdenklich. „Daraufwäre ich nie gekommen... Wissen Sie, ichglaube, Sie haben recht. Hanf könnte die Lö-sung des Problems sein. Das ist eine tolleIdee! "Wir waren ganz aufgeregt, als wir ihm be-schrieben, wie vielseitig Hanf verwendetwerden kann - für die Herstellung von Pa-pier, Fasern, Brennstoffen, Nahrungsmit-teln, Farben usw. -, und welchen Beitragdiese Pflanze dazu leisten könnte, die Öko-systeme der Welt und den Sauerstoffgehaltin der Atmosphäre wieder ins Gleichge-wicht zu bringen, ohne den Lebensstan-dard, an den sich die meisten Amerikanergewöhnt haben, wesentlich zu beeinträchti-gen.Im großen und ganzen schienen unsere In-formationen Rawlings überzeugt zu haben,und er meinte, das Ganze könne durchausfunktionieren.Er sagte: „Es ist eine wunderbare Idee, undich glaube, sie könnte funktionieren. Abersie läßt sich natürlich nicht in die Tat umset-zen."„Das kann doch nicht Ihr Ernst sein", ant-worteten wir. „Wieso nicht?"„Nun, Herr Herer, ist Ihnen klar, daß Hanfauch Marihuana ist?"„Aber ja... Darüber habe ich die letzten 17Jahre über etwa 40 Stunden pro Woche ge-schrieben."„Dann wissen Sie sicherlich auch, daß Mari-huana verboten ist. Es darf nicht verwendetwerden."„Nicht einmal, wenn es die Welt rettenwürde?"„Nein, nicht einmal dann. Marihuana ist ver-boten. Man kann es nicht verwenden.Basta!

Verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist einegroßartige Idee", fuhr er fort, „aber manwird es nie zulassen."„Warum gehen Sie nicht ganz einfach zuIhrem Landwirtschaftsminister und sagenihm, daß ein Verrückter aus KalifornienIhnen Unterlagen gegeben habe, aus denenhervorgeht, daß man diesen Planeten mög-licherweise mit Hanf retten kann und daßSie glauben, daß dieser Verrückte eventuellrecht haben könnte und diese Unterlagenernsthaft geprüft werden sollten. Waswürde er sagen?"„Wenn ich das täte, wäre ich sicherlichnicht mehr lange hier. Schließlich bin ich Re-gierungsbeamter."„Warum rufen Sie denn nicht einfach die In-formationen von Ihrem Computer in Ihrer ei-genen USDA-Bibliothek ab? Von dort habenwir ja auch unsere Informationen."Er sagte: „Ich kann sie nicht offiziell anfor-dern."„Herr Herer, Sie sind ein normaler Bürgerunseres Landes. Sie können alles anfor-dern, was Sie wollen. Aber ich bin Beamterdes Landwirtschaftsministeriums, Irgend-wer wird wissen wollen, warum ich dieseInformationen haben möchte. Und dannkann ich gehen."Schließlich erklärten wir uns bereit, ihmsämtliches Informationsmaterial zuschicken, das wir von der USDA-Bibliothekerhalten hatten, wenn er es sich nur an-schauen wolle.

Hanfstengel im Schnitt.

Er versprach, das zu tun. Als wir ihn jedocheinen Monat später anriefen, teilte er unsmit, daß er unser Paket noch nicht geöffnethabe und es ungeöffnet an uns zurück-schicken werde, da er für unsere Informa-tionen jetzt, da die Bush-Regierung ihndurch einen ihrer eigenen Männer ersetzenwolle, keine Verantwortung übernehmenkönne.Wir fragten ihn, ob er gewillt sei, diese Infor-mationen an seinen Nachfolger weiterzulei-ten, „Auf keinen Fall", lautete die Antwort.Im Mai 1989 hatten wir praktisch die gleicheUnterhaltung und kamen zu dem gleichenErgebnis mit seinem Kollegen Dr. GaryEvans vom US-Landwirtschafts- und Wis-senschaftsministerium, dem Mann, dessenoffizieller Auftrag es ist, Maßnahmen gegenden Treibhauseffekt zu entwickeln.Zum Schluß unserer Unterhaltung sagte er:„Wenn ihr wirklich unseren Planeten rettenwollt, dann werdet ihr [Marihuana-Aktivi-sten] auch einen Weg finden, das Zeugohne seine narkotische [sicj Spitze anzu-bauen - und dann könnt ihr es verwenden."So sieht sie also aus, die erbärmliche undbeängstigende Verantwortungslosigkeit,mit der wir es in unserem Staat zu tunhaben.

[Aus: Herer/Bröckers/Katalyse „Die Wieder-entdeckung der Nutzpflanze Hanf... Canna-bis, Marihuana" © 1993 by Zweitausend-eins, Postfach, 60381 Frankfurt am Main]

NATÜRLICHE ENTWICKLUNG

IN STICHWORTEN:

Keimung: Der Same keimt nach einigen Tagen. Keimlingswurzel gräbt sich in die Erde.Der Keimblatteil des Embryonen wird aus der Erde herausgehoben. Ausbildung desKeimblattpaares (glatte Blattränder, keine Spitze).

Sproßentwicklung: Ausbildung von echten Blattpaaren (Rand gesägt, Spitze). Zahl derBlattfinger (= Einzelblättchen) je Blatt nimmt zu. In den Blattachseln können weitereSprossen ausgetrieben werden (= Seitenäste).

Dies vegetative Wachstum setzt sich fort, bis lange Nächte (und gleichzeitig natürlichkurze Tage) die reproduktive Phase (= Blüte und Samenbildung) auslösen.

Blüten: Cannabis ist zweihäusig, es gibt männliche und weibliche Pflanzen.Männliche Blüte: etwas eher als die weibliche Blüte.Weibliche Blüte: etwas nach der männlichen Blüte.Bestäubung: männliche Pollen (von männlichen Pflanzen) werden durch den Wind aufdie weiblichen Narben getragen.Männliche Pflanze geht nach der Blüte ein.

Samenansatz: Der in den weiblichen Kelchblättern (die potentesten Teile!) verborgeneFruchtknoten wächst.

Samenreife: Samen fallen aus, die weibliche Pflanze stirbt ab.

Wie jede andere Pflanze so hat auch Cannabis ein persönliches Entwicklungsmuster,welches mit kleineren Variationen in der Erbmasse festgehalten ist. Alle Anbaumaß-nahmen und jegliche Manipulationen an der Pflanze setzen immer ein Wissen um dienaturgegebenen ineinandergreifenden Lebensabläufe voraus.

Same: keimt meist innerhalb von 3—7 Tagen.

Keimblätter: 2 Keimblätter (Cotyledonen), ungleich groß, 10-16 mm lang, breit lan-zettlich (= 3mal so lang wie breit, am breitesten etwa in der Mitte), rund oder wenig-stens stumpf an der Spitze, schmaler an der Basis. 3 Hauptadern in Längsrichtung. Aufder Oberseite reichlich mit feinen Haaren (sichtbar unter 10facher Vergrößerung) über-zogen, jedes mit einer verdickten Basis. Blattunterseite nicht behaart. Die zwei Keim-blätter sitzen an einem relativ langen (bis 5 cm) Stiel (Hypocotyl).

SPROSSENTWICKLUNG:

1. Sproßachse (Hauptsproß, Stamm): Das erste Paar echter Blätter entfaltet sich etwa25 mm oder weniger über den Keimblättern. Jedes Blatt ist deutlich gestielt, hat eineschmale elyptische Form mit gesägtem Blattrand.

Die Blätter des zweiten echten Blattpaares sind bereits viel größer. Sie sehen entwederwie das erste Blattpaar aus oder weisen einen langen Stiel auf, an dessen Ende dreiEinzelblättchen fächerförmig entspringen.

Die Blätter des dritten Blattpaares bestehen aus vier oder fünf Einzelblättern, die alle ausder Spitze des Stieles (= Petiole) kommen. Man spricht von einem gefingerten Blatt, dieEinzelblättchen werden Blattfinger genannt.

Weitere Blätter setzen sich aus immer mehr einzelnen Blattfingern zusammen. Ein Blattkann aus bis zu 11 Blattfingern bestehen. Die Blätter treten nun nicht unbedingt paar-weise auf, sondern können auch abwechselnd spiralförmig (= wechselständig) um dieSproßachse ausgebildet werden.

Der Stamm ist eckig und mehr oder weniger hohl. Er ist mit kleinen nach oben gebo-genen Haaren bedeckt, die wie gegen den Stamm gepreßt aussehen. Ähnliche Haare kannman bei 10facher Vergrößerung an fast allen Teilen der Pflanze entdecken. Jedes Haarbesteht aus einer Zelle, die sich von einer stämmigen Basis sogleich in eine scharfe Spitzeverjüngt. Die Basis enthält Mineraleinlagerungen (Zystolithen), die man unter demMikroskop als leichte Verdickungen erkennen kann.

Wo die Blätter (bzw. deren Blattstiele} aus dem Stamm entspringen, finden wir knoten-förmige Verdickungen, die Nodien. Die Stammabschnitte zwischen diesen Knoten wer-den Internodien genannt.

Die Blätter sind je nach Sorte und Zustand der Pflanze unterschiedlich geformt. JedesBlatt verfügt über einen bis zu 6 cm langen schlanken Stiel, entlang dessen Oberseiteman eine schmale Vertiefung erkennen kann. Beim Querschnitt kann man sehen, daß dasholzige (vasculare) Gewebe eine fortlaufende Faser mit einem U-Profil bildet. Die 3-11(meist 5-9) weichstrukturierten Einzelblättchen sind meist schmal lanzettlich (alsoetwa 6mal länger als breit mit der breitesten Stelle um die Mitte herum), haben eine keil-förmige Basis, grob gesägte Ränder und ein lang ausgezogenes, spitziges Ende. Die Zähne(etwa 4-20 an jeder Seite) sind kantig und zeigen zur Spitze des Blättchens. Die Blatt-adern verlaufen schräg zur Mittelrippe und enden in den Spitzen der Zähne.

Die Blattfinger eines Blattes sind ungleichmäßig groß, das mittlere Einzelblatt ist amlängsten und kann 15 cm messen.

Auf der Oberseite der Blätter finden wir sehr kleine Haare mit einer kugeligen Basis undeiner kurzen scharfen Spitze (Größe 100-180 mcm*). Die Haare auf der Unterseite sindlänger ( 150-250 mcm) und schlanker, ihre Basis ist nicht so deutlich verdickt. Auch sie

verfügen über eine scharfe Spitze. Beide Härchentypen bestehen aus nur einer Zelle undhaben Zystholithablagerungen in der Basis. Die Haare werden als Zystolithenhaare oderTrichomen bezeichnet,

2. Seitliche Sprosse (Zweige, Blüten): Aus den Blattachseln (im spitzen Winkel vonStamm und Blattstiel) können weitere Sprosse austreiben. Seitenäste entwickeln sich alsvegetative Sprosse in der schon bekannten Weise mit meist paarig auftretenden Blättern.Die Seitenäste können weiterwachsen und selbst etliche Blattpaare ausbilden. Selbst inden Blattachseln der Äste können wiederum Sprossen ausbilden (z.B. bei Beschneidung).Ebenfalls in den Blattachseln entspringen die Blütentriebe der Cannabispflanzen.

VEGETATIVES WACHSTUM: Mit der Ausbildung des ersten echten Blattpaares be-ginnt das vegetative Wachstum. Die Pflanze baut in der beschriebenen Weise soviel Grün-masse wie möglich auf. Neben dem Hauptsproß (Stamm) bilden sich oft etliche Seiten-triebe, die sich zu regelrechten Ästen auswachsen können. Die vegetative Phase ist durchrasches Wachstum, entsprechende Massenzunahme, hohen Nährstoff- und Wasserver-brauch sowie hohen Lichtbedarf (mehr Photosynthese = mehr Zucker = mehr Wachs-tum) gekennzeichnet. Unter natürlichen Umständen fällt diese Phase in die Jahreszeitmit der höchsten täglichen Lichtdauer, den Sommer. Während der vegetativen Phaseversucht sich die Pflanze in die für die anschließende Blütephase wünschenswerte Höchst-form zu bringen.

Je nach Sorte (= Genotyp = erbliches Potential) und Umwelt erreicht die Pflanze zumEnde der vegetativen Phase eine Größe zwischen kaum mehr als einem Meter (Thai-sorten) und bis zu mehr als 6 Metern, durchschnittlich kann man von 2—3 m Höhe aus-gehen, sofern die Pflanzen nicht beschnitten oder erzogen werden.

Auch können die unterschiedlichsten äußeren Formen beobachtet werden:— nur ein kurzer schmaler Stamm mit kaum seitlichen Verästelungen— Seitenäste, die wie der Stamm in die Höhe wachsen (Pappel-artiges Aussehen) = röh-

renförmig (zylindrisch)—Seitenäste, die waagerecht ausladen (wie Fichten oder Tannen) = spitzkegelig

BLÜTENBILDUNG: Die Cannabispflanze beginnt mit der Blütenbildung, wenn die Ta-geslänge im Herbst eine gewisse Grenze unterschreitet. Auf die vegetative Phase (= Blatt-bildung, Mengenwachstum) folgt die reproduktive Phase (Vermehrung = Blüte undSamenbildung). Mit Beginn der Blütenbildung verlangsamt sich die Neuproduktion vonBlattmasse ganz erheblich.Je nach Sorte löst eine tägliche Nachtzeit von 9 bis 13 Stunden (meist 11-12Std.) diereproduktive Phase aus. Cannabis ist also eine Kurztagspflanze, weil sie an kurzen Tagenin Blüte geht.

v.l.n.r.: geschlossene männliche Blüte;einzelner Staubbeutel;geöffnete männliche Blüte

Männliche Blüte: Beginnt meist etwas eher als die weibliche Blüte. Der stark verzweigteund blütenreiche männliche Blütentrieb entspringt im oberen Teil der Pflanze in einerBlattachsel, steht deutlich aus dem Blattwerk hervor, einzelne Blütenzweige sind bis20 cm lang, sie sind mit feinen Härchen bedeckt. Nur wenige Blätter wachsen an denBlütenständen.

Die einzelne Blüte besteht aus 5 weißlichen oder grünlichen, fein behaarten Kelchblät-tern (ca. 3,5 mm lang), von denen die an einem feinen Stielchen hängenden 5 Staub-beutel umschlossen werden. Die noch geschlossene Blüte sieht wie eine Mandel aus.Dann öffnen sich die Kelchblätter, sodaß die Staubbeutel sichtbar werden. Die Staub-beutel (= Pollensäcke) öffnen sich von ihrer Spitze an der Länge nach und geben die inihnen enthaltenen Pollen frei. Der Wind trägt die Pollen zur weiblichen Blüte, wo dieBestäubung erfolgt. Die Pollenkörner sind fast rund, jedoch etwas breiter als lang,durchmessen 25—30 m, sind glatt mit 2—4 runden Keimsporen.

Nach der Blüte hat die männliche Pflanze ihre Aufgabe erfüllt und geht ein, oft Wochenvor den weiblichen Pflanzen, die erst durch Ausbildung von Samen ihren Beitrag zumFortbestand der Art leisten.

Weibliche Blüte: Die weiblichen Blütenstände wachsen nicht wie die männlichen überdas Blattdach der Pflanze hinaus. Auch die weiblichen Blütentriebe entspringen in denBlattachseln. Sie sind eher kompakt, enthalten nur wenige Blüten, die Blüten werdenpaarweise gebildet.

Zur Blüte finden wir besonders in der Nähe der Sproßspitzen in praktisch jeder Blatt-achsel kurze Blütentriebe. Zwischen den einzelnen Blüten wachsen noch kleine Blätter(ebenfalls reichlich mit Harzdrüsen überzogen). Da die Blüten räumlich sehr dicht hinter-einander gebildet werden, kann man meist die einzelnen Blütentriebe nicht mehr unter-scheiden. Man hat eine dicht gepackte Blütentraube vor sich, die aus Hunderten vonEinzelblüten und Blütentrieben sowie den begleitenden Blättern besteht. Diese Blüten-stände (auch „buds" = engl. oder „Colas" = span. genannt) stellen das potentesteErntegut dar.

Die Blüte selbst besteht aus einem kleinen grünen Kelch, dessen Blätter den Fruchtkno-ten gänzlich umhüllen. Diese an der Basis verdickte röhrenförmige Hülle ist zwischen 1,8und 2,6 mm lang, aus ihrem offenen Ende schauen die zwei mit dem Fruchtknotenverbundenen Narben (= Griffel, Stigmen) heraus.

Die Narben sind von weißlicher oder gelblicher Farbe und weisen nach oben (sie bildenzusammen ein „V").

Der Kelch ist dicht mit schlanken Haaren (Zystolithenhaare, Trichomen) und kleinen,durchsichtigen, kugelförmigen Harzdrüsen überzogen, die teilweise auf einem kurzenStiel, teilweise direkt auf dem Kelchgewebe wachsen.

Der Fruchtknoten enthält eine Eizelle. Nach der Bestäubung (Pollen werden vom Windauf die aufrechtstehenden Narben getragen und zur Eizelle weitergeleitet, wo Erbmassevon Pollenkern und Ei verschmelzen), fallen die Narben bald ab. Der Kelch nimmt anGröße zu, während sich der Same entwickelt. Die Frucht ist technisch gesehen eine Nuß(Achäne), d.h. sie enthält einen einzelnen Samen mit einer harten Schale, eng umschlos-sen von der dünnen Haut des Fruchtknotens. Der Same ist mit dem Trennungsgewebe anseiner Basis mit der Pflanze verbunden. In der Praxis wird man die Frucht allerdingsmeist als „Samen" bezeichnen.

Schon während der Blüte wird das vegetative Wachstum fast eingestellt, die Pflanzewird nicht mehr größer. Ist die Befruchtung erfolgt und beginnen die Samen zu reifen,setzt das Absterben der Pflanze allmählich ein. Wenn die Samen reif sind, ist die Pflanzebereits größtenteils verwelkt. Die Samen sprengen die umhüllenden inzwischen auchausgetrockneten Kelchblätter auf und fallen aus (das Trennungsgewebe reißt). Dieweibliche Pflanze stirbt nun ab.

Bestäubung: von den herabhängenden männlichen Blüten werdenPollen durch den Wind auf die aufrechtstehenden weiblichen Griffel getragen

Der Same ist elyptisch, leicht abgeflacht, 2,5-5 mm lang und 2,5-3 mm im Durchmes-ser. Er hat eine grünliche oder bräunliche Farbe und kann auf verschiedene Art gemustertoder marmoriert sein.

Das Embryo innerhalb des Samens ist stark gebogen, die zwei Keimblätter (Kotyledo-nen) sind an der einen Seite zusammengepackt, die Keimlingswurzel (= radicula) an deranderen zusammen mit einer kleinen Nahrungsreserve (Endosperm). Die Samen enthal-ten trockenes Öl (ca. 32%).

PHOTOPERIODE

Die einzelnen Entwicklungsphasen werden bei der Cannabispflanze durch das täglicheVerhältnis zwischen Tag und Nacht (= Photoperiode) gesteuert. Die Pflanze enthältständig ein lichtempfindliches Hormon, das die Blüte auslöst. Erst bei einer täglichenununterbrochenen Dunkelzeit (Nacht) von 13 Stunden kann es seine Wirkungen ent-falten. Selbst geringe Lichtmengen (Straßenbeleuchtung, kurzzeitig angeschalteteZimmerbeleuchtung, Taschenlampe) reichen aus, um das Hormon weiterhin in Inaktivi-tät zu belassen.

Lange Tage und kurze Nächte bedeuten für die Pflanze vegetative Impulse. Sie nutzt denSommer, um zu einer möglichst stattlichen Größe heranzuwachsen, damit im Herbst(kurze Tage, lange Nächte) eine reichliche Blüte erfolgen kann.

Kurze Nächte (weniger als 11 Stunden Nacht): vegetatives Wachstum

Lange Nächte (mehr als 12 Stunden Nacht): reproduktive Phase(Blüte und Samen)

Jahreszeit: je nach Sorte, Alter, Geschlecht und Umwelt liegt der Beginn der Blüte imFreiland zwischen Anfang September und November. Cannabis ist eine Kurztagspflanze.

ABWEICHUNGEN:

Sorte: Nordsorten (Faser- und Öl-Gewinnung) sprechen oft bereits auf 9—10 Nachtstun-den täglich durch Blühen an, dies ist durch eine Anpassung an die Umwelt bedingt. Lägedie Blüte erst später im Herbst, könnten die Samen nicht ausreifen und die Pflanze sichnicht vermehren. Tropische Sorten benötigen mitunter 11—13 Stunden Nacht alsBlüteimpuls.

Alter: Alte Pflanzen reagieren rascher auf lange Nächte. Mitunter tritt die Blüte inner-halb weniger Tage ein (Pflanzen über 5 Monate alt). Junge Pflanzen lassen sich nicht soleicht zur Blüte veranlassen (5 Wochen alte Pflanzen können wochenlange extremeLangnachtbehandlung benötigen, um in Blüte zu gehen).

Geschlecht: männliche Pflanzen liegen mit ihrer Blüte eher als weibliche. Sie blühenmitunter ziemlich jung, wenn die Photoperiode es zuläßt, oder aber zu der Zeit, zu dersie unter gewohnten Umständen auch blühen würden (wahrscheinlich richten sie sichhierbei nach ihrem Alter), selbst wenn die Photoperiode z.B. im Hause nicht danach ist.

Umwelt: Mangelhafte Bedingungen (Kälte, Nährstoffmängel, Pflegefehler) verzögern dieBlütereaktion.

REGEL: 13 Stunden Nacht (ununterbrochen) täglich über 14 Tage reichen bei erwach-senen Pflanzen (3-6 Monate alt) zur Auslösung der Blüte.

CANNABINOIDE IN DER PFLANZE

Das Harz der Hanfpflanze besteht nicht nur aus Cannabinoiden. Auch eine Reihe ande-rer Harzstoffe wie hochpolymere Phenole und Terpene sind hierin enthalten. Wir treffenauch auf Wachsstoffe und die für den charakteristischen Geruch verantwortlichenätherischen Öle. Hinzu kommen in der Praxis noch Verunreinigungen (Staub undabgestorbene Pflanzenzellen etc.).

Im gereinigten Zustand (von allen Nicht-Harzteilen und Verunreinigungen befreit) hatdas Harz eine gelblich-rötliche Farbe, ist schwach und durchscheinend, aromatischriechend (besonders bei Erwärmung: ätherische Öle), sehr zähflüssig und klebrig. Diesessogenannte „Rote öl" (entsprechend dem auf dem illegalen Markt befindlichen gereinig-ten „Honey Oil") enthält alle für uns interessanten Cannabinoide, vorwiegend THC,CBD und CBN.

a = Zystolithenhaarb = große Harzdrüse mit Stielc = dto. von oben gesehend = sehr kleine Harzdrüsee = Trichomenf = große kugelförmige Drüse ohne Stielg = Stiel einer Harzdrüse, Kopf bereits abgefallen

ENTSTEHUNG DER CANNABINOIDE

DRÜSEN:

Entgegen einer weitverbreiteten Meinung werden die Cannabinoide praktisch nicht imInnern der Hanfpflanze produziert. Das Harz wird von Drüsen abgeschieden, die sichüberall auf der Oberfläche der Pflanze bilden, außer auf den Samen und an den Wurzeln.Den dichtesten Bestand mit Drüsen trifft man auf der Unterseite der Blätter (besondersentlang der Blattadern) und vor allem an den Blütenständen (Kelchblättern) an.

Zwei unterschiedliche Drüsentypen übernehmen die Harzsekretion:

1. Drüsenhaare. Auf einem meist 1 (bis 4) Pflanzenzellen langen Stiel sitzt ein 1-4(meist 2) Zellen großer Drüsenkopf. Das gesamte Gebilde ist zwischen 15 und 30 mcmhoch und schaut birnenförmig aus. Die Zellen des Drüsenkopfes stellen das Harz her,Es besteht wahrscheinlich vorwiegend aus Cannabinoiden (ansonsten ätherischen Ölen).Praktisch nicht mit dem bloßen Auge erkennbar.

2. kugelförmige Drüsen. Kernstück dieser Drüsen ist ein 25-100 mcm durchmessenderkugeliger Drüsenkopf, der von 8 bis zu 16 nach außen gewölbt wachsenden Zellen gebil-det wird. Das produzierte Harz sammelt sich zwischen den Pflanzenzellen und der um-gebenden Außenhaut (Cuticula) an. Unter dem Drüsenkopf befindet sich ein Stiel, wel-cher wie der Kopf kein Chlorophyll enthält, also nicht grün aussieht. Bei im jugend-lichen Entwicklungsstadium der Pflanze gebildeten Drüsen ist der Stiel nur wenig ent-wickelt (zwei Zellen), sodaß man ihn kaum erkennen kann. Während der Blüte gebil-dete Drüsen besitzen jedoch meist einen erheblich längeren Stiel (bis über 200 mcm),der aus mehreren Zellen besteht und meist auch mehrere Zellen durchmißt. Das Harz

wird in dem Zwischenraum zwischen Zellen und der äußeren Haut (Cuticula) des Drü-senkopfes sekretiert und angesammelt. Das Harz ist zunächst farblos transparent, mitzunehmender Reife nimmt es eine gelblich-bräunliche Farbe an, wird trübe und stelltnach der Trocknung der Pflanze eine sehr zähflüssige, klebrige und stark riechendeHarzmasse dar. Das frische Harzsekret besteht zu 80-90% aus Cannabinoiden (L1, 146)

den Rest dürften vor allem ätherische Öle ausmachen.

Die kugelförmigen Drüsen mit oder ohne Stiel findet man vor allem an den Blüten-ständen, hier besonders reichlich auf den weiblichen Kelchblättern, sowie auf den Un-terseiten der Blätter, verstärkt entlang der Blattadern. Sie sind mit dem bloßen Augeerkennbar. Ob es sich bei den kugelförmigen Drüsen mit Stiel und denen ohne Stiel umzwei verschiedene Arten von Drüsen handelt ist von rein theoretischer Bedeutung.

Mit der Reife können die Stiele der kugelförmigen Drüsen austrocknen, dann brechendie Drüsenköpfe selbst leicht ab. Bei der Haschischherstellung sollen vor allem dieseDrüsenteile durch Abreiben der Blätter mit den Händen oder durch leichtes Ausdre-schen der getrockneten Pflanze (über feinen Siebmaterialien) gewonnen werden.

Die oberirdischen Teile der Cannabispflanze sind mit Haaren bedeckt. Diese sogenann-ten Zystolithenhaare oderTrichomen haben an der Basis Kalk in ihr Gewebe eingebaut .Sie bestehen nur aus einer Zelle. Die Zystolithenhaare der Oberseite der Blätter sindkürzer als die Haare der Blattunterseite. Sie haben eine breitere Basis und sehen durchihre kürzere Spitze etwas klobig aus. Die Haare der Blattunterseite messen zwischen150 und 500 mcm. Da diese schlanken Gebilde meist bogenförmig von der Blattober-fläche wachsen, bieten sie oft den anfälligen Harzdrüsen Schutz. Zystolithenhaare schei-den keinerlei Sekret ab.

Von vordringlicher Wichtigkeit bei der Harzproduktion sind also die großen kugelför-migen Drüsen, gleich ob sie mit einem längeren Stiel versehen sind oder nicht.

VORKOMMEN DER DRÜSEN

Je weiter die Pflanze in ihrer Entwicklung fortgeschritten ist, desto mehr und größereDrüsen finden sich auf den neu gebildeten Pflanzenteilen. Entsprechend treffen wir dendichtesten Besatz und die größten Drüsen an den Blütenständen an, hier besonders aufden weiblichen Kelchblättern. Auch die zwischen den einzelnen Blüten wachsendenkleinen Blättchen sind reichlich von Drüsen überzogen.

Je älter ein Pflanzenteil ist, desto weniger Drüsen werden darauf zu finden sein. AmStengel können wir kaum mit Drüsen rechnen, auch auf den Ästen und Blattstielen siehtes mager aus. Die großen unteren Blätter haben nur wenige Drüsen, die später ausgetrie-benen Blätter immer mehr. Abgesehen von den zwischen den Blüten wachsenden Blätt-chen läßt sich der dichteste Drüsenbestand an den Triebspitzen erkennen, den neu aus-treibenden Blättern also.

Männliche Pflanzen sind nicht so dicht von Drüsen überzogen wie ihre Schwestern. IhrHarz aber ist von gleicher Zusammensetzung (bei gleichem Erbgut = Geschwister).

Bestandsdichte mit Drüsen der Reihe nach:

1. weibliche Blütenstände (ohne Samen mit dazwischen wachsenden Blättern)2. männliche Blütenstände3. junge Triebe, Triebspitzen

4. Blätter a) bei den Blüten (klein)b) an den Ästen (mittelc) am Hauptstengel (groß)

5. Blattstiele (Rangfolge wie bei Blättern)6. Stengel7. Samen und Wurzeln (keine Drusen vorhanden)

Etwa in dieser Reihenfolge gliedert sich auch die Wirksamkeit der einzelnen Pflanzen-teile. Man darf dies allerdings nicht zu eng sehen. Besonders die männliche Pflanze istnicht immer zuverlässig in ihrer Potenz. So kann es durchaus sein, daß die Triebspitzen(männlich) stärker wirksam sind als die Blüten.

ZWECK DES HARZES

Wenn man sich die Entwicklung der Harzdrüsen genau anschaut, bemerkt man, daß siesich eigentlich gar nicht öffnen sollen. Im Normalfall verbleibt das Harz in den Driisen-köpfen, nur gelegentlich platzen wahrend der Reife übervolle Drüsen auf oder läuft Harzdurch die Poren an der Drüse aus.

Über den Zweck der Cannabinoide existieren die unterschiedlichsten Meinungen. Kaumglaubwürdig sind die Thesen vom physikalischen Nutzen der Cannabinoide. „Wenn esheiß wird, platzen die Drüsen auf, das klebrige Harz ergießt sich über die Blattober-fläche und schützt die Pflanze durch Verkleben der Poren vor übermäßiger Verdunstung."Das ist selbstverständlich völliger Unfug. Die Pflanze kann ihre Poren selbst willentlichverschließen. Wie sollte sie außerdem nach Beendigung der Trockenzeit die verklebtenPoren wieder öffnen können?

Auch der angebliche Schutz der „Harzschicht" gegen das gefährliche UV-Licht, welchesdie Keimzellen bedroht, ist ebenfalls nur ein stumpfes Schwert, so viel Licht kann selbstein dichter Drüsenrasen nicht brechen.

Niemand vermag ganz sicher zu sagen, wozu die Cannabinoide dienen. Wahrscheinlichnützen sie der Pflanze vorwiegend durch ihre biochemischen Eigenschaften. Pflanzen-fresser werden von dem wirksamen Harz von den Pflanzen abgehalten (dagegen sprichtnicht, daß Sämlinge gern von Hasen etc. gefressen werden. In diesem Stadium enthältdie Pflanze nur wenig Cannabinoide, da die Drüsen noch nicht ausgebildet sind).

Für kleinere Schädlinge kann sich auf eine Expedition auf drüsenüberzogenen Blätternals eine fatale Wanderung auf dem klebrigen Fliegenfänger erweisen, vielleicht nimmtihnen auch das Harz den Appetit. Sie machen sich nicht über Blätter, Pollen oder dieVermehrungsorgane (: besonders wichtig zur Arterhaltung, daher dort besonders vieleHarzdrüsen) her. Cannabis ist Windbestäuber, braucht also bei der Vermehrung nicht dieHilfe von Insekten.

Auch lassen sich diebische Vögel durch die Cannabinoide davon abhalten, die noch un-reifen und von den besonders drüsenreichen Kelchblättern umschlossenen Samen zu na-schen. Erst wenn der Same reif ist fällt er aus der schützenden Kelchblatthülle. Dannkönnen die Vögel ihn aufpicken. Nicht jeder Same wird geknackt werden können, be-sonders widerstandsfähige gelangen unverdaut mit dem Kot wieder in die Landschaft,was zur Verbreitung von Cannabis beiträgt.

Man darf auch nicht vergessen, daß viele Cannabinoide antibiotisch wirken, ebenfallskonnte man eine Giftwirkung auf Nematoden feststellen (L1, 36, 130, 184). Eindeutigzum Schutz gegen Schädlinge und Pflanzenfresser dienen auch die Zystolithenhaare.

BIOSYNTHESE DER CANNABINOIDE

Die Herstellung der Harzstoffe findet im Kopf der Drüsen und in den oberen Zellendes Stieles statt. Die Biosynthese der Cannabinoide, also das genaue chemische Ver-fahren, nach dem die Pflanzenzellen Cannabinoide zusammensetzen, ist nicht sicher er-forscht. Allgemein geht man allerdings von folgendem Schema aus: Geranylpyro-phosphat (eine in der Pflanzenwelt verbreitete Vorstufe von Terpenen) kondensieren zuCannabigerolsäure. Nach MECHOULAM (1973) (L6, S. 30-31) könnte es dann über eineOxydation zu Hydroxycannabigerol weitergehen, aus dem über eine weitere Zwischen-stufe (b) Cannabidiol bzw. CBDS cyclisiert. Hieraus kann wiederum delta-9-THC bzw.THCS entstehen. CBN wird als Abbauprodukt von THC automatisch mit der Zeit gebildet.

In der lebenden Pflanze liegen die Cannabinoide vorwiegend in ihren psychisch inakti-ven Säureformen vor, die sich durch den Einfluß von mehr oder weniger Wärme undSauerstoff später an den chemisch gesehen neutralen aber psychoaktiven Entsprechnun-gen verwandeln. Aus THCS wird durch diese Decarboxylierung THC, aus CBDS wirdCBD usw.

ZUSAMMENSETZUNG DER CANNABINOIDE

Wie wir schon wissen, wird das Cannabisharz vor allem von CBD, THC und dem Abbau-produkt CBN gebildet. Die Eigenschaft, ein Harz von einer bestimmten Zusammenset-zung dieser Stoffe zu produzieren, ist erblich festgelegt. Jede Cannabissorte hat ihr in-dividuelles Mengenverhältnis der Cannabinoide untereinander. Man kann fünf größereSortengruppen aufstellen, in denen jeweils ähnliche Harzkombinationen liefernde Pflan-zen eingeteilt werden. Man nennt diese Gruppen Chemotypen (nach SMALL et al. L1, 51 ).

Chemotyp l : Viel THC, wenig CBD. Tropische Sorten. Meist 3-4 m, buschig, seitlichwachsende Äste (Tannenbaum-Form). Ostasiatische Sorten über 4m,Äste nach oben wachsend (wie Pappel). Seltener kleine Pflanzen mitmehreren Hauptstengeln.

Chemotyp II : Viel CBD, mittel bis viel THC. Zwischengruppe. Subtropisch {Marokko,Afghanistan, Pakistan etc.). Sehr harzreich, aber hoher CBD-Anteil. Ha-schischherstellung. Meist 3—4 m, pappelartig (nach oben wachsendeÄste). Türkei, Griechenland, Asien. Oder: 1,5 bis 2,5 m sehr buschig,reichliches Blattwerk (Nepal, Nordindien, Zentralasien, Nordafrika).Oder: kurz (unter 1,2 m), verkümmerte Äste, Blütentraube nur amHauptstengel, sieht aus wie Oberteil größerer Pflanzen ( Libanon, Nord-afrika, Thailand).

Chemotyp III: Viel CBD, wenig THC. Gemäßigtes Klima. Industriesorten. Faser: sehrhoch (bis 6 m), kaum Äste, Blätter überwiegend gegenständig, langeInternodien (Stengelstück zwischen zwei Knoten, in denen die Blätterentspringen}. Samengewinnung: sehr kurz (0,7-2 m), sehr buschig.Äste wachsen seitlich, kurz, gleichlang (zylindrisches Aussehen derPflanze). Oder: sehr kurz ohne Äste (unter 1 m). Reichlich Samenbe-satz.

Chemotyp IV: Wie l oder II. Es werden allerdings Propyl-lsomere gebildet (mindestens5% der Gesamt-Cannabinoidmenge z.B. THCV). Äußerst potente Sorten!Südafrika, Nigeria, Afghanistan, Indien, Pakistan, Nepal.

Chemotyp V: Produziert hauptsächlich CBGM (nicht psychoaktiv). Japan, Korea,China. Uninteressant.

Einzelne Harzdrüse mit Stiel Zystolithenhaar

Blattoberfläche mit Drüsen und Haaren, am Rande eines Blattes

CANNABINOID-MENGEN

Ein recht müßiges Kapitel. Die tatsächliche Harzmenge hängt vor allem von der Ver-erbung ab. Mit diesem Kapital kann dann die Umwelt arbeiten. Entweder entwickeltsich die Erbanlage voll (günstige Lebensbedingungen), oder der tatsächliche Cannabinoid-Gehalt hinkt wegen ungünstigen Bodenverhältnissen, zuwenig oder zuviel Wasser, zu-wenig Licht, zuwenig Wärme (Klima) etc. hinter dem Möglichen her. Umgekehrt könnenallerdings optimale Lebensbedingungen aus einer lahmen Erbmasse keine hochpotenteMarijuana-Sorte zaubern.

Wo untersucht man nun den Harzgehalt? Die ganze Pflanze (= Kraut) bringt völlig andereWerte als nur die harzreichen Blütenstände. Wie untersucht man sie? Bei den verschiede-nen chemischen Extraktionsverfahren und Untersuchungsmethoden werden mancheCannabinoide in andere Cannabinoide (z.B. durch Hitze bei der Gaschromatographie)verwandelt. Wie wir sehen, hat man es mit einem Haufen Unbekannten oder Variablenzu tun. Leider hat sich die Wissenschaft noch nicht zu standardisierten Tests durchrin-gen können. Daher bleiben alle verfügbaren Untersuchungsergebnisse immer mit einemgewissen Fragezeichen behaftet. Man sollte nur Ergebnisse vergleichen, die unter den-selben Bedingungen gefunden wurden, und den Vergleich absoluter Werte meiden. Aberdas ist auch nicht so wichtig. Meist interessieren relative Werte ohnehin mehr, was „bes-ser" ist, was weniger „gut". Prozentzahlen können nicht geraucht werden.

Cannabinoid-Werte sind abhängig von:

-Erbmasse (genetisches Potential) Adaption-Umwelt (Anbau, Klima, Boden-Verarbeitung, Lagerung (THC zu CBN z.B.)-Probenmaterial (Blätter oder Blüten oder Stengel, mit Samen, ohne?)-Labortechnik (Extraktionsmethode, Analysemethode)

SONSTIGE HARZPRODUKTION:

Auch wenn die Harzproduktion beinahe ausschließlich von den Drüsen auf der Pflanzedurchgeführt wird, findet doch auch eine gewisse Harzproduktion im Innern der Pflanzestatt. Kleine langgezogene Zellen (Laticiferen) sondern die allerdings nur sehr beschei-denen Harzmengen ab. Diese kleinen Zellkanäle finden sich überall in den grünen Teilender Pflanze, durchziehen die Triebspitzen und durchdringen den für den Transportorganischer Stoffe zuständigen Bastteil (Phoem) entlang der Blattadern (LB1, S.21).

WOVON HANGT DIE POTENZVON CANNABIS AB?

Letztlich wird die Potenz von Cannabisoder Cannabisprodukten immer von ih-rem Gehalt an wirksamen THC bestimmt.Wieviel THC in Haschisch oder Grass ent-halten ist, richtet sich sehr nach dem Erb-gut (= Veranlagung) der Sorte. Beim An-bau (Umwelt) kann dieses Erbgut höch-stens zur vollsten Entfaltung gebrachtwerden, keinesfalls jedoch lassen sichdarüberhinausgehende Ergebnisse erzielen.

Noch mehr als die Harzmenge einerPflanze ist die Zusammensetzung desHarzes genetisch festgelegt. Daher teiltman die Cannabissorten in verschiedeneChemotypen ein: Chemotyp 1 enthältvorwiegend THC und kaum CBD, Che-motyp 2 enthält sowohl einiges an THCals auch an CBD, Chemotyp 3 viel CBDund wenig THC etc.

Auch während der Entwicklung machteine Cannabispflanze Potenzschwankun-gen durch. Grob gesagt nimmt der Wirk-stoffgehalt zur Blüte hin zu. Unterschied-liche Pflanzenteile weisen ebenfalls unter-schiedliche Potenz auf. Je später ein Pflan-zenorgan in der Entwicklung einer Pflanzegebildet wurde, desto potenter ist es ge-wöhnlich. Dies erklärt sich durch einenimmer dichteren Besatz mit Harzdrüsenbei der Ausbildung neuer Blätter undschließlich Blüten. Je nach Stellung inder Pflanze kann man also davon aus-gehen, daß Kelch und Kelchblätter diepotentesten Pflanzenteile sind, gefolgtvon Blüten, Blütenblättern, Triebspitzenbzw. kleinen jungen Blättern, größerenBlättern, Blattstielen und schließlich Sten-geln und Wurzeln, die kaum noch Canna-binoide enthalten. In den Samen treffenwir überhaupt keine Cannabinoide an.Weibliche Pflanzen enthalten mehr Harzals ihre männlichen Geschwister, dasHarz ist jedoch von gleicher Zusammen-setzung.

In Haschisch befinden sich aufgrundseiner besonderen Herstellung wesentlichmehr Harzteile als in der rohen Pflanze,es besteht vorwiegend aus den Cannabi-

oben: links leitende Gefäße des Stammes isoliert= Faserhanfsorte; in Grüppchen auftretend =THC-Sorte. — unten: links Schnitt durch denStengel einer Fasersorte; rechts THC-Sorte

noidreichen Harzdrüsen. Chemische Ex-trakte von Cannabis (Haschöl) bestehenim Idealfalle ausschließlich aus extrahier-tem und gereinigtem Cannabisharz.

Die Potenz einer Zubereitung ist auchabhängig vom Grad der Zerstörung derursprünglich vorhandenen THC-Menge.Bekanntlich bauen Licht, Luft und WärmeTHC zum unwirksamen CBN ab. Dies zuverhindern ist eine Frage der Lagerung.

CHEMIE

Ob wir Marijuana, Haschisch oder Hasch-Öl rauchen oder essen, es geht immer umdieselbe Wirkung. So schwer sie auch zubeschreiben ist: jeder weiß, was gemeintist. Ein paar Züge aus Pfeife oder Joint,ein paar Haschplätzchen und schon„stoned", „high" bekifft, breit oder wieman es auch ausdrücken mag.

Die erste wichtige Frage heißt: wassteckt dahinter? Offensichtlich liegt dasGeheimnis in der Hanfpflanze, aus derdas Grass (= Marijuana) oder Haschischhergestellt wurde, in ihrem Harz befindetsich das wirksame Prinzip von Cannabis(lat. für Hanf). Zusammen mit einer gan-zen Reihe chemisch ähnlicher Stoffe(= Cannabinoide) stoßen wir hier auf desRätsels Lösung in nur einer chemischenSubstanz:

(—) delta-9-Tetrahydrocannabinol,kurz: 9-THC.

Auf diesen Stoff kommt es bei der Psy-choaktivität praktisch ausschließlich an.Die anderen Cannabinoide können seineWirkung höchstens beeinflussen, abän-dern.

Wenn wir also von der typischen Can-nabiswirkung sprechen, reden wir immervon den Effekten dieses delta9-THC. Auchandere verwandte Cannabinoide habenihre Wirksamkeit, doch sind diese meistandersartig.

delta9 -THC ist also das Auge des Zyklons,um das sich der gesamte Wirbel dreht.Es kommt als Teil des Harzes nur beiCannabispflanzen vor. Die meisten ande-

ren Harzstoffe zählen zu den Cannabi-noiden (= den cannabinolartigen Verbin-dungen). Inzwischen sind wenigstens über60 natürlich vorkommende Cannabinoidebekannt, aber nur eine Handvoll sindmengenmäßig oder von ihren Eigentüm-lichkeiten her interessant.

Das delta9-THC ist uns bereits für seineWirksamkeit bekannt. Ebenfalls psycho-aktiv erweist sich (-) delta-8-THC, essteht dem delta-9-THC nur um wenigesnach. delta8-THC kommt unter natürlichenBedingungen nur in Spuren von etwaeinem Hundertstel der in einer Haschisch-probe vorliegenden delta9-Menge vor (Ver-hältnis delta9-THC zu delta8-THC in untersuch-ten Haschisch-Platten zwischen 99,5:05und 97:03). Bei synthetischen und halb-synthetischen Herstellungsmethoden fälltoft das chemisch stabilere delta8-THC an.

Zu den psychoaktiven Cannabinoidenzählt man auch das Tetrahydrocannabi-varin (THCV), das Propyl-Homolog zuTHC, bei dem die übliche Pentyl-Kette(mit fünf Kohlenstoffatomen = C5) desTHC durch die kürzere Propyl-Kette mitnur drei C-Atomen ersetzt worden ist.Bisher ist die Wirksamkeit am Menschenzumindest noch nicht sicher untersucht,Tierversuche L181 legen diesen Schlußallerdings sehr nahe. Die Wirkung setzt ra-scher ein als die von delta9-THC, klingt aberauch eher ab. Eventuell sind es Sortenmit einem hohen Anteil THCV an dergesamten Harzmenge, von denen man nurein, zwei Züge raucht, um wirklich bedientzu sein.

Bleiben wir bei den Seitenketten. Essind THC-Homologe mit kürzeren Ketten(Methyl L139 und Buthyl L118) gefun-den worden, allerdings in sehr geringenMengen, ihre Wirksamkeit ist unbekannt.Homologe mit längeren Seitenkettenkonnte man im Labor herstellen. IhreWirksamkeit lag ganz erheblich über dervon THC, man geht aufgrund von Tierver-suchen von Werten bis zum 500fachenaus (L55,113,191). Ob diese Verbindun-gen allerdings auch in der Natur vorkom-men ist fraglich.

Damit hätten wir die eindeutig psycho-aktive Abteilung der Cannabinoide bereitshinter uns gelassen. Es bleibt weiterhindas delta9-THC, das für uns von vordringli-chem Interesse ist. Wie in den meisten wis-senschaftlichen Veröffentlichungen zumThema bezeichnen wir das delta9-THC undseine mengenmäßig weniger interessantenebenfalls aktiven Verwandten delta8-THC,THCV und eventuell sonst noch vorhan-dene gemeinsam als THC.

Aus der Vielzahl der anderen nichtpsychoaktiven Cannabinoide wollen wirnur die besprechen, die von ihrem mengen-mäßigen Auftreten her interessant sind.D» wäre zuerst das Cannabidiol (CBD) zunennen. Dieser Stoff macht meist einenwesentlichen Anteil der Harzmenge aus.CBD ist selbst nicht psychoaktiv, es kannaber die Effekte des gleichzeitig in einemStück Haschisch oder Grass vorhandenenTHC beeinflussen. Die Wirkung von THCkann durch CBD zeitlich verzögert wer-den (sie setzt später ein als gewohnt) L183,kann aber durch diesen Einfluß länger er-halten bleiben. Die betäubenden/ermüden-den Eigenschaften des THC werden unter-stützt, die erregenden Wirkungen gemin-dert (L186). Oft wird einem hohen CBD-Anteil im Harz ein gewisser Effekt aufden Körper zugeschrieben, der sich schwe-rer anfühlt, träge wird, während der Kopfgar zu brummen beginnt.

Nun sollten wir Cannabinol erwähnen,einen weiteren wichtigen Mengenbestand-teil von Dope. Cannabinol (CBN) wirdnicht eigentlich von der Pflanze herge-stellt. Es ist vielmehr ein Abbauprodukt,das sich durch Oxydation (= Kontakt mitder Luft) und die Einwirkung von Lichtund Wärme aus THC (und CBD) bildet.Dfe Psychoaktivität des CBN ist nur ge-ring (etwa 10% des THC). THC zersetztsich immer mit der Zeit zu CBN, bei Wär-me schneller, ein wenig wünschenswerterProzeß, den man durch korrekte Verar-beitung der Cannabispflanzen und des Ha-schisch aus dem Wege gehen kann. Man ver-mutet wie bei CBD eine Beeinflussung dertypischen THC-Wirkung durch das CBN,der Einfluß bleibt jedoch klein L183,185.Es wird behauptet, daß CBN die verwirren-den Eigenschaften von THC unterstütze.

Mit THC, CBD und CBN haben wir diedrei wichtigsten Cannabinoide vor uns.Sie machen fast immer den Löwenanteildes Harzes aus. Aus ihrer Zusammenstel-lung ergibt sich die Qualität des Haschisch,Marijuana oder Haschöls. Die anderenCannabinoide sind von mehr wissenschaft-lichem Interesse als Zwischen- oder End-produkte der Synthesearbeit der harz-erzeugenden Zellen.

Es sollte jedoch unbedingt angemerktwerden, daß (neben CBN) weder THCnoch CBD von den Pflanzenzellen selbsterzeugt werden. In der frischen Pflanzefinden wir nur die Säureformen dieserVerbindungen, also THC-Säure (THCS)und CBD-Säure (CBDS). Beide Substan-zen sind selbst nicht psychoaktiv, sie müs-sen erst durch Decarboxylation (= derCarbonsäureast COOH des Moleküls brichtauseinander, das H-Atom bleibt am Mole-kül, CO2 entweicht) zu den aktiven che-misch neutralen Verbindungen THC undCBD umgewandelt werden. Hierzu istHitze erforderlich, je mehr Wärme desto

schneller findet dieser Vorgang statt.Ganz frisch geerntetes Grass sollte dahererst nach einer Hitzebehandlung gegessenwerden, beim Rauchen findet die Decar-boxylierung von allein statt.

Cannabichromen (CBC) ist zwar wahr-scheinlich selbst nicht psychoaktiv beiMenschen L121, findet sich aber mitun-ter in besonders wirksamen Cannabispflan-zen. Das gab zu der Vermutung Anlaß,daß es vielleicht die Wirkung von THC be-einflusse L137. Wahrscheinlich ist bei man-chen Extraktionsmethoden einiges des inder Pflanze vorhandenen CBC in CBDumgewandelt und entsprechend fälschlichals CBD gewertet worden. L119.137.

Sonstige Substanzen in Cannabis(außer Cannabinoide)

Wenn man sich in der Natur umschaut,findet man die meisten pharmakologischinteressanten Stoffe und hierunter bei-nahe alle psychotropen Stoffe in dergroßen Gruppe der Alkaloide (= basischeStoffe mit einem oder mehreren N-Ato-men, meist in einem Ring eingebaut, d.h.heterocyclisch). Beispiele für Alkaloide:LSD, Mescalin, Psilocybin, Atropin, Sero-tonin etc. Da lag es nahe, auch in Canna-bis Vertreter dieser wichtigsten Wirkstoff-gruppe zu vermuten.

Tatsächlich ließen sich einige Alkaloideisolieren: Cholin, Trigonellin, Piperidin,L-(+)-lsoleucin-Betain, N-(p-hydroxy-beta-phenyläthyl)-p-hydroxy-trans-cinnamid,Prolin, Neurin, Hordenin und Canna-bisativin (ein Verwandter des Spermedin).

Bisher konnte allerdings noch keinevon diesen Stoffen ausgehende Wirkungin Haschisch oder Marijuana nachgewie-sen werden, die Alkaloide liegen in sogeringen Konzentrationen vor, daß eineWirksamkeit auch recht unwahrscheinlicherscheint.

Für den charakteristischen Geruch vonCannabis sind die sehr flüchtigen ätheri-schen Öle verantwortlich. Die Cannabi-noide selbst riechen kaum. Die wichtigstenGeruchsstoffe sind: Caryophyllen, Humu-len, beta-Farnesen, alpha-Selinen,beta-Phellandren, Limonen und Piperidin.

Haschisch-Suchhunde sind auf Caryophyl-lenepoxid als Leitsubstanz abgerichtet,wohingegen sie auf beta-Caryophyllen, Hu-mulen und seine Epoxide trotz derenreichlichen Vorkommens nicht anspre-chen. Caryophyllenepoxyd findet sichauch in Hopfen (Humulus lupulus). Bei-fuß (Artemisia vulgaris), der Karotte(Daucus carota) und in Zingiber zerum-bet, weshalb die Hunde diese nicht vonCannabis unterscheiden können.

Alle sonstigen in Hanf vorkommendenStoffe entsprechen denen, die auch inden meisten anderen Pflanzen anzutreffensind: Kohlehydrate (Zucker, Stärke, Zell-stoff), Eiweiß, Fette, Mineralien, Wachse,Lignin (Holzstoff), Spurenelemente.

Interessant in diesem Zusammenhangsind nur Chlorophyll und weitere Farb-stoffe, welche z.T. für die unterschied-liche Färbung von Haschisch oder Mari-juana verantwortlich sind.

Die Spurenelemente haben zwar kei-nen Einfluß auf die Wirkung oder Wirk-samkeit von Cannabis. Man kann aberaufgrund der Spurenelement-Anteile inder Pflanzensubstanz manchmal auf ihrenUrsprungsstandort schließen. Dasselbegilt noch viel mehr für die vielfältigenVerunreinigungen, welche sich an denPflanzen absetzen, durch Wind und Re-gen beispielsweise. Oft gibt die Analysedes Staubes in der gerichtlichen (= foren-sischen) Untersuchung das Indiz für dieHerkunft des gefundenen Materials. Mansetzt einem zerriebenen Stück HaschischWasser zu und schüttelt kräftig. DieSchmutzteile sind wasserlöslich, die Harz-teile nicht. Im Reagenzglas setzt sich einSchmutzschlamm ab, welcher dann unter-sucht wird und mit Vergleichswerten(Bodenzusammensetzungen der verschie-densten Orte oder Gegenden) verglichenwerden kann.

Für die psychotrope Wirksamkeit istjedoch allein entscheidend der Anteilan (-)-delta-9-THC!!! Alle anderen Harz-substanzen sind nur insofern interessant,als sie die Wirkung von delta9-THC beein-flussen (bes. körperlich) können und zumgrundsätzlichen Verständnis der bio-che-mischen Vorgänge in der Pflanze nützlichsind.

CANNABINOIDEIM LABOR

Da haben wir Haschisch und Marijuanaund eine Menge Fragen. Fragen nach derStruktur der Inhaltsstoffe, nach derMenge, der Zusammensetzung, nach dernatürlichen Entstehung, nach der Wirk-samkeit im Menschen, nach dem Wir-kungsprinzip, nach der Gefährlichkeit.Die meisten Fragen lassen sich erst imLabor beantworten.

Zwar gab es schon seit den 40er Jah-ren eine gewisse Forschungstätigkeit aufdiesem Gebiet (TODD 146), aber erst die60er mit der deutlichen Zunahme desCannabis-Konsums brachten von denUSA ausgehend die Wissenschaftler rich-tig in Schwung. Zuerst ging es um dieIdentifikation der sehr ähnlichen Canna-binoide und um ihre Synthese. War dieserst einmal einigermaßen klar, konntedie Erprobung an Tieren und Menschenbeginnen, um sowohl das Wirkungsprin-zip zu verstehen, als auch über möglicheGefahren ein klareres Bild zu erhalten.Auch die Gerichtsmedizin brauchte so-wohl exakte Vergleichswerte, als auchgangbare Nachweismethoden, da die Zahlder „Cannabisfälle" stetig anstieg.

Vergessen wir einmal, daß besonders inder vorurteilsbeladenen Anfangszeit dieAussagen der Forschung einem bereitsvorgegebenen Ziel untergeordnet wurden,schließlich wollten die Auftraggeber = Re-gierungsstellen Ergebnisse sehen. Verges-sen wir auch, daß sich die Forschung nochimmer in ungewöhnlich naiver Weise überganz übliche Standardisierungsmethodenbei der Untersuchung hinwegsetzt. Den-noch ist einiges an abgesichertem undwertungsfreiem Wissen herausgekommen.Um einigermaßen verstehen zu können,wie dies erarbeitet wird und wurde, wol-len wir einen oberflächlichen Blick be-sonders in die brodelnde Zauberkücheder Chemiker werfen. Dies nützt sicher-lich auch dem Verständnis der häufig inder wissenschaftlichen Quellenliteraturgebrauchten Ausdrücke und eignet sichgleichzeitig als Grundlage im Verständ-nis von gerichtlichen Nachweismethoden,Haschölgewinnung, Teilsynthese undVollsynthese von Cannabinoiden.

Extraktionsverfahren

Um die Harzmasse von der restlichenPflanze zu trennen, bediente man sichfrüher der Destillation. Hanfblüten und-Blätter werden erhitzt, bis bei etwa250°C die Cannabinoide verdampfen.Diese Dämpfe werden dann abgekühlt,sie kondensieren. Der Harzniederschlagkann aufgefangen und entnommen wer-den. Etwas schonender geht die Vakuum-destillation mit den Harzstoffen um. ImVakuum verdampfen Substanzen bereitsbei sehr viel niedrigeren Temperaturen.Daher werden bei der Destillation unterVakuum nicht soviele Verbindungen zer-stört.

Eine weitere Aufspaltung der Canna-binoide gestattet diese Methode nicht,da die Siedepunkte der verschiedenenCannabinoide zu nahe beieinander liegen.Als Endprodukt erhielt man bei diesemprimitiven Verfahren ein sogennantes„Rotes Öl". Wegen der trotz Vakuumnoch immer ziemlich hohen Temperatu-ren wurde ein Teil der Stoffe verändert,sodaß das Destillat nicht dem in derPflanze ursprünglich vorhandenen Harzentsprach.

Sehr viel bessere Ergebnisse zeigt dieExtraktion des Harzes mittels geeigneterLösungsmittel. Cannabinoide sind fett-liebende Terpenophenole und können mitden meisten entsprechenden Lösungsmit-teln bestens ausgezogen werden. Beson-ders haben sich Leichtbenzin (= Petro-äther), Äther, Chloroform, Hexan, Ligrom,Äthyl-Alkohol, Aceton etc. bewährt. Can-nabinoide sind praktisch nicht wasserlös-lich. Man verwendet daher zur Extraktionbevorzugt nicht mit Wasser mischbareLösungsmittel.

Die getrockneten Pflanzenteile werdenin einem der beschriebenen Lösungsmitteleingeweicht und bei Zimmertemperaturstehen gelassen oder je nach Siedepunktdes Lösungsmittels (welcher möglichstniedrig liegen sollte, damit keine hohenTemperaturen verwendet werden müssen)bei 50-60°C im Rückfluß gekocht (= Re-fluxieren). Dann werden grobe undschließlich feine Pflanzenteile abgefiltert(Filterpapier, Filterwatte, Filterkohle,Tonerde etc.). Übrig bleibt eine Lösung

Harz in Lösungsmittel. Nun verdampftman das Lösungsmittel (50-60°C, imVakuum um 40°C). Zurück bleibt dasreine Cannabisharz in einer nur wenigveränderten Form.

Es soll hier noch gesagt werden, daßdie Carbonsäuren THCS und CBDS, dieVorstufen des späteren THC und CBD,sehr empfindliche Substanzen sind, dieselbst bei derartig schonender Behand-lung zu THC bzw. CBD decarboxylieren(Optimum bei 103°C) können. Zu ihrerUntersuchung waren daher besondere Me-thoden notwendig.

Fraktionierung

Durch Extraktion und Reinigung ge-winnt man ein äußerst zähflüssiges, sehrklebriges, leicht durchscheinendes Harz-öl, dem mitunter ein würziger Geruch(besonders bei Erwärmung) anhaftet.Wegen seiner honigartigen rötlich-bräun-lich-gelblichen Farbe und seiner Kon-sistenz ist diesem Produkt auf demschwarzen Markt die Bezeichnung „honeyoil" verliehen worden. Wir haben es hiermit einer gereinigten Sammlung aller indem betreffenden Lösungsmittel löslichenStoffe zu tun. Neben den Cannabinoidenfinden sich ätherische Öle (der Geruch)und -zig Harze und Wachse darin.

Um die Zusammensetzung der Canna-bisprobe zu ermitteln, muß dieses Ge-misch in seine Fraktionen geschieden wer-den. Wegen der zu eng beieinanderliegen-den Siedepunkte und der notwendigenHitze kommt die fraktionierte Destilla-tion dafür nicht in Frage. Zur Fraktionie-rung benutzt man allgemein chromatogra-phische Verfahren.

Chromatographie: Unter dem Begriff derChromatographie sind verschiedene Ana-lysemethoden zusammengefaßt, die eineTrennung von sehr ähnlichen Substanzenaufgrund des physikalisch-chemischenAdsorptionsprinzips erlauben. Das Funk-tionsmuster läßt sich am besten am Bei-spiel der klassischen Säulenchromatogra-phie erläutern:

Eine Glassäule wird mit aktiviertemAluminiumoxyd (Tonerde) gefüllt.Dies ist die stationäre = unbeweglichePhase. Das zu trennende Substanz-gemisch wird in einer Flüssigkeit (Ben-zol, Äther, Wasser, je nachdem) ge-löst. Man schüttet diese Lösung vonoben in die mit AlO2 fast gefüllteSäule. Wegen der Schwerkraft bewegtsich das gelöste Substanzgemisch nunzum Grund der Säule. Auf diesemWege bleiben etliche Moleküle desSubstanzgemisches in den Poren desAdsorptionsmittels hängen, dieser Vorgang wird Adsorption genannt. lmoberen Teil der Säule werden zuerstdie Substanzen aufgehalten, die beson-ders leicht adsorbierbar sind, es folgenin den tiefer gelegenen Schichten nach-einander die anderen Stoffe (ihrerAdsorbierbarkeit nach). Die Substan-zen des Gemisches sind schließlich inSchichten deutlich voneinander ge-trennt.

Wie kann man nun die einzelnen Stof-fe zur Untersuchung aus der Säuleherausbekommen? Man läßt soviel Lö-sungsmittel durch die Säule fließen,daß die bereits getrennten Stoffedurch ständige Auflösung und Neu-Adsorption weitertransportiert werden.Schließlich erreichen sie nacheinanderdas untere Ende der Säule, wo siedurch einen Hahn austreten und mansie mittels eines „Fraktionssammlers"in verschiedenen Gläsern auffängt, umsie dann weiter zu untersuchen. Manspricht vom „Eluieren".

Auch die anderen chromatographischenVerfahren funktionieren nach demselbenPrinzip. Immer gibt es zwei Phasen: 1. diemobile Phase, in der das Substanzgemischgelöst ist, und 2. die stationäre Phase,durch welche die mobile Phase hindurch-geleitet wird. Beim Passieren der stationä-ren Phase bleiben die Stoffe nacheinander(je nach Adsorbierbarkeit) an der statio-nären Phase hängen.

Säulenchromatographie (siehe oben): sta-tionäre Phase ist ein Feststoff (Tonerde,Quarzstaub, Aktivkohle etc.), mobilePhase ist eine Flüssigkeit, in der das zuuntersuchende Material gelöst ist. Läßtsich nur bei größeren Substanzmengenanwenden. Wird bei der Herstellung reinerCannabinoide verwendet, weil der Auf-wand oft geringer ist, als die Stoffe zusynthetisieren.

Dünnschichtchromatographie: DasselbePrinzip wie bei der Säulenchromatogra-phie, also stationäre Phase fest, mobilePhase flüssig. Der Vorgang findet aller-dings nicht in einer Säule, sondern aufeiner Glasplatte statt, welche mit der sta-tionären Phase dünn beschichtet ist(daher der Name). Die mobile Phase mitdem Untersuchungsmaterial läuft entwe-der von oben die schräg stehende Plattehinunter oder kriecht von unten wegender Löschblattwirkung (Kapillarität) diePlatte hinauf.

Bei Dünnschichtchromatogrammenwird oft die zu erwartende Laufzeit ange-geben. Man spricht von der „Entwick-lung" eines Chromatogramms. Die Dünn-schichtchromatographie eignet sich zur

Gaschromatographie: mit dieser Methodekönnen Gas- bzw. Dampfgemische unter-sucht werden (Cannabinoide verdampfenbei 200-300°C). Als stationäre Phase die-nen hochviskose, schwer verdunstbareFlüssigkeiten auf festen Trägermaterialien.Die bewegliche Phase besteht hauptsäch-lich aus einem Trägergas (z.B. Helium),mit welchem das ebenfalls gas(dampf)-förmige Untersuchungsmaterial transpor-tiert wird. Gaschromatographie findet in(z.B. 50 m) langen, sehr dünnen auf diebenötigte Verdampfungstemperatur (meist

Untersuchung geringer Substanzmengenund läßt sich ohne Schwierigkeiten aufstandardisiertem Material durchführen.Sie findet auch bei forensischen {= ge-richtsmedizinischen) Untersuchungen An-wendung. Die Substanzflecke des Chroma-togramms sind von selbst nicht sichtbar.Sie müssen erst mit einer Farbreagenz(z.B. Echtblausalz B) oder UV-Licht(—> Fluoreszenzmessung) sichtbar ge-macht werden.

ca. 240°C) angeheizten Metall-oder Glas-rohrschlangen statt. Die am Ende derSchlange nacheinander austretenden Stof-fe des Untersuchungsgemisches (immernoch dampfförmig) werden von sehrempfindlichen Detekoren registriert, diean einen Schreiber angeschlossen sind.Durch Eichung des Detektors mit den zuerwartenden Vergleichssubstanzen ist einequalitative und quantitative Untersuchungin einem Arbeitsgang auch bei äußerstgeringen Substanzmengen möglich.

Reagenzen: Um die unterschiedlichenCannabinoide nachzuweisen oder beieinem Dünnschichtchromatogramm sicht-bar zu machen, bedient man sich einerReihe von gängigen Reagenzen. DieseStoffe werden der Probe beigegeben oderauf das Dünnschichtchromatogramm ge-sprüht. Durch ihre charakteristische Farb-reaktion kann man die jeweilige Substanzidentifizieren.

DER NACHWEISVON CANNABINOIDEN

Ein solcher Nachweis kann aus dreierleiGründen interessant sein:

1. Für den Konsumenten, der gern wissenmöchte, welche Qualität sein Cannabishat, oder der sich für die Anteile von CBDund THC in einer Cannabis-Probe interes-siert.

2. Für das Gericht, dem es um den Nach-weis von Cannabis und damit Gesetzes-verstoß geht. Nachweis in Pfeife oderKippe, Nachweis in Körperflüssigkeiten.

3. Für den Wissenschaftler, der exakteErgebnisse bei seinen Forschungen benö-tigt.

Es würde den Rahmen dieses Buchessprengen, die in der Forschungsarbeitüblichen Testmethoden genau zu beschrei-ben. Sie sind nur für wenige Menscheninteressant und durchführbar, die sichohnehin in diesen Fragen auskennen.Dem Wissenschaftler kann es nie aus-reichen, grundsätzlich zu wissen, daß

mehr oder weniger Cannabinoide in sei-nem Untersuchungsmaterial enthaltensind. Er wird zuerst die vorhandenenCannabinoide durch chromatographischeMethoden (Säulenchromatographie beigroßen Mengen, Dünnschichtchromato-graphie bei kleinen Mengen, Gaschroma-tographie bei sehr kleinen Mengen) auf-spalten und dann mittels Farbreagenzien(Beam-Reagent, Echtblausalz, Duquenois-Reagent etc.) oder UV-Licht (= Fluores-zenzmessung) oder geeichten Vergleichs-daten am Massenspektrometer (mit Gas-Chromatographie) einzeln untersuchen,sowohl auf Anwesenheit als auch aufMenge. Ihm ist es mit aufwendigen Appa-raturen auch möglich, beispielsweise dieoptische Aktivität (= Drehwert = (-)-delta-9- oder (+)-delta-9-THC) und sonstigeFeinheiten zu messen

All dies ist schon für den Gerichtsmedi-ziner von nur geringer Bedeutung. Ihmgeht es in der Praxis meist darum, anhandgefundener Gegenstände einem Verdäch-tigen den Umgang mît Cannabis nachzu-weisen. Ihm ist es dabei ziemlich gleich-gültig, in welchem Verhältnis CBD undTHC in einem Haschischkrümel stehen.Er wird hauptsächlich mit Farbreagenzohne vorherige chromatographische Auf-

spaltung des Untersuchungsmaterials ar-beiten. Finden sich Cannabinoide (egalwelche, alle sind gleich illegal!) in Pfeifeoder Jointstummel (z.B. cannabinoidhal-tiges Kondensat im Filter), Kuchenkrü-meln oder Verpackungsmaterial, an Waa-gen, Messern, unter Fingernägeln, imAuto etc., ist der erste Beweis erbracht.Dem Gerichtsmediziner oder Gutachtergeht es um rationelles, zügiges Arbeiten.Er kann sich nicht mit aufwendigen Testsaufhalten, meist stehen ihm die Mitteldazu auch nicht unbegrenzt zur Verfü-gung.

Wieder anders liegen die Interessen desKonsumenten. Er möchte wissen, welche„Qualität" seine Ware hat. Ihn interessie-ren Mengenanteile an THC, CBD undCBN. Aber er hat nicht die Ausrüstungdes gerichtsmedizinischen oder wissen-schaftlichen Labors zur Verfügung. Ersucht also nach gröberen Untersuchungs-methoden, die mit möglichst wenig Geld-und Zeitaufwand und ohne sehr auffälligzu sein ihm seine Fragen ungefähr beant-worten können. Hier bietet sich ebenfallsvor allem das Arbeiten mit Farbreagenzenund die Untersuchung der Fluoreszenzunter UV-Licht an.

FARBREAKTIONSTESTS

0,1 g Grass (pulverisiert)in 5 ml Petroäther 15 min ausziehen.

Filtern.1 ml der Lösung in2 ml 15% HCI in Äthanol.

Es entstehen zwei Schichten.Rote Farbe zwischen den Schichten: Cannabinoide anwesend.Nach Schütteln obere Schicht farblos, untere orange-rosa,entfärbt sich bei Zugabe von 1 ml Wasser,

oder:1 ml des Petroätherextraktes eindampfen2 ml Duquenois-Reagenz zugeben (hergestellt aus 12 Tropfen Acetaldehyd

1 g Vanillin50 ml Äthanol)

2 ml HCI zugeben und rühren. 10 Minuten stehen lassen und2 ml Chloroform zugeben.

Schütteln und die Trennung in zwei Schichten abwarten.Chloroform-Schicht purpur: Cannabinoide anwesend.

CBD-TEST

Da man zwischen CBD und THC in der Probe unterscheiden möchte, wird zuerst derCBD-Gehalt mit dem Beam-Test überprüft:

1 g Marijuana oder 0,25 g Haschisch 5 Minuten bei ca. 95°C trocknen.fein zerstoßen in 10 ml Lsgm. ( Petroäther, Benzol, Methylenchlorid etc.)auflösen, schütteln und 10 Minuten stehen lassen.Filtern und 0,2 ml der gefilterten Lösung in einer kleinen weißen Keramikschaleoder einem kleinen Reagenzglas eindampfen (bei ca. 60-80°C über einer Heizplatteoder im Wasserbad verdunstet das Lsgm.)

Es werden

4 Tropfen 5%iges Kaliumhydroxid (= herstellen aus 5g festem KOH in 95ml 95%igemÄthanol) dem eingedampften Rückstand beigegeben. Nach etwa 5 Minuten tritt eineviolette Färbung auf. Ein paar Körnchen Zucker intensivieren die Farbreaktion.

Zu Verglerchszwecken kann man gleichzeitig eine Probe mit bereits bekanntem CBD-Ge-halt testen. Wer ein Kolorimeter zur Hand hat, kann sich so sogar eine Vergleichstafelschaffen. Ohne diese Hilfsmittel lassen sich die Farben auch mit dem bloßen Auge ver-gleichen und aufgrund der Intensität kann man den vergleichsweisen CBD-Gehalt ab-schätzen. Man kann sich die Farbe der Vergleichsprobe auch mit einem gleichfarbigenbunten Papier, Buntstift oder einer mit dem Malkasten angerührten identischen Farbemerken.

THC-TEST

Hat man die Probe auf CBD hin getestet, soll die nächste Untersuchung dem THC-Gehaltgelten. Leider ist bisher keine Reagenz bekannt, die nur mit THC reagiert, viele andereCannabinoide wirken auf die Reagenzen in der gleichen Weise wie THC. Mit dem näch-sten Test untersucht man daher den Gehalt an Cannabinoiden insgesamt. Zieht man vondiesem Ergebnis die bereits untersuchte CBD-Fraktion ab, kann man sich ein ungefähresBild desTHC-Gehaltes machen (es sei denn, besonders viel CBN hat sich bereits durchAbbau gebildet = nur bei altem Cannabis).

Test auf Cannabinoide insgesamt:

(Duquenois-Test [wie oben])Herstellung des Extraktes wie beim Beam-Test. Darauf4 Tropfen Duquenois-Reagenz (= hergestellt aus 0,4 g Vanillin,

5 Tropfen Acetaldehyd in20 ml 95%igem Äthanol)

dann 8 Tropfen konzentrierte Salzsäure. Mischen und 10 Minuten stehen lassen.

Es tritt eine violette Farbe auf, die wieder mit einer Probe von bekanntem THC-Gehaltverglichen wird. Fällt die Färbung zu dunkel aus, wird die Lösung mit Lsgm. entspre-chend verdünnt. Ist die Färbung zu schwach, muß mehr Probematerial oder wenigerLsgm. verwendet werden.

DÜNNSCHICHTCHROMATOGRAPHIE

Das Wesen der Chromatographie liegt inder Aufspaltung des zu untersuchendenMaterials in seine einzelnen wenn auchähnlichen chemischen Bestandteile. Dieskann mit Adsorbensmaterial wie Silicagel(= SiO2) oder Aluminiumoxid in einerhohen Glassäule geschehen. Die nachein-ander aus der Säule austropfenden mitLsgm. vermischten Fraktionen (= Eluate)enthalten jeweils eine Verbindung, diemit Farbreagenzen oder/und Fluoreszenz-test untersucht und bestimmt werdenkönnen.Sehr viel einfacher und auch bei geringenMengen läßt sich die Dünnschichtchroma-tographie durchführen. Auf eine dünn mitSilicagel oder Aluminiumoxid beschichte-te Platte wird an einem Ende ein TropfenCannabis-Extrakt in einem Lsgm. wiePetroäther, Chloroform etc. gegeben (mitPipette oder Spritze). Die Platte wird nunsenkrecht in ein Schälchen mit etwasLsgm. gestellt (ein geschlossener Behälterdarum herum begünstigt die „Entwick-lung" des Chromatogramms). Durch dieKapillarwirkung der auf der Platte befind-lichen Adsorbens wird Lsgm. wie miteinem Löschblatt nach oben gezogen. Diesogenannte „Lösungsmittelfront" erreichtzuerst den Ausgangspunkt mit demExtrakttropfen und schwemmt dann dieCannabinoide mit sich die Platte herauf.Dabei bleiben die einzelnen Cannabinoide(je nach ihrer Struktur oder man könntesagen „Schlüpfrigkeit") der Reihe nachauf der Strecke hängen. Um die getrenn-ten Substanzen auf dem Chromatogrammsichtbar zu machen, besprüht man diePlatte mit einer Farbreagenz (z.B. Echt-blausalz). Dann zeichnen sich die einzel-nen Cannabinoide mit unterschiedlicherFärbung als Flecken ab. Größe undFarbintensität lassen Schlußfolgerungenauf die Mengenanteile der betreffendenCannabinoide zu.

GERICHTSMEDIZINISCHE ASPEKTE

Zur Untersuchung kommen:

Haschisch, Marijuana, Cannabis-Öl, syn-thetische Cannabisprodukte und derenReste oder Spuren in Verpackung, Ver-steck, Zufallsspuren.

Halbverbrannte Cannabisreste in Pfei-fen und Joints (auch mikroskopische Un-tersuchung. Hier werden die stabilen Zy-stolithenhaare als Hauptindiz gewertet),Cannabis-Kondensat als Rückstand inPfeifen (ungereinigte Rohre etc.). Fil-tern oder Kippen (also auch in Aschen-bechern).

ANBAU

ANBAUZIELE

FaserFasersorten. Möglichst dichter Stand( 5 x 5 cm), damit wenig Seitenäste ge-bildet werden. Ernte der Faser. Röste (=Bakterien und vor allem Pilze zersetzendie nicht faserigen Anteile der bereitsvon den Blättern befreiten Stengel).Brechen (= Trennung der Fasern von-einander) , Kämmen (Parallel-Legen derFasern). Verspinnen etc.

ÖlÖlsorten. Bleiben meist recht klein, blü-hen früh und reichlich. Großsämige Sor-ten. Schnitt der Pflanzen vor Ausfallender Samen. Dreschen. Weiterverarbeitungder Samen (30% Ölanteile). Öl als Grund-lage für Farbenherstellung.

THC

1. möglichst viel THC jePflanze = große Pf tanzen, dichter

WuchsFläche = große, dichte, möglichst ge-

haltreiche PflanzenGewicht = gehaltreiche SortenArbeit = möglichst wenig notwendi-

ger Arbeits- und GeldeinsatzRisiko = möglichst effiziente Ausnut-

zung der gegebenen Möglich-keiten,

Ideal: möglichst hohe Flächenausnutzungbei größter Wuchsdichte und Wirkstoff-reichtum bei gleichzeitig möglichst gerin-ger Auffälligkeit. Große Pflanzen undTarnung schließen sich oft aus.

ANBAU AUF DEM FREILAND

Beim Freilandanbau kann Cannabis als ein kalkliebender, anspruchsloser, ausgespro-chener Starkzehrer betrachtet und entsprechend behandelt werden. Cannabis wächstfast überall (in manchen Ländern sogar als Unkraut!), wird kaum von Schädlingen be-fallen und erweist sich auch sonst als robust.

BODEN

Sand (,,leicht") . geringes Wasserspeichervermögen, meist geringer organischer Anteil,meist nährstoffarm- daher: Bodenbedeckung (Belebung und Feuchtigkeit), Kompost(Belebung und Düngung), Düngung, Bewässerung

Ton („schwer") . naß, klebt, zuwenig Luft, zu hart, meist nährstoffreich- daher: Lockern, mit organischem Material (z.B. Kompost) verset-zen, Sand zuschlagen (Struktur), Hügeln (Entwässerung)

Lehm zwischen Ton und Sand. Hoher Sandanteil, daher Entwässerung undlocker. Tonminerale daher nährstoffreich und feucht. AusgeglicheneBedingungen, daher oft mehr Bodenleben.

Erwünscht ist ein Boden, wie er sich für den Anbau von Gemüse eignet. Locker (biologi-sche Gare), klumpt nicht beim Zusammenpressen. Gut entwässernd (keine stauendeNässe) und feucht (keine sofortige Austrocknung), nährstoffreich (= üppiger Wildwuchs,Unkraut wie Löwenzahn, Gänsefuß, Kerbel, Bärenklau etc.), reich an organischer Sub-stanz (= Erdgeruch, braune bis schwarze Farbe), belebt (viele Regenwürmer, Erdgeruch),ausgeglichener pH-Wert (6,5-7).

TESTEN

Entwässerung . . . 70 cm tiefes Loch graben und mit Wasser füllen. Nach einer Stundefortgelaufenes Wasser ersetzen.Nach 24 Stunden kein Wasser im Loch: gute Dränage;nach 24 Stunden noch Wasser im Loch: mangelhafte Dränage.

pH-Wert Lackmuspapier, Nitrazin-Film oder Flüssigreagenz (Zoohandlung, fürAquarien). Farbveränderung mit Tabelle vergleichen.

Nährstoffe Umgebende Vegetation, auch Unkraut. Je üppiger desto besser.

Bodenprobe bei privaten oder öffentlichen Instituten (Adressenvon Landwirtschaftskammer oder Bauernverband).

Struktur Handvoll Erde zusammenpressen. Klebt = viel Ton. Hält gar nicht zu-sammen = viel Sand (Sandkörner sichtbar). Backt etwas zusammen,zerfällt jedoch ohne Schwierigkeit, schmiert nicht = Lehm.

NÄHRSTOFFE

Mittlerer Bedarf an P und K. Wird meist aus dem Boden gedeckt. Hoher Bedarf an N (ca.250 kg/ha/Jahr). Muß wenigstens teilweise durch Düngung ersetzt werden.Sonstige: meist im Boden enthalten.

N als NH4 = AmmoniakNO3 - NitratNO2 = Nitrit

P 99% des Vorrates im Boden nicht pflanzenverfügbar. Wird erst durchReaktion mit organischen Säuren (aus Rotte) frei.

K genügend in Tonböden, weniger in sauren Böden, Mangel in Torf undSumpferde. Diese können K nicht lange halten. Stockung bei Aus-trocknung des Bodens.

Mg meist genügend. Bedarf 0,5-1 kg/100 m2 als Dünger.Mg = mal 8 bei Verwendung von Dolomit

mal 5 bei Verwendung von Magnesiumsulfat

Spurenelemente Mangel sehr selten. Behandlung durch direkteSpritzung mit flüssigem Spurenelementdünger.

DÜNGUNG

Düngung soll Nährstoffe anbieten und entnommene Nährstoffe ersetzen.

NÄHRSTOFFE

Sehr hoher Nährstoffbedarf, da extrem schnellwüchsig (täglich 2-5 cm Größenzuwachs,aber auch bis zu über 10 cm) und ungewöhnliche Massenentwicklung.

Bedarf: Stickstoff: hochPhosphor: mittelKalium: mittelKalk (siehe pH): hoch

Düngung — Bedarf: N: besonders zur Blattentwicklung. Eiweiß, Hormone, DNSP: Keimung und Blüte. Transportstoffe NADP und ATP.K: für kräftige Stengel. KrankheitsresistenzCa: Lipoidsynthese (als Coenzym), normale ZellteilungS: manche Aminosäuren und Proteine, VitamineMg: Proteinsynthese, Kohlehydratstoffwechsel, wichtig für

Chlorophyllmolekül

Spurenelemente: Katalysatoren, Enzyme, Coenzyme

Überangebot: triebiges, mastiges Wachstum, geringere Standfestigkeit, höhereKrankheits- und Schädlingsemfindlichkeit.

Zu geringesAngebot: gestörtes (= weniger) Wachstum, Mangelkrankheiten, Empfindlich-

keit.

DÜNGER, ORGANISCHE

Komposterde: Erstaunlich hoher Nährstoffgehalt kann durchaus den Werten von Frisch-mist entsprechen. Die Nährstoffe sind locker an Huminsäuren gebunden (Adsorption),was sie vor Auswaschung schützt und dennoch sofort für die Pflanzen verfügbar hält.Idealer billigster Dünger. Nicht triebig!

Rottezustand: unverrottete tierische Dünger (Mist, Horn-, Blutmehl) aber auch Guanowirken sehr triebig auf die Pflanzen. Der Mistgeruch kann obendrein Schädlinge anlok-ken. Mindestens eine gewisse Kompostierung ist daher zu empfehlen.

SPEZIALDÜNGERIn Fachgeschäften gibt es inzwischen auch,meist aus Holland importierten Spezialdün-ger, z.B. Bio-Soil. Dieser enthält nach Anga-ben der Hersteller, in jahrelangen Versu-chen entwickelte und getestete Nährstoff-mischungen, die eine für die Hanfpflanzeoptimale Nahrung bieten: "Stickstoff istwichtig während des Wachstums. Phos-phor fördert das Aufschwellen der Blüten-konusse. Kalium gibt der Pflanze Kraft, fest-es Wurzelwerk und Widerstand gegenKrankheiten. Magnesium ist wichtig für denStoffwechsel der Pflanze, es unterstützt dieAufnahme von Licht und Nährstoffen undhilft somit beim Bau neuer Pflanzenzellen.Die Bodenmischung sollte einen pH-Wertzwischen 6 und 7 haben."

HYDRO-NAHRUNGImmer mehr Heimzüchter verwenden stattMuttererde ein Anbausubstrat, z.B. Stein-wolle und Hydrokörner. Ich unterstelle die-sen Materialien, daß sie dafür verantwort-lich sind, daß holländische Tomaten nachnix schmecken. Mit Verlaub. Natürlich gibtes auch hierfür einen Spezialdünger. SensiSeed bietet 'komplette Nahrungspakete,die alle wichtigen Haupt- und Spurenele-mente enthalten'. Diese Hydronahrung ver-bessert den Blumensatz, die Blütenent-wicklung und Größe der Pflanzen, so die An-bieter.Man verzeihe mir meine Skepsis beim Ein-satz von Steinwolle. Gerade da diese als po-tentiell krebsgefährdend aus dem Bauge-werbe verbannt und dort wahrscheinlich aufDauer durch Hanfdämmstoffe ersetzt wird.Da krümmt sich der Naturkostler in mir. In-zwischen wird entsprechende Hanfwolleaus Ungarn angekündigt...

ABLAUF DER KULTUR

SAATGUT

Beschaffung: Samen werden aus handelsüblichem Grass herausgelesen. Das beste Grassenthält die besten Samen (= Erbmasse). Samen kaufen, Headshops vorwiegend im Aus-land (Holland, England, USA), Versandhandel (Ausland).

Auswahl der Sorte: Wirksamkeit. Bestes Grass meist beste Samen. Mexiko, Jamaika,einheimische Züchtungssorten: kürzere Entwicklungszeit (6 Monate). Kolumbien, AfrikaSüdostasien (Thailand): längere Entwicklungszeit (8-9 Monate).

Aussehen: Farbe zwischen beige und schwarz, vorwiegend bräunliche Töne, oft marmo-riert. 3-7 rnm lang. Eine Seite spitz zulaufend, eine Seite abgeflacht (an der Basis sindReste des Trennungsgewebes zu erkennen). Schale hart und mit Wachs überzogen. Manwählt die größeren, rundlich plumpen Samen aus. Unreife Samen sind grünlich oderweißlich. Sie keimen nur ungleichmäßig. Unvollständige Samen, Samen die sich zer-drücken lassen (innen verrottet = Sporenstaub und hohl = schwimmen im Wasser, ge-sunde gehen unter), Samen mit ungewöhnlicher Färbung (zu glänzend oder zu matt,seltsame Farben) und unreife Samen werden nicht verwendet.

- keine außergewöhnlich großsamige Sorte (4-6,5 mm lang), da evtl. Faserhanf.Bedenken entfallen bei Samen aus Handelsmarijuana.

- mehrere Sorten werden gleichzeitig angebaut. Dadurch Erfolgs-/Mißerfolgsstreuung.Spezialisieren im nächsten Jahr möglich.

Maße und Gewichte: 30-70 Samen wiegen 1 g. Ca. 1200 Samen passen in eine Filmdose.Ca. 50% Gewichtsanteil von üblichem Grass (Kolumbien) besteht aus Samen.

Keimfähigkeit: Über 90% bei reifen, frischen Samen. Nach einem Jahr 40%. Keimfähig-keit nimmt mit zunehmendem Alter ab. Kühle Lagerung verlangsamt den Prozeß. BesteLagertemperatur: 2-3°C. Nachteile durch Tieffrieren.

Test: Abgezählte Samenmenge läßt man zwischen nassen Tüchern (oderWatte, Papier, Stoffen etc.) keimen. % der gekeimten Samen ent-sprechen etwa der Keimfähigkeit des verwendeten Saatgutes.

SAMENWAHL - ZÜCHTERQUALBeschaffte man sich vor zehn Jahren nochHanfsamen handverlesen aus Vogelfutter-mischungen, in der Hoffnung, dabei einenpotenten Treffer zu landen, so hat sich dieSamenszene inzwischen grundlegend ge-wandelt. Dies wird vor allem auch dadurcherleichtert, daß der Besitz von Hanfsamengegen kein deutsches, geschweige dennniederländisches Gesetz verstößt.

Sowohl in den USA als auch in Holland be-schäftigen sich einige Hanf-U'dope-istenseit nun mehr als zwanzig Jahren erfolg-reich mit der Entwicklung besonders wirk-stoffreicher Neuzüchtungen, Und, HolySmoke, das ist ihnen extrem gut gelungen.So gut, daß sich manch traditionelle Canna-biskonsumenten mit Grausen an ersteholländische Rauchproben erinnern: dasZeugs ist mitunter verwirrend stark. Ob-acht!

Hier möchte ich einige der neuen Marken-nemen/Sorten vorstellen:

SKUNK 1 = Eine ursprüngliche Sativa/lndi-ca-Kreuzung, momentan die am meisten er-probte reine Sorte. Besonders für den Glas-hausanbau geeignet.DURBAN = Eine sehr früh reifende Sorteaus Südafrika. Eine der besten Freilandsor-ten.SILVER HAZE = Lange Blütezeit, psychede-lische Rauchwirkung. Keine Spitzenerträge,aber Spitzenwirkung.NORTHERN LIGHTS-5 = Eine sensationelleKreuzung zwischen Indica & Sativa. Extrempotent, das stärkste Sativa-High. Hohe Er-träge.

Allein bei der Firma Sensi Seed werden imAugenblick über zwanzig verschiedene Sa-menzüchtungen angeboten. Sie gelten alsteure, wenn auch potente Souvenirs ausAmsterdam, wobei es keinen Versandhan-del bei dieser Firma ins Ausland gibt. Fragim nächstbesten Head-Shop nach Bezugs-möglichkeiten.

Die Züchtungen in Holland sind so bemer-

kenswert, daß selbst das ZEIT-Magazineinen großen Bild-Beitrag zum Thema publi-zierte: "Der hohe Wirkungsgrad ist durchGenmanipulation erreicht worden. Denholländischen Botanikexperten ist es mitHilfe von amerikanischem Know-how gelun-gen, die Menge des harzigen Sekrets, dasdie Pflanze ausscheidet, um ein vielfacheszu steigern. Dieses zuckrige Harz enthältden Wirkstoff THC. Durch die Kreuzung vonCannabis-lndica-Sorten mit Cannabis-Sativa-Sorten entstanden kurzstielige Hanfsorten.Sie gedeihen besonders gut in Räumen,haben im Vergleich zu reinen Indicas einerelativ kurze Blühphase (sechs bis acht Wo-chen) und tragen große Blüten. 'EineMenge Masse`, sagt Ari. 'Sieh mal! FünfzigGramm im Trockenzustand, sind sie nichtwunderschön?""Saatgut züchten ist ganz einfach", sagtAdrian Jansen, der an der Universität Am-sterdam Wirtschaft und Geographie lehrtund eine Studie über die Haschischcafé-Kul-tur verfaßt hat, die inzwischen ein Klassikerist. "Man braucht nur eine Tüte Skunk-Samen zu kaufen, die kreuzt man mit..."

CHEMOTYPEN

Klassifizierung derTHC/%Um eine möglichst übersichtliche Einteilungder durchschnittlichenTHC/CBD/CBN/THCV-% zu schaffen, wur-den die einzelnen Sorten in sog. „Chemoty-pen" eingeteilt. Dies verschafft einen gutenÜberblick über die relative Potenz einzelnerHerkünfte.Typ 1: Viel THC, wenig CBD. Einige derbesten Marijuana-Sorten der Welt, Marok-ko, Nordindien, Brasilien, Südafrika, Mexico,Jamaika, Kolumbien.Typ 2: Zwischengruppe. Viel CBD bei mit-tel bis viel THC. Afghanistan, Pakistan. Vorallen Dingen zur Hasch-Herstellung.Typ 3: Hoher CBD-Gehalt steht wenig bisüberhaupt kein THC gegenüber. Zur Faser-gewinnung. Italien, Frankreich. Nicht alsRauchmaterial zu empfehlen!Typ 4: Viel THC und THCV (potenziertTHC) bei wenig CBD und CBN. Spitzenwa-re. Kolumbien, Indien, Thailand. Zwi-schengruppe von TYP 1 und Typ 2. EinzigerUnterschied: hoher Anteil THCV.

SAAT

Zeit: wie Mais, also April. Nach dem letzten Frost. Früher lohnt nicht.Oder Vorkultur im Hause 1-6 Wochen vor möglicher Freîlandsaatzeit.

Abstände: entsprechend dem Durchmesser der Büschekolumbianisch, jamaikanisch 1—2 m 2—3,5 m hochmexikanisch 0,8—1,5 m über 2,5 m hochindisch, ostasiatisch, zentr. Afrika 0,6—0,9 m bis 2,5 m hoch

Reihenabstand: 60-180 cm

Abstand inder Reihe: alle 10—20 cm ein Same bei Direktsaat

alle 30—100 cm (je nach Sorte) eine erwachsene Pflanze (erst dichterstehen lassen, dann bei Bedarf ausdünnen!)

Dichter Stand bedeutet weniger seitliche Verästelung, weniger Blät-ter und mehr Stengel sowie hohe Pflanzen. Durchmesser der Pflan-zen kann durch zweifaches Beschneiden— 1. Schnitt in der vierten Woche,

2. Schnitt in der achten Woche -durchaus verdoppelt werden. G leichzeitig weniger Höhenwuchs (= Tar-nung!).

Himmelsrichtung: Ausrichtung der Reihen Nordost bedeutet 10% mehr Licht als Nord/Süd-Pflanzung.

Mengen: 85 Samen = 1 g20 g Samen je 100 m2 (1 Same alle 10 cm, 60 cm Reihenabstand bei100% Keimfähigkeit oder 450 g Samen je 100 qm breitwürfig). Saatbedecken oder leicht einrechen.

Saat inBodenbedeckung: Bodenbedeckung beiseite rechen, in Furche säen.

Keimung: dauert 3—10 Tage. Erde mit Folie (transparent oder schwarz) er-höht günstig die Temperatur. Unbedingt feucht halten!

Sämlinge: 2—5 cm hoch. Zum Schutz gegen Frost und starken Regen durch-sichtige Plastikbecher (0,2 l) überstülpen.

Improvisiertes Treibhaus: Pflock am Anfang und Ende der Reihe,steht 40 cm aus dem Boden heraus. Schnur spannen, durchsichtigePlastikfolie darüberspannen. Seitlich mit Steinen oder Bohlen be-schweren.Kalter Kasten: beweglicher ungeheizter Kasten. Rahmen zimmernund mit dicker durchsichtiger Folie bespannen. Für die ersten zweikritischen Monate. Je m2 kalter Kasten können ca. 15 acht Wochenalte Pflanzen stehen.

Sämlinge unter Folie oder Glas unbedingt abhärten (= immer häufi-ger lüften und die kältere Umgebungsluft an die Jungpflanzen gelan-qen lassen. Zuerst nur tagsüber etc.).

AUSDÜNNEN

Zu dichter Stand bedeutet Aufstengeln (= dünne hohe Pflanzen ohne Seitenäste mit we-nig Blattern, Kampf ums Licht). Daher rechtzeitig ausdünnen, wenn sich die Pflanzen zudrängen beginnen. Mehrmals bei Bedarf ausdünnen.

1. Überzählige Pflanzen am Boden abschneiden — oder:2. Überzählige Pflanzen in der Mitte abschneiden. Sie konkurrieren nicht mehr mit dengroßen Exemplaren, geben eine kleine Ernte und schützen den Boden vor Unkrautauf-wuchs (entspricht einer Zwischenfrucht mit z.B. Klee).

AUSPFLANZEN

1. Gießen2. Jungpflanze mit möglichst viel Wurzelballen herausnehmen3. Ins Pflanzloch (evtl. halb mit Kompost gefüllt) setzen4. Andrücken und gießen.

Bei bedecktem Wetter pflanzen, sonst dörrt die Sonne die Setzlinge aus.

Bei Auspflanzung von Pflanzen in Torftöpfen die Töpfe seitlich mit dem Messer ein-schneiden, damit die Wurzeln besser nach außen (= nach der Pflanzung also in den Gar-tenboden) gelangen können.

BEWÄSSERUNG80% der Pflanze ist Wasser (=H2O)99% des Wassers wird über die Wurzeln aufgenommen99% hiervon wird unverändert ausgeschwitzt (= Transpiration)

1% wird in Wasserstoff (= H) und Sauerstoff = O) aufgespaltenund mit CO2 und Lichtenergie bei der Photosynthese zu Kohle-hydraten (= Zucker, Stärke, Zellulose) verwandelt.

Sämlinge: 1. Woche: Boden ständig gleichmäßig feucht.2.—4. Woche: Gießen, wenn Boden bis in 5 cm Tiefe ausgetrocknet ist.

Gießkanne oder Schlauch mit Düse. Nie direkt auf die Pflanzen. Vor-sichtig gießen! Reichlich gießen, Wasser soll tief in den Boden drin-gen. Wurzeln wachsen dem Wasser nach in tiefere Bodenschicht =bessere Entwicklung des Wurzelwerks durch selteneres aber dafürreichliches Gießen.

ab 4. Woche: Wenn Boden bis 14 cm tief trocken, gießen! Ausnahme: vor-her treten Mangelerscheinungen (= Welken) auf. Lieber selten undkräftig als oft und wenig gießen. Nur so entwickelt sich tiefgründi-ges Wurzelwerk. Praktisch: 1—4 mal je Monat (je nach natürlichemNiederschlag).

Bodenbedeckung (= Mulche und Folien etc.) mindern Verdunstung der Bodenfeuchtig-keit um etwa die Hälfte.

Methoden: Gartenschlauch mit Düse, Gießkanne, Rasensprenger. Nie mit scharfem Strahlwässern, weil sonst die Erde weggespült wird oder wenigstens verschlämmt. Langsamwässern. Möglichst nicht direkt auf die Pflanze. Nicht in direktem Sonnenlicht, besteTageszeit: spätnachmittags bis abends.

Pumpen: Motorpumpen (Benzin = sehr laut, aber leistungsstark). Strom - leise und lei-stungsstark, aber wo ist der nächste Anschluß?), Fußpumpe = (weniger ermüdend alsHandpumpe), Windmühlenpumpe (meist sehr auffällig und zu aufwendig), Wassermühlen-pumpe (= an Bächen und Flüssen zu verwenden).

UNKRAUT

Raubt der Kulturpflanze Nährstoffe, Wasser, Licht. Daher Jäten. Unkraut in der Nähedes Stammes deiner Cannabis-Pflanze nicht rabiat herausreißen, da so auch das Wurzel-werk der Cannabispflanze beschädigt würde. Besser am Boden abschneiden oder ab-hacken.

Vorbeugung: Bodenbedeckung mit Mulchmaterial oder Folien, Papier etc., Zwischen-frucht mit z.B. Klee oder Lupine etc.

STÜTZEN

Selten nötig. Stabilen Pfahl 15 cm vom Stengel entfernt in die Erde treiben. Pflanzelocker mit Draht, Bindfaden, Gummi etc. befestigen.

BRÜCHE

Ist der Stamm oder ein Ast gebrochen, bringt man ihn in korrekte Position, schient miteinem Stück Holz, bandagiert mit Klebestreifen. Heilung nach wenigen Tagen.

BESCHNEIDEN

Warum? 1. höhere Ausbeute2. unauffälligere Form3. Dope vor der Ernte

Wuchshemmendes Hormon: Ein wuchshemmendes Hormon wird von der oberstenTriebspitze der Pflanze hergestellt. Es sorgt dafür, daß die oberste Triebspitze nicht inKonkurrenz zu anderen ebenfalls aufschießenden Seitentrieben stehen muß. Je näher einPflanzenteil an dieser hormonabsondernden Triebspitze ist, desto mehr ist ihr Wuchsgehemmt.

Schneidet man die oberste Triebspitze des Stammes ab, können etliche Seitentriebe nungleichberechtigt wachsen, es entsteht eine Krone aus 4-8 Haupttrieben/Hauptästen.Auch können wegen des zeitweiligen Fortfalls des hemmenden Hormones nun etlicheneue Triebe aus den Blattachseln austreiben.

Beschnittene Pflanzen bilden wesentlich mehr Blätter, die jedoch länger klein bleiben(die Wuchskraft verteilt sich stärker). Auch das Wachstum der Stengel ist aus diesemGrunde langsamer, die neu gebildeten Internodien bleiben kürzer. Insgesamt bekommtdie Pflanze also ein viel gedrungeneres Aussehen, sie entwickelt sich zu einem dichtenBusch und nutzt die gegebene Fläche/Raum besser aus (= mehr Blattmasse je m2 bzw. m3).

Schnittmethoden: Sämling zwischen 4.-6. Internodie (= ca. 5. Woche)wenigstens 4—6 neue HaupttriebeErnte der Triebe ca. 17.-19. Woche

oder:1. Schnitt 4.-5. Woche bei 5. Internodie2. Schnitt ca. 10. Woche (= Äste haben 4-5 Internodien)Ergebnis: heckenartiger Busch

HERUNTERBIEGEN:

Prinzip: höchster Teil der Pflanze hat Vorrang beim Wachsen, weil dort das wuchs-hemmende Hormon ausgeschieden wird, das benachbarte Teile im Wachstum unter-drückt. Normal: Stammspitze ist höchster Teil. Herunterbinden: Andere Triebe nun ander Spitze der Pflanze.

Äste herunterbinden: Die unteren Äste werden zum Boden heruntergebunden, damitmehr Licht ins Innere der Pflanze gelangen kann. An einem in die Erde geschlagenenPflock oder Haken werden die Äste locker mit Draht, Schnur, Gummi, Klebeband etc.befestigt. Geringe Hormonwirkung. Gelegentlich treiben Sprossen aus den Blattachselnverstärkt aus.

Stamm herunterbinden: Lange Schnur oder Textilstreifen wird am Stamm befestigt unddas andere Ende an einen Anker (= Stein, Haken, Pflock) am Boden festgebunden. Täg-lich mehr herunterbinden (sachte, sonst Bruch des Stammes oder Wurzelballen wird ausdem Boden gerissen).

Stammspitze herunterbinden: Schnur, Draht, Klebeband o.ä. wird an der Treibspitze(= oberste 40 cm des Stammes, sind noch grün und nicht verholzt, also elastisch) be-festigt. Treibspitze herunterbiegen, bis sie nach unten zeigt. Dann wird das andere Endeder Schnur unten am Stamm festgemacht.

BLÄTTER ENTFERNEN

Nur kranke Blätter werden entfernt. Große Blätter sind lebenswichtig für die Versor-gung der Pflanze, auch wenn sie kaum Wirkstoff enthalten. Sie sollten unbedingt an derPflanze belassen werden, sonst indirekte Nachteile (kleine Blüten, wenig Wuchs etc.)!!!

TARNUNG DURCH BESCHNEIDEN

„Typisches" ist immer verdächtig. Cannabis wird sehr hoch und überragt meist alle be-nachbarten Pflanzen und kann leicht entdeckt werden. Mehrfacher Rückschnitt bringteinen dichten Cannabisbusch mit mindestens demselben Ernteertrag je m2 bei sehr vielweniger Raumvolumen. Auch kann die Pflanze nicht auf den ersten Blick als Cannabiserkannt werden, weil die typische Tannenbaum-, Pappel- oder Zylinderform fehlt. Her-unterbinden und mehrfaches Beschneiden mindert das Risiko des Entdecktwerdens.

Abhängigkeit Potenz/Umwelt - Stress

Das Verhältnis CBD zu THC ist eindeu-tig erblich festgelegt und kann durch dieUmwelt kaum beeinflußt werden (ausge-nommen innerhalb mehrere Generatio-nen = Adaption).

Die Harzmenge je Trockengewicht istebenfalls deutlich von genetischen Fakto-ren bestimmt, hier hat jedoch auch dieUmwelt einen gewissen Anteil an den tat-sächlichen Verhältnissen. Jede Pflanze be-sitzt eine eigene genetisch vorprogram-mierte Höchstgrenze, die auch bei nochso günstigen Umweltbedingungen nichtüberschritten werden kann. Der Einflußder Umwelt beschränkt sich daher in derPraxis vorwiegend darauf, durch derPflanze/Sorte nicht angemessene äußereBedingungen ihre Anlagen zu verschüt-ten.

In erster Linie bestimmt die Wüchsig-keit einer Cannabispflanze und ihreGesundheit, wie die Ernte ausfällt. Na-türlich kommt es dabei darauf an, daßdie Umwelt den Bedürfnissen der Pflanze/Sorte möglichst nahe kommt.

Krankheiten und Mangel beeinträchti-gen die Gesundheit der Pflanze und damitauch die ungestörte Produktion von Harz,Die meisten der vielfach als Geheimtip ge-priesenen Stress-Methoden (Wasserentzugzur Blüte, Abknipsen von Blättern, Spal-tung des Stammes, Nägel im Stamm etc.)schaden der Pflanze. Zwar ist es richtig,

daß sicn die Pflanze mit einem etwasdeutlicheren Wachsen oder Blühen dage-gen zur Wehr setzt (sie gibt „ihr Letztes"weil sie ihre Existenz bedroht sieht), dochwürde eine in derselben Zeit optimal ge-pflegte Pflanze mehr Masse entwickelthaben und wenigstens dieselbe THC-Menge je Pflanze und je qm bringen.Manche Untersuchungen lassen es als vor-teilhaft erscheinen, wenn die Pflanzenstarken Stressmomenten ausgesetzt wer-den, weil in den Ergebnissen die THC-%-Werte ansteigen. Was nützt dem Canna-bis-Pflanzer jedoch eine Pflanze mit ei-nem 20 Prozent höheren THC-Gehalt,wenn die nicht gestreßte Nachbarpflanzedoppelt groß geworden ist?

Wertung: Die meisten Berichte von einemstarken Einfluß von Umwelt oder Stress-behandlungen auf die Potenz basieren aufAberglauben und sind mit der Hippie-Bewegung aus den Anbauländern derDritten Welt in den Westen gelangt.Zwar sollten Cannabispflanzen währendder Blüte nur selten gegossen werden (umden vegetativen Impuls nicht zu sehr inden Vordergrund gelangen zu lassen),doch schadet jeder Pflanze Verletzungoder starker Durst. Die Potenz ist vorwie-gend erblich festgelegt. Die Umwelt kanndie Anlagen höchstens verwirklichen, nie-mals jedoch darüberhinausgehende Ergeb-nisse erzielen.71/74

BESONDERHEITEN

Versetzen alter Pflanzen: wie bei Jungpflanzen. Möglichst viel Wurzelballen unbeschädigtbeibehalten.

Windschutz: Gegen Gefahr durch Wind auf geringe Größe erziehen (= Schnitt). An Stüt-zen binden. Hanfschutzpflanzung dicht an dicht um den Garten (mit Seilen und Pfählenoder Zaun gegen Umknicken sichern).

Verfrühte Einleitung der Blüte: Wenigstens 12 Stunden Dunkelheit (ununterbrochen!!)täglich sind notwendig.

Künstliche Dunkelbehandlung: Schwarze Plastikplanen, Plastiksäcke, große Kartons (fürKüchenmaschinen oder Möbel) über die Pflanzen stülpen. Beginn abends, morgens gegen9.00 h wieder entfernen. Blütebeginn nach ca. 2-wöchiger Behandlung. Pflanzen inKübeln können über Nacht ins Dunkle (Garage, Scheune, Keller, Gartenhäuschen etc.)gestellt werden.

Treibhauskultur im Winter und Frühjahr: Pflanzen würden unter natürlichen Umständensehr früh in Blüte gehen (weil lange Nächte in Winter und Frühjahr). Daher: nächtlicheDunkelperioden unterbrechen (Glühbirnen in der Mitte der Dunkelperiode kurz auf-leuchten lassen. Ein paar Sekunden reichen, um das lichtempfindliche Blütehormon zudesakttvieren). Taschenlampe reicht als Lichtquelle aus. Beginn der Behandlung im Altervon 4 Wochen! Bei Blüte im Frühjahr alle Knospen ernten. Im Sommer setzt bei diesenPflanzen erneut vegetatives Wachstum ein. Zweite Ernte im Herbst wie gewohnt.

Wasserentzug: Pflanzen erst gießen, wenn sie bereits welken, besonders zur Blütezeit.Soll angeblich Potenz erhöhen. Wertung: Zur Blüte soll Cannabis nicht zu sehr gegossenwerden. Wirft die Pflanze jedoch Blätter ab oder welkt, kann ihr dies keinesfalls nützen.

Geheimtricks: Krampen oder Nägel werden in den Stamm getrieben oder der Stengelwird an der Basis gespalten und ein Stückchen Holz in ihn eingeklemmt. Diese Stressorensollen die Potenz heben. Wertung: unschädliche Methode, Vorteile sehr zweifelhaft.

Sortenpalette: Der gleichzeitige Anbau mehrerer Sorten streut das Risiko des Mißer-folges. Obendrein kann man verschiedene Sorten ernten, die verschieden schmecken undwirken können. Man weiß bei Samen nie im Voraus, wie brauchbar die aus ihnen entste-henden Pflanzen sein werden. Sortenvielfalt hat nur Vorteile!

KLONE KONTRA SAMEN

Stecklinge nennt man „Klone"; ein Klon istein „aktiver Trieb", geschnitten von einerHanf-Pflanze. Ein Steckling weist die identi-schen genetischen Muster der Pflanze auf,von der geschnitten wurde. Erfahrene Züch-ter wenden diese Methode mittlerweile re-gelmäßig an, um hochwertige Sinsemilla-Zuchten aufzubauen.Durch Selektion (Auslese) der besten weib-lichen Pflanzen ist es möglich, weit längermit ein und derselben Pflanze zu arbeitenals gewohnt (Saatmethode) - im Grunde istes möglich, von einer sehr guten weiblichenPflanze -zig Stecklinge zu produzieren ...Die Vorteile liegen auf der Hand:• massenhafte Selektion der besten weibli-

chen Pflanzen• Ersparnis von Wochen durch Aufzucht• Potenzierung des Ertrags, gemessen an

der Anzahl der Samen• Identische Genetik der Mutterpflanze• kräftigeres und fülligeres Wachstum der

StecklingeNatürlich sind für die „Stecklingszucht" eini-ge wesentliche und grundlegende Kenntnis-se notwendig.Zuerst einmal: Hanf bewurzelt sich nichtsonderlich leicht, und etwas Geduld mußaufgebracht werden!1. Schritt: Von einer (vornehmlich weibli-chen) Hanf-Pflanze wird ein „aktiver Trieb"(zumeist der Haupttrieb) mit mindestensdrei Satz Blättern (vgl. Zeichnung) vorsichtigund langsam abgeschnitten.2. Schritt: Dieser Trieb kommt umgehendin ein Glas Waser (lauwarm); dort verbleibt

er für ca. 5 Stunden (ggf. kann dem Wasserein Meeresalgenextrakt beigegeben wer-den).3. Schritt: Der Trieb kommt nun in einenindustriell gefertigten Torfanzuchttopf, derzuvor vorbereitet wurde; der Torfanzucht-topf wird zu gleichen Teilen (!1/2!) mit Erdeund Perlitgranulat gefüllt und durchgehendbefeuchtet (gut naß machen!). Gegebenen-falls kann ein herkömmliches Bewurze-lungshormon (z. B. „Algan" beigegebenwerden (bei Aussaaterde nicht notwendig).

4. Schritt: Der fertige Torfanzuchttopfkommt nun unter eine Beleuchtungsanlage(Vorsicht vor zu großer Hitze über denStecklingen!) - die Entfernung regelt sichnach der Art der Beleuchtung (ca. 25-45cm).5. Schritt: Der Steckling verbleibt für ca.14-25 Tage, durchgehend für 24 Stunden,unter der Beleuchtung. Es ist unbedingt not-wendig, den Steckling täglich zu beobach-ten; Erde muß immer feucht sein!!! In die-sem 5. Stadium ist die höchste Aufmerk-samkeit erforderlich!!!6. Schritt: Nach ca. 14-25 Tagen sollte derSteckling genügend Wurzelwerk gebildethaben, so daß er nun umgepflanzt/einge-topft werden kann. Je nach Sorte und Be-leuchtungsart kann der kleine Stecklingschon zur Blüte gebracht werden.Bei der Stecklingszucht ist immer auf eineTemperatur von 25 Grad zu achten, außer-dem frische Luftzufuhr und Abzug ver-brauchter Luft. Ein paralleler Stecklings-raum ist sinnvoll.(© by sinsemilla tops -grow- u. head shop-international)

ANBAU UNTER KUNSTLICHT

Lichtzusammensetzung: Zur Photosynthese (= Aufbau von Kohlehydraten durch Chlo-rophyll. Aus Nährstoffen Wasser, CO2 werden durch Lichtenergie Zucker und Stärkeaufgebaut) verlangt die Pflanze ein Schwergewicht auf den roten und blauen Spektral-bereichen des sichtbaren Lichtes. Der dazwischenliegende grüne und gelbe Bereich wirdvon der Pflanze kaum absorbiert, sondern überwiegend reflektiert (daher die grüne Farbeder Pflanzen).

Bei der Zusammensetzung des künstlichen Lichtes sollten also die Blau- und Rot-Bereichein den Vordergrund treten, die Lichtarten nämlich, die von der Pflanze absorbiert undgebraucht werden. Gelbes und grünes Licht sind nicht schädlich, haben aber auch keinenNutzen, stellen also Energievergeudung dar.

Lichtmenge: Da man meist Leuchtstoffröhren verwenden wird, gelten die folgenden An-gaben für diese Beleuchtungsart:

Minimum: 150 W/m2 absolutes Minimum: 90 W/m2 (Überleben)Vernünftig: 200 W/m2

Empfehlenswert: 350 W/m3

Maximum: 450 W/m2

Unter 150 W/m2 kann man keine befriedigenden Ergebnisse erwarten. Über 450 W/m2

kann die Pflanze nicht mehr durch erhöhte Photosynthese verwerten.

Beim Kauf von Leuchtstoffröhren wird man auf Angaben zum Wirkungsgrad der Röh-ren achten. Die meisten Firmen bieten besonders effiziente Röhrentypen an (z.B. Lumi-lux von Osram), die sich auf die Dauer wegen der höheren Lichtausbeute je verbrauchterStromeinheit bezahlt machen. Es darf allgemein mit einer Lebensdauer von 7000 bis8000 Brennstunden gerechnet werden. Entladungslampen liegen höher, Glühbirnen ver-schleißen schneller. Die tatsächliche Lichtausbeute läßt mit dem Gebrauch nach. Wertelassen sich den Prospekten der Hersteller entnehmen. Es lohnt jedoch kaum, diese Zah-len in die Kalkulation miteinzubeziehen, da sie nur etwa 15-20% hin oder her ausmachen.

Kombinationen:

Man kombiniert 1 blaureiche Röhre mit 2-3 rotreichen Röhren oder verwendet nur be-sonders für die Bestrahlung von Pflanzen konzipierte Sorten („Fluora", „Super Gro",„GroLux" etc.).

Leuchten: Je nach Länge der verwendeten der verwendeten Leuchtstoffröhren kommenverschiedene Leuchten in den Handel. In einem Metallrahmen sind sowohl die Fassun-gen (Sockel) als auch der erforderliche Starter und eine Drossel angebracht. Man kannLeuchten für nur eine Leuchtstoffröhre genauso kaufen wie größere Leuchten für zwei,vier oder noch mehr Röhren.

Aus Ersparnisgründen werden oft die einzelnen Sockel und Drossel sowie Starter aufeine Sperrholzplatte selbst montiert. Vorsicht! Nulleiter nicht vergessen (= Erdung).

Leuchten mit einem größeren Abstand zwischen den Röhren bieten eine bessere Licht-ausnutzung besonders bei kleinen Anlagen.

Reflektoren erhöhen die Lichtausbeute enorm (25-45%). Selbstbau aus mit Alufoliebeklebter Pappe (z.B. aus der Verpackung der Röhre gebastelt). Der improvisierte Re-flektor wird unter die Röhre geschoben und an der Leuchte (bzw. Sperrholzplatte beiSelbstbau) festgeklebt oder -genagelt. Einfacher und sicherer wiewohl weitaus teurerist der Kauf von fertigen Leuchten mit Reflektoren.

Bei zu erwartender hoher Wärmeentwicklung ( Röhren dicht an dicht oder Hochleistungs-röhren) werden Löcher in die Reflektoren gebohrt, damit die Wärme abgeleitet werdenkann.

ZUR MODERNEN LAMPEN-

PRAXIS IN HOLLAND

In den vergangenen Jahren hat sich an derLicht- und Lampenfront im Cannabisanbauauf- grund der Erfahrungen holländischerHeimzüchter viel verändert und verbessert.Als Beispiel hier ein Text, entnommen demOrganic Earth Infoblatt One Bulletin ausMaastricht.

"Ideale Lampen für die Marijuana-Heim-zucht sind 400- oder 1000-Watt-Natrium-dampflampen, eine Art der Gasentladungs-lampe. Ein Natriumlichtsystem besteht ausdrei Teilen: der Transformatorbox (Trafo).dem Reflektor und der Lampe selbst. DieTransformatorbox enthält alle benötigtenZusatzgeräte: eine Drosselspule, einigeKondensatoren, einen Entstörungsfilter undden Starter.Die Transformatorbox gibt, wie die Lampe,

Wärme ab und kann sowohl innerhalb wieaußerhalb des Zuchtraumes aufgebaut wer-den. Entscheidend ist hierbei der Wärmebe-darf. Soll der Pflanzboden extra erwärmtwerden, so stellt man die Box einfach unterden Anbautisch, der dann aber unbedingtwasserdicht sein muß. Steht der Trafoaußerhalb des Zuchtraumes, dann wird diesein 'Remote-Ballast-System' genannt. DieTransformatorbox wird wegen ihres Ge-wichtes nämlich außerdem noch als 'Bal-last' bezeichnet. Der Unterschied zwischeneinem 400- und einem 1000-Watt-Systemliegt nicht nur in der Lichtintensität, sondernauch im Gewicht der Transformatorbox. Umeine gleichbleibende Lichtqualität zu garan-tieren, sollten die Lampen jährlich erneuertwerden, Vergiß nicht, daß deine Stromrech-nung steigen wird."Tips (für den Fall, daß Du eine solche Anla-ge für Küchenkräuter etc. nutzen willst):- Vermeide illegale elektrische Anschlüsse.- Verwende geerdetes elektrisches gerät- Schließe die Apparatur nicht an den

Küchengruppenschalter an.

In den USA und auch in Holland sind in denletzten Jahren eine Vielzahl von Heimzüch-tern wegen ihres für das Elektrizitätswerkunerklärlich hohen Stromverbrauches er-wischt worden.

Herkömmliche Glühlampen und Halogen-lampen allein reichen nicht zur optimalen Er-hellung von Hanf aus. Sie strahlen nur ca. 30Lumen/Watt ab, der Rest der Energie wirdals Wärme abgestrahlt. Hanf braucht aberca. 33000 Lumen/m2. Von den Fluoreszenz-Lampen sind nur die Lumilux, 150 cm lang,brauchbar. Diese gibt es in 58/64 Watt, siegeben ca. 5400 Lumen ab. Dabei sollte mansie halbe/halbe Cool-White und Warm-White einsetzen. Die einzelnen Röhren soll-ten 10-20 cm Abstand aufweisen und min-destens 5 cm von der Pflanze entfernt sein.

Die meist benutzte Lampenart ist die relativökonomische SON-T Natrium Hochdruck-lampe von Philips, die es in 400-Watt-, 600-Watt- und 1000-Watt-Ausführungen im

Handel gibt. Der Abstand zur Pflanze solltebei den 400 Watt Lampen mindestens 30cm betragen, 50 cm sind besser, sonst wirdes den Pflanzen zu warm. Für die Anschaf-fung einer solchen Armaturen-Anlage mußder Käufer zwischen 300,- und 2500,- DMhinlegen. Sehr hoher Stromverbrauch!Aber auch mit schwächeren 150-Watt- bis400-Watt-Lampen und einer richtigen Licht-zusammenstellung lassen sich erleuchten-de Resultate hervorbringen. Geeignet hier-für ist die AGRO 18, eine 150-Watt-Hochlei-stungs-Reflektorlampe von Philips.

Holländische Hanfzüchter scheinen beimLichtmulti Philips einen guten Ruf zu haben."Als ich bei Philips anrief, um nachzufragen,welche Lampen ich denn benutzen könne,um meine Zimmerpalme glücklich zu ma-chen, gab mir die Auskunftsperson derFirma den Rat, ich solle doch bei SensiSeed, einem Grow-Shop in Amsterdamnachfragen, die hätten dort die größte Er-fahrung mit entsprechenden Lampen", soein holländischer Hobbygärtner.

Als ich nachfragte, ob es solche Lampennicht auch im Fachhandel für Gewächshaus-bedarf in Deutschland gäbe, wurde mir ge-sagt, daß sie dort bis zu 30% teurer seienals in Head-Shops. Vor dem Kauf sollte manPreisvergleiche anstellen.

Sicherheit: die feuchtwarme Atmosphäre und Schwitzwasser, nasser Boden etc. sind un-vermeidbare Gefahrenquellen, selbst wenn bei der Installation alle Sicherheitsvorkeh-rungen (Erdung!!! Nulleiter!! Isolation von Verdrahtungsstellen!) beachtet worden sind.Daher werden Arbeiten an der Beleuchtungsanlage nur nach Ausschalten der gesamtenElektrizität (Sicherung herausdrehen!) durchgeführt.

AUFBAU DER ANLAGE4-8 Röhren oder Leuchtstoffleisten werden zu einer Leuchte zusammengebaut.

Beispiel: 8 Röhren je 40 W, 120 cm lang. Leuchte: Länge zwei Röhrenlängen = 2,4 m;Breite 4 Röhren = 60 cm). Oder: Verwendung werksmäßiger oder gebastelter Leuchtenmit mehreren Röhren.

Man baut eine Rahmenkonstruktion auf, von der die Leuchten heruntergehangen wer-den. Befestigung an den Wänden mit Dübeln, zusätzlich Einspreizen der tragenden Rah-menteile (zwischen Decke und Fußboden etc.) zur Stabilitätserhöhung empfehlenswert.

Die Leuchten hängen an Seilen, besser Ketten, von der Konstruktion herab. Sicherungund Höhenverstellung: Ketten oder Seile werden in seitlich in den Pfosten eingelassenenHaken eingehängt/angebunden, je nach gewünschter Höhe.

Seitlich um die Plantage angebrachte Reflektoren (weiße Plastikplane oder Alufolie) er-höhen die Lichtausbeute. Lücken lassen (um Luftbewegung zu erlauben) !

Der Boden wird mit einer Plastikplane abgedeckt um Wasserschäden zu vermeiden. Evtl.vorhandene Fenster werden meist völlig verdunkelt (mit schwarzer Pappe), damit keinverdächtiges Licht nach außen dringt.

NÄHRMEDIEN

TOPFERDE

Die Topferde soll die Pflanze mit Nährstoffen, Wasser, Luft (2/3 der Einatmung ge-schieht durch die Wurzeln) versorgen, ihr ein angemessenes chemisches Klima (pH-Wert)stellen und der Pflanze Halt geben.

Speicherfunktion: Organische Stoffe wie Kompost oder Torf speichern Wasser und Nähr-stoffe.

Entwässerungsfunktion: Organische Stoffe wie Kompost oder Torf speichern Wasserund Nährstoffe.

Entwässerungsfunktion: Sand, Perlite, Katzenstreu etc. sorgen für eine Auflockerung derErdstruktur. Durch sie wird eine Entwässerung der Erde und ein ausreichender Luftge-halt sichergestellt.

Fehlen Speicherstoffe, können das Wasser und die Nährstoffe nicht gehalten werden. Mangelt es an Entwässerung, versauert die Topferde nach wenigen Malen Gießen.

Komposterde/Humus: Hohes Speichervermögen für Wasser (bis 300% des Eigengewich-tes. Bestes Stubstrat in Struktur und Nährstoffgehalt!). Hervorragender Nährstoffträger(Nährstoffe werden locker und daher pflanzenverfügbar an stabile Huminsäuren gebun-den = adsorbiert und so vor Auswaschung geschützt). Gute Durchlüftung (Krümelstruk-tur, klebt und schmiert nicht). Hohes Pufferungsvermögen (= selbsttätiger pH-Wert-Aus-gleich). Spätestens nach Zuschlag von etwas Sand etc. hervorragend als biologisch tätigeTopferde zu verwenden. Hoher Düngerwert, ohne die Nachteile der Triebigkeit. Herge-stellt durch gelenkte Verrottung von Pflanzenabfällen (Leguminosenstroh, Gemüseab-fälle, Grasschnitt, Heu, Stroh, Kräuter evtl. Laub etc.) und tierischen Stoffen (Mist,Jauche, Horn, Knochen, Blutmehl etc.).Torf: ungünstige Humusform. Zu sauer. Speichert Wasser wie ein Schwamm (= physika-lisch), läßt allerdings die Adsorptionsfähigkeit für Nährstoffe vermissen. Kein Puffe-rungsvermögen, unterstützt Versäuerung der Erde besonders im Topf. Nur bis höchstens15% beimischen.

Torfkultursubstrat(=TKS) TKS l = Einheitserde P = Pikier-oder Aussaaterde

TKS II = EinheitserdeT =Topf-und Verpflanzerde.Wird überwiegend aus Weißtorf hergestellt, Nährstoffe und Ton-minerale sind zugesetzt. Eignen sich nach Überprüfung des pH-Wer-tes zur Cannabis-Kultur.

Lockerungs-materialien: Bimssteinkies: leichtes, poren- und daher luftreiches Material.

Styromull : sehr leichte StyroporperlenPerlite: Lava- oder Bimssteingrus, wie Sand aber dabei leichter.

Sand: Quarz. Kein Düngerwert. Kein Speichervermögen. Dient zur Auflockerung derStruktur. Besonders bei hohem Tonanteil oder Torf beimischen. Besser PERLITE oderBimssteingrus verwenden (Gewicht!).

Blumenerde: meist in kleinen Packungen. Hauptgewicht auf Wasserhaltevermö-gen (viel Torf, Kompost und sonstiges organisches Fasermaterial.Oft nährstoffarm.Zuschlag: Sand/Perlite wegen Entwässerung. Hornmehl, Mist/Kunstdünger wegen Nährstoffen.

Gartenerde: Größere Gebinde. Meist mit Dünger versetzt. Evtl. Zuschlag vonSand/Perlite wegen Entwässerung nötig.

Erde von draußen: Gartenerde, Humus, Mutterboden, Möglichst sandiger Lehm. Un-günstig ist Tonerde (kaum entwässernd), daher lockernde Materia-lien zusetzen. Geeignet ist Erde von Feldern wo Mais und Gemüsegedeihen und von Stellen wo Leguminosen (= Erbsen, Bohnen,Wicken, Lupinen, Klee, Luzerne etc.) standen. Dort findet sich be-sonders hohe N-Anreicherung durch die mit den Wurzeln der Legu-minosen zusammenlebenden Knöllchenbakterien, die den Stick-stoff (= N) der Luft binden.Durchwurzelte, dunklere Mutterbodenschicht. Wurzelballen vonGras und besonders Leguminosen ausklopfen, da dort besondersviele Nährstoffe.Zuschlag: bei schweren Erden bis 25% Sand/Perlite. Torf, Kompostund Mulche etc. bei unbelebten Sandböden.

EntwässerndeMaterialien: gröbere Körnigkeit wählen —> bessere Auflockerung und Entwässe-

rung.pH-Korrektur: 3 Tassen Kalk (gelöscht oder kohlensauer) bzw. 6 Tassen Holz-

asche (enthält auch wertvolle Mineralien) je 25 kg oder 25 l-SackErde erhöht den pH-Wert um ca. 1,0.

Saure Böden (unter pH 6): 2. Test nach 14 Tagen, evtl. zweite Kal-kung. Keine zweite Korrektur nötig wenn pH über 6,5.

Keine handelsübliche Garten- oder Blumenerde ist zu alkalisch!Mischverhältnissefür Substrate: Bei Verwendung vorgemischter angereicherter Gartenerde, guter

Kompost- oder Humuserde erübrigt sich ein Anmischen. Möchteman sich sein Substrat selbst herstellen, kann man folgende er-probte Mischungen verwenden:

a) 5 Teile Erde b) 5 Teile Erde c) 4 Teile Erde2 Teile Perlite oder 2 Teile Perlite 1 Teil Sand

Bimskies 2 Teile Kompost 1 Teil Torf1 Teil Mist 2 Teile Kompost

1/2 Teil Geflügelmist

d) 6 Teile Erde e) 8 Teile Erde f) 3 Teile Humuserde2 Teile Perlite 3 Teile Sand 2 Teile Torf2 Teile Torf 1/4 Teil 10-10-10 1 Teil Kuhmist1 Teil Mist Kunstdünger 2-4 kg Hornspäne je cbm1 Teil Holzasche Erde

Grundsätzlich sollte man nicht zu sehr mit Nährstoffen (Kunstdünger, Horn, Blut etc.)anreichern. Lieber spätere Düngung!

BEHÄLTER

Für den Anbau unter Kunstlicht verwertbare Behälter müssen unempfindlich gegenFeuchtigkeit und möglichst beweglich sein, wenig kosten und eine Entwässerungsöff-nung im Boden haben. Sie sollen oben keinesfalls schmaler sein als unten.

Benötigte Erdmenge = Summe der Inhalte der Behälter für die erwachsenen Pflanzen.

Größe der Anlage: Länge entspricht der Länge der Leuchten.Maximal 3-4 Pflanzen (meist 1) je 25-l-Topf je nach Sorte.Meist ca. 10 Pflanzen je qm (je nach Sorte)bis zu 60 Pflanzen je qm (kleine Thai-Sorten).

Sterilisation: zur Vernichtung von in der Erde enthaltenen Schädlingen undKrankheiten. 30-40 Minuten bei 100°C kochen/backen (übler Ge-ruch!).

DAS KÜNSTLICHE KLIMA

Optimum: Temperatur 26° CLuftfeuchtigkeit 50-70%Licht 16-18 Stunden täglichGießen 1-2mal die Woche

Temperatur: Stoffwechseloptimum (= maximales Wachstum) je nach Sorte23-33° C24-28°C durchschnittlich

Leuchten geben meist ausreichend Wärme ab, Heizung selten nötig(wenn, dann Elektro oder Gas). Kein Ofen in der Nähe der Pflan-zung (zu heiß und trocken).

Wirksamkeit: warmes Klima (24°C tags, 18°C nachts) besser alsheißes Klima (33°C tags, 20°C nachts)heißes Klima = Verluste durch mehr Umwandlung von THC in CBN.

Temperatur nicht über 33°C und nicht unter 17°COptimum ca. 24 C.

LUFT

Nicht verraucht, verbraucht, muffig, stickig. Pflanze benötigt sowohl Sauerstoff alsauch (vor allem CO2 = Kohlendioxyd. Belüftung wegen Zufuhr von CO2. Je größer diePflanze desto notwendiger. Man läßt Lücken in den umgebenden Reflektoren um Zir-kulation der Luft zu ermöglichen!

Mehr CO2 bedeutet mehr Photosynthese und mehr Wachstum. Künstliche Zufuhr ausFlaschen oder Trockeneis) günstig aber schwierig und daher unpraktisch.

CO = Kohlenmonoxyd. Mehr CO bedeutet 5-10% mehr weibliche Pflanzen. CO ist gif-tig und daher gefährlich. „Hände weg!"

Luftfeuchtigkeit: ist von geringer Wichtigkeit.40-80% wünschenswert (auch für Potenz)unter 50% gedrungener Wuchsüber 50% breitere Blätter, massiger, mehr Transpiration

LICHT

16-18 Stunden täglich, bei kleiner Pflanzung und wenig Wuchs bis 22 Stunden. Mög-lichst geringer Abstand zwischen Pflanzenspitze und Leuchte, da die Beleuchtungs-dichte rapide mit der Entfernung abnimmt (im Gegensatz zur Beleuchtungsdichte derSonne). Die An- und Abschaltzeiten werden am einfachsten mit einer Zeituhr automa-tisch geregelt.

Zusammensetzung: Schwerpunkt im Rot-und Blaubereich des Spektrums. Siehe: Leuch-ten.

Alle Pflanzen sollten dem Licht gleich nahe sein. Bei Anbau verschiedener Sorten oderbei Folgesaat (etwa alle 2 Wochen) Pflanzen durch Unterstützung auf gleiche Höhe brin-gen. Oder der Reihe nach aufstellen und Leuchte schräg hängen.

Gießen: 1-2mal pro Woche kräftig (bis Wasser aus den Löchern herauskommt. Je größerder Topf desto seltener gießen. Gießen wenn Topferde sich bis zu 5 cm Tiefe trockenanfühlt. Lieber selten und kräftig als oft und wenig (besseres Wurzelwerk kann sich ent-wickeln).

Problem: a) Erde nimmt kein Wasser an (zu trocken) :einmal wird Gießwasser mit einem Spritzer Spülmittel oder Seifeversetzt (= Entspannung des Wassers), Dann kann künftig normalgegossen werden.

b) Wasser fließt unten aus dem Topf heraus: zuviel!c) Chlor: Abkochen oder 3-4 Tage stehen lassen oder natürliches

Wasser verwenden (Regen, Quelle, Brunnen)d) Hartes Wasser: nicht enthärten (Nebenwirkung wäre Versalzung)

Zur Blütezeit: Weniger Wasser erforderlich und günstig. Gießen einen Tag bevordie Pflanze welken würde. Vorher Welkversuche anstellen (= wie-

viele Tage nach kräftigem Gießen beginnt Pflanze zu welken etc.).

DÜNGUNG/ERNÄHRUNG

Zusammensetzung: Viel N - mittel P - mittel KDünger mit hohem oder ausgeglichenem N-Gehalt

Mineraldünger: z.B. 20-20-20 = 20% N, 20% P, 20% K, Rest (40% Zuschlag)oder 20-15-12 =20% N, 15% P, 12% K, 53% Zuschlagungeeignet: 15-20-20 etc. (zuwenig N)

Menge; z.B. 27-19-17 1 Teelöffel je 4 l Wasser alle 2 Wochen

Erste Düngung frühestens in der 5. Woche, dann alle 2 Wochen. Lieber häufiger dafüraber weniger konzentriert düngen (z.B. besser jede Woche 1/2 Eßlöffel auf 10 l Wasserals jeden Monat 2 Eßlöffel auf 10 l Wasser).

Dünger in Wasser lösen (lauwarm). In verschließbarem Glas schütteln. Nur feuchte Erdedüngen!

Organ. Düngung: vergorene Jauche, Blutmehl, Horn, Humus, Kompost, Mist, Guano.Nach Gebrauchsanweisung wie für Gemüse oder Mais.

DÜNGUNG, ZUVIEL? ZUWENIG?

Test: A eine Pflanze nicht düngenB eine Pflanze doppelt düngenC Rest normal düngen

C besser als A, so gut wie B = ideale Düngung von CC besser oder gleich A, schlechter als B = mehr DüngenC eher vergleichbar mit A, nicht schlechter als B = weniger Düngen

reichtC vergleichbar mit A, b e s s e r als B = bedeutet Überdüngung!

Überdüngung: meist zuviel N. Blätter schlaff. Spitzen sterben ab, VerfärbungRichtung Gold bis Braun. Symptome wie bei Mangelkrankheiten.Treten jedoch vergleichsweise plötzlich auf.

Behandlung: Auslaugen. 3-4 cm der oberen Erdschicht entfernen. Wässern, bis1/2 des Volumens des Topfes an Wasser aus dem Topf wieder her-ausgelaufen ist.

PRAKTISCHER ABLAUF

DER ANBAU VON CANNABIS UNTER KUNSTLICHT:

Bereits abgehandelte Voraussetzungen: Beleuchtungsanlage (Leuchtstoffröhren, Glüh-birnen, Entladungslampen und passende Leuchten samt Reflektoren, Rahmenkonstruk-tion), lichtisolierter Raum (Tarnung), Fußboden mit Folie ausgelegt (um Wasserschädenzu vermeiden), Reflektoren (Alufolie oder weiße Plastikplane) um die Pflanzung herum,Behälter mit Erde gefüllt.SAAT

In feuchte Erde 6-12 mm tief. Lage des Samens unerheblich! 6 Samen je Topf oder1-2 Samen je kleines Töpfchen (0,2 I) oder ein Same je Abschnitt eines Eierkartons.Samen andrücken (= mehr Kapillarität = gleichmäßigere Befeuchtung). Feucht halten -Topf mit Folie (Alu- oder Frischhalte-) überspannen (= Feuchtigkeit kann nicht verdun-sten). Papp- oder Plastikbecher über Saatstellen stülpen.

Keimung: braucht gleichmäßige Feuchtigkeit. Optimale Temperatur: 15-22°C. Keimungbraucht 3-7 Tage.

Vorkeimen: Samen zwischen zwei Lagen feuchtes Material (Watte, Papier, Tex-til, Torf etc.). Gleich nach Erscheinen des Keims in die Erde setzen,sonst Nachteile!

SÄMLING

Wasser: kleine Töpfe 2mal je Woche gießengrößere Töpfe alle 1 -2 Wochen gießen

Leuchten: Abstand: 50 cm über den Töpfen oder ausgeschaltet bei Keimung.5-15 cm über Töpfen, sobald Keim sichtbar(10-20 cm bei Hochleistungs-Leuchtstoffröhren)Korrektur alle 4-7 TageVorsicht vor Hitzeschäden. Nie mehr als handwarm anden Pflanzen!

Zeit: 16-18 Stunden täglich (bis zur Blüte = 3-6 Monate)bis 22 Stunden täglich bei kleineren Anlagen oder gerin-ger W/qm-Leistung.

Probleme: Lange dünne zerbrechliche gelbe Keime = zuwenig LichtSchwarzbeinigkeit (Baktierienschmier, schwarz-braun, abwischbar,am Fuß des Sämlings. Basis fault, Sämling knickt ab) = zu dichterStand, zuviel Wasser. Daher: Ausdünnen!

GRÖSSENENTWICKLUNG

AUSDÜNNEN wenn Jungpflanzen zu dicht stehen und sich behindern. Nach Bedarfnach und nach auf 1 Pflanze je Topf ausdünnen.

Verhältnis: männlich : weiblich = 1 : 1

Männlich: mehr Kraut und größer während Jugend; weiblich: mehr Wurzel und kleinerund feiner.

Daher: nicht nach Größe ausdünnen, sonst letztlich mehr männliche Pflanzen!!

UMPFLANZEN

1-2 Wochen in noch freie Töpfe (mit Eßlöffel ausgraben, viel Wurzelballen erhalten)2.-3. Woche 0,2 l oder 7 cm3.-4. Woche 0,5 l oder 10 cm4.-5. Woche 2 l oder 15cm7.-8. Woche 8 l oder 20 cmca. 10. Woche 10-25 l

Umpflanzen und Auspflanzen (Freiland), Vorgang:1. Pflanzgut vorher reichlich gießen2. Pflanzgut mit möglichst viel unzerstörtem Wurzelballen aus Erde herauslösen

(mit Eßlöffel, kleiner Schaufel etc.)3. In vorbereitetes Pflanzloch setzen. Nicht tiefer pflanzen als zuvor. Nicht anhäufeln.4. Erde andrücken (= bessere Wasserversorgung durch mehr Kapillarität)5. Gießen (nie direkt auf Pflanze oder rabiat)

Umpflanzen in größere Töpfe, Vorgang:1. Gießen. Wurzelwerk hält alle Erde im kleinen Topf zusammen = richtiger Zeitpunkt2. kleinen Topf entfernen

— Entwässerungsloch durchstoßen— evtl. mit stumpfem Messer Wurzelballen von Innenseite des kleinen Topfes trennen— Stamm greifen und Topf abziehen (gegen Topf klopfen, wenn widerspenstig)

3. großen Topf Grundfüllung. Freien Ballen daraufstellen. Seitliche Zwischenräume mitErde anfüllen

4. Gießen

Umpflanzen in Plastiksäcke, Vorgang:1. Gießen2. Bodenschicht in Sack füllen3. kleinen Sack oder Topf oder Torftopf oder Pflanze mit Ballen daraufstellen4. seitlich auffüllen und gleichzeitig kleinen Behälter zerschneiden/entfernen5. Gießen

Grundsätzlich: nicht in verschiedenartige Erde pflanzen! (Gleichartige Erde von Pflanz-gut und neuer Umwelt). Möglichst wenig Wurzeln zerstören!

STÜTZEN

Erforderlich bei zu geringem Stengelwachstum. Ursache meist Geilwuchs: zuwenig Licht(zu viel Abstand Leuchte—Pflanze, zuviel Rotanteil = Höhenwuchs bei gleichzeitig zuwe-nig Blau), Überdüngung (selten).

Material: Pflanze klein Bleistifte, PfeifenreinigerPflanze größer Bambus, Draht, Stöcker

Befestigung: lockere, weite Schlaufen (sollen bei zunehmenderGröße der Pflanze nicht einschneiden!!) — Gummi-ringe, Schnur, Draht (Vorsicht), Klebeband

Trick der Baumschulen: Täglich schütteln (imitiert Wind) stärkt Stengelwuchs.

Gleiche Größe: Der Größe nach aufstellen und Leuchte schräg hängen oder durch Unter-bauen Pflanzenspitzen auf gleiche Höhe bringen.

BESCHNEIDEN

Sproßspitzen enthalten wuchshemmendes Hormon. Je höher in der Pflanze desto mehrHormon (Saftgleichgewicht).

Schnitt —> nächsthöhere Spitzen übernehmen Hormonproduktion. Kurzzeitig fällt Hor-monwirkung weg. Daher: neue Sprosse in höhergelegenen Blattachseln.

Herunterbinden: Pflanzenspitze wird zur Erde gebogen. Die nun höchsten Seitenästetreiben enorm aus.

Methode: 1. Schnitt zwischen 5. und 6. Nodie(Pflanze ca. 45 cm hoch, mind. 6 Nodien, 4-5 Wochen alt)dann: 5-8 Seitenäste entwickeln (bei schlanken Sorten wieMexiko), 8-12 bei stämmigeren Sorten.

2. Schnitt wenn die neuen Seitentriebe mindestens vier Nodienlang sind. Nur Spitzen schneiden.

3. Schnitt der nach dem zweiten Schnitt ausgetriebenen Sprosseim Alter von 3-4 Monaten.

Danach nicht mehr beschneiden, sondern Blüte abwarten.

Erziehungsschnitt: für Breitenwachstum oder besondere Pflanzenformen. Jeweilsden in die gewünschte Richtung zeigenden Trieb stehen lassen, meistnach unten weisende Triebe.

Effekte: Wuchskraft verteilt sich auf mehr Triebe. Daher kürzere Internodien (= gedrun-generes Wachstum), kleinere Blätter, buschigere, kleinere, dichtere, breitere und niedri-qere Pflanzen. Mehr Blattmasse je Fläche und Raum.

BESONDERE KULTURFORMEN

Hydrokultur: Alle Nährstoffe liegen in Wasserlösung vor. Pflanzen sind an Gerüsten odervon oben herabhängenden Fäden befestigt. Wurzeln hängen frei in der Nährlösung oderdurchziehen einen mit Kies gefüllten Nährlösungsbehälter.

Vorteil: Alle Nährstoffe können exakt dosiert und kontrolliert werden.

Nachteil: Nur synthetische Düngung möglich. Wasser muß umgewälzt werden (wegenSauerstoff). Pflanzen können nicht ohne Schwierigkeiten an eine andere Stelle bewegtwerden (Stütz- und Rankvorrichtungen hindern).

Erdfreie Substrate: Kompromiß zwischen Hydrokultur und Topferde. Nur relativ neu-trale Bestandteile werden verwendet. Düngung mit gelösten Nährsalzen.

1 Teil Perliteauf 2 Teile Torf/Vermiculite als organischer Schwammbei 10% Sand/Kies wegen Gewicht- Standfestigkeit

1 Eßlöffel Dolomitgesteinsmehtod. 4 Eßlöffel Holzascheod. 3 Eßlöffel Kalk (CaCO3)je 4 l Gemisch

Töpfe: 5-15 l Inhalt, 10 l (kleinere Gefäße müssen sehr häufig gegossen und gedüngtwerden). - Vorteil: Völlige Nährstoffkontrolle. Pflanzen tragen sich selbst.

Keimung: besser in kleinen Erdtöpfen (z.B. 0,2 l Pappbecher) keimen. In der 2. bis 3.Woche ins erdfreie Substrat setzen. Jiffy-pots seitlich mit Messer anritzen, damit Wur-zeln gut herauskommen können.

Düngung:

Spurenelemente: halbe bis normale Dosis bei Beginn. Evtl. ein zweites Mal nach 4 Mona-ten. Meist von Hause aus genügend Spurenelemente in Kalk und Dün-gern oder Wasser. Zur Sicherheit einige Eisenfeilspäne oder rostige Nägeldem Substrat beigeben.

N -P - K: ausgeglichen oder höherer N-Anteil (z.B. 20-20-20, 20-10-10 etc.), Be-darf: Test wie bei Topfpflanzen (1 Pflanze erhält halbe, 1 Pflanze dop-pelte, alle anderen normale Düngung).

Ca: 1 Eßlöffel Kalk oder 2 Eßlöffel Holzasche (je 2 l Substrat)

Mg und S: 1/8 Teelöffel je 1 Teelöffel 5%iger Dünger. MgSO4 oder Dolomitmehl.

Überdüngung: sorgfältig auslaugen. Mehrere Liter Wasser durch jeden Topf laufen lassen.10 Tage nicht mehr düngen. Künftig vorsichtiger düngen.

BLÜTE

AUSLÖSUNG DER BLÜTE

Als typische Kurztagspflanze beginnt Cannabis im zeitigen Herbst zu blühen wenn dietägliche Dunkelperiode zwischen 11 und 13 Stunden lang ist (je nach Sorte). MancheFaserhanfsorten blühen bereits bei Nächten von nur 9-10 Stunden Länge, einige tropi-sche Sorten brauchen allerdings 13 Stunden Nacht, um ihr lichtempfindliches Blüte-hormon zu Aktivität zu wecken.

Weder unter künstlichen Bedingungen, noch im Freiland wird man den Zeitpunkt derBlüteauslösung dem Zufall überlassen wollen.

Bei Kunstlicht: Langtag (vegetative Phase): 16-20 Stunden Licht täglich.Kurztag: (Blüteauslösung): 10-12 Stunden Licht täglich.

Freiland: Blüte wenigstens 4 Wochen vor Frost. Daher Nachhelfen (2 Wochen vorgeplanter Blüte):1. Topfpflanzen abends in den Schatten stellen (Keller, Garage, Scheu-

ne, Gartenhaus, schattige Stelle) — oder2. Freilandpflanzen abends lichtschützend abdecken (schwarze Plastik-

folie, Zeltplane, dreifacher schwarzer Müllsack, Pappkarton über-stülpen). Morgens zwischen 8 und 9 Uhr entfernen.

Die Pflanzen sprechen auf die neue Photoperiode innerhalb von 10-15 Tagen an.

Wertung: Oft gehen Cannabispflanzen in unserem Klima nur vernünftig in Blüte, wennman nachhilft. Mitunter reichen ein paar Tage Abdunklungsbehandlung, um die Blüteauszulösen, da die Pflanze ohnehin auf der Kippe stand. Vorteilhaft (siehe Alter) ist injedem Fall die Vorkultur der Freilandpflanzen. Künstliche Blüteauslösung sollte EndeAugust einsetzen und bis zur Blüte durchgehalten werden, je nach Sorte, Alter, Ge-schlecht und Umwelt 3-15 Tage. Zeigen sich die ersten Blüten, setzt man die Behand-lung noch ein paar Tage (2-5) fort. Ab Mitte September schlägt eine eingeleitete Blütegarantiert nicht mehr auf vegetative Phase um.

BLÜTE UND GESCHLECHT

GESCHLECHT

Cannabis ist zweigeschlechtlich (= zweihäusig), es gibt männliche und weibliche Pflan-zen. Das Geschlecht wird bei der Befruchtung festgelegt. Mit der weiblichen Eizelle(X-Chromosom) verschmilzt bei der Befruchtung die Erbanlage des männlichen Pollens(entweder ein X- oder ein Y-Chromosom). Ergebnis: das Geschlecht des künftigenSamens ist entweder weiblich (XX) oder männlich (XY). Unter normalen Bedingungentreten gleichviele weibliche wie männliche Pflanzen auf.

SINSEMILLA

Sinsemilla ist die spanische Bezeichnungfür „ohne Samen". Eine weibliche Pflanzewird nicht bestäubt und kann daher keineSamen ausbilden. In ihrem Erbprogrammist sie aber so ausgelegt, daß sie bis zurErschöpfung immer wieder neue weibli-che Blüten austreibt, bis eine ausreichen-de Befruchtung der Pflanze gesichert ist(Erhaltung der Art).

Wird die Bestäubung durch Entfernender männlichen Nachbarpflanzen verhin-dert, kann die Blüte um mehrere Wochenausgedehnt werden. Immer neuer Blüten-austrieb erhöht die Ernte an hochpoten-ten weiblichen Blütentrauben entspre-chend beträchtlich. Selbst wenn einigewenige Blüten an einer Pflanze befruchtetsind, bleibt der Blühimpuls erhalten.

Das Sinsemilla-Erntegut hat keinen hö-heren Harzgehalt oder gar eine andereHarzzusammensetzung als die entspre-chenden Teile bestäubter Schwestern-pflanzen. Allerdings enthält das Marijua-na nicht die sonst üblichen 50 Gewichts-prozente Samen und die Blütenmengeje Pflanze oder je qm liegt erheblichhöher als bei bestäubten Plantagen.

Wertung: Mit Ausnahme der wenigen zurSamenproduktion gedachten Pflanzen(dort künstliche Bestäubung) wird meistdie Produktion von Sinsemilla-Pflanzenangestrebt, weil diese in jeder Hinsicht

eine optimale Ausbeute versprechen. Umauch im Freiland die um Wochen längereBlüte der Sinsemilla-Pflanzen auszunutzen,wird man meist nicht die natürliche spät-sommerliche Auslösung der Blüte abwar-ten, sondern durch Dunkelbehandlung(= Säcke oder Planen über die Pflanzenziehen, um so künstlich die Nacht schonim Sommer auf ca. 12 Std. zu verlängern)die Blüte vorverlegen. Dann können dieklimatisch günstigeren Bedingungen desSommers voll in den Dienst der Blüteund damit der Produktion der potente-sten Pflanzenteile gestellt werden.

ZWITTER UND GESCHLECHTLICHE ABWEICHUNGEN

Normalerweise ist jede Cannabispflanze entweder weiblich (XX-Chromosomenpaar, aus-schließlich weibliche Blüten an der Pflanze) oder männlich (XY-Chromosomenpaar, aus-schließlich männliche Blüten an der Pflanze). Bei Zwittern (= Hermaphroditen) findensich sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsmerkmale an einer Pflanze.

a) unnormale Blüten (weibliche Blüten mit Staubbeuteln etc.): selten und meist umwelt-bedingt

b) Pflanzen mit etwa gleichviel weiblichen und männlichen Blütenc) weibliche Pflanzen (XX) mit einigen männlichen Blütend) männliche Pflanzen (XY) mit einigen weiblichen Blütene) im Laufe der Entwicklung wandelt sich das Geschlecht (unter künstlichem Licht bei

extremer Photoperiode z.B.)

Wertung: Zwitter sind selten. Eine einzelne andersgeschlechtliche Blüte kann man aller-dings häufiger einmal bei Cannabispflanzen finden. Deutliche Zwitter bleiben in Wuchsund Potenz hinter normalgeschlechtlichen Exemplaren zurück.

Nutzen: bilden sich auf einer weiblichen (XX-) Pflanze vereinzelt männliche Blüten, soenthalten deren Pollen ebenfalls ausschließlich weibliche Merkmale (also 100% X anstattwie bei normalen Pollen von männlichen Pflanzen 50% Pollen mit X und 50% mit Y).Werden diese genetisch weiblichen Pollen durch künstliche Bestäubung auf weiblicheBlüten (von weiblichen Pflanzen) gebracht, fallen die so entstehenden Samen allesamtweiblich aus!

Auslöser für Zwitterbildung: Lichtmangel, UV-Licht, extreme Photoperiode, niedrigeTemperaturen, Verletzungen, starker Rückschnitt, Stoffwechselstörungen (zuviel oderzuwenig Nährstoffe), Überalterung, Chemikalien (Alkaloide wie Colchicin). Photoperio-de hat den deutlichsten Einfluß. Es werden Methoden zur Manipulation des Geschlech-terverhältnisses unter künstlichem Licht empfohlen. Es ist zwar möglich den Anteil derweiblichen Pflanzen (4 Monate bei 18 Std. täglich aufgezogen) dann durch extrem kurzeLichtzeiten (unter 11 Stunden täglich) erheblich zu erhöhen und so auch Geschlechts-umwandlungen nach weiblich zu provozieren. Meist wird allerdings nach der bewährten,komplikationsarmen, sicheren Methode des Aussortierens der unerwünschten männli-chen Exemplare angebaut.

GESCHLECHTSBESTIMMUNG

Man kann das Geschlecht einer Cannabispflanze erst sicher bestimmen, wenn sie ihremännlichen oder weiblichen Blüten ausbildet. In der Literatur finden sich viele Faust-regeln, die jedoch überwiegend wertlos sind (wieviele Blattfinger pro Blatt, gegenstän-diger oder wechselständiger Blattansatz, Größe etc.)

Anhaltspunkte: bis zur 8. Woche fast gleich. Männliche Pflanze eher etwas kräftiger undraschwüchsiger, aber weniger verzweigt. Weibliche Pflanzen zeigen mitunter deutlichereKnoten (= Nodien), wo Blätter aus dem Stengel entspringen.

Frühreife Blüten sind teilweise nicht voll ausgebildet. Männliche Blüten weisen einenStiel auf, weibliche sind ungestielt und erinnern eher an ein Blatt. Frühreife weiblicheBlüten treten sowohl an männlichen als auch an weiblichen Pflanzen auf, Geschlechts-bestimmung daher nicht sicher, Wahrscheinlichkeit allerdings leicht zugunsten einesletztlich weiblichen Geschlechts: je mehr weibliche Blüten desto wahrscheinlicher weib-lich. Männliche frühreife Blüten können ausschließlich auf männlichen Pflanzen auftre-ten.

Vorblütenstadium: 10-14 Tage vor Blütebeginn streckt sich die männliche Pflanze, fri-sche Austriebe weisen erstaunlichen Abstand zwischen den Blattknoten (= Internodien)auf. Die männliche Pflanze bekommt spätestens jetzt ihr schütteres Aussehen. Ganz imGegensatz dazu verringern sich bei der weiblichen Pflanze die Abstände zwischen denNodien, sie gibt sich eine typisch buschige Erscheinung.

PROBLEME

NÄHRSTOFFMÄNGEL:

Lichtmangel: wenn Lichtquelle mehr als 100 cm entfernt. Untere Teile der Pflanze stär-ker betroffen.

Mobile Nährstoffe (N, P, K, Mg, B, Mb) = Symptome erscheinen zuerst in den unterenTeilen der Pflanze und setzen sich nach oben hin fort.

Nicht bewegliche Nährstoffe (Ca, S, Fe, Cu, Mn, Zn) = Symptome zuerst an den Sproß-spitzen, setzen sich zu unteren Teilen fort.

Chlorose: Blätter werden gelb bis weißlich, weil zuwenig Chlorophyll. Heilbar.

Nekrose: Abgestorbenes Gewebe, trocken, braun bis grau. Nicht mehr heilbar.

Mangel an N: schleppender Wuchs. Vergilben von unten nach oben. Gesamtes Blattgleichmäßig betroffen. Später sterben Blattspitzen und Nekrosestellender Blätter. Rote Stengel und Blattstiele. Kleinere Blätter. Blattabwer-fen rasch von unten nach oben. Häufigster Mangel.Erholung nach N-Düngung innerhalb 3-4 Tagen.

P: sehr langsamer, kleiner und kümmerlicher Wuchs. Blätter kleiner unddunkelgrün, Stengel und Blattstiele rötlich. Evtl. rötliche Einfärbungder Blätter von Adern ausgehend (Blattunterseite). Langsame Gelb-Verfärbung der Pflanze von unten aus. Selten.Rasche Erholung nach P-Düngung.

K: normale Entwicklung, aber Blattspitzen braun und nekrotisch. Nekrosebesonders am Blattrand, manchmal zuvor chlorotisch gescheckte Blätter.Rote Stengel und Blattstiele. Flecken meist erst an den älteren Blättern.Selten. Behandlung nicht unbedingt erforderlich.

Ca: selten. pH-Wert prüfen und entsprechend kalken. 1 Teelöffel Dolomit-gesteinsmehl je 1 l Gießwasser.

S: sehr selten. Ähnelt N-Mangel, beginnt jedoch an Triebspitzen. Mit Mag-nesiumsulfat (= MgSO4) bekämpfen.

Mg: gelegentlich. Spitzen der Blätter sterben, Blätter rollen sich ein. ZuerstTriebspitzen fast weiß, Blätter rollen sich auf. Blätter fast weiß mit grü-nen Adern. Auch untere Blätter sind betroffen. 1/2 Teelöffel Mg-Sulfat(= MgSO4) je 1 l Wasser. Nach 3-4 Tagen Normalisierung. Zuerst aufBlätter sprühen, wenn das nicht hilft dem Substrat beimischen.Tritt häufig bei Hydrokultur oder erdfreien Substraten auf.

Fe: selten. Beginnt an Triebspitzen. Blätter chlorotisch, Adern grün. UntereBlätter nicht betroffen.Eisenfeilspäne in Erde mischen, Nägel in Erde oder in Stamm treiben.pH-Wert überprüfen, evtl. sehr sauer.

Spurenelemente: sehr selten, meist in Wasser oder Düngern oder Erdmateria-lien ausreichend vorhanden. Im Zweifel oder bei Hydrokultur Spuren-elementdünger. Nur halbe angegebene Dosis verwenden.

Mn: sehr selten. Erst chlorotisch, dann nekrotisch, Flecken auf Blättern. Vor-wiegend bei jungen Pflanzen.

B: Triebe braun bis grau. Sehen „verbrannt" aus. Borwasser (Drogerie zumAugenausspülen}

Mb: selten. Beginnt in der Mitte der Pflanze, breitet sich dann auf obereTeile aus. Neue Blätter mißbildet oder verdreht.

Zn: Chlorose von Spitze und Rändern der Blätter ausgehend. Verbogene ge-drehte Blätter. - Verzinkter Nagel in Erde oder Stamm.

Cu: sehr selten. Nekrose von Spitze und Rand der Blätter ausgehend. Blätterschlaff. Kupfervitriol oder Cu-haltiges Fungizid spritzen. Kupferspänein Erde.

ERNTE DER PFLANZE

Die Pflanze wird gleich über dem Boden abgeschnitten. Größere Pflanzen werden in arm-lange Teile zerschnitten, da diese besser zu handhaben sind.

Transport frisch geernteter Pflanzen: Die frisch geernteten Pflanzen werden zu lockerenBündeln zusammengebunden oder locker in Kisten oder Säcke verpackt, um sie dannsofort zum Trockenplatz zu bringen. In luftundurchlässigen Behältnissen (z.B. Plastik-tüten) beginnt das Material nach wenigen Stunden zu fermentieren und ungünstigenfallszu schimmeln und faulen.

Aufbewahrung: In der Pflanze selbst wird das Harz in luftdichten Behältern hergestelltund aufbewahrt, den Drüsenköpfen nämlich. Sucht man nach einer Lagerungsmethodeder Pflanzenteile mit möglichst wenig THC-Verlust, sollten die Pflanzenteile möglichstvollständig und unbeschädigt aufbewahrt werden. Daher wird schon bei der Ernte undbeim Transport darauf geachtet, daß die Pflanzen und besonders die wertvollen Blüten-stände nicht zerquetscht oder zerrieben werden. Auch das getrocknete Pflanzenmaterialwird in lockeren Bündeln eingelagert und keinesfalls zerkleinert oder gar zu Pulverzerrieben.

Mögliche Weiterverarbeitung

TROCKNUNG UND WEITERVERARBEITUNG

Grundsätzlich wird bei allen Trocknungs-, Fermentierungs- und Weiterverarbei-tungsmaßnahmen die betreffende Arbeitsstelle mit Folie oder Zeitungspapier etc.ausgelegt damit von den Pflanzen abfallende Teile aufgefangen werden und nichtverlorengehen!!

Zuerst werden die Pflanzenteile sortiert. Alle weiblichen Blütentrauben werden separatgelegt, ebenso jeweils alle männlichen Blutenstände, die kleinen Blätter, die großen Blät-ter, die Stengelteile. Nach der Trocknung wäre diese Arbeit sehr schwierig, da die Teilebei Berührung zerfielen. In jedem Falle wird den frisch geernteten Pflanzenteilen dasWasser entzogen, das 85-90% ihres Frischgewichtes ausmacht.

BLÄTTER

Je jünger desto potenter. Kurz vor der Blüte muß allerdings mit einem erstaunlichenEinbruch in der Potenzkurve gerechnet werden. Dafür sind während der Blüte gebildeteBlätter besonders potent. Nach der Blüte austreibende Blätter sind wieder wirkstoff-ärmer.

Die großen Blätter des Stammes sind kaum wirksam, sorgen jedoch in starkem Maße(große Oberfläche) für Photosynthese und damit Versorgung der Pflanze. Keinesfallsentfernen, weil sonst Gesundheit und Wuchskraft leiden.

Menge: nicht jedes neu austreibende Blatt ernten. Nicht zu oft. Nicht zuviele Blättergleichzeitig.

Triebe: je jünger desto potenter. 1. Schnitt in der 4. Woche Stamm (zwischen 5. und 6.Internodie) = wenig potent. Dann Entwicklung von gleichberechtigten Seitentrieben(mindestens 6). 2. Schnitt nach 6-8 weiteren Wochen. Dabei müssen nicht alle neuenTriebspitzen entfernt werden. 3. und 4. Schnitt möglich (Behandlung der Pflanze wieeine Hecke).

Zeitpunkt: nicht in einer Regenperiode (zuviel vegetative Wuchsimpulse), sondern erst10 Tage später (höhere Potenz).

BLÜTEN

Männlich: Nach Öffnung der ersten Blüten (damit auch keine unerwünschten Pollenausfallen) spätestens. Nach Bestäubung fallen Blüten ab. Potenzunterschiede zwischenVorblüte und Hauptblüte gering. Schnitt über dem Boden und zum Trocknen kopfüberaufhängen.

Weiblich: Ernte bei Nachlassen des Blüteimpulses = deutlich weniger neue Blüten werdenausgebildet, 5 Tage später höchste Potenz der Blütenstände. Ernte, wenn 50% derNarben einer Blütentraube noch frisch (= weißlicher Belag auf den Narben), 50% bereitsverwelkt (trocken, bräunlich) sind. Harzdrüsen noch immer vorwiegend durchsichtigoder milchig, kaum braun oder goldfarben.

Ernte entweder der gesamten Pflanze (bei gleichzeitig Blüten austreibender Sorte) oderBlütentraube für Blütentraube (bei ungleichmäßig reifenden Sorten).

Schnitt über dem Boden oder mit Wurzel ausziehen und kopfüber zum Trocknen auf-hängen. Oder: die betreffenden Blütenstände einzeln abschneiden und trocknen.

Samenproduktion: Bei Reife fallen die Samen aus der Pflanze aus. Man legt Planen umdie Pflanze herum, damit die reifen Samen nicht verloren gehen. Die Pflanze wird,solange es die Witterung erlaubt, stehen gelassen, selbst dann werden die Samen imoberen Teil der Pflanze noch nicht voll ausgereift sein.

Probleme bei der Blüte

Schlechtwetter: Regen, Nässe, Kälte schaden der Blüte. Schon bald welken die weib-lichen Narben. Ernte 5-7 Tage nachdem erheblich weniger neueBlüten ausgetrieben werden (unabhängig vom Aussehen der älterenBlüten).

Frost: wie Schlechtwetter. Kurze Frosteinbrüche werden vertragen. DasHarz leidet nicht unter diesen Temperaturen.

Schutz: Gegen Nachtfröste und starke Regenfälle (würden mit der Wuchtder Regentropfen die lose sitzenden Drüsenköpfe abschlagen undfortspülen) werden Planen oder Säcke über die Pflanzen gedeckt.

Zweifache Blüte: 2/3 der Pflanze ernten. Gut düngen (N, P, Mg). Es erfolgt ein Neu-austrieb.

Freiland: in Deutschland nicht möglich.

Im Haus: Rückschnitt auf ca. 70 cm Höhe (wie Hecke behandeln), untereÄste belassen (auch kahle!). 12 Stunden Licht täglich. Zweite Blütenach 4-8 Wochen. Dritte Blüte bei besonders vitalen Pflanzen mög-lich.

Anwendung von Spritzmitteln: Spritzmittel ansetzen und filtern (durch einen Damen-strumpf). Das Präparat wird verdünnt und in eine kleine Gartenspritze oder (bei kleinenProblemen oder Pflanzungen) in einen Zerstäuber gefüllt und versprüht. Tiere, Kinderund man selbst sind vor evtl. Folgen besonders bei starken Giften zu schützen. Blatt-unterseiten werden bevorzugt heimgesucht, daher muß ihnen ein Hauptinteresse gelten.

Sortieren. Verschieden potente Pflanzenteile werden jeweils separat weiterverarbeitet:weibliche Blütentrauben, männliche Blütenstände, kleine Blätter, größere Blätter, dieStengelteile. Die aus den weiblichen Blütenständen herauswachsenden kleinen Blätterkönnen abgeschnitten und den kleinen Blättern zugeordnet werden.

Fermentieren: Wie auch bei der Fermentation von Tabak oder Tee wird durch den Ein-fluß von pflanzeneigenen Enzymen und Sauerstoff und evtl. mit Hilfe von Bakterienhöhermolekulare Kohlehydrate (Stärke) in Zucker umgewandelt, Chlorophyll abgebautetc. Hierdurch verliert das Marijuana die grüne Farbe (= Chlorophyll) und das Kratzen,das Aroma beim Rauchen wird insgesamt feiner und runder.

Jede Fermentation schließt mit einer Trocknung ab. Bereits getrocknetes Material odertrockene Reste bei der Haschischgewinnung können ebenfalls später befeuchtet und fer-mentiert werden.

Trocknen. In jedem Falle muß den frischen Pflanzen ihr Wasser entzogen werden(85-90% des Frischgewichtes), weil sie sonst zu Humus verrotten würden. Je länger undstärker Sauerstoff und Wärme auf die Pflanzenteile wirken können, desto höher ist derAbbau von THC zu CBN. Trocknung findet daher grundsatzlich im Dunklen statt.

Temperatur: zerstört THC und verdunstet die für das Aroma wichtigen ätheri-schen Öle, ist andererseits wichtiger Bestandteil der Verdunstungvon Wasser (warme Luft kann mehr Wasser je m3 aufnehmen alskühle). Mittlere bis niedrige Temperatur: bis 25°C bedeutet lang-same gleichmäßige Trocknung mit wenig Aroma- und THC-Verlust.Hohe Temperatur: 30-45°C bedeutet schnelle Trocknung mit ent-sprechend höheren Verlusten. Kann mit Heizung und Ventilatordurchgeführt werden. Heiße Temperatur: über 50°C sehr schnelleTrocknung bei mittlerem bis hohem THC-Verlust und gänzlichemVerlust vieler leichtflüchtiger Aromastoffe. Im Ofen, über demOfen.

Luftfeuchtigkeit: Je höher die Luftfeuchtigkeit desto langsamer die Trocknung.

Luft: die Luft wird bei der Trocknung mit Wasserdampf angereichert,der aus den Pflanzen verdunstet ist. Es muß daher immer mehroder weniger frische (trockenere) Luft zugeführt werden.

PRAXIS

FERMENTATION

1. a) In einem geschlossenen Raum (Temperatur über 18°C) werden Cannabispflanzen(-teile) dicht an dicht, ohne sich allerdings zu berühren, auf zuvor gespannte Drähteoder Schnüre gehängt. Keine Lüftung (= hohe Luftfeuchtigkeit), bis die Blätterihre grüne Farbe verloren haben und zu verblassen beginnen.

b) Lüftung (= Fenster, Tür, Lüftungsschlitze bei Verwendung einer besonders für die-sen Zweck umgebauten Räumlichkeit/Garage/Scheune) leicht öffnen. Temperaturund Luftfeuchtigkeit sinken. Fermentation weiterführen, bis die grüne Farbe gänz-lich verschwunden ist (= völliger enzymatischer Abbau von Chlorophyll).

c) Lüftung voll öffnen und Material trocknen (wie Tabak sollte es am Ende derTrocknung bei Reiben zwischen Daumen und Zeigefinger nicht zu Pulver zerfal-len, sondern elastisch sein).

d) Probleme: bei kaltem Wetter tritt vielleicht vor Abschluß der Phase (a) Schimmel-bildung auf. Dann bei Gefahr mit Heizlüfter Temperatur auf 30°C heben. Dauerder gesamten Fermentation 1-5 Wochen. Nur für große Mengen geeignet.

2. Fermentation im kleinen: Als Fermentationsraum dient eine Plastikschachtel mitBelüftungslöchern an der Oberseite. Diese schwimmt in einem Wasserbad (großerTopf etc.), das mit einem Aquarienheizstab mit Thermostat, einem Tauchsieder oderElektroherd auf der gewünschten Temperatur gehalten wird.a) Temperatur 33°C. Cannabis locker gepackt, Lüftung praktisch geschlossen. Nach

ein paar Tagen Verfärbung von grün zu blaß oliv.b) Dann auf 37°C, bis kein Grün mehr sichtbar ist. Lüftung leicht öffnen,c) Schließlich bei 45°C und Lüftung offen, oder außerhalb der Schachtel trocknen.

3. Mikrobielle Fermentationa) Große Mengen:

Blütenreiche Äste werden zu einem Haufen von 30 cm Höhe und wenigstens50 x 50 cm Seitenmaß aufgeschichtet. Aufwärmung durch rege Mikrobentätigkeitinnerhalb weniger Stunden (wie beim Kompostieren). Ständig Temperatur kon-trollieren (nicht über 40°C). Farbwechsel nach braun sehr rasch, täglich Haufenumsetzen und ausreichend fermentierte Zweige entnehmen und nachtrocknen.Vorsicht vor Schimmelbildung und Fäulnis (muffiger Geruch). In diesem Fallewird sofort unterbrochen und getrocknet.

b) Kleine Mengen (schnell):Grass wird fest in einen Papiersack (evtl. mehrlagig) gesteckt und dieser in dieSonne gelegt. Die Sonnenwärme bringt die mikrobiellen Vorgänge in Bewegungund sorgt durch Verdunstung des Wassers in den Pflanzen für die nötige Luft-feuchtigkeit im Sack. Sonst wie (a).Fermentation: bei 50-60°C künstlich erzeugter Temperatur und Luftfeuchte über75°C fertig nach 7 Tagen.Oder: große Mengen zu einem Haufen oder in einem Faß. Nach ein paar Tagenumsetzen etc. etc.

c) Kleine Mengen (langsam):Frisches Grass wird in Plastiksäcke eingerollt. Alle 5 Tage eine Stunde Öffnen, umKondenswasser verdunsten zu lassen. Material und Rotte werden täglich überprüft.Bei Raumtemperatur kann dieser Vorgang über 30-40 Tage durchgeführt werden.Dann trocknen. Wird bei schlechten Qualitäten durchgeführt. Die Mikroben ver-zehren ein Teil der Zellsubstanz, greifen jedoch die Harzstoffe nicht an. Daher in-direkte Konzentrationssteigerung bei gleichzeitigem Trockengewichtsverlust.Fermentation: In den USA werden angewelkte Pflanzen zu 500 g-Ziegeln gepreßt,welche auf dem Transport fermentieren. Zugabe von Zucker erhöht bei der kom-merziellen Marijuanaherstellung die Mikrobentätigkeit und verleiht dem Produkteine gewisse vom Laien mit hohem Harzgehalt verwechselte Klebrigkeit. Zucker-rückstande lassen sich durch Rauchen leicht erkennen. Man kann sich mit dem Ge-schmack und Geruch von verbrennendem Zucker vertraut machen, wenn man mil-des Grass oder eine milde Tabakzigarette mit Zucker bestreicht und raucht.

Sonnenbräune: Der grüne Blattfarbstoff (= Chlorophyll) wird unter dem Einfluß vonUV-Licht, also auch Sonnenlicht, zerstört. Ein Glas, eine transparente Plastiktüte oderder Zwischenraum zwischen zwei Glasscheiben oder Plastikplanen wird mit Grass gefülltund von der Sonne bestrahlt. Wenden nach einem Tag. Nach zwei Tagen hat sich die

Farbe von grün zu bräunlich hin verändert. Allerdings muß mit einem gewissen THC-Verlust (nicht entscheidend) gerechnet werden.

Auslaugen: Bereits getrocknetes Cannabiskraut wird in lauwarmem oder kaltem Wasser(heißes Wasser würde Harze freisetzen, die dann auf der Oberfläche schwämmen) ein-geweicht und einen Tag lang stehen gelassen. Ziel: Auslaugung der wasserlöslichenBestandteile wie Kohlehydrate, Proteine, Farbstoffe (= bis 30 Gewichts-%), die nichtwasserlöslichen Harzstoffe bleiben in den Pflanzenteilen zurück. Der Sud wird abgeschüt-tet und evtl. erneuert. Die Pflanzenteile werden schließlich getrocknet. Sie sehen braunbis schwarz aus, sind geschrumpft und gedreht (ähnlich wie schwarzer Tee). Durch denVerlust der wasserlöslichen Inhaltsstoffe kann indirekt der THC-Gehalt je Gramm umbis zu 30% gesteigert werden. Unschönes Aussehen und völliger Aromaverlust müssen inKauf genommen werden.

Wertung Fermentation: Es handelt sich hier um qualitätsverbessernde Maßnahmen, dieden Genuß wie den Marktwert von Cannabis steigern und daher von professionellen Her-stellern grundsätzlich durchgeführt werden. Laien wagen sich oft nicht an diese Arbei-ten, weil sie einen Teil ihrer Ernte durch Fehler in der Fermentation zu verlieren befürch-ten. Sie geben sich lieber mit dem unbehandelten ausschließlich getrockneten „Selbstgezogenem" und seiner typischen grünen Farbe, seinem pfefferminzartigen Geruch undseinem etwas kratzigen Raucharoma zufrieden. Vielleicht kann man mit anderen Kräu-tern das Fermentieren trainieren und so die Scheu vor diesem Schritt verlieren.

TROCKNEN

Wassergehalt der Blätter 80-90%der Blütenstände 70-80%getrocknetes Grass 10-15%

Langsame Trocknung: Beim langsamen Trocknen findet noch immer eine gewisse Fer-mentierung mit pflanzeneigenen Enzymen statt, wodurch der für schnell- und d.h. heißgetrocknetes Grass typische unangenehme beißende und kratzende Rauch etwas abge-mildert wird.

Vorgang: Pflanzen oder Pflanzenteile werden dicht an dicht ohne sich allerdings zu be-rühren an einem trockenen und dunklen Ort an zuvor verspannten Drähten oder Schnü-ren oder auf Trockengestellen aufgehängt. Die Trocknung sollte 7-15 Tage dauern (s.o.).Soll die Trocknungszeit verlängert werden, legt man das Material in an den Seiten viel-fach durchstochene Plastik- oder Papiersäcke. Eine gewisse Luftbewegung muß gewähr-leistet sein, da sonst Fäulnis oder Schimmel entstehen würden, sie wird jedoch meistauf das Mindestmaß beschränkt. Es wird sofort bei mittlerer Hitze getrocknet, wenn sichSchimmel zeigen sollte.

Schnelle Trocknung: 30-45°C unter starker Luftbewegung (Heizer, Ventilator, überHeizkörper). Trocknung nach 2-4 Tagen, Trockenraum kann viel dichter gepackt wer-den, da keine Schimmelgefahr. Vorteile: geringer Raumbedarf, hohe Trocknungsge-schwindigkeit. Nachteile: Aromaverlust, keine Fermentation (= kratziger Geschmack).

Heißtrocknung: 60-95°C über dem Ofen oder auf Blech im Ofen. Hohe Verluste in jederBeziehung. Methode für den Notfall (Schimmel, Polizei, minderwertiges Material). KeineNachteile, wenn das getrocknete Material extrahiert werden soll.

Trocknung an der Sonne: auf weißen Tüchern oder auf Wäscheleinen, evtl. mit Tüchernabgedeckt. Rasche Trocknung. Umwandlung des Chlorophylls durch UV-Strahlung der

Sonne, daher bräunliches Aussehen, wenig THC-Verlust, wenn's schnell geht. KratzigerGeschmack.

Gefriertrocknung: gleiche Menge frisches oder angewelktes Grass und Trockeneis ( - ge-frorenes CO2) in eine Dose mit Löchern im Deckel. Das verdunstende Trockeneis nimmtetwas Feuchtigkeit aus dem Grass auf und entzieht ihm so das Wasser. Wenn alles Trok-keneis verschwunden ist, ist das Grass getrocknet, verbleibt jedoch noch immer etwaselastisch. Potenzsteigerung (wie oft behauptet) chemisch gesehen unwahrscheinlich.

PARFÜMIERUNG/AROMATISIERUNG

Wie auch Tee und Tabak läßt sich Cannabis aromatisieren. Man legt entsprechende Ge-würze und Kräuter als Duftkissen oder auf Schnüre gereiht dem lagenweise zur Fermen-tation aufgeschichteten Grass bei: Ingwer, Zimt, Muskat, Nelken, Vanille, Salbei, Hop-fen etc. Zitronenschalen, Apfelschalen (= 40 g je 10 l Material)

Ammoniak wird bei der Zersetzung von Eiweißen frei. Der aus Pferdeställen und „Ajax"bekannte Geruch kann bei einer mikrobiellen Fermentation auftreten und bedeutet keinAlarmsignal.

Ordentlich aufgestellter Hanf in Oberbayem.

ZÜCHTUNG /SAATGUTPRODUKTION

Nur voll ausgereifte Samen sind sicherkeimfähig. Sie zeichnen sich durchdunkle Farbe, evtl. marmorierte Muste-rung und eine harte Schale aus.

KÜNSTLICHE BESTÄUBUNG

Mit einem Pinsel oder Wattebausch wer-den die männlichen Blüten möglichst andem Tage der Öffnung der Staubbeutelabgetupft. Die Pollen haften an den Pin-selhaaren (bzw. Watte). Vorsichtig wer-den die weiblichen Narben (= weißlichesoder grünliches Aussehen deutet nochvorhandene Fruchtbarkeit an, brauneoder vertrocknete Narben sind nichtsicher fruchtbar) hiermit betupft.

Oder: Ein durchsichtiger Plastikbeutelwird über einen männlichen Blütentriebgestülpt, zugebunden und einen oderzwei Tage so belassen (die Blüten solltengeöffnet sein). Die Pollen fallen in dieTüte (durch Schütteln nachhelfen). DieTüte wird über eine ausgewählte weib-liche Blütentraube gezogen oder ihr In-halt durch Schütteln nahe der Pflanzebreit verteilt.

Pollen bewahren ihre Fruchtbarkeit überwenigstens 30—40 Tage vollständig. 15Tage alte Pollen produzierten in Ver-suchen (L1, 97) 20% mehr weiblich aus-fallende Samen als frische Pollen.

ZÜCHTUNG/KREUZUNG

Erbregel: männliche Pflanzen enthalteneinen XY-Geschlechtschromosomensatz,weibliche Pflanzen enthalten einen XX-Geschlechtschromosomensatz. In denGeschlechtszellen (Eizelle bzw. Pollen-korn) findet sich nur jeweils ein Chromo-som: Eizelle =X

Pollenkorn = X oder Y(Verhältnis 50:50)

Bei der Befruchtung verschmilzt das X-Chromosom der weiblichen Eizelle mitdem Chromosom des befruchtenden Pol-lenkorns (also mit entweder X oder Y),Entsprechend dieser Kombination (XX

oder XY) fällt das Geschlecht des Nach-kommen weiblich (= XX) oder männlich(= XY) aus. Die Nachkommenschaft istzu 50% weiblich und zu 50% männlich.

ZUCHTAUSWAHL

Die einfachste Züchtungsform ist die Aus-wahl der besten also potentesten undgutwüchsigsten Exemplare als Eltern derFolgegeneration. Um einem Abbau durchInzucht (= Vermehrung aus Geschwistern)vorzubeugen, werden meist verschiedeneSorten miteinander gekreuzt oder einefremde Sorte in einen Bestand einge-kreuzt.

HYBRIDZÜCHTUNG

Gelegentlich treten unerwartet guteWuchs- und Qualitätseigenschaften beider Kreuzung zweier jeweils mäßiger oderschwacher Elternsorten auf (= Heterosis).Nur die direkte Folgegeneration (= F1 =Filialgeneration1) weist diese höchst er-wünschten Merkmale auf. In der zweitenGeneration (F2) spaltet sich die Erban-lage wieder in Anlagen der Elterngenera-tion auf (Mendel'sche Gesetze). DieHybriden (= Kreuzungsprodukte) derF1-Generation müssen immer wieder neudurch aufwendige künstliche Bestäubungerzeugt werden. Wer mit künstlicher Be-stäubung seine Samen selbst herstellt,erlebt gelegentlich das beschriebene Phä-nomen. Er kann in den folgenden Jahrendurch immer wieder dieselbe Kreuzungsein F1-Hybridsaatgut produzieren.

INZUCHT

Eine Sorte wird immer wieder mit sichselbst gekreuzt. Im Laufe mehrerer Gene-rationen werden die Sorteneigenschaftender anfallenden Samen immer einheit-licher. Möglicher Nachteil liegt in demVerlust mancher erwünschter Eigenschaf-ten bei vielen Inzuchtlinien.

WEIBLICHE SAMEN

Weibliche Pflanzen verfügen über einen

XX-Chromosomensatz. Treten bei weib-lichen Pflanzen gelegentlich einzelnemännliche Blüten auf, so verfügen auchderen Pollen nur über X-Chromosomen(anstatt der üblichen Streuung 50:50X und Y bei Pollen von wirklich männ-lichen Pflanzen). Durch künstliche Be-stäubung werden die Pollen solcher männ-lichen Blüten von vorwiegend weiblichenPflanzen auf normale Narben von norma-len weiblichen Pflanzen gebracht. Die ent-stehenden Samen werden alle weibliche

Jungpflanzen bringen, weil sich die Ei-zelle (= X) mit dem „weiblichen" Pollen(= X) zu einem weiblichen Embryo (= XX)verbindet.

Zwar fallen die Samen aus Bestäubungdurch hermaphroditische Pflanzen (hier:Pollen von männlichen, Blüten von weib-lichen Pflanzen) praktisch allesamt weib-lich aus. Gleichzeitig aber können bis zu80% der Pflanzen der nächsten Genera-tion zwittrige Eigenschaften aufweisen.Wer Sinsemilla-Pflanzen ziehen will, wirdnicht ständig alle Pflanzen auf vereinzeltemännliche Blüte überprüfen können, diedie gesamte Sinsemillapflanzung ruinierenkönnen. Es ist daher vorteilhafter, mitnormal erzeugten Samen zu arbeiten.

Wertung: Die einfache Auswahlzüchtungist das zuverlässigste Verfahren, brauch-bares Saatgut zu erzeugen. Gelegentlichkann der aufmerksame Gärtner dasPhänomen der Heterosis (= unerwartetgute Eigenschaften von mäßigen Eltern)beobachten und kräftig nutzen (dies istallerdings nur bei künstlicher Bestäu-bung und sorgfältiger Buchführung undBezeichnung der Eltern möglich).

Einkreuzung „frischen Blutes" verhin-dert möglichen Abbau durch Inzucht.Gezielte Herstellung von inzüchtigemHochzuchtsaatgut und heterotischen F1-Hybriden bleibt dem äußerst interessier-ten Laien vorbehalten. Echte Sortenzucht- wie in der Landwirtschaft — würde esnur unter professionellen Bedingungengeben, man wird mit extrem THC-starkenund gleichzeitig frühwüchsigen Sorten erstnach einer Legalisierung rechnen dürfen.

KREUZUNGZWISCHEN CHEMOTYPEN

Der Chemotyp beschreibt vorwiegend dasVerhältnis zwischen CBD und THC imHarz der Pflanze. Bei der Kreuzung vonverschiedenen Chemotypen weist dieFolgegeneration durchschnittlich den Mit-telwert zwischen den beiden Verhältnis-sen der Eltern auf.(L1,51)

ADAPTION

Es ist bekannt, daß sich sowohl die von ei-ner Sorte produzierte Harzmenge als auchdas Verhältnis zwischen THC und CBD imLaufe weniger Generationen verändert.Alles deutet darauf, daß hier Umweltein-flüsse auslösend sind. THC-reiche Sortenproduzieren innerhalb weniger Generatio-nen im gemäßigten Klima (mit seiner ent-sprechenden Photoperiode) mehr CBD,CBD-lastige Fasersorten entwickeln inner-halb weniger Generationen in den Tropenerstaunliche Fähigkeiten in RichtungTHC (statt CBD).

Um zu verhindern, daß aufgrund derraschen Adaption von Cannabis an eineneue (in unseren Gegenden für die THC-Ausbeute ungünstigere) Umwelt bereitsnach ein paar Generationen die Potenzder Sorte praktisch auf null zurückge-fallen ist, verwendet man entweder im-portiertes Saatgut oder deren erste, höch-stens zweite Folgegeneration, oder mankreuzt ständig hochpotente tropischeSorten ein.

STECKLINGE -VEGETATIVE VERMEHRUNG

Alle Zellen einer Pflanze beinhalten exaktdieselbe Erbmasse. Bei der geschlechtli-chen Vermehrung (Pollen auf Eizelle)mischen sich die Erbteile zweier Eltern-pflanzen, das Ergebnis ist kaum kalkulier-bar.

POLYPLOIDE

Pflanzen mit einem doppelten oder mehr-fachen Chromosomensatz werden als

Polyploide bezeichnet. Sie kommen unternatürlichen Bedingungen nicht vor. Poly-ploide lassen sich mit Hilfe von Alkaloi-den wie Colchizin hervorrufen. Unterdem Einfluß dieser Substanz wird der beider normalen Zellteilung entstandenedoppelte Chromosomensatz nicht aufbeide neue Zellen verteilt, sondern ver-bleibt in nur einer Zelle.

Vorgang: Samen in Colchizin-Lösung ein-legen (6 mg Colchizin als Gichttablette je100 ml Wasser oder eine Zwiebel derHerbstzeitlose (= Colchicum) zerstampfen,

mit gleicher Menge Wasser ausziehen undLösung filtern oder 5 Samen der Herbst-zeitlose (= 20 mg Colchizin) ausziehen.Keimende Samen aussetzen. Weitere Be-handlung der Pflanze wie gewöhnlich.

Die in ausgewachsenen Samen zu vermu-tende Giftmenge ist praktisch gleich null.Daher kann ohne Bedenken auch dieerste Generation geraucht werden.

Wertung: Ein Versuch bedeutet wenigAufwand, ist jedoch nicht erforderlich,Polyploide müssen nicht günstig sein, esgibt Rückschläge, relativ unbrauchbareMethode.

Vermehrt man eine Pflanze stattdessenungeschlechtlich aus sich selbst, sprichtman von vegetativer Vermehrung. Ein Teilder Mutterpflanze (hier: eine 10—15 cmlange Triebspitze) wird entnommen (ab-geschnitten) und in die Erde gesteckt, woer sich von der Schnittstelle aus bewurzelnsoll (Bewurzelungsmittel der Erde bei-geben) .

Die aus dem Steckling sich entwickelndePflanze ist genetisch mit der Mutterpflan-ze identisch. Mit der vegetativen Vermeh-rung können also besonders wertvollePflanzen ohne erbliche Einbußen beliebigweitervermehrt werden.

Wertung: Nur bei der vegetativen Ver-mehrung sind die künftigen Eigenschafteneiner Pflanze festgelegt. Einmalige Pflan-zen und ihre Eigenschaften können soüber Generationen ohne Verlust bewahrtwerden. Stecklinge bewurzeln sich nichtsonderlich leicht, weshalb man mit reich-

lich Ausschuß rechnen muß. Über dieStecklingsvermehrung hätte die Wissen-schaft vergleichbares weil erblich iden-tisches Versuchsmaterial zur Verfügung,um etwa die Einflüsse der Umwelt auf diePotenz von Cannabis zu untersuchen(eine Möglichkeit, die aufgrund der Igno-ranz vieler Forscher bisher nicht genutztwurde). Besonders für den Anbau oderdie Jungpflanzenproduktion unter künst-lichem Licht oder im Gewächshaus geeig-net.

Polyploides Blatt

LAGERUNG

Bei der Lagerung soll der natürliche Abbau des aktiven THC zum inaktiven CBN soweitwie möglich unterbunden oder wenigstens verzögert werden. Schlimmster Feind desTHC ist das Licht, daher wird immer im Dunklen gelagert. Bei Wärme finden mehr Mole-kularbewegungen (je Zeit) statt, die natürliche Oxydation wird beschleunigt. Daher wirdimmer kühl gelagert (möglichst unter +15°C, ideal und machbar um +5°C, auch Tief-frieren dürfte nur Vorteile für den THC-Gehalt haben. Zur Oxydation von THC zu CBNist Sauerstoff nötig. Daher bei geringer Luftbewegung, besser in luftdichten oder luft-freien (N2- oder Argongashaltigen) Behältern oder im Vakuum lagern. Der Faktor Luftist jedoch am wenigsten wichtig bei der Lagerung. Starke Luftbewegung mindert dasAroma, weil mit der Abluft die leicht flüchtigen ätherischen Öle (= Geruchsstoffe) ver-loren gehen.

Praxis: Unzerstörte Pflanzenteile (= vollständige Blütenstände oder Harzstaub) sind bes-ser von THC-zerstörenden Einflüssen geschützt (Drüsenköpfe sind die beste Harzverpak-kung) als zerstörte. Je größer die der Luft ausgesetzte Harzoberfläche und die Luft-bewegung der Umgebung ist, desto stärker findet ein Abbau statt.

Lagerung unter Luftabschluß: Vakuumverpackungen, Gasverpackungen (N2 oderArgon in die betreffenden Behälter einfüllen), dichte Verpackungen ohne allzuvielLuft (Voraussetzung trockenes Lagergut, sonst Schimmel und Fäulnis).

Extrakte oder Pflanzenteile in Petroäther, Äthanol oder ähnlichen Lösungsmitteln sind,praktisch unbegrenzt haltbar, sofern man sie vor Licht schützt.

delta8-THC ist stabiler als delta9-THC und CBD. Daher werden geplante Isomerisationen vorder Lagerung durchgeführt.

Haschisch wird durch eine festanliegende Plastikverpackung am ehesten in seinem Ab-bau gebremst (Frappan-Folie). Größere Klumpen verlieren weniger als kleinere. Bei

langfristiger Lagerung hält sich nur der Harzstaub (= durch Dreschen gewonnene Drüsen-köpfe samt Verunreinigungen, oft in der Dritten Welt fälschlich als „Pollen" bezeichnet).

PRODUKTION

ZUR WELTERZEUGUNGVON HASCHISCH UNDMARIJUANA

Da es sich bei Cannabis um eine fast wett-weit illegalisierte Pflanze handelt, beruhensämtliche Zahlenangaben auf Schätzungen.Man sollte nicht vergessen, daß solcheSchätzungen oft politisch motiviert undeventuell manipuliert sind.

In seinem Buch HEMP - Lifeline to thé futu-re nennt Chris Conrads folgende Zahlen:Haupterzeuger von Cannabisprodukten istdemnach der Libanon mit rund 700 Tonnenpro Jahr, die vor allem den europäischenMarkt abdecken. Pakistan und Afghanistansind mit 200 bis 400 Tonnen im Rennen, dieebenfalls vor allem in Europa verqualmtwerden. Keine Angaben hat Conrads zu denQuantitäten, die aus dem Neuen Osten aufden Weltmarkt schwemmen.Die Gesamterzeugung Lateinamerikasbeläuft sich auf geschätzte 500 bis 1000Tonnen. In Südostasien, also Thailand, Laosund den Philippinen, kommt nochmals eineähnliche Menge zusammen. Mexiko undKolumbien teilen sich etwa 60% des ameri-kanischen Marktes. In Mexiko wird etwaeine Fläche von 9000 Hektar mit Hanf be-pflanzt. Die Nachfrage aus den USA betrugim Jahr 1985 rund 8300, im Jahr 1987schon 8585 Tonnen. 1988 wurde etwa einViertel des Eigenbedarfs in den USA ange-baut. Die staatliche Drogenbehörde DEAbehauptet, es wären zwar 8300 Tonnen inden USA angebaut worden, doch hätten dieAutoritäten insgesamt 7 Millionen Pflanzenin 46 US-Bundesstaaten vernichtet, so daßnur 3000 Tonnen in den Handel & Konsumgegangen seien. Außer der DEA glaubt al-lerdings niemand, daß rund zwei Drittel desEigenanbaus erkannt und beschlagnahmtwerden konnten.Alte genannten Zahlen beruhen auf Anga-ben des Außenministeriums der USA bzw.des National Narcotis Intelligence Consu-mer Committee, sind also mit Vorsicht zu,

hm, genießen. Wo nicht anders angegeben,beziehen sich diese Zahlen auf das Jahr1987.Zu anderen Zahlen kommt der Welt-Drogen-Bericht des Observatoire géopolitique desdrogues (OGD) im Jahresbericht 1993, ausdem folgende Zahlen stammen (dtv Sach-buch Nr. 30401, 1993 erschienen):

Demnach gibt es in den USA 67,7 MillionenMenschen, die schon einmal gehaschthaben, 20 Millionen davon in den vergange-nen 12 Monaten. 5,3 Millionen konsumie-ren einmal wöchentlich und 3,1 Millionenkiffen täglich. Rund 50% des Bedarfs wer-den im eigenen Land angepflanzt. Miteinem Ertrag zwischen 6000 und 7000 Ton-nen liegen die USA etwa gleichauf mit Me-xiko, dessen Rate für 1992 mit 7000 Tonnenangegeben wird. Die Daten der USA bezie-hen sich aber nur auf die Produktion auf kul-tivierten Flächen. Immerhin hat man allein1991 118,5 Millionen sogenannter wilderPflanzen vernichtet, ohne daß diese Mengein offiziellen Statistiken auftaucht. Dies wirddamit gerechtfertigt, daß diese Produktionvollständig für den lokalen Verbrauch be-stimmt gewesen sei.

Wie merkwürdig die statistischen Zahlen-Spiele der Nordamerikaner sind, beweisenauch Angaben aus dem Jahr 1988. Dortwuchs die mexikanische Ernte schlagartigvon ca. 4500 Tonnen auf 42283 Tonnen,sank 1990 wieder auf 19715 Tonnen und1992 auf 7000 Tonnen. Diese Zahlenspieleverhinderten, daß die USA offiziell zumgrößten Cannabisproduzenten der Welt er-koren wurden. "Die USA sind wahrschein-lich 1992 zum größten Manjuanaerzeugerder Welt geworden. Dabei hat sich dieGröße der Freilandanbauflächen verringert,ihre Anzahl ist jedoch gestiegen.* Dabei istauch die Anzahl der in Treibhäusern vernich-teten Pflanzen von 1,669 Millionen auf2,848 Millionen gestiegen. "Die Hanffarmerbenutzen immer ausgefeiltere Technikenwie Hydrokulturen, wodurch sie verblüffen-de Ergebnisse erzielen. Man hat beobach-ten können, daß der Gehalt an Delta-9-THC,

des aktiven Wirkstoffes, von durchschnitt-lich 8,43 Prozent 1986 auf 11,5 Prozent1991 angestiegen ist.*

Chris Conrads ermittelte, daß in 37 der ame-rikanischen Bundesstaaten Hanf das um-satzstärkste Landwirtschaftsprodukt desJahres 1990 war. In vier Staaten erbrachteMarijuana mehr als 50% aller Agrarerzeug-nisse. In Alaska erzielte Cannabis gar 655%,wenn man das legale Agraraufkommen mit100% angibt.

GUS - Kasachstan"Irgendwann wird man sich des Feldes erin-nern. Das ist eine schlummernde Reserve",befürchtet Volker Brandt, Kriminaldirektor inder Abteilung 'Rauschgift' beim Bundeskri-minalamt (BKA) in Wiesbaden. Gemeint isteine Ebene im CO-Tal bei Dzambul im Südo-sten Kasastans. "Auf einer Fläche von etwa150 mal 30 Kilometern, stellenweise unter-brochen von anderen Pflanzen und Bäu-men, wächst dort Cannabis", berichtetBrandt. Nicht etwa Bauern oder Schmugg-ler haben hier eine Rauschgiftplantage an-gelegt, Cannabis ist Teil der natürlichen Ve-getation. Die Pflanzen seien ein Schutzgegen die Erosion des Bodens. Deshalbkönne man sie nicht einfach vernichten.So die Frankfurter Allgemeine Zeitung(29.12.93). In der Tat ist Kasachstan dergrößte Cannabiserzeuger der zentralasiati-schen Republiken. "Dort, wo sich die ver-gangenen Jahre lediglich ein paar Touristenund Studenten ihren Jahresbedarf besorg-ten, trifft man jetzt keine Erntearbeitermehr, die nicht mit einem Sturmgewehroder Raketenwerfer bewaffnet wären. Siepatrouillieren in Gruppen mit meist gestoh-lenen Kleinwagen und immer häufiger auchmit Lastwagen.." (WDB)Auch Die Woche berichtet: "Das Angebot istüppig: Was den Hanf-Anbau betrifft, Aus-gangspflanze für Haschisch und Marijuana,kann kein Land der Erde mit der GUS kon-kurrieren - Hanf wächst auf einer Fläche vonzwei Millionen Hektar im Kaukasus, in Zen-tralasien, am Baikalsee und im FernenOsten. (Der Welt-Drogen-Bericht schätztdie Gesamtfläche auf drei Millionen Hektar).

Zum Vergleich: Marokkos Anbaugebietesind 50 000 Hektar groß." Dazu kommt, daßseit dem Januar 1992 der Oberste Verfas-sungsrat den persönlichen Drogengebrauchnicht mehr unter Strafe stellt.Aktionen der Polizei gegen Drogenhandel,auch in großem Stil, kommen da symboli-schen Handlungen gleich. Immerhin hatman einen neuen Narkotikastrom festge-stellt: "Drogen werden regelmäßig aus Ruß-land und Zentralasien an die Pazifikküstedes Fernen Ostens befördert. Da bekanntist, daß es in dieser Region selbst wildeCannabispflanzen gibt, ist klar, daß dieserStrom nicht die lokalen, übrigens sehr be-schränkten Marktbedürfnisse befriedigt...Bald könnten die Ex-UdSSR'ler mit ihrenProduktions- und Interventionsmöglichkei-ten die weltweite Drogensituation entschei-dend beeinflussen... Die gegenwärtig unbe-deutenden Selbstkosten und die daraus re-sultierenden Dumpingpreise sind ihreTrümpfe."

UsbekistanSeit der Unabhängigkeit (31.8.'91) hat sichdie Zahl der internationalen Flüge, die dieusbekische Hauptstadt Taschkent mit derAußenwelt verbindet, verdreifacht. Mankann heute von einem regelrechten Luftka-nal für den Drogenschmuggel sprechen...Beim Export von Haschisch wurden Wol-gadeutsche, die - einst von Stalin nach Us-bekistan deportiert - nun zurückemigrieren,von den Zollbehörden verhaftet. Zollbeamtebefürchten, daß diese mit beiden Länderngut vertrauten Emigranten unter sich eineSchmugglerkette aufbauen könnten.

TadschikistanIn dieser Republik herrscht seit 1991 Bür-gerkrieg, die Polizei hat schon seit mehre-ren Monaten keinen Lohn erhalten undschätzt die Lage an der Mohn- und Ha-schischfront entsprechend ein. EineStreichholzschachtel voller Haschisch ko-stet etwa einen Dollar. Die Polizeibeamtenneigen eher dazu, über die Wohltaten vonkoknar und Cannabis zu sprechen, als die il-legalen Kulturen auszurotten.

UkraineIn der taz vom 19.11.93 wurde die Rock-gruppe Collyegsky Assesor aus der Ukraineinterviewt:Woher kommt die Idee des Popsongs Karli-ke (l want to be little}?Yevgeny: Viel gerauchtes Gras steckt in die-sem Song. Ich kann mich kaum daran erin-nern.Wie kommt man in Kiew an Gras?Yevgeny: Tadschikistan hat zur Sowjetuniongehört und liegt an der Grenze zu Afghani-stan. Und diese Grenze ist nichts anderesals eine Gebirgskette Deshalb bekommtman ausgesprochen gutes Gras. CollyegskyAssessor ist eine absolute Gras-Gruppe, Dierauchen sehr viel.Sergey: Ich hab Gleb Butuzov von jenerGruppe gefragt, was den Unterschied zwi-schen den Alben der Gruppe ausmache -seine einfache Antwort: 'Die Farbe des Gra-ses'.Yevgeny: Ja. wir hatten eine große Schach-tel Gras - und sehr wenig zu essen. DasAlbum hieß dann Bananas All Year."

HINWEIS:Im Herbst 1994 wird ein Buch vonStefan Haag: HANF WELTWEITerscheinen, in dem er die Hanfsituationin fünfzig Ländern der Erde untersucht:Die Tradition, die Gesetze, die Praxis undWarnungen für Reisende. In der ReiheRauschKunde der Medienexperimente.

RUSSISCHES HIGH - EINRADIOAKTIVES LOW ?

Mit dem Einbruch von Hanf aus dem Ostenmachte sich das Gerücht breit, das russischeDope sei radioaktiv verstrahlt, da es aus derGegend von Tschernobyl stamme. Ja, eswurde schon davon geredet, daß jeder Kifferein Strahlungsmeßgerät beim Einkauf brau-che. Ich fragte den Fachmann und bekam fol-gende Antwort:"Bei meiner letzten Reise in die GUS (1991)habe ich einige ukrainische und russischeSoldaten getroffen, die Gras aus der Tscher-nobyl-Gegend hatten. Auf meine Frage nachder radioaktiven Belastung des Zeugs stießich auf ungläubige Blicke oder hanf- bzw.wodkabedingte Gleichgültigkeit. Allerdingskonnte ich der Versuchung ein paar mal nichtwiderstehen und mußte feststellen, daß dasCannabis aus der Ukraine weder vom Ge-schmack noch von der Potenz her wohl fürlohnenden Export ausreicht (Faserhanf). Ha-schisch wird, soweit ich weiß, in der ver-seuchten Gegend gar nicht produziert.Das Gussen-Dope stammt aus den Eckenetwa zwischen dem Kaspischen Meer unddem Himalaya, auf jeden Fall südlich des40sten Breitengrades. Bei der Entfernung zuTschernobyl (ca.3000 km) und den vorherr-schenden Winden zur Zeit des GAU's (Ost-winde) kann ich mir eine radioaktive Verseu-chung des Haschischs aus Kasachstan undUmgebung nicht vorstellen. Eher kommt daeine Belastung mit DDT oder ähnlichem inFrage."Eine Studie des Forschers Donald Tashkinergab, daß Cannabisteer keine Radioaktivitätenthält, ganz im Gegensatz zu Tabakteer,dessen Radioaktivität eine Halbwertszeit von21,5 Jahren aufweist.Der Untersuchung eines Drogenforschers zu-folge hat der GAU von Tschernobyl aber sehrwohl negative Auswirkungen auf russischeDrogenkonsumenten: im Umfeld des Reak-tors wird Mohn angepflanzt. Der Forscherkonnte am Rande der Sicherheitszone Mohn-stauden fotografieren, die bis 1.70 m großwaren und deren Kapseln einen Durchmes-ser von 6 cm aufwiesen, dem zwei- bis drei-fachen des dort normalen Maßes, obwohl dieErnte noch ein paar Wochen in der Zukunftlag. Bis Februar 1993 hatte die Regierung derUkraine hierzu noch nicht Stellung genom-men.

HIGH IN DENNIEDERLANDEN ? -HANF IN HOLLAND

Im Volksmund hat es sich inzwischen her-umgesprochen, daß das Kiffen in Hollanderlaubt sei. Dem ist, zumindest bis Anfang1994, nicht so. Haschisch ist auch inHolland keine legale Substanz.

Rjchtig ist allerdings, daß die holländischePolizei zwischen harten und weichen Dro-gen unterscheidet und ihre Prioritäten ent-sprechend setzt. Genaueres dazu kann manin dem Heft Die holländische Drogenpolitiknachlesen, das in der Reihe Rauschkundeder MedienXperimente im April 1994 er-schienen ist. Es handelt sich dabei um denoffiziellen Jahresbericht der Ministerien fürGesundheit, Gemeinwohl und Justiz.

Polizeilich geduldet wird z.Zt. der öffentlicheHaschischgenuß, sowie der Besitz von 30Gramm. Beziehen kann man diese ohneProbleme in den öffentlichen Coffeeshopsüberall im Lande. Da diese Shops aucheinen großen Anreiz für Bürger anderer eu-ropäischer Länder darstellen, steht die nie-derländische Regierung im Kreuzfeuer vorallem der Autoritäten aus Frankreich undDeutschland, diese Regelung zu ändern.Nicht unwahrscheinlich, daß holländischeBürger demnächst Bezugsberechtigungs-scheine für Hanfprodukte erhalten, um da-durch anderen Europäern den Einkauf inHolland zu erschweren.

Daß sich für Holländer etwas ändert,scheint eher unwahrscheinlich, trotz desDruckes, den u.a. auch der Vatikan und dieVereinten Nationen auf die Regierung aus-üben. Immerhin ist es gelungen, durch dielockere Handhabung zum einen einen Rück-gang des Konsums von Hanfprodukten zuerzielen und zum anderen gelang eine Tren-nung vom Markt der harten Drogen.

Zusammenfassend kann man sagen, daßdas Holländische Modell mit einigem Erfolg

arbeitet: Es ist nach der relativen Freiga-nicht zu einem Anstieg des Cannabis-Kon-sums, noch zu einer von Freigabegegnernheraufbeschworenen Drogenepidernie ge-kommen. Obwohl Rauchhanf überall käuf-lich zu erwerben ist, geht der Konsumzurück. So berichtet der Suchtreport 6/90:"Während 1976 noch zehn Prozent der 18-jährigen Holländer Cannabis konsumiert hat-ten, waren das 1983 nur noch sechs Pro-zent. Die neuesten Zahlen besagen, daßvon den 19-jährigen im letzten Monat zweiProzent Cannabis konsumiert hatten..." Daszur Effektivität der Strategie einer stillenDuldung.

Daß Cannabis in Holland nicht legal ist, zeigtdie Tatsache, daß allein im Jahr 1990 vomZoll und der Polizei 110000 KilogrammCannabisprodukte beschlagnahmt wurden.Damit liegt ihre 'Erfolgsrate' laut Die Zeit"deutlich höher als in anderen europäischenLändern". In der Tat sieht es z.Zt. so aus, alsob eine Strafverschärfung eintritt, falls diezugebilligten 30 Gramm überschritten wer-den. Laut Auskunft des H.A.N.F. e.V. vomFebruar '94 kann man mit 2 Jahren Haft undeiner saftigen Geldstrafe rechnen, wennman die staatlich genehmigte Höchstmen-ge mißachtet.

Ein, zumindest für mich, ungeklärtes Rätsel:wie kommt der Nachschub in die Coffee-shops? Wenn für den Handel von mehr als30 Gramm Haschisch mindestens zweiJahre Knast anstehen, bei etwas größerenMengen ganz schnell auch fünf Jahre, dannfrage ich mich: Wie kommt das Dope in dieCoffeeshops? Eine Überwachung ist ja kin-derleicht. Da drängt sich für einen begeiste-rungsfähigen Verschwörungstheoretikerwie mich natürlich der Gedanke auf, daß derZoll schon weiß, wieviel er zu beschlagnah-men hat, um die staatliche "Überprüfung"des Coffeeshop-Handels aktiv praktizierenzu können. Wahrscheinlicher aber ist, daßder Handel nach wie vor in den Händen derMafia ist, von wenigen Ausnahmen traditio-neller Hippieschmuggler abgesehen. Undsolang die Mafia Hauptlieferant von staat-

lich geduldeten Coffeeshops ist, wird sichweder für die Erzeuger der Dritten Weltetwas zum Positiven ändern (was nicht be-deutet, daß die TabakMultis die bessere Al-ternative waren), noch werden die Ver-triebsstrukturen verändert, was bedeutet,daß nach wie vor Heroin etc. aus den glei-chen Händen kommt.

In einem Interview mit der Zeitschrift DerSpiegel nimmt Stuttgarts PolizeipräsidentHaas zu diesem Thema Stellung: "Ich sehenur eine Alternative: Strafbarkeit wie bisheroder volle Legalisierung. Von einer Zwi-schenlösung wie in Holland - geduldeterVerkauf in bestimmten Lokalen - halte ichgarnichts. Dann sind die Organisierte Krimi-nalität und der internationale Rauschgifthan-del weiterhin im Geschäft, und die Polizeibleibt untätig. Das halte ich nicht für gut. Eskommt nur das eine oder das andere inFrage. Das sehe ich, das ist die Realität..."

Über die Erfolge holländischer Hanfzüchterwird an anderer Stelle berichtet. Was denTHC-Anteil ihrer Pflanzen betrifft, so führtdieser die Welt-Pot-Parade an. Einige derneuen Sorten sind so potent, daß man fürihren Genuß m.E. eine Art Waffenscheinbraucht. Oder, um es gemäßigter auszu-drücken: Wenn man die sonst üblicheMenge Hanf raucht, erinnert die Wirkungeher an einen LSD-Trip denn an Marijuana,Vorsicht! Nichts für traditionelle Haschrau-cher (wie mich)! (Über, üben, üben,Anm.des Lektors)

Der Erfolg der Züchter hat dazu geführt, daßsich immer mehr Holländer in einem der vie-len Fachläden entsprechende Samen undHeimzuchtanlagen besorgen und zum Eige-nanbau übergehen. Das geschieht nicht nurin kleinen, sondern auch in sehr großen Stil.So berichtete das ZEIT-Magazin: "Berech-nungen des Gesamtumsatzes von Ha-schisch und Marijuana in den Niederlandenschwanken zwischen hundert MillionenGulden (neunzig Millionen Mark) und 'dreibis fünf' Milliarden Gulden, wie einem Be-richt der obersten holländischen Kriminal-

behörde aus dem Jahr 1989 zu entnehmenist...".Die Zahl der holländischen Cannabis-züchter, die ihr Geschäft zu Hause und inkleinem Stil betreiben, dürfte zwischen20000 und 40000 liegen. "Es ist besser,wenn es viele Kleinproduzenten gibt, stattwenige Großproduzenten", sagt Wernard,ein bekannter Züchter. "Marijuanaa nbausollte eine Lebenseinstellung sein, keinkommerzielles Unternehmen." Wernardsieht aus wie einer aus den sechziger Jah-ren, und viele Anbauer fingen mit ihremHobby genau in dieser Zeit an. "Wenn du diePflanze liebst, wird sie dir auch Geld einbrin-gen", meint Ari, ein erfahrener Züchter.

BANGLADESHWie kommt es zu den zunehmenden Über-schwemmungskatastrophen in Banglade-sh? Ein Hauptfaktor für die verheerendenÜberschwemmungen in Bangadesh ist derVerlust traditioneller, erdstabilisierenderPflanzen. Wie in Indien wurde auch in Ban-gadesh seit Jahrtausenden Hanf zur Faser-gewinnung, für Öl zur Licht- und Kochnut-zung, sowie zur proteinreichen Ernährungals Samenkuchen angepflanzt. Hanfsamensprießen in wenigen Tagen und ihre Wur-zeln treiben innerhalb eines Monats bis zu30 cm tief in das Erdreich. So wird das Erd-reich nach Überschwemmungen und Wald-bränden relativ schnell stabilisiert. Keine an-dere Pflanze kann Hanf halbwegs vertreten,So hing die Wirtschaft und Ökologie desLandes in hohem Maße von der Hanfpflan-ze ab.Das zeigt auch die Bedeutung des Namens:Bang = Hanf, la = Land, Desh = Volk.Im Jahr 1964 unterzeichnete dieses Landder Hanf-Menschen ein Anti-Drogenabkom-men mit den USA. Demnach war der Anbauvon Hanf ab sofort untersagt. Seit jener Zeitleidet das Land und seine Bewohner: Hun-ger und Armut, Krankheitsepidemien undLandverluste infolge der 'Wasserschäden'sind nun Teil des täglichen Lebens und Ster-bens. Solch weltfremde und menschenver-achtende Aktionen werden als Entwick-lungshilfe bezeichnet.

ZUR HANF-LAGE IN ÖSTERREICH

Der Konsum von Haschisch soll straffrei ge-stellt werden, Gesundheits- und Justizmini-sterium planen dies noch für heuer. EinerFreigabe entspricht diese Liberalisierungnicht, verboten bleiben harte und weicheDrogen dennoch.

Michael VölkerWien. - „Wir wissen, daß etwa 100.000 bis200.000 Menschen in Österreich Haschischkonsumieren", sagt Gerhard Litzka, Juristim Justizministerium. Und spätestens Endedieses Jahres sollten sie dies straffrei tun.„Genausowenig wie wir die eine MillionÖsterreicher, die am Sonntag delinquiertzum Zeitungsständer geht, strafen können,wollen wir die Gruppe der Haschisch-Kon-sumenten kriminalisieren." Litzka weist dar-auf hin, daß es sich dabei keineswegs umeine Freigabe, sondern eben um eine Ent-kriminalisierung handelt. Der Besitz undKonsum von Haschisch soll nicht erlaubtwerden, sondern, bei geringen Mengen,bloß straffrei gestellt werden. Als geringeMenge gelten bis zu zwei Gramm das Can-nabis-Wirkstoffs THC (Tetrahydrocannabi-nol), was einer handelsüblichen Menge vonetwa 20 Gramm Haschisch entspricht.1990 hat es 4800 Anzeigen wegen Sucht-giftdelikten gegeben, 70 Prozent davon be-zogen sich auf den Besitz von Haschisch, in50 Prozent der Fälle handelte es sich um Er-stanzeigen. Wurden bisher schon die mei-sten Anzeigen in diesem Bereich zurückge-legt und nicht gerichtlich verfolgt, soll ab1993 auch die Vorführung zum Amtsarzt un-terbleiben. „Eine ärztliche Intervention ist insolchen Fällen zum Kren-Reiben", sagt Litz-ka, „Haschisch macht nicht süchtig." Stattregelmäßiger Urinkontrollen soll es künftigein Gespräch mit einem Sozialarbeitergeben. „Nicht Behandlung sondern Bera-tung", sagt Litzka.Der entsprechende Gesetzesentwurf, fest-gehalten im Paragraph 17 des Suchtgiftge-setzes, wird vom Gesundheitsamt noch vor

dem Sommer vorgelegt werden. Im Justiz-ministerium will man den Beschluß ausGründen der „Balance" mit dem Gesetzes-vorstoß gegen die Geldwäscherei zeitlichakkordieren. Damit könnte man auf derEbene der großen Händler hart durchgrei-fen, während „kleinen" Konsumentendurch das Angebot einer Beratung und Be-treuung geholfen werden könnte.Reinhold Oblak, Sekretär von Gesundheits-minister Harald Ettl, ist noch einen Schrittweitergegangen. Er stellte die Einrichtungvon sogenannten „coffeeshops" zur Dis-kussion. In diesen Lokalen sollte es möglichsein, legal Haschisch zu konsumieren. Ineiner Begleitstudie könnten Veränderungensowohl im Mißbrauch von Alkohol wie auchvon Haschisch erfaßt und ausgewertet wer-den. Untersucht werden sollte auch die Ver-änderung der Kriminalitätsentwicklung.Susanne Jerusalem, Gemeinderätin derGrünen in Wien, fordert, daß Haschischstrikt von harten Drogen getrennt und frei-gegeben werden müsse. Ihrer Meinungnach bestünde das größte Problem darin,daß der Kauf von Haschisch nach wie vorbei Dealern getätigt werden müsse, dieaber auch alle anderen Drogen anbieten.Reinhold Oblak schlägt aus dem gleichenGrund vor, daß es in den coffeeshops nichtnur möglich sein sollte, Haschisch zu konsu-mieren, sondern - in geringen Mengen -auch zu kaufen.In Amsterdam, wo Haschisch praktisch frei-gegeben wurde, hat sich die Situation lauteiner Untersuchung der dortigen Universitätstabilisiert. Der Cannabis-Konsum ist nacheinem vorübergehenden Anstieg langfristignicht gestiegen. Im europaweiten Vergleichliegen die Niederländer in der „guten Mitte"und konsumieren keineswegs mehr Ha-schisch als Bürger von Staaten mit einer re-pressiven Drogenpolitik, (aus: Der Standort,6.12.92)

MAROKKOIm Jahr 1926 legalisierte die französischeKolonialmacht den Hanfanbau im NordenMarokkos, um die Berberstämme zufrie-denzustellen. Diese Erlaubnis wurde erst1954, kurz vor der Unabhängigkeit des Lan-des widerrufen. Die Lage Anfang der '90erJahre ist verworren. Zum einen hat Marok-ko seine Cannabisanbauflächen von 25000Hektar im Jahr 1986 auf mindestens 30000Hektar im Jahr 1992 vergrößert. Auf dieserFläche können etwa 15000 Tonnen Canna-bis wachsen, die in Form von Haschischvorwiegend nach Italien, Spanien, Frank-reich, Belgien und Holland exportiert wer-den. Zum anderen hat König Hassan auf in-ternationalen Druck die Erzeugung von Kifetc. vermehrt verfolgt, wovon die 10833 ge-busteten Drogenhändler allein im Jahr 1992einige Lieder singen könnten. Insgesamt

wurden 47 Tonnen Cannabisharz beschla-gnahmt. Nach wie vor sind aber viele Beam-te, bis hin zu Bürgermeistern, aktive Hanf-händler.Die Verantwortung für den Kampf gegenCannabis wurde im Herbst 1992 vom Ge-sundheitsministerium zum Innenministeri-um verlagert, gleichzeitig wurden 3000 wei-tere Polizei- und Zollkräfte mit der Aufgabebetraut, Hanfbauern und Dealer aufzu-spüren. Ebenfalls 1992 hat Marokko dieKonvention der Vereinten Nationen von1988 zur Drogenbekämpfung ratifiziert.Durch das Inkrafttreten des SchengenerVertrages ist der Druck, vor allem von seitenEnglands, verstärkt worden. Ebenfalls neuist aber auch der verstärkte Einsatz,schwarzafrikanische Einwanderer als Kurie-re anzuheuern. Es ist zur Zeit ungewiß, wiesich die Lage in Marokko entwickeln wird.

Das Ergebnis dieser Prozedur wird je nachQualität eingelagert bis oft erst nach Wo-chen die gesamte Ernte derart bearbeitetist und man aus dem ausgesiebten StaubHaschisch pressen möchte.

PRESSEN: Harzstaub wird in starke Pla-stiktüten verpackt und abgewogen, dieTüten mit Klebestreifen verschlossen,durch Klopfen mit der Hand in eine fla-che Form gebracht und dann auf Löcherüberprüft. Man legt die Beutel zwischendie Backen einer Handpresse (Buchpresse).Um das Zusammenbacken des Harzstaubeszu einer stabilen dünnen Platte zu erleich-tern, kann die Presse durch kleine impro-visierte Holzkohle- oder Spiritusöfchenangewärmt werden. Bei der Pressung wirdder größtmögliche Druck ausgeübt. Den-noch kommt es vor, daß Platten nach derPressung zu Krümeln zerfallen und erneutbearbeitet werden müssen.

Entsprechend ist auch die Qualität desHaschisch einzuschätzen. Marokk brenntvergleichsweise schnell. Seine Wirkung aufdie Motorik ist gering. Der Geruch istzwar aromatisch, aber nicht recht würzigsondern eher roh.

GEBIETE: Die Provinz Ketama ist seitlangem das Zentrum der marokkanischenHaschischproduktion, die sich aber überdie gesamte Gebirgsregion erstreckt. Dieseauch in Marokko illegale Industrie ist aufkooperativer Basis zwischen den beteilig-ten Familien organisiert, d.h. man arran-giert sich durch gemeinsames Arbeitenauf den verstreut liegenden Feldern undbei der Weiterverarbeitung. In Ketamaselbst ist der kontrollierende Einfluß derBehörden gering, weil aufgrund von Ver-wandtschaftsverhältnissen und Schmier-geldzahlungen das Cannabis-Gewerbe ak-zeptiert ist. Hasch ist hier big business.Diese „Freizügigkeit" beschränkt sichallerdings auf Ketama. In anderen marok-kanischen Gegenden darf man keine Pro-tektion von neugewonnenen „Freunden"erwarten, selbst beim Schmuggel ausKetama kann man nicht sicher sein, obman nicht von einem unklugerweise eingeweihten Neider oder dem unwissent-lich beleidigten Verkäufer und Gastgeberverraten wird.

LIBANON

Die Pflanzen werden auf dem Feld belas-sen, bis sie beinahe trocken sind. Siehaben dann meist eine braunlich-rötlicheFarbe (UV-Anteil des Sonnenlichts zer-stört Chlorophyll der absterbenden undtrocknenden Pflanze). Sie werden abge-schnitten, in Plastikplanen eingeschlagenund in die Scheune gebracht, damit diePlanen sofort zum Transport der näch-sten Ladung verwendet werden können.Die getrockneten Blütenstände liegen aufeiner Seidengaze, die über eine Schüsselgespannt ist. Die Schüssel wird mit krei-senden und hüpfenden Bewegungen ge-schüttelt, sodaß die Drüsenköpfe aus denBlütenteilen ausfallen und durch die Seidein die Schüssel gelangen. Die erste Siebungergibt die beste Qualität. Nach einigerZeit muß man die Blütenstände wenigervorsichtig durchschütteln, damit auch dieletzten Drüsen abfallen.

Die Harzstaubgewinnung zieht sich überWochen, oft Monate hin. Der Staub wirdder Qualität nach aufbewahrt (kaumLagerverluste, weil das Harz in der luft-dichten Verpackung der Drüsenköpfe ver-bleibt). Zur Lagerung benutzt man zwi-schenzeitlich 35 kg-Plastiksäcke.

Gegen Winter kommt die Zeit zum Pres-sen. Abgewogene Harzstaubmengen wer-den in stabile, meist weiße oder beigeLeinen- oder Baumwollsäckchen gefüllt,verschnürt und unter großem Druck ge-preßt. Auf der Oberfläche der Haschisch-platten zeichnet sich entsprechend dieStruktur des Gewebes ab. Die Plattensind etwa fingerdick und unelastisch,halten aber gut zusammen. Gebräuch-liche Versendungsformen: 100g, 200g(meist), 1000 g.

Aus Staub ganz reifer Pflanzen wird,,Roter Libanese", aus früher geerntetenPflanzen gelber Libanese gemacht.

Libanese enthält mehr Harzanteile alsMarokk, daher halten die dickeren Plat-ten von selbst zusammen, das Haschischkrümelt nur im frischen oder erhitztenZustand. Entsprechend die Qualität, mit-tel. Brennt nicht so rasch wie Marokk.Der Geruch ist wohlriechend und würzig.

Ebenfalls im Libanon hergestelltes vonHand abgeriebenes Hasch gelangt nicht inden Handel. Gute Libanon-Qualitäten las-sen sich von Hand nachpressen, afghani-sche Methode.

GEGENDEN: Im Tal von Baalbek findenwir die wichtigsten Produktionsstätten fürHaschisch. Cannabisfelder werden sehrgroßzügig angelegt und teilweise maschi-nell bearbeitet. Die Produktion spielt sichin einem eher industriell anmutendenRahmen ab.

LAND UND GEFAHREN: Das gesamteLibanon ist mit Wachposten und Straßen-sperren übersät. Die beiden ständig mit

einander im Krieg liegenden Bevölkerungs-gruppen der Moslems und der Christenversuchen, ihre Ausgaben teilweise mitHaschischgeschäften zu finanzieren. ImLand selbst herrscht ständig ein deutlichesKlima des Mißtrauens, Intrigen und Ver-rat sind das Normale. Alle fühlen sich ver-folgt und sind sehr vorsichtig. In denWirren des Bürgerkrieges bedeutet einMenschenleben weniger als sonst schon.Handel und Schmuggel befinden sich inder Hand Weniger - wie überall -, diesich mit Behörden arrangiert haben.Fremde ohne einflußreiche Protektionbieten eine willkommene Gelegenheit,sich ohne Schwierigkeiten zu bereichern.

AFGHANISTAN

Anbaumethoden: nicht bekannt.

Aus den getrockneten Blütenständen wirddurch Sieben Harzstaub gewonnen.

PRESSEN: Der Harzstaub wird aus derVerpackung genommen, evtl. zusammen-gebackene Klumpen zerkleinert. UnterZugabe von etwas Wasser oder Tee wirddie Pulvermasse zwischen den Handflä-chen kraftvoll gewalkt (daher Schwielen

an den Handflächen). Zwischendurchwird das Material zu einer flachen Plattegeformt und kurz über einem Holzkohle-ofen angewärmt. Walken, Befeuchten,Anwärmen wiederholen sich solange, bisdas Haschisch eine absolut gleichmäßigeStruktur und Farbe erhalten hat, elastischund würzig wohlriechend ist. Die meistenDrüsenköpfe sollten sich inzwischen ge-öffnet und ihren wertvollen Inhalt freige-geben haben.

Das bei Handwärme gut formbare Ha-schisch wird zu flachen handtellergroßenScheiben, dünnen fingerlangen „SpaghettiSticks" oder blattförmigen „Surfbrettern"geknetet. Selten nur finden sich Beimen-gungen von Opium (= glänzenderes Aus-sehen, klebriger, bitterer Geschmack). Ge-legentlich wird mit „Nesvar", einem grü-nen Kautabak, verschnitten.

Afghani brennt mittellangsam und riechtäußerst würzig und stark, nach unsach-gemäßer Lagerung allerdings nur noch imInnern der Platten, Spaghetti-Sticks etc.

Afghani kann in seiner Potenz leicht un-terschätzt werden, da die Wirkung oft erstnach einigen Minuten einsetzt, man istohnehin die erste Zeit oft mit Husten undTränen beschäftigt, da sich Afghane mit-unter schwer rauchen läßt.

GEGENDEN: Praktisch überall in Afgha-nistan wird Haschisch hergestellt, die be-sten Sorten stammen jedoch eindeutig ausden nördlichen Provinzen zwischen Hindu-kusch und russischer Grenze (Balkh,Mazar-i-Scharif). Afghanen lassen sich nurungern in die Karten sehen und neigennicht zum protzenden Vorzeigen. Esdürfte äußerst schwierig sein, sich genü-

gend Vertrauen zu erarbeiten, um selbstnur Hanffelder sehen zu dürfen. Auch daslangwierige Haschischpressen wird eher imGeheimen durchgeführt. Eine strenge Fa-milienhierarchie erschwert weiterhin denZugang zum Urproduzenten, weil englisch-sprechende und in Zentren wie Kabul,Kandahar oder Herat lebende Händlermeist unwichtige Glieder eines Klan sind,der auf sie als teileuropäisierte Bastardeherabblickt. In Afghanistan scheint dasreligiöse Moment sehr deutlich in Ge-schäfte und Verhalten einzufließen. DerFremde wird zwar weniger gemein undniederträchtig, dafür aber mit umso grö-ßerer Distanz behandelt als anderswo.

PAKISTAN

Nord-West-Provinz („North-West-FrontierProvince"). Diese pakistanische Provinzsteht nicht unter Regierungsgewalt, wederPolizei noch Militär haben irgendeinenEinfluß, hier herrscht Selbstverwaltungder ansässigen Sippen (daher „tribal area"= Stammesgebiet). Alle Spielarten vonDrogenherstellung, -weiterverarbeitung,•handel und -schmuggel sind hier ebensoangesiedelt wie die Produktion von Waf-fen aus unglaublich einfachen Materialienmit erstaunlichem Geschick, wie sie dannetwa beim Freiheitskampf der Afghanengegen die russischen Besatzer verwendetwerden. Jeder Mann darf (und sollte) eineWaffe tragen, wenn auch selten geschos-en wird. Die Dörfer gleichen riesigen

Lehmfestungen, deren Haupttore bei Ein-bruch der Dunkelheit gegen umherziehen-

de Banden geschlossen werden.

Die hier lebenden pathanischen Stämmesprechen Paschtu, die Sprache, die auchvon einem Großteil der afghanischenBevölkergng gebraucht wird. Sie sehenmit Verachtung auf die dunkelhäutigenPakistanis jenseits der Berge (ab Pescha-war östlich) herab, vor allem auf die Pun-jabis, die wegen ihrer angeblichen Dumm-heit und Arroganz, gewiß jedoch weil sieüberall in Pakistan die Macht haben, auchdort, wo keine Punjabis wohnen, bei denBergvölkern unbeliebt sind. Man möchteselbständig sein oder eher zu Afghanistangehören.

Die Cannabispflanzungen können in dieserGegend der Welt besonders ungestört ge-pflegt und weiter verarbeitet werden, wassich in der Qualität niederschlägt. KlagenAufkäufer in den letzten Jahren vor allemüber das Nachlassen der bis Mitte der 70er

Jahre erstklassigen, unerreichten afghani-schen Qualitäten, hat man sich nun im-mer mehr nordwest-pakistanischen Her-stellern zugewandt. Auch hier wird derHarzstaub durch Schütteln und Siebengewonnen. Der Staub wird teilweise inMörsern zerstampft (= Drüsenköpfe sol-len sich öffnen und Harz heraustretenlassen) und erst dann von Hand nach derafghanischen Methode (= Feuchtigkeit,Walken, Wärme etc.) gepreßt.

Da sich allerdings mit dem Anbau vonOpium und der Herstellung von Heroinmehr Geld verdienen läßt, werden in denletzten Jahren viele der besten Äcker aufdieses Rauschgift (!) umgestellt. Chitral,Swat, Khaibar-Gebiet etc.

Östliche Provinzen: Bis zur Einführungder „Islamic Rule" (= Leben nach demKoran, Gesetz nach dem Koran) im Jahre1979 konnte man in den legalen „Govern-ment Opium Shops" nicht nur Opiumverschiedener Güteklassen frei im Handelbekommen, sondern vorwiegend in derGegend von Lahore auch ein einfachesgrünes Haschisch (ca. 110-200 DM/kg),welches unverschnitten war und aus zer-kleinerten Blutenständen und Harzstaubhergestellt wurde. Auch dieses läßt sichderzeit nur über den Schwarzmarkt undentsprechend teurer beschaffen. Ge-schmacklich liegt es seiner Herstellungentsprechend in der Nähe von Marijuanaund läßt sich am besten mit dem kaschmi-rischen ,,Garda" vergleichen. Es wird inden nordöstlichen Provinzen hergestellt.

INDISCHES KASCHMIR

Einziges Moslemland, in dem in großemUmfang Haschisch von den Pflanzen ge-rieben wird. Sehr wechselnde Qualitäten,nur manche Hanfbauern rauchen selbstviele Verschnittsorten, übelste Handels-mentalität. Nicht unbedingt ist der braun-ste, elastischste Typ auch am besten. Nor-malerweise ist Kaschmiri grünbraun, kleb-rig aber unelastisch, sehr selten beherr-schen die Kaschmiri das Umpressen (s.Nepal) richtig, um das Haschisch auf na-türliche Art geschmeidig zu machen.

Meist handelt es sich um Beimengungendiverser Öle (Butterfett = ,,ghee").

MANALI (Indischer Himalaya)

Handgerieben, unter der Regie von Euro-päern für den französischen, kanadischenund australischen Markt hergestellt. BesteQualität, schwierig zu bekommen. Hoch-elastisch, schwarz.

NEPAL

Überall in den gebirgigen Teilen des Lan-des haben einheimische Bauern kleineHanfpflanzungen angelegt. Das Harz wirddurch vorsichtiges Reiben der Pflanzenund hier besonders der weiblichen Blüten-stände und Triebspitzen zwischen denHandflächen gewonnen, als Fingerclustergesammelt und später durch ausgiebigesWalken (von Hand) der zerkleinertenrohen Harzstücke in homogene Haschisch-kugeln gepreßt. Um sich besser für denVersand zu eignen werden diese Kugelnbei Bedarf zerkleinert und mittels einer(evtl. von unten beheizten) Buchpressein eine rechteckige Plattenform umge-preßt.

Nepalisches Haschisch ist von dunkel-brauner bis fast schwarzer Farbe und sehrelastisch. Seine Struktur sollte gleichmä-ßig und fein sein. Die Potenz muß sehrhoch eingeschätzt werden, mitunterreicht ein Zug aus Pfeife oder Joint, umden Raucher bis auf weiteres zu beschäf-tigen. Der Geruch ist sehr würzig bis süß-lich schwer, besonders wenn man ein Ha-schischstückchen aufbricht entwickeltsich der typische Geruch aus dem Innern.

LAND: Viele Nepalesen rauchen selbstgern Hasch. Keine Polizeiprobleme hatman in den ländlichen Gegenden zu be-fürchten. Selbst in Katmandu, dem ei-gentlichen Handelszentrum, kommt eskaum zu den in den islamischen Ländernhäufigen Schwierigkeiten (Durchsuchun-gen etc.). Selbst der Einkauf von Mengenim Kilo-Bereich stellt sich eher unproble-matisch dar.

R. Gorig jr.HANF IN HOLLAND

Die Produktion - NederweedDie liberale Drogenpolitik der Niederlandemacht es möglich, daß sich die Konsumen-tinnen dort weit mehr mit Anbau-Metho-den, künstlicher Kultivierung u. a. beschäfti-gen und hervorragende Resultate erzielen,im Laufe der letzten zehn-fünfzehn Jahrehaben es die Holländer geschafft, 50 % deseigenen Marijuana-Bedarfs zu decken!Dabei lassen sich die „Produzenten" (An-bauer) in drei Gruppen einteilen:• Großproduzent (zumeist Treibhaus-KI.),

meist nur am finanziellen Erfolg interes-siert, mehr Quantität als Qualität.

* Kleinproduzent (Freiland/Teibh./Innen-zucht), unter dem Motto: „Das Schönemît dem Nützlichen verbinden" widmensich zumeist engagierte und organisierteMenschen dem Anbau und Vertrieb desEndproduktes, meist werden sog.„Home Grow"-Shops betrieben, dort

sind Saatgut, Pflanzen und viel Zubehörzum Anbau erhältlich und hier unterschei-det sich der „Kleinproduzent" deutlichvom „Großproduzent"; der großflächigegewerbliche Anbau zielt ausschließlichauf die Produktion von Marijuana und Ha-schisch (noch seltener) und den Abstzdieser Produkte ab.

• Eigenversorger (Freiland/Treibh. /Innen-zucht), Tausende von Konsumentinnenversorgen sich mehr oder weniger selbst(Grundversorgung). Vereinzelt wird auchein gewisser Kleinhandel betrieben.

Für den holländischen WirtschaftsdozentenA. C. M. Jansen steht fest, daß eine Legali-sierung der Marijuana-Produktion ein wirt-schaftlicher Faktor ist, der nicht unter-schätzt werden darf. In dem Fachblatt Eco-nomische en Statistische Berichten hat Jan-sen seine Ergebnisse aus Untersuchungenveröffentlicht. Bereits 1989 erregte Jansenmit seinem Buch „Cannabis in Amster-dam", einer umfassenden Studie zu Canna-bis-Anbau/Produktion/Vertrieb und Ver-brauch in Amsterdam, Aufsehen.

Jansen hat den „Marijuana-Sektor" unter-sucht, indem er Fragebögen an Cannabis-Pflanzer verschickte, mit ihnen Gesprächeführte und holländische Cannabis-Züchtun-gen auf ihren THC-Gehalt hin untersuchte.Ferner untersuchte Jansen die Anbau-Me-thoden und Vertriebssysteme, hier lobteJansen insbesondere die „vernünftige Un-ternehmensstrategie" der Pflanzer; da beiFreilandzuchten Strauchdiebe die größteGefahr darstellen, legen viele Pflanzer meh-rere kleine verstreute Felder an und be-schränken die Gefahr damit.Jansen stellte auch fest, daß der überwie-gende Teil der Cannabis-Kultivierung im In-nenbereich stattfindet; obwohl dort der Ka-pital- und Arbeitseinsatz intensiver ist, stelltder künstliche Anbau eine kleinere Gefahrdes „Entdecktwerdens" dar. Hervorragen-de technische Möglichkeiten, in Form vonHochleistungsbeleuchtungsanlagen (400,600, 1000 Watt), Reflektoren, Pumpen, Fil-ter und Ventilatoren sorgen auch beim In-nenanbau für ein hochwertiges Endproduktmit durchschnittlichen Erträgen von 100g/p. Pfl. Der Grund dafür, daß mittlerweileviele illegale Kunstlicht-Cannabis-Pflanzun-gen entdeckt werden, ist der Umstand, daßPolizei und die örtlichen Elektrizitätswerkezusammenarbeiten.Erstaunlich aber wahr - bei großflächigengewerblichen Innenzuchten ist ein hoherEnergieverbrauch die Folge; zumeist mel-den gewerbliche Pflanzer ihren Stromver-brauch als „Baustrom" an; durch die Zu-sammenarbeit mit der Energiezentrale fälltes den Behörden relativ leicht, illegale In-nenzuchten aufzuspüren. Innerhalb der letz-ten zwölf Monate wurden mehrere zehntau-send Hanf-Pflanzen aufgrund dieser Tatsa-che landesweit aufgespürt und vernichtet.

Qualität statt QuantitätIrgendwann in den frühen 80er Jahren ent-wickelten holländische Cannabis-Züchter,die bis dahin mit verschiedenen Cannabis-Sorten herumexperimentiert hatten, eine„Skunk"-Variante mit der Bezeichnung„Skunk No. 1", kurz drauf wurde „Skunk 2red hair" (red hair wegen der rötlich gefärb-

ten weiblichen Blütenstände) entwickelt.Ursprünglich stammt „Skunk"-Marijuanaaus den USA und ist eine samenlose (Sinse-milla) Kreuzung zwischen hawaiianischenHanfpflanzen und amerikanischen Wildhanf-pflanzen, somit wurde eine Indica-Linie miteiner Sativa-Linie (sog. Hybridproduktion)gekreuzt.Einige amerikanische Hanf-Pflanzer, hiernennt die holländische Cannabis-Konsu-menten-Zeitschrift Highlife den Namen„Old Ed" und dankt ihm dafür, daß er denHolländern die „Kunst des Sinsemilla-An-baus" beigebracht hat, ließen sich inHolland nieder und gaben viel Unterstüt-zung bei der Entwicklung des Cannabis-(Sinsemilla-) Anbaus in Holland.Im Laufe der Jahre entstanden immer wei-tere „Hybriden-Züchtungen"; bei der Hybri-den-Zucht kommt es im wesentlichen draufan, daß positive Eigenschaften zweier ver-schiedener Hanfsorten miteinander verbun-den werden, beispielsweise wird eine po-tente Sativa mit einer wenig dominanten In-dica gekreuzt, und hierdurch wird die langeBlütezeit der Sativa deutlich verkürzt, eben-falls ist es möglich, ertragreiche aber mildeSorten mit hochpotenten Sorten zu kreuzenund dadurch die Potenz erheblich zu stei-gern.Durch Selektion (Auslese) und Inzucht ent-wickelt, gehört die holländische „Skunk"-Variante heute zu einer der erprobtestenpuren Sorten der Welt und dieht Hanf-Züch-tern in aller Welt als Grundlage für weitereKreuzungen.Als erster holländischer „Home Grow"-Shop entwickelte die Firma „Sensi Seeds"in Amsterdam nun die (vorläufige...) „Krö-nung" der Zuchtkunst; mit der „SuperSkunk" wurde eine Pflanze kreiert, die allesbisherige auf dem „Skunk-Markt" in denSchatten stellt - hier stimmt alles: Duft, Er-trag und Potenz.Sorten wie „Silver Haze" mit durchschnittli-chen Erträgen von ca. 50 Gramm je Pflanze(Innenzucht) machen deutlich, daß dieHolländer wieder nach mehr Qualität stattQuantität streben.Auf dem Gebiet des Freilandanbaus werden

immer mehr früh blühende Sorten ent-wickelt (Early Girl, First Girl etc.), die ge-währleisten, daß die Pflanzen auch in unse-ren Breitengraden rechtzeitig zur vollenBlüte gelangen.Unter deutschen Freiland-Hanfpflanzern istzum Beispiel die südafrikanische Sativa„Durban Poison" sehr beliebt und ge-

schätzt.

Verbraucherschutz undKonsumentenkontrolleUnlängst fand in Holland (Utrecht) die Grün-dungsveranstaltung einer Verbraucher-schutzorganisation statt. Seitdem das nie-derländische Kriminalamt (CRI) geforderthat, den Hanfanbau konsequent zu bekämp-fen und in dem Justizminister H. Ballin ein„offenes Ohr" gefunden hat, organisierensich die niederländischen Konsumentlnnenzunehmend mehr und legen immer fundier-tere Argumente für eine Legalisierung allerHanfprodukte vor.Änlich der gesamteuropäischen Situationwerden in den Niederlanden die wirtschaft-lichen Vorteile des Hanfanbaus ernsthaftunter Fachgremien diskutiert. Im medizini-schen Bereich wird heute schon Cannabislegal in Holland an krebskranke Menschenverabreicht; so in der Universitätsklinik vonAmsterdam. Aufgrund internationaler For-schungsarbeit ist abzusehen, daß die thera-peutische Verwendung von Cannabis inHolland an Bedeutung gewinnen wird.Um nochmals auf das Thema Konsumen-tenkontrolle zurückzukommen; seit langeminformiert die Konsumenten-Zeitschrift Hig-hlife über Qualitäten und Preise im ganzenLand; unter der Rubrik „Koffieshop-Test"werden Coffeeshops in ganz Holland gete-stet. Der Konsument erhält so einen gutenÜberblick über das aktuelle, regionaleMarktgeschehen. Die in Utrecht gegründe-te Verbraucherschutzgruppe will künftigdafür sorgen, daß Marijuana und Haschischsozusagen qualitativ klassifiziert wird, d. h.mit Gütesiegeln versehen wird. Für die Kon-surnenten soll sich dadurch der qualitativeÜberblick erheblich verbessern.Wird man künftig Marijuana der Qualitäts-

klassen 1, 2 oder 3 oder Haschisch mit „Bei-packzettel" erwerben? In den Niederlandendemnächst sicherlich.

Halloween Hash Bash -der Cannabis CupIn den Vereinigten Staaten ist es Tradition,einmal im Jahr ein Erntefest (u. a. „HighTimes Harvest-Festival") zu feiern und zudiesem Anlaß die besten Hanfpflanzen zuprämieren. Diesen Brauch haben die Hollän-der übernommen - Höhepunkt aller hollän-dischen Erntefeste ist die Verleihung desjährlichen Cannabis Cup. Organisiert wirdder Cannabis Cup von einer Gruppe namensC.I.A. (Cannabis in Amsterdam). Den Höhe-punkt bildete am 27.11.93 die „CannabisCup Awards Ceremony", also die Verlei-hung des Cannabis Cup. Der Vorjahresge-winner Corrie Louwerier („Dutch Passion")hielt seine Gewinnerin vom Vorjahr, „HazeSkunk" auch in diesem Jahr für unübertrof-fen, und die Jury gab ihm recht und zeich-nete „Haze Skunk" mit dem Cannabis Cupaus.Nebenbei sollte erwähnt werden, daß derMTV-Moderator Ray Cokes die „CC AwardsCeremony" moderierte. Abgerundet wurdedas Spektakel mit „AbgesandtInnen" derUS-Magazine Playboy und natürlich demHigh Times Magazine.

Nervöse Zeiten - Overlast HennepDie Eröffnung des ersten kompletten„Hanf-Shops" in Amsterdam (1013 GE Am-sterdam. Droogbak 2), mit Verkauf vonHanf-Textilien, Hanf-Papier, Samen, Seilen,Ölen u.v.a.m. darf nicht darüber hinwegtäu-schen, daß die holländischen Behördenbeim Wort Hanf momentan nervös werden.Auf Druck des Drogenkontrollrats der UNverschärft die holländische Administrationmittlerweile die Kontrollen über die Coffee-shops und bekämpft den gewerblichenHanfanbau konsequenter als bisher. Einewahre Flut von Razzien, Beschlagnahmun-gen und Hanf-Vernichtungs-Aktionen über-schwemmte das Land - den Anfang mach-ten die holländischen Großstädte wie Am-sterdam (1992 im Dezember).

Ein Jahr nach der "Kampfansage" von Ju-stizminister H. Ballin ist ein Ende nicht abzu-sehen. Die Behörden lassen die Szene nichtzur Ruhe kommen und bringen regelmäßigneue umfangreiche „Aktionen" ... Dochauch ausländische „Hanf-Touristen", vor-nehmlich aus Frankreich, Luxemburg, Belgi-en und Deutschland werden Opfer dieserrestriktiven Politik.Und schon werden „Hanf-Bezugsscheine"für HolländerInnen gefordert; wohlgemerktvon KonsumentInnen-Seite - die Angst derHolländerInnen um ihr grünes Kraut?

HOLLÄNDER GRASREKORDVERDÀCHTIG

Jahrelang waren sich die 'Experten' uneins:Woher kommt das Cannabis mit der stärk-sten psychoaktiven Wirkung? Tempelshitaus Nepal? High-tech Dope aus Kalifornien?Roter Libanese? Zero Zero aus Marokko?Gras aus Jamaika?

Das Ratespiel hat ein vorläufiges Ende ge-funden, wie die Ergebnisse einer Untersu-chung des CRI (Dutch Criminal IntelligenceService) ergeben haben. Netherweed, derholländische Hanfanbau, nimmt hinter To-maten, Gurken und Paprika schon einenmedaillenverdächtigen vierten Platz in derErzeugerliste der holländischen Landwirt-schaft ein, mengenmäßig. Die Qualität aller-dings übersteigt alles bisher dagewesene.In den '60er Jahren hatte Netherweedeinen THC-Anteil von 0,5%. ImportiertesCannabis in Hollands Coffee-Shops enthältselten einen höheren THC-Anteil als 14%,Proben aus holländischen Gewächshäusernerbrachten nun Werte zwischen 9% und27%! Das bringt den Privatzüchtern Hol-lands nicht nur wissenschaftliche Anerken-nung aus der botanischen Fachwelt, son-dern auch gute Umsätze & erhöhten Eigen-genuß. Das höchste High.(Info aus New Scientist, 12.9.92)

HASCHISCH-HERSTELLUNG

Von allen Cannabis-Produkten taucht aufdem deutschen Markt am häufigstenHaschisch in seinen vielfältigen Farben,Formen und Qualitäten auf. Die Bezeich-nungen richten sich meist nach der Farbeder Sorten, die Palette reicht von „Gel-bem Marokk" und „Grünen Türken" über

„Roten Libanesen" zu den dunkleren undpotenteren Sorten wie „Schwarzer Afgha-ne" oder „Schwarzer Nepali". Parallel zurFarbe finden sich auch unterschiedlicheMaterialeigenschaften. Sind helle gelblicheoder grünliche Qualitäten oft von ehermilder Wirkung und spröder Struktur, sonimmt die Potenz ( = der THC- oderHarzgehalt) über die rotlich-bräunlichenSorten aus dem Libanon zu den hoch-potenten, fast schwarzen, sehr harzrei-chen und daher erstaunlich elastischenSorten Afghanistans, Nordwest-Pakistans,Nordindiens und Nepals immer mehr zu.

Haschisch besteht vorwiegend aus denDrüsenköpfen der Cannabis-Pflanzen, wiewir sie besonders reich und groß an denBlütenständen der weiblichen Pflanzenfinden. Weiterhin kommen allerlei beider Gewinnnung anfallende Pflanzenteile(Blatteile, Zystolithenhaare/Trichomen,evtl. Samen etc.) und Verunreinigungen(Staub etc.) hinzu. Es sind zwei Verfah-ren der Haschischherstellung bekannt:

1. Abreiben der Harze zwischen denHänden von der lebenden Pflanze.

2. Abschütteln der staubartigen Harzteile(Drüsen) von der geernteten und getrock-neten Pflanze. Die Harzteile werden aus-gesiebt und gepreßt.

HARZREIBEN

Die harzreichen Teile der noch lebendenPflanze werden vorsichtig zwischen denHandflächen gerieben. Hierbei brechenviele Drüsen auf, das sich ergießendeHarztröpfchen klebt an der Handinnen-fläche fest. Nach einiger Zeit des Reibens(engl. „rubbing") werden die Handflächensehr klebrig (= Harzfilm) und sehenschmutzig aus. Reibt man sie nun unterZugabe von einigen Tropfen Wasser,bilden sich kleine, schwärzliche, spindel-förmige Krümel (wie wenn man dreckigefeuchte Hände gegeneinanderreibt), diedurch kreisende Bewegungen der Händezu einem kleinen Kügelchen zusammen-gerollt und dann beiseite gelegt werden.Das Reiben an den Pflanzen beginnt vonneuem, u.s.f.. Viele der so gewonnenenKlümpchen werden zu Kugeln oder Eiernzusammengeknetet, die wie aus vielenfingerlangen Stückchen zusammengesetzt(= engl. „Fingerclusters") aussehen.

PRESSEN

Diese Fingerclusters werden später zer-kleinert (mit Mörser oder Stein zerstoßen)und von Hand wie Brotteig in kleinenMengen solange durchgewalkt, bis einehomogene (= gleichmäßige) Haschisch-masse entsteht. Das fertige Haschisch istvon dunkelbrauner Farbe, klebrig, sehrelastisch und hat außen ein speckigesAussehen. Es weist eine gleichmäßigeStruktur auf, ohne die in schlecht ge-preßtem Haschisch typischen Bruchstel-len, wenn man das Stück biegt. DurchRollen auf einer glatten Unterlage (Plastik-folie oder Teller etc.) werden die Porenund feinen Risse an der Oberfläche desgolfballgroßen Haschischstücks verschlos-sen. Beim Durchschneiden eines Ballssieht man diese ,,Schale". Durch dieseVersiegelung läßt sich das Haschisch ohnegrößere Lagerungsverluste für das Innere(jenseits der 1 -2 mm starken äußerenSchicht etwa) über längere Zeit aufbewah-ren. Durch das Pressen ist auch die Luftaus dem Haschisch verschwunden, sodaßder Abbau von THC zu CBN erheblichgemindert ist.

U m p r e s s e n : Um von der üblichenKugelform (= geringste Oberfläche unddaher beste Lagerungsform) in die typischeVersandform der Platten umzupressen,wird das Haschisch in Plastikbeuteln in diepralle Sonne gelegt, wo es sich erwärmenund dadurch geschmeidiger werden soll.Dann wird es in kleinere Stücke zerbröselt,die man ebenfalls (um Feuchtigkeitsverlustzu vermeiden) in Plastiktüten lagert. Ineiner dicken Folie oder einem Leinentucheingeschlagen werden die Brösel nun indie viereckige Form einer Handpressegelegt und zu der gewünschten Platte ge-preßt. Bei Bedarf kann die Presse, um dieElastizität des Materials zu erhöhen, vonunten z.B. mit Holzkohlenglut odereinem Spiritusbrenner beheizt werden.

Das Harzreiben muß vorsichtig ausgeführtwerden, weil sonst auch Blatteile abreißenoder gar Samen untergemengt werden, diesich später als Verunreinigungen imHaschisch finden. Der Vorteil der Methodeliegt darin, daß jede Pflanze mehrmals,,geerntet" werden kann. Besonders beiSinsemilla-Pflanzungen - und diese sindseit alters her in den Himalaya-Gegendenüblich, jede Pflanze mit erkennbar männ-lichem Geschlecht wird sofort ausgeris-sen -, die über mehrere Wochen hinwegblühen, kann zwei- bis dreimal je Saisongerieben werden. Hinzu kommt ein Rei-ben nach der Ernte der Pflanzen, diePflanzen werden schließlich getrocknetund als Marijuana verwendet oder manpulverisiert ihre immer noch genügendharzreichen Blutenstände, um unter Zu-gabe von Wasser ein weniger starkes, hell-grünes, hartes und sprödes Haschisch(„Garda" oder ,,Gurda") zu gewinnen.

Gern wird schon beim Reiben etwas Fettauf die Hände geschmiert, wodurch dasHaschisch sich später einfacher pressenläßt.

Tageszeit beim Reiben: Das Reibenfindet meist in den Morgenstunden statt,weil zu dieser Zeit die Pflanzen klebrigersind. Keinesfalls stimmt es, daß in denVormittagsstunden besonders viel Harz„ausfließt", das Harz befindet sich vor-wiegend in den Drüsenköpfen, von denennur wenige von allein aufplatzen und ihrenInhalt freigeben.

Eine geübte Person wird 10-12g Haschischje Stunde von den Pflanzen reiben. DieArbeit beginnt morgens zwischen 4 und6 Uhr, taunasse Pflanzen lassen das Harzeher an den Handflächen kleben.

Gegenden: Harzreiben ist als Haschisch-gewinnungsmethode vorwiegend in derHimalaya-Region verbreitet: Nepal,Bhutan, Kaschmir, Manali, und kommtnur gelegentlich (und dann in kleinem bisprivatem Umfang) in Ländern vor, indenen Haschisch vorwiegend aus Harz-staub gewonnen wird (z.B. Libanon).

HASCHISCH AUS HARZSTAUB

Auch bei dieser Methode sollen vorwie-gend die harzreichen Drüsen gewonnenwerden. Zu diesem Zwecke trocknet mandie soeben geernteten reifen Pflanzen. Diedrüsenreichen Blütenstände werden vor-sichtig über einem großen Sieb ausge-schüttelt und schließlich ausgedroschen.Die besonders schweren und harzigen

Drüsenköpfe fallen schon bei geringerErschütterung von den vertrockneten Drü-senstielchen ab und gelangen durch diefeinen Maschen des Gaze-Tuches in dasAuffangbehältnis. Gleichzeitig ausfallendeBlättchen oder gar Samen werden vomTuch zurückgehalten. Sind die erstenschwereren und daher locker sitzendenDrüsenköpfchen abgefallen (= die besteHarzstaub-Qualität), wird durch Ausschütteln bis Ausdreschen der Pflanzen nach-geholfen, sodaß auch kleine und nichtausgereifte Drüsen sich von Kelch undBlattern lösen und durch das Sieb in dasAuffanggefäß fallen.

Erstklassige Qualitäten werden beim erstenSieben erzeugt. Die getrockneten Blüten-trauben werden auf das über die Auffang-schüssel gespannte Seidentuch gelegt undvorsichtig geschüttelt. Für die zweitbesteQualität wird man dann die Blütentraubenleicht über das Tuch reiben, eine dritteQualität fallt bei kräftigerem Reiben überdas Tuch an, die vierte Qualität entsteht,wenn man die Blütentrauben durch dasTuch zu reiben versucht. Die schlechtesteQualität wird produziert, wenn das Pflan-zenmaterial grob durch ein nicht so feinesGewebe passiert wird.

Der gewonnene Harzstaub kann praktischohne Potenzverluste über längere Zeit auf-bewahrt werden (Das Harz ist in den ver-schlossenen Drüsen luftdicht und geschütztaufgehoben).

Pressen: Um aus dem Harzstaub Ha-schisch zu pressen, bedient man sich ent-weder maschineller Hilfsmittel (Harzstaubin Beuteln in Buchpressen, hydraulischenPreßvorrichtungen, unter dem Reifeneines schweren LKW) oder der Handpres-sung.

Harzstaub läßt sich auf zweierlei Weisezum Endprodukt Haschisch verarbeiten:

1. Pressen mit mechanischen Hilfsmitteln:Harzstaub wird in Textilsäcke oder Pla-stikbeutel verpackt. Die Beutel werdenin eine Preßvorrichtung gelegt und unter

großem Druck gepreßt. Es werden vor-wiegend Buchpressen verwendet (evtl. miteiner unter der Presse angebrachten Wär-mequelle = Holzofenglut oder Spiritus-brenner, damit ein harzarmer Harzstaubbesser zusammenbackt), gelegentlichhydraulische Preßvorrichtungen. Auchunter dem Reifen eines schweren Last-wagens läßt sich eine mechanische Pres-sung durchführen. Bekannt ist die Metho-de, kleinere Mengen Harzstaub in stabilenTüten in den Schuh zu legen. Beim Gehenwird die Masse mit der Zeit unter Körper-wärme und mit dem Gewicht des Körpersgepreßt.

2. Pressen von Hand:Ist der Harzstaub entsprechend harzhaltig,läßt er sich ohne äußere Hilfsmittel auchvon Hand pressen. Der Harzstaub wirdzerkleinert und in kleinen Mengen (ca.10-20 g) unter Zugabe von ein wenigWasser oder Tee zwischen den Handflä-chen wie ein Brotteig geknetet und ge-walkt. Zwischendurch formt man daswerdende Haschischstückchen zu einemflachen Teller, den man kurz über einerWärmequelle geschmeidiger macht. Durchdas Walken werden die Drüsenköpfe zer-stört, ihr harziger Inhalt fließt aus undläßt die Haschischmasse zu einem gleich-mäßigen elastischen würzig riechendenEtwas werden.

Ganz hervorragende Staubsorten könnenvon Hand ohne Zugabe von Wasser ge-preßt werden.

Handpressung läßt sich mitunter auch mitlibanesischem Staub durchführen (wirdaber im Ursprungsland nur zum Eigen-bedarf gemacht). Vorwiegend kommenStaubsorten aus Afghanistan und derpakistanischen Frontier Province dafür inFrage.

Harzstaub wird in den moslemischen Her-stellungsländern gewonnen (Marokko,Türkei, Libanon, Afghanistan, Pakistan),da sich diese Methode für die großtechni-sche Produktion am besten eignet. DieHanfpflanzen werden auf großen einheit-lich mit Hanf bestellten Feldern z.T. be-reits maschinell angebaut und geerntet.

Bei beiden Methoden läßt es sich nichtvermeiden, daß außer den begehrtenHarzdrüsen auch noch andere feine Ma-terialien anfallen: so sind es vor allem diefeinen spitzen Zystolithenhaare, die diegesamte Cannabis-Pflanze bedecken, Restevon Narben und sonstigen Blütenteilen,Pollen, anhaftender Staub und Schmutzsowie inzwischen zu Staub zerfallenePflanzenteile oder abgerissene Krautteile(bei Methode 1), die sich neben den Drü-senbestandteilen bei der mikroskopischenUntersuchung von Haschisch nachweisenlassen.

Die Qualität des Haschisch richtet sichnach- dem THC-Anteil des Harzes- der Harzmenge- Alter und Lagerung (THC wird durchLicht, Luft, Wärme zu CBN abgebaut)

FARBE DES HASCHISCH

Wenn THC mit Luft reagiert (= Oxydation), entstehen außer CBN auch nochweitere inaktive Verbindungen, wahr-scheinlich Polymere. Diese haben eineschwarze Farbe. Sie treten auch bei derOxydation von synthetischem THC auf.An der lebenden Pflanze lassen sich inden Drüsen Farbveränderungen des Har-zes von durchscheinend über honigfarbenzu bräunlich ausmachen. Weitere Oxyda-tion von Harzen (vielleicht nicht nur THC,keine Untersuchungen bekannt), könnenzu einer weiteren Dunkelfärbung führen.

Männliche oder weibliche Pflanzenbei der Haschisch-Herstellung?

Obwohl in den meisten Anbauländern derDritten Welt die männlichen Pflanzen so-

gleich bei Erkennung ausgerissen werden,um eine Bestäubung der Weibchen zu

verhindern und so die Blütedauer auszu-dehnen, kann man genausogut Haschischvon männlichen Pflanzen gewinnen. Aller-dings enthalten die männlichen Blüten-stände nicht soviele Harzdrüsen wie dieweiblichen, wenn auch die Zusammen-setzung des Harzes nicht vom Geschlechtsondern vom erblichen Sortenmerkmalenabhängt.

POLLEN

Die männlichen Pollen finden sich oft imHaschisch. Sie werden vom Wind durchdie Pflanzung getragen (sofern überhauptmännliche Pflanzen belassen werden!)und bleiben teilweise in den oft klebrigenweiblichen Blütenständen hängen, von woaus sie mitverarbeitet werden. Bei Reibenoder Ausklopfen männlicher Pflanzenfallen noch in den Staubbeuteln verblie-bene Pollen an. Pollen selbst enthaltenpraktisch kein Harz, wohl aber findensich an den Pollensäcken ( = Staubbeuteln)Harzdrüsen. Der Kontakt mit pollenrei-chen Haschischsorten oder teilweise männ-lichem Marijuana kann bei Allergikern(Heuschnupfen, Asthmatiker) zu Niesenund tränenden Augen etc. führen.

Oft wird der Harzstaub in den Ursprungs-landern fälschlich als ,,Pollen" bezeichnet.In Wirklichkeit handelt es sich jedoch im-mer um Drüsenköpfe. Pollen sind sehr vielkleiner als die Drüsenköpfe.

GROSSPRODUKTION

Haschisch ist ein großes Geschäft gewor-den, das hat sich inzwischen bis in jedesafghanische Dorf herumgesprochen. So istes nur verständlich, daß sich auch die Er-zeugerländer entgegen ihrer früheren sorg-fältigen, ja liebevollen Arbeitsweise aufindustrielle Großproduktion umgestellthaben. Statt die Drüsenteile akribisch vonden weniger gewünschten weil wenigerpotenten Krautteilen zu trennen, ist mandazu übergegangen, ganze Blutenstände zupulverisieren (Türkei, Marokko) und bei-zumischen. Immer noch die vertretbarsteArt der Streckung, aber gute harzige Sor-ten werden dadurch inzwischen immerseltener.

LAGERUNG VON HASCHISCH

Die psychoaktive Verbindung THC zer-setzt sich unter dem Einfluß von Sauer-stoff (= Oxydation) zu dem inaktivenCBN. Ein noch größerer Feind des THCist das Licht. Abbauvorgänge beschleu-nigen sich bei Wärme (= höhere Moleku-larbewegung).

Um die Potenz von Haschisch zu erhal-ten, muß es daher vorwiegend vor Lichtgeschützt werden, ein geringes Problem,da das Licht ohnehin höchstens die äußer-ste Schicht erreichen könnte. Lagerungunter Sauerstoffabschluß aber laßt sich inder Praxis nie völlig verwirklichen. Ambesten ist das Harz in seiner natürlichenHülle, den Drüsenköpfen, aufbewahrt.Daher wird Haschisch erst aus dem bereitsgewonnenen Harzstaub hergestellt, wenndas Endprodukt sogleich verkauft werdensoll. Hat man ein Stück Haschisch produziert, kann man durch Rollen eines mög-lichst kugelförmigen Stückes (= geringsteOberfläche bei maximalem Rauminhalt)die dünne Außenschicht verdichten, diePoren werden beim Rollen über eineglatte Oberfläche (= Folie, Teller etc.)verschlossen. Das Innere des Stückchensist nun ziemlich luftdicht eingeschlossen.

Haschisch wird meist in Plastikfolien auf-bewahrt, weil es so weniger Aroma ver-liert und weniger Luft an die Oberflächedes empfindlichen Materials dringen kann.

Die Temperatur sollte so niedrig wie mög-lich gehalten werden, unterschreitet siejedoch den Gefrierpunkt, muß man damitrechnen, daß das restliche noch vornan-dene Wasser kristallisiert (= Eis) und damitdie Struktur des Haschisch sprengt. Sol-ches Material kann nach dem Auftaueneinen eher mürben Eindruck machen,wenn auch Aroma und Wirkstoffe nichtangegriffen sind, man muß dann neu pres-sen.

LAGERUNGSFEHLER

Treten bei Haschisch seltener auf als beiMarijuana, da die der Umgebung ausge-setzte Oberfläche sehr viel kleiner ist.Schimmelbildung stellt die größte Gefahrfür Haschisch dar, sieht man einmal vonTHC-Abbau begünstigenden Fehlern wieLagerung an warmen, hellen und luftigenOrten ab. Schimmel kann die Oberflächeeins Haschischbrockens überziehen (meistweißliche Farbe und typisch muffiger Ge-ruch) oder gar mit der Zeit ins Innere ein-dringen.

Schimmel benötigt vor altem Feuchtig-keit (= Wasser) und Luft zum Überleben,seine Nahrung bilden einfache Kohle-hydrate (= Zucker, Stärke) aus den Restenvon Pflanzenzellen. Schimmel greift dieHarzstoffe nicht an!

Betroffen sind zu wasserreiche Haschisch-proben, wenn etwa zuviel Feuchtigkeitbeim Handpressen von afghanischem Ha-schisch verwendet wurde und die Proze-dur beendet wurde, bevor die Feuchtig-keit bei der Pressung wieder verdunstenkonnte.

Sehr oft findet sich Schimmelbildungauch an Haschischbrocken, die durchHandreiben produziert wurden, wenn dasfrische Haschisch entweder nicht ausrei-chend umgepreßt oder an einem zu feuch-ten Ort gelagert wurde.

Einem Anflug von Schimmel auf derOberfläche kann durch Umpressen unterWärmeeinfluß (= Verdunsten des über-schüssigen Wassers) und luftdichte, trok-kene Lagerung (= Oberfläche leicht ein-

ölen, dicht in Plastik verpacken etc.) be-gegnet werden. Schlägt dann der Schim-mel doch noch erneut aus, wird er wie einAdernetz das Haschischstück durchziehen.

Unter dem Einfluß des Schimmels verlierteine Haschischprobe an Gewicht, weilsich der Schimmel von den ursprünglichim Haschisch vorhandenen Kohlehydratenernährt und CO2 ausatmet. Da die Harz-stoffe gleichzeitig fast nicht angegriffenwerden, reichern sich die Cannabinoideim schimmeligen Haschisch relativ an.Enthielt das Kilo ursprünglich 40 g THC= 4%, so finden sich in den nach Schim-melbefall verbliebenen 800 g ebenfallsnoch rund 40 g THC = 5%, eine relativePotenzsteigerung um ein Fünftel (= +20%)also.

Gleichzeitig muß der Raucher allerdingsein furchtbares Aroma in Kauf nehmen:muffig, eklig. In den Herstellungsländernwerden derartige Entgleisungen entwedereinfach auf den Müll geworfen oderSchimmel-Afghan-gläubigen Ausländernverkauft.

HASCHISCH-MÄRCHEN

Nette Geschichten für verrauchte Stundenhat es schon immer gegeben. Und Glaubeversetzt Berge. Vieles aber ist einfachschlicht erlogen. So gibt es in Indien keinweißes Haschisch (,,weiße Tempelku-geln"), das nur von ausgesuchten Mön-chen geraucht wird. Es handelt sich hierum einen Werbegag wahrscheinlich US-amerikanischer Hersteller, die ihr synthe-tisches Haschisch (= synthetisches THCauf Luzernemehl) mit mystischem Zin-nober verkaufen wollen. Auch rennt nie-mand nackt durch irgendwelche Felder,um sich letztlich das Haschisch mit demMesser von der Haut zu kratzen. VonHaschischblättern tropft kein Harz undauf Cannabispflanzen gepfropfte Hopfen-pflanzen können gar keine Cannabinoideproduzieren. Bei Forschern und Rauchernist sogar noch immer umstritten, ob esverschiedenartig (nicht verschieden stark!)wirksame Haschischsorten gibt. Viel istÜbertreibung, Einbildung, Placebo. Aberwenn's mehr Spaß macht...

HASCHISCH-BEURTEILUNG

Welches Haschisch ist das „beste" = wirk-samste?

Die Wirksamkeit von Haschisch richtetsich ausschließlich nach dem Gehalt anTHC. Dieser ist am höchsten in frisch zu-bereitetem Material und läßt aus den be-kannten Gründen (Luft, Licht, Wärme)mit der Zeit nach.

Läßt sich die Frische vielleicht noch amGeruch feststellen, so bleibt doch derTHC-Gehalt allen noch so erfahrenenKennern verborgen, bis sie eine Probe ge-raucht haben. Noch definitiver läßt sichder THC-Gehalt nur mit chemischenTests bestimmen, zu denen den meistenRauchern allerdings noch der Zugang ver-wehrt sein dürfte.

Lassen die Umstände einen Test durchRauchen oder Reagenzen nicht zu, kannman sich nur auf eine Reihe recht allge-meiner Merkmale verlassen, die jedochnicht verbindlich zutreffen müssen:

FARBE: Schwarz-braune Sorten, dieobendrein noch elastisch sind, zeichnensich zumindest durch hohen Harzgehaltaus (Nepali, Afghani, Pakistani, Kaschmi-ri, Manali). Braune bis rötliche Sortenlassen sich mit etwas Wärme und gutemWillen in kleinen Stücken auch noch kne-ten (Roter Libanese) und folgen dendunklen Sorten in der Potenz. Oft ist ihrAbstand zu grünen oder gelben Sortenjedoch nur gering.

SORTE: Oft ist die gesamte Umgegendmit denselben zwei oder drei Sorten ver-sorgt, man kann sich umhören. In man-chen Ursprungsländern werden bestimmteVerpackungsformen von bestimmten Sip-pen oder manche Ortschaften als Güte-merkmal gewertet.

GERUCH: Ein aromatisch würziger deut-licher Geruch zeigt meistens die Frischeeines Produktes an. Bekanntlich oft dereinzige on-the-spot-Test. Ätherische ölesind für den Geruch verantwortlich undverfliegen mit der Zeit.

STRUKTUR: Ein Schnitt durch eineHaschischprobe evtl. mit einem angewärm-ten Messer gibt Auskunft über den Harz-gehalt: ist die Schnittfläche auch überdie Randschicht hinaus speckig glänzend,darf man mit viel Harz (oder Fettver-schnitt) rechnen. Zeigt das erste Drittelder Schnittführung z.B. einen speckigenGlanz, muß sich die Schnittstelle auchklebrig anfühlen, selbst wenn das Ha-schisch etwas erwärmt ist (bei Fettanteilnicht klebrig, schon gar nicht bei Erwärmung).Je feiner die Körnigkeit, desto besser dieQualität. Das Haschisch darf nicht ausverschiedenfarbigen Lagen bestehen.

Kleine Wurst rollen (warm) und knicken.Am Aufbruch lassen sich mehr oder weni-ger grobe Fasern und Gewebeteile erken-nen.

VERUNREINIGUNGEN: Staub und Sandsind schwer und billig. Kleines StückHaschisch zwischen den Zähnen kauen.Sollte nicht knirschen.

Bei geriebenem Haschisch dürften keineBlattstückchen oder gar Samen vorkom-men.

ELASTIZITÄT: Das reinste Harzextraktist noch immer recht zäh bei Temperatu-ren unter 20°C, im Gegensatz zu den derverkaufsfördernden Biegsamkeit wegen oftzugesetzten Fette, die entweder brechen(Kokos) oder fließen (Öle, Butter). Elasti-zität und Klebrigkeit nehmen bei Canna-bisharzen (und Harzen allgemein) gleich-zeitig zu. Verschnittstoffe kleben nicht!Kaschmiri ist bei Zimmertemperatur stein-hart, läßt sich bei Handtemperatur je-doch wunderbar formen und entwickeltgleichzeitig durch die Wärme sein Aroma.Wenn man ein paar Minuten mit einemStückchen Haschisch spielen kann, läßtsich einiges daraus schließen.

HITZEVERHALTEN: Nur mit viel Er-fahrung läßt sich beurteilen, ob die beieinem weichen Haschisch bei Erhitzenüber Streichholz oder Feuerzeug auftre-tenden Blasen auf eine starke Wasser-beimengung (Afghani) oder hohen Harz-gehalt zurückzuführen sind. Dasselbe giltfür das Aussehen einer beim Verbrenneneines dünnen Haschsticks sichtbaren Flam-me. Haschisch sollte allerdings vorwie-gend nur kurz oder mit kleiner Flammebrennen, dann eher weiterglimmen. Ver-dächtig sind stark rußende Flammen, dienicht ausgehen wollen (Öle und Fette) so-wie Gerüche aus der Bratküche oder demAutosalon.

GESCHMACK UND GERUCH BEIMRAUCHEN: Auch hier eine Domäne fort-geschrittener Kenner. Schwer erlernbar(ähnlich wie man nicht zum Wein- oderZigarrenkenner ausgebildet werden kann).

RAT VON ANDEREN: Oft die besteMethode für den Unkundigen, der im In-oder Ausland einkaufen will, vorausge-setzt der „Freund" ist weder eindeutiggeschäftstüchtig noch profilsüchtig.

HANDEL IN DENURSPRUNGSLÄNDERN,EINKAUF, AUSFUHR ETC.

Haschisch ist ein großes internationalesGeschäft. Viele Menschen wollen vielGeld daran verdienen, daß die Nachfragehöher als das Angebot ist und dem Kon-sumenten in Qualitätsfragen nur seltendie Wahl oder die Möglichkeit, vorhersicher zu beurteilen, bleibt.

ORGANISIERTER VERTRIEBzeichnet sich vor allem durch Regel-mäßigkeit aus. Immer wieder wird derselbe Großabnehmer bei demselben Her-steller einkaufen. Hier wird von Anfangan in der auch für andere (legale) Ge-schäfte üblichen Weise hart aber offenverhandelt und abgeschlossen. Der ein-heimische Anbieter kann sich durch Be-trugsversuche nicht den Verlust des zah-lungskräftigen oft ausländischen Abneh-mers leisten, er versucht Gewinneinbrücheauf die für ihn arbeitenden Kleinbauernabzuwälzen.

Ausfuhr aus Dritte Welt-Ländern ist mitreichlichen Schmiergeldeinsätzen verbun-den, Polizei, Beteiligte in Tarnunterneh-mungen und Zoll wollen alle ihren Anteil.Schmuggelverpackungen werden meist imUrsprungsland produziert, seltener kommtes zum Versand über mehrere Zwischen-stationen, meist um durch frisierte Papiereden Ursprung einer Sendung zu tarnen.

GROSSVERTRIEBAN EINZELPERSONENbeinhaltet für den Einkäufer das höchsteRisiko. Es lohnt sich für den einheimi-schen Verkäufer, einem befreundetenoder verwandten oder verpflichteten Poli-zeioffizier Menge und Versteck desSchmuggelgutes zu verraten. Bei einerFestnahme wird das Haschisch beschlag-nahmt und diese Beute an den Verkäuferzurückgegeben oder untereinander aufge-teilt. Gleichzeitig fällt eine oft nichtunerhebliche Bestechungssumme in dieHände des Polizisten (Freikauf. Meistalles vorhandene Bargeld und Wertgegenstände etc.). Kommt es (bei unklugem

Verhalten des ,,Schuldigen") zu einem Ge-fängnisaufenthalt oder einer Abschiebung,taucht nur ein Bruchteil der beschlag-nahmten Ware in den Akten auf.

Die Zusammenarbeit zwischen ortsansäs-sigen Händlern und Polizei funktioniertmancherorts so prächtig, daß der betroge-ne Käufer wirklich daran glaubt, durchZufall in die mißliche Situation geratenzu sein und Glück gehabt zu haben. Werauch immer schon mehr als eine Nachtin einem Gefängnis in einem beliebigenDritte-Welt Land verbracht hat, sagt, daßder Verlust aller Güter immer noch dieserTortur vorzuziehen ist. Denn letztlich hatman ohnehin alles verloren, wenn manschließlich nach langer Zeit mit Hilfe vonBotschaft und/oder Angehörigen heraus-kommt und ist obendrein als Rauschgift-händler oder -Schmuggler international(per Abkommen) aktenkundig. Man wirddaher immer versuchen, alles mögliche inGang zu setzen, um einen Gefängnisauf-enthalt zu vermeiden.

Selbst in den Fällen, wo nicht drogen-interessierten Reisenden Drogen unter-geschoben werden, um auf diese Weiseeinzuschüchtern und von Behördenseiteillegal zu kassieren, empfiehlt es sich, zuzahlen. Auch wenn der Vorgang nacheinigen Wochen Gefängnis (U-Haft) alsIrrtum zu den Akten gelegt und man miteiner netten Entschuldigung entlassenwird, kann die Zeit im Gefängnis einemdas Erlebnis einer der vielen unschönenTropenkrankheiten bescheren. In Indienetwa wartet man wegen geringster Lappa-lien ca. sechs Monate auf seinen Prozeß(z.B. in Visa-Fragen).

In der Regenzeit bei fast 100% Luftfeuch-tigkeit und über 30°C in dumpfen Räu-men mit Ratten, -zig Mithäftlingen unddem bekannten Essen aus Chilli und wei-ßem Reis ohne Salz unter unvorstellbarenhygienischen Bedingungen und Mücken-plage (Malaria) kein Vergnügen.

Wie bei allen gesetzlich nicht erlaubtenHandlungen gefährden auch beim Umgang mit Haschisch Mitwisser den erfolg-reichen Ausgang der geplanten Unterneh-mung. Niemand, vor allem nicht Konkur-renten der einheimischen Verkäufer, darf

Aufbewahrungsort und Schmuggel ver-steck bzw. Versandweg des Haschischkennen, wenn man nicht an der nächstenGrenze bei der Ausfuhr bereits mit einerzielsicheren Öffnung der hohlen Schraubegleich neben der Ölwanne und einem wis-senden Lächeln des Beamten überraschtwerden möchte.

Alle Tricks, die Einheimische ihren Kun-den empfehlen, sind anderen Stellen be-kannt. Tricks, die sich der findige Fremdein langwierigen Studien erarbeitet hat,sind vielleicht genauso bekannt, machenaber spätestens die Runde, wenn er umdie Meinung der „Profis" fragt.

Mittlere Mengen (bis 2 kg) sind nichtwichtig genug, um durch Intrigen großeGewinne zu erzielen, es sei denn, derFremde hat mit seinem hohen Kapitalgeprahlt (das bei einer Festnahme be-schlagnahmt werden könnte).

Kleine Mengen (zum Eigenbedarf bis 50g)sind meist recht unproblematisch, zumalsie sich mit etwas Vorsicht leicht so unter-bringen lassen, daß sie nicht sofort gefun-den werden oder man den Besitz bestrei-gen kann. In jedem Fall ist allerdingsBestechung einer U-Haft vorzuziehen. Inder Türkei beispielsweise reichen auchMengen unter 10g für sehr großen Ärgeraus.

HANDEL UND KONSUMDER EINHEIMISCHENMindere Qualitäten sind meist für denEigenverbrauch bestimmt, ebenso ganzexcellente Ware. In vielen Ländern kön-nen sich einfache Leute Cannabis nichtleisten, es sei denn, sie rauchen Grass vonwild wachsenden Pflanzen. Viele englisch-sprechende Vermittler und Zwischen-händler rauchen selbst nicht, dies trifftbesonders in islamischen Landern zu, wodie Religion den Drogengenuß eigentlichverbietet. Sie können daher die Qualitätenselbst nicht unterscheiden und sind nuram Geld interessiert.

Kauft man bei einer Familie, die ihreWare selbst herstellt, geht es in Qualitäts-fragen auch immer um deren Ehre.Manche Klans z.B. in Afghanistan unter-

halten einen kleinen Laden in Kabul, umihr Haschisch direkt an fremde Einkäuferabzugeben. Nur ein Mitglied der Familieist damit beschäftigt, den ganzen Tag langWasserpfeifen anzurauchen und den po-tentiellen Kunden die Qualität des Ha-schisch vorzuführen.

In Indien und dem ebenfalls vorwiegendhinduistischen Nepal ist Cannabis weitmehr als Bestandteil eines möglichenreligiösen Lebens akzeptiert. In vielenHausgärten stehen ein paar Pflanzen zumEigenbedarf oder man verschafft sichHaschisch von Verwandten, die weiterin den Bergen wohnen. Im Zweifel kannman immer noch ein paar Gramm selbstvon den Pflanzen reiben, ohne daß großerAnstoß daran genommen würde, auchwenn die Besitzverhältnisse der Cannabis-Pflanzen fast überall sehr eindeutig ge-klärt sind, selbst wenn die Pflanzungenwie wilder Unkrautwuchs anmuten.

ISLAMISCHE GLAUBENSLEHRE

Der Islam teilt die Menschen in Moslemsund Nicht-Moslems, zu denen ein Euro-päer automatisch gezählt wird. AlsChrist kann er noch eher akzeptiert wer-den als die völlig Gottlosen. Von vielenMenschen wird die Missionsaufgabe desMoslems offensichtlich so verstanden, dieUngläubigen verwirren zu müssen, zu-mindest verwirren zu dürfen. Wird einFremder hereingelegt, kann sich der Be-trüger immer des Beifalls seiner Lands-leute und Glaubensbrüder versichert wis-sen, niemals wird sich ein Fremder er-folgreich um Gerechtigkeit oder Ver-ständnis bemühen können.

Hinzu kommt der verständliche Neid, derden „reichen", heruntergekommenenMüßiggängern aus dem Westen entgegen-gebracht wird. Auch die oft anzutreffen-de Arroganz den Einheimischen gegen-über verhindert die Behandlung einesFremden als Ehrenmann. Nicht zuletztspielt der Erwerbsdruck in das Verhält-nis zwischen den Einheimischen undfremden Besuchern hinein, soviel Geldso schnell wie möglich, trotz der großenKonkurrenz, möglichst mit dem Unwis-sen des Fremden arbeitend.

HASCHISCH-HERSTELLUNGIN KLEINEN MENGEN ZUHAUSE

In der beschriebenen Art kann Harz vonder lebenden oder soeben geerntetenPflanze gerieben werden.

AUS HARZSTAUB:

In einem Pappkarton (Querschnitt ca.30 x 30 cm , 40 oder mehr cm lang) wirdder Boden mit Folie ausgekleidet und dar-über ein Gaze-Gewebe (Seide) als Sieb an-gebracht. Die optimale Siebstärke bestehtaus etwa 120 Mikronen, aber auch Siebezwischen 100 und 150 Mikronen sind okay.Die europäische Bezeichnung für das opti-male Sieb: Sieb 43T.

Damit man die frischen Pflanzenüber dem Sieb ausdreschen kann, muß dieKiste eine Öffnung haben, die groß genugist um die Hand mit den Blütenzweigenhindurchstecken und schütteln zu können,wobei die Drüsenköpfe abfallen sollen.Läßt sich mit welkem oder getrocknetemMaterial durchführen.

- Oder: Man reibt frische Pflanzenteileüber ein engmaschiges Gazematerial undkratzt nachher die anhaftende harzigeMasse von der Gaze.

Pressen unter Zugabe von etwas Feuchtig-keit und Wärme (beides in Form von Was-serdampf kombinierbar).

HASCHISCHPRODUKTION DURCHELEKTROSTATISCHE ENERGIE:

Einige getrocknete Blütentrauben werdenin eine Metalldose (Aluminium oderBlech, Keksdose etc.) gegeben und derDeckel fest verschlossen. Nun schütteltman kräftig etwa eine Minute lang. DerDeckel wird abgenommen und ein feinesPulver hat sich an den Wänden und amDeckel angelagert. Es sind dies Drüsen-köpfe, die sich durch das Schütteln elek-trostatisch aufgeladen haben und derOberfläche der Dose anhaften, währenddas restliche nicht geladene Pflanzen-material am Boden liegt. Funktioniertnicht mit Plastikbehältern.

Harzstaub dann mit Wasserdampf behan-deln und Pressen (von Hand oder als klei-ne Kugel in ein Taschentuch wringen).

In der Schweiz kursiert das Video SwissHemp, das eine recht ausführliche Anlei-tung dokumentiert; Wie mache ich aus hei-mischem Cannabis Haschisch? Die magi-sche Formel heißt "Sieben, sieben, sieben".Das hat nichts mit Zahlenmystik zu tun. AmEnde des Videos sieht man vier verschiede-ne Güteklassen, die zumindest optisch in-ternationalen Standard aufweisen.In der BRD dürfte der Vertrieb dieses Vi-deos als 'Anleitung zu einer strafbarenHandlung' ausgelegt werden. SchweizerLeserinnen dieses Buches können es z.B.im Dogon Shop, Ritterquai 2-4 in Solothurnerwerben.

RAUCHEN

Teilweise wird beim Rauchen THC zuCBN oxydiert (10% CBN laut SHOYAMAet al. 1969, bis 40% CBN nach PETCOFFet al. 1971). Die Zerstörung der meistenCannabinoide beginnt bei Temperaturenum 300° C.Selbst wenn gleichzeitig ein wenig CBDvon der Hitze zu THC cyclisiert wird, ge-langen nur etwa 40-50% des ursprünglichvorhandenen THC in die Lunge. Die Er-gebnisse schwanken in dieser Beziehungallerdings erheblich.

Die Umwandlung von Cannabinoidenwährend der Pyrolyse geht eindeutig zu-gunsten von CBN, dem bekannten Oxyda-tionsprodukt, das aus THC und auch ausCBD entsteht. CBD selbst scheint etwasstabiler als THC zu sein.Interessant in diesem Zusammenhang istauch die Überlegung, daß CBD eine ge-wisse Wirkung auf den Metabolismusder Leber ausübt und so vielleicht die Wir-kung des eigentlich psychoaktiven THCbeeinflußt.

Die Veränderung der Rauchsubstanz beimRauchen hängt von vielerlei Faktoren ab:Stärkeres Ziehen bedeutet höhere Tempe-ratur beim Rauchen, also mehr Zerstö-rung. Ein direktes starkes Inhalieren desRauches aus einer kurzen Pfeife läßt demRauch weniger Gelegenheit, vor dem Er-reichen der Lunge zu kondensieren, alsetwa das Rauchen einer Wasser- oderauch nur einer langstieligen Pfeife. Jedirekter der Rauch auf die Lungenbläs-chen gerät, desto weniger Materialnieder-schlag = Verlust ist zu verzeichnen.

KONDENSAT UND GESUNDHEIT

Haben die verdampften Cannabinoideselbst auch keine deutlich nachteiligenWrikungen auf den Organismus, so dür-fen wir doch nicht die anderen beteiligtenStoffe übersehen. Bei jeder Verbrennungvon Pflanzenmaterial werden Stoffe frei,die sich als stark gesundheitsschädlichund belastend erweisen. Gase wie das ge-fährliche Kohlenmonoxyd (= CO), staub-förmige Rauchpartikel und allerlei Dämpfeentstehen bei der vollständigen und nochmehr der teilweisen (= Schwelen) Ver-brennung. Alle diese Abbauprodukte undAbbauzwischenprodukte, Staubpartikelsowie ebenfalls anfallende Polymerisate(= unter besonderen Bedingungen zusam-mengesteckte Molekülketten) und auchder Niederschlag flüssiger Materialiensamt der Cannabinoide wird als Konden-sat bezeichnet (man kennt diesen Aus-druck aus der Kennzeichnung von Taba-ken).In diesem zähen schwärzlichen, übelstinkenden Substanzgemenge, wie wires in lange nicht gereinigten Pfeifen oderin Jointkippen finden, trifft man aufeinige sehr unangenehme Verbindungenund Stoffe, wie sie auch im Kondensatvon Tabak nachzuweisen sind, unterihnen etwa das Benzypren. Das Konden-sat (= Teer) von Marijuana, Haschisch,Haschöl oder sogar synthetischen THCmuß als unbedingt gesundheitsschädlichbezeichnet werden. Es hat sich eindeutigherausgestellt, daß dieser Teer krebsför-dernd, ja sogar krebserregend ist.

Dies gilt allerdings nicht für Cannabinoidean sich. Verantwortlich hierfür zeichnendie bei der Pyrolyse entstandenen neuenVerbindungen. Würde man THC-Dämpfeohne gleichzeitige Verbrennung erzeugenund inhalieren, wäre das Risiko derTeerbelastung zu umgehen.

Bei der Verwendung von Filtern (aus ge-rollter Pappe, Zigarettenfilter oder Filte-rung durch Wasser = Wasserpfeife) kannein Teil dieser schädlichen Substanzen(besonders die Staubpartikel) vor demEintritt in die Lunge zurückgehalten wer-den. Gleichzeitig geht selbstverständlichauch mehr des THC verloren.

Möglichst wenig des wertvollen THC sollverloren gehen,

Auch wird beim Cannabisrauchen meistviel tiefer inhaliert als beim Raucheneiner Zigarette.

Im Rauchen finden wir das Prinzip derDestillation wieder: eine Hitzequelle(= Glut des Joints, Glut in der Pfeife,glühende Holzkohle in einer großen Was-serpfeife, Glut eines angerauchten purenStücks Haschisch oder Feuer beim An-rauchen oder Purrauchen) verdampft diein ihrer Nähe vorhandenen Cannabinoide(Temperatur 200-300°C). Diese Dämpfewerden mitsamt dem gleichzeitig durchVerbrennung von Pflanzenmaterial an derGlut entstehenden Rauch inhaliert undschlagen sich aufgrund von Abkühlungauf den Lungenbläschen als feinste Tröpf-chen nieder. Dort werden die Cannabinoi-de an das sauerstoffhaltige (= arterielle)Blut gebunden und von diesem durch denKörper transportiert. Da beim Rauchendurch das Saugen ein gewisser Unter-druck erzeugt wird, könnte man voneiner Vakuumdestillation sprechen.

Aber die Cannabinoid-Dämpfe wartennicht, bis sie in der Lunge sind, um sicherst dann niederzuschlagen. Auf dem ge-samten Weg von der Verdampfungszone

bis zur Lunge findet eine gewisse Kon-densation statt, was man an einem ver-färbten Filter oder mit der Zeit ver-dreckten Pfeifenteilen unschwer fest-,stellen kann.

Nicht nur diese Cannabinoide sind fürden Konsumenten verloren. Ein Großteildes wirksamen THC wird bei der Pyro-lyse (= Auflösung eines Materials durchGlut- oder Feuereinwirkung) zu CBNoder anderen unwirksamen, zum Teilnoch nicht identifizierten Cannabinoidenumgewandelt oder gar von der Glut ver-brannt. Der Verlust an delta-9-THC hängtsehr stark von der Rauchtechnik und demRauchgerät ab. Entsprechend unterschied-liche Ergebnisse haben die verschiedenenVersuche ergeben.

Die Carbon-Säuren der Cannabinoide wer-den durch die Hitzeeinwirkung beim Rau-chen zu den entsprechenden neutralenVerbindungen decarboxyliert (CBDS zuCBD, THCS zu THC etc. bei Temperatu-ren von 100 bis 200°C).CBD oder CBDS werden wenn überhaupt,nur in sehr geringem Maße zu delta-9-THCcyclisiert.

Beim Rauchen fallen drei verschiedenar-tige Rückstände an:1. Asche aus der Verbrennung2. halbverbrannte meist verkohlte Mate-

rialreste3. Kondensat (= Teer) in der Pfeife bzw.

im Stummel oder Filter des Joints.

Verkohlte Reste und Kondensat könnenim Gegensatz zur Asche eindeutig als vonCannabis stammend identifiziert und alsBeweismittel verwendet werden.

Beim Rauchen eines Joints sammelt sichin Filternähe immer mehr Kondensat an,sodaß die letzten Züge sowohl in Hinsichtauf ihren Wirkstoffgehalt als auch aufihre Gesundheitsschädlichkeit als die po-tentesten bezeichnet werden dürfen.Manche Raucher von Grass (als Pur-Joint) werfen daher ihre Kippen nichtweg, sondern verwahren sie als THC-reiches Rauchmaterial, übelschmeckendund belastend aber wirksam.

RESORPTION

Cannabinoide werden entweder über dieSchleimhäute der Lunge (= Lungenbläs-chen) oder die Magen/Darmschleimhäuteaufgenommen. Beim Rauchen konden-siert das verdampfte THC direkt als feinerTröpfchenniederschlag auf den Lungen-bläschen. Von der Lungenschleimhautaus werden die Stoffe von den mit fri-schem Sauerstoff beladenen Blutkörper-chen (= arterieller Kreislauf) in den Kör-per transportiert.

Entsprechendes geschieht mit den beiTierversuchen intravenös injezierten Can-nabinoiden. Mit dem venösen (= CO2-an-gereicherten) Blut gelangen sie direktnach der Injektion in das Lungengewebe,wo sie nach dem Gasabtausch ihrer Blut-körperchen ebenfalls in den arteriellenKreislauf übernommen werden.

Rauchen wirkt am schnellsten, oraleAufnahme am langsamsten, lnjektionen(nur im Labor üblich) nehmen eine Mit-telstellung ein.

Wirksame Dosis: 2mgTHC beim Rauchen,10 mg beim Essen.

Haschisch erhitzen und krümeln. Mit Tabak mi-schen. Rollen.

METABOLITEN

Als fettliebende Substanzen halten sichdie Cannabinoide nicht allzulange im Blutauf sondern reichern sich in bestimmtenOrganen an. 30 Minuten nach Eintritt inden Blutkreislauf ließen sich bei Affen diehöchste Konzentration in der Galle, ge-folgt von der Leber und schließlich in derNebenniere nachweisen.

Überall im Körper, vorwiegend (wahr-scheinlich) jedoch in der Leber findet

eine Umwandlung der aufgenommenenCannabinoide in mehr wasserlösliche For-men statt , welche man als Metaboliten be-zeichnet. Von allen wichtigen Cannabi-noiden sind meist mehrere Metabolitenbekannt. Wie auch bei ihren Ausgangs-stoffen sind nur wenige Metaboliten psy-choaktiv.Nur ein Bruchteil der Substanzen (Canna-binoide und Metaboliten erreichen tat-sächlich das Gehirn. (L 12). Ihre Wir-kungsweise dort ist noch unbekannt, esgibt Vermutungen über ein noch nichtnachgewiesenes Rezeptorensystem, wieman es im Falle von Opiaten etwa bereitsentdeckt hat. Andere meinen, daß eineBeeinflussung des Verhaltens der Neuro-transmitter (= Schaltstoffe zwischen Ner-venzellen) für die typische Cannabiswir-kung verantwortlich ist.

Entstehung der Metaboliten

Wenn auch %-Zahlen und Zeitachse nochnicht eindeutig klar sind, steht doch dieprinzipielle Umwandlung der ursprüng-lichen Cannabinoide in ihre Metabolitenfest:

Das Cannabinoid wird zuerst zu einemAlkohol oxydiert (Allylumlagerung ander Seitenkette); weitere Oxydation führtzur Entstehung von Säuren, die über einezusätzliche Hydroxyl-Gruppe an verschie-denen Positionen des Moleküls verfügenkönnen.

Bei der Ausscheidung liegen die ursprüng-lich lipophilen Cannabinoide in einer was-serlöslichen Form vor.

Verteilung von THC und Metabolitenin den Organen des Körpers

Da man bekiffte Menschen nicht ausForschungsdrang zerschneiden und dieTHC-Konzentrationen in ihren Organenuntersuchen kann, bleiben wir auf Schät-zungen angewiesen, die sich an den beiTierversuchen gefundenen Ergebnissenorientieren.

Leber: Konzentration 1Herz: ein Zehntel bei THC, ein Drittel bis

fast gleich bei manchen Meta-boliten

Lunge: wie Herz

Die Ausscheidung der Cannabinoide, ihrerinzwischen gebildeten Metaboliten undAbbauprodukte findet überwiegend mitdem Kot statt, ein Teil (15-20% L 10) ver-läßt den Körper mit dem Urin. Nach 6Stunden waren in Affenversuchen etwa80-90% ausgeschieden, der Rest wird al-_lerdings sehr langsam den Körper verlas-sen, noch nach Tagen lassen sich Spurennachweisen. Mit der Gallenflüssigkeit aus-geschiedene Cannabinoide werden teil-weise erneut im Darm resorbiert.

KONSUMFORMEN

Cannabis wird vorwiegend geraucht odergegessen.

Konsumierte Mengen

Hier bereits befinden wir uns arg im Be-reich der Spekulation. Wie auch beim Zi-garettenrauchen sind die Unterschiedezwischen den einzelnen Konsumenten er-heblich. Gelegenheitsraucher reichen miteinem Gramm durchschnittlichen Ha-schischs über wenigstens eine Woche hin,wer täglich zwei- dreimal raucht kommtzwei Tage mit einem Gramm aus. StarkeRaucher verbrauchen vielleicht ein Grammtäglich, in Dritte-Welt-Ländern kann manaus dem Westen zugereiste

antreffen, die von sich behaup-ten, 5 bis 10 Gramm täglich zu konsumie-ren.

Für hiesige Verhältnisse kann man wohldavon ausgehen, daß durchschnittlichnicht mehr als 0,5 bis 1 Gramm mittleresHaschisch pro Person und Tag verrauchtwird. Wenn größere Mengen doch rascherschwinden, muß bedacht werden, daß oftweitere Personen mitrauchen.

RAUCHEN: Meist wird Cannabis inirgendeiner Form geraucht.

Auch geht durchVerbrennungsprozesse beim Rauchenetwa die Hälfte der ursprünglich vorhan-denen THC-Menge verloren.Die zweifellos sparsamste und unschäd-lichste Art der THC-Aufnahme wäre dasEinatmen der Dämpfe. Durch mittlere

Hitze (ca. 250°C) werden die Cannabi-noide und damit auch das wirksame THCverdampft. Dieser Dampf kann eingeat-met werden und schlägt sich auf den Lun-genbläschen nieder. Keine Verluste durchVerbrennen, keine Belastung durch Rauch.

DIE WASSERPFEIFE

Zum Thema Wasserpfeife zwei Beiträge:Der erste ebenfalls von C.Hartwich in sei-nem eben erwähnten Buch, der zweite übereine ganz aktuelle Studie, die 1994 durchge-führt wird. Geht es im ersten Beitrag überden globalen Gebrauch der Wasserpfeife,so geht es im zweiten um die Entwicklungeiner modernen Pfeife mit optimaler Lei-stung bei minimaler Schadstoffaufnahme.

„Es dürfte wohl nicht zweifelhaft sein, daß,als der Tabak nach Persien kam, dort dieWasserpfeife schon benutzt wurde undzwar zum Rauchen von Hanf und daß mansie nun auch für den Tabak in Gebrauchnahm und daß die Tabakpfeife, der Tschi-bugh, jünger ist. Daß der letztere neben derWasserpfeife seinen Platz eroberte, nimmtnicht Wunder, ist er doch viel handlicherund bequemer. Die Trennung beider Pfeifennach dem Rauchmaterial können wir heutenoch mehrfach konstatieren, besonders inAfrika, nämlich, daß die Wasserpfeife zumHanfrauchen und eine einfache aus Kopfund Rohr bestehende Pfeife zum Tabakrau-chen dient.Offenbar stellen die bei Neander abgebilde-ten Pfeifen, die als Wasserbehälter einschön geformtes Glasgefäß haben, nichteinmal besondes alte Formen der Ha-schischpfeife dar, darauf scheint mir der inPersien neben Gha l ian , G a l y o u n usw.vorkommende Name Narghi l , Narghi -Ie und N a r d s c h i l zu deuten, der sich inVorderasien und der Türkei und auch sonstfindet und der uns am meisten geläufig ist.Dieser Name dürfte in engem Zusammen-hang stehen mit N a r i g i l, N a r i d j i l, derarabisierten Bezeichnung für die Kokosnuß,entstanden aus dem Sanskritwort ,Nar i -kela' , dessen Bedeutung nicht bekanntist. Ob die Bezeichnung der Pfeife von derKokosnuß abgeleitet ist, weiß ich nicht, esist mir das aber sehr wahrscheinlich, weilman noch heutigen Tages die Schale derKokosnuß vielfach als Wassergefäß für diePfeife benutzt. Ich besitze solche Pfeifen

aus Ägypten, sie werden aber auch ander-weitig benutzt. Sie sind viel einfacher als dievon Neander abgebildeten und wohl älter.Ein gerader Aufsatz auf die Schale der Nußdient zur Aufnahme des Kopfes, durch einezweite schiefe Bohrung wird ein Rohr vonArundo Donax gesteckt, mit dem manden Rauch aufsaugt.Hanfrauchen und Wasserpfeife gehören ur-sprünglich zusammen und haben sich weitverbreitet, aber nicht gleichmäßig, das er-stere ist in Asien meines Wissens im we-sentlichen auf die Muhamedaner be-schränkt geblieben und hat fast ganz Afrikaalso auch die Neger erobert, wobei offenbardie Araber auf ihren Kriegs- und Handelszü-gen die Verbreiter gewesen sind. Man kannsagen, wo Hanf geraucht wird, findet sichauch die Wasserpfeife, wenn schon er jetztnicht ausschließlich aus dieser gerauchtwird und andererseits die Wasserpfeifeauch zum Tabakrauchen verwendet wird.Sie selbst hat das Gebiet des Hanfrauchensüberschritten und ist in etwas veränderterund mehr handlicher Form z. B. in China hei-misch geworden. Sonst ist sie ein recht un-bequemes Instrument geblieben mit demziemlich großen Wassergefäß und den bei-den starren Röhren, das eine zum Auf-stecken des Kopfes, das andere zum Auf-saugen des Rauches, wenn schon das letz-tere häufig durch einen biegsamenSchlauch aus Leder und Draht ersetzt wird,z. B. in der asiatischen und europäischenTürkei und in Indien. Das ist auch die Form,in der wir die Narghile zuweilen bei unssehen. Wo ein Glas- oder Tongefäß zur Auf-nahme des Wassers nicht zur Verfügungsteht, weiß man sich anders zu helfen unddamit ist dann häufig, besonders in Afrikaeine wesentliche Vereinfachung der Pfeifeverbunden, insofern Wassergefäß undSaugrohr zusammenfallen. So nimmt mangern einen Kürbis mit langem, stielartigenFortsatz (in Afrika z. B. bei den Wanyamesi,im Steppengebiet von Deutsch-Ostafrika,auf Madagaskar bei den Sakafaven, in Nubi-en), in den angeschwollenen Teil wird danndurch ein eingeschnittenes Loch Wassergefüllt und zugleich das Rohr mit dem Kopf

eingesetzt, während man aus dem langenFortsatz den Rauch aufsaugt. Eine offenbarähnliche Pfeife, bei der aber das Gefäß undSaugrohr aus Elfenbein besteht, bildet Rat-zel ab. In Südafrika verwendet man an Stel-le des Kürbis ein Antilopenhorn, welcheszum Teil mit Wasser gefüllt an der Seite einLoch hat, welches das Rohr mit Kopf auf-nimmt, während der Rauch an dem weiten,unteren Ende des Hornes aufgesogen wird.Es gehören offenbar die dicken Lippeneines Negers dazu, um den erforderlichenluftdichten Verschluß herzustellen.Sehr einfachen Formen begegnen wir auchin Asien z. B. auf Ceylon bei den Kanikar, inHinterindien bei den Lawas und in Assam.Das Wassergefäß besteht aus einem untenmit einem Knoten verschlossenen und obenoffenen Stück Bambus. In der Nähe des un-teren Endes ist ein Loch eingebohrt, wel-ches das Rohr mit dem Kopf, zuweilen eineaus einem Blatt zusammengedrehte Düte,aufnimmt. In das Bambusrohr wird Wassereingefüllt und der Rauch dann am oberenoffenen Ende aufgesogen, wobei der Armmit zum Verschluß herangezogen wird.Noch einfacher gestaltet sich die Pfeifeebenfalls bei den Kanikar auf Ceylon, wodas Rohr nur locker in das Bambusrohr hin-eingestellt wird. - Neben solchen Wasser-pfeifen, von welchen mehrfach bezeugtwird, daß sie zum Hanfrauchen dienen, fin-den sich einfache Tabakpfeifen, so bei denLawas in Hinterindien, in Deutsch-Ostafrikaund bei den Wanyamesi. Zeigt Afrika, wiesoeben angeführt, sehr einfache Formender Wasserpfeife, so stoßen wir anderer-seits dort auch auf die am kompliziertestenkonstruierten Köpfe zur Waserpfeife. AusUganda (Ostafrika) sah ich im Berliner Mu-seum für Völkerkunde eine ganze Reihe sol-cher zierlichen Köpfe aus schwarzem Tonmit weißen Ornamenten, die aus dreiStücken bestehen: das kurze, etwa 4 cmlange Rohr ist mit einem ringsumlaufendenleistenförmigen Wulst versehen, auf dender eigentliche Behälter für den Hanf resp.Tabak aufgesetzt wird, der aus einem nachunten sich verengernden kegelförmigenRing besteht, der im Innern ungefähr in hal-

ber Höhe eine lose eingelegte durchlöcher-te Scheibe hat. Um dem Ganzen noch mehrHalt zu geben, ragt aus dem Rohr ein Dornempor, der durch das mittelste Loch derScheibe geht.Zu erwähnen ist endlich noch die dem Gha-lian und der Nargileh entsprechende indi-sche Huka, die sich durch eine besondersreiche Gestaltung des Wassergefäßes aus-zeichnet. Damit sind die mir bekannt gewor-denen Varianten der Wasserpfeife, soweitsie zum Hanfrauchen dienen, aufgezählt,Ein besonders einfaches Instrument zu demselben Zweck, das aus einem dünnen,spannenlangen Rohr besteht, welches derLänge nach durchbohrt und an einem Endeetwas ausgehöhlt ist, um eine Pille des har-zigen Hanfsekretes aufzunehmen, habe ichschon erwähnt

VORZÜGE DERWASSERPFEIFE IM TEST

Wasserfilter und ihre Verwendung beim Ta-bakrauchen sind bereits seit längerem Ge-genstand von Forschungen. Bei Versuchenmit Marihuana-Rauch ergab sich, daß Tabakund Marihuana - abgesehen von ihren je-weiligen Wirksubstanzen (Nikotin bzw.Cannabinoide) - viele gemeinsame Bestand-teile und Eigenschaften haben. Die beimTabak-Rauch gewonnenen Erkenntnisselassen sich zum großen Teil auch auf denMarihuana-Rauch übertragen.Ende der 70er führte eine Medizinergruppßder Universität Athen chemische und phar-makologische Versuchsreihen mit Marihua-na- und Tabak-Rauch durch (Quellen 1-4).Die Wissenschaftler untersuchten durchWasserpfeifen gefilterten Rauch sowiederen Wasser, welches sowohl lösliche wieunlösliche Bestandteile aufwies. Chemi-sche Untersuchungen ergaben eine Vielzahlvon Bestandteilen im Rauch und im Was-ser, wie es bei der Verbrennung von pflanz-lichen Materialien zu erwarten ist. Das Was-ser hielt geringe Mengen THC und anderepsychoaktive Wirkstoffe zurück, derHauptanteil des im Marihuana enthaltenen

THC jedoch verließ die Pfeife unverändert.Pharmakologische Tests mit Mäusen zeig-ten daß einige der im Wasser verbliebenenMarihuana- Rückstände Katatonie hervorrie-fen und die spontane Motorik herabsetzten.Dagegen hatte der wassergefilterte Rauchkeinen Einfluß auf Spontanmotorik und er-zeugte keine Katatonie, obwohl er einenhöheren THC-Gehalt aufwies. Die Ergebnis-se legen nahe, daß durch Wasserfilter meh-rere verhaltensaktive Stoffe zurückgehal-ten, andere Wirkstoffe aber weitergegebenwerden; dies könnte beim Vergleich dertherapeutischen Effekte von ungefiltertemund wassergefiltertem Marihuana-Rauchwichtig sein.Wie Analysen ergaben, verringern Wasser-filter im Rauch, der sie durchläuft, den Wirk-stoff-Anteil und die Quantität toxischer Sub-stanzen. In einer Studie von Hoffman u.a.(1963, Quelle 5) wurden mit einer Wasser-pfeife 90% der Phenole und 50% der Wirk-stoffe und Benzpyrene von Tabak-Rauchausgefiltert. Bei einem anderen Versuch(Quelle 6) wurden Bestandteile wassergefil-terten Tabak-Rauchs auf die Haut von Mäu-sen gestrichen. Es waren kaum Zellverän-derungen und keine Zerstörung vonTalgdrüsen zu beobachten. (Das Aufbringenvon Substanzen auf Mäusehaut ist ein klas-sischer Test, um deren krebserregende Wir-kung festzustellen; die Ausbildung von Hy-perplasie - abnormen Zellveränderungen -bedeutet höchste Alarmstufe.) Dagegenzeigte sich mit nicht wassergefiltertemTabak-Kondensat starke Hyperplasie undeine totale Zerstörung der Talgdrüsen beimAuftragen auf Mäusehaut in gleicher Kon-zentration. Ebenfalls mit dem Mäusehaut-Test bewiesen Salem und Sami (Quelle 7),daß der wassergefilterte Tabak-Rauch, ver-glichen mit dem verbliebenen Wasser, we-sentlich weniger krebserregend ist.

Tatsächlich wurden mit Dünnschicht-Chro-matographie im Filterwasser zwei krebser-regende Agentien gefunden, im gefiltertenRauch nur eines. Wasserfiltration eliminiertalso zumindest ein Karzinogen, das sich nor-malerweise im Rauch befindet.Dr. Gary Huber (Uni Texas) hat kürzlich mit

Kollegen der Harvard School of PublicHealth eine Studie zur Zell-Giftigkeit vonTabak- und Marihuana-Rauch erstellt (Quel-le 8). Für die alveolen Makrophagen giftigeAkroleine und Acet-Aldehyde werden ,sofand die Forschergruppe, aus beiden Rauch-Arten durch Wasser und sogar durch was-serhaltige Oberflächen (vergleichbar mitdem Gewebe der menschlichen Kehle) sehreffektiv zurückgehalten. Alveole Makropha-gen sind die wichtigsten Abwehrzellen inder Lunge und eine Hauptkomponente un-seres Abwehrsystems. Setzte man Makro-phagen einem nicht wassergefiltertenRauch aus, nahm ihre Fähigkeit, Bakterienauszuschalten, rapide ab. War der Rauchgefiltert, gab es keine Reduktion der bakte-riziden Fähigkeiten. Marihuana-Rauch,durch eine genügende Menge Wasser fil-triert, hat weniger Einfluß auf das Im-munsystem als nicht gefilterter. Diese ver-blüffende Erkenntnis könnte besonderswichtig bei der Behandlung von Patientenmit AIDS-Syndromen sein.Die Testergebnisse aus den Labors bestäti-gen Studien an tabak-rauchenden Men-schen. Tabak-Raucher, die Wasserpfeiferauchen, haben epidemiologisch nachweis-bar eine wesentlich geringeres Krebsrisikoals solche, die Zigaretten, 'normale' Pfeifenoder Zigarren rauchen (Quellen 6,7,9,10).Allgemein zeigt sich, daß Wasser-Filtrationzur effektiven Ausfällung von toxischen An-teilen im Marihuana-Rauch dienen kann,während der THC-Anteil nahezu unverän-dert bleibt. Die Wirksamkeit der Gift-Ausfäl-lung hängt von der Kontaktfläche desRauchs mit dem Wasser ab, Speziell kon-struierte Wasserpfeifen mit Trennfiltern undGasdispersions-Sieben könnten in dieserHinsicht besonders wirksam sein; die Gas-dispersions-Siebe sorgen dafür, den Rauchin sehr kleine Blasen aufzuspalten, derenOberflächen einen besseren Kontakt mitdem Filterwasser herstellen. Einzelperso-nen haben sehr verschiedene Rauch-Tech-niken, Dosierungs-Gewohnheiten, differie-rende Gesundheitszustände u.s.w.. Daherscheint es, daß für viele Patienten der Ge-brauch von Wasserpfeifen zum THC-Genußvorteilhaft ist.

ZUM ESSEN MIT HANF

Mit Haschisch oder Marijuanalassen sich allerlei Speisen würzen oderzubereiten. Man kennt die beliebten Ha-schischkekse oder -Kuchen, manche Lieb-haber haben sich bestimmt schon an denüberlieferten Rezepten zur Bereitung vondope-haltigen Süßigkeiten versucht (be-sonders marokkanische Spezialitäten).Der Phantasie sind und waren noch nieGrenzen gesetzt.

Möchte man frisches Grass verwendenmuß bedacht werden daß einerseits dieWirkstoffe noch größtenteils in ihrerunwirksamen Säureform (= THC-Säurestatt THC) vorliegen und andererseits dieschwer verdaulichen, spitzen, harten Zy-stolithenhaare einige Schwierigkeiten be-reiten können.

Eine kurzzeitige Erwärmung des frischenMarijuana auf 120°C im Backofen wan-delt die Säuren in ihre neutralen (wirk-samen) Entsprechungen um. Man heiztden Backofen auf 180°C, hält das Grassfür ein paar Augenblicke hinein undschmilzt damit die Spitzen der Zysto-lithenhärchen stumpf, sodaß man dasGrass nun unbedenklich essen kann.

Die beschriebenen Prozeduren entfallen,wenn man ohnehin die Cannabis-gewürz-te Speise kochen oder backen will.

Die Wirkung von gegessenem Cannabissetzt langsamer ein und verteilt sichüber einen größeren Zeitraum. Die In-tensität des Rausches entspricht etwaeinem Drittel bis einem Fünftel dersel-ben gerauchten Mengen.

Werden Cannabinoide gegessen (z.B. Ku-chen, Tee oder pur) gelangen sie über dieSchleimhäute von Magen und Darm inden venösen Blutkreislauf, dann über dieLunge in den arteriellen Kreislauf und mitihm werden sie im Körper verteilt. Can-nabinoide zählen zu den fettliebenden(= lipophilen) Substanzen, sie könnensich nicht in Wasser lösen. Für eine Re-

sorption (= Aufnahme) ist daher derdirekte Kontakt mit dem Gewebe derSchleimhaut erforderlich. Das oral auf-genommene (= gegessene oder getrun-kene) THC wird niemals in seiner Ge-samtheit gleichzeitig von den Schleimhäu-ten aufgenommen werden können, dieResorption erstreckt sich über einen um-so längeren Zeitraum, je mehr sonstigeStoffe (Nahrung) sich ebenfalls im Ver-dauungsapparat befindet. Die Wirkungverteilt sich daher über einen größerenZeitraum, setzt langsamer ein und er-reicht nie die gleiche Intensität der glei-chen gerauchten Menge.

ABER STIMMT DAS AUCH?

Ein aufmerksamer Leser schrieb uns:"Das bei Ihnen erschienene „definitive deut-sche Hanf Handbuch" ist mir bekannt. BeimÜberblattern fiel mir auf, daß in Ihrer Veröf-fentlichung zum Essen von Cannabis sinn-gemäß geschrieben wird, daß der Phantasiebeim Zubereiten von Cannabismahlzeitenkeine Grenzen gesetzt seien, außerdem seider Rausch durch Cannabismahlzeiten nurein Drittel bis ein Fünftel so stark als durchdas Rauchen. Dies steht im Gegensatz zuder Aussage des Buches „The art andscience of cooking with cannabis", vonAdam Gottlieb (Twentieth Century Alche-mist, P.O. Box 3684, Mannhatten Beach,CA 90266). Der Autor sieht eine Abhängig-keit der THC-Ausbeute in den Rezeptzuta-ten (Fett, Alkohol). Die Rauschwirkungdurch das Essen von Hasch ist nach AdamGottlieb halluzinogener einzustufen und kei-neswegs schwächer, was auch eine Gefahrbirgt, da der Raucher aufhören kann,während das gegessene Hasch mit einerZeitverzögerung zu wirken beginnt. Aus ei-gener Erfahrung kann ich leider nichts zudiesem Vergleich sagen." Leider weiß ichnicht mehr, von wem dieser Brief kam, aberich habe mich daraufhin kundig gemacht.Hier das Ergebnis meiner Recherche, dazunoch Hartwichs Aufzähung traditionellerEinsätze des Hanfs in der internationalenKüche.

HASCHISCHALS KÜCHENWÜRZE

Es bestehen keine Zweifel, daß es gesün-der ist, Haschisch zu essen als zu rauchen.Der Nachteil: man hat kaum einen Überblicküber die Dosierung, es sei denn, man ist einfleißiger Hobbykoch und hat viele Selbstver-suche hinter sich.

Als warnendes Beispiel möchte ich an jenesEreignis erwähnen, daß im Mai 1980 sogarin der internationalen Presse die Rundemachte. Ich lebte damals in England undfand einen drei-Spalter in der renommiertenZeitung The Guardian. Titel: Police Picnicgoes to pot. Polizisten des Drogendezerna-tes Frankfurt hatten bei einer Razzia ein paarHandvoll Haschisch eingesäckelt. Einesjener Cleverle hatte für den jährlichen Be-triebsausflug Hasch-Kekse gebacken.Heimlich, wie er zugab. Und da er den An-gaben aus einem dieser obskuren Ha-schischkochbüchern nicht traute, verdop-pelte er die Hanfzugabe. Die nichts ahnen-den Kollegen (?) mampften die Kekse, tran-ken Bier & Wein und nach einiger Zeitwurde ihnen ganz anders. Zwei von ihnenkollabierten und wurden in kritischem Zu-stand in eine Klinik eingeliefert....Leiderhabe ich nie wieder von ihnen gehört.

Also, absolute Vorsicht ist angesagt, wennman mit Haschisch kocht. Beim Rauchenmerkt man, wenn man die Hucke voll hat.Wenn man das bei Haschtee oder Keksenetc merkt, kann es schon zu spät. Ich erin-nere mich gut an jenen überdosierten Tee,der mich so durstig machte, daß ich viel trin-ken wollte, aber nicht konnte: selbst Was-ser erschien mir nicht flüssig genug zumschlucken.

Im Laufe der Jahre tauchten regelmäßig Ha-schisch-Kochbücher auf, wobei mir beimDurchblättern derselben immer das Grau-sen kam. Eines davon wurde offensichtlichals reine Verarschung geschrieben unddann vielfach als ernstgemeint zitiert.

Hände weg davon. Erfreulich korrekt er-scheint mir eine kopierte Publikation von FBmit dem Titel Die Kunst und Wissenschaftdes Kochens mit Cannabis. Hier findet manauf 32 Seiten Hintergründe und Kochrezep-te die Sinn machen. Da in dieser Publikationkein Impressum angegeben ist, kann ich lei-der keine Bezugsquelle nennen. Schade.

Die psychoaktive Wirkung von gegessenemHaschisch setzt nach einer halben bisganzen Stunde ein. Die Wirkung kann vierbis acht Stunden dauern. Das High ist an-ders als beim Rauchen, da dabei einigeWirkstoffe zerstört werden. Auf Grund derhäufiger aufkommenden Halluzinationensollten Haschischesser auf keinen Fall Autofahren.

THC, die psychoaktive Substanz im Hanf istnicht wasserlöslich, kann deshalb auchnicht gefixt werden. Wohl aber ist es fett-löslich, und darauf baut die Haschischkücheauf. In traditionellen Kulturen wird Ha-schisch oft in Butter, oder in Asien in Ghee,geklärter Butter, gekocht, bevor es andernGerichten beigefügt wird. Man kann Ha-schisch auch in Milch kochen, das Milchfettlöst THC mundgerecht auf.

Die Potenz des Cannabis, bzw des darinenthaltenen THC, wird beim Kochen nur ge-ringfügig gemindert. Da geht beim Rauchenvergleichsweise viel mehr in nicht inhalier-ten Rauch auf. Die Aufbereitung in heißemÖl schützt das THC vor der Oxidation.wahrend die Hitze die THC-Säuren in akti-ves THC umwandelt.

Jeder Hanfkonsument kennt die munchies,das Verlangen nach etwas zu knabbern,meist nach Süßem. Dieses Verlangen kannbei oral eingenommenem Haschisch nochweitaus gieriger einsetzen. Ja, in dem er-wähnten Heft ist gar von einer Umwand-lung in einen 'gastronomischen Nympho-manen' die Rede. Dort wird auch behaup-tet, daß bei einer zu hohen Dosierung eingutes Mahl oder ein Löffel Honig in warmenWasser wirkungsmindert wirkt, der abgeho-

bene Konsument dem Erdboden wiedernäher kommt. Bei sensiblen Verdauungs-trakten kann es auch vorkommen, daß derKonsument kotzen muß, wenn eine gewis-se Dosierung erreicht ist. Der Magen wei-gert sich schlichtweg, ein Zuviel zu verdau-en. Ich werde keine Rezepte abdrucken,möchte aber gerne eine Seite aus der er-wähnten Broschüre zitieren:

Das Herstellen von Grundmaterialienfür CannabisrezepteCannabisbutter ist nützlich für die Herstel-lung von schnellwirkenden und potentenCannabisrezepten. Lasse ein Pfund Butterin einer sauberen Bratpfanne schmelzenund gebe 50-60 Gramm fein zerriebenesMarijuana hinzu. So lange erhitzen, bis dieButter die grünliche Farbe der Pflanze an-nimmt, ohne daß das Gemisch überhitztwird. Anschließend dieses Hanffett durchein Sieb oder besser noch durch ein feinesLeinentuch sieben. Die Pflanzenreste aus-pressen. Die pflanzlichen Reste lassen sichanschließend noch in Milch aufkochen, die,mit Honig versetzt, ein angenehmes Ge-tränk ergibt. Hanfrecycling.

Das Cannabisfett schüttet man in einBehältnis, daß man zugedeckt im Kühl-schrank oder Gefrierfach einige Monate auf-bewahren kann, ohne daß die Cannabisbut-ter ranzig wird. Eine Oxidation des THC imFett wird verhindert, wenn man die wiederfest gewordene Butter mit einer Wasser-schicht bedeckt. Diese Cannabisbutter läßtsich durch Zugabe von Haschischbröselnnoch in ihrer Wirkung verstärken, so mandie Brösel in dem Fett nochmals erhitzt undauflöst. Diese Cannabisbutter kann mannun als Zutat zu Gerichten eigener Wahl ver-wenden, man durch Eigenversuche die Do-sierung erkundet hat.

Aber Vorsicht: die Wirkung kann überwälti-gend sein. Auf keinen Fall einem Unkundi-gen verantwortungslos entsprechend auf-bereitete Nahrungsmittel unterjubeln! RoteKarte!

ETHNO-FOOD

Wie wird in anderen Kulturen Cannabis alspsychoaktives Gewürz verwendet? HerrHartwich klärte in seinem Werk Diemenschlichen Genußmittel im Jahre 1911schon unsere Großeltern auf:

„Die zum direkten Genuß benutzten Präpa-rate sind noch viel mannigfaltiger. In Persienwerden die Blätter mit Milch gekocht unddiese dann getrunken, in Indien setzt maneinem solchen Auszug Pfeffer zu. In Kairosoll man unter dem Namen , C h a s t r y 'einen alkoholischen Auszug verwenden,eines solchen soll sich auch der Scheich alDschebel bedient haben. Sehr vielfach (inIndien, Ägypten, Persien) kocht man die be-treffenden Teile der Pflanze mit Wasseraus, dem man etwas Butter oder seltenerÖl zugesetzt hat. Man kocht bis zur völligenVerdampfung des Wassers und verarbeitetdann die Butter, die die wirksamen Be-standteile aufgenommen hat, weiter, dasie nicht angenehm riecht, setzt man ihrRosenöl oder Jasminöl zu. Diese Butterscheint ganz allgemein die Grundlage wei-terer Präparate zu sein, in Indien setzt manihr aromatische Stoffe: Pfeffer, Gewürz-nelken, Zimmt, Cardamomen, Moschuszu, solche Präparate heißen in Kalkutta undAlgerien , M a d j u n ', in Kairo , M a p u -char i ' , in Arabien und in der Türkei ,Da-wamesch ' . Unter dem letzteren Namengeht auch eine Latwerge, der man süß-schmeckende Stoffe zugesetzt hat: Zucker,Pistazien, Mandeln, Feigen, Datteln, Honig.,Es ra r ' (das Geheimnis) besteht aus klei-nen Pastillen, die aus dem Harz der Pflanzemit Tragant gemacht sind. In Syrien setztman Mast ix, das im Orient zur Verbesse-rung des Athems und des Zahnfleisches vielgekaute Harz der P i s t ac i a Len t i scusL., zu, in Ägypten, Marokko und anderwärtsCanthariden, offenbar, um die besondersangestrebte geschlechtliche Reizwirkung zuerhöhen. Mehrfach wird erwähnt, daß manin Indien als Zusatz die stark giftigenKrähenaugen (Samen von S t r y c h n o s

nux vomica L.) verwendet. Vermutlichbeseitigt das Strychnin gewisse, nicht er-wünschte Wirkungen des Hanfes, da ande-rerseits Hanf als Gegengift gegen Strychningilt Es besteht anscheinend zwischen derWirkung beider ein Antagonismus. Mir liegtferner aus Ägypten ein zierlich geformtesKonfekt vor, das aus weißen und rotenZuckereiern besteht, die mit dem Extraktgefüllt sind. Ein oder zwei davon nach derMahlzeit genommen, sollen einen angeneh-men Rausch erzeugen. Aus älterer Zeit er-wähnt Landerer als von Kairo nach Athenexportiert folgende Formen:,Ntaba m i s k ' , eine gewürzhafte süßeLatwerge,,Mpouchari', von salbenähnlicher Konsi-stenz, von gelbgrüner Farbe und von süßemGeschmack,,Mourapa gkesu ' , eine süße, gewürz-haft schmeckende, braune Latwerge,.Chinty', fester Zucker mit Haschisch-extrakt, ähnlich den soeben erwähntenZuckereiern.

Die Angaben über die Dosen, die man vonden einzelnen Präparaten zu nehmen hat.gehen weit auseinander, von wenigen Dezi-gramm bis 30 Gramm. Das erklärt sichleicht, denn abgesehen von der Gewöh-nung an den Genuß usw., ist der Gehalt anwirksamer Substanz in diesen ganz ver-schiedenen Zubereitungen von ausschlag-gebender Bedeutung."

HANFSAMEN ALSNAHRUNGSMITTEL

Von allen Pflanzen hat Hanf den höchstenGehalt an essentiellen Fettsäuren. Das ausHanfsamen gewonnene Öl enthält mit nur

acht Volumenprozenten den geringstenAnteil gesättigter Fette. Dafür enthält es55 Prozent Linolsäure und 25 Prozent

Linolensäure. Nur Flachs übertrifft miteinem Linolensäureanteil von 58 Prozentden Hanf, der dafür allerdings mit 80 Volu-menprozenten den höchsten Gesamtanteilan essentiellen Fettsauren aufweist.„Diese essentiellen Fettsäuren sind verant-wortlich für unsere Immunreaktion. Im Mit-telalter aßen die Bauern Hanfbutter und hat-ten dadurch eine höhere Widerstandsfähig-keit gegen Seuchen als der Adel." DerGrund: Die oberen Stände lehnten den Hanfals bevorzugtes Nahrungsmittel des einfa-chen Volkes ab. So sieht es R. Lee Hamil-ton, emeritierter Professor der Medizin undBiochemie der University of California.Linolsäure und Linolensäure sind bei derUmwandlung von Nahrungsmitteln in (Le-bens-)Energie und am Transport dieser En-ergie durch den Körper beteiligt. EssentielleFettsäuren beeinflussen Wachstum, Vita-lität und geistige Beweglichkeit. Linol- undLinolensäure spielen eine bedeutende Rollebeim Transport des Sauerstoffs in die ein-zelnen Körperzellen. Außerdem sind siewichtig bei der Speicherung des Sauer-stoffs in den Zellmembranen, wo er als Bar-riere gegen das Eindringen von Viren undBakterien wirkt, die in einer sauerstoffrei-chen Umgebung nicht gedeihen können.Die gekrümmte Form der essentiellenFettsäuren bewirkt, daß sie sich nicht mit-einander verknäueln können. Sie sindschlüpfrig und verstopfen nicht die Arterien- im Gegensatz zu den klebrigen, gerade ge-formten gesättigten Fetten und den inKoch- und Bratölen enthaltenen trans-Fettsäuren. Letztere sind auch in Bratfettenenthalten, die durch Raffination unter hohenTemperaturen aus mehrfach ungesättigtenFetten gewonnen werden.Linol- und Linolensäure haben eine leichtnegative Ladung und neigen dazu, sich zusehr dünnen Schichten auszubreiten. DieseEigenschaft bezeichnet man als „Ober-flächenaktivität"; auf ihr beruht die Möglich-keit, Giftstoffe und andere Substanzen andie jeweilige Oberfläche der Haut, desMagen-Darm-Traktes, der Nieren oder derLungen zu transportieren, wo diese Sub-stanzen dann entfernt werden können.

Diese Säuren sind äußerst empfindlich undkönnen relativ in giftige Bestandteile zerfal-len, wenn sie unter großer Hitze raffiniertoder bei unsachgemäßer Lagerung demLicht oder der Luft ausgesetzt werden.

Samen haben von Natur aus eine äußereSchale, die die im Inneren enthaltenen Öleund Vitamine sicher schützt. Die Schale bil-det einen perfekten Behälter, der obendreinauch noch gut verdaulich ist. Hanfsamenkönnen zu einer Paste zerstoßen werden,die an Erdnußbutter erinnert, aber besserschmeckt. Der ErnährungswissenschaftlerUdo Erasmus sagt: „Hanfbutter stellt unse-re Erdnußbutter einfach in den Schatten."Gemahlener Hanfsamen läßt sich bei derZubereitung von Brot- und Kuchenteigensowie Eintöpfen verwenden; auch Müsli-riegeln gibt er eine herzhafte Geschmacks-note.Die Pioniere der Biochemie und dieErnährungswissenschaft sind heute der An-sicht, daß Erkrankungen der Herzkranzge-fäße und die meisten Krebsarten letztlichauf einen gestörten Fettabbau zurückzu-führen sind: Sie entstehen durch die fortge-setzte übermäßige Ernährung mit gesättig-ten Fetten und raffinierten Pflanzenölen,deren essentielle Fettsäuren sich bei die-sem Herstellungsverfahren in krebserre-gende Stoffe umwandeln. Jeder zweite US-Amerikaner stirbt heutzutage an den Folgenvon Herzkranzgefäßerkrankungen; jedervierte an Krebs. Die Forschung geht davonaus, daß Krebs entsteht, wenn die Reak-tionsfähigkeit des Immunsystems ge-schwächt ist; und gegenwärtig leiden mehrAmerikaner denn je an einer Schwächungdes Immunsystems. Zur Zeit werden viel-versprechende Studien durchgeführt, beidenen das Imrnunsystem von HIV-Infizier-ten durch die Gabe essentieller Öle gestärktwerden soll.Die in Hanfsamen enthaltenen Proteine ver-sorgen den Körper mit sämtlichen essen-tiellen Aminosäuren, die für eine stabileGesundheit notwendig sind. Die im Hanfvorkommenden Aminosäuren und derenZusammensetzung entsprechen in der Tat

genau dem Bedarf des menschlichen Kör-pers bei der Erzeugung der Hauptbestand-teile des Blutplasmas, Albumin und Globu-lin, das etwa als Gamma-Globulin eine wich-tige Rolle im Immunsystem spielt.Die Fähigkeit des Körpers, Krankheiten ab-zuwehren und mit ihnen fertig zu werdenhängt davon ab, wie schnell er nach der er-sten Attacke der Krankheitserreger großeMengen von Antikörpern bilden kann. Sindnicht genügend Grundstoffe zur Produktionvon Globulinen vorhanden, dann kann esgeschehen, daß die Armee der Antikörperzu schwach ist. um das Eindringen der Erre-ger wirksam zu verhindern.Die einfachste und beste Art, den Körperausreichend mit Aminosäuren zu versehen,besteht dann, ihm mit der Nahrung die ent-sprechende Menge an Globulin-Eiweißenzuzuführen. Die in Hanfsamen enthaltenenEiweiße setzen sich zu 65 Prozent aus der-artigen Globulinen und (allerdings auch inallen anderen Samen vorhandenen) Albumi-nen zusammen; sie sind leicht verdaulichund ähneln in ihrem Rohzustand bereits denentsprechenden Eiweißen des Blutplas-mas.Hanfsamen wurden ebenfalls zur Behand-lung von Stoffwechselschäden infolge vonTuberkulose eingesetzt; diese auch als„Schwindsucht" bekannte Krankheit führtzu schweren Störungen bei der Nahrungs-verwertung und damit zu einem allmähli-chen Verfall des Körpers.Der Samen enthält Lebensenergie. AusHanfsamen zubereitete Speisen sind wohl-schmeckend und stellen unsere Versorgungmit essentiellen Amino- und Fettsäuren si-cher; sie sorgen so für einen gesunden,kräftigen Körper, für ein funktionierendesImmunsystem, für seelisches Wohlbefin-den und für Lebenskraft.Lynn Osburn, Hempseed Nutrition. Herge-stellt von Access Unlimited, P. O. Box 1900,Frazier Park. CA 93225.

[Aus: Herer/Bröckers/Katalyse „Die Wieder-entdeckung der Nutzpflanze Hanf ... Canna-bis, Marihuana" © 1993 by Zweitausend-eins, Postfach, 60381 Frankfurt am Main]

EINNAHMEUND

WIRKUNGEN

DIE HEFE DES DENKENSCannabisrezeptorim Gehirn entdeckt

Berlin (taz). Das menschliche Gehirn verfügtüber einen speziellen Cannabisrezeptor,Cannabidiole - die psychoaktiven Wirkstof-fe des Hanfs - werden von diesem Rezep-tor gebunden, der dann die biochemischenVorgänge auslöst, die zu den charakteristi-schen Wirkungen der Pflanze führen. LisaMatsuda, Molekularbiologin am National In-stitute of Health (NIH) in Washington, hatden Rezeptor entdeckt und konnte zeigen,daß er in den Membranen der Gehirnzellenlokalisiert ist. In Nature (Nr. 346, 1990,S. 561 ff.) sind die Forschungsergebnisseveröffentlicht, denen, so Lisa Matsuda,„noch viel Arbeit" folgen muß. Was die For-scher in dem von Tom Bonner geleitetenLabor vor allem verdutzt, ist die Tatsache,daß die Natur den Menschen mit einemspeziellen Rezeptor ausgestattet haben soll,nur um ihn zum Rauchen von Marihuana zuverlocken. Zwar zählt der ursprünglich inZentralasien beheimatete Hanf (Cannabissativa) zu den ältesten Kulturpflanzen derMenschheit, das Gen allerdings, das für dieAusbildung des Cannabisrezeptors zustän-dig ist, scheint sehr viel älter zu sein. TomBonner hat Anzeichen dafür entdeckt, daßes sogar schon in evolutionären Frühformendes Lebens wie der Fruchtfliege Drosophilaexistiert: „Wenn dieses Gen durch die ge-samte Evolution konserviert wurde, dannmuß sein Produkt (der Rezeptor) eine wich-tige Funktion haben." Die fundamentalebiologische Funktion des neuronalen Hanf-empfängers vermuten die Forscher in derEigenschaft des Gehirns, den öffentlichenDrogenkrieg höchst eigenmächtig zu sabo-tieren: „Der am meisten einleuchtendeGrund für die Existenz eines Cannabisrezep-tors" faßt der New Scientist (11.8.90) dieErgebnisse zusammen, „ist, daß das Gehirneinfach eine cannabisähnliche Substanz her-stellt, die als Botenstoff zwischen den Zel-len agiert, indem sie den Rezeptor aktiviert.

Dies würde bedeuten, daß der Rezeptorunter bestimmten Umständen einige der Ef-fekte hervorruft, die Marihuanaraucherschätzen."Als Mitte der 80er Jahre der Nestor der bun-desdeutschen Cannabis-Selbsterforschung,Wolfgang neuss, in einem seiner taz-Beiträ-ge Cannabis als „Die Hefe des Denkens"definierte, mochte das die Mehrheit der Le-serinnen noch als feuilletonistischen Gagabtun. Nach den experimentell bestätigtenErgebnissen des Washingtoner NIH aller-dings scheint Meister Neuss der hartenWissenschaft wieder mal um einige Jahrevorausgewesen zu sein. „Die Funktion die-ses Systems", schreibt die Entdeckerin LisaMatsuda, „könnte darin bestehen, daß esden Input dämpft und dem Gehirn so er-laubt, bestimmte Erinnerungsprozesse inGang zu setzen." Cannabis also als eine Art"expanded memory" des menschlichenBio-Computers? Auch wenn die Molekular-biologin mit Schlußfolgerungen „vorsichtig"bleiben will, ein Blick in die (vergessene)Geschichte des Hanfs spricht für sich. Im äl-testen Arzneibuch, dem chinesischen PenTsao, wird Hanf, wie auch bei den Babylo-niern, Indern und vielen anderen Völkern,nicht nur als Heilmittel für zahlreiche Krank-heiten empfohlen, sondern auch als "göttli-ches Kraut", das "den Geist für eine Zeitreisen läßt": „Nimmt man sie (die Blütender Pflanze) über längere Zeit hinweg, wirdman befähigt, mit den Geistern zu spre-chen, und der Körper wird leicht." Esscheint, als hätten die Ärzte vor 5000 Jah-ren schon gewußt, was die Neuro-Wissen-schaftler unserer Tage jetzt wieder entdeckthaben: daß Hanf „den Input dämpft unddem Gehirn erlaubt, bestimmte Erinne-rungsprozesse in Gang zu setzen".Das menschliche Gehirn produziert eineSubstanz, die genauso wirkt wie Marihuana- diese Entdeckung, so das englische Wis-senschaftsmagazin New Scientist (Nr.1884, 31.7.93) hat der Gehirnforschung das„beste High" seit Jahren beschert. Schonnach der Entdeckung eines einzigen auf denHanfwirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol)reagierenden Rezeptors im Nervensystem

1990 hatten die Forscher vermutet, daßeine cannabisähnliche Chemikalie vom Ge-

hirn selbst produziert wird; jetzt wurde siegefunden von Raphael Mechoulam an derUniversität Jerusalem, eben jenem For-scher, der 1964 erstmals den HanfwirkstoffTHC isoliert hatte. Das neu entdeckte, körp-ereigene Marihuana nennt Mechoulam „An-andamide" nach ananda, dem Sanskritwortfür „Glückseligkeit".„Der Fund bedeutet neue Hoffnung für The-

rapien aus der langen Liste des überliefer-ten medizinischen Gebrauchs der Pflanze:als Schmerzkiller, Appetitanreger und Übel-keitsunterdrücker, um nur einige zu nennen.Darüber hinaus eröffnet er einen neuenBlick auf die mysteriöse Arbeitsweise unse-rer Gehirne." Weiter heißt es im NewScientist: „Die Forschung in Sachen Mari-huana, oder Cannabis sativa, war aufgrundoffiziellen Mißbehagens über das Kraut undseinen Gebrauch lange unterdrückt. Eswurde sogar als Droge ohne medizinischeBedeutung eingestuft und sein Gebrauchals Genußmittel überall verfolgt. Aber daswar nicht immer so. Über Tausende vonJahren wurde die Pflanze in Indien wegenihrer Wirkung auf das Bewußtsein ge-schätzt. (...) Auch der Westen benutzte Ma-rihuana: Der Arzt von Queen Victoria ver-schrieb es gegen die Menstruationsbe-schwerden Ihrer Majestät; George Was-hington und Thomas Jefferson pflanzten esauf ihren Landgütern als Faserpflanze fürTextilien und Seile. (Historisch nicht überlie-fert ist, ob diese beiden Präsidenten ihreErnte auch geraucht, und wenn ja, ob sieauch inhaliert haben.)"Der Fund eines Cannabisrezeptors bedeu-tet, daß THC, anders als Alkohol, „nacheinem genauen ,Modus operandi' in spezifi-sche Hirnfunktionen eingreift". Welche ge-

naue Rolle die vom Gehirn produzierten,THC-ähnlichen Anandamide für die ver-

schiedenen Hirntätigkeiten spielen, ist der-zeit noch nicht erforscht, die Wirkung vonCannabis deutet die Richtung an: Beeinflus-

sung der Stimmung, des Gedächtnissesund der Schmerzempfindung zum Beispiel.

„Als was auch immer sich Anandamide her-

ausstellen werden", resümiert der NewScientist, „sie liefern den Pharmakologenneue Strategien auf ihrer Jagd nach canna-bisähnlichen Arzneien. Solche Drogen könn-ten wertvoll sein, um die Übelkeit bei derKrebs-Chemotherapie zu unterdrücken; denAppetit von Aidspatienten anzuregen;Krämpfe bei neurologischen Krankheiten zumildern; den Augendruck bei Glaukompati-enten zu senken und Schmerzen zu lindern,wo andere Schmerzmittel versagen." Alldies könne zwar auch das einfache Hanf-kraut leisten, aber, so das Blatt, „mit einemkleinen Nebeneffekt: Es macht die Rezipi-enten high. Der heilige Gral der Canna-bistherapie war es, die Wirkung des Highdurch chemische Veränderung des THCoder seiner Ableitungen von den anderenEffekten zu trennen. (...) Verschiedene US-Pharmafirmen verbrachten einige Jahre mitdieser Arbeit - ohne Erfolg. Ebenfalls nichterreicht wurde ein anderes Forschungsziel:einen Antagonisten zu finden, der die Effek-te von THC im Gehirn blockiert. Solange dieMarihuanaforschung in dieser Richtungnicht weiterkommt, ist es unwahrschein-lich, daß die Pharmakonzerne sich sonder-lich engagieren werden."Dennoch ist die große Bedeutung der Ent-deckung unzweifelhaft: „Wir haben es nichtmehr einfach mit der Pharmakologie einesGenußmittels zu tun", so Roger Perwettvon der Universität Aberdeen, „sondern mitder Physiologie eines neu entdeckten Sy-stems im Gehirn." (Rolf Achteck)

Johann Wolfgang Constantin Seibt

„JENESVIELGERÜHMTE

KRAUT"

Ein sensationelles Dokument hat die Zür-cher Wochenzeitung WoZ jetzt präsentiert:Aufzeichnungen Goethes über ein gemein-sames Haschischerlebnis mit Schiller. Dievier gut erhaltenen losen Quartblätter wur-den zwischen Antiquitäten entdeckt, dieAlexander Schalck-Golodkowski vor Jahrenin die Schweiz verkauft haben soll. (Quelle:Die Zeit v. 21.1.94)

Beim Mittagsmahle erörtere ich mit Schil-lern die wunderliche Sitte, welche unter soseinen Studiosi Einzug erhalten, nämlichmittels einer Pfeife ein süssliches orientali-sches Harz abzubrennen, über dessen er-heiternde Kraft viel Lob zu hören sei. Nacheinem angeregten Gespräch darüber, dassin jedem Menschen eine Dreiheit vonMenschlichem, Tier- und Pflanzenhaftenwalte, welches letztere mittels Einatmungvon wieder Pflanzlichem geweckt werde,schlug ich gerne in Schillers Vorschlag ein,sich morgigen Tages an eine Oertlichkeit zubegeben, um in Geselligkeit jenes viel-gerühmte Kraut zu rauchen, da hier, wie oft-mals, nur naturhafte Anschauung hilft.Daselbst traf ich nebst Schillern drei jungeLeute an, geheissen von Spiess, Munsterund Bierbichel. Ich wurde auf das herzlich-ste begrüsst, man schilderte mir, dass mandie Pflanzen, eine Abart von Hanf, selbst inliebevoller Kleingärtnerei selber gezogen,geerntet und getrocknet habe, und plauder-te aufs angeregteste über Gartenkunst. Dar-über ward schon die gekrümmte Pfeife ge-stopft und von Bierbichel mittels Fidibus inGang gebracht. Sofort verbreitete sich einstarker Geruch, halb süsslich, halb strengmit dem Anhauch von verschmorter Gum-mierung durchsetzt. Cand. iur. Bierbichelsetzte das Werkzeug seufzend ab und reich-te es von Spiess, welcher zwei Züge nahmund seufzte, worauf Schiller an der Reihe

war. Er tat es ihnen nach; wonach ich diePfeife in Empfang nahm und den Rauch ein-sog, welcher mich nun überaus parfümiertanmutete. Danach kreiste die Pfeife einzweites Mal, während sich ein eigentümli-ches Gefühl, begleitet von einem tiefenSummen, in meinem Kopfe breitmachte,Nun, hub von Spiess an, nachdem er sichdie Lippen befeuchtet, ob es Wirkungzeige? Er jedenfalls spüre, wie das Poeti-sche nur so aus ihm herausbreche. Geradesei ihm der Satz Mit dem Löffel muss mandas Gleiche aus dem Wirklichen schöpfeneingefallen. Schiller erwiderte, dass ihmnichts derartiges in den Sinn getreten sei,allein, ihm sei etwas unpässlich. Darauf be-merkte Studiosus Munster, Unpässlichkeitsei ein Problem am Anfang, der stetsschwer sei, und es gäbe sich; ihm, Munster,gehe es augenblicklich ungeheuer wohl. Er,meldete sich drauf cand. phil. von Spiess,fühle sich, als ob er mit dem Weltganzen ingemütlichste Verbindung trete. Man müssenämlich wissen, dass schon die AltvorderenHanf gekannt und genutzt hatten - die ur-deutsche Gemütstiefe habe hier ihre bäuer-lichen Wurzeln ... Dito habe er aus sichererQuelle, dass auch die griechischen Philoso-phen, Aristoteles allen voran, Hanf gekanntund davon profitiert hätten ... Derlei Wun-derlichkeiten brachte er darauf viele hervor,als er durch ein eigentümliches, krankhaf-tes Kichern Schillers unterbrochen wurde,in welches die anderen sofort einstimmten,ich unwillig mit einbegriffen.Mein Zustand war der seltsamste: allerleitrübe Gedanken schwirrten um mich herumwie kalte Goldfische in einem Glase, alleinich erhaschte keinen und blieb gelangweilt,was sich mit immer stärkerem Unwillenmischte, als ich bemerkte, dass die drei, diemit Fleiss zu reden anhuben, was wunderssie fühlten und dächten, diese Reden schonoft gehalten hatten und gleich einem Mar-ketender, welcher seine Ware mit densel-ben Worten schon tausendmal angeprie-sen, gleichsam mit der Stimme eines Mühl-rades klapperten, wobei sie mir und demarmen Schiller, welchem der Schweiss aufder Stirne stand, mit grosser Wonnigkeit

und beständigem Blinzeln Vorträge über diemedizinische Wirksamkeit ihres Kräutleinshielten, welches das Krebsleiden, die rheu-matischen Anfälle, Erkältungen sowie koli-schen Durchfall heilen solle. Hierauf verteil-ten sie Papier, die aussergewöhnlichen poe-tischen Steigerungen der Kreatur unterHanf festzuhalten: ich schrieb ein, zwei ma-gere Sonette, die wenig Wert hatten, Schil-ler eine Ballade, beginnend mit den ZeilenEin frommer Knecht war Fridolin / Ergebender Gebieterin, welche noch weniger Werthatte.Nachdem von den Studiosi eine weiterePfeife geraucht, und sie vollends in einenZustand der stillen Einfalt verfallen, bega-ben sich Schiller und ich zur Wirtsstube des„Roten Rosses" um dort bei erstaunlichemAppetit zwei Wurstteller einzunehmen.Ueber unser Abenteuer waren wir unsschnell einig; es schien uns, nach einemBonmot Schillers, dass die Wirkung wederbesonders übel, dafür aber noch salzloserals die vereinigten Gedichte Klopstocks &Müllers gewesen sei, ferner bemerkte ich,dass jene Studiosi des Hanf mir vorkämenwie jene lieben Kleinbürger, die ebenfallsauf die Philister schimpfen, dabei aberGemüt und Gemütlichkeit hochleben lassen... Aber da sah ich mitten im Explizierennach Schillern hin und fand ihn schlum-mernd sitzen, den Kopf auf den geleertenWurstteller gebettet.

SCHILDERUNGENDER HASCHISCH-WIRKUNG

ZUR WIRKUNG DES HANFRAUSCHESvon C. Hartwich, 1911

Die Erscheinungen nach dem Hanfgenußsind im einzelnen wohl sehr mannigfaltig, jenach dem Bildungsgrad, Naturell und der

Empfänglichkeit des Betreffenden, lassen

jedoch übereinstimmende Züge genug er-kennen. Es ist aber nicht richtig, daß eigent-liche Halluzinationen und Wahnvorstellun-gen auftreten, wie so oft behauptet wird,also solche, die von der Umgebung völligverschieden sind, vielmehr knüpfen die Vor-stellungen stets an die augenblickliche Um-gebung von Gegenständen, Farben, Tönenan, sie freilich vergrößernd, verzerrend, ver-feinernd, je nach dem. Der Hanf ist keinNeuschöpfer, sondern nur ein Vergrößerer.Eine so oft und immer wieder erzählte erre-gende Wirkung des Hanfes auf die Ge-schlechtssphäre scheint zu fehlen, insofernals solche beim Hanfgenusse nicht aus demNichts entsteht. Daß sie trotzdem auftretenkann bei Personen, die gewohnt sind, ihreGedanken auf solche Dinge zu richten oderwährend der Wirkung des Hanfes sich mitentsprechenden Gegenständen umgeben,ist natürlich und erklärt sich aus dem so-eben Gesagten. Daß weiter solche Vorstel-lungen neu entstehen können, wenn dieWirkung durch Zusatz von Canthariden odereinem anderen ähnlichen Reizmittel, wozuschon die stark reizenden Gewürze, die ichoben nannte, gehören, verstärkt oder inneue Bahnen gelenkt wird, ist auch ver-ständlich, dann haben wir es aber nichtmehr mit der ausschließlichen Wirkung desHanfes zu tun.Seine Wirkung tritt nicht schnell ein, erstnach einer Stunde oder zweien. Sie äußertsich in höchst charakteristischer und meistangenehmer Weise, im einzelnen mannig-fach modifiziert. Sie tritt häufig nach außenals dem Unbeteiligten unbegründet erschei-nende Heiterkeit auf. In Tausend und eineNacht kaufen sich drei Strolche Haschischund eine Wachskerze, gehen damit in einGasthaus in ein besonderes Zimmer und ge-nießen dort ihren Rausch und ihre Fröhlich-keit. Ausbrüche von Heiterkeit werden auchvon gebildeten Europäern, die Haschischgenossen, berichtet. Der Zustand, in demsie sich befinden, wird als ein durchweg an-genehmer bezeichnet. Jeder äußere Ein-druck von angenehmer Art wird vergrößertund verfeinert, jeder unangenehme wirdherabgemindert, Schwierigkeiten, vordenen der Haschischesser oder -raucher

steht, zu überwinden, erscheint eine Klei-nigkeit. Beschränkungen von Zeit und Raumverschwinden, es scheint, als ob eine langeZeit unter den angenehmsten Eindrückenvergangen sei, während es vielleicht nureine Viertelstunde ist. Der Gedankenlaufkann durch die leiseste Veranlassung unter-brochen werden. Ein einziges Wort odereine Gebärde genügt zuweilen, um die Ge-danken nacheinander auf eine Menge derverschiedenartigsten Dinge zu richten undzwar mit einer Raschheit und Klarheit, diewunderbar ist. Der Geist empfindet einenStolz, welcher der eingebildeten Erhöhungseiner Fähigkeiten entspricht, die, wie ersich bewußt glaubt, an Energie und Kraft zu-genommen haben. Von Bibra hatte, nach-dem er Haschisch genommen, zufällig einweißes Tuch in der Hand und erblickte indessen Falten die prachtvollsten Figuren,die er durch neues Falten vielfach modifizie-ren konnte. Musik bereitete ihm den größ-ten Genuß. Indessen scheint es doch, alsob der Haschischesser nicht immer beliebigneue Vorstellungen, von denen er sicheinen besonderen Genuß verspricht, in sichhervorrufen kann. So waren Versuche, diev. Bibra machte, die Wirkung zu ändern,indem er kunstvolle Miniaturen betrachteteoder in einem seiner Lieblingsschriftstellerlas, ohne Erfolg. Die ganze Narkose istkeine tiefe und mit nicht zu großer Anstren-gung kann man sich für einige Zeit in dennormalen Zustand versetzen. Allmählichsteigt der Zustand im allgemeinen an undder Haschischesser wird in einem Chaoswilder ungeordneter Gedanken und Vorstel-lungen herumgewirbelt, aus dem er sichheraussehnt, je länger die Wirkung gedau-ert hat freilich mit um so geringerem Erfolg.- Im weiteren Verlauf der Wirkung tritt zu-weilen starkes Kältegefühl ein, aber auchdas ist nicht unangenehm, zuweilen stelltsich Brechreiz ein. Im allgemeinen ist derAppetit gesteigert. Nach längerer oder kür-zerer Zeit (einige Stunden) folgt das Stadi-um der Depression und damit Schlaf, ausdem z. B. v. Bibra ohne jedes Unwohlseinerwachte, andere dagegen berichten voneinem tüchtigen Katzenjammer, der aber

auch nach einigen Stunden verschwindetWie man sieht, scheinen die Folgen beieinem einmaligen oder bei wenigen Versu-chen nicht sonderlich schlimmer zu sein,wie auch bei anderen Genußmitteln.

DA SAGTE DER WEINZUM HASCHISCH...Ein Gespräch, aufgezeichnetvon Rudolf Gelpke

Einst lebte in Basra ein Novize der Mystik(morid), der ein Liebhaber des Haschischswar, und der von diesem ständig Visionenempfing. Der geistige Meister (pir) diesesJünglings wußte das, und eines Tagesbrach er den Verkehr mit ihm ab und schloßihn von seinem Unterricht aus. Darüber sehrunglücklich, suchte der Student seinen Leh-rer auf und fragte ihn voll Demut, um wel-cher Schuld willen er denn so hart bestraftwerden solle. Darauf erwiderte der Meister:Mache du mir keine Vorwürfe! Du hastFreundschaft geschlossen mit dem Asrar(„Geheimnisse" = Haschisch), und er hatdich die Geheimnisse gelehrt. Dein Wurfseilhast du zum Palast des Himmels emporge-schleudert und folgst steilen Phantasien. Duschwebst in Höhen, wo menschliches Fas-sungsvermögen dich nicht erreichen kann.Drum habe ich beschlossen, dich nicht län-ger zu unterrichten, weil ich erkannt habe,daß du zur Stufe der Vollkommenheit ge-langt bist. Demnach, so schließt der Ha-schisch, sei er als ein Vollender zu betrach-ten, der die Menschen ans Ziel ihrer Sehn-sucht führe.-Nun begibt sich der Ma'dschun als Bot-schafter des Haschischs zum Wein. Als die-ser vernimmt, daß das Bier zu seinem Riva-len überging, ist er darob keineswegs un-glücklich, sondern froh, von einem niedri-gen und zweifelhaften Verbündeten befreitzu sein. Dagegen steigert die Botschaft desHaschischs seinen Zorn auf diesen. Er läuftrot an und beginnt, seine Kriegsvorbereitun-gen zu treffen, Der Ma'dschun, der zur An-sicht gelangt, der Wein werde in der kom-

menden Auseinandersetzung den Sieg da-vontrgen, sagt sich vom Haschisch los undschließt sich dem Wein an.

Inzwischen hat auch der Haschisch zumKampf gerüstet, und bald stehen sich diebeiden Widersacher mit ihren Verbündetenin Schlachtordnung gegenüber. Mazé („Vor-speise") und Rosine - welch letzterer jawohl ein Verwandter des Weines, wie auchein Weggefährte des Haschisch ist - versu-chen erst vergeblich zu vermitteln, schlagensich dann auf die Seite des Weines, werdenaber, wie auch der Spießbraten, vom Ha-schisch überwältigt.Nun tritt der kriegsgewohnte Wein selbstund allein dem Haschisch gegenüber, nach-dem er einige seiner Leute in einem Hinter-halt aufgstellt hat. Folgender Dialog gehtdem Zweikampf voraus:

Wein: ich bin der Enkel der Weintraube.Haschisch: Du bist schmutzig, während ichrein bin.Wein: Der Tischgenosse des Sultans binich.Haschisch: Und ich bin der meister (pir) derLeute des Wissens.Wein: Mir steht das Urteil über Sinn undVerstand zu.Haschisch: Ich bin ein in Blau gekleideterSufi (Mystiker).Wein: Ich besitze die Farbe der Morgenrö-te.Haschisch: Und ich bin das Symbol derHimmelssphäre.Wein: Nur mit mir ist diese Welt ange-nehm.Haschisch: Ich aber bin gar der Pol dieserWelt.Wein: Ich befreie die Bekümmerten vomKummer.Haschisch: Was du kannst, vermag auchich.

Wein: Ich erleuchte die Versammlung.Haschisch: Mich beneidet das Grün derWiese.Wein: Mein Weg führt zum Meister derLiebe.Haschisch: Meine Zufluchtsstätte ist ebendieser Meister.

Wein: Ich bin ein Junger, der die Welt ver-brennt.Haschisch: Und ich bin ein alter Lehrenderund Gelehrter.Wein: Mit dir werde ich ein Ende machen.Haschisch: Schweig und überschreitedeine Grenzen nicht ...Nach dieser Wechselrede kommt es zumKampf. Zuerst ist das Glück mit dem Ha-schisch, der seinen Gegner hart bedrängt.Als nun der Sultan Wein seine Niederlagevor Augen sieht, bereut er seine Untatenund legt vor Gott ein Gelübde ab, wonach erseine Gefangenen freilassen werden, ohneihnen auch nur Vorwürfe zu machen, wennihm diesmal der Sieg gehöre. Das Gebetdes Weines findet Erhörung. Seine Verbün-deten brechen aus ihrem Hinterhalt hervor.Der Haschisch und seine Leute werden ge-schlagen und gefangen genommen.Der Wein löst sein Gelübde auch ein. Er ent-läßt seine Gefangenen in Freiheit, weistjedem von ihnen ein Amt zu und regiert alsgerechter Herrscher. Aber aus Scham darü-ber, sich untreu geworden zu sein, entfliehtendlich der Haschisch aus dem Dienst desWeines. Seither ist der Haschisch ein un-steter Wanderer, den die Furcht, vom Weinentdeckt und mißhandelt zu werden, her-umtreibt. Darum hart er sich verborgen undmeidet die Öffentlichkeit und die Stätten,die der Wein aufsucht.

GEBURTSHELFERINDES EIGENEN ICHNina Graboi über ihren ersten Joint(im Alter von 47 Jahren)

Ich fühlte mich noch nicht reif für eine LSD-Erfahrung. Von Marijuana hieß es, es sei einmildes Psychedelikum und ich war begierig,es auszuprobieren. Ich wußte, daß AlanWatts es geraucht hatte und hoffte, durchihn zu einer Gelegenheit zu kommen. Ichhatte ihm von meinem Interesse an diesemKraut erzählt, aber Tage vergingen, ohnedaß er auf das Thema zurück kam. Als ichmich gerade mit dem Gedanken anfreunde-

te, mich vielleicht anderweitig kundig zumachen fragte er mich:" Heute Abend findetauf dem Hausboot eines Freundes eineParty statt. Würdest du gerne mitkommen?"Als wir den geräumigen, elegant möbelier-ten Raum des unteren Decks betraten, sahdie Szene nach einer ganz normalen Partyaus. Die Leute waren gut gekleidet und at-traktiv, eher in meinem Alter als dem vonHippies. Zur Rock'n'Roll Berieselung wur-den hors d'oeuvres und die übliche Auswahlan Likören angeboten. Doch der Geruch inder Luft war eigenartig und ich bemerkte,wie merkwürdig gerolte Zigaretten vonHand zu Hand gingen. Marijuana! Endlichwar meine Chance gekommen.Alan wurde von einem attraktivem Spät-dreißiger begrüßt. Die Zigarette in seinerHand besaß dieses unverkenbare Aroma."Nina, dies ist Roger," stellte uns Alan einan-der vor. "Nina hat noch nie Grass geraucht.Würdest du sie gerne initiieren?""Aber mit Vergnügen! Du bist also ein Neu-ling?" Roger lächelte einladend. "Kommmit!" Er nahm meine Hand und führte michin einen Raum am Oberdeck. In diesemRaum gab es keine Stühle. Wir saßen, andie Wand gelehnt auf Kissen. "Was fürMusik hörst du gerne?" fragte Roger mich."Oh, meistens Klassik, aber die Beatles sindgroßartig," sagte ich."Okay, ich leg eine Platte auf," Er ging zumPlattenspieler in der Ecke und alsbald fülltendie Klänge von Strawberry Fields den Raum."Tief ziehen," instruierte Roger mich. Ohnezu zögern nahm ich den mir angebotenen-Joint. "Halt den Rauch so lang du kannst.Fühl, wie er deine Lungen füllt.," erzählte ermir und ich gehorchte. Wiederholte Malehändigte er mir den Joint und jedesmal in-halierte ich tief.Beim dritten Zug hatte ich das Gefühl meinBauch schwele an wie ein Ballon. Dann ver-schwand Roger und alles um mich herum.Ich wirbelte rückwärts durch die Evolution.Das Bewußtsein meiner Selbst als Frau miteinem Namen, einer Vergangenheit, einerFamilie einer Anschrift - verschwunden. Ichwar eine Affin, eine Löwin, eine Tigerin,eine Hündin, ein Fisch, ein Insekt und

schließlich ein organischer Organismus, deraus dem Schlamm aufs trockene Land krab-belte. Dann kehrte sich dieser Prozeß um.Ich entwickelte mich durch ungezählteSeinsformen zurück in meine menschlicheForm. Und dann gebar ich. Später war ichdann ein schwarzes Mädchen, das in einemafrikanischen Kraal zur Trommelei tanzte.Ich war mir meiner Umgebung völlig unbe-wußt, bis ich plötzlich Virginia erkannte. Siestarrte mich mit offenem Mund anwährend ich mit meinen Füßen stampfteund meine Hüften schüttelte. Mein Selbst-bewußtsein schnappte wieder ein und ichhörte auf zu tanzen. Die Rückkehr in meinBewußtsein fühlte sich an, als sei ich durcheinen endlosen Schacht gestürtzt.Später stand ich rückwärts an die Reelinggelehnt und bestaunte die Sterne. "Ich mußmich nur fallen lassen und dann werde ichwie ein Vogel durch die Luft fliegen können,von jeglicher Schwerkraft befreit," dachteich. Gerade als ich loslassen wollte schweb-te in der Luft ein Stuhl heran und ich setztemich darauf. Erst später erfuhr ich, daß Alanmich aufgefangen, ins Zimmer getragenund auf der Couch abgelegt hatte.Jene Geburtswehen die ich an diesemAbend erlebte waren so real wie bei denGeburten meiner Kinder. Während dieserWehen war mir nicht bewußt, wen ich dagebar. Erst viel später wurde mir klar, daßich mich selbst geboren hatte - mein neuesSelbst. Viel von dem, was ich bislang alsgottgegeben akzeptiert hatte, fiel nun vonmir ab.

Von da an lösten sich die Bande, die mich anmein bisheriges Leben gefesselt hatten. Icherlebte jene Phase, die Timothy Leary post-larval nennt. Es begann die Gratwanderungjenes delikat ausbalancierten schizoiden Zu-stands, in dem man noch nicht ganz daheimin der neuen Realität angekommen ist, andie alte jedoch nicht mehr glauben kann.

aus: Nina Graboi, One Foot In The Future, AWoman's Spiritual Journey; Aerial Press,Santa Cruz, 1991.

CANNABIS-WIRKUNGEN

Unter akuten Effekten versteht man die-jenigen Wirkungen, die direkt mit dem

Einfluß der Droge in Beziehung stehen.Sie setzen mit der Einnahme der Drogeein und klingen nach und nach mit Ab-bau und Ausscheidung der Droge wie-

der ab. Im Falle von Cannabis ist zu be-denken, daß die lipophilen Cannabinoidenicht wie Alkohol im Blut gelöst sind,sondern sich an fetthaltigen Geweben an-lagern und erst nach mehreren Tagenrestlos ausgeschieden werden. Es kanndaher auch über die Zeit des subjektivenRausches hinweg zu subtilen Auswirkun-oen auf empfindliche Funktionen imMenschen kommen.Von chronischen Wirkungen spricht mandann, wenn nach Gebrauch einer DrogeVeränderungen verbleiben, selbst wenndie auslösende Substanz (hier THC) be-reits aus dem Körper verschwunden ist.Die Messung chronischer Wirkungen ge-staltet sich schwierig, da die Veränderun-gen nicht von einem Tag auf den anderenauftreten. Vielmehr kann eine signifikan-te Abweichung mitunter erst nach Jahrenfortgesetzten Gebrauches eines Präparateseintreten. Versuche müßten sich also übereinen sehr langen Zeitraum erstrecken,währenddessen würde auch die Wahr-scheinlichkeit zunehmen, daß andere Ein-flüsse die Ergebnisse beeinflussen, dieVersuchsbedingungen können über derar-tige Spannen nicht gleichmäßig gehaltenwerden.Im Falle von Cannabis müßte man Ver-suchspersonen finden, die den Test beidurchschnittlicher Gesundheit beginnenund keine Vorgeschichte in Sachen Dro-gen haben. Sie müßten über den gesam-ten wichtigen Zeitraum hinweg möglichstgleichmäßig leben. Gleichzeitig wäre eineVergleichsgruppe nötig, die sich in ihrenVoraussetzungen und ihrem Lebenswan-del von der Versuchsgruppe in Nichtsunterscheidet, allerdings kein Cannabisnimmt. Solche Bedingungen lassen sichfaktisch nicht schaffen, daher bleibenVersuche oder Untersuchungen über chro-

nische Cannabis-Effekte am Menschenmeist fragwürdig, was noch mehr fürpsycho-soziale Wirkungen als für die ehermeßbaren körperlichen Effekte gilt.Um wirklich korrekte Ergebnisse zu be-kommen sollte neben einer Cannabis-versuchsgruppe eine neutrale Kontroll-gruppe und eine Placebogruppe (= weißnicht, daß sie kein Cannabis bekommt)untersucht werden.Wer sich mit Forschungen über die Aus-wirkungen von Cannabis befaßt, sollteimmer sorgfältig zwischen subjektivenund objektiven Effekten unterscheiden.Es kommt häufig vor, daß eine Versuchs-person eine Auswirkung von Cannabissubjektiv anders empfindet als objektiveBeobachtungswerte (Messungen) den Ef-fekt beschreiben. Wie eine Person dieAuswirkungen der Droge selbst wahr-nimmt, ist für das Verständnis der psycho-logischen Veränderungen in der Personinteressant, während objektive Beobach-tungswerte physiologische und allgemein-verbindliche Schlußfolgerungen zulassen.

SET UND SETTINGDie vielstrapazierten Begriffe Set und Set-ting mögen in manchen Ohren einen be-reits sehr abgegriffenen Klang haben. Dasändert jedoch nichts an dem Umstand,daß sowohl set (= momentane Stimmungs-lage, Erwartungen) als auch setting (= Um-welteinflüsse) erheblichen Einfluß auf denVerlauf eines Drogenerlebnisses nehmen.Dies trifft besonders zu, wenn sich setund/oder setting jenseits des durchschnitt-lichen Rahmens bewegen. Unter extre-men äußeren Stressbedingungen und/odereiner stark angespannten emotionalenAusgangssituation kann es auch unterCannabis zu einer Verstärkung der Span-nungsmomente und ihrer möglichen ne-gativen Lösung (z.B. Aggression) kommen.Auch im Falle beobachteter Psychosenlag immer eine Ausnahmesituation in setund/oder setting vor.

VORÜBERGEHENDE WIRKUNGEN

- PSYCHE -

SUBJEKTIVE EFFEKTE

Bedingungen:Versuchspersonen 18-33 Jahre 22,39 weibl., 61 männl.; 58 Studenten, 24Berufstätige, 9 Teilzeitarbeiter; 9 arbeits-los; bezeichnen sich selbst als regelmäßigeDoperaucher (wenigstens 50mal innerhalbder letzten 6 Monate). 2 bis 3 StundenInterview und Fragebogen.21

Die Ergebnisse zeigen deutlich, daß die„normalen" Effekte von Cannabis sichbei den meisten Konsumenten sehr äh-neln.

Die mancher-orts beschriebenen Psychosen, Durchdre-hen und Angstzustände wurden fast niegenannt. Vielleicht liegt das daran, daßman in dieser Studie ausnahmsweise nichtGefängnisinsassen oder ägyptische psy-chiatrische Fälle als Versuchspersonenausgewählt hat.

KÖRPERLICHE EMPFINDUNGENBeispiel: Körper fühlt sich leicht, schwe-bend etc. an, fließendes schwimmendesGefühl etc. Hier gibt es eine lange Reihevon Berichten über allerlei somatischeSensationen, die allerdings mit Vorsichtzu genießen sind. Es ist sehr wahrschein-lich, daß ein Großteil dieser Empfindun-gen nicht durch Cannabis ausgelöst son-dern nur durch die von Cannabis ver-stärkte Wahrnehmung mehr ins Bewußt-sein gedrungen sind, es sich aber hier umbereits vorher bestehende Vorgänge han-delt.

GEMÜTSZUSTANDCannabis verstärkt bereits vorhandeneGemütszustände, weniger ist eine Verän-derung zu beobachten. Abweichungenvon vorher vorhandenen Gefühlen gehenmeist in Richtung Euphorie. Kurz vordem Rauchen änderte sich die Gefühls-lage hin zu einer freundlicheren Haltung,da offenbar die Einnahme der Droge alsein angenehmes Erlebnis erwartet wurde.Selbst wenn die Versuchspersonen ihrenGefühlszustand als schlecht bezeichneten,handelte es sich hier mehr um psycholo-gische, nicht jedoch psychomotorischeTiefs.Es zeigte sich auch hier, daß Cannabis-freundliche Versuchspersonen in einemDauerversuch bei scheinbaren Routine-befragungen glaubwürdigere Werte ab-gaben als im Bewußtsein, daß die Ergeb-nisse in einer Studie über Dope verwer-tet wurden. Hier trat eine klare Neigungzur Dissimulation auf, d.h. manche Ver-suchspersonen wollten die Effekte vonCannabis als durchweg positiv darstellen.49

SELBSTEMPFINDEN (= SUBJEKTI-VITÄT) UNTER CANNABISVersuchspersonen haben den subjektivenEindruck, daß ihre Leistungen steigen,weil sie offenbar Arbeit und Ergebnisintensiver wahrnehmen. Objektiv gese-hen haben sich die Leistungen keinesfallsin der vermuteten Weise zum Besseren hingeändert.In Experimenten mit normalen jungenLeuten wurden Veränderungen im Sehen(Helligkeitsunterschiede) und Hören

(Lautstärke und Tonhöhenunterschiede)gemessen.12 Die Ergebnisse der Cannabis-Gruppe unterscheiden sich nur kaum vondenen einer Vergleichsgruppe. Dennoch

haben die unter Cannabiseinfluß befind-lichen Personen den deutlichen Eindruck,

ihre Ergebnisse hätten sich gegenüber demVortest (ohne Dope) erheblich verbessert.

THC UND DIE SINNLICHEWAHRNEHMUNG

Sehen:Die Farbwahrnehmung ist intensiviert. Eskönnen gelegentlich farbliche Grundtö-nungen des Gesehenen auftreten. Vorallem aber werden die Farben als kräftiger,frischer, deutlicher und lebendiger emp-funden.Auch die Tiefenwahrnehmung kann ver-stärkt und verändert sein. BeobachteteObjekte traten deutlicher (3D-Effekt) her-vor oder modellierte Figuren erscheinenflach (wie ausgeschnitten aus Karton). InVersuchen53 schätzten die meisten Per-sonen Entfernungen weiter als dies tat-sächlich der Fall war, etwa die Hälfteempfand Objekte größer. CLARK undNAGASHIMA14 konnten keine Verände-

rung in der Tiefenbeurteilung (eine weißeStange mußte in einer bestimmten Ent-fernung angebracht werden) feststellen.Objekte scheinen deutlicher gegeneinanderzu kontrastieren, sie erscheinen deutlichervoneinander abgesetzt. Die Wahrnehmunggerader Linien ist nicht verändert. Gele-gentlich (besonders bei hohen Dosen)werden Bilder von Objekten oder Abläu-fen in Muster umgesetzt, gerastert, Mu-ster treten auf gleichmäßigen Bildern auf(hohe Dosierung). Besonders mit geschlos-senen Augen, noch mehr, wenn durchdie Finger ein Druck auf die Augäpfelausgeübt wird, werden oft bunte undbewegliche, meist ungegenständliche Bil-der und Muster wahrgenommen.Die Sehschärfe ist erhöht,25 obwohl sichdie Fähigkeit, Helligkeitsunterschiedewahrzunehmen, nicht gegenüber demNormalen verändert.12 Allgemein steigtdie Lichtempfindlichkeit etwas, weshalboft grelles Licht gemieden wird.

Hören:Die akustische Wahrnehmung wird meistsubjektiv als schärfer empfunden, wennsich dies auch nicht eindeutig objektivnachweisen ließ (keine Änderungen64 -schärfer2 5) . Keine Veränderung in derHörschwelle und der Tonhöhenunterschei-dung, geringes Nachlassen der Lautstär-kendifferenzierung.33/12 Es werden Ge-räusche wahrgenommen, die normaler-weise nicht bemerkt werden oder sonstnach kurzer Zeit der Gewöhnung anheim-fallen.9 Die emotionale Wirkung derMusik auf den Menschen wird meist stär-ker.

Geschmacks- und Geruchssinn:Die Wahrnehmungen werden insgesamtintensiviert, was häufig zu einem Verlan-gen nach Nahrung führt (Appetit), ohnedaß ein tatsächliches Nahrungsbedürfnisvorliegt (Hunger). Man könnte dieses Ge-fühl vielleicht als Heißappetit bezeichnen,selbst wenig feine Speisen und Getränkewerden als der Gipfel der Köstlichkeitempfunden.8

Temperaturempfinden:Obwohl sich nach Cannabis-Genuß die

Körpertemperatur nicht merklich verän-dert, können subjektiv die unterschiedlichsten Temperaturempfindungen auf-treten, von einem Gefühl wohliger Wärmeüber abwechselnd warme und kühle Pha-sen bis zu einer unangenehmen Kalte-empfindung.

ZEITEMPFINDENDas subjektive Zeitempfinden verändertsich unter Cannabiseinfluß stark. Ver-suchspersonen ohne Cannabis schätzeneine Zeitspanne von 5 Min. auf 5 ± 2 Min.Nach Verabreichung von Marijuana änder-te sich dies erheblich: 5 min. wurden auf10 Min. ± 2 geschätzt.64 Ähnliche Ergeb-nisse berichten auch andere Forscher, 26/27

die von einer „Beschleunigung der innerenUhr" sprechen. Die Zeit scheint unterCannabis-Einwirkung erheblich langsamerzu vergehen, eine vorgegebene Zeit wirdals erheblich länger eingeschätzt.15

Praktisch alle zu diesem Thema angestell-ten Untersuchungen zeigen diese Ergeb-nisse. Es machte auch keinen Unterschied,ob die Versuchspersonen wußten, wie dersoeben durchgeführte Test verwertet wür-de oder nicht, die Motivation der Ver-suchspersonen spielte also keine Rolle.Weilerhin trat nach einer 21tägigenVersuchsperiode eine gewisse Toleranzgegenüber diesem Effekt auf. All das läßtdie Vermutung zu, daß es sich beim ver-änderten Zeitgefühl um eine direkteneurologische Einwirkung von THC aufGehirnfunktionen handelt.50

Dieser Effekt bleibt nicht auf den Men-schen beschränkt. Auch A f f en 1 6 / 1 8 undRatten63 weisen unter Dope-Einfluß die-se Veränderungen auf.

REAKTIONSZEITDie Reaktionszeit nahm dosisabhängig zu.Dies galt sowohl für Reaktion auf hörbareals auch auf sichtbare Impulse.

GEDÄCHTNISEs steht zu vermuten, daß viele Wirkun-gen von Cannabis darauf zurückzuführensind, daß THC Veränderungen im Ge-dächtnis und im Lernverhalten auslöst,indem die Konzentrationsfähigkeit ver-mindert wird. Die Aufmerksamkeit

schweift ab, was nur durch erhöhte Mo-tivation ausgeglichen werden kann.Kurzzeitgedächtnis: Informationen wer-den aufgenommen (Wahrnehmung undWertung) und dann kurze Zeit im Kurz-zeitgedächtnis „gelagert". Die wichtigerenInhalte des Kurzzeitgedächtnisses gelan-gen dann ins Langzeitgedächtnis. Dazumuß die Information lange genug imKurzzeitgedächtnis verweilen (meist nachWiederholung), um kodiert und eingeord-net werden zu können. Im Langzeit-

gedächtnis eingespeicherte Informationenkönnen wieder abgefragt werden. Hierzuwerden in Windeseile Schubladen aufge-zogen. Je genauer die Bezeichnung dergesuchten Schublade bekannt ist, destorascher und exakter wird der gesuchteInhalt herangeschafft werden können.Aus dem Kurzzeitgedächtnis kann eine,

Information nur angerufen werden, wennsie in der Zeit, die die Suche beansprucht,

nicht schon verblaßt ist.

Cannabis rührt nicht an fest eingespeicher-ten Inhalten des Langzeitgedächtnisses.Die Einspeicherung ins Langzeitgedächt-nis jedoch funktioniert weniger gut, weilprimär das Kurzzeitgedächtnis unter THCdeutlich nachläßt.Nachdem sie eine Geschichte gelesen hat-ten, konnten Versuchspersonen unterTHC-Einfluß sowohl gelesene Worte undAusdrücke als auch Sinnzusammenhängeaus der Geschichte weniger gut erinnernals die Kontrollgruppe.2

Bei einem weiteren Experiment43 zeigte .sich nicht nur, daß spezifisches Materialschlechter erinnert wurde. Obendreinhielten Versuchspersonen unter THC völ-lig neue Informationen für ursprünglichzum Ausgangsmaterial gehörig, das siesich hatten merken sollen. Das Einfließenirrelevanter Assoziationen bei Nacher-zählungen wurde zuvor schon von CLARKet al.15 bemerkt.Bei einer weiteren Untersuchung4 sollten

vorgelesene Worte (Lesung nüchtern!)aus Listen erinnert und wiedererkanntwerden. Es zeigte sich, daß „alte" (= ausden ursprünglichen Listen stammende)Worte im selben Maße wie bei der Kon-trollgruppe ohne Cannabis erkannt wur-den, gleichzeitig jedoch die Neigung er-heblich zunahm, neu eingeführte Wortefür bereits aus der Liste bekannt zu hal-ten. THC minderte Gefühl und Treffsi-cherheit bei der Unterscheidung zwischenbekannt (= im Gedächtnis) und unbe-kannt. Obendrein setzte es die Kritikfä-higkeit herab, Entscheidungen wurdenweniger reflektiert getroffen. Gleichzeitigließ die Motivation allerdings nicht nach,die Testpersonen wollten im selben Maßewie zuvor ihre Aufgabe gut erfüllen. Mankonnte also einerseits unter Cannabisalte Worte als bekannt erinnern, waraber weniger fähig, neue Worte als unbe-kannt (= nicht im Gedächtnis befind-lich) zurückzuweisen. Dies deutet daraufhin, daß bereits im Gedächtnis befindli-che Informationen sehr wohl normal ab-gerufen werden können.3 Andererseitskonnten weniger Informationen ins Ge-dächtnis gelangen, entsprechend späteralso auch nicht abgerufen werden, wenndie Person bei der Aufnahme der Infor-mationen unter dem Einfluß von Canna-bis stand.Um die Frage nach Einspeichern und Ab-rufen von Gedächtnisinhalten weiter zuuntersuchen, führte Abel3 weitere Ex-perimente durch. Zu den bereits bekann-ten Ergebnissen (= die Fähigkeit zwischenkorrekten und nicht-korrekten Bezügenauf Gedächtnisinhalte zu unterscheiden,die Vorsichtigkeit, mit der Entscheidun-gen getroffen werden, lassen beide nach)ließ sich herausarbeiten, in welcher Artsich Cannabis auf das Lernen (= speichernund abrufen können) auswirkte. 10 Listenzu je 12 Worten wurden vorgelesen. Nachjeweils 10 Worten sollten die Versuchs-personen die erinnerten Worte nennen(IFR= Initial Free Recall = Kurve). NachAbschluß der Lesung sollten alle insge-samt noch erinnerlichen Worte aufge-schrieben werden (DFR = Delayed FreeRecall = Kurve). Die Positionen 10 bis12 der IFR-Kurve befinden sich noch inden Bereichen der sinnlichen Wahrneh-mung, sie haben das Kurzzeitgedächtnis

noch nicht erreicht. Die Positionen 6-9lFR stehen für das Kurzzeitgedächtnisund zeigen deutlich eine Minderungdieser Fähigkeit unter Marijuana. Auch inSachen Langzeitgedächtnis fällt die Lei-stung der Marijuana-Gruppe zur Kontroll-gruppe deutlich ab. Vor Eintritt in dasKurzzeitgedächtnis nehmen beide Grup-pen die gegebenen Informationen etwagleichgut auf. Um diese neuen Informa-tionen nicht zu verlieren, muß man siesich ständig wiederholen, was unter THCoffenbar weniger gut gelingt (wegen Kon-zentrationsschwierigkeiten). Wahrschein-lich wiederholen Personen der Kontroll-gruppe erhaltene Informationen häufiger(= einüben), sodaß mehr ins Langzeit-gedächtnis gelangen kann.Wie eine nachträgliche Befragung derMarijuana-Gruppe ergab, sahen sie ihrepersönlichen Schwierigkeiten beim Er-lernen vor allem in einem Mangel an Kon-zentration. Diese Minderung der Konzen-trationsfähigkeit unter dem Einfluß vonCannabis dürfte die Ursache dafür stellen,daß neue Informationen nicht eingeübtund im Gedächtnis gespeichert werdenkonnten. Konzentrationsschwäche alsoals Grund für geminderte Lernfähigkeitund geringere Gedächtnisleistungen.

Auch wenn unter dem Einfluß von THCdie Fähigkeiten des Kurzzeitgedächtnissesleicht verringert waren, so wirkte sichCannabis doch nicht auf die Fähigkeitder Versuchspersonen sich durch Übungzu verbessern50 aus.Inzwischen sind die Auswirkungen vonCannabis auf das Kurzzeitgedächtnis undauf die Übertragung von Material vom

Kurzzeitgedächtnis zum Langzeitgedächt-nis60 einigermaßen bekannt.Unter der Einwirkung von THC ist die Fä-higkeit, während des „high" gelerntes Ma-terial abzurufen deutlich vermindert. Diesgilt für ein weites Spektrum sowohl verba-len als auch graphischen Materials. Bei derUntersuchung der Cannabis Effekte aufdas Kurzzeitgedächtnis wurden scheinbarwidersprüchliche Ergebnisse gefunden.Verschiedene Forscher2/3 /4 /15 /35 /36 wieseneine geringere Leistung bei ihren Versuchennach. Andere Experimente zeigten gegen-teilige (= kein Unterschied zur Kontroll-gruppe) oder gemischte Ergebnisse zumselben Fragenkomplex.14/17/23/27/38/64

Es bieten sich zwei Erklärungsmöglichkei-ten an:1. besonders begeisterte Dope-Raucher,

die über die Bedeutung des Experi-ments, an dem sie teilnehmen, unter-richtet sind, bemühen sich, unter Can-nabis besonders gute Ergebnisse zu zei-gen, um damit zu „beweisen", daßCannabis nur günstige Effekte hat.Stärkere Motivation gleicht eigentli-chen Cannabis-bedingten Leistungsabfall aus.

ODER:

2. regelmäßige Doperaucher entwickelneine Toleranz gegenüber den das Ge-dächtnis mindernden Wirkungen vonMarijuana (direkter körperlicher Ef-fekt).

Vieles deutet darauf hin, daß die ersteInterpretation der Wahrheit näher kommt.

In der Studie von Rossi und O'Brien50

z.B. zeigten drei starke Raucher die be-sten Ergebnisse, wenn sie wußten, daß derTest direkt mit der Gefährlichkeit vonMarijuana in Zusammenhang stand. Ande-rerseits brachten sie die schlechtestenLeistungen, wenn man ihnen sagte, daßes sich nur um einen außer der Wertung

stehenden Vortest handele.Dabei ist interessant, daß unerfahreneRaucher allesamt deutlich nachlassendeGedächtnisleistungen- unter dem Einflußvon Cannabis erbringen. Man kann dahervermuten, daß unter THC die Aufmerk-samkeit einer Person stärker von einerSache zur anderen wandert, die Konzen-tration also nachläßt.

Ein Nachlassen der Gedächtnisleistungdürfte also nicht aufgrund einer direktenchemischen Auswirkung auf das Gedächt-nissystem auftreten, sondern vielmehr in-direkte Folge der Konzentration aufandere Dinge (= Ablenkung) unter derDroge sein. Hierfür sprechen auch weitereErgebnisse.26/38/66/64

Zusammengefaßt bedeutet dies:1. Im Normalzustand eingespeicherte In-

formationen können jederzeit abgeru-fen werden, auch unter dem Einflußvon THC

2. Unter dem Einfluß von THC lassensich nicht so viele Informationen insLangzeitgedächtnis einspeichern, weilsie im Kurzzeitgedächtnis (wahrschein-lich durch Konzentrationsschwierig-keiten) verloren gehen.

INTELLEKTUELLE FUNKTIONENUnter dem Einfluß von Cannabis geschiehtes leicht, daß man im Gespräch oder imDenken den Faden verliert. Die Aufmerk-samkeit wird auf für die Sache nicht wich-tige Teilasoekte oder Assoziationen ge-lenkt. Es fällt schwer (= mehr Motiva-tion wäre nötig), sich zu konzentrieren.Hinzu kommt das bekannte Nachlassenbesonders des Kurzzeitgedächtnisses. DerSinngehalt des letzten Satzes kann bereitswieder verblaßt sein, und während mansich noch an ihn zu erinnern versucht, istdie Übersicht über eine Aussage im Ge-spräch oder beim Lesen eines Textesgänzlich verloren gegangen.Unter THC ist man auch stärker vonäußeren Reizen beeinflußbar, es ist nichtmehr so leicht möglich, sich unter widri-gen Bedingungen zu konzentrieren, manist leichter ablenkbar. Auch die Gefühls-lage und Umgebung (set und setting)

spielt nun eine wichtigere Rolle als imüblichen Zustand.

Akute Effekte auf intellektuelle Prozesse:Verringerung der intellektuellen Fähigkei-ten konnte beobachtet werden: Ziffer-Symbol-Substitution (innerhalb einerbestimmten Zeit ersetzt die Versuchsper-son eine Reihe von Nummern durch Sym-bole64), die Fähigkeit, eine Zahlenreihevorwärts und rückwärts zu wiederholen37

und die Fähigkeit, im Kopf eine zusam-mengesetzte Substraktionsaufgabe umzu-kehren32 , sowie Vorstellungsvermögen,29

Fähigkeit, einen gelesenen Text zu begrei-fen15, und freie Rede58/65 waren allesamtmehr oder weniger eingeschränkt, solangedie Versuchspersonen ,,high" waren. Dieverminderten Leistungen in den genann-ten Versuchen waren abhängig von derDosis, dem Motivationsgrad (wenn ,,high"läßt die Motivation für derartige Versuchemanchmal nach) und der Vertrautheit derAufgabe (bei vertrauteren Aufgaben warendie Leistungseinbußen nach Cannabis-Konsum geringer, weil Inhalte des Lang-zeitgedächtnisses ohne Einbußen gegen-über dem Normalzustand abgerufen wer-den können).

MÜDIGKEIT UND SCHLAFNach einer kleinen Dosis scheint Canna-bis sedative (= beruhigende) Wirkungenzu entfalten,

Nach hohen Do-sen macht sich eine eher anregende Wir-kung breit, man ist leicht überdreht, derSchlaf ist nicht sonderlich tief und er-frischend.56 Allgemein treten Müdigkeitund Schläfrigkeit oft beim Abklingen derTHC-Wirkung auf.In einer Reihe von Versuchen46/47 fandman heraus, daß Cannabis die täglicheSchlafzeit verlängerte, die REM-Tätigkeit(= Rapid Eye Movement = Bewegungendes Auges im Schlaf) in der zweiten Hälfteder Schlafperiode minderte und den REM-Schlaf nach einer Periode der REM-Min-derung reduzierte.Die Schlafmenge je 24 Stunden stieg von

7 Stunden durchschnittlich täglich beiGelegenheitsrauchern und 7,5 Stundentäglich bei starken Rauchern vor der Dro-gentest-Periode auf 8,7 bzw. 8,4 Stundenwährend täglicher Einnahme von THC.Die Schlafenszeiten erschienen unter demEindruck von fortgesetztem Marijuana-Genuß auseinandergerissen, hatten Ver-suchspersonen (Gelegenheitsraucher) vorder Versuchsperiode noch 90% ihresSchlafes in Blöcken von 6-9 Stunden ab-solviert, so waren es während der Zeit, wosie Cannabis täglich rauchten, nur noch60%. 48

Die genannten Änderungen erwiesen sichals nicht dosisabhängig und verschwandenmit der Ausscheidung von THC im Kör-per nach Beendigung der Rauchperiodelangsam (Abbau und Ausscheidung vonTHC benötigt mehrere Tage).Weiterhin dürfte es interessant sein, daßTHC die Qualitäten des Schlafs nicht wieandere Drogen (z.B. Alkohol) negativ be-einflußt. Es ließ sich auch kein direkterZusammenhang zwischen Einsetzen desSchlafes und Zeitpunkt der THC-Einnah-me feststellen. THC kann also nicht (wieAlkohol oder Opiate) als einschläferndeDroge bezeichnet werden.Mögliche Erklärung: THC wirkt sichdirekt mindernd auf die dem neurophy-siologischen System unterliegende REM-Aktivität aus. Es entsteht ein innererDruck an REM-Aktivität, der in verlän-gerten und häufigeren Schlafperioden ab-reagiert wird.

CANNABIS UND HUNGERIn mehreren Untersuchungen hat man sichmit dem vielen Cannabis-Rauchern be-kannten Phänomen des Heißhungers be-schäftigt. Kaum wird die Wirkung desCannabis verspürt, setzt sich der Betrof-fene in Richtung Kühlschrank in Bewe-gung oder reißt die Verpackung von derSchokolade. Die Ergebnisse der Testssind nicht sonderlich eindeutig, was zuverschiedenen Spekulationen über die Ur-sachen des unbestrittenermaßen häufigauftretenden Hungergefühls geführt hat(Hollister24 vermutet soziale Ansteckungdurch andere Hungrige in der Raucher-runde etc.) Obendrein haben Tierver-suche1 kein Mehr an Nahrungsaufnahme

gebracht, wenn THC gegeben wurde. Diesmag vielleicht aber auch an den unglaub-lich hohen Dosen gelegen haben, die die

Tiere bekamen (z.B. 10 mg/kg Körperge-wicht im Gegensatz zu bei Experimenten

mit Menschen beispielsweise verwendetenDosen von 0,3 mg/kg Körpergewicht).Vielleicht unterdrückt Überdosierung dieappetitanregende Wirkung von Cannabis.

In den 40er Jahren jedenfalls hat mangute Erfolge damit erzielt, Patienten mitPsychosen,45 Entzugssyndromen bei Ko-kain- und Heroinentzug33 und normalendurchschnittlichen Menschen6 ihre Appe-titlosigkeit zu nehmen und sie erstaun-liche Mengen Nahrung unter dem Einflußvon Cannabis mit Genuß aufnehmen zulassen.

CANNABIS UND SEX

Dies läßt sich eindeutig aut Zärtlichkeitenund sexuelle Reize (Tastsinn, Sehsinn,Geruchssinn, Hören usw.) beziehen. All-gemein wird der Phantasie freier Laufgelassen, was sich auch in vermehrten,eindrücklicheren erotischen Phantasienäußert. Intensivierte Reizempfindung undausschweifende Phantasien stimulierenentsprechend mehr. Das Zeitempfindenist verschoben, man hält eine gegebeneZeit für länger als sie tatsächlich ist. Diezeitliche Ausdehnung von Zärtlichkeitund Sex werden überschätzt, 10 MinutenLust, obwohl auf der Uhr erst 5 oder7 Minuten vergangen sind.THC führt zu einer gewissen Entspan-nung des Sympathikus, wodurch in ge-ringem Maße (psychologische Faktorensind wichtiger) auch die Ejakulationherausgezögert wird, es also zu einerrealen Verlängerung des Geschlechts-aktes kommen kann, wenn nicht zuvorVorstellungswelt und Gefühlslawinen miteinem durchgehen.Cannabis verstärkt die bereits vorhande-nen Gefühle und Veranlagungen. Werohnehin mit Spaß an die Sache heran-

geht, kann sich ein verstärktes Lustemp-finden von Dope im Bett (oder sonstwo

natürlich) versprechen. Wer allerdingsmit einer problembelasteten Sexualität

oder Beziehung zu kämpfen hat, kann

durchaus unangenehme Überraschungenerleben, wenn er sich stoned in SachenErotik versucht. Auch umschlagendeStimmungen erfahren eine Verstärkungmit schwierigen Situationen als Folge.Andererseits kann ein Versuch vielleichtauch zeigen, daß unter dem Einfluß vonCannabis erotische Befreiungen möglichwerden, die ersten zaghaften Schritte ineine bisher verschlossene Sinnlichkeit.Je nach psychologischer Ausgangslage (=Gefühlslage + Umgebung = set und set-ting) kann Cannabis also als Stimulanzoder das genaue Gegenteil wirken.

ALBERNHEITEN, LACHENVor allem bei den ersten Erfahrungenmit Cannabis kann man oft eine objektivunbegründete Heiterkeit, Ausgelassenheitund Albernheit beobachten. Kichern undLachen reißen kaum ab und werdendurch nichtigste Anlässe geschürt. In derGruppe wirkt dies unbedingt ansteckend.

PHANTASIEN + HALLUZINATIONENCannabis unterstützt die Entwicklung jeg-licher Vorstellungen und Phantasien, wo-hingegen echte Halluzinationen (d.h.Wahrnehmen nichtexistenter Dinge) ge-wöhnlich fehlen.

KREATIVITÄT

Es wird oftberichtet, daß erst unter dem Einfluß derDroge schöpferische Akte möglich waren,die den Rahmen des Eingefahrenen undBekannten sprengten.Die Aufmerksamkeit eines Menschenunter THC konzentriert sich nicht in dergewohnten Weise auf eine Sache, die inihrem angestammten Zusammenhangsteht. Sie schweift vielmehr ab, eine vor-geplante Richtung im Denken und Arbei-ten wird durch unwillkürliche Gedächt-nis- und Konzentrationsmängel nichtmehr eingehalten.Werden diese Begleiterscheinungen desCannabisrauchens bei der Erfüllung einer„ernsthaften" Aufgabe (Nacherzählung,

wissenschaftliche Arbeit, kompliziertesfolgerichtiges Denken, komplizierte vorge-gebene Reaktionsabläufe wie Autofahrenusw.) eher als störend und erfolgsmin-dernd empfunden, so können sie im Be-reich der Kunst eine Möglichkeit darstel-len, von ausgetretenen Pfaden des eigenenSchaffens abzuschweifen und durch eineArt brainstorming neue Möglichkeiten zuerschließen. Aus solcher Experimentier-freude öffnen sich neue Ebenen in bil-dender Kunst, Musik, Sprachkunst undkonzeptioneller Kunst. Oft entstehenkünstlerisch verwertbare aus einer (amGewohnten gemessen) Fehlleistung odereiner nicht rationalen Verknüpfung zweierunter „normalen" Bedingungen nicht alszugehörig empfundenen Eindrücken.Hand in Hand hiermit sorgt eine bekannt-lich geminderte Kritikfähigkeit dafür,Neues, Ungewohntes, Abweichendes eherunvoreingenommen zu sehen und nichtsogleich nach gewohnten Kriterien zu ver-werfen. Man interessiert sich stärker fürdas Jetzt und Hier, weniger Bedeutungwird dem Ausgang einer Arbeit zugemes-sen. Der Künstler erlaubt sich mehr Spon-taneität, deren Produkt er erst einmal inden Raum gestellt sein läßt.Die Verwirklichung von Ideen gestaltetsich nach dem Rauchen mitunter schwie-rig. Einmal kann der oft ungeheure Ideen-stau nicht ausreichend bewältigt werden.Weiterhin mag die Motivation (aus Ein-sicht) für eintönige aber notwendige Vor-gänge nachlassen, was oberflächliches Ar-beiten zur Folge haben kann. ErlernteFähigkeiten lassen unter dem Einflußvon Cannabis kaum bis gar nicht nach.Meist ist zu beobachten, daß die eigeneLeistung, auch wenn sie Untersuchungenzufolge nicht über dem Normalmaß liegt,in etwas euphorischer Weise als besser alsnormal empfunden wird. Dies kann denSchaffenden motivieren, weiterzuarbeiten.Aus Erfahrung heraus verlegen sichKünstler darauf, mit Hilfe von Cannabisneue Konzepte zu schaffen oder Werkeanzufangen, die dann in konzentrierterArbeit ohne Dope ,,ins Reine" ausge-arbeitet werden.

Zum Beispiel: Musizieren. Obwohl sub-jektiv eine verbesserte Musikalität ver-mutet wird,7/67 ist es eher wahrschein-

lich, daß die meisten reproduzierendenmusikalischen Fähigkeiten unter Canna-bis-Einfluß nachlassen, was vor allem aufeine Gedächtnisverminderung zurückzu-führen ist, es treten mehr Fehler auf (WIL-LIAMS et al. 1946). Die Verbesserung desVortrages durch Übung (= Lernen) wirdgemindert. Aufgrund einer höheren Ab-weichungs- und Fehlerwahrscheinlichkeitgelingt es den Musikern, vom erlerntenKlischee abweichende Ideen zu produzie-ren. Zu einer veränderten Kreativitätkann auch der allgemein veränderte men-tale Zustand (z.B. Entspannung) beitra-gen.

VERHÄLTNIS ZU GEGENWARTZUKUNFT UND VERGANGENHEITEs ist bekannt, daß THC-Einfluß dazuführt, eine objektive Zeit nicht annäherndrichtig einzuschätzen, auch eine Verwir-rung der Empfindung für Gegenwart,Vergangenheit und Zukunft ist zu beob-achten.36/35

Aber auch der Stellenwert, den die Ver-gangenheit, Gegenwart und Zukunft fürdie Versuchspersonen hat, verschiebt sichdeutlich. Die Konzentration auf die Ge-genwart nimmt erheblich zu, die Test-personen empfinden die Zukunft als„weit weg" und geben sich dem Erlebendes Hier-und-Jetzt hin. Die Versuchsteil-nehmer wurden über ihr momentanesEmpfinden (stoned) gegenüber zukünfti-gen Dingen befragt. „So wie ich michjetzt fühle würde ich generell dazu neigen,über zukünftige Dinge nachzudenken, mitdenen ich in ein paar Minuten/Stunden/Tagen/Wochen/Monaten/Jahren/Jahrzehn-ten konfrontiert werde." Die entsprechen-de Aussage konnte angekreuzt werden.Es zeigte sich, daß die Hauptstreuung desInteresses an der Zukunft unter THC-Einfluß näher an die Gegenwart rückte,Gegenwart, nächste Zukunft wurden weitwichtiger als zuvor. Bei einem gleicharti-gen Test zur Frage der Wichtigkeit derVergangenheit konnte keine Veränderunggegenüber dem cannabis-freien Zustandbeobachtet werden. Die Versuchsperso-nen berichteten, daß Marijuana sie dieZeitachse von der Vergangenheit über dieGegenwart zur Zukunft als nicht mehrzusammenhängend empfinden ließ, Ver-gangenheit und Zukunft also subjektiv

weniger Bezug zur Gegenwart hatten.Die beschriebenen Wirkungen nahmen

mit der Dosis zu und wurden am stärk-sten auf der Spitze des Rauscherlebnisses

empfunden. Eindeutig verlief diese Ent-wicklung auch parallel zu den euphori-

schen Eigenschaften von Cannabis.Die Hier-und-Jetzt-Sicht unter THC-Ein-fluß e r i nne r t an das Zeitempfinden vonKindern, wo jeder Moment frisch undlebendig erlebt wird, eher losgelöst vomKontext der starken Erinnerungen undzukunftsfixiertem Denken.62 MancheMenschen genießen dieses Hier-und-Jetzt-Gefühl, andere nicht. Vieles deutet daraufhin daß eben dieses Gefühl für viele stän-dige Cannabisraucher ein wichtiger Grundist Dope zu nehmen.34

Man möchte offener sein für gegenwärti-ge Erfahrungen.Viele Erklärungen sind möglich. Durchdas nachlassende Gedächtnis oder Kon-zentrationsvermögen steht der Gegen-wartserfahrung nicht soviel Ballast imWege (Erinnerungen, Erwartungen). Oder:intisiviertere Wahrnehmungen lassen diePerson sich stärker auf die Gegenwartkonzentrieren (dagegen spricht, daß Wahr-nehmungen vor allem subjektiv, nichtjedoch objektiv intensiver werden). Oder:Deutlichere Neigung zum Erleben vonSinneseindrücken drängen erlernte, sichsonst aufdrängende Assoziationsketten inden Hintergrund.87% der Marijuana-Raucher57 jedenfallssagten (stoned) aus: ,,lch denke wenigoder gar nicht über die Zukunft nach, ichlebe völlig im Jetzt-und-Hier."

MOTIVATIONUm irgendetwas zu tun bedarf es einerMotivation. Von der Stärke dieser Moti-vation hängt es ab, ob eine Leistung voll,teilweise oder gar nicht erbracht wird.Oft wird davon gesprochen, daß Canna-bisgenuß akut wie schließlich auch chro-nisch den Motivationsgrad eines Men-schen herabsetzt. Tatsächlich läßt sichmitunter bei Kiffern eine sprichwörtli-

che Schlaffheit beobachten, Durchhän-gen oder wissenschaftlich ,,Amotivations-syndrom" genannt (z.B. NIMH-Report onCannabis 1971). Hier ist die Frage aller-dings nicht im geringsten geklärt, ob Can-nabis diese Auswirkungen auf den Men-

schen verursacht, oder ob Menschen mitMotivationsschwierigkeiten in Cannabisnur ein Genußmittel ihres Geschmacksfinden.Gern wird behauptet. Cannabis sei ge-fährlich, weil es zu einem Nachlassender Motivation und damit sozialem undpersönlichen Zerfall des Konsumentenkomme. Diese Behauptungen lassen sich

nicht belegen. Nebenbei ge-wonnene Erkenntnisse aus anderen Unter-suchungen ließen jedoch keine Schlüssein dieser Richtung zu. Selbst unter alsstörend empfundenen Testbedingungenließ der Motivationsgrad der Versuchs-personen nicht nach (ABEL 1970).

CANNABIS UND SOZIALVERHALTENViele Befragungen haben gezeigt, daßCannabis meist nicht allein sondern ineiner Gruppe Gleichgesinnter genommenwird. Cannabis-Konsum kann als ein ver-bindendes Ritual unter jungen Menschenverstanden werden, die sich einer ent-sprechenden Subkultur zugehörig fühlen.Es stärkt ihr Solidaritätsempfinden, ver-mittelt das Gefühl gleicher Werte in derGruppe, grenzt vom ungeliebten, verhär-teten Establishment ab und bestärkt in dergemeinsamen ,,lmmer-Locker"-Ethik.55

Cannabis muß als deutlich soziogen (= ei-ne Gruppe schaffend) betrachtet werden,hierin unterscheidet es sich deutlich vonOpiaten, Amphetaminen und Barbitura-ten, die das Individuum in stärkere Isola-tion führen.Werden kleinere Mengen Dope geraucht,wird das Interesse an Interaktionen alsoGesprächen, Kommunikation, gemeinsa-men Aktionen etc. größer, während beihöheren Dosen das Interesse sich immermehr auf subjektive Erfahrungen richtet.58

Man hat „genug mit sich selbst zu tun",

die Drogenerfahrung mit ihren reichlichenSinneseindrücken, Assoziationen undPhantasien wird wichtiger. Gleichzeitigjedoch wird der Kontakt zur Gruppe ge-sucht und als angenehm empfunden. Mansitzt in gemeinsamer Runde oder gibt sichindividuellen Tätigkeiten oder Konsum-aktivitäten (Rockmusik, Fernsehen) hin.Weniger erfahrene Raucher neigten stärkerzur Kommunikation, Raucher mit größe-rer Cannabis-Vergangenheit zeigten sichmehr an mystischen Erfahrungen undEinsichten ins eigene Ich interessiert. Beiden einen traten die sozialen Effekte, beiden anderen die intrapsychischen Wirkun-gen von Cannabis in den Vordergrund.40

Erfahrene Raucher zeigten eine größereTendenz, gelegentlich allein zu rauchen,waren aber auch dem Mitrauchen (= eineandere Person initiiert) weniger abgeneigtals Gelegenheitsraucher. Insgesamt wurdein einer Untersuchung 94% des Dope inGesellschaft geraucht. Obwohl Cannabis-rauchen soziogen ( gruppenbildend) ist,schafft es jedoch nicht gleichzeitig aucheine soziale Interaktion zwischen denBeteiligten in der Gruppe. Die einzelnenPersonen wenden sich nach gemeinsamenRauchen mehr ihren eigenen Interessenzu oder konsumieren gemeinsam, Gesprä-che oder andere gemeinsame Aktionenfinden weniger statt. Dennoch scheint dasnon-verbale Gruppenempfinden als ange-nehm und wichtig empfunden zu werden.9

Es bleibt noch die Frage zu klären, ob diestärkere Ich-Bezogenheit von starken Can-nabis-Rauchern sich aus dem eher grup-penbezogenen Verhalten des Gelegenheits-rauchers mit zunehmender Cannabis-Er-fahrung entwickelt oder ob die starkenRaucher von vornherein deutlicher Ich-bezogen waren und ihre Cannabiserfah-rungen diese Tendenz verstärkt haben.Auch ist nicht bekannt, inwieweit sichIch-Interesse und Gruppenverhalten vonnichtrauchenden Vergleichs-Versuchs-gruppen unterscheidet.

SPRECHENAuch wenn besonders bei kleinen Dosen(bei denen man nicht zu beschäftigt ist,die Effekte der Droge unter Kontrolle zubekommen) die Gesprächigkeit oft zu-nimmt, hat man häufig Schwierigkeiten,

sich klar auszudrücken oder den Fadennicht zu verlieren. Dies mag an dem unterCannabis-Einfluß nachlassenden Kurzzeit-gedächtnis liegen, soeben Gehörtes wirdöfter und leichter vergessen, man kannden Überblick über das Gespräch nichtbehalten, neue Ideen und Assoziationendrängen sich ins Bewußtsein und lenkenvom eigentlichen Kern ab.65

In einer Studie20 gaben von 131 befrag-ten Personen

36% an, schweigsamer zu werden,19% hielten sich für gesprächiger,25% hatten beides schon erlebt, und20% wußten nicht, ob sie unter THC-

Einfluß mehr oder weniger sprechfreudigwurden.Aus einer anderen Befragung58 (150 Per-sonen wurden befragt) ging hervor, daß

45% gesprächsaktiver und49% ruhiger wurden

In einer beobachtenden Untersuchung10

zeigte sich eindeutig, daß die Gesprächs-aktivität mit dem Einsetzen der Cannabis-Effekte nachließ. Allerdings hatten dieVersuchspersonen Dope geraucht, das po-tenter war, als sie angenommen habendürften. Es zeigten sich in der Folgezeitdeutliche Unterschiede zwischen den Lei-stungen der gelegentlichen und der regel-mäßigen Raucher. Erfahrene Cannabis-konsumenten wurden nach einer anfäng-lichen Abnahme der Gesprächstätigkeit inden ersten Tagen des Versuchs dann red-seliger als vor dem Beginn der eigentli-chen Cannabis-Experimente, währendsich die Werte bei den Gelegenheitsrau-chern im Laufe des mehrtägigen Versuchs-zeitraumes weiter minderten. Die erfah-renen Raucher hatten offensichtlich we-niger Schwierigkeiten, mit dem in denersten Tagen der Untersuchung noch un-gewohnt starken Dopeerlebnis (5 TageAbstinenz waren vorausgegangen) klar-zukommen als die Neulinge.Man konnte eine Tendenz feststellen, daßunter größeren Dosen die Gesprächigkeitnachließ, was sich besonders gut an demRückgang versuchter Antworten mit stei-gender Dosis ablesen ließ.Gleichzeitig konnte aber eindeutig nach-gewiesen werden, daß das Gespräch, so-sehr es oft vom vorgegebenen Thema ab-schweifte, sich nicht durch einen Niveau-

verlust auszeichnete. Es traten kaummehr Fehler in Satzbau und Wortwahl

auf, die Gespräche konnten keinesfallsals zerrissen bezeichnet werden, man

konnte wie zuvor vereinbart sogar zu ei-nem Ergebnis finden.

Die beste Erklärung für die beobachtetenPhänomene liefert die Hypothese, daß esunter Cannabis-Einwirkung nicht zu ei-nem Nachlassen sondern zu einer Ver-schiebung der Motivation kommt, die

Aufmerksamkeit wird nicht mehr so sehrdem als trocken und gezwungen empfun-denen eigentlichen Gesprächsziel gewid-met sondern bezieht sich auf andere Din-ge.Weiterhin stellte sich heraus, daß sich dieVersuchspersonen unter THC-Einflußnicht leichter von ihrer Meinung abbrin-gen und manipulieren ließen als zuvor,auch konnte kein Trend zu einer Anpas-sung an die Mehrheit festgestellt werden,so wie dies in einer anderen Untersu-chung52 einmal angedeutet worden war.Zusammenfassend läßt sich sagen: DieGesprächsaktivität nimmt zuerst ab, jegrößer die Drogenerfahrung, desto ehergeht jedoch der Trend nach einigen Tagenin Richtung mehr Sprechen. Die Ge-sprächsinhalte verändern sich qualitativ(lustbezogen) zu als angenehmer undinteressanter empfundenen Themen hin.Die Antworten waren weniger sachorien-tiert dafür aber positiver. Die Gesprächs-teilnehmer können unverändert an einemintelligenten Gespräch teilnehmen. Esbesteht keine Neigung, sich etwas ein-reden zu lassen.10

CANNABIS UND FEINDSELIGKEITUND AGGRESSIONAls Cannabis vor einigen Jahrzehnten insZentrum des öffentlichen Interesses ge-riet, baute sich propagandageschürt sehrrasch ein äußerst schlechter Ruf aus. Dawurde unter anderem vielfach behauptet,daß unter der Einwirkung von Dope dieschlimmsten und grausamsten Verbre-chen verübt würden. Dieser Glaube läßt

sich nicht mehr im Geringsten aufrecht-erhalten. Ganz im Gegenteil scheint Can-

nabis die auf andere Personen gerichteteAggressivität eher zu entschärfen oder zunehmen.

Halpern merkte bereits 1944 im LaGuar-dia-Report33 an, daß die Aggressivitätvon Menschen nach dem Rauchen vonMarijuana sank, CHOPRA und CHOPRA13

fanden Doperaucher weniger feindseligund provozierend als durchschnittlicheMenschen, MURPHY schrieb 1966,44 daß„die meisten seriösen Beobachter sichdarin einig sind, daß Cannabis keinesfallsper se zu aggressiven oder kriminellenAktivitäten führt." HOLLISTER et. al.22

fanden heraus, daß der Aggressionsgrad(gemessen an der Clyde Mood Scale)nach der Einnahme von THC nachließ.Gleichzeitig kam es unter dem Einflußvon THC offensichtlich zu einem ausge-prägteren Empfinden für die eigene Ag-gressivität. Während vorher nur 42% derBefragten sich als „aggressiv" bezeichne-ten, waren es 88% derselben Gruppewenn sie Marijuana geraucht hatten (Hal-pern in LaGuardia Report33). Die eigeneAggressivität wurde deutlicher empfun-den, die reale Aggressivität stieg gleich-zeitig nicht sichtbar an, Aggression äu-ßerte sich ausschließlich in der verbalenForm, meist als Sarkasmus und Ironie.In einer jüngeren Studie51 wurde die Ag-gressivität im Gespräch zwischen Ver-suchspersonen untersucht. Vor dem Rau-chen zeigte sich die Aggressivität vorwie-gend in feindseliger Kritik an den Äuße-rungen des anderen Gesprächspartners,unter Cannabis verlagerte sich diese Ag-gressivität auf das Gebiet des Spotts (=Sarkasmus), in dessen Folge regelmäßiggelacht wurde.Weiterhin nahm die gesamte Neigung zurAggression ab. Auch die Gesprächspart-ner wurden unter dem Einfluß der Drogeals freundlicher, verständnisvoller, koope-rativer und empfänglicher wahrgenom-men.Dies entspricht, sosehr man sich auchhüten sollte, die Ergebnisse zu verallge-meinern oder auf alle denkbaren Situa-tionen anzuwenden, klar für die verbrei-tete Erfahrung in der Cannabis-Szene,daß nach dem Rauchen die Lust an ernst-haften Aggressionen, Streitigkeiten undFeindseligkeiten abnimmt. Man hat sub-jektiv etwas besseres zu tun oder ist ein-fach friedfertiger.

CANNABIS UNDPROBLEMLÖSUNGSVERHALTENDie Versuchspersonen sollten aus vielenzur Auswahl stehenden Bildern das her-ausfinden, das der Tester im Kopf hatte.Im Idealfall stellt man Fragen, die jeweilsdie eine Hälfte der Alternativen aus-klammert (z.B.: „Ist das gemeinte Ob-jekt rund?", wenn nur runde und eckigeObjekte zur Auswahl stehen), die gering-ste Effizienz weisen Zufallsfragen (- raten)auf.Im Gegensatz zur Erwartung der Wissen-schaftler zeigten die Versuchspersonenunter Dope-Einfluß bessere Ergebnisse alsnüchtern, obwohl es sich bei diesem Testum den Inbegriff nüchtern rationalen

Denkens handelte. Diese Leistungsver-besserung stand jedoch nicht in einemVerhältnis zur eingenommenen Menge.Man kann also nicht behaupten: jemehr geraucht desto besser kombiniert.Die erwartete Tendenz hin zum Ratenstellte sich nicht ein. Vielleicht ermög-licht Cannabis dem menschlichen Bio-computer ein ungehemmteres Arbeiten,was man als verbessertes intuitives Den-ken oder Gespür bezeichnen würde.Deutlich ist bewiesen, daß Cannabis dieFähigkeit nicht beschränkt, durch folge-richtiges Denken und die Koordinationgesammelter Erkenntnisse (feedback) eingegebenes abstraktes Lösungsziel zu er-reichen.11

LANGZEITWIRKUNGEN(psychosozial)

Chronische Auswirkungen auf die Psyche

Die chronischen Effekte lassen sich be-sonders schwer beurteilen. Allein die Tat-sache, daß eine psychisch kranke PersonHaschisch raucht, beweist keinesfalls, daßHaschisch die Krankheit verursacht hat.Grundsätzlich aber ist die Neigung psy-chisch nicht Gesunder zu Drogen allge-mein zu berücksichtigen. Es darf daherauch nicht als Argument gelten, daß etwaunter den Haschrauchern mehr psychischkranke Menschen zu finden seien als imBevölkerungsdurchschnitt.Auch Freunde der Droge Cannabis wer-den nicht bestreiten wollen, daß regelmä-ßiger THC-Gebrauch unterschwellig vor-handene seelische Probleme oder Krank-heitsansätze zum Ausbruch bringen kann.Andererseits kann man unter bestimmtenEinnahme- und Behandlungsbedingungensicherlich Cannabis therapeutisch einset-zen, um Schwierigkeiten stärker zu emp-finden und bewußt zu machen. Für eineLerntherapie im behavioristischen Sinneeignet sich das ,,Medikament" Cannabisaber gewiß nicht, da die Lernfähigkeitund die Manipulierbarkeit nicht zuneh-men sondern eher durch Gedächtnisein-brüche und Neigung zum Mißtrauen her-abgesetzt sind.

Psychopathologie:

Die am häufigsten zu beobachtende ne-gative Reaktion auf Cannabis bestehtdarin, daß der Konsument aufgrund einerunerwartet starken Wirkung der Drogedas Bewußtsein dafür verliert, daß es sichhierbei um einen nur vorübergehendendurch die Droge bedingten Zustand han-deIt (das Individuum verliert die „Per-

spektive"), was zu einer starken Ange-spanntheit oder Ängstlichkeit führenkann. Der Grund für diese unerwarteteSensation mag in der geringen Cannabis-Erfahrung eines Anfängers oder einer un-

erwartet hohen Potenz des konsumier-ten Materials liegen. Die Symptome klin-gen mit dem Nachlassen der Drogenwir-kung ab.Ebenfalls häufiger treten leichte para-noide (= Verfolgungsgefühl) Empfindun-gen auf, wahrscheinlich vor allem beiMenschen, die sich ohnehin durch stärkerausgeprägte paranoide Verteidigungsme-chanismen (sich ständig angegriffen füh-len, sich ständig verteidigen zu müssenglauben) auszeichnen. Je angespanntervor allem ein unerfahrener Konsumentder Cannabis-Erfahrung entgegensieht,desto wahrscheinlicher wird das Auftre-ten von Angst und leicht paranoidenEmpfindungen. Hier sei auch der sehrwichtige Einfluß von set (= die das Dro-generlebnis betreffenden Erwartungenund die Gefühlslage) und setting (= diedas Drogenerlebnis beeinflussenden äuße-ren Umstände) angeführt.Akute Effekte wie Bewußtseinstrübung,Desorientierung, Verwirrung und deut-liche Gedächtnisverluste können vorkom-men39 , entstehen aber gewöhnlich nurbei sehr hohen Dosen (die der durch-schnittliche Konsument sicherlich alsÜberdosis bezeichnen würde). Das Auf-treten solcher Symptome ist mehr vonder Dosis als von der bestehenden Persön-lichkeitsstruktur abhängig. Die beschrie-benen Effekte verschwinden mit demAbklingen der Drogenwirkung.Der Begriff der Cannabis-Psychose kammehr durch in Ländern der dritten Weltdurchgeführte Studien in Umlauf.59 Hierwurden extrem starke Raucher (seit fünfJahren bis zu mehreren Gramm täglich59)untersucht. Sehr fragwürdig ist dabei dieDiagnose von Geisteskrankheit (als abwei-chendes, nicht mehr zum Normalen wan-delbares Verhalten), die zumindest teil-weise von soziokulturellen Faktoren ab-hängig ist. Ob es überhaupt je eine durchCannabis-Gebrauch ausgelöste Psychose

gegeben hat, ist umstritten. Noch weni-ger klar ist, nach welchen Gesichts-punkten hier zu entscheiden ist.Es ist weit eher wahrscheinlich, daß einbereits unterschwellig psychotischerMensch oder ein Mensch, der mit seinenProblemen allgemein nicht fertig wird,zu jeder Art Drogen greift, also auch zuCannabis.Hierfür spräche auch die Ansicht einesWissenschaftlers61, daß Cannabis bereitsvorhandene, aber schlummernde oderrückläufige Psychosen bei Schizophrenenstärker hervortreten läßt, also das Krank-heitsbild selbst verschlimmert. Nicht nurSchizophrene sollten daher Abstand vonCannabis nehmen, Cannabis ist keine Dro-ge zur automatischen Problemlösung.

Cannabis führt nicht zu Gewalttätigkei-ten, obwohl es sicherlich einige Personengibt, die bereits zuvor über eine geringeImpulskontrolle verfügten oder auch be-sondere Stress-Situationen möglich sind,die in Kombination mit bereits existie-renden Charaktermerkmalen einen Canna-bis-Konsum von Fall zu Fall unangebrachterscheinen lassen.5a

Auf der Basis der Erfahrung von ca. 5000drogenbezogenen Psychosen faßt einAutor die in seiner Tätigkeit als medizi-nisch Verantwortlicher bei etlichen Pop-festivals gewonnenen Erfahrungen zusam-men. Er bescheinigt, daß stark negativeReaktionen auf Cannabis sehr selten sind.Er warnt jedoch vor den Gefahren uner-wartet hoher Dosen (s.o.). Es seien sehrselten auch marijuanabedingte Psychosenaufgetreten Er weist darauf hin, daßnach drogenbedingten Psychosen etwa5-10% der Fälle persistente (= bleibende)psychiatrische Symptome behalten. Er rätdaher allen, die früher einmal sehr schlech-te Erfahrungen mit Drogen gemachthaben (,,bad trips" etc.) oder allgemeinstarke emotionale Verwirrungen erfuhren,Drogen allgemein zu meiden, einschließ-lich Marijuana und Alkohol.5b

Das sogenannte Flash-back-Phänomen istschon lange bekannt, Wahrnehmungenund Gefühle, die typisch für den Drogen-rausch sind, kehren unvorhergesehen undohne vorherige Einnahme der Droge wie-der. Der Ursprung des flash-backs ist bis

heute nicht bekannt, die Effekte bedür-fen keiner Behandlung und klingen raschvon selbst wieder ab.54

Auswirkungen chronischen Gebrauchsauf intelektuelle Funktionen:Eine Reihe Untersuchungen zu diesemsehr komplexen Thema sind durchge-führt worden, die teilweise zu dem Schlußkamen, daß Cannabis zu ständigen Ein-schränkungen der intellektuellen Funktio-nen führe. Leider ist sowohl über die indiesem Sinne als auch in gegenteiligerRichtung resümierenden Studien zu sagen,daß ihr Aussagegehalt wegen der geringenExaktheit der Untersuchungsumstände alsgering anzusehen ist. Zuviele Faktorenwurden in den meisten Versuchen nichtin das Ergebnis miteinbezogen. Meistwurden Cannabis-Konsumenten mit einerKontrollgruppe verglichen, was den Aus-wirkungen von Cannabis-Konsum auf dieintellektuellen Funktionen nicht gerechtwird, sondern nur Unterschiede zwischenzwei vermeintlich repräsentativen Men-schengruppen herausstellen kann. Schnei-den die Cannabis Konsumenten dabeischlechter ab, so ist beispielsweise dieFrage noch nicht gelärt, ob Cannabis dieintellektuellen Funktionen mindert oderob nur mehr Menschen mit vermindertenintellektuellen Funktionen unter derCannabis rauchenden Gruppe zu findenwaren. Bisher gibt es keine Untersuchung,die sich mit den Veränderungen an einund derselben Person nach dem Gebrauchvon Cannabis über einen längeren Zeit-raum hinweg beschäftig (Vorher-Nach-her). Bei vielen Untersuchungen sind vorallem die Auswahlkriterien der Versuchs-personen der beiden Vergleichsgruppensehr dubios, Untersuchungen an Gefäng-nisinsassen dürften ebenfalls nicht als re-präsentativ gelten und allenfals als An-haltspunkt für weitere Forschungen die-nen. Selbst die Autoren derartiger Stu-dien äußern teilweise die Meinung, daßes durchaus fraglich ist, ob die geringereintelektuelle Funktionstüchtigkeit aufbereits vor dem Einsetzen des dann chro-nischen Cannabis-Konsums vorhandenoder erst durch Cannabis ausgelöst wor-den war. Nicht untersucht ist auch dieFrage der chronisch veränderten Motiva-tion.

Chronische Auswirkungen auf dasVerhalten:

Jede neue Erfahrung kann das Verhal-ten eines Menschen ändern. Je häufiger

er dieselben oder ähnliche neue Erfah-rungen macht, desto stärker werden sie

ihn ändern, er lernt Neues, unabhängigdavon, ob es nun zu seinem Vor- oderNachteil ist.Chronische Verhaltensveränderungen sindnur schwer zu erforschen, weil sie an einund derselben Person über einen langenZeitraum sorgfältig beobachtet und aus-gewertet werden müßten, was sich prak-tisch kaum durchführen läßt. Dennochkönnen unter Cannabis Rauchern gewis-se Phänomene immer wieder festgestelltwerden, die Anlaß zu den unterschiedlich-sten Vermutungen gegeben haben. Auchdie folgenden Ausführungen sind sicher-lich nicht sehr viel mehr als ein Anhalts-punkt bei dem Versuch, solche möglichenFolgen von Cannabis zu verstehen.Es werden hier nur mögliche (niemalszwangsläufige) Auswirkungen beschrie-ben, wie sie sich in der Szene beobach-ten lassen. Je höher der Stellenwert desCannabiskonsums im Leben eines Men-schen, desto höher steigt die Wahrschein-lichkeit, daß dies klar Einfluß auf seinVerhalten und seine Einstellung ausübt.Jeder Raucher findet hier ein persönli-ches Gleichgewicht. Nicht automatischändern sich alle Cannabis-Raucher inner-halb von ein paar Jahren zu Aussteigern,wie dies mitunter behauptet wird. Dieüberwiegende Mehrzahl verhält sich kaumanders als andere Personen desselbenAlters und derselben Stellung. Hier sol-len nur Tendenzen aufgezeigt werden, diesich mit Cannabis-Gebrauch in Verbin-dung bringen lassen.Noch einmal sei betont, daß Cannabisnicht von sich aus einen Menschen ver-ändern kann. Es vermag nur bisher ver-deckte Impulse (gute wie schlechte) inihm freizulegen, was den Menschen sichzu seinem eigenen Vor- oder Nachteilverändern lassen kann. Problematischwerden die chronischen Auswirkungenvon Dope meist erst dann, wenn sich dieLebensäußerungen um die Droge zentrie-ren, man also für den Drogenkonsumlebt (so wie andere Menschen für andere

schnöde Reize leben). Die deutlichstenVorteile kann man mit Cannabis erfah-ren, wenn man die Droge als Mittel zumZweck bewußt einsetzt, sie als anregen-des Element bei der Kreativität und zurVerstärkung von Empfindungen be-nutzt, Cannabis also zu einem inspirie-renden und entspannenden, unbedingtbereichernden Teil seines Lebens macht.

Motivation:Die Motivationen sind am deutlichstenvon den längerfristigen Auswirkungenvon Cannabis betroffen. Das Gleichge-wicht zwischen den Polen Muß undMöchte = Pflicht (d.h. auch Verantwor-tung) und Lust verschiebt sich mit derZeit meist zugunsten der Lust. Intensivier-te sinnliche Wahrnehmungen erschließenunerahnte Möglichkeiten von lustbereiten-dem Konsum und Kreativität. Die Pflich-ten werden gelegentlich auf ein absolutesMindestmaß reduziert. Man erlaubt sichmehr Faulheit. Zukunftsorientierung läßtzugunsten eines wichtiger gewordenenHier und Jetzt nach. Karriere und Alters-sicherung treten gegenüber dem eigenenunmittelbaren Lustgewinn zurück. Unan-genehme Pflichten werden noch wenigergern erfüllt, jeder Vorwand, sie zu umge-hen, wird genutzt, die Selbstdisziplin lei-det. Autoritätsprobleme tauchen auf,man ist nicht mehr so einfach bereit, sichvon einem verhärmten, dummen undunfairen Vorgesetzten herumstoßen zulassen. Pflicht und Weltsicht werden we-niger festgelegt und verbissen aufgefaßt,ein gewisser Fatalismus stellt sich ein. Imschlechtesten Falle (vor allem wenn schoneine Motivationsarmut ohnehin vorliegt)werden alte Pflichten fallengelassen ohnedurch neue Interessen ersetzt zu werden:gleichgültiges Dahinleben ohne Perspek-tive und Interessen, Durchhängen, „Amo-tivationssyndrom". Andererseits könnenaber auch verschüttete Interessen undTalente freigelegt und die eigene Kreativi-tät kultiviert werden.

Lebenswandel:Entsprechend dem neugefundenen Gleich-gewicht zwischen Lust und Pflicht, derAktivität und der grundsätzlichen Ein-stellung richtet sich das Leben ein. Kon-

sum und Kreativität bekommen einenhöheren Stellenwert eingeräumt, ganzvorn rangiert direkter Lustgewinn. Manmöchte die nötige Arbeit so rasch undwenig aufwendig wie möglich erledigen,um endlich Zeit für das eigentliche Lebenzu haben. Am liebsten würde man ganzauf geregelte Arbeit verzichten. Es kommthäufig zu einer größeren Annäherung andieses Ideal (z.B. Jobben), zumal die Zu-kunftsangst oft nicht mehr so groß ist.Weiterhin läßt sich ein etwas gesteigertesSchlafbedürfnis feststellen, Schlafen undDösen werden als Genuß empfunden undkultiviert. Der Lebenswandel verliert oftan Regelmäßigkeit.

Interessen:Lust, Kreativität und Konsum bestimmendie Interessen. Möglichst keine langwie-rigen Aufgaben, die mit abtötend langwei-ligen Arbeiten verbunden sind. Lieberdirekter Lustgewinn ohne viel Anstren-gung. Es findet meist keine Festlegungauf nur ein Gebiet statt, da auch Aufmerk-samkeit und Interesse oft wandern undsich nur kurzzeitig auf eine Sache kon-zentrieren. Eigener Kreativität wird mehrWichtigkeit beigemessen, die Begeisterungfür eigenes Schaffen ist groß, auch wenndie Werke objektiv nicht so sehr überzeu-gen. Vorhandene Interessen werden inten-siviert und ausgeweitet (= mehr Lustge-winn). Oft läßt sich die Entstehung vongeisteswissenschaftlichen, religiösen, my-stischen und ästhetischen Interessen be-obachten.

Psyche:Man lernt, sich mehr mit den eigenenEmpfindungen zu beschäftigen, da sieunter dem Einfluß von Cannabis regel-mäßig verstärkt und verdeutlicht werden.

kommt, man wird humoriger. Auch eigent-lich ernsten Dingen kann nicht mehr diealte Bedeutung abgewonnen werden. DieAggressivität läßt nach und verschiebtsich obendrein auf weniger brisante For-men wie den Spott.

Interaktion:Anderen Menschen gegenüber unterteilt

und intolerante Feinde, höchstens Dul-der. Die durchschnittliche verständnislosebis feindliche Umwelt wird abgelehnt,man hat Mitleid mit den Unwissenden.Das bildet ein Gefühl der Individualitätund Unaustauschbarkeit aus, das manhöchstens mit Gleichgesinnten aus der„Elite" zu teilen braucht. Das VerhaltenAnderen gegenüber entspannt sich inRichtung Friedlichkeit, Aggressionen wer-den vermieden oder auf eine mehr kulti-vierten Ebene abgehandelt. Dem Ande-ren wird eher sein Recht auf Individualis-mus eingestanden, es sei denn, die eigeneFreiheit soll eingeschränkt werden. Manist kommunikationsbereiter, trifft sichgern mit anderen Menschen, auch wenndabei nicht unbedingt kontinuierlichesGespräch stattfindet.

Zusammenfassend: In vielerlei Hinsichtkann man sich durch Cannabis-Rauchenlangsam in Richtung Kindlichkeit verän-dern. Weniger zielorientiertes sonderneher lustbezogenes Denken und Empfin-den, Übergewicht der Gegenwart und derimmer neuen Eindrücke. Freude an Kon-sum und Kreativität, Abwendung vonnicht einsehbaren Pflichten und Autori-

CANNABIS UND KONSUM

Wir leben in einer Konsumwunderwelt,die uns in Lebensstil und Werbung vonden möglichen Genüssen vorschwärmtund sie allenthalben für uns bereit hält.Wer Cannabis nimmt, kann die Lust, dieihm der Konsum bereitet, verstärken. DieSinneseindrücke (Sehen, Schmecken, Rie-chen, Hören, Fühlen) sind intensiver, derGenuß also größer. Die Anteilnahme amKonsumgut steigt, man steigert sich stär-ker in Musik, Film und Essen z.B. hinein.Kein Wunder, daß manche da gar nichtgenug bekommen können von Süßigkei-ten, Fernsehen, Pop-Musik und allem wasman sonst in sich hineinessen, -trinken,-riechen, -sehen, -empfinden etc. kann.Leicht nimmt die Begeisterung überhand.Zwar würde Kreativität genausoviel oder

mehr Befriedigung versprechen, aberdas wäre erheblich anstrengender. Und da

auch schon kleinere Konsumgüter minde-rer Qualität zur Selbstbegeisterung rei-chen, schaut man lieber mittelmäßigeFilme und ißt Hamburger als selbst Kunstzu schaffen oder zu kochen.

CANNABIS UND ARBEITEN

Überall lauern notwendige Arbeiten aufden Cannabis-Raucher: Geldverdienen,Haushalt und Steckenpferde. Mitunterlassen sich einfache, eintönige Arbeitengut unter dem Einfluß von Dope durch-führen, die Hände machen die Arbeitautomatisch, während sich der Kopf mitetwas ganz anderem beschäftigt. Auf-gaben, die Konzentration erfordern, sindda schon etwas schwieriger zu bewältigen.Hier hängt alles davon ab, wieviel Übungman hat, d.h. auch, wie oft man eineArbeit schon unter dem Einfluß von Can-nabis durchgeführt hat.Wie auch bei jedem anderen Menschen be-reitet es dem Raucher besonders vielSchwierigkeiten, mit wenig Motivationzu arbeiten. Zwar kann ein äußerer Zwang(Geld, Ordnung im Hause, Autoritätsper-son) einige Motivation liefern, aber dieArbeit wird als unangenehm empfunden.Je eintöniger die Arbeit ausfällt, destomehr bemüht man sich, sie zu umgehen,als Hascher noch mehr als sonst schon.

Oder: husch husch, damit es endlich vomTisch ist, Hauptsache es hält und siehteinigermaßen aus. Dann endlich Zeit fürAngenehmes.

Es kann vorkommen, daß eine Arbeit sounangenehm ist, daß man sich sagt: lie-ber jetzt in einem Zug gut und konzen-triert als stundenlang mit halbem Herzen.Oder man hat ausnahmsweise eine Arbeit,die Spaß macht. Dann wird es genossensich ihr hinzugeben und das Soll weidlichüberzuerfüllen.Im Berufsleben haben die meisten Men-schen nicht die Möglichkeit, das zu tun,was ihnen Spaß machen würde. Bei Can-nabis-Rauchern leidet darunter Motiva-tion und Leistung noch mehr als sonstschon. Obendrein wird weniger zukunfts-orientiert gedacht. Man bekümmert sichnicht so sehr um Karriere und Rente,sieht die Arbeit mehr als Job, den manhalt machen muß. Die Arbeitsmoral istentsprechend gering. Geld wird als Mittelzum Zweck angesehen, nicht als Anlagefür später. Mehr Geld bedeutet mehr kon-sumieren können oder die Möglichkeit,mit dem Arbeiten einige Zeit aussetzenzu können.

CANNABIS UND KRIMINALITÄTCannabis und Kriminalität sind derzeit inDeutschland untrennbar miteinander ver-

auch bemühen mögen, sie stehen immerim kriminellen Abseits, da Besitz, Beschaf-fung, Herstellung und Verbrauch ihrerDroge strafgesetzlich verboten sind. DieBeschaffung von Cannabis läuft zwangs-läufig über einen in den oberen Verwal-tungsebenen meist kriminell organisiertenHandel, die alternative Herstellung imGarten ist ebenfalls strafbar.Dies birgt eine große gesellschaftlicheGefahr in sich. Die Cannabis-Raucher sinddaran gewöhnt, daß ein wichtiger Teilbe-reich ihres Lebens kriminalisiert ist. IhreAbgrenzung gegenüber den Kriminellenan sich ist daher aus der Balance gebracht,sie sind eher bereit, „andere" Kriminelleoder kriminelle Taten als legitimen Aus-druck sozialen Außenseitertums (wie daseigene Kiffen oder Dope-Kaufen) zu ak-zeptieren.Bei der Beschaffung von Cannabis geht esrecht zivil zu. Es werden keine größerenGeldbeträge gebraucht und es baut sichkeine Sucht auf. Man kauft bei befreun-deten Kleinhändlern kleine Mengen ein.

DIE WIRKUNGEN VON CANNABISAUF DEN KÖRPER

Hier muß zuerst zwischen akuten undnach wenigen Stunden wieder abklingen-den Effekten einerseits und chronischenAuswirkungen andererseits unterschiedenwerden. In manchen Teilfragen ist es auchwichtig, den Unterschied zwischen derreinen Substanz delta9-THC und einem sozusammengesetzen Produkt wie demRauch einer Cannabis-Zigarette, womög-lich noch mit Tabakanteil, zu beachten.Bei der Wertung der psychischen Phäno-mene darf nicht verkannt werden, daß essich auch hier zuerst einmal um bioche-mische Vorgänge handelt, welche dannvon der sogenannten Psyche weiterverar-beitet, d.h. gewertet und in das Erfahrungs-bild des Einzelnen eingebaut werden.In Tierversuchen gewonnene Erkenntnisselassen sich nicht ohne Weiteres auf denMenschen übertragen: so beschleunigt THCbeim Menschen den Herzschlag, währendes ihn bei den meisten Tieren verlangsamt!

KÖRPERLICHE WIRKUNGEN

Beschleunigter Herzschlag (akut): diesesPhänomen ist in der Literatur ausreichenddokumentiert, wenn auch mit im Detailunterschiedlichen Ergebnissen. MancheUntersuchungen fanden eine deutlicheWechselbeziehung zwischen Anstieg derHerzfrequenz und Dosis.44/50/87 In einemanderen Versuch61 (21 gesunde junge er-fahrene Raucher, täglich drei Joints über94 Tage im Hospital) ließ sich entgegendiesen früheren Erfahrungen eine deut-liche Dosisabhängigkeit nicht den ganzenVersuch über nachweisen, weshalb die aus-führenden Wissenschaftler zu dem Schlußkamen, daß sich eine Toleranz gegenüberden cardiovaskularen Wirkungen von Can-nabis aufbaut.RENAULT et al.68 fanden heraus, daßsich eine Veränderung/Beschleunigungdes Herzschlages als akute Reaktion aufCannabis-Gebrauch nicht bei allen Perso-

nen in gleichem Maße findet, manchesprechen sehr stark, andere nur kaum an.Ihrer Arbeit zufolge hing dies jedochnicht von der Erfahrung des Rauchers(= evtl. Toleranz) ab.GALANTER et al.17 konnten feststellendaß die Auswirkungen auf den Herzschlagzwar 15 Minuten nach Einnahme ihreSpitze erreichten, die subjektive Dope-Erfahrung jedoch erst nach etwa 60 Minu-ten ihren Gipfel hatte.

Herzschlag:nahm dosisabhängig beständig zu. Sofortnach dem Rauchen kam es bei hohen Do-sen zu einer Zunahme, die dann nach undnach verebbte, um nach ca. 40 Minutenwieder Werte wie vor dem Rauchen zu er-reichen.12

Chronisch:Obwohl keine ernsthaften Auswirkungenauf die Herztätigkeit zu befürchten sind,ist es wahrscheinlich, daß Cannabis-Kon-sum bei Personen mit einem bereits be-stehenden Herzschaden das Auftreten vonAngina pectoris noch mehr begünstigt alsder Konsum von Tabak-Zigaretten. Vor-sicht also bei Herzkranken!66

EEG:Zunahme im alpha-Bereich (8-13,5 Hz)Abnahme im theta-Bereich (4-7,5 Hz)Abnahme im beta-Bereich (18,5-24,5 Hz)

Blutdruck:In vielen Untersuchungen wurden ver-schiedenste Änderungen des Blutdrucksgefunden,26/29/87 ein Forscherteam konn-te eine Zunahme sowohl des systholiti-schen als auch des diastholischen Blut-drucks erst bei gerauchten Dosen über10 mg feststellen.69/33

Gerötete Augen:Man führt diesen Effekt allgemein auf einAnschwellen kleinerer Blutgefäße in derBindehaut zurück. Die geröteten Augen

verschwinden wieder nach einiger Zeit,können aber mitunter weit länger beste-hen als der subjektive Rausch. Es ist daher

gar nicht so naiv, sich den typischen Kiffermit ständig geröteten Augen vorzustellen.

Eine Erklärung für diese Wirkung aufHerz und Gefäße kann nicht schlüssiggegeben werden, gewisse Daten über dasAuftreten von unregelmäßigen Schlägenbei hohen Dosen weisen auf eine Verbin-dung zum Katecholamin-Haushalt hin,trockener Mund (ein atropinartiger Effekt)und Bindehautreizung, gerötete Augen je-doch deuten auf eine Gefäßerweiterung.

Immun-System:Auch die Frage der schädlichen Auswir-kungen von Cannabis auf das Immun-system (= der Körper bildet Abwehrstof-fe gegen Krankheitserreger um deren Aus-breitung zu verhindern) ist derzeit nochungelöst. Es existieren zwar einige rechtwidersprüchliche Untersuchungen zu demThema,11/19 /65 /77 Tierversuche mit aller-dings recht hohen Dosen weisen daraufhin, daß eine Herabsetzung der Infek-tionsabwehr denkbar ist.66/90

Bisher liegen allerdings noch keine epi-demologischen Untersuchungen darübervor, ob Cannabisraucher stärker unterInfektionskrankheiten leiden als derDurchschnitt der Bevölkerung. Man kannaber davon ausgehen, daß Cannabis zu-mindest nicht zu einer Minderung derAbwehrfähigkeit führen muß.46

In den Forschungsergebnissen finden wirdie bekannte Situation vor: es lassen sichzwar Wirkungen analysieren, dennochbleibt gleichzeitig sehr fraglich, inwieweit

diese oft bei Tierversuchen oder mit Zell-kulturen gewonnenen Erkenntnisse aufden Menschen übertragbar sind. Auch ver-mag niemand derzeit zu sagen, ob sich diegefundenen Abweichungen nicht in so en-gen Grenzen bewegen, daß man sie durch-

aus außer acht lassen kann.

Tabakrauch senkt die Tätigkeit des hu-moralen14/63/82 wie zellulären83/84 Im-munsystems. Marijuana wie auch Tabakhaben eine gewisse Wirkung auf denHormonhaushalt (Zirbeldrüse, Adrenalin-steuerung),4/45 was eine gewisse Rück-bildung des Thymus auslösen könnte,4/70

welcher allgemein als das wichtigste Glieddes Immunsystems aufgefaßt wird. Man-che Untersuchungen fanden ein Nachlas-sen des zellulären Immunsystems,10/55

andere wiederum nicht.40/86 Ein Haut-Test verlief ebenfalls negativ.77 Die hu-morale Immunreaktion der Lymphozytenim Blut von Dope-Rauchern war nichtverändert.40/86 Andererseits waren dieLymphozyten in der Milz von Nagetie-ren deutlich durch THC gehemmt.41/43/71

Hirnschäden:Hier liegt eine vielstrapazierte Untersu-chung vor,welche schlußfolgert, daß regel-mäßiger Cannabis-Konsum zu Gehirnschä-den führen kann.5 10 Personen, welcheseit 3-10 Jahren Cannabis rauchten wur-den mit einem neurologischen Verfahrenuntersucht, welches zur Feststellung gro-ber Hirnveränderungen verwendet wird.Die Ergebnisse müssen stark angezweifeltwerden, da —1. alle Patienten neben Can-nabis auch noch andere Drogen benutzthatten, wodurch eine logische Beziehungzwischen Cannabis-Konsum und den Er-gebnissen verwischt wurde; —2. die Ange-messenheit der Vergleichsgruppe und —3.die Untersuchungstechnik ebenfalls frag-würdig waren.In einer Studie, die mit dem Verfahrender Echoenzephalographie arbeitete,konnten keine Hirnschäden bei starkenchronischen Cannabis-Rauchern festge-stellt werden. Cannabiskonsumenten undNichtkonsumenten unterschieden sichnicht im Hinblick auf grundsätzliche Ge-hirnpathologie.15

In zwei Studien wurden die Gehirne vonzwei Gruppen stark Cannabis rauchenderjunger Männer nach der Methode derComputerized Transaxial Tomographie(CTT) untersucht, einem hochmodernenVerfahren, welches das Gehirn rasterför-

mig abtastet und so die Anatomie desGehirns sichtbar macht. Bei beiden Unter-suchungen wurden die gewonnenen Hirn-Muster von erfahrenen Neuroradiologenunabhängig von der Tatsache des Drogen-konsums gelesen und bewertet. In beidenStudien gab es keine Anhaltspunkte fürcerebrale Atrophie,8/38 (= Schwund anHirnsubstanz).Allerdings darf nicht vergessen werden,daß durchaus subtilere Gehirnschädendenkbar sind, die mit den geschildertenVerfahren nicht nachgewiesen werdenkönnen. „Nichtsdestoweniger ergeben sichaus keiner der bisher (Ende 1979) durch-geführten Studien chronisch herabgesetzteneuropsychologische Testergebnisse beimMenschen!"46

Ein Indiz dafür jedoch, daß chronischesCannabis-Rauchen zu bleibenden Verän-derungen im Hirn auf mikroskopischerEbene im Bereich des Möglichen liegen,liefern Versuche mit Rhesus-Affen, denenzu diesem Zweck Elektroden und Sondentief ins Gehirn eingepflanzt wurden. Wel-cher Art diese Veränderungen sind, ob siesich überhaupt und (wenn ja) in welcherArt nachteilig auswirken, inwieweit dieseErgebnisse auf den Menschen übertragbarsind, all dies sind bisher ungelöste Fra-gen.21/22

Bei der Messung der elektrischen Aktivi-tät des Gehirns mittels EEG können zwardeutliche Veränderungen während des aku-ten Cannabis-Konsums, nicht jedoch dar-überhinaus verbleibende Abweichungenvom normalen EEG gefunden werden.15/37

Fortpflanzung:In manchen Untersuchungen wurde einetwas geminderter Testosteron-Spiegelnach dem Genuß von Cannabis entdeckt,andere Forscher fanden keine Verände-rungen. Auch bei den positiven Ergebnis-sen bleiben die Unterschiede in normalenGrenzen und daher nicht besorgniserre-gend.Während zweier Studien konnten Abwei-chungen in der Anzahl, der Bewegungs-fähigkeit und den Struktureigenschaftender Spermien von männlichen chronischen

Konsumenten gefunden werden.23/30 Inder weit mehr gesicherten Laborunter-suchung23 normalisierten sich die Werteder Versuchspersonen allmählich wieder,nachdem der Cannabis-Konsum für einigeZeit unterbrochen wurde. Selbst sehrstarke Raucher (8-20 Joints täglich23)müssen also nicht um ihre Zeugungsfähig-keit fürchten, wenn nicht gerade aufgrundanderer Umstände eine bereits stark ein-geschränkte Fruchtbarkeit vorliegt. ,,Bisheute (Ende 1979) ist noch kein einzigerFall eines abnormalen Nachkommen be-kannt geworden, der mit dem Cannabis-Konsum des Vaters in Beziehung gesetztwerden könnte."46

In der Erforschung der Auswirkungen vonCannabis auf die Fortpflanzungsfähigkei-ten der Frauen liegen noch keine endgül-tigen Ergebnisse vor. In Versuchen mitRhesus-Affen (sehr hohe Dosen!) wurdeeine viermal höhere Wahrscheinlichkeitvon ,,Verlusten in der Fortpflanzung"festgestellt, die sich meistens als Totge-burten, Fehlgeburten und Resorption desFötus äußerten.76

Bei der Untersuchung an Marijuana rau-chenden Frauen (26 Personen, die seitwenigstens einem halben Jahr mindestensdreimal pro Woche rauchen) traten be-deutend öfter Menstruationsstörungenauf, wobei die Ovulation (Produktioneines reifen Eis) unterblieb oder die Zeit-spanne der Befruchtbarkeit des Eies ge-mindert war. Der Prolactin-Spiegel imBlut war ebenfalls herabgesetzt, ein Hor-mon, das nach der Geburt die Milchpro-duktion regelt. Leider ist der exakteAussagewert dieser Untersuchung nichtsonderlich hoch, da die Frauen der Ver-suchsgruppe auch mehr Alkohol konsu-miert hatten als die Vergleichsgruppe unddie Veränderungen im Menstruationszyk-lus sicherlich zum Teil auf Unregelmäßig-keiten in der Lebensführung mancherCannabis-Konsumentinnen zurückgeführtwerden können.1

THC und andere Cannabinoide gelangenin alle Teile des Körpers, auch in diePlacenta (= Mutterkuchen) der schwange-ren Frau, wo sie sich besonders in denfettreichen Geweben anreichern (ein-

schließlich dem Hirn des Ungeborenen).85

Allerdings hat man weder beim Menschennoch bei Tieren nachteilige Wirkungen

mütterlichen Cannabis-Konsums auf dieKinder feststellen können.In der Muttermilch von Cannabis konsu-mierenden Rhesus-Affen konnten Spurenvon THC nachgewiesen werden.6

Die genauen Auswirkungen von Cannabis-Genuß auf die Schwangerschaft und das

werdende Kind sind noch nicht unter-sucht, dennoch sollte vor einem Konsum

in diesem Zeitraum gewarnt werden. Diesgilt auch für Zigaretten und Alkohol sowiePharmaka etc.

Chromosomenschäden

In drei älteren Studien wurden solcheSchäden festgestellt.61/39/79 Die Gültig-keit dieser Ergebnisse muß jedoch heuteals gering angesehen werden, da es sichum retrospektive Untersuchungen handel-te, d.h. eine Gruppe von chronischenDope-Rauchern mit Nichtrauchern vergli-chen wurde. Variablen wie unterschied-liche Lebensweise, Viruserkrankungenund möglicher sonstiger Drogen- undMedikamentengebrauch, welche alle be-kanntermaßen die Integrität der Chromo-somen erheblich beeinflussen, konnten inden Untersuchungen nicht entsprechendberücksichtigt werden. Obendrein wurdenin zwei der drei Untersuchungen dieAbweichungen nur in einer Minderheitder Konsumenten gefunden, STENCHE-VER79 zweifelt sogar die Gültigkeit derErgebnisse in seiner Studie selbst an.Drei andere Untersuchungen48/49/60 wur-den prospektiv vorgenommen, dieselbenVersuchspersonen wurden also vor undnach dem Konsum von Cannabis unter-sucht. Es ließen sich keine Unterschiedehinsichtlich der Chromosomen feststel-len, was allerdings vielleicht darauf zu-rückgeführt werden könnte, daß die Ver-suchspersonen zuvor wenigstens einigeErfahrungen mit Cannabis hatten. Dann

könnten bereits bestehende Veränderun-gen vielleicht den eigentlichen Effekt derDroge bei der Untersuchung verdeckt ha-

ben.

Ein weiterer interessanter Versuch42/52/53

ergab, daß in mit reinem THC behandel-ten Laborkulturen menschlicher Lympho-zyten Zellen mit geringer Chromosomen-zahl (Micronuclei mit weniger als 30 Chro-mosomen) häufiger als normal auftraten.Welche Schlußfolgerungen hieraus zu zie-hen sind, ist bisher noch ungewiß.Menschliche Leukozyten-Kulturen wiesenunter THC-Einfluß kein Ansteigen derChromosomenschäden auf.59/79 Ebensokeine Veränderungen in Zellkulturen vonRatten64 und Kulturen von Rattenem-bryozellen und menschlichen Leukozy-ten.47

Keine Zunahme von Chromosomenbrü-chen konnten in Zellkulturen nachgewie-sen werden, die man mit THC behandelthatte.79 Keine Chromosomen-Schäden bei„leichten" Cannabisrauchern.18

„Alles in allem gibt es auch weiterhin(1980) keine überzeugenden Beweise da-für, daß Marijuana klinisch gesehen sig-nifikante Chromosomenschäden verur-sacht."46

ToleranzToleranz (= geringere Wirksamkeit einerwiederholt gegebenen gleichbleibendenDrogenmenge) entwickelt sich auch imFalle von Cannabis.16/34/36 Sie entstehtsowohl in Bezug auf den Effekt von Dopeauf den Herzschlag als auch auf die sub-jektive High-Empfindung, wie eine Unter-suchung61 mit 30 jungen Leuten zeigte,die 94 Tage lang in einer Versuchsstationviel und regelmäßig Marijuana rauchten.Eine Erklärung für dieses Phänomen konn-te bisher noch nicht gefunden werden.Manche Wissenschaftler vermuten aller-dings, daß sich im menschlichen Körperspezielle Rezeptoren befinden, die aufCannabinoide und besonders THC an-sprechen. Es wäre vorstellbar, daß diesesRezeptorensystem sich bei häufigemCannabis-Genuß auf die Anwesenheit vonCannabinoiden im Körper gewöhnt.Toleranz entwickelt sich gegenüber soziemlich allen Wirkstoffen und Drogen,meist kehrt die Sensibilität für die Sub-stanz nach einer gewissen Zeit der Absti-

nenz wieder zurück. Das ist auch beiCannabis der Fall. Bei LSD etwa baut sichsehr rasch eine starke Toleranz auf, umdieselben Effekte etwa am nächsten Tagerneut zu erleben muß eine weitaus hö-here Dosis verwendet werden (ca. dasDoppelte). Die Toleranz bei den Canna-binoiden hält sich hingegen in kaum merk-lichen Grenzen.Die frühere Meinung, daß der Menschgegenüber Cannabis eine sogenannte um-gekehrte Toleranz (= reverse tolerance)entwickelte, hat sich als falsch herausge-stellt. Zwar konnte man feststellen, daßNeulinge nach einiger Zeit des DopeRauchens subjektiv von derselben THC-Menge mehr Effekte verspürten. Diesegesteigerte Sensibilität läßt sich aber aufdie mit fortgesetztem Cannabis-Konsumverbundenen psychosozialen Lernprozes-se zurückführen. Zwar ist die bisherigeErklärung des Phänomens, daß sich Can-nabinoide lange im Fettgewebe ein-lagern und bei erneuter THC-Zufuhr viel-leicht erneut freigesetzt werden, nochnicht widerlegt, sie erscheint jedoch sehrunwahrscheinlich. Ganz sicher baut sichbei regelmäßigem und starkem Gebrauchvon Cannabis eine leichte Toleranz gegen-über den cannabinoiden Wirkstoffen auf.Eine Cross-Toleranz mit anderen Drogen(d.h.: Cannabis setzt die Wirksamkeitanderer Drogen herab) ist nicht bekannt.

Abhängigkeit:1. Psychische Gewöhnung: ein vages Ver-langen, den Konsum fortzuführen, da etwadie Effekte als angenehm empfunden wer-den. Eine Gewöhnung hängt von den psy-chischen Voraussetzungen des Konsumen-ten ab. Da die meisten Menschen Cannabisals eher angenehm empfinden, ist dieWahrscheinlichkeit einer Gewöhnung rechthoch (wie sie bei allen als angenehm emp-fundenen Dingen - vor allem Konsum-gütern - recht hoch ist).2. Körperliche Gewöhnung: zeichnet sichvor allem durch das Auftreten von Absti-nenzsymptomen aus, d.h. eindeutige kör-perliche Schwierigkeiten beim Absetzender Droge. Neuere Versuche ergaben, daß

unter Laborbedingungen und bei für denNormalverbraucher unrealistisch hohenDosen auch Abstinenzerscheinungen ge-funden werden konnten: Reizbarkeit,Ruhelosigkeit, verminderter Appetit,Schlafstörungen, Schwitzen, Zittern, Übel-keit, Erbrechen und Durchfall.34/35 Leich-te Abstinenzerscheinungen konnten auchin einer Untersuchung festgestellt werden,in der die Versuchspersonen die konsu-mierte Cannabismenge frei wählen konnt-ten.51 Bei geringfügigen Erscheinungenmuß immer die Möglichkeit bedacht wer-den, daß es sich um psychosomatische

Symptome handelt, d.h. die Seele äußertin einem begrenzten Maße ihren Unmutüber den Verlust der liebgewonnenen Ge-wohnheit. Dies entspräche nicht im ei-gentlichen Sinne tatsächlichen körper-lichen Abstinenzerscheinungen, wie wirsie etwa von Alkohol, Nikotin, Ampheta-minen und Opiaten kennen.Gerade bei den angesprochenen Sympto-men wie Übelkeit und Erbrechen sprichtvieles dafür, daß es sich hier nicht um einvon der Substanz Cannabis direkt ausge-löstes Phänomen handeln kann. Schließ-Ich erwägt man nämlich, Cannabis in derBehandlung von eben Übelkeit und Er-brechen, wie sie bei der BehandlungKrebskranker als Nebenwirkungen auf-treten, als Medikament67 einzusetzen:„Patienten zeigten erhöhten Appetit undweniger Gewichtsverlust", „THC hatteeinen gegen den Brechreiz gerichtetenEffekt bei 70% der Patienten" in einemDoppel-Blind-Test gegenüber 0% Verände-rung bei Placebo.

Alle über 250 Quellenangaben aus diesemBuch gibt es gegen 1 DM Rückporto ko-stenlos beim Verlag. Der Abdruck hätte denUmfang dieses Buches gesprengt.

HANF ALS HEILMITTEL

Soweit ist es schon gekommen: Was Fach-leuten schon längst bekannt ist, wurde end-lich zu Weihnachten 1993 auch den Lesernder BILD als Nachricht unterm Tannenbaumpräsentiert: Marihuana als Medizin:"ImRauschgift Marihuana haben britische For-scher den Stoff Tetrahydrocanabiol isoliert.Er hemmt Schmerzen, kann nach neuestenErkenntnissen auch die Übelkeit bei einerChemotherapie lindern. Jetzt wird versucht,aus Marihuana ein ungefährliches Medika-ment zu entwickeln." (22.12.93)

Zwei kürzlich zu diesem Thema erschiene-ne Bücher offenbaren das bislang ungeahntgroße Feld der traditionellen und zeit-gemäßen Einsatzmöglichkeiten von Canna-bis in der Medizin:Hanf als Heilmittel, von Dr. Christian Rätsch(Der Grüne Zweig 154, ISBN 3-925817-54-9)und

Marijuana - die verbotene Medizin, von Dr.Lester Grinspoon (Verlag 2001).

Christian Rätsch schildert in seinem Buchanhand vieler Beispiele und mit ungezähltenQuellenhinweisen versehen, wie der Hanf

schon seit mindestens 6000 Jahren vielsei-tig in der Medizin vieler Kulturen eingesetzt

wurde und wird. Hanf hatte einen festenPlatz in der pharaonischen, assyrischen, an-

tiken, islamischen und mittelalterlichen Me-

dizin. Besonders in asiatischen Heilkünstengenießt er, auch heute noch, hohes Anse-hen. In der chinesischen wie der tibetischenMedizin werden seine euphorisierenden,antidepressiven Eigenschaften geschätzt.Im Ayurveda wird er als Allheilmittel undAphrodisiakum gepriesen. Überall, wohinder Hanf als Kulturpflanze wanderte, wur-den seine Blüten, Blätter, Samen und Harzemedizinisch genutzt. So auch bei unserngermanisch-keltischen Ahnen. Hildegardvon Bingen gebrauchte ihn genauso wie Sa-muel Hahnemann, der Begründer derHomöopathie. In der modernen medizini-schen und pharmakologischen Forschungwerden nun seine früheren und ethnobota-nischen Anwendungen getestet und größ-tenteils bestätigt.

Rolf Achteck schreibt über Rätsch's Buch inder taz: "Vor dem Hintergrund des funda-mentalistischen Drogenkrieges liest sichdiese Hanf-Dokumentation wie eine schau-rige Groteske - angesichts thüringischerHanfsamenfunde aus der Jungsteinzeitwird nicht nur das Gerede von der kultur-fremden Droge zur Farce. Die Pionierlei-stung dieses ethnobotanischen Überblicksstellt für die medizinische Forschung eineHerausforderung ersten Ranges dar, zumalunlängst ein neuronaler Rezeptor immenschlichen Gehirn entdeckt wurde, dereinzig und allein auf Cannabis anspricht.War Mutter Erde bekifft, als sie das humaneBetriebssystem auf dieses pflanzliche High-mittel ausrichtete? Wohl kaum..."

DOPE - HANF INDER MODERNENSELBSTMEDIKATIONaus: Christian Rätsch,Hanf als Heilmittel

Es ist ein Zeichen der Zeit, daß der Glaubean politische Gesetze stark abnimmt. Regie-rungen, die unverhältnismäßig hohe Steu-ern kassieren, Kriege führen und dieBemühungen der Umweltschützer unter-drücken, werden von vielen Menschennicht mehr ernst genommen. Die Gesetzewerden bewußt übertreten, weil sie imrechtlichen Empfinden der Betroffenenfalsch sind. Daß die Drogengesetze von vie-len mißachtet werden, ist nichts neues. DieBetroffenen, z. B. die Kiffer, erachten denGebrauch von Hanfprodukten als rechtens,ihnen fehlt jegliches Unrechtsbewußtsein.Über die moderne Selbstmedikation mitHanfprodukten liegen leider keine Studienvor. Hier und da erscheint mal ein Zei-tungsartikel, in dem von Krebspatientenberichtet wird, die illegal Haschisch oderMarihuana zur Erleichterung ihrer Leidenrauchen. Gewöhnlich sind solche Berichtenach dem Motto verfaßt: „wer Krebs hat,dem kann auch Rauschgift nichts mehrschaden".Ein dramatischer Fall der Selbstmedikationmit Hanf wurde kürzlich von Dr. LesterGrinspoon berichtet (1992). Der 35jährigeKerry Wiley ist in Kuala Lumpur, der Haupt-stadt von Malaysia, mit über 500 GrammCannabis erwischt worden. Bei dieserMenge schreibt das malayische Gesetz-buch die Todesstrafe durch Erhängen vor.Da Kerry den Hanf aus rein medizinischenGründen gebrauchte, konnte durch interna-tionale medizinische Gutachten und Inter-ventionen die Todesstrafe in eine Gefäng-nisstrafe gemildert werden. Kerry ist als12jähriger von einem Felsen gestürzt. Erhat zwar auf wunderbare Weise den Sturzüberlebt, leidet aber seitdem an äußerst

schmerzhaften Muskelkrämpfen. Er hat alleArten von Heilmitteln und Therapien aus-probiert, bis er entdeckte, daß ihm lediglichder Hanfgenuß Linderung verschafft (Grin-spoon 1992).Die Ärzte Dr. Lester Grinspoon und Dr.James Bakalar haben mehrfach darauf hin-gewiesen, daß Patienten aus Gründen derSelbstmedikation in zunehmendem Maßezu illegalen Drogen greifen (Grinspoon &Bakalar 1987). Patienten, die an Quadriple-gie (Lähmung der vier Extremitäten), Para-plegie (Querlähmung; spastische Lähmungbeider Beine) und multipler Sklerose(Gewebe- und Organverhärtung) leiden,behandeln sich oft selbst mit Hanfproduk-ten. Normalerweise rauchen sie dazu Mari-huana-Joints.Ich habe von vielen Kiffern gehört, daß sieHaschisch oder Marihuana für die bestenMittel gegen Migräne halten. Mir wurdensogar Fälle berichtet, bei denen Personen,die jahrelang an Migräne gelitten hatten,von diesem chronischen Leiden für immerbefreit wurden, als sie das Kiffen angefan-gen haben. Ähnliches gilt für Asthma. EinBekannter hat in seiner Jugend an furcht-baren Asthma-Anfällen gelitten. Seitdem ergelegentlich Haschisch raucht, ist sein Lei-den vollkommen verschwunden. Es wäresicherlich ein lohnendes Forschungspro-jekt, diese modernen volksmedizinischenAnwendungen zu untersuchen.Ich habe oft von der erfolgreichen Selbst-medikation bei Hepatitis, bei Schnupfen,Bronchitis, Asthma und allgemeinen Ver-spannungen gehört. Ein begeisterter Kiffererklärte mir: „Dope ist das beste Mittelgegen Knoten im Gehirn. Ein Joint kannwie das Schwert Alexanders wirken."

Literatur

GRINSPOON, Lester, 1992 „A Brief Account of myParticipation as a Witness in the Trial of Kerry Wiley"Jahrbuch für Ethnomedizin und Bewußtseinsfor-schung 1, Berlin: VWB

GRINSPOON, Lester & James BAKALAR, 1987„Medical Uses of Illicit Drugs" in: Ronald HAMOWY(Hg.), Dealing with Drugs, Lexington Books

THC UND ANALOGEHanf in der Schulmedizin

Die westliche Schulmedizin hat ihre Wur-zeln im späten europäischen Mittelalter.

Sie geht auf die italienischen Chirurgen-schulen des frühen 13. Jahrhunderts in

Salerno und Bologna zurück. Diese Schulenbasierten auf den antiken Überlieferungen,den arabisch-islamischen Kenntnissen undberiefen sich speziell auf Galen und Avi-cenna. Zudem wurde in Salerno viel experi-mentiert und empirisch geforscht. Da fürdie Chirurgie die Betäubung besonderswichtig ist, wurden verschiedene grundle-gende Methoden der Anästhesiologie inSalerno und Bologna entdeckt:Für die Geschichte der Anästhesie ist

von besonderem Interesse, daß in denBüchern Theoderichs [13. Jh.] zum erstenMal eindeutig eine Narkose durch In-halation erwähnt wird. Es handelt sichum den sogenannten schlafspendenden-Schwamm, der bereits an eine Äthernar-kose erinnert. Schwämme wurden dabeimit narkotisierenden Pflanzensäften ge-tränkt, zum Beispiel Mandaragora-ÖI (wel-ches auch Nikolaus von Salerno erwähnte),und Säfte aus Bilsenkraut, Opium oder indi-schem Hanf. Danach trocknete man dieSchwämme und bewahrte sie auf. Vor demGebrauch legte man sie eine Stunde inWasser. Nachdem sie durchgezogen hat-ten, applizierte man sie dem Patienten aufdie Nase und empfahl ihm, tief durch-zuatmen. Die Operation begann, wenn derProband schlief, oder vielmehr benommenwar... Die Bologneser Schule leistetejedenfalls einen bedeutenden Beitrag zumWiederaufblühen der abendländischenChirurgie." (FORGUE & BOUCHET 1990: 948)In der positivistischen Naturwissenschaft,die auch die weltanschauliche Basis dermodernen Schulmedizin bildet, herrscht einmechanistisches Weltbild vor: „Organis-men, die die Erde bevölkern, sind durch-weg und ausnahmslos mechanische Ge-bilde und als solche maschinelle Konstruk-

tionen. Sie haften als Gebilde mechanischzusammen, vollbringen alle ihre Lebenslei-stungen durch den Betrieb einer mechani-schen Konstruktion. Alle Lebensleistungenbestehen letztendlich in der Bewirkungmechanischer Arbeit..." (GUTMANN 1989:33) - In der naturwissenschaftlich orientier-ten Schulmedizin wird der Mensch als eineMaschine mit bestimmten Funktionenbetrachtet. Wenn die Funktionen - demWeltbild entsprechend - gestört sind, istder Mensch krank. Die Mediziner versu-chen dann, die Maschine wieder funkti-onstüchtig zu machen. Ein Medikamentwird auch durch seine Funktion definiert.Daraus hat sich ergeben, daß in der Schul-rnedizin nicht mehr der Mensch als Krankerbehandelt, sondern ein Symptom medika-mentös beeinflußt wird. Ein Heilmittel sollmöglichst spezifisch wirken, d. h. eineFunktion ausführen, die sich steuern läßt.Da Hanf nicht unbedingt spezifisch, son-dern holitisch wirkt, hat er in der Schulme-dizin einen schweren Stand.Die Grundlagen der modernen Schulmedi-zin und Materia medica sind im 19. Jahr-hundert geschaffen worden. Um 1827 warder Hanf ein Mittel der deutschen Schul-medizin: „Der ölige-schleimige Hanfsamenist officinell und gehört zu den linderndenund erweichenden Mitteln" (CHAMISSO1987: 70),Der in Indien stationierte britische Arzt Wil-liam O'Shaughnessy lernte vor Ort den viel-seitigen rituellen, hedonistischen und medi-zinischen Gebrauch der Hanfprodukte ausCannabis indica kennen. Er stellte eineTinktur aus Ganja her, die er medizinischbei verschiedenen Leiden getestet hat.O'Shaughnessy erzielte sensationelle Hei-lerfolge bei Rheumatismus, Hydrophobie(Furcht vor Wasser), Cholera, Tetanus undKrämpfen. Damit wurden erstmals experi-mentell die traditionellen Anwendungenbestätigt. Durch die Publikation seinerErgebnisse geriet der Indische Hanf nachEuropa und wurde dort als Tinktur zueinem berühmten Heilmittel.In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundertswaren nach der Pharmacopoea germanica

nicht nur die Hanfsamen offizinell, sondernauch „das Kraut der indischen, vorzugs-weise weiblichen Pflanzen, genanntHaschisch: Herba Cannabis indicae)."(PABST 1887: 30) Hanfextrakt aus demKraut (Extractum Cannabis indicae) undHanftinktur (Tinctura Cannabis indicae) wur-den medizinisch angewendet:„Der indische Hanf und seine Präparatebeeinflussen hauptsächlich die Thätigkeitdes Gehirnes und des Nervensystems.Kleine Gaben wirken anregend auf die Ner-ven, die Sinnesorgane und das Vorstel-lungsvermögen; sie erzeugen eine heitereStimmung. Nach grösseren Gaben tritt Ver-minderung der Sinnesfunktionen, Empfin-dungslosigkeit, Erschlaffung, Delirium, zu-letzt tiefer Schlaf ein. Als Medikament fin-det der indische Hanf nicht häufige Anwen-dung; er wird in Folge seiner einschläfern-den Wirkung an Stelle des Morphiumsgegeben und wird manchmal noch in sol-chen Fällen mit Vortheil verwendet, wo dasMorphium seine Wirkung versagt odernicht angewendet werden kann. Der Samewurde früher häufig, jetzt seltener zur Dar-stellung von Emulsionen verwendet."(PABST 1887: 30)Bis ins 20. Jahrhundert hinein waren alleHanfpräparate in europäischen und ameri-kanischen Apotheken frei erhältlich. 1915wurde Cannabis in Kalifornien rezeptpflich-tig. 1941 werden ca. 30 Hanfpräparate ausden Pharmakopöen gestrichen. Seither giltder Hanf in der westlichen Medizin alsobsolet. Erst mit der Hippie-Revolution derSechziger Jahre und der damit verbunde-nen Popularisierung von Haschisch undMarihuana tritt der Hanf als Heilmittel wie-der ins öffentliche und medizinische Inter-esse. Bob Randell bemerkte, daß seinheimlicher Marihuana-Genuß den bei ihmkrankhaft aufgetretenen überhöhten Au-geninnendruck senkte und ihn so vor demErblinden bewahrte. Randell unterzog sichnach Absprache mit seinem behandelndenArzt einer langwierigen klinischen Untersu-chung. Dabei konnte bestätigt werden, daßseine Selbstmedikation erfolgreich war.Seine Ärzte erreichten sogar, daß Bob Ran-

dell mit Marihuana aus regierungseigenemAnbau versorgt wurde. Randell wurde sozum ersten legalen Kiffer (STAFFoRD 1980:44f.).Seit 1971 werden Cannabisprodukte expe-rimentell als Medikamente bei Alkoholis-mus, Heroin- und Amphetamin-Abhängig-keit, emotionalen Störungen, Muskelspas-men und Glaukom getestet (FURST 1988:35, HALES 1991: 357). 1990 entdeckte derMikrobiologe Gerald Lancs von der Univer-sity of South Florida, daß Marihuana denHerpes-Virus tötet (afp-Meldung vom16.5.90). Damit wird das alte römischeRezept gegen Herpes wissenschaftlichbestätigt.Die traditionelle Anwendung von Hanf-Präparaten bei Asthma wurde ebenfallsinzwischen wissenschaftlich bestätigt:„THC erweitert die Bronchien. Es kann,wie andere Medikamente, gegen AsthmaBronchiale als Aerosol inhaliert werden undwirkt ebenso gut." (MAURER 1989: 48)Eine Schweizer Forschungsgruppe um Dr.Maja Maurer und Prof. Dr. Adolf Dittrichhat inzwischen beweisen können, daß THCbei zentralnervös bedingter Spastizität(Muskelkrämpfe, z. B. bei multipler Skle-rose oder Rückenmarksschädigungen)krampflindernd wirkt (MAURER et al. 1990).Die Forschergruppe stellte fest, daß THC(in einer Dosis von 5 mg) ähnlich wie Co-dein, aber besser wirkt und zudem verträg-licher ist. Die Ergebnisse der Untersuchungwaren so überzeugend, daß einem spasti-schen Patienten die staatliche Erlaubniserteilt wurde, sich die lindernde Droge ausder Apotheke zu holen (BÜTTNER 1991).Die medizinische Verwendung von Hanf-produkten, namentlich THC und dessenAnalogen, bei Glaukom hat sich zwi-schenzeitlich etabliert. Es konnte bewiesenwerden, daß es kein besser verträglichesund wirkungsvolleres Medikament als ebenden Hanf gibt (ROFFMAN 1982). In den USAgibt es seit einigen Jahren ein THC-halti-ges, verschreibungspflichtiges Medika-ment mit dem Namen Canasol. Es wird beiGlaukom nach ärztlicher Verordnung verab-reicht. 1991 soll dieses Medikament sogar

Präsident Bush verschrieben worden sein.Dennoch geht Bushs Kampf den Drogen

weiter. Im April 1992 wurde allen amerika-nischen Ärzten die Erlaubnis entzogen,

Joints oder andere THC-haltige Medika-mente zu verschreiben. Bis dahin gab esJoints auf Krankenschein für Krebs-Patien-

ten, die an den schrecklichen Folgen (chro-nische Übelkeit, Erbrechen) der Chemothe-rapie litten (MAURER 1989: 48). Die Drogen-behörde FDA erteilte nur wenigen „Härte-fällen" die Genehmigung, nach ärztlicherVorschrift Marihuana zu rauchen. Damit istnun Schluß. Für die letzten 15 Patientenwird das Programm auslaufen, und neueGenehmigungen dürfen nicht mehr erteiltwerden. Als Grund für die neue Politik wirddie in letzter Zeit gestiegene Zahl vonAnträgen genannt! (dpa-Meldung vom

7.4.92)

Literatur

BÜTTNER, Jean-Martin, 1991 .Haschisch als Medi-kament, ein folgenreiches Experiment" Tages-Anzei-ger 22.10.91: 80

CHAMISSO, Adelbert von, 1987 Illustriertes Hei/-,Gift- und Nutzpflanzenbuch. Berlin: Reimer (Reprintvon 1827)

FORGUE, Emile & Alain BOUCHET, 1990 „Die Chir-

urgie bis zum Ende des 18. Jahrhunderts" in R.TOELLNER (Hg.), Illustrierte Geschichte der Medi-zin, Bd. 2: 911-1001, Salzburg: Andreas & Andreas

FURST, Peter T., 1988 Hallucinogens and Culture.(5. Aufl.) Novato, CA: Chandler & Sharp

GUTMANN, Wolfgang F., 1989 Die Evolutionhydraulischer Konstruktionen. Frankfurt/M.: VerlagWaldemar Kramer

HALES, Dianne, 1991 An Invitation to Health. (5.Aufl.) Redwood City, CA: Benjamin/Cummings Publ.Co.

MAURER, Maja, 1989 „Therapeutische Aspekte vonCannabis in der westlichen Medizin" in: M.SCHLICHTING & H. LEUNER (Hg.), 3. Symposionüber psychoaktive Substanzen und veränderteBewußtseinszustände in Forschung und Therapie. S.46-49, Göttingen: ECBS

MAURER, M., V. HENN, A. DITTRICH & A. HOF-MANN. 1990 „Delta-9-tetrahydrocannabinol ShowsAntispastic and Analgesic Effects in a Single CaseDouble-blind Trial" European Archives of Psychiatryand Clinical Neuroscience 240: 1-4

O'SHAUGHNESSY, W. B., [1839] .On the Prepara-tion of the Indian Hemp or Gunja" in T. MIKURIYA(Hg.), Marijuana: Medical Papers 1839-1972, S. 3-30, Oakland: Medi-Comp Press

PABST, G. (Hg.), 1887 Köhler's Medizinal-Pflanzen.Gera-Untermhaus: Eugen Köhler

ROFFMAN, Roger A., 1982 Marijuana as Medicine.Seattle: Madrona

STAFFORD, Peter, 1980 Cannabis: Haschisch &Marihuana. Markt Erlbach: Raymond Martin Verlag

ZUR CANNABIS-BEHANDLUNGVON AIDS-KRANKEN

Belegt Rätsch den globalen Gebrauch vonCannabis-Medizin durch viele Kulturen, sokonzentriert sich Dr.Grinspoon auf die Mög-lichkeiten, die ein geballter Einsatz von Ma-rijuana heute für viele Schwerkranke mitsich bringen würde, In den USA sitzenschon ungezählte Eltern und Großeltern imKnast, weil sie ihren AIDS-erkrankten Kin-dern Marijuana zur Linderung ihrer Leidenbesorgt haben. Illegal. Warum?

"Würde Cannabis bei der Behandlung vonAids-Kranken eingesetzt, könnte die stim-mungsaufhetlende, appetitanregende undschlaffördernde Wirkung dieses Naturheil-mittels hervorragend den Unterschied zwi-schen zwei entgegengesetzten Formen desUmgangs mit dieser Krankheit anschaulichmachen: an Aids zu sterben oder mit Aidszu leben." So drastisch drückt Jack Hereraus, was in den USA laut Berichten zuneh-mend Realität von immer mehr Aids-Er-krankten wird.Dr. Grinspoon berichtet z. B. von RonMason, einem 33jährigen Aids-Kranken: Vordrei Jahren sagten mir meine Ärzte, daß icheiner von nur einer Handvoll Menschen sei,die nun schon seit mehreren Jahren regel-mäßig die Aids-Klinik aufsuchen würdenund nicht tod oder sterbenskrank seien, sieals Ärzte hätten keine Erklärung dafür. Ichvermute, daß hinter diesem Erfolg meinCannabiskonsum steht. Er gibt mir das Ge-fühl, mit Aids zu leben und nicht nur zu exi-stieren. Mein Appetit kam zurück, undwenn ich esse, fühle ich mich hinterhernicht mehr zum Kotzen. Marijuana regt mei-nen Geist an und das gibt mir auch ein bes-seres Körpergefühl."

Aus einem Interview in der Zeitschrift HighTimes:"Frage: Wann haben Babra und Du Euchentschlossen. Marijuana auszuprobieren?Habt Ihr überhaupt schon geraucht?Antw.: Nein. Ich hab's mehrfach in der High-School ausprobiert, aber ich war kein Rau-

cher. Babra hat vorher nie geraucht. In un-serer AIDS-Gruppe trafen wir einen anderenPatienten. Er gab uns den Tip, es doch ein-mal mit Pot zu versuchen, wenn unsschlecht würde. Er gab uns dann auchetwas Gras. Nachdem wir erfolglos sechsverschiedene Anti-Brech-Mittel ausprobierthatten, waren wir recht verzweifelt. Alsoprobierten wir es aus und es wirkte.Frage: Wie hilft Marijuana?Antw.: Es nimmt dir die Übelkeit. Die Krank-heit und die Drogen hemmen deinen Appe-tit. Du hast einfach keinen Bock, etwas zuessen. Schon der Geruch oder der Anblickvon Nahrungsmitteln macht dich ganzkrank. Wenn du aber sechs oder acht Zügegepafft hast, fühlst du dich besser, du be-kommst Appetit und plötzlich schmeckt esdir sogar.Frage: Habt Ihr euerem Doktor erzählt, daßIhr kifft?Antw.: Anfangs nicht. Als wir dann aber täg-lieh rauchten, sagten wir ihm, daß wir alleAnti-Brech-Mittel fortgeworfen hätten.Seine Meinung war, daß wir das tun sollten,was es uns ermögliche zu essen. Ich glau-be, viele Patienten haben große Schwierig-keiten damit, ihrem Doktor den Cannabis-konsum zu beichten. Das ist doch immernoch illegal. Ich glaube, da schwelt einegroße Angst. Zumal man noch befürchtenmuß, daß einem vom Arzt die Medikamen-te gestrichen werden.Frage: Wie wichtig ist Marijuana für DeineTherapie gewesen?Antw.: Ich glaube nicht, daß ich heute nochhier wäre, wenn ich kein Pot rauchenwürde. Ich muß so viele Medikamente zumir nehmen, das allein macht einen schonkrank, da wird einem ganz übel. Ich kann mirnicht vorstellen, die alle ohne Marijuana run-terzubekommen. Ich würde an vielen Tagennichts essen können, wenn ich nicht Mari-juana als Appetitanreger genießen würde.Babra war oft nicht mehr in der Lage zuessen, sie hatte stark abgenommen. Nunhat sie dank Marijuana in einem Jahr wiederrund 30 Pfund zugenommen, statt, wie da-mals absehbar, schon vor einem Jahr ge-storben zu sein."

Mehr zum Thema 'Aids und Cannabis', auchin Form von Erfahrungsberichten, kann manin Lester Grinspoons Buch Marijuana - die

verbotene Medizin nachlesen. (Verlag 2001,

1994)

CANNAWS ALS ANGEWANDTESHEILMITTEL DER '90ER JAHRE

Immer häufiger werden die Nachrichten inder Tagespresse, in denen Cannabis alsHeilmittel geoutet wird. So berichtet dieSchweizer Sonntags Zeitung vom 7.11.93:"In scharfem Kontrast zu den Gepflogenhei-ten des viktorianischen Zeitalters mußtesich im vergangenen Monat eine Ärztin voreinem englischen Gericht verantworten,weil sie ihrer Tochter gegen chronischeÜbelkeit und Migräne dreimal täglich Ha-schisch als einzig wirksames Mittel verab-reicht hatte. Der Prozess vor einem Schwur-gericht in Liverpool endete mit einem Pau-kenschlag: Der Richter war sichtlich beein-druckt von den medizinischen Studien überdie Heilkräfte von Cannabis, die die Verteidi-gung vorgelegt hatte. Die Jury folgte seinerEmpfehlung zum Freispruch und hat damiteinen wichtigen Präzendenzfall geschaffen."

Der Tagesanzeiger (vom 22.11.91) berichtetfast ganzseitig auf seiner Wissenschaftssei-te über "Haschisch als Medikament, ein er-folgreiches Experiment":"Die Resultate, kürzlich in der angesehenenFachzeitschrift European Archives of Psy-chiatry and Clinical Neuroscience publiziert,sind eindeutig: Eine Dosierung von 5 Milli-gramm THC reicht aus, um die meistenSymptome zu verbessern, ohne jedocheinen veränderten Wachbewusstseinszu-stand, sprich: einen Haschischrausch, her-beizuführen. Sowohl Codein als auch THCverbesserten im Gegensatz zum Placebo-mittel Schlafdauer und -qualität und linder-ten Schmerzen.

Mehr noch: Das THC wirkte im Gegensatzzum Codein auch gegen Muskelkrämpfe

und verbesserte die Blasenkontrolle, unddas auch noch zwölf Stunden nach der Ein-

nahme. Entsprechend war das allgemeineWohlbefinden und die Konzentration nachder Einnahme von THC signifikant besserals beim Codein." (Der erwähnte Zeitschrif-tenbericht trägt den Titel "Delta-9-tetrahy-drocannabinol Shows Antispastic and Anal-gesic Effects in a Single Case Double-blindTrial", publiziert 1990/240, 1-4, erstellt vonM.Maurer, V.Henn, A.Dietrich und A.Hof-mann).

In England berichtete der Daily Telegraphvon großen Erfolgen bei kiffenden Multiple-Sklerose-Patienten, die sich selbst illegalmit Stoff medikamentieren. Ein beispielhaf-ter Auszug:"Liz bekam einen Brocken Ha-schisch geschenkt, den sie aber voller Para-noia lange versteckte:'Als aber einesAbends die Beinschmerzen zu arg wurden,biß ich ein Stück vom Haschisch ab, ohnemir darüber im klaren zu sein, auf was ichmich da einließ. Ich war drei Tage high. Daswar schon außergewöhnlich. Aber auch dieSchmerzen waren fort. Außerdem bemerk-te ich, daß mir der Cannabisgenuß für einpaar Stunden meine Blasenkontrolle zurück-gab. Plötzlich konnte ich wieder unbe-schwert einkaufen gehen, ins Kino oder inein Restaurant. Ich konnte wieder ganzeNächte durchschlafen, ohne bei jedemRäkeln von fürchterlichen Krämpfen ge-schüttelt zu werden."

Die entkrampfende Wirkung des Cannabiswird auch von vielen Paraplegikern (Quer-schnittgelähmte) sehr geschätzt. Auchdiese leiden meist unter der verlorengegan-genen Blasenkontrolle, vor allem, wenn sieihr Leid im Alkohol ersäufen. Wenn die klini-sche Hilfe fortfällt, vernachlässigen sie oft inder Folge ihren Körper und faulen dannbuchstäblich dahin. Cannabis würde als Al-ternative Geisteshilfe wahre Wunder tunund so manches Leben erfüllt verlängern.

Da drängt sich natürlich die Frage auf,warum Cannabis keine Rolle in der 'moder-nen' Pharmazie spielt. Warum setzt sich diepharmazeutische Industrie nicht stärkerbzw. überhaupt für eine Legalisierung ent-

sprechender THC-Präparate bzw. des unbe-handelten Naturheilmittels ein? Für Liebha-ber von Verschwörungstheorien bietet Dr.Lester Grinspoon eine einleuchtende Er-klärung:"Die Industrie kann damit kein Geldverdienen. Überhaupt nicht. Wenn jemandeine neue Droge einführen will, geschiehtdas bei uns nach folgendem Muster: EineDrogenfirma begutachtet die Substanz undentscheidet, ob sie den hohen Einsatz einerMarkteinführung wert ist. Lautet die Ant-wort 'Ja', müssen zwischen 80 und 100 Mil-lionen Dollar investiert werden, um dieDroge schließlich in die Apotheken undKrankenhäuser zu bekommen. Dafür erhal-ten sie ein auf 17 Jahre befristetes Patentund in diesen Jahren können sie damit Geldverdienen. Aber wie sollte das bei Cannabisklappen können?" (3)

Da ist was dran, denn ein Heilmittel, dasman selbst ziehen kann, wird man kaum fürteures Geld in der Apotheke kaufen wollen.

Trotz der weltweit vertrackten Rechtslagebilden sich weltweit immer mehr medizini-sche Fachkreise, die auf eine Akzeptanz derDroge THC hinarbeiten und entsprechendeForschungen durchführen. Hier Kontaktan-schriften:- Stichting Institute of Medical Marijuana,Postbus 2688, NL-1000 CR Amsterdam,Tel, 010-435-0096, Holland.- International Medical Marijuana Move-ment, 3745 Seventeenth Street. San Fran-cisco, CA 94114, USA, Tel. 001 415 8641961- Multidisciplinary Association for Psyche-delic Studies, MAPS, 1801 Tippah Avenue,Charlotte, NC 28205, USA, Tel. 001 704 3589830, Fax. 001 704 358 1650. (HerzlichenDank an Rick Doblin, dem Mastermind vonMAPS, für seine herzliche Kooperation undaktive Hilfsbereitschaft bei den Recherchenfür dieses Buch!).

HANFPRODUKTE SINDPSYCHOVITAMINE

Privatforschern bleibt es manchmal überlas-sen, die Wissenschaft durch eigene Überle-gungen und Versuche auf neue Wissensge-biete zu stoßen. Immo Jalass beschäftigtsich seit gut 20 Jahren mit der Erforschungdes Gehirns, vor allem des eigenen. AufGrund seiner Erkenntnisse über das Gehirn-blutvolumen und dessen Veränderung beimKopfstand oder dem Genuß psychoaktiverSubstanzen behauptet er nun, man solleum klar im Kopf zu bleiben, zu jedem JointZucker zu sich nehmen.

Frage ich: Wieviel Zucker? Gibt es eineFaustregel? Angaben fürs Durchschnittsge-wicht? Reicht ein Dextro-Energen pro Joint?

Seine Antwort: Nun, ein Dextro-Energenpro Joint ist mit Sicherheit ein gutes undempfehlenswertes Rezept, obwohl einJoint im allgemeinen das Rauchen derCannabisprodukte mit Tabak beinhaltet.Besser wäre es natürlich, die Cannabispro-dukte ohne Tabak zu genießen, da derTabak mit seinem Nikotin ein starkes Giftdarstellt und die Wirkung der Cannabispro-dukte in negativem Sinne beeinträchtigt undherabsetzt. Auf jeden Fall sollte jedochzusätzlich für eine regelmäßige Vitamin C-Zufuhr gesorgt werden.

Meine Frage: Wie kommst du auf dieseIdee?

Antwort: Ich möchte aus dem Buch HomoSapiens Correctus von B. Hughes zitieren,das 1968 in Amsterdam erschienen ist:

DIE HANFPRODUKTEALS PSYCHOVITAMINE

„Drogen: Sucht nach giftigen Drogen (Nar-kotika) kann bei Entziehung zum Todeführen, dagegen braucht man von den nichtgiftigen ,Psychovitaminen' (Substanzen, diezweitweilig das Gehirnblutvolumen ver-

größern, indem sie die Halsvenen veren-gen) nie mehr als die gewohnte tägliche

Dosis zu sich zu nehmen. Man kann jeder-zeit damit aufhören, ohne negative Folgen

befürchten zu müssen. Synthetische Psy-chviitamine wie Psilocybin, Meskalin undLSD vergrößern das Gehirnblutvolumen

mehr als Indischer Hanf. Die Folge davon istbeschleunigter Gehirnstoffwechsel, wo-durch dem Blut mehr Glukose entzogen

wird. Wenn man bei Beginn von Erregungoder Müdigkeit eine Mundvoll Zucker zusich nimmt, verhindert man die schlimme-ren Symptome von Hypoglykämie, wie kalteHände, Kälteschauer, Zittern und Paranoia,die dann eintreten, wenn ein wenig Adrena-lin als Notreaktion abgeschieden wird, umdas Gehirn mit neuer, der Leber entzogenerGlukose zu versorgen.Warnung: Wenn man keinen Zucker nimmt,dann kann die Wirkung des Adrenalins dasHerz überbeanspruchen, und wenn das Ad-renalin aufgebraucht ist, kann Egoverlusteintreten. Durch Aufnahme von genügendZucker wird die Erfahrung positiver gestal-tet,"Ich habe hier jetzt das Wort „Warnung"- ein-gefügt. Sollte das nicht schon als Informa-tion ausreichend sein? Nein, ich will diezuckrige Ergänzung, wie sie aus den Halluzi-nogenen Psychovitamine macht, hier umdes besseren Verständnisses willen nocheinmal mit eigenen Worten zur Formulie-rung bringen:„Ich bin der vollen Überzeugung, die Men-schen mit folgender wissenschaftlicher In-formation vor unsachgemäß, gefährlich undverantwortungslos durchgeführten Experi-menten mit Cannabisharz und LSD bewah-ren zu können und ihnen eine positive An-wendung zu Fähigkeitsverbesserung undSelbstverwirklichung damit möglich zu ma-chen. Denn daß die Stoffe Marihuana (wennes wirklich Marihuana ist), Haschisch und

LSD Psychovitamine sind, wenn sie nur mitausreichend Vitamin C, Zucker und mehrSauerstoff durch bewußte Atmung genom-

men werden, das kann jeder selbst untersu-chen. Die physiologische Wirkung dieser

Stoffe besteht darin, daß sie durch Hals-

venenverengung das Hirnblutvolumen ver-größern (auf Kosten des Volumens der Hirn-flüssigkeit), wodurch der Hirnstoffwechselbeschleunigt und erhöht wird, so daß es zueiner Verbesserung aller Gehirnfunktioneneinschließlich des Bewußtseins kommt.Da die Ursache des Drogenmißbrauchs zueinem großen Teil in Unkenntnis dieserTatachen zu suchen ist, habe ich als Drogistvon Berufs wegen meine Pflicht darin gese-hen, diese Information, diese Entdeckun-gen weiterzugeben und in einigen vertrau-enswürdigen Fällen auch die Drogen beizu-geben. Siehe hierzu meinen offenen Infor-mationsbrief an den Bundesminister für Ju-gend, Familie und Gesundheit, Bonn.Aber hiermit ist die positive Wirkung dieserDrogen bei sachgemäßer Anwendung nochnicht erschöpft. Wie ich an mir selbst fest-stellen konnte, können Kopf- und Zahn-schmerzen damit behoben werden, Neuro-sen zum Verschwinden gebracht und über-höhter Blutzuckerspiegel gesenkt werden.Ich meine, daß diese Behauptungen ausrei-chen, um neue Reihenuntersuchungen inAngriff zu nehmen. Untersuchungen aufwissenschaftlicher Basis unter ärztlicherKontrolle." (aus: l, Jalass - Eine Autobiogra-phie, Hamburg 1980)

HANFFORSCHUNG AM HIRN VORBEI

Über eine neue Studie (von S. Munro, publ.in Nature, 1993, 365, 61) berichtet ClaudiaSchön in der Zeitschrift Chemie in unsererZeit (27. Jahrgang 1993, Nr 5). Sie merkt an,daß Cannabis wahrscheinlich schon mehrmedizinisch genutzt werden würde, wennes nicht diesen 'überflüssigen' psychoakti-ven Effekt hätte."Schuld an diesen Effekten hat vermutlichder Cannabinoid-Rezeptor C-BR, der fastausschließlich im Gehirn vorkommt. Einerbritischen Forschergruppe gelang es kürz-lich, aus einer menschlichen Leukämie-Zell-linie das Gen für einen Cannabinoid-Rezep-tor zu klonen. Dieser Rezeptor (CX5), des-sen Sequenz Homologien zu dem bereitsbekannten Cannabinoid-Rezeptor C-BRzeigt, kann tatsächlich Cannabinoide bin-den, ja sogar verschiedene Cannabinoidevoneinander unterscheiden: CX5 hat zu delta9-Tetrahydrocannabinol, Cannabinol und 11-OH-delta9-Cannabinol nämlich eine größere Af-finität als zu dem biologisch weniger aktivenCannabidiol. Besonders interessant warenaber folgende Befunde: Mit einer CX5-ho-mologen DNA-Sequenz als 'Sonde' ließensich CX5-mRNA-Sequenzen im Milzgewebenachweisen. Im Gehirn dagegen wurde CX5nicht gefunden. Wertere Experimente zeig-ten, daß CX5 in den Makrophagen der Milz-Randzone exprimiert wird. Die Randzoneder Milz ist der Ort, an dem die Außenweltmit dem Immunsystem zusammentrifft.Daher vermutet man, daß der endogene Li-gand des CX5 Rezeptors eine 'immuno-mo-dulierende' Rolle spielt. Vielleicht kann Mari-juana doch noch in der Medizin eingesetztwerden. Die Entdeckung des CX5-Rezep-tors ist sicherlich ein Schritt auf diesemWeg. Nun gilt es, für diesen Rezeptor einspezifisches Cannabinoid mit einer er-wünschten Wirkung zu finden, das sich nuran diesen Rezeptor bindet und um das Ge-hirn einen weiten Bogen macht."

So der wissenschaftliche Text. Man willalso einzelne Bestandteile der Hanfpflanzeisolieren und so zu einem Medikament o.ä.

verarbeiten, daß einem das High-Gefühl desKiffens erspart. Wo kämen wir auch hin,wenn der gesundende Patient sich außer-dem noch geistig wohlfühlen würde... Oh,du bist Laie und wüßtest gerne, worum esin dem vorherigen Abschnitt eigentlichging? Nun, der neu entdeckte Rezeptorkönnte uns, wenn einmal ausgiebig er-forscht, Hinweise darüber geben, warumCannabis Entzündugen eindämmt und eini-ge Reaktionen des Immunsystems unterdrückt.

Ein Schlußwort zu diesem Thema von Dr.Christian Rätsch aus seinem Buch Hanf alsHeilmittel:"Zu den Grundrechten des Men-sehen gehört nicht nur das Recht aufRausch, sondern auch das Recht auf Ge-sundheit, und damit das Recht auf geeigne-te Heilpflanzen. Wenn es um Heilung undGesundheit geht, hat jeder Mensch dasHeilmittel zu bekommen, das ihm wirklichhilft. Deswegen hat ein jeder Mensch ein le-gitimes Recht auf den Gebrauch von Hanf-produkten. Werden sie aus dem Sumpf derIllegalität befreit, können sie weltweit -denn keine andere Pflanze hat eine ähnlichweltweite Verbreitung - der Weltgesundheitin enormem Maße zuträglich sein. Die Men-schen in allen Ländern können im medizi-nisch sinnvollen Gebrauch der Hanfproduk-te unterwiesen werden, ganz im Sinne vonDr. Peter Baumann, der in der SchweizerÄrztezeitung (1989) einen Rauschkundeun-terricht fordert. Zukunftsmusik? Ich glaubenicht."

WIE GESUND-HEITSSCHÄDLICH IST ES,HASCHISCH zu RAUCHEN?Grundsätzlich gilt wohl, daß jede Rauch-ln-halierung die Bronchien und Lungen strapa-

ziert. Zu der folgenden Meldung aus demBröckers/Herer Buch muß angemerkt wer-den, daß sich die US-Forschung meist aufden Genuß von reinen Marijuana-Joints be-zieht. In den USA wird, im Gegensatz zum

europäischen Hanf-Genuß, nur selten Tabakunter das Rauchkraut gemischt. Die im Fol-genden aufgeführten Bemerkungen bezie-hen sich also nicht auf Tabak/Hanf-Gemi-sche, sondern auf pures Gras:"Zigmillionen AmerikanerInnen rauchen re-gelmäßig Marijuana, aber nach Aussagenvon Amerikas bedeutendstem Lungenex-perten, Dr. Donald Tashkin, UCLA, geht aufCannabis bis Ende März 1992 kein einzigerFall von Lungenkrebs zurück. Er siehtdas größte Gesundheitsrisiko für die Lun-gen einer Person, die täglich 16 oder mehrgroße Spliffs aus Blättern/Blüten raucht,darin, daß durch den Rauch und die damiteinhergehende Unterversorgung mit Sauer-stoff im Lungengewebe Sauerstoffmangelentsteht.... Wir fragten Tashkin, wievieleMenschen in seiner oder anderen Studienüber Langzeitraucher von Marijuana, zudenen die Rasta und Kopten zählen, in derFolge an Lungenkrebs erkrankt seien.Dr.Tashkin sah mich an und sagte:"Das ist jadas Seltsame. Bis jetzt hat kein einziger vondenen, die wir beobachtet haben, Lungen-krebs bekommen." - "Wurde das der Pressemitgeteilt?" - "Nun, es steht in meinem Arti-kel. Aber niemand von der Presse hat auchnur danach gefragt. Sie nahmen einfach dasSchlimmste an."

So ist das nun mal mit der freien Forschungund der freien Presse. Ein ähnliches Bei-spiel wurde anläßlich der Jahrestagung desEuropäischen Colloquiums für Bewußt-seinsstudien im Dezember 1993 in Zürich

erwähnt. Ein bekannter Forscher, der sich

der Erforschung von möglichen schädlichenAuswirkungen von Substanzen wie MDMA(Ecstasy) einen Namen gemacht hat, fandnun auch eine artverwandte Droge, die dienegativen Begleiterscheinungen jener Sub-stanzen nicht hat. Gefragt, warum er diesdenn nicht publiziert hätte gab er die Ant-wort: Ich suche nur nach schädlichen Wir-kungen solcher Substanzen. Wenn so eineDroge keine schädlichen Wirkungen hat, istsie nicht so interessant."Aha.

Donald Tashkin hat im staatlichen Auftragdie Mechanismen zwischen Rauchen undKrebs untersucht. Zu seinem Erstaunenfand er heraus, daß Marijuana-Raucher ihreLungenwege auf nur einem von 29 unter-suchten Abschnitten 15 mal so arg belaste-ten, wie die Tabakraucher: auf den oberenLuftwegen. An allen anderen 28 Teilgebie-ten der Lunge waren die Auswirkungengleich oder geringer als bei Tabak.

Wie schon beim Thema Radioaktivität er-wähnt, besteht die gesundheitliche Gefahrdes Jointrauchens bei uns im mitgerauch-ten Tabak. Vor allem bei den Bong-Rau-chern haut das ganz schön rein. Ein Ge-sundheitsproblem scheint auch der Tabakzu sein, der heute angeboten wird: fast alleTabake sind wegen Farbe, Feuchtigkeit,Aroma etc. in einer Zuckerbrühe gesoßt. Esscheint einen direkten Zusammenhang zwi-schen dieser Soßung und Lungenkrebs zubestehen (siehe auch das Buch Die süßesteSucht, von McKenna/Pieper, Grüner Zweig163, Löhrbach, 1993).

Jointraucher sollten sich nach unbehandel-tem Tabak, wie es ihn im Orient noch gibt,umsehen. In Deutschland kann man u.U.den Feinschnitt für Cigarette und PfeifeAKROPOLIS (in der Dose) finden, vor zehnJahren gab es noch den Türkischen Fein-schnitt in der Goldpackung. Ich suche wei-terhin Tips, welchen Tabak raucht man beiuns zum Hanf?

GESUNDHEITSRISIKENBEIM MARIJUANA-RAUCH:DIE KAISER STUDIE

Die Kaiser-Studie bestätigt das Gutachtenvon NORML zu Gesundheitsrisiken durchMarihuanaDas Western Journal of Medicine (West JMed) veröffentlichte eine medizinische Un-tersuchung mit täglichen Marihuana-Rau-chern. Sie bestätigt die im "Health Tips forMarijuana-Smokers" von California-NORMLgeäußerte These, daß die Hauptrisiken ex-zessiven Marihuana-Rauchens in Atem-wegs-Erkrankungen und Unfallgefahr beste-hen.Die von Michael R. Polen (Kaiser Permanen-te Center for Health Research, Portland,Ohio) erstellte Studie vergleicht erstmalsGesundheitsdaten von Marihuana-Rau-chern, die keinen Tabak rauchen, mit denenvon Personen, die garnichts rauchen("Health Care Use by Frequent MarijuanaSmokers Who Do Not Smoke Tobacco":West J Med 1993, S. 158).Danach haben ständige Marihuana-Raucherein 19% höheres Risiko, an Ihren Atmungs-organen zu erkranken, als Nichtraucher.Dies deckt sich mit Ergebnissen vorange-gangener Arbeiten von Dr. Donald Tashkin(UCLA) und anderen, die beweisen, daßMarihuana-Rauch die Lunge in etwa glei-chem Maß wie Zigaretten-Rauch reizt. DieStudie ermittelte auch ein um 9% erhöhtesErkrankungs-Risiko bei anderen Krankhei-ten, und unterstellt, daß Marihuana weitereGesundheitsprobleme verursachen kann.Beobachtet hat man dieses Phänomen je-doch nur an einer Untergruppe der Raucher,die Marihuana fünf bis neun Jahre verwen-det hatten.Die an 452 Marihuana-Rauchern und 450Nichtrauchern vorgenommene Studie waraber nicht umfangreich genug, um deutlichwerden zu lassen, ob tägliches Marihuana-Rauchen Krebs verursachen könnte. WeilMarihuana-Raucher vergleichsweise weni-ger Rauch als Tabak-Raucher inhalieren, undweil sich Marihuana-Rauch anders als

Tabak-Rauch meist nur den oberen At-mungstrakt erreicht, bleibt weiter unklar,wie groß das relative Krebsrisiko durch Ma-rihuana ist.Wegen des schädlichen Potentials im Mari-huana-Rauch empfiehlt NORML Usern ein-dringlich, sich sowenig wie möglich mitdem Rauch zu belasten. Dies kann mandurch Essen von Cannabis, Rauchen vonSinsemilla mit höherem Wirkstoff-Gehaltund Ausfiltern von schädlichen Bestandtei-len aus dem Rauch erreichen. Die Entwick-lung der Filtertechnologien wird von denBehörden durch Anti-Zubehör-Gesetzeweitgehend unterbunden, denn es ist einVerbrechen, jegliche Art von Marihuana-Rauchzubehör zu testen."Die Behörden müssen endlich aufwachenund erkennen, daß sie die Volksgesundheitschädigen, indem sie Forschungen zurauchloser Technologie verhindern", sagteCalifornia NORMLs Sprecher Dale Gierin-ger "Leider kommt das einzige Marihuana,welches die Behörden zu Forschungs-zwecken freigeben, von ihren eigenen Fel-dern an der Universität Mississippi. Und dasist bekanntermaßen scharf und hat geringePotenz". 'Mississippi-Kanal-Kraut', so nenntman es, wird an Forscher und eine HandvollKlinik-Patienten verteilt.

VerletzungsrisikenDie Kaiser-Studie ergab auch ein für täglicheMarihuana-Raucher um 30% erhöhtes Ver-letzungsnsiko gegenüber Nichtrauchern,und bestätigt damit den verbreiteten Glau-ben, daß Marihuana-Gebrauch zu Unfällenführen kann."Pot-Raucher sollten sich klarmachen, daßUnfälle vielleicht die größte Gefahrenquellein Marihuana sind", warnt Gieringer. "Je-der, der Marihuana täglich raucht, verbringtden bedeutendsten Teil seines Wachzu-stands unter dessen Einfluß. Manche Men-sehen scheinen in der Lage, das zu kom-pensieren, andere dagegen nicht". Er ver-weist darauf, daß eine größere Studie nötigsei, um die Unfallrisiken von Marihuana zu

belegen.Die Autoren der Kaiser-Studie warnen, daß

die Auswertung durch die Schwierigkeit, dieEffekte von Marihuana und Alkohol ausein-

ander zu halten, kompliziert wurde. Perso-nen, die Marihuana rauchten, neigten we-sentlich eher dazu, auch heftige Trinker zusein, als Nichtraucher (die Studie schloß alleTabak-Raucher aus, und damit auch die mei-

sten starken Trinker). Nicht kontrolliertwurde der Gebrauch von anderen Drogen,

wie z.B. Kokain.Unerwartet war das Verletzungsrisiko be-sonders hoch in der Gruppe der täglichenLangzeit-User (15 oder mehr Jahre). Unge-wöhnlich auch, daß diese weniger Schädi-gungen der Atmungsorgane und andereKrankheiten hatten als Nichtraucher. DieKaiser Forscher hoffen, daß dies in einergrößeren Studie noch geklärt werden kann."Nimmt man an, daß die Kaiser-Resultatezutreffen, widersprechen sie nicht der Sichtfast aller Wissenschaftler, daß Marihuanazwar nicht harmlos, jedoch ein relativ siche-res Rauschmrttel ist", schließt Gieringer."Neben Risiken für das Atmungssystem,die jedoch zum großen Teil ausgeschaltetwerden könnten, bleibt selbst ein um 30%erhöhtes Verletzungsrisiko für Dauer-User.Dies könnte einige tausend Tote pro Jahrbedeuten -immer noch wenig im Vergleichzu den Hunderttausenden durch Alkoholund Tabak. Ich finde keine Anzeichen, demSchluß des California Research AdvisoryPanel zu widersprechen, daß Marihuana'geringer verantwortlich (ist) für Schäden anGesellschaft und Individuum als Alkohol undZigaretten´".

VON LA CUCARACHA BISHITS FROM THE BONG!Cannabis & Musik:wilde Geschwister

Als uns in der Tanzschule irgendein Mambooder Rumba zu den folkloristischen Klängenvon James Last beigebracht wurde, hattenwir ja keine Ahnung, zu was für Texten wirunsere ungelenken Körper zu disziplinierenversuchten. La Cucaracha! In diesem Klassi-ker geht es um die Geschichte jener Kaker-lake aus Pancho Villas Gefolge, die auf derSuche nach Marijuana ist, um mit marschie-ren zu können, gegen die Ausbeuter...

Da wußten die Jazzer der '20er Jahre schongenauer, was Sache war. In den Zeiten derAlkoholprohibition in den USA schossendort überall Kiffer-Cafes, sogenannte HashParlors, aus dem Boden. Allein in New YorkCity zählte man Ende des Jahrzehnts 1200davon. 1932 wurde am Broadway in einemMusical der Song Smoking Reefers gesun-gen, in dem e hieß: "The stuff that dreamsare made of... the thing that white folks areafraid of". In den '30er Jahren lebte die Mu-sikwelt, von Cab Calloway bis Fats Waller,von Reefersongs. Selbst Benny Goodmanspielte Sweet Georgia Brown. Der Kiffer-king des Jazz kam jedoch aus New Orleansund hieß Louis Armstrong. Eigenen Aussa-gen zufolge kiffte er täglich. In den frühen'50ern schrieb er seinem Präsidenten IkeEisenhower gar einen Brief, in dem er eineLegalisierung des Krautes vorschlug - einvorbildlicher Bürger. Ob er Hello Dolly sangoder mit Bing Crosby und Gracia Patricia inHigh Times schwofte, sein Motto war: "Thesky is high and so am l !" - nach dem gleich-namigen Song von Bob Howard:

Dreamed about a reefer five foot longMighty mezz but not too strongYou'll be high but not for longIf you're a viperl'm the king of everythingGagota Gagota Gagota Gagota be high be-

fore l swingLet the bells ring: ding dong ding|f you're a viperSay you know you're high when your throat

gets dryMmmmm! Everything's dandy!

Shbbbshtbbshb ah yesYou run down to the candy storeBust your conk on peppermint candyThen you know your little brown body's

sentYou don't give a darn if you don't pay rent'Cause the sky is high - soo am lYes, yes, l vipe a bit....

"Mann, es gibt dir einfach ein gutes Gefühl,'meinte Satchmo, "es relaxt dich, läßt dich alldie üblen Dinge vergessen, die mit uns Ne-gros getrieben wurden. Du bekommst dasGefühl, begehrt zu sein, stärkst dein Selbst-bewußtsein. Das verbindet dich brüderlichmit anderen Tee-Rauchern." Dizzy Gillespiebekräftigte Armstrongs Aussagen in seinerAutobiographie: "Wir waren ja nicht die ein-zigen die kifften. Die älteren Jazzmusikerrauchten schon seit 40 und 50 Jahren! Fastalle Jazzmusiker, die ich kannte, junge wiealte, rauchten Pot. Das würde ich aber nichtDrogenmißbrauch nennen." Millionen vonMitsummer des Liedes Tea for Two werdenwohl nie erfahren, daß sie ein drogenver-herrlichendes Lied lieben.

In den '60er Jahren übernahmen dann dieRock- und Beat-Musiker den hänfernenStaffelstab, auch Joint genannt. Turning on.Zum einen geht der gedrehte Joint immerim Kreis, zum andern verdreht er dir denKopf.

Legendär das Treffen von zwei Sauriern derRockkultur: Bob Dylan & die Beatles.Während ihrer ersten Amerika-Tournee1964 erhielten sie in ihrem Hotel in NewYork Besuch von seiner Bobheit. Dylan ver-stand den Liverpooler Slang falsch. So hörteer sie in dem Lied / want to hold your handimmer I get high singen. Also brachte erihnen als Willkommensgruß einen dickenBeutel Gras mit. Groß war dann sein Erstau-

nen. als er aufgeklärt wurde, eigentlichsänge man ja / can't hide. Bob versteckteseinen Beutel nicht und verführte die Pilz-köpfe zum Cannabisgenuß. (Mehr dazu indem Grünen Zweig Die PsychedelischenBeatles. Löhrbach 1994).

Im Gefolge der Beatles, über die RollingStones bis heute zu U2 und jüngerenBands, kifften und kiffen die Mehrzahl derbritischen Beat- und Rock Gruppen. Bei den

erwähnten ist dies wegen wiederholten Ge-richtsverfahren kein Geheimnis. In den USA

gehörten Bands wie The Byrds 8 miles high,

The Grateful Dead und Jefferson Airplanezu den Wegbereitern der heutigen Hanfkul-tur. Sex & Drugs & Rock'n'Roll.So viel sie auch kifften, nie waren sie so re-ligiös offensive Raucher wie die Rastafarisin Jamaika, l & l, high & high. Die Rasta,Nachfahren verschleppter Sklaven, sindeine verschworene Religionsgemeinschaft,die sich auf die Bibel bezieht. "Und Gottsprach: Es lasse die Erde aufgehen Grasund Kraut, das sich besame, und fruchtbareBäume, da ein jeglicher nach seiner ArtFrucht trage und habe seinen eigenenSamen bei sich selbst auf Erden. Und so ge-

schah es" (1.Mose 1, Vers 11). - Ja, so ge-schah es: Gott - liebevoll Jah genannt - hatden Menschen de hola herb, das 'HeiligeKraut', erschaffen und geschenkt. Das heili-ge Kraut ist nichts anderes als der Hanf oderCannabis indica.

"Mitten auf ihrer Gasse auf beiden Seitendes Stroms stand Holz des Lebens, das trugzwölfmal Früchte und brachte seine Früchtealle Monate; und die Blätter des Holzesdienten zur Gesundheit der Völker." (Offen-barung 22, Vers 2), Ja, so geschah es, daßGott den Menschen das Heilkraut, de holaherb, gab, damit sie gesund würden..." (aus:Christian Rätsch, Hanf als Heilmittel).

Ein untrennbar mit dem Kraut verbundenesGottesgeschenk ist die Musik, die bei denRastafaris, handele es sich nun um Ska,Reggae oder Raggamuffin, einen großenStellenwert besitzt. Diese Vermengung vonHanf & Religion & Musik wird von den Au-toritäten argwöhnisch beobachtet. Schon inden '70er Jahren wurde Peter Toshs Auf-klärungslied Legalize it! in Deutschlandwegen Inhalt und Cover indiziert. "He whocreated the earth, created herb for the useof man, see?" Nein, das wollten die Jugend-schützer nicht sehen.

Ob Bob Marley nun wirklich in seinemLeben 300 kg Marijuana geraucht hat, wer-den wir wohl nie erfahren. Aber immerhinklagt sein Nachlaß-Estate gegen den Dro-genmulti Philip Morris (Tabak & Alkohol),der den Namen "Marley" als Markenzeichenschützen lassen will. (Q-Magazine, 2/94).Warum wollen die wohl diesen Namen?Warten wir es ab. Im Zeitalter der Verteufe-lung von Tabakrauchern in den USA scheintsich der böse Philip um neue Märkte zukümmern.

In den vergangenen 30 Jahren hat der Pop-Zug an vielen Stationen für einige Zeit ange-halten: New Orleans, Liverpool, Chicago,London, San Francisco, Berlin, Seattle...aber immer wieder kehrte dieser Zug für einpaar Stops nach Jamaika zurück. Vor allem

in den Ländern der 3.Welt üben Klänge ausJamaika eine große Faszination aus. Seitdem Ska und Blue Beat der '60er, über RockSteady, Reggae, Toasting, Roots Rockers,Dub und Dancehall bis zum heutigen Ragga,immer handelte es sich um absolut kiff-kompatible Musik, die weltweit auf großeResonanz stößt. Auch westliche Musikerließen sich inspirieren oder kupferten ein-fach ab: Paul Simon, Rolling Stones, ErichClapton, Bob Dylan... der Bogen spannt sichbis zu den heutigen Rap-Musikern.Und über allen schwebt Bob Marley mit sei-nen Songs of Freedom.

Weise Worte eines Police-Mannes

Sting über Hanf: "Ich rauche ab und zueinen Joint, aber ich mache nichts ex-zessiv. Ich denke, niemand sollte Dro-gen nehmen, bevor er 40 Jahre alt ist.Ich rede hier ausschließlich von einemgelegentlichen Genuß. Wenn man mit40 noch nicht drogensüchtig ist, wirdman es auch nicht mehr. Ich habe Dro-gen auf einer recht hohen Stufe probiertund einige Halluzinogene fand ichäußerst brauchbar. Manche sagen, derGenuß sei erholsam, aber ich fand dieErfahrung unglaublich schmerzvoll. Ichstehe nicht so auf dem rekreationalenGebrauch von Drogen. Aber es gibt aufdiesem Planeten Substanzen, die unsweiterhelfen können. Dafür sind sie da.Im Regenwald wachsen viele pflanzli-che Substanzen, von denen wir Westlerbislang keine Ahnung haben. Und zumCannabis: Ich bin davon überzeugt, daßes sich in diesem Jahrzehnt, noch vorder Jahrtausendwende, allgemein alssehr brauchbar herausstellen wird.Dieser Krieg den Drogen ist doch totalabsurd. Ironischerweise ging es auchum Marijuana, als Großbritannien sei-nen letzten Krieg gegen die USA aus-focht. Das war im Jahr 1812 und es gingum den britischen Zugang zu Hanfplan-tagen. Heute werden die wahren Kriegein Bosnien und Sri Lanka ausgefochten,was sollen da diese Kriege gegenmenschliche Egos und Hanf?"

DREH AUF, ZIEH'S REIN

Diese Überschrift wähIte Der Spiegel(44/93) für seinen Bericht über die 'Wieder-entdeckung der Hippiedrogen Haschischund Marijuana':"Haschisch und Marihuana,während der '80er Jahre als stumpfe Hip-

piedrogen verpönt, sind im deutschenNachtleben wieder schick. In HamburgerKonzerthallen werden Joints ebenso unge-

niert herumgereicht wie in Münchener Dis-kotheken. "Ist doch cool, sich direkt an derTheke einen zu kurbeln", sagt der Hambur-ger Student Michael, 23. "Wenn der Besit-zer hier dagegen einschreitet, kann er denLaden gleich dicht machen... Die Rap-Grup-pe Cypress Hill nennt ihre Stücke Hits fromthe Bong und Legalize it und ist mit demAlbum Black Sunday im Sommer '93 an dieSpitze der Hitparade geklettert.Auf der Bühne trägt die Gruppe Joints sogroß wie Baseballschläger herum. Mitselbstentworfenen Kleidern und Drogenzu-behör machte die Band in diesem Jahreinen Umsatz von sechs Millionen Dollar.Wir wollten etwas Mutiges tun", sagt Rap-per Sen Dog, "deshalb machen wir uns fürPot stark."... Vor allem in den schwarzenGhettos der USA wird die Cannabismodeals Fortschritt gewertet, weil sie die Kidsdazu anhält, die Finger vom harten Stoff zulassen. "Seit alle Pot rauchen", sagt der Lati-no-Rapper Illchuck, "gibt es in Hip-Hop-Krei-sen niemand mehr, der sich noch mit Crackoder Kokain abgibt." Einer der Instant-Super-stars des Jahres 1994, Snoopy Doggy Doghat sich gar nach einem Slangnamen fürMarijuana benannt. So zumindest geht dieLegende.

Ähnliche Entwicklungen werden auch ausanderen Teilen der Welt gemeldet. Der eng-lische New Musical Express berichtete überdas Trend-Festival in Glastonbury 1993:"Wenn man Glastonbury traditionell als Indi-

kator für die jeweilige Drogenmode nimmt,so hat man dort in den vergangenen Jahreneinen saisonalen Gebrauch von Ecstasy,

Halluzinogenen, legalen Smart-Drinks und

ungezählten organischen Ausflipptechnikenbeobachten können. In diesem Jahr gab esvor allem Haschisch. Es war der Sommer, indem Hasch heiß war. Jegliche Pulver warenout. Und nicht nur im grasfreundlichen Som-merset feierte Marijuana ein erstaunlichesCome-back." Nicht nur in London und Re-stengland wurde plötzlich wieder vermehrtgekifft, auch in den USA nahmen die Cann-abisnebelschwaden dramatisch zu. DerJoint wurde als allseits akzeptierter alterFreund wieder willkommen geheißen. DasAtlanta Pot Festival (sic!) wurde von 50000Menschen besucht. Die Black Crowes, He-adliner des Festivals, haben inzwischensogar ihr eigenes Zigarettenpapier heraus-gebracht. Wie Cypress Hill erreichten auchdie Crowes die Nr. 1 der Hitparaden im Jahr1993. In all ihren Interviews preisen sieHanf. Die einzige Einschränkung: Auf MTV

dürfen Gruppen nicht einmal einen Hanflo-go-Aufnäher auf der Hose tragen. "Dukannst da deinen nackten Arsch zeigen, dirpermanent an die Eier greifen, in Videos ge-walttätige Szenen abliefern, kein Problem.Aber bei einem Hanfblatt freaken die totalaus", so einer der Crowes.

Den größten Erfolg mit Cannabis-Musik hat-ten Anfangs der '90er Jahre aber zweifels-ohne Rap-Gruppen wie Cypress Hill. So of-fensiv wie sie ist seit David 'Have a Marijua-na' Peel in den Hippiesechzigern niemanddas Thema angegangen. Auszüge auseinem Interview mit Cypress Hill: "Und washaltet ihr heute von Blunts?" (Blunt = Slangfür Joint)'Mit denen geht es uns wie mit allem: Dulebst und lernst. Auf unserem neuen AlbumBlack Sunday haben wir ein Stück Hits fromthe Bong. Es stellt den Leuten eine viel sau-berere und gesündere Art des Rauchensvor. Ich will sie etwas vom Jointrauchenwegführen, wegen des Zigarettenpapiers.Ich rauche zwar auch noch Blunts, verstehmich da nicht falsch. Aber wenn ich daheimbin, benutze ich ein Bong. Das ist viel ge-sünder.""Habt ihr noch andere Dope-Stücke auf demneuen Album?"

"Eins heißt / wonna get high, ein kurzesStück, das wir allen Marijuana-Rauchernwidmen, die schon lange dabei sind. Stonedis the way of the walk (einer ihrer frühen Nr.1 Hits) ist unsere Marijuana-Hymne gewe-sen, nun haben wir eine neue: / want to gethigh. Außerdem haben wir auch das kleineStück Legalize it aufgenommen Da singenwir nicht, sondern haben nur verschiedeneZitate aus Vorträgen über Hanf, all die wich-tigen Fakten, kurz und knackig auf denPunkt gebracht. Das kommt direkt vor Hitsfrom the bong."

Aber nicht nur die moderne Popwelt kifft. Invielen Kulturen halfen Musiker ihrer Inspira-tion mit Hanf nach. Ein Paradebeispiel istdie Rembetiko-Kultur aus Griechenland, dieim folgenden stellvertretend für alle ande-ren näher beschrieben wird.

DIE HASCHISCHLYRIKDER REMBETES

Eine Zeitreise von Cheb Kif-Kif

Für Rüdiger Jestel

Ta HanoumakiaBei der Haschhöhle am Meeresstranddort wo ich jeden Tag hingehejeden Morgen früh, wenn's hell wirdum den Blues zu vertreibentraf ich zwei Haremsmädchen, die im Sand

saßen.Ganz schön bekifft waren die armen Dingeraber klasse sahen sie aus."Hey, du süßer Kerl komm doch mal rüberund bring deine Baglamas mit;setz dich nah zu unsaus vollem Herzen werden wir für dich von der

Liebe singen.Du spielst die Baglamaszündest deinen Joint an und rauchsthast Spaß mit uns und jeder kriegt 'nen Zug. ""Erst füllt ihr mir die Wasserpfeifeund dann hör ich euer Liedich sitz ein bißchen 'rum und rauche 'nen

Momentdann spiel ich euch was vor.""Ich stopf dir eine Pferte voll mit Kiff -super Stoff aus Isfahan. der macht gut stoned."

Die wunderbare Rita Abadzi sang diesesRembetiko-Lied in den späten dreißiger Jah-ren in Athen. Der Begriff Hanoumaki ist hiermit "Haremsmädchen" etwas ungenauübersetzt. Im Türkischen bedeutet Hanou-maki einfach "schöne junge Mädchen", imSlang der Rembetes bezeichnet es dieMädchen, die in der Teké die Wasserpfeifenmit Haschisch stopften und mitrauchten,und manchmal auch die Prostituierten.

Rembetiko war vor dem zweiten Weltkriegdie Musik der Underdogs Griechenlands,

die Musik einer faszinierenden städtischenSubkultur. Eine der Wurzeln, oder besser:die Mutter des Rembetiko ist die Musik des

Café Aman genannte Caféhaus-Musik ausSmyrna (heute: Izmir), während der Vateraus der Teké in Piräus stammt. Durch den

Flüchtlingsstrom, mit dem der Krieg gegendie Türkei 1922 zu Ende ging, vermehrtesich die Bevölkerung Griechenlands um einViertel. Die Zuwanderer ließen sichhauptsächlich in den Großstädten niederund vergrößerten deren kulturelles Ge-misch. Sie schufen ein soziales Chaos, indem Subkulturen, wie die der Rembetesmit ihrer Kneipenkultur und ihrem starkenIndividualismus, gut gediehen. Die Flüchtlin-ge brachten die Musik ihrer kleinasiatischenHeimat mit. Diese Musik transportierte ihreSehnsucht nach der verlorenen Heimat unddem verlorenen besseren Leben.

Das Outlaw-lmage der Rembetes, das Par-allelen zu den Szenen der Fado- oder Tango-anhänger und rebellischen Jugendkulturender letzten dreißig Jahre aufweist, ist faszi-nierend. Der Rembetis - ein anderer Nameist Mangas - verachtete bürgerliche Konven-tionen, heiratete nicht, stand spät auf, klei-dete sich extravagant, war jederzeit bereit,sich auf eine Schlägerei oder einen Messer-kampf einzulassen und verbrachte den Tagam liebsten in der Teké, dem Hinterzimmereiner Kneipe, wo ein Orchester spielte, mitHaschisch gefüllte Nargiles (Wasserpfeifen)rauchten und ein Kellner Kaffee oder Teeservierte. Auf einer niedrigen Bühne saßenin einer Reihe ernst aussehende Männer indunklen Anzügen. Ihre Instrumente festgegen den Körper gepreßt, sangen sie trau-rig klingende Balladen - dabei drängt sichtatsächlich ein Vergleich zu der Stimmung,die Blues und Tango transportiert, auf. Warder Kopf vom Hasch leicht geworden, be-gannen die Rembetes zu tanzen. Zunächstgeduckt wie Vögel, die auf dem Feld Wür-mer suchen, zogen sie langsame Kreise, umschließlich der Ekstase nahe auf der Musikwegzuschweben, die ihre Gefühle so treff-lich in Noten zu kleiden wußte.

Der favorisierte Tanz war der auf den phy--grischen Feuertanz zurückgehende Sembe-kiko. Er ist der menschliche Versuch, wieein Vogel zu fliegen, die Erde zu verlassenund dient der Überwindung der alltäglichenSorgen. Die Berührung der Erde mit denFingern in einer Figur des Tanzes dient derAufladung des Körpers mit der geo-magne-tischen Energie der Erde.

Es versteht sich, daß diese Subkultur vonden griechischen Diktatoren verfolgt wurde.Metaxas putschte sich 1936 an die Machtund bekämpfte nach dem amerikanischenModell sofort das Haschisch (Costas FerrisFilm "Rembetiko" erzählt u.a. davon). KeinWunder also, daß diese Musik bei den Ju-gendlichen der Sechziger Kultstatus erlang-te.

Das Wort tekké stammt aus dem Türki-schen und bedeudet eigentlich Derwisch-kloster, doch im Slang hat es einen anderenSinn: Höhle, in der man Haschisch raucht.Derwisch nannte man denjenigen, der Ha-schisch raucht und sich dabei wohl fühlt. Al-kohol war bei den Rembetes - außer in derForm von Raki- nicht besonders angesagt.Man genoß lieber das spirituellere Genuß-mittel Haschisch, das manchmal wie ein Sa-krament eingenommen wurde. Die imganzen Orient gebräuchliche Nargile wurdemit Wasser oder Milch gefüllt. Als Tabakzum Mischen benutzte man gerne eine Tou-beki genannte Sorte grob geschnittenerBlätter aus Persien bzw. Ägypten. Dasbeste Haschisch stammte aus der türki-schen Stadt Bursa.

Teké

Gestern abend in unserer Tekéwollten sie uns die Nargiles kaputthauen.

Den Schwarzen wollten sie uns wegschnappenund unsere Teké aufmischen.

Aber wenn Ihr Euch an unseren Pfeifen vergreiftwerden wir auf der Stelle Euer Blut saufen.

Alle unsere Baglamas haben sie eingesacktwollten aber auch die Nargiles schnappen.

Dieses Lied von Stelios Chrisinis aus denDreißigern singen heute die Musiker vonProsechos. Das Lied beschreibt den Haß,mit dem die Staatsmacht die Rembetes ver-folgte, wie sie Instrumente und Wasserpfei-fen oft auf ihren Köpfen und Rücken zer-schlug und Kiffer oder Musiker in den Knastwarfen.

Gespräch im Gefängnis

Eines Abends, Leute, haben sie uns einenHinterhalt gelegt

und uns bei Maounieris drin umzingelt.Irgendein Schweinehund hatte die Kneipe

verratenund zwölf Bullen kamen und umstellten uns.

Die schlugen mit ihren zwölf Knüppeln, und wirwaren richtig bekifft

drei von uns zogen das Messer, aber wirverloren den Kampf.

Wir wurden verprügelt, verdammt, fast hättensie uns totgeschlagen

und jeder von uns kriegte vier Jährchenaufgebrummt.

(Anonymes Gefängnislied, ca. 1900)

Doch ein Rausch muß nicht immer so trau-matisch enden, wie das Lied von Batis er-zählt:

Heimlich stieg ich in ein Boot

Heimlich stieg ich in ein Bootund kam an bei Drakos Höhle.Da sah ich drei, die waren bekifftund im Sande ausgestreckt.

Das waren Batis und Artémisund Stratos, der FauleHe du Stratosmach 'ne schöne Wasserpfeife fertig.

Dann kann der alte Batis rauchender schon jahrelang ein Derwisch ist.Dann kann auch Artémis rauchender immer loszieht und was mitbringt.

Er schickt uns Haschisch aus Istanbuldenn wir sind alle große Kifferund persischen Tabak für die Pfeifehat uns der Mangas in aller Ruhe geschickt.

Vasilis Tsitsanis schrieb in den SiebzigerndenSembekiko

Das Schiff aus Persien

Das Schiff aus Persien wurde in Korinthangehalten

voIle elf Tonnen von wohlriechendem Haschisch.

Jetzt weinen alle Kifferweil sie auf dem Trockenen sitzen.

He Kurnase, Zöllner, wer zahlt den Schaden?Die Hafenpolizei mischte sich in diese

Geschichte ein.

Jetzt weinen alle Kifferweil sie auf dem Trockenen sitzen.

Die Sache war geplant, verraten und verkauft,zwei Araber, die Armen, waren in die Sache

verwickelt.

Jetzt weinen alle Kifferweil sie auf dem Trockenen sitzen.

Mit diesem Titel, den Tsitsanis 1977 zum er-stenmal aufnahm, und der sich auf diewahre Geschichte der Beschlagnahmungdes Schiffes Gloria bezieht, bezeugte erseine Sympathie für die Verfolgten. Dafürwurde er noch nach seinem Tod (18.1.1984)wegen des Liedes strafrechtlich verfolgt.Grund war die Ausstrahlung seines Liedesin einer Fernsehsendung über Rembetiko.Die Staatsanwaltschaft von Athen bezogsich auf einen Paragraphen, nachdem"jeder der - egal auf welche Art und Weise -Propaganda zur Verbreitung von Drogen be-treibt, bestraft werde." Heute erfreut sich"das Schiff aus Persien" immer nochgroßer Beliebtheit.

In der Caféhaus-Musik von Smyrna warennoch die Violine, das Hackbrett Santur unddie arabische Laute Oud die dominierendenInstrumente. Jahre später in Piräus wurdendie Rembetikolieder für die beiden vom by-zantinischen Tambour abstammenden Lau-ten Bouzouki und Baglamas geschrieben.Die Bouzouki mit ihrem silbernen Klang istschon im osmanischen Reich ein klassi-sches Musikinstrument der Rembetes ge-wesen. Leider wurden die lange verfemten

Kompositionen für die Bouzouki verwäs-sert, später als griechische Volksmusik aus-gegeben. Mikis Theodorakis Soundtrack zuAlexis Zorbas verdanken wir, daß heute"beim Griechen" der ewig gleiche, klebrigeSirtaki aus den Boxen dudelt und nur nochwenig von der Herrlichkeit dieses Instru-mentes kündet. Die Baglamas ist eine ex-trem verkleinerte Bouzouki mit helleremKlang. Die Baglamas ließ sich von den Rem-betes gut verstecken, was gerade im Knastvon besonderer Wichtigkeit war.

Denn sein unkonventionelles und antiauto-ritäres Leben führte der Rembetes im Lochweiter. Schnell fand er Anschluß bei ande-ren, die für die gleichen Nichtigkeiten einge-locht waren. Neben der möglichst coolenInszenierung der eigenen Person waren dasHaschischrauchen und das aktive Erlebender Musik, sei es als Musiker, Tänzer oder(Mit)Sänger, zentraler Lebensinhalt. Mit sei-nem extravaganten Äußeren - dazu zähltenein gezwirbelter Schnurrbart, gefetteteHaare mit einer Locke, die tief über die Stirnfiel, hochhackige Schuhe, gelbes Hemd,rote Krawatte unterstrich der Rembetis seinRecht auf Differenz. Ebenso gehörte ein lan-ger Gürtel dazu, der um die Hüfte geschlun-gen war und als Versteck für Rauchwaren,Messer etc. diente, ein Ende über denBoden schleifend. Wer auf dieses Ende tratkonnte sich auf einen Kampf gefaßt ma-chen, nur der linke Arm steckte im Ärmel.Mit einer Bewegung konnte der Rembetisso die Jacke um den Arm wickeln und alsSchild benutzen. Mit Muckern, Schaffern,Spießern oder Bourgeois hatte er nichts amHut. Er hatte seine Marginalisierung frei ge-wählt.

Als Prosechos ihr Album "Salto Orientale"mit einem Konzert in der Aula der Frankfur-ter Universität vorstellten, fiel mir im Publi-kum ein sehr dicker, alter Grieche auf, dermit großem Bedacht fünf (!) Rizla-Paper zu-sammenfügte, mit Tabak und Haschischfüllte und schließlich den Joint mit andächti-ger Behäbigkeit aufrauchte. War es ein Zu-fall, daß die Gruppe gerade diesen Sembe-

kiko von Vasilis Tsitsanis (geschrieben ca:1938) sang?

Andacht

Als orthodoxer Christ in dieser Gesellschaftmache ich mich bereit, mein Mangas, für eine

Andacht.

Ich kauf mir meinen Tabak und ein StückHaschisch

und mache mich auf, mein Mangas, und gehenach Ajios Mamas.

Ich betrete die Kirche, die Räume unter rundenBögen

und ich zünde die Nargile an, als wollte ich dieKerze anzünden.

Und der Erzengel dahinten wird mit einem Malganz bekifft von dem vielen Rauch.

Er sagt zu mir: "Höre Christenmensch, es ist inder Tat keine Sünde

in die Kirche zu kommen und Andacht zuhalten."

Doch dann sagte plötzlich ein Mönch zu mir:"Geh weg hier

jetzt bin ich an der Reihe, ein paar Züge zumachen."

Kein Wunder, wenn sich der Rembetisfragt, wie es in der Hölle aussieht:

Fünf, sechs Manges treften sich mit Charonund fragen ihn, wie's denn den Freunden geht

im Hades, die zu leben wußten l"Erzähl uns, Charon - magst dich ergötzen an

deinem schwarzen Dunkel -haben sie Geld, haben sie Raki im Hades zu

trinken?Haben sie Baglamas und Bouzouki zu feiern?Haben sie Joints für die ganze Nacht?Sag uns, haben sie Frauen, süße Weiber, um's

mit ihnen zu treibenund Zigaretten mit Hasch zu guter Laune?Sag uns, Charon - magst du Freude haben - wie

geht's den Ganoven?Trinken sie in der Unterwelt, hocken sie high

herum?Und fährt einer zum Hades ab, dem brach das

Herzsag uns, ob's gut ihm geht im Dunkeln oder

wüst?Zwei Prisen nimm vom Bursa-Hasch und fünfe

von der parfümierten Mischungund gib sie unseren Brüdern, damit sie was zum

Rauchen haben."

Megastonend mußten die Manges gewe-sen sein, von denen Jannis Papaioannouaus dem Hades berichtet:

Fünf Griechen in der Hölle

In der Unterwelt trafen sich abends fünfGriechen,

sie begannen ein Fest, und alles um sie herumließen sie zu Bruch gehen.

Mit Bouzoukis und Baglamas machten sie dieTeufel verrückt

und berauscht tanzten alle Verdammten.

Dem Satan bleibt das Maul offen,ihm wird ganz schwindelig beim Temperament

der Griechen.

Bei den Rembetiko-Liedern ging alles hoch herund alle, wie sie waren, riefen: es lebe

Griechenland.

Die Rembetes wußten - wie man sieht -überall (gut) zu leben. Natürlich erschöpftensich die Lieder, die sich übrigens im Gegen-satz zu den hier vorgelegten Übersetzungenimmer reimten, nicht nur in Haschisch-Lyrik.Es gab Liebes-, Trennungs-, Klage-, Protest-,Gefängnis- und Arbeitslieder, Lieder überden Tod, die Mutter, die Fremde, Tavernen-lieder, Traumlieder, Spott- und Macholieder.Ein Text konnte gleichzeitig zu verschiede-nen Gattungen gehören. Manche Liederdrückten in fröhlicher Musik bei gleichzeitigtraurigen Texten grundverschiedene Stim-mungen aus. Die Einheit von Text undMusik, die Rhythmen, zu denen getanztwurden, die Tänze, die erst mit langsamenSchrittfolgen begannen und dann immerschneller wurden, unterstreichen das Tran-cehafte dieser Musik.

Wenn auch die zentrale Figur des Rembeti-ko, der Mangas, ausgestorben ist, so ist derRembetiko heute nicht vergessen. Er ist un-sterblich gemacht worden - in Plattenauf-nahmen, den Namen seiner großen Inter-preten, einem Film und hierzulande durchdie Gruppe Prosechos. Vielleicht schafft jaein Revival dieser Musik, die eine Ver-schmelzung von Orient und Okzident dar-stellt und für die orientalischen roots vieler

Kifferszene in Saloniki 1890. Lastenträger bei der Mittagspause im Café.

Griechen steht, die irrationale Feindschaftder Türken und Griechen eines Tages ineiner wohlriechenden Rauchwolke aufzulö-sen - das wäre doch mal eine positive Uto-pie.

Die folgenden CDs geben einen ersten Ein-blick in die verschiedenen Facetten desRembetiko, sie sind alle sind mit exzellen-ten Textheften ausgestattet:

Verschiedene Interpreten: "Greek-OrientalRebetica - The Golden Years: 1911-1937"(Folklyric)Verschiedene Interpreten:"Fünf Griechen inder Hölle" (Trikont/indigo)Prosechos: "Salto Orientale" (Tanit/Net-work)Michalis Jenitsaris & Prosechos: "Saltado-res" (Trikont/indigo)

Glykeria: "Smyrnäika/Apo ti Smyrni stonPiräa" (Lyra)

Diese CDs und eine ganze Reihe andererkann man in der Rembetiko-Liste des Berli-ner Weltmusikladens Canzone, S-Bahnbo-gen 583, 10623 Berlin finden.

Cheb Kif-Kif reist seit Jahren mit offenenOhren durch die Musikkulturen des Orientsund häuft in seiner Höhle Aufnahmen mehroder weniger verschollener Musikkulturenan, die ihn beim Hören bisweilen mystischeVerzückung verspüren lassen. Sein Freund,der viel zu früh verstorbene Anglist, Ethno-loge und Punkmusiker Rüdiger Jestel mach-te ihn u.a. mit alten Schellackplatten mitRembetiko-Liedern bekannt. Seither zähltder "Blues aus Piräus" zu seinen Lieblings-musiken.

Ein Manga tanzt Rembetiko mit der Hooka auf dem Kopf.

HALT DIE PRESSE?Wie die Herren Neskovic,Herer und Bröckers die neueHanfDebatte entfachten

War es in den Medien und der Öffentlich-keit während der '80er Jahre sehr ruhig umdie Hanfpflanze und ihre Produkte gewor-den, so löste der Gerichtsbeschluß vonRichter Neskovic aus Lübeck im Februar1992 einen wahren Boom in der Berichter-stattung aus, die wiederum in der Öffent-lichkeit große Beachtung fand. Dabei ginges im Spiegel, Der Zeit und allen Tageszei-tungen ersteinmal um die (il-)legale Situati-on der Pflanze bzw. des Haschischs. DieStadtzeitungen ergänzten diese Artikelanschließend mit aktuellen Berichten vonder Hanffront:

- in der Kölner Stadtrevue (5/92) outetensich 23 Bürgerinnen der Stadt als Kiffer.Unter ihnen je ein katholischer und ein evan-gelischer Geistlicher, ein Grünes Ratsmit-glied, der Chef der Philharmonie, das En-semble des Piccolo-Theaters, aber auchProminente wie Günter Wallraf, Klaus derGeiger und Wolfgang Niedecken.

- im Münchener (10/92) wurde die guteErnte '92, die auch schon der Spiegel abge-feiert hatte, unter dem Titel Goldener Okto-ber - Marihuana Anbau in München gewür-digt:"lmmer mehr Kiffer bauen sich ihrenStoff selbst an. Anfang Oktober feiern sieErntedank. Der Jahrhundertsommer 1992machts möglich. Martin Posset ließ sich dieletzten Anbautips in die Feder diktieren..."

- Das Musikblatt Rock World überraschteseine Leserschaft mit einer mehrteiligenSerie Kiffen '93:́ Die Pflanze der Weisenoder Wundermittel Cannabis - die Serie zumJoint, 'Da mag sich mancher fragen, warumdieses riesige Potential denn nicht zumWohle der Menschheit und der Natur ge-nutzt wird, sondern Cannabis mit billigenund wissenschaftlich untragbaren Argu-menten wie Suchtgefahr oder Giftigkeit ins

gesellschaftliche Aus manövriert wird.. "

- SAT 1 bat mich für die Sendung Einspruch!vor laufender Kamera einen Joint zu rollenund zu rauchen. Allerdings waren sie nichtgewillt, vorab zu versprechen, eine poten-tielle Strafe zu zahlen.

- RTL ließ beim Heissen Stuhl die Frage dis-kutieren: Sollen wir die Kiffer kiffen /assen?Verleger Pieper durfte aus seinen Zeiten alsDealer über die soziale Aufgabe und Verant-wortung des Hanfhändlers reden. HansGeorg Sehr sammelte auf dem HeissenStuhl Pluspunkte für das Rauchkraut. DerModerator, nach der Sendung auf dasschwache Niveau derselben angesprochenmeinte, es sei so schwer qualifizierte Ha-schischgegner zu finden...

- Das Berliner Zitty Magazin überraschteseine LeserInnen in der Ausgabe 20/93 mitdem Titelaufmacher: Haschisch und Mari-huana - Die große Lüge. Dort wurde sowohlüber die politisch/wirtschaftlichen Hinter-gründe des Hanf-Verbotes aufgeklärt, wieauch über den aktuellen Gebrauch, undauch eine große Langzeitkiffer-Umfrage be-richtet.

- In Hamburg berichtete die Morgenpost am24.11.93 sogar über einen Coffeeshop nachAmsterdamer Vorbild mit dem angemesse-nen Namen Grashüpfer:" Zum Tee gibt'sMarihuana. Polizei weiß von nichts...während sich der Drogenbeauftragte desstädtischen Senats für eine Entdramatisie-rung des Haschisch Konsums einsetzt."

- Über eine wissenschaftliche Tagung desEuropäischen Colloquiums für Bewußt-seinsstudien im Herbst '93 an der Univer-sität Göttingen, wurde in den Medien mitWohlwollen berichtet. In Göttingen hattensich 500, vor allem akademisch/wissen-schaftlich arbeitende und forschende Psy-chedeliker aus aller Welt getroffen. Auseinem Bericht der taz:'Das Potential dieserGeistbewegenden Pflanzenwirkstoffe ist zugroß, als daß ihre Erforschung im Zuge des

allgemeinen Drogenkrieges weiter blockiertwerden dürfte. Das wiedererwachte wis-senschaftliche Interesse an diesem altenWissen kommt vielleicht gerade zur rechtenZeit: Ohne einen erfolgreichen Pflichtkurs inPsychonautik werden die schwindelerre-genden Probleme der Menschheit nicht zulösen sein.'

- In Der Spiegel, 4/94 fordert der StuttgarterPolizeipräsident Volker Haas die Legalisie-rung von Drogen. "Frage: Haschisch für alle?

- Haas: Tatsache ist: Jeder kann heuteweiche Drogen kaufen, wenn er sie kaufenwill. Einen zwangsläufigen Umstieg vonHaschisch auf Heroin gibt es nicht, undHaschisch macht auch nicht psychisch ab-hängig. Besondere staatliche Maßnahmenim Interesse der Volksgesundheit sind des-halb bei Haschisch nicht angezeigt."

Spätestens nach dem Erscheinen des Bu-ches HANF von Jack Herer und MathiasBröckers im Herbst 1993 scheint dann beivielen Redakteuren, vor allem den heimlichkiffenden, der hänferne Bekenntnisknotengeplatzt zu sein. Hanf in allen Medien.Das verblüffende: Es handelt sich bei dieserhänfernen Medienoffensive um keine iso-lierte deutsche Aktion. In Holland und Frank-reich, in England und den USA drängte sichCannabis genauso kraftvoll in die Nachrich-ten. Allen voran ging dabei die schweizerPresse und Öffentlichkeit.Über 100 Personen, darunter viele bekanntePersönlichkeiten und Politiker aus verschie-denen Lagern und Ämtern, haben sich imDezember 1993 als Kiffer geoutet. DiesesMassengeständnis kam als Reaktion aufvöllig überspitzte Polizeiaktionen gegenüberjugendlichen Hanffreunden. GemeinderatSchürch hatte sogar während einer Ratssit-zung zum Thema einen 1,5 Gramm Bröselaus der Tasche gezogen. Dieses konkreteBekenntnis wird mit einer Buße von 120Schweizer Franken geahndet. Alle anderenBekenner, auch jene 20 Prominente, diesich kurz darauf in einer Jugendsendungdes Schweizer Fernsehens zum Konsumbekannten, müsen nun mit einer Anklage

mit Anhörung rechnen. Sollten sie allerdingsgestehen, daß der Konsum schon über einJahr herliegt oder sie nur bei einem Aus-landsaufenthalt Haschisch geraucht hätten,dann muß das Verfahren eingestellt wer-den. Auf die Ankündigung der Staatsanwalt-schaft, gegen jeden Einzelnen vorzugehen,antwortete die Szene mit einem Aufruf, daßman wegen der Uneinsichtigkeit der poli-tisch Verantwortlichen jetzt 1000 Beken-nerInnen suchen wird. Und zweifelsohneauch finden. Eine erste Konsequenz dieserAktion: Zwei Polizisten wurden strafver-setzt, nachdem sich mehrere Razziageschä-digte über deren Mißverhalten offiziell be-schwert hatten.

In England prangte auf dem Titelbild vonThe Face, dem einflußreichsten Monats-blatt für Jugendliche, Vorbild aller ZeitGeist-Trend-Magazine in Deutschland, im Oktober1993 ein ganzseitiges Hanfblatt. Im Blattwar dann eine vielschichtige aufklärendeHanfgeschichte zu lesen. Das Konkurrenz-blatt id konterte umgehend einen Monatspäter mit langen, fundiert geschriebenenBeiträgen. Schließlich verblüffte die ältesteund angesehene Stadtzeitung Europas,Time Out anläßlich seines 25-jährigen Ju-biläums seine Leserschaft mit den Ergeb-nissen einer Umfrage unter denselben.Selbst die seriöse Tagespresse war von denErgebnissen so beeindruckt, daß sie dar-über berichtete. So The Guardian vom27.9.93:"97% der 25-jährigen Londoner hatschon einmal Marihuana geraucht... 33%haben schon LSD, 32% LSD und Kokain ge-nommen, 40% sind Amphetaminerfahren."Über die Berichterstattung der britischenMusikzeitschriften ist einiges in unseremMusikkapitel (über Cypress Hill, Black Cro-wes etc) zu lesen.Nachdem die amerikanische Kifferzeit-schrift High Times im Laufe der Jahrzehnteviele qualitative Wandlungen durchgemachthat, berichtet sie zur Zeit recht aktuell überdie Hanfkultur der USA. In Deutschlandhaben sich mehrere Underground Zeit-schriften hauptsächlich des Themas Hanfangenommen, zum Beispiel das Fachblatt

des H.A.N..F. e.V. Kontakt: Hanf-Forum.Schloßstr. 33, 14059 Berlin. (Nur Postan-schrift!), oder auch der BTM-Kurier, 38547Calberlah, Brunsbüttel 2. Probenummerngegen 10 DM im Brief, Stand Anfang 1994.

Bei solch einer Aufzählung sollte natürlichnicht verschwiegen werden, daß die gutealte taz schon in den Jahren 1985/86 ganzevierundsechzig Wochen lang eine pro-Psy-chedelic-Kolumne von Rolf Achteck und Ro-nald Rippchen publizierte, sich allerdingsanschließend jahrelang vornehm -auf Suchenach neuen Käufern- aus der pflanzlichenDebatte raushielt. Die Kolumnensammlungerschien auch als Sammelband Heiter Wei-ter, ist aber inzwischen vergriffen. Dafür istder Hanf auch in die taz zurückgekehrt,einstweilen.Ebenfalls zurück sind öffentliche Smoke-Ins, eine bekiffte Demonstrationsform deskollektiven Outings, die ursprünglich in denspäten '60ern von San Francisco über Lon-don bis nach Berlin und anderswo an Popu-larität gewann. Laut einer dpa Meldung "ver-sammelte sich in Darmstadt am 28.11.93eine Menge von 500 Jugendlichen vor einerPolizeiwache. Teilnehmer berichteten, daßwährend des Smoke-ln ausgiebig Ha-schisch konsumiert worden sei." Auf einemFlugblatt der Veranstalter las sich das dannwie folgt:"Der Erfolg des 1. Smoke-lns hat uns alleumgehauen. Trotz sibirischer Kälte habensich ca. 1500 Cannabis Freunde getroffen...riesige Transparente Hanf statt Kohl warenzu sehen, einige hatten übergroße Jointsgebastelt. Joints flogen wie Bonbons beimKarneval durch die Menge.... Alle die nichtda waren, werden sich nicht vorstellen kön-nen, wie beeindruckend es war, mit über1500 Menschen in aller Öffentlichkeit undvon sage und schreibe 9 Polizisten umzin-gelt einen Joint nach dem andern anzuzün-den...."Für den Mai '94, also zum Zeitpunkt des Er-scheinens dieses Buches, ist eine großeZentralveranstaltung in Darmstadt geplant.

H.A.N.F. e.V.Hanf AIs Nutzpflanze Fördern

Der H.A.N.F. e.V. hat sich im August '92 inKöln gegründet. Sieben Vorstandsmitglie-der aus Berlin, Wuppertal, Köln, Paderbornund Bremen und Aktive aus vielen Städtenbilden seitdem Arbeitsgruppen, organisie-ren Öffentlichkeitsarbeit und bauen ein bun-desweites Netzwerk auf. Informationsver-anstaltungen und ein Konzert in Köln sindbisher die ersten Schritte, den Verein derÖffentlichkeit vorzustellen. Wir halten Kon-takt mit dem Verein Schweizer Hanffreun-de, der englischen Legalize Cannabis Cam-paign, der amerikanischen Business Allian-ce for Commerce in Hemp, NORML, EIGDUund anderen internationalen Anti-Prohibitio-nismus-Initiativen.

Auszüge aus der H.A.N.F. e.V. Satzung:§ 1 Vereinszweck (1) Das Ziel des Vereinsist die Förderung des Hanfes als Nutzpflan-ze, besonders durch:• Information über die Hanfkultur• Information über die ökologische, wirt-

schaftliche und medizinische Nutzung derHanfpflanze

• soziale Beratung und politische Auf-klärung

• Forderung einer Trennung von Hanf undden sog. „harten Drogen" im Gesetz

• wissenschaftliche Auseinandersetzungfür eine objektive Aufklärung und Mei-nungsbildung gegen die herrschendeDesinformation.

Zur Erreichung dieser Ziele soll auf demo-kratischem Weg auf die europäische Ge-setzgebung eingewirkt werden.(2) Der Verein ist selbstlos tätig. (...) Mitteldes Vereins dürfen nur für die satzungs-gemäßen Zwecke verwendet werden. (...)Wir wollen mit unserer Vereinsarbeit denHanf wieder in die Rolle zurückführen, die erjahrtausendelang für die Menschheit ge-spielt hat: Eine Kulturpflanze mit unver-gleichbarer Vielfalt an Nutzungsmöglichkei-ten.Die Entkriminalisierung der Hanfraucherln-nen ist natürlich ein Hauptaspekt unsererArbeit!

GOTTESLÄSTERUNGODER WAS?Das christliche Cannabis-Verbotkommt ins Rentenalter

Man erinnert sich an die Schöpfungsge-schichte in der Bibel: Gott bastelte unsereWelt und lehnte sich zurück, als er sah, daßalles gut war. Als Eva und die Schlangeeinen Apfel vom Baum der Erkentnis mun-draubten und Adam auch einen Bissen ab-bekam, mußten unsere Vorfahren das Para-dies für immer verlassen. Arbeit & Schweiß& sexuelle Komplexe (Inzest!) wurden er-funden, die ersten Lausbuben trieben ihrejugendlichen Raufereien so weit bis einertot war, naja, den Rest kennen wir.Offensichtlich heidnische Forscher behaup-ten nun, daß der Baum der Erkenntnis einepsychoaktive Pflanze, vielleicht auch einHalluziPilz gewesen sei. Das würde einenSinn ergeben. Handelte es sich eventuellgar um Cannabis? Das gäbe dem heutigenPflanzenverbot einen spezifisch biblischenSinn. (Die Gutenberg-Bibeln wurden aufHanfpapier gedruckt und sie sind deshalbbis auf den heutigen Tag lesbar, da dasHanf-Papier... mehr dazu bei 'Hanf-Pa-pier'...). Die Kirchen bestehen darauf, daßes ein Apfel war der die Weisheit brachte.Aber warum sind dann Äpfel heute erlaubt,aber Cannabis verboten? Vom urchristlichenStandpunkt aus erfüllt das (un)menschlicheVerbot einer Schöpfung Gottes den Tatbe-stand der Blasphemie und Gotteslästerung,oder, Herr Papst? Um so bemerkenswerter,daß es sogenannte christliche Politiker sind,die noch heute für das Verbot einstehen,das sie in Form eines 11. Gebotes den Gläu-bigen untergejubelt haben. Dabei beruht ihrVerbot nicht auf eigenen Erfahrungen, son-dern auf überholten Glaubenssätzen.

Das war nicht immer so. Im Jahre 1549 er-laubten die christlichen Portugiesen ihrenSklaven in Brasilien, zwischen das Zucker-rohr auch Hanfpflanzen zu setzen, weil dasdie sklavische Arbeit zum Wohle der Herrenpositiv beeinflußte. Fünfzehn Jahre später

zog der spanische König mit einem ähnli-chen Gebot nach."1619 wurde in der Kolonie Jamestown, Vir-ginia (sic!), das erste Marijuanagesetz Nor-damerikas erlassen, das allen Farmern 'vor-schrieb', 'probeweise' Indischen Hanf anzu-bauen. Weitere Anbaupflicht von Hanf re-gelnde Gesetze wurden 1631 in Masachu-setts und 1632 in Connecticut verabschie-det. Selbst in England wurde die vielbegehr-te volle britische Staatsbürgerschaft aufErlaß der Krone an Ausländer verliehen, diebereit waren, Cannabis anzubauen (Daswürde bei uns so manches Ausländerpro-blem lösen, Anm. des Hrsg.) Denjenigen,die das ablehnten, wurde häufig eine Geld-strafe auferlegt.Zwischen 1631 und dem frühen 19. Jahr-hundert galt Cannabis in weiten TeilenNordamerikas als gesetzliches Zahlungsmit-tel. Auch das war ein Grund, weshalb dieamerikanischen Farmer so viel Hanf ange-baut haben. Mehr als 200 Jahre lang war esüberall in Nordamerika möglich, Steuern mitCannabis zu bezahlen. In Zeiten der Knapp-heit, beispielsweise zwischen 1763 und1767 in Virginia, konnte man sogar zu einerGefängnisstrafe verurteilt werden, wennman nicht Cannabis anbaute." (1)

Bei uns war derweil dem christlichenFußvolk alles Drogige mit Ausnahme des Al-kohols verboten. Stichwort: Reinheitsgebotdes deutschen Bieres. Ha, von wegen Rein-heitsgebot! Es handelte sich um das ersteDrogengesetz! Hatte man bis zu jener Zeitdem Bier je nach Jahreszeit und Anlaß dochpflanzliche Psychoaktiva beigesetzt, beimPils z.B. Bilsenkraut etc. Das wurde nun vonder Kirche strikt untersagt. Es ging dabeimehr um die Reinheit des Geistes. War esdoch frevlerisch vorgekommen, daß Gläubi-ge Visionen erlebt hatten, ja sogar behaup-teten, in direktem Dialog mit Gott gestan-den zu haben. Das durfte nicht sein, denndies war doch strikt den Profis, also Päpstenund Pfaffen vorbehalten. Den Spezialisten,die da sagten, ihr sollt keine anderen Visio-nen haben außer unseren. Also wurde dasBier von geistigen Augenöffnern gesäubert

und so zum Bölckstoff für die besoffene Ab-dröhnung.Das Landvolk rauchte, trotz der zwi-schenzeitlichen Einführung der kulturfrem-den Droge Tabak seinen Knaster. Das Zeug,daß wegen seiner beim Rauchen knistern-den und knasternden Samen seinen Namenbekam, und das noch bis in die Neuzeit, z.B.in der Schweiz als Sonntagspfeife, gerauchtwurde. Tabak war so lange verboten, bis je-mand eine Drogensteuer erfand, und nochheute gilt die Tabaksteuer als lukrativesSchmarotzen des Staates an Süchtigen.An der staatlichen Drogenbekämpfungs-front blieb es jahrhundertelang still. Im Jahr1912 trat man einem ersten internationalenOpiumabkommen bei. Aber erst 1920 sahdas erste deutsche Opiumgesetz eineHöchststrafe von sechs Monaten Haft vor.Was brauchte man damals auch illegalesOpium, wo doch das problemlose Heroinaus deutschen Chemikerküchen legal aus-reichend vorhanden war. Als sich 1924 derVölkerbund in Genf traf, nahm die Sache anBrisanz zu. Ägyptens König wollte sein Volkstrebsamer machen und bat um ein interna-tionales Haschischverbot. Die Griechenschlössen sich dem Antrag an, da sie der re-nitenten türkischen Minderheit im Landedie kulturelle Identität rauben wollten, umsie besser in die große christliche Familie in-tegrieren zu können. (siehe auch der Beitragüber die Rembetiko-Kultur in diesem Buch)Die Abgeordneten vieler Länder, vor allemEnglands und Japans zeigten kein Interessean einem globalen Vertriebsverbot. Auch'Deutschland, die Schweiz, Indien, Hollandund Frankreich stecken bis zur Nasenspitzeim Drogenhandel' bemängelte damals einamerikanischer Journalist. Es kam zwar zueinem internationalen Beschränkungsplan,aber der zeigte keinerlei Effektivität. Zwarwurde Cannabis 1925 erstmals unter Kon-trolle gestellt, jedoch nicht in Deutschland.Ausschlag für die erste Ächtung gaben we-niger medizinische als rassenpolitischeGründe. Die südafrikanischen Buren wolltenihrer kiffenden schwarzen Bevölkerung Herrwerden. Nicht nur bei uns, auch in Asien,Amerika und Afrika rauchten die Menschen

inzwischen Gras als billigen Tabakersatz.

"Hätte jemand unseren ländlichen Vorfahrenvor hundert Jahren erzählt, sie hätten ihrePfeifen mit einem mörderischen 'Rausch-gift' gestopft, sie hätten wahrscheinlichschallend gelacht: Es war doch nur der gutealte Hanf, mit dem sich schon Großvaterabends ein bißchen entspannte.. Den fei-nen Herren im 18. Jahrhundert wurdenhanfhaltige Zigaretten verkauft. Daß Sortenwie Nil (8% Cannabisgehalt), Harem (7%)etc. um 1910 vom Markt verschwanden,hatte allerdings weniger mit Drogenpolitikals mit einem frühen Trend zum 'Leichtrau-chen' zu tun, der starke Tobak war nichtmehr so gefragt.Die Bedeutung, die Hanf als Genußmittelund Medizinalpflanze noch vor einem Jahr-hundert in Deutschland hatte, mögen dieMengen an Hanfdrogen belegen, die imHamburger Hafen monatlich gelöscht wur-den: Im September 1885 waren es 3,5 Ton-nen Ganja (indisches Marijuana), 12 TonnenBhang (marijuanahaltiges Getränk) und3000 Doppelzentner Charas (d.h. 300 Ton-nen Haschisch).Die 200 Tonnen Cannabisdrogen, die lautBKA derzeit pro Jahr konsumiert werden,wären mit einer einzigen damaligen Mo-natsration mehr als gedeckt. Ein Cannabi-sproblem aber oder gar Meldungen überden 'Tod von Tausenden jungen Menschen'tauchen in den Veröffentlichungen dieserZeit nirgendwo auf. Entsprechend zeigteder Vertreter des deutschen Reiches bei derOpiumkonferenz wenig Interesse, dem vonSüdafrika geforderten und von der Türkeiund Ägypten unterstützten Cannabisverbotzuzustimmen. Den Deutschen ging es beidieser Konferenz vor allem darum, Schadenvon zwei in Verruf geratenen internationalenVerkaufsrennern des pharmazeutischenAußenhandels abzuwenden: dem Heroinder Firma Bayer und dem Kokain der FirmaMerck. Als sich bei einer Kampfabstim-mung über Cannabis ein Patt abzeichnete,sicherte der Vertreter Ägyptens den Deut-schen zu, keine Importbeschränkungen fürHeroin zu erlassen. Deutschland stimmte

daraufhin dem Verbot zu" (1)

Mit der Ratifizierung nahm man sich aller-dings sehr viel Zeit. Der Grund dafür warenwohl Proteste der IG-Farben, für die einestrengere Kontrolle von Opiaten eine Gefahrfür die Gesundheit der Volkswirtschaft dar-stellte, (laut Vossische Zeitung, 26.1.1927).Überhaupt entspricht die damals gepflegteMethode Gesetze zu machen kaum demo-kratischen Gepflogenheiten. So hieß es inder Gesetzesvorlage:"Eine Anhörung vonFachkräften oder ein eigener Ausschußwurden auf Grund der Eindeutigkeit der Ma-terie nicht für nötig befunden." Reich-sernährungsminister Schiele erklärte lautProtokoll, "Neu sei, daß auch indischer Hanfin das Gesetzeswerk einbezogen sei. Diesgeschehe auf Grund der Abkommen, wasallerdings keine wesentliche Beschränkunghinsichtlich der damit hergestellten Medika-mente bedeute. Bei dem Gesetz handele essich um ein vorläufiges."

Am 10. Dezember 1929 unterzeichneteReichspräsident von Hindenburg dasOpium-Gesetz, das in der Folge bis zur er-sten Novellierung des Betäubungsmittel-Gesetzes 1971 galt. Höchststrafe: dreiJahre Knast. Kommentar in der JuristischenWochenzeitschrift 1930: "Das Opium-Ge-setz regelt in umfassender Weise den ge-samten innerdeutschen Verkehr mit diesengefährlichen Stoffen. Deutschland hat durchdieses auf internationaler Rechtsgrundlageruhende Reichsgesetz in vorbildlicherWeise seinen diesbezüglichen internationa-len Verpflichtungen genügt." Aber in einemGesetzes-Kommentarbuch hieß es schon1930:"'..ein sicherer Führer auf den ver-schlungenen und manchmal geheimnisvol-len Wegen, die der Gesetzgeber einge-schlagen hat."

Die Wege wurden noch verschlungener undgeheimnisvoller. Der nächste Schrittmacherwar Hitlers Adolf. Schon im Mai 1933 unddann erneut im Januar 1934, wurde dasOpiumgesetz überarbeitet. Auszüge: §1Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind a) Ro-

hopium, Opium für medizinische Zwecke,Rohkokain, Kokablätter; b) Morphin, Dia-zetylmorphin (=Heroin)...; c) Indischer Hanf.Der Name Haschisch fiel im Gesetz nochnicht, es war von Indischem Hanfextraktund Indisch-Hanftinktur die Rede. Zur sel-ben Zeit fanden sich in der Juristischen Wo-chenzeitschrift starke Sprüche über dierechtspolitische Bedeutung der Rauschgift-bekämpfung: "...obwohl sich derartigeSüchtlinge selber vollkommen außerhalbder Volksgemeinschaft stellen und von kei-ner Führung etwas wissen wollen, behan-delt man sie nach wie vor als vollgültigeVolksgenossen...Der Chef der Kokainabtei-lung der Polizei in Paris hat die Erfahrunggemacht, daß unter den Rauschgiftverbrau-chern sich die Angehörigen aller Nationenfinden und daß die Verkäufer in der Mehr-zahl Ungarn oder Juden sind... Es ist ein Un-terschied, ob sich dem Rauschgiftlaster etli-ches raffiniertes Lumpengesindel hingibtoder große wertvolle Bevölkerungsteile."

Die Ägypter hatten bei ihrem Verbotsbegeh-ren einen chronischen Haschischmus, dersich beim Genuß von Haschisch einstelle,als Hauptgrund angegeben. Bis heutehaben sie den versprochenen wissenschaft-lichen Beweis für diesen 'Haschischmus'nicht beigebracht. Schlamper! Im Jahr 1958berichtete eine britische Regierungskomis-sion:"Unserer Meinung nach ist Cannabiskeine Suchtdroge, sondern eher ein Genuß-mittel." Aber 1961 erließen die VereintenNationen ihre noch heute gültige SingleConvention On Narcotics, in der Cannabisals eine Substanz 'mit starken suchtbilden-den Eigenschaften' beschrieben wird, dieein 'Risiko für die öffentliche Gesundheitdarstelle'. Aber ich greife vor. Erstmal gilt eseinen Mann vorzustellen, der als Hauptfeinddes Cannabis in die Analen eingegangen ist.Jemand, der das Spiel mit den Medien be-herrschte wie zu seiner Zeit nur Goebbels.Einer, der log wie gedruckt. Vorhang auf,hier kommt:

DIRTY HARRY ANSLINGER

In den '30er Jahren war die Hanf-Pflanze ei-nigen machthungrigen US-Amerikanern einDorn im Auge und Geldbeutel:- dem Ölmagnaten und Bankier Mellon- dem Holzpapierfabrikanten und Medien-

zar Hearst- dem Chemieriesen Du Pont.Sie hatten keinerlei Interesse an einer Nut-zung der Hanfpflanze, verdienten sie dochihr Geld mit holzhaltigem Papier und Kunst-stoffen.So gründete das Kapital ein ausführendesOrgan der Hanfprohibition, das National Bu-reau of Narcotics, und Mr. Mellon besetzteden Chefsessel der Einfachheit halber mitseinem Neffen Henry Anslinger. JeglicherEinsatz von Hanf als Rohstoff für verschie-dene Industrienutzungen wurde gestopptund Hearst fing einen Pressefeldzug gegendas Mörderkraut Marihuana an, der von an-deren Medienorganen übernommen undbis auf den heutigen Tag fortgesetzt wird.Unter dem Banner des Kapitalismus wurdeeine Pflanze illegalisiert und verteufelt, nurweil man mit ihr kein Geld verdienen konn-te.

"Warum verfiel Hearst aber ausgerechnetauf das Cannabis und die rassistischen Hor-rorstories? Aus welchem Scharfsinn (wirkönnen auch fragen: aus welcher Dumm-heit) wurden die Gesetze geboren, mitdenen wir in den USA in den vergangenen50 Jahren Gefängnisstrafen von insgesamt12 Millionen Jahren verhängt haben? Allein1990 wurden 390000 Menschen wegendes Besitzes von Marijuana festgenom-men!Nun, der erste Schritt war, die Angst vordem Unbekannten anzustacheln, indemman ein neues, bislang nie gehörtes Wortfür Hanf gebrauchte: Man kämpfte gegenMarihuana. Im Unterschied zur orginal mexi-kanischen Schreibweise ersetzte man das'j' durch ein 'h'. Bitte durch die wechselndeSchreibweise nicht verwirren lassen.Der nächste Schritt bestand darin, alle Vor-bereitungen unter der Umgehung der Ärzte-

schaft und der Hanfindustrie zu treffen, diesicherlich Sturm dagegen gelaufen wären,und die meisten Anhörungen über das Mari-huana-Verbot unter Ausschluß der Öffent-lichkeit durchzuführen.Schließlich blieb dann nur noch eines zu tun:niedrige Instinkte zu mobilisieren. Dabeigriff man auf etwas zurück, das ohnehinschon in der Gesellschaft gärte und sie mitHaß vergiftete: den Rassismus.Erwähnt sei an dieser Stelle Anslingers so-genannte Blutakte. Diese Akte war fast aus-schließlich aus Zeitungsartikeln angelegt,die der Hearst-Presse und anderen Boule-vardblättern entnommen waren - Geschich-ten wie die von einem Beilmörder zum Bei-spiel, der den Recherchen zufolge vier Tagevor der Bluttat einen Joint geraucht hatte.Als belegte Tatsache tischte Anslinger demKongress die Behauptung auf, daß rund50% aller Schwerverbrechen von Spaniern,Mexikanern, Lateinamerikanern, Filipinos,Schwarzen und Griechen verübt wurdenund daß diese Taten unmittelbar auf denKonsum von Marihuana zurückzuführenseien. Keiner der Berichte aus AnslingersBlutakten der dreißiger Jahre wird von Wis-senschaftlern, die die Fakten sorgfältig ge-prüft haben, für echt gehalten." (1)

Wie geschickt Anslinger und Hearst ihrSpiel spielten, zeigt die Tatsache, daß dieamerikanische Ärzteschaft, die AmericanMedical Association (AMA) erst zwei Tagevor der entscheidenden Anhörung erfuhr,daß dieses grauenvolle Marihuana über dasman in den Zeitungen nur Übles las, z.B.daß unter dessen Einfluß 'Schwarze dach-ten, sie seien so gut wie Weiße', identischmit der Cannabis Pflanze war, die seit 100Jahren zu den erfolgreichsten und meistge-nutzten Heilpflanzen des Landes gehörte.Aber als ihnen diese Erkenntnis dämmerte,war es bereits zu spät. Harry schlug zu, dasGesetz wurde durchgeboxt und an den Fol-gen dieser Schwindelei leidet unser Planetheute mehr denn je. Drei Beispiele:- das Heilmittel wurde durch die pharma-

zeutische Industrie vergessen gemacht;- das Papier wird heute unter großem che-

mischen Einsatz auf Kosten der ver-schwindenden Wälder hergestellt;

- die giftintensive Baumwollherstellung hatdie Hanffaser aus unseren Kleiderschrän-ken vertrieben

Anslingers Mission war damit aber nochnicht erfüllt. Während Tausende von Men-schen wegen ihm im Knast dahinvegetier-ten, hinterließ Harry eine ekelhafte mensch-liche Schleimspur. Senator Joseph McCar-thy, der berüchtigte Kommunistenhetzerder frühen '50er Jahre gehörte zu seinenFreunden. Diesem Mann, der in seinemHaß auf alle nicht gleichgeschalteten BürgerAnslingers Rassenhaß um keinen Deut un-terlegen war, war Morphinist. Und wer warsein Dealer? Richtig, Dirty Harry. DessenMotive für diese illegale Dealerei warennatürlich ehrenhaft. Er wollte verhindern,daß der saubere Senator von Kommunistenwegen seiner Drogenabhängigkeit erpreßtwürde. So wie der damalige CIA-Chef EdgarHoover, der kleine Jungs vernaschte, damitdiese nicht unbefriedigt über ehrbare Bür-ger herfielen. Jaja, diese Moralapostel bruz-zeln nun alle in der Hölle, falls sie nicht mitdem Teufel vorher einen Deal gemachthaben.

"Zwischen 1948 und 1950 unterließ esAnslinger, die Presse mit Schauergeschich-ten über die brutalisierende Wirkung vonMarihunana zu füttern und bediente sichstatt dessen , ganz im Zeichen der McCar-thy-Ära, der allgemeinen Kommunistenhet-ze.Nun erfuhr die entsetzte Öffentlichkeit, daßMarijuana eine noch viel gefährlichereDroge sei, als er ursprünglich angenommenhabe. 1948 behauptete Anslinger vor demzutiefst antikommunistisch gesonnenenKongreß und später ständig in der Presse,der Genuß von Marihuana mache den Men-schen so friedlich - und pazifistisch! -, daßdieses Rauschgift von den Kommunistendazu benutzt werden könne und auchwürde, die Kampfmoral der amerikanischenArmee zu schwächen.Dies war natürlich eine Kehrtwende um

180° gegenüber dem ursprünglichen Vor-wand, wegen dem man das gewalterzeu-gende Marihuana 1937 verboten hatte. Ein-hellig stimmte der Kongreß nun für die Bei-behaltung des Marijuanaverbotes und be-gründete dies mit dem genauen Gegenteilder ursprünglich vorgebrachten Behauptun-gen." '(1)

Harry war nicht zu stoppen. Die gerade ge-gründeten Vereinten Nationen waren seinnächstes Opfer im besinnungslosen Kampfgegen das Mörderkraut. Die USA nahmensich als Hauptgeldgeber der UN das Recht,Anslinger 1947 zum Chef der UN-Drogen-kommission zu ernennen. Unter seinerFuchtel erklärte 1954 die Weltgesundheits-organisation (WHO), Hanf und seine Deriva-te hätten keinerlei therapeutischen Wert.Wie jeder inzwischen weiß: eine weitereLüge, die als Basis des noch heute gelten-den weltweiten Verbotes dienen mußte.

Der internationale Durchbruch gelang An-slinger, als er im Jahre 1961 die berühmtberüchtigte Single Convention on NarcoticDrugs durchbrachte. Alle Unterzeichner-staaten verpflichten sich im Namen der Ge-sundheit und des Wohles der Menschheitdazu, u..a. die Hanfpflanze zu verfolgen. Inder Liste l der Single Convention wird Hanf-kraut und Hanfharz dem Morphin und ähnli-chen Substanzen gleichgestellt. Dazu gleichnoch mehr.

Thomas Kessler, ein Tropenagrotechnikeraus der Schweiz beschreibt Anslingers Wir-ken so: "Wenn jemals Zweifel aufkamen amSinn der Hanfprohibition, war Anslinger nieum eine neue Entdeckung verlegen, dieHanf zur noch gefährlicheren Droge mach-te: Nachdem er mehrere Jahre behauptethatte, Hanf sei schlimmer als Heroin, hatteer 1951 plötzlich 'gesicherte Erkenntnisse',Hanf führe zwangsläufig zu Heroin, 'wennnämlich der durch Marihunana ausgelösteSinneskitzel nicht mehr befriedigt'. Die Um-stiegs- bzw. Einstiegs-Theorie war geborenund ist seither aller Aufklärung zum Trotznicht mehr totzukriegen."

Zurück in die Heimat. Hier wurde in den'40er Jahren weiterhin Hanf angebaut, manbrauchte Stoff für Uniformen und Armeebe-darf. Das war bei uns nicht anders als in denUSA, wo von 1942 bis 1945 Farmer undderen Söhne vom Wehrdienst befreit wur-den, falls sie Hanf anbauten. In Deutschlandrief ein Gespinstpflanzen-Anbaubuch zuKriegszeiten zur Stärkung der Front durchHanfanbau auf:"Der Anbau von Hanf istdenkbar einfach. Der Hanf muß selbstver-ständlich auch als Kulturpflanze behandeltwerden. Die Aufgabe, unser Volk auf eige-ner Scholle zu ernähren, gestattet es nicht,dem Hanf die besseren Mineralböden zurVerfügung zu stellen... Nach dem Einsatzvon Mähdreschern steht nun auch der Han-fernte nichts mehr im Weg, denn dasschwierigste Problem des Hanfanbaus warbisher die Bewältigung der Ernte. Der Hanfist hier kein Lückenbüßer mehr, sondernGrundlage der Wirtschaft, die Pflanze diebisher gefehlt hat." Hanf vom Oberrheinoder aus Brandenburg war jahrzehntelangein Qualitätsbegriff. Heute wird auf denoberrheinischen Feldern Tabak für RothHändle angebaut. Mathias Bröckers doku-mentiert in dem Buch Hanf (2001 -Verlag)ein seitenlanges, köstliches Gedicht mit hu-moristischen Illustrationen, Die LustigeHanffibel aus dem Jahr 1943, das bislangwohl frechste Hanf-Anstiftungsbuch indeutscher Sprache:

Wer Hanf baut an mit fleiß'ger Hand,Hilft selbst sich und dem Vaterland!

So peinlich und demütigend es ist, Nazi-Zi-tate als Kronzeugen für die Hanfpflanze her-anzuziehen, so paradox ist es von den kon-servativen politischen Kräften heute hörenzu müssen, Hanf sei eine kulturfremdePflanze. Wie schon einmal erwähnt, stam-men die ältesten archäologischen Hanffun-de aus Thüringen und Brandenburg, auseiner Zeit lange vor unserer Zeitrechnung.

Nach dem ll.Weltkrieg blieb das Opiumge-setz unverändert. Erst 1961 tat sich wiederwas, aber dann dicke: Die Single Conventi-

on der Vereinten Nationen trat in Kraft:Deutschland gehörte zu den Beitrittsstaa-ten, ganz im Gegenteil zum ehemaligenOstblock, der deshalb ja auch heute unge-schoren Hanf anbauen darf. (In der DDRwurde Hanf bis in die '60er Jahre angebautund auch in bescheidenem Maße erforscht.Die letzte Dissertation zum Thema Hanf er-schien 1964 an der Karl Marx Universität zuLeipzig.) Alle Staaten, die diesen Vertrag ra-tifiziert haben, verpflichten sich, Gewin-nung, Herstellung, Ein- und Ausfuhr sowieVerteilung, Verwendung und Besitz vonSuchtstoffen einer umfassenden Kontrollezu unterstellen und Verstöße vorbehaltlichihrer Verfassungsordnung zu sanktionieren.Merkwürdig, wie eng die meisten Länderdiese Formulierung interpretieren. Es han-delt sich doch nur um eine Aufforderung,eine internationale Bitte, sich suchtmäßigzu zügeln - aber nur solange es nicht natio-nalen Gesetzen widerspricht. Was ist, wennman einfach Gesetze ändert? Oder, wie dieHolländer, liberaler interpretiert? Alle UN-Mitglieder haben die Einhaltung der Men-schenrechte unterschrieben, und wer rich-tet sich noch danach? Zu allem Übel gehendie Vereinten Nationen weiterhin davonaus, daß Hanf ein Suchtmittel ist. Aber wererhofft noch Weisheit von diesem Verein?

Das alte Opiumgesetz wurde 1968 ergänzt,ein neues Gesetz gab es schließlich 1971.Das bemerkenswerte daran ist der neueName: Betäubungsmittelgesetz (BtmG)statt Opiumgesetz. Die bislang existierendeOpiumstelle wurde ins Bundesgesundheit-samt integriert. Das am 22.12. 1971 von Gu-stav Heinemann, Willy Brandt und Gesund-heitsministerin Strobel erlassene Gesetzmacht bis heute keinen Unterschied zwi-schen Heroin und Haschisch. Das am1.1.1982 erneut ergänzte Gesetz verbotschließlich die ganze Pflanze. Das ganzeKraut wurde mit Stil und Harz kriminalisiert.Allein der Samen bleibt legal. So wurden alsGimmick zum Erscheinen des legendären,später indizierten Definitiven Hanf Hand-buch von Hainer Hai & der Arbeitsgruppezur Erhaltung bedrohter Arten ein Zentner

Hanfsamen in kleine Tütchen verpackt undverteilt. Natür-lich mit einem aufklärendenAufkleber versehen:"Vorsicht, nicht fallenlassen! Aufbewahren bis die Pflanze wiedererlaubt ist."

Erst 1992 gelang es Richter WolfgangNeskovic am Landgericht Lübeck, durcheinen aufsehenerregenden Gerichtsbe-schluß die Cannabis-Diskussion neu zu ent-fachen. Nach eingehendem Studium zeit-gemäßer Forschungsergebnisse sah er sichnicht in der Lage, freiwillig dem Gesetz zufolgen und für eine Winzmenge Haschischden dicken Strafenhammer auszupacken.Zwei Jahre später hat das Bundesverfas-sungsgericht als oberste Instanz in dieserSache noch nicht entschieden.

ANSLINGERS ERBEN

Derweil haben sich in den USA die Präsi-denten Nixon & Bush als willige Erben HarryAnslingers ausgetobt. Vor allem auch dieSprüche der drogenabhängigen First LadyBush wie Just say No standen stramm inder Tradition jener Immergestrigen, die eherauf Ignoranz als auf Wissen setzen. So wares angemessen, daß Tim Leary mit demSpruch Just say know konterte.

Statt auf Aufklärung zu setzen, erklärt manden Krieg. In den USA bedeutet das erstmaleinen am Bildschirm ausgetragenen Krieg.Werbung bis aufs Messer. Dabei verdienensich Werbeagenturen sowohl an Aufträgender Drogenindustrie wie auch an Anti-Dro-gen-Propaganda eine goldene Nase. DieFirma mit dem größten Werbeetat in denUSA ist Philip Morris: rund zwei MilliardenDollar gaben sie allein 1989 für Alkohol- undTabakwerbung aus. Für Anti-Drogen-Spotswurde 'kostenlose' Sendezeit und Anzei-genflächen im Wert von einer MilliardeDollar zur Verfügung gestellt. Die Etats zurHerstellung dieser Werbung, wie auch diefinanzielle Unterstützung von Initiativen wieDrogenfreies Amerika wurden von zwei ka-pitalkräftigen Schultern geteilt: zur einen

Hälfte von der amerikanischen Pharmaindu-strie und den Apothekerverbänden, zur an-dern, na, von wem wohl? Richtig: vonTabak-, Likör- und Bierproduzenten wie An-hauser, Bush, Coors und Philip Morrisetc.(Quellen 1 und 3)

Die Heuchler lügen & scheffeln, harmloseKiffer werden in den Knast gesteckt. Damöchte man laut schreiend herumlaufen.Doch dann müßte man befürchten, einge-fangen, mit Psychopharmaka ruhig gestelltund psychiatrisiert zu werden, oder?

"Es scheint mir, daß der amerikanischeKrieg gegen gefährliche Drogen lediglicheine neue Variante in der uralten Leiden-schaft der Menschheit darstellt, sich vonihrer Unmoral zu reinigen, indem sie riesigeDramen einer Sündenbock-Verfolgung auf-führt. In der Vergangenheit waren wir Zeu-gen religiöser oder gar 'heiliger' Kriege, wiezum Beispiel den Hexenverfolgungen,gegen Menschen, welche den 'falschen'Glauben vertraten. In jüngerer Zeit warenwir Zeugen rassistischer oder rassenhygie-nischer (eugenischer) Kriege, wie beispiels-weise dem Nazismus, gegen Menschen,die die 'falschen' Erbanlagen besaßen. Nunsind wir Zeugen eines medizinischen oder'therapeutischen' Krieges, der gegen Men-schen geführt wird, die die 'falschen' Dro-gen benutzen." (Thomas Szasz)

Wie genau Clinton seine Prioritäten setztkann man Anfang 1994 noch nicht sagen, daseine Hanf-Strategie bislang undurchschau-bar ist. Im Wahlkampf hatte er mit amerika-nischen Legalisierungs-Kampagnen eine ArtBurgfrieden geschlossen. Sein Wahlkampf-büro bat jene Gruppen, aus dem Thema Le-galisierung keine Wahlkampfdebatte zu ma-chen, nach der Wahl würde das schon gere-gelt. Pustekuchen.

Zwar erstand sein Vize AI Gore ein Exemplarvon Jack Herers Buch The Emperor wearsno cloth, der Vorlage zum gepriesenen2001-Bestseller, er ließ sich auch verständ-nisvoll nickend über die Vorzüge der Pflanze

ALLES KOHL - ALLES WEIN

Unter diesem Motto, so berichtete dieTagespresse Mitte Januar '94, standeine Benefizveranstaltung, auf der sich"Helmut Kohl in Hochform redete". Voraller Augen verkostete der Kanzler eineTrockenbeer-Auslese. Er fühlte sich ge-drängt, den ersten BundespräsidentenTheodor Heuss zu zitieren, bat abervorab um Nachsicht für seine rustikaleDarstellung: "Das ist kein Wein, das istEngelchen-Piß... Es muß mehr gesof-fen werden." 'Unser' Kanzler darf gna-denlos zum Alkohol-Mißbrauch, dennals solchen muß man Saufen ja ein-schätzen, aufrufen. Käme nun jemandauf die verwegene Idee von 'ShivasAtem' zu schwärmen und zu behaup-ten, 'es muß mehr gekifft werden',dann müßte er sich wegen 'Aufforde-rung zu einer strafbaren Handlung' ver-antworten.

aufklären, aber als es ans Eingemachteging, glänzte er durch einen professionellenRückzieher. Was war geschehen? Die'Chefärztin der Nation' Joycelin Elders, Sur-geon General of the United States, hattelaut über die Vorteile einer Legalisierungnachgedacht und beherrschte die Titelsei-ten der Presse. Auf die Frage, ob die Krimi-nalität im Lande wohl sinke, wenn Drogenlegal seien, hatte sie ihre Meinung in demWort 'markant' zusammengefaßt, nichtohne den Hinweis zu vergessen, daß sienicht mit allen Aspekten des Themas ver-traut sei und vorgeschlagen, daß die Regie-rung diese Angelegenheit prüfen solle. Siemußte zurücktreten. "Der Präsident ist striktgegen eine Legalisierung und hat nicht vor,der Frage überhaupt nachzugehen," ließClinton durch seine Pressesprecherin DeeDee Myers verlauten. Schließlich war Clin-tons Bruder selber einmal süchtig und be-hauptet von sich, daß er nicht mehr amLeben sei, falls er freien Zugang zu Drogengehabt hätte

FÜR STATISTIKERZahlenspiele in der Folge desCannabis-Verbotes

Kein Zweifel: Das Schicksal eines jeden, derwegen Hanf im Gefängnis sitzt, ist einDrama. Wie vielen Jugendlichen ihr Leben,sei es beruflich und/oder privat, durch einenerwischten Joint verdorben wurde, verrätuns keine Statistik. Unbekannt auch dieDunkelziffer jener, die von einem bedrück-tem Gewissen geplagt werden, weil sie(einmal?) gekifft haben. Wer wagt sich dennum ein politisches Amt oder andere ent-sprechende Aufgaben zu bemühen, wenner Angst haben muß, bei der öffentlichenPersonalrecherche als illegaler Pflanzenge-nießer entlarvt zu werden?Zwar heißt es immer häufiger: Wir brau-chen mehr phantasievolle Politiker, um dieheutigen Probleme lösen zu können. Nunhaben aber viele phantasievolle Menschenschon einmal gekifft, und so fallen sie nachder herrschenden Gesetzgebung automa-tisch für höhere Ämter aus. Bei uns wäre esfür einen Kanzlerkandidaten noch nicht soeinfach wie für Präsident Clinton in denUSA. Der gab ja forsch zu, schon mal gezo-gen, allerdings nicht inhaliert zu haben."Die Cannabispflanze war immer und überallauf höchst eigenartige Weise mit denRechtssystemen verbunden. Zu bestimm-ten Zeiten stand der Anbau unter Strafe, zuanderen Zeiten wurde er zugelassen undgefördert. Aber Hanf spielte mitunter aucheine wichtige Rolle in der Rechtssprechung.Ein Beispiel: Bei vielen afrikanischen Stäm-men gehört es zu den höchsten Strafenbzw. Resozialisierungsmaßnahmen für Ka-pitalverbrechen, die Gesetzesbrecher für ei-nige Stunden in einer kleinen, abgeschlos-senen Hütte einzusperren und sie dort solange den Dämpfen von dagga (Cannabis)auszusetzen, bis sie in Ohnmacht fallen. Aufdiese Weise nehmen sie in kürzester ZeitDosen auf, mit denen selbst starke amerika-nische KonsumentInnen gut zwei Jahrelang auskämen. Ob die Methode funktio-niert? In Afrika heißt es, daß es nach der

dagga-Behandlung praktisch noch nie zuRückfällen gekommen sein soll.In Europa und Amerika diente der Hanf ineiner wesentlich handfesteren Form als'Gesetzeshüter' bei der Bestrafung von Ka-pitalverbrechen: Die Henkerschlinge wurdemeist aus Hanf geknotet." (1)Die Galgen sind inzwischen abgeschafft,aber ein Strick wird erwischten Cannabis-Konsumenten immer noch aus ihrem Kon-sum gedreht. Der Konsum an sich ist zwarstraffrei, aber da Konsum meist auch Besitzund damit einen Handel voraussetzt, stehtes schlecht um die KifferInnen in Deutsch-land. Kein Wunder, daß es vor allem im Zu-sammenhang mit geringen Mengen zu Ver-urteilungen kommt. Schon 1954 wußte esDie Welt ganz genau:"17340 rauchen Ha-schisch", unter dieser Überschrift hieß esdamals u.a.:"Neben der Marihuanazigaretteist vor allem das Kokain in Westdeutschlandverbreitet. Endstation solcher Spaziergängein ein künstlich erzeugtes 'Paradies' sindfast immer das Zuchthaus, die Irrenanstaltoder der Friedhof." (Die Welt 3.3.1954)"Von den im Jahr 1989 angezeigten 94000Delikten fallen 60484 (64,3% der Delikte) inden Bereich der allgemeinen Verstöße (d.h.im wesentlichen Konsumdelikte, Grundtat-bestände im Bereich 'geringer Mengen').55% der allgemeinen Drogenverstöße be-ziehen sich auf Cannabis." (5)"Von 4 455 333 im Jahr 1990 polizeilich be-kanntgewordenen Straftaten waren 103629 Betäubungsmitteldelikte (2,3%). Davonwurden knapp zwei Drittel (64,7%) als allge-meine Delikte nach §29 BtMG bewertet.Hiervon bezog sich etwas die Hälfte(51,9%) auf 'Cannabis und Zubereitungen'.Den angezeigten Straftaten nach demBetäubungsmittelgesetz konnten 80 149Tatverdächtige zugeordnet werden."Polizeiliche Kriminalstatistik, 1990Diese Zahlen ergänzt der Lübecker RichterNeskovic in DIE ZEIT:"Wie erfolglos die Polizei das Angebotbekämpft, wird auch deutlich, wenn mansich die Strafen ansieht. Im Jahre 1989 gabes bei über 23000 Rauschgiftverfahren nur44 Verurteilungen zu mehr als 10 Jahren.

Das sind 0,2% aller Fälle. Die Polizei kommtan die Hintermänner des Drogenhandelsnicht heran. Den Richtern werden unterge-ordnete Dealer, Kuriere und Kleinkonsu-menten präsentiert. Verurteilungen bis zuzweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe machen81,5% aller Verurteilungen aus."

Welchen Grund gibt es, Leute, die Hanf an-bauen oder Haschisch rauchen, für ihrganzes Leben als Kriminelle abzustempelnund zu verfolgen, während 35% aller Dieb-stähle und Raubüberfälle in Verbindung mitHeroindelikten stehen, 40 bis 50 Prozentder Morde, Vergewaltigungen und Ver-kehrsunfällen mit Alkohol zusammenhän-gen, und wenn Heroin im Gefängnis leichterzu erhalten ist als auf der Straße?" (1)Wenn mir jemand hierfür einen oder mehre-re stichhaltige Gründe nennen kann, werdeich diese gerne in eine Neuauflage diesesBuches mit aufnehmen.Aus den USA meldet uns NORML (NationalOrganization for the Reform of MarijuanaLaws) folgende Zahlen: In den USA ver-brachten 1992 1,2 Millionen Menschen ihrLeben hinter Gittern. Damit führen die Ver-einigten Staaten die Weltrangliste inhaftier-ter Bürger eines Landes. Das bedeutet, daßjeder dreihundertste US-Amerikaner imKnast sitzt. Sechzig Prozent dieser Knackissitzt wegen Drogenvergehen, 1982 warendas erst 22%. Im Jahr 1995 werden gut70% der Knastbevölkerung auf Grund derDrogengesetzgebung die Welt durch Gittersehen. Der Durchschnittsgefangene kostetden Staat rund 55 $ pro Tag, das sind 20075$ pro Jahr.Folgende Durchschnittsstrafen wurden1990 von US-Gerichten verhängt:Drogenvergehen 6,5 JahreSexualvergehen 5,8 JahreTotschlag 3,6 JahreÜberfall 3,2 Jahre

Schlagworte wie ein drogenfreies Lebenzeugen von Weltfremdheit. Bestenfallszwei bis drei Prozent der Bevölkerung lebendrogenabstinent. Und selbst bei diesen Ab-stinenzlern wissen wir nicht, ob sie von an-

deren Süchten geplagt oder erfreut werden.Das mag TV sein oder Weihrauch oder dieBundesliga oder der Rosenkranz oder dasAuto oder oder...Der Möglichkeiten sindviele.Legal und illegal.Was wir wissen? Nun, es ist ein Fakt, daßnicht nur der Drogenkonsum Jugendlichersteigt. "Von den Neuntkläßlern (15 bis 16Jahre alt) trinken 66% Alkohol, 50% rau-chen, 15% haschen und zwei Prozent neh-men Kokain oder Heroin. Jeder zwanzigste10 bis 13jährige schnüffelt (beispielsweiseDämpfe von Klebstoffen), und bei Gymn-asiasten steigt der Haschisch-Konsum rapi-de.... Rund fünf Prozent der Polizeibeamtensind alkoholkrank oder -gefährdet. Diesergab eine Untersuchung der Gewerkschaftder Polizei (GdP), die der Fachverband in derSuchtarbeit (FES) zitierte. Der Anteil alkohol-kranker Priester wird auf acht bis zehn Pro-zent geschätzt. In Fachkreisen wird laut FESangenommen, daß bis zu zehn Prozent derBerufspiloten alkoholabhängig sind. Jedersechste Krankenhausarzt habe Problememrt Alkohol." (Welt am Sonntag. Herbst1993).Es fällt mir schwer, diese Statistiken einfachaufzuzählen, steckt hinter jeder Zahl docheine Unmenge von Einzelschicksalen.Wegen Alkoholkonsum wandert man zwarnicht ins Kittchen wie bei Hanf, aber dasmenschliche Leid, daß mit dieser Substanzverbunden ist, läßt sich kaum ermessen.Kaum jemand der nüchtern ist wird mir wi-dersprechen, wenn ich behaupte:"Wärenalle Alkoholiker Kiffer, brauchten wir keineFrauenhäuser, würden nicht so viele Kinderbei uns geprügelt und gequält, nähme dieFremdenangst und -feindlichkeit nicht sobedrohliche bis verheerende Formen an."Aber ich habe Zahlen versprochen, also hiermehr Menschenleben und Geld in Ziffern:"So betragen die Folgekosten, die aus demKonsum der legalen Drogen Alkohol undTabak resultieren, nach Schätzungen vonHeiner Hess jährlich ca. 100 Milliarden DM(!), während die des Konsums illegaler Dro-gen 'nur' auf 24-40 Mrd. DM veranschlagtwerden. Das Verhältnis von Todesfällen in-

folge von Tabakkonsum (ca. 100.000 Totejährlich) sowie Alkoholkonsum (ca. 40.000)einerseits und jene infolge von illegalemDrogenkonsum (1991:2026 sog. 'Drogento-te) anderseits dokumentiert in krasserWeise die Absurdität der gegenwärtigenDrogenpolitik. Hält man trotz der im folgen-den dargestellten Kontraproduktivität derDrogenprohibition an einer Sonderregelungillegalen Drogen (wie derzeit im BtmG ge-schehen) fest, müßten verfassungsgemäßdie bereits legalen Drogen Alkohol undTabak einer gleichen Kontrolle unterworfenwerden." (5)Natürlich ist es in unserer heutigen Gesell-schaft absurd, an solch eine Möglichkeitoder gar deren Realisation auch nur zu den-ken. Kein Meßwein mehr für Jugendlicheund Alkoholiker? Könnte das etwa GottesWille sein?"Mehr als von der Jugend und von Ha-schisch verstehen die Oberrichter natürlichvom Alkohol, an dem ja wegen des Gleich-heitsgebotes niemand in der Diskussionvorbeikommt. Außer Frage steht, so derBundesgerichtshof, 'daß übermäßiger Kon-sum von Alkohol schädliche Auswirkungenindividueller und gesamtgesellschaftlicherArt hat.' Aber:'Bei alkoholischen Getränkenhaben sich gesellschaftliche Schutzmecha-nismen entwickelt, durch die drohendenGefahren in gewissem Maße entgegenge-wirkt wird.' Nähreres dazu führt der Bun-desgerichtshof, der keinen Sachverständi-gen gehört hat, nicht aus.Mit Schutz: Vierzigtausend Alkoholtote imJahr, volkswirtschaftlicher Folgeschadenrund fünfzig Milliarden Mark, die Hälfte derviertausend Verkehrstoten alkoholbedingt,jeder zweite Mord und Totschlag unterAlkoholeinfluß.Ohne Schutz: Kein Haschischtoter, obwohlmehr als drei Millionen konsumieren; Null-Beteiligung von Haschisch an Totschlag.Nicht auszudenken, was noch bliebe, wennden Restgefahren und -risiken des Ha-schischkonsums auch noch gesellschaftli-chen Schutzmechanismen 'in gewissemMaße entgegenwirken' würden." UweMaeffert in Die Wochenpost (12.8.93)

STATIONEN AUF DEM WEGZUR NORMALISIERUNGEINER NATÜRLICHENBEZIEHUNG

"Wie jeder fundamentalistische Krieg wirdauch der Kampf gegen Drogen nicht vonden Gesetzen der Vernunft, sondern derWillkür des Dogmas regiert; jeder vernunft-gemäße Kornpromiß gilt als Kapitulation vordem Bösen. Schon die Aufforderung, ein ur-altes Heil- und Genußmittel wie das Hanf-kraut nicht in derselben Gefahrenklasse desGesetzes zu führen wie die industriellenTurbodrogen Heroin und Kokain, gilt im hei-ligen Drogenkrieg als verharmlosende Ket-zerei. Wie einst die Prohibition des Alkoholsdafür sorgte, daß in Amerika mehr gesoffenwurde als je zuvor, hat es die Prohibitiondes Hanfs erreicht, daß er zu dem am wei-testen verbreiteten illegalen Genußmittelder westlichen Welt wurde - und als Nutz-pflanze bei uns heute ausgestorben ist. Nurin Holland, wo der Hanfgenuß seit Ende der70er Jahre toleriert wird, ist seitdem eindeutlicher Rückgang des Marihuana- undHaschischkonsums zu verzeichnen. Die Sta-tistiken der niederländischen Gesundheits-behörden werden indessen von den Prohibi-tionseiferern als Wehrkraftzersetzung be-trachtet und in der Regel einfach ignoriert.Bevor also Forschung, Landwirtschaft undIndustrie die überragenden Eigenschaftender Nutzpflanze Hanf wiederentdecken kön-nen, müssen Politik und Justiz aktiv wer-den:Eine Reform der Cannabisgesetze ist über-fällig." (1)

An dieser Reformfront findet man Richterwie Polizisten, Kiffer wie Politiker, Botanikerund Landwirte, eine parteien- und genera-tionenüberschreitende Koalition. Dabeiüberrascht es nicht, daß es vor allem jenesind, die eigene Erfahrungen mit dem Krautgemacht haben und/oder sich gut informierthaben, die auf ein Ende des juristischen Sta-tus Quo drängen.

Gebührte in den frühen '80er Jahren derTitel des aktivsten Hanfpopulators Wolf-gang auf deutschem Boden darf nie wiederder Joint ausgehen Neuss, so hat sich seit1992 Richter Wolfgang Recht auf RauschNeskovic als Anheizer für die öffentlicheHanfdiskussion einen umstrittenen Ruhmeingehandelt. Hat er sich nach eingehenderPrüfung der Hanf-Fakten geweigert, auf je-manden wegen einem Winzkrümel Ha-schisch den vorgeschriebenen juristischenHammer fallen zu lassen. In seinem Ge-richtsbeschluß (nicht Urteil, wie irrtümlichöfters behauptet wird!) fordert er das Bun-desverfassungsgericht auf zu prüfen, obdas aktuelle Betäubungsmittelgesetz, vorallem im Hinblick auf den Hanfgenuß, nochzeitgemäß sei:

"Es ist ein mit Artikel 2 Absatz 2 Satz 1Grundgesetz (Recht auf körperliche Unver-sehrtheit) nicht zu vereinbarender Tatbe-stand, wenn der Gesetzgeber dem Rausch-willigen bei Strafandrohung untersagt, dasfür seine Gesundheit erheblich wenigerschädliche Rauschmittel (Hanf) im Verhält-nis zu anderen legalen Rauschmitteln zunehmen...Die Bestrafung der Abgabe von Cannabis-Produkten, die dem Eigenkonsum dienen,ist auch unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 GG.Art. 2 Abs. 1 GG sichert die freie Entfaltungder Persönlichkeit....Die Kammer ist der Auffassung, daß dasAufführen der Cannabisprodukte und dasNichtaufführen von Alkohol und Nikotin inden Anlagen l bis III zu § 1 Abs.1 BtmGgegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3Abs. 1 GG verstößt..."Der gesamte Wortlaut des Lübecker Ge-richtsbeschlusses, wie des Urteils desObersten Schweizer Gerichtes samt Kom-mentaren, wurde von mir als Buch Rechtauf Rausch im selben Verlag herausgege-ben wie das vorliegende Werk.Als ersten Erfolg konnte sich Neskovic dasUrteil des 1. Senats des BVG vom Sommer'93 an den Hut heften. Siehe auch sein In-terview im Kapitel Hanf im Straßenverkehrdazu.

Inzwischen vergeht kaum ein Tag, an demman nicht in den Medien ein Interview odereine Stellungnahme zum Thema findet,wobei auffällig ist, daß im Gegensatz zu ver-gangenen Jahrzehnten der Hanf viele Kom-plimente einstecken kann und ihm auffal-lend viel Sympathie entgegengebracht wird.Dazu hat sicherlich in erheblichem Maßebeigetragen, daß man heute über Hanf öf-fentlich reden kann, ohne automatisch alsKiffer denunziert zu werden. Fasern, Stoffund Papier sei Dank.• Auf politischer Ebene waren es dieRheinland-Pfälzer unter ihrem VorsitzendenRudolf Scharping, die als erste vorpresch-ten. Anfang Januar '93 hat das Land im Bun-desrat eine Änderung des BtMG beantragtmit dem Ziel, den Erwerb und Besitz kleinerMengen Haschisch (hier werden 20 Grammgenannt) und Marihuana (100 Gramm) straf-frei einzustufen. Ob sich Scharping darannoch erinnern wird, wenn er denn Kanzlerwird? Die Staatskanzlei in Mainz antworteteauf eine entsprechende Anfrage:"IhreFrage, ob die Konsumenten mit einer Ände-rung der Situation rechnen müssen, wenndie SPD Regierungsverantwortung im Bundübernimmt kann derzeit noch nicht beant-wortet werden, weil das Regierungspro-gramm der SPD zur Zeit erst erarbeitetwird."• Da wollten die Hessen nicht zurückste-hen und so berichtete die Frankfurter Rund-schau: "Eine auf Strafverschärfung ausge-richtete Drogenpolitik ist zum Scheitern ver-urteilt. Zu diesem Ergebnis kommt eine vonder rot-grünen Landesregierung in Hesseneingesetzte unabhängige Regierungskom-mission in ihrem Mitte Mai vorgelegten Be-richt. Sie fordert die Legalisierung weicherDrogen wie Haschisch. Außerdem sollender Erwerb und Besitz härterer Drogen zumEigenverbrauch nicht bestraft und eine ärzt-lich begleitete Drogenabgabe an Abhängigepraktiziert werden. Die Empfehlungen derKommission erfolgten teils einstimmig, teilmit Mehrheit. Die Kommission ist zu derEinschätzung gelangt, daß Drogenkrimina-lität und -elend nicht Auslöser, sondernFolge repressiven Vorgehens seien."

Die taz interpretierte diese Nachrichtso:"Das Land Hessen sorgte am Wochenen-de mit einer bahnbrechenden Idee für Auf-sehen: Der Staat soll zum monopolistischenDealer werden. Die SPD-regierten Ländersollen sich über den Bundesrat mit der Bun-desregierung dahingehend ins Benehmensetzen, daß die sogenannte 'weiche' DrogeCannabis und ihre Produkte straffrei konsu-miert werden dürfen. Den Handel mit ihnenkönne ein Bundesmonopol übernehmen.Der konstruktive Vorschlag aus der Staats-kanzlei stieß nach einer Umfrage am Sams-tag auf rege Zustimmung fröhlich kiffenderLandes- und Stadtpolitikerinnen, die aller-dings vorerst nicht namentlich genannt wer-den wollten. Sie stellten sich als Vertriebs-stellen schon mal Duty-free-Shops an allenFlughäfen oder Intershops nach altem DDR-Muster vor. Dort ließe sich vom Shit-aroma-tisierten Gebäck bis zum Badezusatz einebreite Produktpalette vermarkten."• Der Präsident der Bundesärztekammer,Karsten Vilmar sprach sich für eine Straffrei-heit von Besitz kleiner Mengen Haschischaus. Über potentielle medizinische Nutzunghabe ich noch keine Aussage von ihm ge-funden.• Bonns Polizeipräsident Michael Knieselsprach sich in einem taz-lnterview für eineLegalisierung weicher Drogen aus:"Werglaubt, das Drogenproblem allein mit denMitteln des Strafrechts lösen zu können, be-findet sich auf dem Holzweg. Der Besitzvon Cannabis sollte entkriminalisiert wer-den; aber auch die Einführung des Opportu-nitätsprinzips in den Händen der Polizeiwäre eine denkbare Lösung. Derzeit wer-den die polizeilichen Kapazitäten zu einemGroßteil falsch eingesetzt. Denn solange diePolizei nach dem Legalitätsprinzip verpflich-tet ist, jede Straftat zu verfolgen, muß siedie zahllosen Konsumentendelikte admini-strativ abarbeiten, ohne daß sich dadurch ander örtlichen Fixerszene etwas ändert. Sinn-voller ließe sich diese Personenkapazitätbeim Kampf gegen die Hintermänner ver-wenden. Daher würde sich die Legalisie-rung von Cannabis aus polizeilicher Sichtlohnen."

• In Schleswig Holstein erging ein Erlaßmehrerer Ministerien 'Gemeinsame Richt-linie zur Umsetzung des § 31a BtmG'. Einkurzer Auszug daraus: "Dem Betäubungs-mittelstrafrecht wohnt der Grundsatz Hilfestatt Strafe inne. Es ist deshalb geboten,Maßnahmen der Strafverfolgungsbehördenauf ein Mindestmaß zurückzunehmen,wenn der Anfangsverdacht über bloße Kon-sumverhaltensweisen nicht hinausgeht. Da-durch werden die Kapazitäten der Strafver-folgungsbehörden auf den Rauschgifthan-del konzentriert.Im Einzelnen gelten folgende Grundsätze:Der Staatsanwalt sieht in der Regel - auch inWiederholungsfällen - von der Verfolgungab bei Anbau, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr,Durchfuhr, Erwerb, Verschaffen in sonstigerWeise oder Besitz von- Cannabisprodukten (außer Haschischöl)von nicht mehr als 30 Gramm (Bruttoge-wicht)

- Kokain und Amphetaminen von nicht mehrals 5 Gramm (Bruttogewicht)

- Heroin von nicht mehr als 1 Gramm (Brut-togewicht)

Die Polizei führt in diesen Fällen auf dersachbearbeitenden Dienststelle eine Wä-gung und einen Vortest durch, fertigt eineStrafanzeige und vernimmt die beschuldigtePerson kurz zur Konsumverhaltensweiseund zur Herkunft des Betäubungsmittels.Die Polizei stellt das Betäubungsmittelsowie die Konsumutensilien sicher bzw. be-schlagnahmt diese. Auf Zeugenvernehmun-gen und weitere Ermittlungsmaßnahmen,auch weitergehende kriminaltechnische Un-tersuchungen, wird im Hinblick auf ihrebzw. seine Konsumverhaltensweise ver-zichtet. Das gilt auch, wenn die beschuldig-te Person die Herkunft des Betäubungsmit-tels nicht preisgibt. Abschließend führt diePolizei eine Klärung über den Verzicht aufdie Rückgabe sichergestellter Gegenstän-de, insbesondere Konsumutensilien, herbeiund übersendet den Vorgang unverzüglichder Staatsanwaltschaft....Bei Konsumverhaltensweisen von Gefange-nen im Strafvollzug besteht in der Regelkein Öffentliches Interesse, es sei denn, aus

Gründen des Vollzugs ist eine strafrechtli-che Ahndung geboten.Diese Richtlinie trat am 13. Mai 1993 inKraft."• Eine von Landesjustizministerin HeidiAlm-Merk eingesetzte NiedersächsischeKommission zur Reform des Strafrechtslegte 1993 ihren Abschlußbericht vor, derauch in Richtung einer Legalisierung weist• Nachdem es vor 15 Jahren die Jungde-mokraten, vor allem Baden-Würtembergs('Kenner rauchen Würtemberger') waren,die sich unter den Jugendorganisationender politischen Parteien für eine Entkrimina-lisierung des Hanf hervortaten, waren es1993 die Jungsozialisten. Sie initierten eineKampagne Aufruf Straffreiheit für Drogen-konsumentInnen. Sie fordern eine völligeStraffreiheit für jeglichen Drogenkonsum,Verziert war dieser Aufruf mit einem Em-blem Laßt Blumen blühen - legalisiert Hanf.• Der Drogenexperte des Schweizeri-schen Evangelischen Kirchenbundes schlugvor, der Konsum weicher Drogen wie Ha-schisch müsse entkriminalisiert werden.• Die Drogenkonferenz in EuropäischenStädten, eine Zusammenkunft von Drogen-Fachleuten aus 39 Städten schlug im De-zember '93 vor, Kauf und Konsum von Can-nabis nicht länger unter Strafe zu stellen.Eine entsprechende Initiative Hamburgs zurÄnderung des deutschen BtmG ist kürzlichvom Bundesrat verabschiedet, schlußend-lich aber von der Bundesregierung abschlä-gig beschieden worden.Do it again, Sam.• Die von Herta Däubler-Gmelin geleiteteArbeitsgruppe des SPD-Parteivorstandes,die ein Konzept zur Inneren Sicherheit fürden ordentlichen Parteitag im November'93 erarbeitete, schlug vor, den Genuß undillegalen Handel mit sogenannten weichenDrogen wie Cannabis nicht mehr strafrecht-lich zu verfolgen, sondern nur als Ordnungs-widrigkeit zu betrachten. Der parlamentari-sche Geschäftsführer der Christdemokra-ten, Rüttgers, nannte dies einen kollektivenWahnsinn. Der SPD-Parteitag sprach sichdann auch für ein legale Abgabe von Canna-bisprodukten aus.

Vor dem Gesetz sind alle gleichsagen die, die hinter dem Gesetz stehen.Volksmund

IMMER VERBOTEN -SELTEN STRAFBARRonald Rippchen zum Haschisch-Urteildes BVG, II Senat.

Über zwei Jahre wartete ich auf das Ur-teil aus Karlsruhe. Alle vier Wochen riefich ebendort an, wann denn mit dem Ur-teil zu rechnen sei. 'Im Herbst' hieß es1992 ebenso wie 1993. Als ich dann EndeMärz 1994 zu hören bekam, 'wahrschein-lich erst 'im Herbst', gab mein Verlegerdas Hanf Handbuch mit zwei leeren Sei-ten in Druck, Seiten, auf denen eigentlichdas Urteil kommentiert werden sollte.Aber wir wolten mit diesem Buch nichtlänger warten. Nun, das Urteil ergingacht Tage, bevor das Buch vom Druckerkam. Für diese Neuauflage haben wirnun den Kommentar übernommen, denich für die Buchausgabe des 'Haschisch-Urteils' in der Edition RauschKunde ge-schrieben habe:

Kaum ein Urteil des Bundesverfassungs-gerichtes hat in den Medien und der Öf-fentlichkeit ein so großes Interesse ge-funden, wie der Spruch des obersten Ge-richtes zum Recht auf Rausch. Noch niewurde ein Urteil so extrem unterschied-lich kommentiert und bewertet, keineshat die Medien so verwirrt wie dieses.Buchstabentreue Konservative sehensich in ihren Vorurteilen bestätigt ('Ha-scher sind getarnte Fixer!'), die Mehrheit

glaubt den zuweilen arg reißerischenÜberschriften der Presse ('Kiffen er-

laubt!'). Aber was sagt uns das Urteil beinüchterner Betrachtung?

Die Fakten: der Konsum von Haschischist und bleibt erlaubt. Der Besitz von Ha-schisch ist und bleibt verboten, wobei imNormalfall (geringe Menge, gelegentli-

cher Konsum) von der Bestrafung abge-sehen werden muß. Bestraft werden sollnur noch der Genuß bei Fremdge-fährung, also Kiffen in der Disco, auf demSchulhof - dort, wo vor allem auch Ju-gendliche das illegale Tun erhaschenkönnen - sowie regelmäßiger Konsum.Dabei werden weder der Begriff 'geringeMenge' noch 'gelegentlich' vom BVG de-finiert.

Als 'nicht geringe Menge' wurden imletzten Jahr 7,5 gr reines THC festgelegt.Das können zwischen 80-120 gr Ha-schisch sein (laut SPIEGEL gar 200 gr,muß dann aber schon mindere Waresein...). Wer mehr als diese Menge beisich hat wird als Dealer angesehen undmuß mit 2 Jahren Knast rechnen. AlsLaie denkt man sich, nun, alles was weni-ger als eine 'nicht geringe Menge' ist,muß dann automatisch eine 'geringeMenge' sein. Ein u.U. tragischer Irrtum.Die dazwischen liegende Menge wird als'normale Menge' angesehen und ist ab-solut strafbar. Am 5. Mai tagten die In-nenminister der Länder, um eine bundes-einheitliche 'geringe Menge' festzulegen,was ihnen allerdings trotz großem politi-schen Druck nicht gelang. Zur Zeit liegtdiese in Brandenburg bei 0,5 gr, inBaden-Württemberg und Bayern bei 1 gr,in Thüringen bei 5 gr (dort wurden imganzen Jahr 1993 zusammen nur 300 grpolizeilich sichergestellt), in Bremen beiund Nordrhein-Westfalen bei 10 gr, inRheinland-Pfalz bei 20 gr in Schleswig-Holstein und Hessen bei 30 gr. Hieß eserst, gemeinsame Richtlinien werden imHerbst erstellt werden, so zeigt man nachdem Vorstoß von Schleswig-Holsteinund vor allem Nordrhein-Westfalensplötzlich hektische Betriebsamkeit: nochim Juni 1994 soll eine bundesweit ein-heitliche maximale geringe Menge fest-gelegt werden. In Sachsen-Anhalt, so derdortige Justizminister Remmers, soll derBesitz kleiner, für den Eigenverbrauchbestimmter Mengen Haschisch "...hier,wo die Menschen glücklicherweise von

Erfahrungen mit Rauschgift verschontgeblieben sind..." grundsätzlich straf-rechtlich verfolgt werden. Schade, daßman dort (z.B. Magdeburg) dem Gewalt-rausch gegen Ausländer nichts so rigoro-ses entgegen zusetzen hat.

'Gelegentlich' wurde in Bayern mit 1-5mal im Jahr definiert, da ein Großteil derstatistischen Kiffer nur 1-5 mal im Jahrzum Joint greifen. Fragt sich, was man inBayern unter 'gelegentlichem Biergenuß'versteht. Der Fraktionschef der CDU'lerim baden-württembergischen Landtag,ein Herr Öttinger, möchte sich auch am'Gelegentlich-Begriff' der Bayern orien-tieren, obwohl er in einer TV Talk-Show(in der er mich zu seinem persönlichenFeind erklärte) vom Suchtpotential desHaschisch redete. 1-5 mal jährlich =Sucht. Schizophrenie? Genau die warf ermir vor. Er argumentiert mit so Bauern-fängertricks wie die Welt am Sonntag,die in ihrer Ausgabe vom 1.5.94 z.B. überdie Einstiegsdroge Hanf berichtete:"1969/70 waren von 165 Haschrauchernin Frankfurt 157 nach einem Jahr auf här-tere Drogen umgestiegen."

Was mir bei den zahlreichen Talk-Showszum Thema RECHT AUF RAUSCH auffiel:es wurde so gut wie nie vom Rausch ge-redet, der beim gelegentlichen Joint-Nuckeln ja allemal recht unbedeutend ist,sondern erst beim hoch dosierten Hanf-tee oder Hanfgebäck eintritt. Meist bliebman bei den Einstiegsdrogen hängen.Dabei wurde zwar auch von Muttermilchals Einstiegsdroge geredet, aber nie dar-auf hingewiesen, daß laut neuester For-schung schon in der Muttermilch körp-ereigene Opiate abgegeben werden.Auch ein Grund dafür, warum Babysihren Mutter-Stoff so lieben. Ob Herr Öt-tinger, wenn er die Reichweite diesesForschungsergebnisses begriffen hat, dieAmputation deutscher Brüste fordert?Vom Reich der Polemik zurück ins Vater-land.

Dort verlaufen die Hanfgrenzen offen-sichtlich quer durchs Land: Im Südenwird restriktiver geahndet als im Norden;einige Sozialdemokraten wehren sichgegen das christliche Verbot einerSchöpfung Gottes; die Jungen (unter 40)sagen 'ja', die Alten verschreckt 'nein'.Eine Umfrage des SPIEGEL ergab, daß9% der Deutschen über 14 Jahren schonErfahrungen mit Haschischgenuß haben,den wiederum nur 28% insgesamt als po-sitiv ansehen. Nur 28% sind für eine Libe-ralisierung weicher Drogen.Erstaunlich die Republikaner: dort haben15% schon gekifft, damit liegen sie hinterden Grünen und der FDP auf Platz drei.Anderseits gibt es bei ihnen weniger Le-galisierungsbefürworter als bei den an-dern, hier liegen sie gleich mit PDS undCSU. Die Kifferpartei scheint die FDP zusein: 68% machten gute Erfahrungen,41% sind für eine Liberalisierung. Bei denGrünen sind 52% für eine Liberalisierung,obschon nur 42% gute Erfahrungen mitdem Genuß gemacht haben.

Die Leidtragenden des Verbotes sindweiter jene Menschen, denen wegenHanf ein Teil ihres Lebens vergittert undeingesperrt wird, oder denen wegenHanfkonsum oder Handel die Ausbil-dung/Karriere/Zukunft verbaut, versautund vergrault wird. Allein im Jahr 1993wurden in Deutschland 48267 Gerichts-verfahren wegen des Konsums, Handelsoder Schmuggels von Hanf eingeleitet.1991 richteten sich 60% der Verfahren inDrogenangelegenheiten gegen Konsu-menten, meist gegen Kiffer mit einer klei-nen Eigenbedarfsmenge. Dabei unter-schieden sich die Strafen von Bundes-land zu Bundesland mehr als erheblich.Zu bedauern auch die Polizei. Sie mußbislang jedem Joint nachgehen, sonstmacht sie sich strafbar wegen 'Strafver-eitelung im Amt' oder sowas. Konkret be-deutet das, auch heute nach dem Urteil:Abnahme des erwischten Joints, Körper-durchsuchung, Hausdurchsuchung, Ver-höre, Personalienfeststellungen, Anzeige

schreiben - und diese dann im Regelfallin den Papierkorb werfen. Was für einbürokratischer Abtörn. Sind unsere Ord-nungshüter so zu motivieren?

Was ändert sich nun durch das neueUrteil? Auf Konsumentenseite sind eini-ge kleine Freiheiten gewonnen: manmuß seinen gelegentlichen Gute-Nacht-Joint-Filter nicht mehr vorm Einschlafenvernichten. Man darf, so ein HamburgerStaatsanwalt, seinen Privatbedarf aufdem Balkon züchten. Aber man sollte nievergessen: erlaubt ist das Kiffen nochlange nicht, nur scheint das Gericht ein-gesehen zu haben, daß Menschen ohneUnrechtsbewußtsein ihres Tuns schwer-lich mit Strafen beizukommen ist, diezudem die Bürokratie nur belasten.Der Genuß von Hanf war nie verboten,nur der Besitz und Handel. Ist nun der ge-legentliche geringe Besitz und Eigenver-brauch nicht mehr strafbar, so gilt diesnur für eine Person daheim im Kämmer-lein. Sind Kinder dabei oder könnten an-dere im gleichen Raum Hanfdampf vondeinem Joint inhalieren, ist das strafbar.So auch das Kiffen auf Schulhöfen, inDiskos, bei Konzerten oder bei Parties.Dabei verkennen die Richter die normaleKifferrealität: nur ein Bruchteil des Han-fes wird von Einzelpersonen allein ver-kifft. Es gehört zur Hanfkultur, daß maneinen Joint weiterreicht, so wie schon dieFriedenspfeifen vieler Kulturen nur einenSinn ergab, wenn sie von mehreren ge-raucht wurde. Völlig übersehen wurdenauch andere Erfahrungen der Hanfkultur,wie sie gerade in dem neuen BuchUNSER GUTES KRAUT, der Arbeitsgrup-pe Hanf & Fuß aus der Schweiz publiziertwurden. In den Worten von Jörg Jenetz-ky von der Gruppe Cannabis legal: "Dieganze Problematik der Drogengesetzge-bung steckt darin, daß die KonsequenzenVon Drogenkonsum als linear festgelegtbetrachtet werden, ohne wissenschaftli-che Erkenntnisse zu berücksichtigen (set,setting, persönliche Disposition,...)

Auch wird es schwierig sein, dieses Kon-zept von Verbot Ja, Strafe Nein jungenMenschen begreiflich zu machen. DasUrteil unterscheidet nicht einen sinnvol-len und den sinnlosen Gebrauch vonHanf. Es werden weiter die alten, wissen-schaftlich überholten Mythen gepflegt:Haschisch demotiviere. Haschisch ist nurein Verstärker. Wenn du schlaff bist, bistdu bekifft noch schlaffer. Bist du geil,wirst du noch geiler. Bist du paranoid,wirst du noch paranoider.Die Gefahr, vor allem für junge Men-schen besteht in der hanfinduzierten,kaum gesellschaftskompatibelen Verlän-gerung ihrer Kindheit. Es ist völlig klar: jespäter man seinen ersten Joint raucht,um so mehr hat man davon, um so mehrkann man ihn genießen. FehlendeLebenserfahrung kann im bekifften Zu-stand gnadenlos verwirren. So wird man-cher Teenie bekifft zum Dumpfdödel. Par-allel zu weiteren Entkriminalisierungs-bemühungen muß daher eine glaubhafteRauschkundearbeit geleistet werden.Für Hanf spricht ja nicht nur seineAntörnkraft, also die psychoaktive Wir-kung. Durch das Buch von Jack Hererund Mathias Bröckers ist die vergessengeglaubte Faserpflanze Hanf wieder insöffentliche und landwirtschaftliche Be-wußtsein gerückt.Durch die Bücher von Christian Rätschund Lester Greenspoon wissen Medizi-ner wie auch Kranke mehr über die Heil-kraft des Hanfes, die in fast allen Kulturender Welt, auch bei uns, bis zum Hanfver-bot in diesem Jahrhundert geschätztwurde. In den USA profitieren vor allemKrebs- und AlDS-Kranke vom Hanfgenuß- solange sie nicht von der Polizei erwi-scht werden.Für Herrn Waigel ist es wohl schon zuspät, aber ein künftiger Finanzministerwird sich über die ca 10 Milliarden DMfreuen, die der Staat jährlich durch Erhe-bung einer Hanfsteuer allein von Kiffernerheben kann, ohne daß die über einePreissteigerung der Rauchware klagenmüssen.

Ungeklärt ist auch noch, warum dasHanfverbot eigentlich so lange Bestandhat. Ist es nur der Druck von Alkohol- bzwTabakindustrie und der Pharmazie, dievöllig verständlich um ihre Marktanteilebibbern? Schließlich sind wir DeutschenWeltmeister im Alkoholkonsum. Oder Pa-pier- und Plastikfabriken, die anschei-nend lieber die Umwelt versauen als ihreProdukte durch eine umweltschonendePflanze herzustellen? Wer profitiert dennvon den zig Milliarden Drogen-DM, dieihre Runden durch die großen Bankendrehen? Nicht der kleine Kiffer, dem esbislang aber noch an den Kragen geht.Eines Tages werden jüngere Richterkommen und behaupten, daß Haschischeinfach keine Droge sondern ein legiti-mes Genußmittel ist. Bis dahin wird lei-der noch so mancher Hanfkonsument insgesellschaftliche Gras beißen müssen.

Das HASCHISCH URTEIL des Bundesver-fassungsgerichtes vom 9. März 1994 istmit Kommentaren versehen in der Buch-reihe RauschKunde im selben Verlag wiedas vorliegende Buch erschienen. Her-ausgegeben von Ronald Rippchen.128 Seiten, 12 DM. ISBN 3-930442-03-5

VON ILLEGAL ÜBER SCHEISS-EGAL:

AUF DEM WEG ZURENTKRIMINALISIERUNGVon Smoke-lns, dem DarmstädterHanfkessel und anderen Aktionenfür die Erhaltung der Hanfpflanze

Die Smoke-lns der '60er Jahre waren ein-fache Statements der Hippies: wir rau-chen, also sind wir. Oder umgekehrt. DieProvokation war wichtiger als das Buhlenum eine Legalisierung des Tuns. JulianBeck vom Living Theatre lieferte des Slo-gan: "l don't want to change the law, Iwant to break the law!" So wurde in derFolge millionenfach das Recht gebro-chen. Ohne schlechtes Gewissen. OhneUnrechtsbewußtsein.

Für Hunderttausende allerdings bedeute-te dieser Gesetzesbruch ohne NachteileDritter eine Haftstrafe. Zigtausendenwurde so ihre Karriere verbaut. Ende der'70er Jahre waren es dann die Jungde-mokraten, die eine erste Legalisierungs-kampagne versuchten ('Kenner rauchenWürtemberger'). Zum HanfWeltKongressin Amsterdam 1978 trat auch erstmalseine spezielle Vereinigung, die INitiativeHAnf LEgal auf, die mit einer leider kurz-lebigen Zeitung und einem Vereinbüro inbester Lage in Berlin versuchten, die ver-botene Pflanze aus der Illegalität zu be-freien. Leider recht stümperhaft undohne erwähnenswerte Erfolge. DeutscheVereinsmeierei.In den '80ern waren es anfangs die Grü-nen, die sich der Inspiration für daswachsende Naturbewußtsein widmeten.Immerhin war einer ihrer ersten Bundes-tagsabgeordneten vormals Haschisch-händler gewesen. Doch spätestens imZuge der Ostzonalisierung wurde diesesThema auch von den Grünen schamvollunter den parlamentarischen Teppich ge-kehrt. Als Mitte der '80er WolfgangNeuss offen das kreative Kiffertum pre-digte und die TAZ eine regelmäßige Dro-genkolumne publizierte, meldeten sichimmer wieder Menschen, die Legalisie-rungs-lnis gründeten, oder fordertenoder suchten. Dabei handelte es sich fastimmer um Inhaftierte oder deren An-gehörige und Freunde, die nicht einsa-hen, daß der Genuß der Hanfpflanze eineso einschneidende Rolle in ihrem Lebenspielen sollte. Aber all diese Bemühun-gen schliefen jedoch schnell wieder ein.1992 wurde dann der H.A.N.F.e.V. (Hanfals Nutzpflanze fördern) gegründet. DieVereinszeitschrift, das Hanf-Forum hatsich inzwischen zu einer Art besserenSchülerzeitschrift gemausert (HANF e.V.,Schloßstraße 33, 14059 Berlin). Eine ähn-liche Entwicklung macht auch der BTM-Kurier durch, eine gut gemeinte Publika-tion aus dem Norden (38547 Calberlah,Brunsbüttel 2). Probeexemplare gegen10 DM in Briefmarken.

Wahrscheinlich angestachelt durch denInhalt (& Erfolg) des Hanf-Buches vonJack Herer und Mathias Bröckers kam esdann seit Herbst 1993 zu wiederholten Öf-fentlichen Smoke-lns in Trier, Kiel, Hei-delberg, Mainz, München, Berlin, Ober-hausen und anderswo. Vor allem das inDarmstadt, wo im November 93 neun Po-lizisten von 1000 Kiffern eingekreist wur-den hatte eine Fortsetzung, über die manin den Medien erstaunlich wenig las. Er-staunlich für alle die dabei waren und dieDarmstädter Bürger. Denn, obschon dasSmoke Ins am 14./15.Mai offiziell verbo-ten und von den Organisatoren, einerlockeren Gruppe von Studenten der THabgesagt wurde, umzingelte die hessi-sche Landespolizei am 14. die ganzeStadt, sperrte alle größeren Einfahr-straßen ab und kontrollierte alle Autossamt Insassen auf Cannabiskompatibi-lität. Hatte wer ein Stück Hanf oder auchnur ein Flugblatt dabei, wurde er abge-wiesen. Offiziell wurden nur ca 100 Stadt-verbote ausgesprochen, andererseitswurden ganze, von Hanffreunden aus derganzen Republik gecharterte Reisebusse,abgewiesen. Die Staus wurden ohne ihreUrsache im Verkehrsfunk gemeldet understreckten sich nach Berichten von Au-tofahrern bis zu 20km ins Hinterland. DieDarmstädter Blockade. Oder, vom Zen-trum des Zyklons aus gesehen & erlebt:

Der Darmstädter Hanfkessel.Vorgewarnt fuhr ich mit dem Bummelzugnach Darmstadt, traf dort gleich MathiasBröckers und Jack Herer und erlebte mitihnen zusammen einen äußerst memora-blen Tag. Zu Tausenden kamen uns dieDemonstranten mit Bannern, Stoff- undHanffahnen entgegen. Trotz einsetzen-dem Regen und ohne Aussicht auf einenüberdachten Versammlungsort harrtenian stundenlang aus. Musikgruppen er-schienen, durften aber nicht spielen. Jackhielt seine Rede über Hanf als Faserpflan-ze durchs Megafon, während über unsPolizeihubschrauber ihre Runden dreh-ten und wir rundum von der Polizei samt

Wasserwerfer eingekreist waren. Der 'Er-folg' des totalen Polizeieinsatzes: einstrafwürdiges Vergehen wurde entlarvt(man fand jemanden mit 400 gr Hanf).Über die Kosten des Einsatzes mochteder Polizeisprecher keine Angaben ma-chen.Darmstadts SPD Ober-Bürgermeister,der die Demo vorher verboten hatte, be-fand sich offiziell auf einer Dienstreiseund hatte seinem (grünem) Bürgermei-sterkollegen das Feld überlassen. Diesersuchte auf Anraten der Polizei den Dialogmit den Demonstranten, die auch völligfriedlich blieben. Das brachte ihm amnächsten Tag die Stornierung der Koaliti-on im Stadtrat ein, denn der Ober-Bür-germeister, der den Tag im Polizeihaupt-quartier verbrachte, unterstellte seinemBürgermeister, mit den Demonstrantengemeinsame Sache gemacht zu haben.Schildbürgereien aus einer hessischenKleinstadt, über die keine Kurzmeldungin den Medien, nicht einmal in der Taz,berichtete. Dabei hatte sich die Polizeidoch eine so große Mühe gegeben. Fürden kommenden Sommer plant die AGHANF nun ein großes Musikfestival, legal& sonnig.

Kontakt:- AG HANF, Bessungerstr. 79, 64285

Darmstadt, Tel 06151 664096, Fax06151 663677.

Weitere Anschriften:- InHaLe, Brentanostr.13, 54294 Trier,

Tel 06500 8524- AG Drogen des FSR Pädagogik, Uni

Trier, 54296 Trier- Cannabis Legal, Postfach 1220, 33792

Steinhagen, Tel 05204 80285

Bernd Müllender

VOLL STOFF ÜBERDIE AUTOBAHNMarihuana am Steuer:Zum ersten Mal wurden dieFolgen für die Fahrtüchtigkeitumfassend untersucht

Jeder beobachtet auf seine Art. Die Lokal-zeitung entdeckte „schlingernde Wagen".Der Klatschreporter diagnostizierte einen„Drogenrausch auf der Autobahn". Und derAutor eines Stadtmagazins erinnerte sich ei-gener Erfahrungen: „Kleine rosa Elefantenüberqueren da plötzlich die Fahrbahn, uni-formierte Ordnungshüter lösen einen kaumunter Kontrolle zu haltenden Lachreiz aus."Wie steuert sich ein Automobil nach demGenuß einer Marihuana-Zigarette? Wissen-schaftler der südholländischen „Rijksuni-versiteit Limburg" in Maastricht gingen derSache auf den Grund und schickten 24 be-kiffte Probanden auf Probefahrt - weltweitder erste Freiversuch dieser Art, und alles„top secret", Publikum unerwünscht.Gespenstisch leer ist eine Seite der Auto-bahn bei Heerlen. Die Polizei hat die Pisteauf elf Kilometern hermetisch abgeriegelt.Mit ausgeblendetem Licht und aufgesetzterWarnleuchte schiebt sich langsam eineVolvo-Limousine heran und - schnurrtschnurgerade vorbei. Die Prozedur wieder-holt sich alle 15 Minuten. Erst wenn manaus der Deckung des Gebüsches genauerhinsieht, erkennt man die verkabelten Fah-rer, die Elektroden an ihren Köpfen und ahntdas mit Elektronik vollgestopfte Wagen-innere.Hindrik Robbe (31), Doktor der Psychologie,leitet den Versuch: „Politisch das schwierig-ste Projekt, das wir je hatten", meint er.Auftraggeber ist das US-amerikanische Ver-kehrsministerium, das sich Sorgen machtwegen der vorgeblich steigenden Zahl cann-abisberauschter Verkehrsteilnehmer. In denStaaten waren die Tests nicht durchführbar,weil niemand ein solches Vorhaben versi-

chern wollte. Hollands Assekuranzen sahendas entspannter, weshalb schließlich dieWahl auf Robbes Institut in Maastricht fiel.Es hatte sich bereits einschlägige Meritenerworben mit Untersuchungen über Alkoholund Tabletten am Steuer.Robbe erzählt von einem fast dreijährigenHürdenlauf, bevor im Dienste der Wissen-schaft am ersten Joint gezogen werdenkonnte. Zunächst war Entsetzen über dasniederländische Justizministerium gekom-men, „die hatten Angst, das alte Drogen-Image von Holland wird noch schlechter"sagt Robbe. Eine medizinisch-ethischeKommission mußte gegründet werden ausVertretern der Staatsanwaltschaft, derHochschulmedizin und dem skeptischenProvinzinspekteur. Dann endlich erlaubtedas Justizministerium den Gras-Transportins Land und im Land, sowie dieses auch zuverabreichen.Den Stoff stellte das US-Ministerium selbst.Gezüchtet auf Staatsplantagen im sonnigenMississippi, lieferte ihn schließlich das „Na-tional Institute for Drug Abuse" in Maryland,als Offizialjoints: „200 Zigaretten, fertiggedreht, äußerlich eine wie die andere, invier verschiedenen Konzentrationen", sagtHochschuldealer Robbe.Die Erkenntnisse über die Wirkungen vonMarihuana und Haschisch (dem Extrakt derHanf-Blüten) im Straßenverkehr waren bis-lang dünn. Laborversuche ab es, aber derenAussagekraft ist gering. Bei Praxistestswurde allenfalls das Einparken versuchtoder das Slalomfahren zwischen Pylonen.Es gibt keine Promille-Grenze wie bei Alko-hol und nur sehr teure Nachweistests. Nachspätestens 48 Stunden ist der Wirkstoff imBlut nicht mehr nachweisbar.Schließlich fehlten in Maastricht nur nochdie Probanden. Robbe suchte per Anzeige.Bedingung: Mindestens dreijährige Fahrpra-xis und Erfahrungen als Gelegenheitsrau-cher. 300 Mark Honorar und die Aussichtauf einen Freirausch lockten auch unbrauch-bare Kandidaten. „Einer", berichtet Robbe,„erzählte allen Ernstes, er sei besonders ge-eignet, weil er jeden Tag ,stoned' nach Am-sterdam fahre und neben der Autobahn

immer viele bunte Vöglein sehe." Schließ-lich waren zwölf Männer und zwölf Frauengefunden, zwischen 21 und 38 Jahre alt.

Politiker spürt EchoeffektNicht jeder bekam die gleiche Menge. InVorversuchen im Labor wurde für jeden diesubjektive Optimal-Dosis ermittelt, dieZigaretten auf individuelle Millimeterlän-ge zu rechtgeschnitten. Robbe: „ MancheSchwergewichtigte brauchten auch zwei."Dann ging es endlich auf die Straße.30 Minuten nach dem Konsum hieß es:Tempo 90 fahren und so geradeaus wiemöglich. Gemessen wurden Herzfrequenz,Lenkradbewegungen, Gehirnaktivitäten, Ab-weichungen von Ideallinie und Soll-Ge-schwindigkeit. Hinterher gaben die Testper-sonen und der Fahrlehrer, der hinter einemInstrumentendoppel auf dem Beifahrersitzwachte, ihre subjektiven Eindrücke zu Pro-tokoll.Unter den Rauchwaren waren auch iden-tisch erscheinende Placebo-Joints, denender Wirkstoff „Delta-9-THC" entzogen war.Dieser sei absolut geschmacksneutral -dachten Robbe und Mitarbeiter. Aber sielernten dazu, als einer gleich fragte: „Wasist das denn für ein Ding, das schmeckt sokomisch sauer."Die ersten Test-Fahrten fanden bereits1990 statt. Seitdem wurde im Vierteljah-restakt immer wieder neu die Veröffentli-chung der Ergebnisse angekündigt. Dochnichts geschah. Den Grund deutet Robbean: Die Gesamttendenz widerspreche grobder öffentlichen Meinung und vor allem denErwartungen der US-Behörde. Und so hät-ten die amerikanischen Auftraggeber„immer weitere Untersuchungen" gefor-dert, „bis stärkere Details festgestellt wer-den". Und sie machten nicht eben sehr wis-senschaftliche Vorschläge: Höhere Dosen!Robbe konnte dieses Ansinnen fachkompe-tent abwenden: Weil das High dann nicht sokomfortabel ist wie in der Wirklichkeit.Der Kompromiß: Neue Probanden kurvtendurch den normalen Straßenverkehr, nichtüber abgesperrte Autobahnen. Robbe undCo maßen, testeten, werteten aus - aber

wieder blieben die Ergebnisse geheim. Waswar passiert? Gab es gefährliche Schlinger-kurse wegen kreuzender Elefantenherden?Kleine rosa Polizeibeamte?Nichts von alledem: „Wir haben nur sehrgeringe Effekte und Einflüsse feststellenkönnen", sagt Robbe. „Leichte Abweichun-gen" habe es durchaus gegeben, „aberwirklich nichts dramatisches", kein Berüh-ren der weißen Linien und nicht ein einzigerEingriff des Fahrlehrers bei über 4000 Fahr-kilometern schon in der ersten Testreihe.Heraus kam auch Geschlechtspezifisches:Die dopebedingten Fahrfehler waren beiden Probandinnen etwas stärker. „Frauensind wohl schneller beeinflußbar und sensi-tiver", sagt Robbe. Kein überraschendes Er-gebnis: Ähnliche Resultate habe er auch beiUntersuchungen mit Alkohol und Tablettenerzielt. Der kleine Unterschied liegt auchdaran, daß der weibliche Organismus denWirkstoff schneller aufnimmt. Doch gefähr-lich und unberechenbar, so Robbe, werdeerst die Kombination mit Alkohol.Der Vergleich mit der Massendroge Alkoholfällt für Fachmann Robbe ohnehin recht ein-deutig aus - trotz der aufgetretenen Wahr-nehmungsveränderung und Konzentrations-schwäche bei angeturnten Autolenkern, dieauch Robbe konstatiert. „Alkohol und Ta-bletten beeinflussen das Fahrverhalten stär-ker als leichte Drogen. Wer Alkohol getrun-ken hat, ist aggressiver und sucht das Risi-ko. Ein Marihuana-Raucher verhält sichmeist genau umgekehrt." Und: Die Einnah-me von Cannabis-Produkten habe in seinenVersuchen „nie mehr Auswirkung gezeigtdrei oder vier Gläser Bier".Dennoch bestehe zur generellen Entwar-nung kein Anlaß: „Wir müssen sehr vorsich-tig sein mit unseren Ergebnissen undimmer sagen: Aber, aber, aber..." Das giltfür beide Seiten: Für die Verharmloser,denen klargemacht werden müsse, wieschwierig es ist, „die Ergebnisse auf dennormalen Staßenverkehr und auf jeden ein-zelnen zu generalisieren". Umgekehrt gilt,für die Dramatisierer ganz besonders: „Poli-tik", weiß der Psychologe Robbe, „istimmer sehr gefühlig."

Der Aachener CDU-LandtagsabgeordneteAnderas Lorenz jedenfalls läßt sich sein un-trügliches Gefühl nicht von Fakten trüben.Wider alle Wissenschaft weiß er: „Hasch-Konsum beeinträchtigt die räumliche Orien-tierung, die Reaktionsfähigkeit, die Muskel-koordination, die Wahrnehmungsfähigkeit,die Konzentration und erhöht die Risikobe-reitschaft. Das kann sich auch mehrereTage hinziehen oder bei Echo-Räuschensogar nach mehreren Wochen wieder akutwerden." Lorenz fordert unfassendeRauschgiftkontrollen im Straßenverkehr.(aus: Wochenpost Nr. 10 vom 3.3.1994)

CANNABIS IM STRASSENVERKEHRKiffer scheinen ihre Fahrtüchtigkeit oderFahruntüchtigkeit besser beurteilen zu kön-nen als Säufer. Es sollte jedoch nicht ver-schwiegen werden, daß es auch cannabis-bedingte Zustände gibt, die eine objektiveBewertung der eigenen Fahrzeugsteue-rungsleistung beeinträchtigten.

Es liegt schon an den allgemeinen Wirkun-gen der Drogen Alkohol und Cannabis, daßsie eine unterschiedliche Auswirkung aufFahrzeugführer haben: Wer säuft, tritt eheraufs Gas und läßt alles hinter sich; wer kifft.fährt in den meisten Fällen langsamer undvorsichtiger, darauf achtend, was vor ihmliegt.Die New York Times vom 17. Juni 1992stellt die Ergebnisse einer Untersuchungvon Mrs. Model vor. Diese hatte sich dieUnfall- und Drogenstatistiken der verschie-denen amerikanischen Bundesstaaten vor-genommen und verglichen. Das Ergebnis:In jenen Staaten, die den Genuß von Mari-juana entkriminalisiert haben, ist es zu auf-fällig weniger drogen- bzw. alkoholbeding-ten Unfällen und Notsituationen gekom-men, als in den Hardliner-Staaten, die zu Al-kohol keine legale Alternative zulassen.

Auch ein Wirtschaftsfachmann der Univer-sität von Illinois aus Chicago, Frank Chaloup-ka, stellte auf Grund von statistischen Ana-lysen fest, daß Cannabis im Vergleich zu Al-

kohol ein Lebensretter ist. Ohne Zweifelgibt es auch durch übermäßigen Cannabis-genuß verursachte Autounfälle. In jenenUS-Staaten aber, die keine polizeilichenSanktionen gegen den Besitz kleiner Men-gen Cannabis durchziehen, gibt es imStraßenverkehr weniger Tote.

So folgert die New York Times:"Wenn wiralso die Wahl zwischen einem gesteigertenCannabiskonsum oder mehr toten Teena-gern haben, sollte uns diese Entscheidungnicht schwer fallen."

Diese Haltung deckt sich mit dem Urteils-spruch des Düsseldorfer Oberlandesgerich-tes von Mitte Mai 1993. Dieses Gericht ent-schied, daß der Konsum von Haschischzwar zur Fahruntüchtigkeit führen kann,eine bestimmte Wirkstoffmenge im Blutdes Fahrers jedoch in der Regel nicht füreine Verurteilung ausreicht. Anders als beimAlkohol gebe es beim Haschisch noch kei-nen wissenschaftlich begründeten Grenz-wert für die Fahruntüchtigkeit. Sie könneerst anhand von auffälligem Fahrverhaltenoder Verursachen eines Unfalls festgestelltwerden, begründete der Richter.Der Angeklagte Musiker war bei seinerRückreise aus den Niederlanden vom Deut-schen Zoll festgehalten worden, da erwegen der starken Erweiterung seiner Pu-pillen aufgefallen war. Die angeordneteBlutprobe ergab einen Wert von 7,2 Mikro-gramm Hasch pro Liter Blut, woraus dieerste Gerichtsinstanz einen akuten Rausch-zustand geschlossen hatte. (OLG Düssel-dorf 5 Ss 18/93 - 8/93 l).

Richter Wolfgang Neskoviczu einem Haschisch-Urteil desBundesverfassungsgerichtes„DIESES URTEIL SIGNALISIERTEIN UMDENKEN"

Am Mittwoch entschied der Erste Senatdes Bundesverfassungsgerichtes (BVG) inKarlsruhe über die Verfassungsbeschwerdeeines Autofahrers, der sich nach dem Kon-

sum eines Joints einem medizinisch-psy-chologischen Gutachten, dem sogenannten„Idiotentest" unterziehen sollte. Das BVGgab nun dem Beschwerdeführer recht, dadies einen verfassungswidrigen Eingriff indas Persönlichkeitsrecht des Betroffenendarstelle. Im übrigen, so die Karlsruher Rich-ter, zeigten sich die Behörden gegenüberAlkoholsündern „deutlich nachsichtiger" alsbei Haschischrauchern. Wolfgang Neskovic,der Vorsitzende Richter der Zweiten Kam-mer des Lübecker Landgerichts (...) inter-pretiert das Urteil.taz: Herr Neskovic, wie beurteilen Sie dasKarlsruher Urteil?Wolfgang Neskovic: Das Urteil verdientAufmerksamkeit. Es wird all diejenigennachdenklich machen, die ständig vor derangeblichen Gefährlichkeit von Haschischwarnen, ohne dafür konkrete wissenschaft-liche Belege anführen zu können. Dem My-thos der Gefährlichkeit von Haschisch wirddurch diese Entscheidung weitgehend derBoden entzogen. Die allgemeine Hatz vonGerichten und Straßenverkehrsbehördenauf Haschischkonsumenten wird erheblicherschwert.taz: Hat das Urteil auch Folgen für die Lü-becker Vorlage beim Bundesverfassungs-gericht - Straffreiheit für Haschischkonsu-rnenten?Wolfgang Neskovic: Ja. Das Bundesver-fassungsgericht hat zur Begründung auf juri-stische Grundsatzüberlegungen zurückge-griffen oder hingewiesen, auf die auch derLübecker Vorlagebeschluß fußt. Dabeihaben die Karlsruher Richter insbesonderedie Ungleichbehandlung zwischen Alkoholund Haschisch angesprochen. Der ZweiteSenat des Bundesverfassungsgerichtes,der über den Lübecker Vorlagebeschluß zuentscheiden hat, wird es nun viel schwererhaben, diesen zurückzuweisen. Es kannsogar sein, daß es zu einer sogenanntenPlenumsentscheidung kommt, an der alle16 Richter beider Senate mitzuwirkenhaben.taz: Was bedeutet das Urteil künftig fürRichter?

Nach heiliger Messedas Auto stehenlassen?München. (dpa) Müssen Besucher von

Messen, bei denen Weihrauch verwendetwird, das Auto stehenlassen, weil der Ha-schisch-Wirkstoff Tetrahydrocannabinol(THC) freigesetzt wird? Diese Frage beschäf-tigt bayerische Landespolitiker nach einerAnfrage der Grünen-Abgeordneten Christi-ne Scheel. Dabei könnten - wie beim Ha-schisch - Halluzinationen hervorgerufenwerden, schrieb die Abgeordnete an die Re-gierung. Die jedoch sieht keine Gefahr fürGottesdienstbesucher. SozialstaatssekretärinBarbara Stamm (CSU) antwortete, falls THCim Weihrauch nachweisbar sei, stelle sichimmer noch die Frage, „ob die Mengen füreine relevante Wirkung ausreichen würden".

Wolfgang Neskovic: Es signalisiert einUmdenken, weil es nicht auf Vorurteilezurückgreift. Die Richter haben sich an diemedizinisch-pharmakologischen Tatsachengehalten und die allgemeine Dämonisierungvon Haschisch nicht mitgemacht. Es stehtfest, daß Haschisch grundsätzlich keine ern-ste und dringende Gesundheitsgefahr dar-stellt. Es wäre zu wünschen, daß sich einesolche Einstellung an allen Gerichten durch-setzt. Das wird jedoch noch lange dauern,wenn man berücksichtigt, daß nach eineraktuellen Untersuchung der UniversitätGießen noch 90 Prozent der Richterinnenan das Märchen von der Einstiegsdroge Ha-schisch glauben.taz: Was halten Sie von Haschisch imStraßenverkehr?Wolfgang Neskovic: Grundsätzlich solltenim Straßenverkehr alle Mittel unterschieds-los verboten werden, die auf die Fahrtüch-tigkeit Einfluß nehmen können. Neben Alko-hol und Medikamenten gehört auch Ha-schisch zu den Substanzen, die sich auf dieFahrtüchtigkeit auswirken können. Dabeimuß aber berücksichtigt werden, daß Ha-schischgenuß nicht generell im Sinne desStrafgesetzbuches fahruntüchtig macht,sondern nur dann, wenn besondere Um-stände vorliegen. (Interview: PhilippeAndre)

HAAR- UND URINPROBEN

In den USA sind Urinproben schon seit Jah-ren eine bei vielen Privatfirmen und Behör-den, vor allem dem Militär, gängige Praxis.Bei uns pissen bislang nur Sportler fürs Va-terland ins Röhrchen, dann nennt man dasDoping Kontrolle. Doch zusehens müssenbei uns nun auch Autofahrer für denGroßen Bruder ins Glas pieseln. Im Laufefür die Recherche für dieses Buch erzählteman mir immer wieder von Vorladungen Ju-gendlicher, die a) im Verkehr aufgefallenwaren, b) irgendwann einmal mit Drogen er-wischt wurden. Nun werden sie zu einemUrin-Test vorgeladen. Eine Verweigerungkostet den Führerschein, so heißt es. (Dazumehr im Kapitel Hanf im Straßenverkehra.a.S.) Zur rechtlichen Einschätzung derstaatstragenden Pissereien an anderer Stel-le mehr. Eine Studie des Instituts fürRechtsmedizin der Universität Münchenergab folgende Ergebnisse:Bei 1313 Blut- und Harnanalysen von auffäl-lig gewordenen Autofahrern wurden in fast20% der Fälle der Konsum von Cannabisnachgewiesen. Zu bedenken sei, daß manwahrscheinlich bei 95% der Fahrer einen Al-koholgenuß in den vergangenen 30 Tagennachweisen könnte, aber bei Alkohol gilt janur die aktuelle 'Vergiftung' und nicht einedie um Stunden, Tage oder Wochen zurück-liegt wie bei Cannabis.

Die österreichische Polizei bedient sich desHasch-O-Mat, der die Harnprobe eines ver-dächtigen Autofahrers mit einer chemi-schen Substanz versetzt und danach mit po-larisiertem Licht bestrahlt. Am Neigungs-winkel des Lichtstrahles läßt sich derGenuß diverser illegaler Drogen erkennen.In Deutschland ist die Einführung eines sol-chen Hasch-O-Mat zur Zeit noch nicht mög-lich, dazu müßte erst das Grundgesetzgeändert werden: Niemand darf gezwun-gen werden, sich aktiv an seiner Über-führung zu beteiligen, d.h. auch nicht zurUrinabgabe. Blutproben sind allerdings jetztschon zulässig und werden z.B. genom-

men, wennsich ein Verkehrsteilnehmer'auffällig' verhält, ohne daß ein Alkoholein-fluß feststellbar ist. Der Nachweis von Dro-gen im Blut gestaltet sich allerdings we-sentlich schwieriger als im Urin und die Er-folgsaussichten sind besonders bei Canna-binoiden geringer.

Die heute gängigen Urinproben-Methodenweisen große Mängel auf, Abgesehendavon, daß sie eine völlig neue Qualität derKörperüberwachung mit sich bringen unddamit bis heute gültige Menschenrechteverletzen, erfordert diese Kontrolle auchvon den Überwachungsbeamten eine neueArt des Voyeurismus: damit keine anderenFlüssigkeiten und Substanzen in die Probegeschmuggelt werden, muß der freie Urin-fluß vom Genital ins Röhrchen genauestensbeobachtet werden. Solch eine Neugier ineinem öffentlichen Pissoir bringt einemmindestens schiefe Blicke, im Härtefall gareine Anzeige wg. Perversion ein.

Laut der Fachzeitschrift POLIZEI 110 (Mai93) forderte der Weltkongress der Gerichts-mediziner klare Haschisch-Grenzwerte fürAutofahrer:"Zwischen Wunsch und Wirk-lichkeit liegen allerdings -noch- Welten.Nach dem heutigen Stand der Apparateme-dizin gibt es nicht mal einheitliche Verfahrenmit verläßlichen Resultaten, um Drogenkon-sum überhaupt sicher und exakt feststellenzu können."

Um so problematischer sind folglich auchdie Interpretationen von Testergebnissen.Sie zeigen zwar an, daß der Probant irgend-wann in den vergangenen 30 Tagen wahr-scheinlich Cannabis konsumiert hat, verra-ten aber nicht wann und in welchem Um-fang. Es sollte einem Arbeitgeber dochschnuppe sein, was ein Angestellter Sams-tags Nachts getrieben hat, denn selbst star-kes Kiffen wird kaum Auswirkungen aufseine Arbeit am Montag haben oder gar amübernächsten Donnerstag, wenn der Testansteht. Solch ein Test würde zwar positiveErgebnisse bringen, aber wozu sollen diesedienen? Wenn ein Pilot z.B. auf dem Weg

zur Arbeit eine Line Kokain hochzieht undvor Betreten der Maschine probepissenmuß, wird das Testergenis negativ ausfal-len, da Koks nicht so schnell vom Körper ab-gebaut und so erst viel später in einer Urin-probe nachweisbar wird.

So geben Urinproben weniger einenÜberblick über eine potentielle Arbeits-Be-einträchtigung, dienen also nicht der Sicher-heit am Arbeitsplatz oder Autosteuer, oderwas auch immer das Argument für dieseÜberwachungsmethode sein wird, sondernsie stellen eine grundsatzliche Überwa-chung des Bürgers und seines Verhaltensdar, sind eine Art chemischer Beichtstuhl.Orwell, ick hör dir trapsen.

Aus den USA sind folgende Tricks bekannt,die von schuldbewußten Menschen zur Ver-tuschung ihres Vergehens eingesetzt wer-den:1. Sie pissen bevor sie zur Arbeit (bzw Kon-trolle) gehen, da der Morgenurin natur-gemäß mehr Rückstände enthält.2. Wenn ein Testtermin bekannt ist, trinkensie viel Wasser und andere Flüssigkeiten,um die Konzentration von Rückständen zuverdünnen. Wir reden hier von Mengen vonüber 3 oder 4 Liter!3. Wer Pech hat, kann auch als Passivrau-cher ein positives Testergebnis erzielen.Das steht allerdings nur an, wenn man amAbend vorher in einer stark qualmenden Kif-ferrunde saß. Aber dieses Passivrauchenmüßte der Proband belegen, d.h. er müßtepetzen um seinen Urin zu retten. Passivrau-chen schlagt sich naturgemäß ehr bei Haar-denn bei Urinproben nieder.4. Bei unüberwachten Urinabgaben werdenhäufig destilliertes Wasser und andere Flüs-sigkeiten bzw Substanzen als Zugabe insRöhrchen geschmuggelt. In den USA gibtes viele Spezialfirmen, die die abstruse-stens Mittel anpreisen. In der Kiffer-Fach-presse werden Tests abgedruckt, in denenanfangs positiv getestete Proben nach demZusatz bestimmter Substanzen negativ aus-fielen. Der Autor dieses Artikels hat keineAhnung, ob diese Zusätze wirklich funkto-

nieren, vor allem bei den sensibleren Testsbei uns.

Man sollte beachten, daß der EMIT-Test nurin einem bestimmten ph-Bereich (sauer, Al-kalisch) 5,5-8,0 durchgeführt werden kann.Daher ist es verständlich, daß Substanzen,die den Urin aus diesem Bereich bringen,nämlich Essig (ph<5,5) und Waschmittel,Seife, Bleiche (ph>8) durchaus einen sol-chen Effekt haben können. Allerdings mes-sen die meisten, wenn auch nicht alle, La-boratorien den ph-Wert der Urinprobe vordem Test und können diesen entsprechendeinstellen, sodaß diese Zusätze keine Wir-kung mehr zeigen. Hohe Salzkonzentratio-nen inaktivieren die Enzymaktivität und kön-nen so für ein negatives Testergebnis sor-gen. Aber auch sie sind relativ leicht fest-stellbar.

Man beachte, daß eine normale Urinprobeca 60 ml beansprucht, daß sind etwa dreiSchnapsgläser voll.

Nach unseren Recherchen arbeiten inDeutschland eingesetzte Urintest jedochgenauer als jene in den USA gebräuchli-chen. Bei uns sind einige Testlabors anhandder Messung des Kreatinwertes in der Lagefestzustellen, ob der abgegebene Urin z.B.verdünnt ist. Falls ja, muß der Test wieder-holt werden, da eine zu dünne Probe nichtaussagekräftig genug ist. Bei mehrmaligüberdurchschnittlich verdünntem Urin kannder Führerschein eventuel trotz fehlendempositiven Drogennachweis eingezogen wer-den.

MEIN URIN GEHÖRT MIR! WIRKLICH?In der Schweiz ist man entlastet, wenn manangibt, im Ausland geraucht zu haben.Diese Masche zieht nach deutschem Rechtnicht, wie jene Soldaten aus Somalia fest-stellen mußten, die beim Kiffen in Bel Etuenerwischt wurden, als sie mit landesüblichenSubstanzen fraternisierten.

Grundsätzlich ist der Konsum von Ha-schisch nicht verboten, nur der Besitz. Einnachgewiesener Konsum kann also als sol-cher nicht bestraft werden. So geht es denUrinkontrolleuren auch vorrangig um Ar-beitsfähigkeit und Fahrzeugführerschaft.Über den rechtlichen Status von Kiff im Au-toverkehr mehr an anderer Stelle.

Über die Zuverlässigkeit der Testergebnisseund ihre Verwertbarkeit vor Gericht meintder Stuttgarter Dr.Klaus Harzer:"SolcheTests liefern aber keine eindeutigen Ergeb-nisse!" Als Beweismittel vor Gericht sindsolche Schnell-Schüsse nach Ansicht seriö-ser Experten deshalb 'völlig ungeeignet'.Erst das zweite Verfahren, das erheblichzeitaufwendiger und teurer ist, erbringt dif-ferenzierte Drogennachweise."Hier gibt es allerdings keine allgemeingülti-gen Standartverfahren, hier werkelt jedesInstitut nach eigener Methode vor sich hin.Selbst Institute, die nach der selben Ar-beitsweise und unter gleichen Bedingungenvorgehen, kommen häufig zu unterschiedli-chen Resultaten. Der Grund hierfür ist dieimmer noch mangelnde Feinabstimmungder Laborgeräte. Die Einnahme von Rausch-gift ist damit nachweisbar. Welche Mengenalerdings geraucht, geschnupft oder ge-spritzt wurden, und vor allem in welcherZeit, darüber gehen die Analysen aufgrundzu wenig empfindlicher Apparate-Technikderzeit meist weit auseinander....Obendrein ist (rein rechtlich) niemand ge-zwungen, aktiv an seiner Verurteilung mit-zuwirken. Keiner kann also verpflichtet wer-den, bei einer Polizeikontrolle eine Urinpro-be abzugeben. Auch die Rechnung "wernicht mitmacht, muß zur Blutprobe" gehtnicht auf. Nach dem Gesetz ist eine Blutab-nahme eine Körperverletzung, also eine ille-gale Maßnahme, die nur zu rechtfertigenist, wenn ein konkreter Verdacht auf eineStraftat besteht." 110 Polizei

In der Tat versucht es die Polizei nach Aus-künften mehrerer Jugendlicher auf die Me-thode: pißt du nicht ins Röhrchen, wird dirder Führerschein abgenommen. Ja, aus

Norddeutschland kommen Nachrichten,daß ehemalige Drogenkonsumenten, dienach einem Gefängsnisaufenthalt einenWagen angemeldet haben, zum Pissen fürsVaterland vorgeladen werden...ohne Urins-pende kein Auto.

Solche Einschüchterungsversuche könnennach meinem Rechtsempfinden niemalsrechtens sein. Allerdings gilt mein Rechts-empfinden in der Praxis wenig. Im Fall derFälle frag deinen Anwalt.

Bislang ist es nicht möglich, eine Beein-trächtigung der Arbeitsleistung oder Sicher-heit im Fahrverhalten wissenschaftlich zumessen. Es existieren keinerlei Richtwerteim Feststellen des Bekifftheitgrades, so wiedie 0,8 Promille Grenze beim Alkohol. KeinTest ist in der Lage nachzuweisen, wann je-mand gekifft hat - ob vor 2 Stunden, 3 Tagenoder 4 Wochen.

Trotzdem werden bei uns jetzt schon Urin-proben zur Prüfung auf Cannabionidnach-weise durchgeführt. Beispiele:

1. Wurde man wegen eines Verstoßes ge-gen das BtMG verurteilt, verlangt die Auf-sichtsbehörde willkürlich, aber immer öf-ters, einen Nachweis der Verkehrstauglich-keit. Dazu reicht in manchen Bundesländernauch schon die Aufnahme eines Ermitt-lungsverfahrens, besonders wenn manschon im Verhör den Konsum von Ha-schisch (Eigenverbrauch etc) zugegebenhat.Eine Verkehrstauglichkeit ist nach beste-henden Gesetzen natürlich nur bei Drogen-abstinenz gewährleistet. Um diese zu ge-währleisten wird ein Drogenscreening, d.h.in der Regel Urinabgaben und -kontrollen inunregelmäßigen Zeitabständen bis zu vier-mal im Jahr gefordert. In 'schweren Fällen',wenn z.B. schonmal der Führerschein ein-gezogen wurde oder regelmäßiger Ha-schischkonsum zugegeben wurde, wirdimmer noch von manchen Stellen ein medi-zinisch-psychologisches Gutachten ver-langt, auch wenn dies nach einem neueren

Urteil des Bundesverfassungsgerichtes un-zulässig ist (BVerfG, Beschluß vom 24.6.1993-1BvR 689/92). Siehe auch das Inter-view mit Richter Neskovic zu diesemThema.

2. Freigänger aus Knast & Psychiatrie unter-liegen bei Rückkehr in die Anstalt unregel-mäßigen Urinkontrollen. Die Regeln vari-ieren von Anstalt zu Anstalt. Auf Grundeines positiven Ergebnisses können Aus-gangsverbote ausgesprochen und frühzeiti-ge Entlassungsterrnine aufgehoben wer-den.

3. Auch therapeutische Drogeneinrichtun-gen testen Urin. Bei allen Tests wird derHarn nicht nur auf eine Droge untersucht,sondern meist auf das ganze Drogenspek-trum. Dies betrifft auch Menschen, die z.B.wegen Haschisch Probleme mit der Führer-scheinstelle haben.

JETZT WIRDS HAARIG

Alles was der Tester braucht sind 50 Haare.Dabei spielt es keine Rolle ob die vom Kopfoder Körper stammen. Jedes Haar beinhal-tet die Chronologie des Drogeninputs eben-so wie abstinente Phasen. Schamhaarenoch intensiver, da sie langsamer als Haupt-haare wachsen. Wird es soweit kommen,daß Langhaarige an ihren Glatzen zu erken-nen sein werden? Anderseits finden sichselbst in den Filzsträhnen aktiver Rastasnicht genügend Ablagerungen, daß es sichlohnen würde, die Haare in der Pfeife zu rau-chen....Anderseits ist es theoretisch auchmöglich Finger- und Fußnägel zu untersu-chen. Man sollte also vorsichtig sein mitdem was man sich vom eigenen Körper ab-schneidet. Nicht nur Voodoo-Priesterinnentreiben damit Unfug.

Haartests können kaum objektive Aussagenüber den Hanfkonsum ergeben, denn zuviele Faktoren können das Ergebnis verfäl-schen: häufiges Waschen, vor allem mit re-lativ agressivem Shampoo oder schon wie-derholtes starkes Schwitzen greifen die Ab-

lagerungen an und mindern den Anteil.Ganz kritisch wird es bei der Behandlungder Haare mit dem Bleichstoff Wasserstoff-peroxid und alkalischen Lösungen für welli-ges Haar. Dann kann u.U. die gesammteDrogeninformation im Haar auf Nimmerwie-dersehen verschwunden sein, selbst wennman die gebleichten Haare wieder in Ori-ginalfarbe nachfärbt.

In neuerer Zeit werden auch bei uns, inMünchen z.B. seit 1992, von zuständigenStellen verstärkt Haaranalysen gefordertund erstellt. Zur Zeit, d.h. 1994, gibt es inder BRD zwar erst drei Stellen, die solcheAnalysen durchführen können (die Gerichts-medizinischen Institute München, Homburgund Ulm), aber es ist damit zu rechnen, daßsich dies bald ändern wird, auch wenn dieErgebnisse solcher Analysen noch starkerKritik unterliegen. Nicht nur die externenAblagerungen durchs Passivrauchen, auchhat man mit einem Problem namens 'Rest-haarwuchs' zu kämpfen. 10% unseresHaarwuchses wächst erheblich langsamerals die 90%ige Mehrheit. Diese 10% kön-nen vor allem bei Menschen die in Dro-gentherapie sind zu gravierenden Fehlinter-pretationen der Haaranalysen führen. Zumaldas Haar jedes Menschen unterschiedlichschnell wächst. Die Norm liegt bei etwa10mm im Monat, aber es kann auch mal30mm wuchern.

HASCHISCHTESTS -Wie funktionieren sie?

A.URINTEST

Zur Zeit sind drei Schnelltestverfahren aufdem Markt:1. Der EIA (Enzym irnmuno assay), z.B. der

EMIT* (Enzym multiplied immunologicaltechnik).

2. Der RIA (Radio immuno assay).3. FPIA (Fluoreszenz Polarisations Immuno-

assay)

Alle diese Tests weisen nicht direkt THCnach, sondern den THC-Metaboliten Te-

trahydrocannabinolsäure (THC-COOH). Siearbeiten mit THC-COOH Antikörpern.

Der THC-Metabolit wird gekoppelt an einProtein als ein Immunogen in ein geeigne-tes Tier (z.B. Ziege oder Schaf) gespritzt.Dieses Tier produziert dann Antikörpergegen das THC-COOH Protein, die nachBlutabnahme konzentriert und gereinigtwerden. Werden diese so gewonnenen An-tikörper zu verdächtigem Urin (oder anderenKörperflüssigkeiten) gegeben, so binden siesich an den Metaboliten, falls dieser vorhan-den. Dies wird dann mit verschiedenen Me-thoden gemessen. Der EIA benutzt einenenzymatischen Detektor: die Antikörperwerden zu der Urinprobe gegeben, außer-dem ein Enzym, das komplex an THC-COOH gebunden ist. Liegt nun ein saubererUrin in dem sich kein weiteres THC-COOHbefindet, so binden die Antikörper den THC-COOH Enzymkomplex, und inaktivieren sodas Enzym. Es erfolgt mit den weiterhin zu-gesetzen Chemikalen keine Reaktion. Be-findet sich hingegen THC-COOH in derProbe, so verbinden sich die Antikörperdamit und das Enzym kann mit der zuge-setzten Chemikalie reagieren. Je nachdemwieviel THC-COOH in dem Urin war, ent-steht mehr oder weniger viel Reaktionspro-dukt, das dann auf verschiedene Weisenachgewiesen werden kann ( Fotometrisch,spektrometrisch, etc.).

Der RIA-Test funktioniert ähnlich. Anstatteines Enzyms wird aber ein radioaktives Iso-top verwendet. Die Detektion erfolgt dannüber die Bestimmung der Radioaktivität,Der RIA ist genauer, aber wesentlich teurerals der EIA. Die Labors brauchen eine Son-dergenehmigung für den Umgang mit radio-aktiven Stoffen. Deswegen wird in den USAbei Kontrollen meist der EIA (der EMIT) an-gewandt. In Deutschland hat sich der FPIA-Test durchgesetzt, z.B. ADX. Bei dieser Me-thode wird ein fluorsezierender Stoff undpolarisierendes Licht verwendet. Sie ergibtWeitaus genauere Ergebnisse als EIA ohnedie Nachteile von RIA.

B. HAARTESTS

Im Prinzip wie das GS/MS-verfahren beimUrintest, nur ist die Probe selber etwas an-ders: Ein mindestens bleistift- bis kleinfin-gerdicker Haarstrang wird mit einem Bindfa-den (aus Hanf? Anm.des Tippers) fest zu-sammengebunden. Dann werden die ge-bündelten Haare direkt an der Kopfhaut ab-geschnitten und die Länge des verbliebe-nen Haarrestes dokumentiert. Die weitereProbenaufbereitung ist recht problematisch.Es existieren zahlreiche unterschiedlicheMethoden, aber keine gesetzlichen Richtli-nien. Beliebt ist z.B. das Pulverisieren derHaare nachdem diese mit flüssigem Stick-stoff in einem Bereich erhöhter Sprödigkeitabgekühlt wurden. Dann, so der Fachmann,geschieht eine Extraktion aus neutralemMillieu. Dabei ist die Ausbeute oft so gering,daß extra sensible, aber auch unspezifischeMethoden, wie die vor Gericht nicht als Be-weismittel zugelassenen Immunoassayszur Detektion herangezogen werden müs-sen. Führt man diese Methode abschnitts-weise mit je einem Zentimeter Haar durch,läßt sich theoretisch eine Drogenkarriere biszu sechs Jahren zurückverfolgen.

Allerdings haben die Analytiker bedauerndfestgestellt, daß Cannabinoide im Haar un-terrepräsentiert sind, d.h. sie lagern sichschlechter ab und sind schwerer nachzu-weisen als z.B. Kokain und Opiate. Das führtdazu, daß bei Haartests relativ zur Anzahlder Konsumenten wesentlich weniger Pro-ben positiv ausfallen.

Wie genau sind diese Testverfahren?Alle Tests gelten als relativ ungenau. Eswurden in der Vergangenheit immer wiederfalsche positive Ergebnisse beobachtet. Be-kanntestes Beispiel ist ein positiver EMITbei der Anwendung von Aspirin und Ibupr-ofen, zwei sehr verbreitete Medikamentegegen Grippe, Kopfschmerzen, etc. DieHersteller der Tests versuchen zwar dieseTatsache zu verschleiern, waren aber in denvergangenen 15 Jahren des öfteren dazugezwungen, die Testverfahren zu modifizie-

ren. So konnten sich trotz aller Anstrengun-gen von Seiten der Hersteller ( Der Verkaufvon Ausrüstung und Zubehör brachte alleinin den USA im Jahr 1989 immerhin 200 Mil-lionen Dollar ein) die Immunotests nicht alsalleiniger Maßstab für einen positiven Dro-gennachweis durchsetzen. Bei einem posi-tivem Ergebnis wird eine Absicherungdurch ein zweites Verfahren gefordert.Dies ist meist die sogenannte GC/MS-Me-thode ( GC steht für Gaschromatografie undMS für Massenspektrum). Der Gaschroma-tograf separiert mit großer Präzision die imUrin gelösten Stoffe. Das Massenspektro-meter bombadiert z.B. mit Isotopen die se-parierten Chemikalien und zersplittert sie inkleinere Untereinheiten. Diese Zerlegungproduziert ein Muster (Spektrum) das wieein Fingerabdruck charakteristisch für dieuntersuchte Substanz, in diesem Falle THC-COOH, ist. Dieses Verfahren gilt momentanals das non-plus-ultra und die Ergebnissewerden vor Gericht als Beweismittel aner-kannt. Der GC/MS-Test wird nur ange-wandt, wenn vorher die Urinprobe miteinem Immunotest positiv war, da das Ver-fahren sehr aufwendig und teuer ist. DieserTest erbringt bei richtiger Anwendung eine100%ig genaue Aussage über den wirkli-chen Drogenstatus. Ein Kritikpunkt, der inden USA des öfteren aufgeführt wurde,nämlich der niedrige Standartd der Labors,die mit der Durchführung der Tests z.B. fürprivate Firmen und die keinerlei Kontrollevon staatlicher Seite unterstellt sind, fällt beiuns weg. Unsere Labors, z.B. die gerichts-medizinischen Laboratorien an den Univer-sitäten oder beim zuständigen Landeskrimi-nalamtes haben einen hohen Standart undunterziehen sich regelmäßig freiwilligerSelbstkontrollen. Außerdem wird in derRegel ein Teil der Urinprobe eingefrorenund als Rückstellmuster eine Zeit lang auf-bewahrt, um bei Bedarf, z.B. bei Zweifelnan der Korrektheit der Ergebnisse, den Testwiederholen zu können. Ich gehe allerdingsvon einer nahezu 100%igen Sicherheit desVerfahrens aus (GC/MS), mir sind auch kein-erlei gegenteilige Fälle aus der hiesigen Pra-xis bekannt.

Wie in den USA entwickelt sich mit der zu-nehmenden Zahl von Untersuchungen derTrend, das immer mehr private Laboratorienauf den Markt drängen und auch entspre-chend anerkannt und zugelassen werden,z.B. in Freiburg. Da bislang noch keinerleiRichtlinien für Testverfahren (Drogenscree-ning) oder gar eine gesetzliche Kontrolle exi-stieren, halte ich den Standart dieser Labo-ratorien zumindest für sehr fragwürdig.Zur Zeit bleibt es noch den Untersuchungs-stellen selbst überlassen, nach welcher Me-thode sie arbeiten und welche Nachweis-grenzen ('Cut off' in der Fachsprache) sieverwenden. Für Cannabionide variiert derBereich zwischen 20-50 ng/ml für den Im-munotest und 5-10ng/ml für die positive Be-stätigung mittel GC/MS! Dies hat zur Kon-sequenz, daß in einem Fall eine Urinprobemit 30 ng/ml bereits im Vortest als negativausscheidet, im anderen Fall einer GC/MSUntersuchung unterzogen wird, mit derMöglichkeit eines positiven Ergebnisses.(Einige Gesundheitsämter, die noch denEMIT verwenden, benutzen sogar den inden USA von der NIDA empfohlenen Wertvon 100 ng/ml!)

DER ZEITFAKTOR

Wieviel Zeit nach dem letzten Joint mußman noch mit einem positivem Ergebnisrechnen? Dies hängt sehr stark von der vor-her konsumierten THC-Menge ab, da sichder THC-Metabolit im Fett anreichert. Beieinem Gelegenheitsjoint alle sechs Monateauf einer Party ist dieser Genuß, wenn über-haupt, höchstens drei bis fünf Tage späternoch im Urin nachweisbar. Anders sieht esbei den sogenannten Gewohnheitsrauchernaus. Hier liegt der allgemein anerkannteZeitraum bei ca. vier Wochen. Dies kannaber individuell sehr verschieden sein (un-terschiedlicher Stoffwechsel, Geschlecht,Fettleibigkeit, etc). Bei exzessivem Genuß(Freak Brother Style) wurden sogar positiveErgebnisse nach bis zu acht Wochen beob-achtet.In Haaren kann durchaus noch nach JahrenCannabisgenuß nachgewiesen werden.

BGA - Bundesgesundheitsamt, BerlinAn denHA.N.F. e.V.c/o HodgeSchloßstr. 3314059 Berlin 17. Dezember 1993

Betäubungsmittelgesetz (BtMG; BGBI.1981 I S. 681,1187), zuletzt geändert durchVerordnung vom 23.12 1992 (BGBI. l S.2483)

Sehr geehrte Damen und Herren,Ihr Antrag vom 12.10.93 auf Erteilung einerErlaubnis nach § 3 BtMG zum Anbau vonCannabis wird abgehlehnt.

BegründungCannabis (Marihuana) - Pflanzen und Pflan-zenteile der zur Gattung Cannabis gehören-den Pflanzen - ist in Anlage l zu § 1 Abs. 1BtMG als nichtverkehrsfähiges Betäu-bungsmittel aufgeführt. Eine Erlaubnis fürdieses Betäubungsmittel kann nach § 3Abs. 2 BtMG nur ausnahmsweise und nurzu wissenschaftlichen oder anderen im öf-fentlichen Interesse liegenden Zwecken er-teilt werden.Die Ausnahmevorschrift zugunsten wissen-schaftlicher Zwecke im öffentlichen Interes-se nach § 3 Abs. 2 BtMG ist Ausfluß derWissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3Grundgesetz. In diesem Kontext stellt derBegriff „Wissenschaft" einen Oberbegriffdar und besteht aus wissenschaftlicher For-schung und Lehre, die es nach dem Grund-gesetz zu schützen gilt. Diese Vorgaben ver-deutlichen die inhaltliche Ausrichtung des„wissenschaftlichen Zweckes" i.S.d. § 3Abs. 2 BtMG. Wissenschaftliche Zweckekönnen demzufolge nur von Personen gel-tend gemacht werden, die sich an wissen-schaftlichen Einrichtungen mit Forschungoder Lehre auf dem Gebiet der Betäubungs-mittel beschäftigen. Nach den uns vorlie-genden Informationen handelt es sich beiIhrem Verein nicht um eine wissenschaftli-che Einrichtung, die wissenschaftlicheZwecke im Sinne der vorgenannten Aus-führung geltend machen könnte.

Aus der Formulierung der Ausnahmevor-schrift in § 3 Abs. 2 BtMG geht zudem her-vor, daß die geltend gemachten wissen-schaftlichen Zwecke im öffentlichen Inter-esse liegen müssen. Hierbei ist vor allemdas hohe Risiko einer Gefährdung der Öf-fentlichkeit zu berücksichtigen, das vondem großflächigen Anbau von suchterzeu-genden Betäubungsmitteln ausgeht unddiese Gefährdung der Öffentlichkeit, die jagerade bei den nichtverkehrsfähigen Betäu-bungsmitteln so weit wie möglich ausge-schlossen werden soll, kann nicht im öffent-lichen Interesse liegen und würde unter dengegenwärtigen Voraussetzungen immer zueiner Versagung einer Erlaubnis für einenAnbau im beantragten Umfange führen.Der Antrag war daher abzulehnen.

GebührenfestsetzungNach § 7 Abs. 2 der Betäubungsmrttel-Ko-stenverordnung (BtMKostV; BGBI. 1981 l S.1433; BGBI. 1993 l S. 1552) wird eine Ge-bühr von DM 100,- festgesetzt.

BegründungFür die Bearbeitung Ihres Antrages wäre beiErteilung der betäubungsmittelrechtlichenErlaubnis nach § 2 Abs. 4 Nr. 1 BtMKostVeine Gebühr von 100,- DM zu erheben ge-wesen.Der bisherige Verwaltungsaufwand in IhrerAngelegenheit rechtfertigt keine Ermäßi-gung dieser Gebühr.Sie werden gebeten, den festgesetzten Be-trag innerhalb von drei Wochen nach Zustel-lung dieses Bescheides auf das Postgiro-konto Berlin 200-102, BLZ 100 100 10 derBundeskasse Berlin-West, Kurfürsten-damm 193-194, 10707 Berlin unter Angabeder Verbuchungsstelle 1503-11103 unddes Aktenzeichens 7650-3368321 oderunter Verwendung der beigefügten Zahlkar-te einzuzahlen....

Mit freundlichen GrüßenIm Auftrag(gez.) Dr. Schinkel

Urs KoethnerVERSCHIEDENELEGALISIERUNGSMODELLEÜber Struktur, Möglichkeiten,Grenzen und Ausstiegsszenarien

Die Palette der Legalisierungsmodellereicht von Entkriminalisierung, Partiallegali-sierung und staatlich kontrollierter Abgabebis hin zur Freigabe aller bisher illegalenDrogen und ihrer Einordnung unter das Ge-nußmittelrecht. Je nach analytischem Aus-gangspunkt und dem Grad der Anerken-nung der erörterten theoretischen Grundla-gen ergeben sich verschiedene Optionenfür eine Entkriminalisierung bis Legalisie-rung, wobei die konzeptionellen Zielsetzun-gen und die jeweiligen Begründungszusam-menhänge, wie auch das Maß und dieStruktur der flankierenden Maßnahmenweit auseinanderdriften.Es herrscht Konsens unter den Verfechterneiner liberaleren Drogenpolitik, daß eine Po-litik des „mehr vom selben" nichts bringtund eher schadet.„Während auf der einen Seite eine ,hedoni-stische Perspektive' im Sinne einer ge-nußvollen Drogenkultur postuliert wird, wirdbei anderen Ansätzen lediglich die Begren-zung der gesellschaftlichen Folgekostenund die Beseitigung des Schwarzmarktesals Ziel einer Legalisierung gesehen." (Chri-stine Bauer, 1992)Wie verwirrend die Begriffe verwandt wer-den, möchte ich an zwei Beispielen von Ka-tholnigg und Bühringer verdeutlichen, diebeide ihre „Konzepte" „Entkriminalisie-rung" nennen, letztendlich aber eine ande-re, wesentlich schärfere, bzw. subtilerestaatliche Kontrolle vorsehen.Katholnigg will zwar weitestgehend aufStrafen verzichten, legt allerdings für wei-tergehende Überlegungen das Bundesseu-chengesetz zugrunde und möchte danachjeden Drogenkonsumenten, unabhängigdavon ob er abhängig oder nur gelegentli-cher Konsument ist und unabhängig davon,ob die gewählte Droge überhaupt abhängig

macht, zwangsunterbringen.„Eine derartige Unterbringungsregelungdarf nicht auf Betäubungsmittelabhängigebeschränkt werden, sondern muß auchBetäubungsmittelkonsumenten erfassen,deren Abhängigkeit nicht feststeht. Dies istschon aus systematischen Gründen gebo-ten, weil sonst der nicht abhängige Konsu-ment im Gegensatz zum Abhängigen einerStrafverfolgung ausgesetzt wäre. Wichtigerist der inhaltliche Grund: Durch die Unter-bringung soll verhindert werden, daß ausdem Konsument ein Abhängiger wird. Diesgilt auch für Konsumenten von Betäubungs-mitteln, die nicht ohne weiteres abhängigmachen, weil auch solche Betäubungsmit-tel nicht selten als Einstiegsdrogen späterzum Konsum abhängigmachender Betäu-bungsmittel führen. Nur bei Einbeziehungauch dieser Konsumenten kann eine wirksa-me Eindämmung der Nachfrage gelingen."(O. Katholnigg, Godhammer's Archiv fürStrafrecht, Nr. 137)Ein zynisches und gefährliches Schwein,dieser Katholnigg, mehr Kommentar ist ermir nicht wert.Bühringer geht nicht ganz so weit, aller-dings gehört sein Entkriminalisierungsvor-schlag auch nicht in die Reihe der „Legali-sierungsmodelle". Er schlägt vor, „Rechts-verletzungen von Abhängigen mit Auflagenzum Besuch einer ambulanten oder sta-tionären Therapie zu sanktionieren, umihnen möglichst häufig oder frühzeitig denKontakt mit einem alternativen Lebenskon-zept zum Drogenkonsum vertraut zu ma-chen." (G. Bühringer, Politik und Zeitge-schichte, Beilage zu Das Parlament, Nr. 42,1990)So ist Bühringers Vorschlag keine Entkrimi-nalisierung im eigentlichen Sinne, sondernlediglich ein Wechsel der Sanktionsformen.Um aus der überdehnten und oberflächli-chen Verwendung der Begriffe auszustei-gen und sie zu entwirren, werde ich im fol-genden kurz umreißen, was sie im einzel-nen beinhalten, wenn sie in Richtung einerLegalisierung gedacht werden.Entkriminalisierung als konsumentenbezo-gener Begriff beinhaltet, daß alle Straftatbe-

stände des BtmG, welche die Drogenkon-sumenten betreffen, gestrichen werden,oder zumindest durch ein zu schaffendes„Opportunitätsprinzip" (nach holländischemVorbild) nicht mehr verfolgt werden müssen(Entpönalisierung). Das heißt, Besitz undEinfuhr zum Eigenbedarf wären nicht mehrstrafbar. Allerdings ist hier in Deutschlanddie Frage, ob eine Entkriminalisierung zurDe-Facto-Legalisierung des Konsums führt,strittig, allenfalls würde eine ähnliche Rege-lung wie in Holland zustande kommen, also,daß auch der Handel von selbst abhängigenKleindealern praktisch nicht mehr geahndetund somit bis zu einem gewissen Grad ge-duldet wird. (In einem solchen Modell wäredann naheliegend, daß weiterhin gegen denoffenen Straßenverkauf und sich offen orga-nisierende Kleinhändlerringe vorgegangenwürde.) Die Substanzen selber sind von derEntkriminalisierung nicht betroffen und blei-ben illegal, und der Großhandel würde dem-entsprechend weiter scharf verfolgt. Für Po-lizei und Justiz würde die Entkriminalisie-rung der Konsumenten bzw. die Einführungdes Opportunitätsprinzips eine erheblicheEntlastung ihrer Kapazitäten bedeuten.Für die Drogenkonsumenten bedeutet derWegfall der drogenbezogenen Straftatbe-stände eine mit Sicherheit spürbare Entla-stung, weil der Stafverfolgungsdruck nach-läßt, allerdings wären sie weiterhin auf ille-gale und somit teure und unreine Schwarz-marktdrogen angewiesen, wodurch wahr-scheinlich die indirekte Beschaffungskrimi-nalität nicht spürbar sinken würde.Legalisierung ist als substanzbezogener Be-griff zu verstehen. Entweder man gibt alleSubtanzen frei, im Sinne einer Totallegalisie-rung, und streicht die in Anlage l-lll zu § 1BtmG aufgeführten Stoffe aus diesem Ge-setz, wodurch der Handel und Verkehr auto-matisch entkriminalisiert und vom„weißen" Markt unter ähnlichen Bedingun-gen wie die bereits legalen Drogen über-nommen würde, oder man streicht nur eini-ge Substanzen (z. B. die Cannabisprodukte)aus der Anlage l und gibt sie frei, und trans-feriert einige Stoffe aus Anlage l (nicht-ver-kehrsfähige Stoffe und nicht-verschrei-

bungsfähige Stoffe), wodurch sie rezept-pflichtig, aber verfügbar wären. Faktischwürde eine Legalisierung von Drogen eineEntkriminalisierung der Konsumenten mitsich bringen, da es keinen Sinn macht, beilegalem Handel und Verkehr mit Drogen dieEndverbraucher weiter zu kriminalisieren.Grundsätzlich kann man sagen, daß wahr-scheinlich jede Form (außer Katholnigg &Co.) von Entkriminalisierung eine Verbesse-rung der derzeitigen Drogenpolitikproblememit sich brächte, indem sie eine gewisseEntlastung der Drogenkonsumenten undVerfolgungsorgane nach sich zöge. Darüberhinaus ist aber auch klar, daß jedes Legali-sierungsmodell, ob nun partielle oder totaleLegalisierung von Drogen, deutlich weiter-gehender und konsequenter ist, da derSchwarzmarkt ganz oder teilweise durcheinen „weißen" Markt ersetzt werdenwürde.Im folgenden geht es mir darum, die ver-schieden weitreichenden Legalisierungs-modelle in ihrer Intention und Struktur zuskizzieren und ihre Möglichkeiten und Gren-zen zu diskutieren. Im wesentlichen kristalli-sieren sich drei gangbare Grundkonzeptio-nen in Richtung einer Legalisierung heraus:• ein staatlich/medizinisches Drogenmono-

pol oder• Drogen als Genußmittel oder• staatlich regulierter Verkauf (Waffen-

schein/Führerscheinmodell)

Staatlich/medizinischesDrogenmonopolDie Vertreter einer partiellen Legalisierungverweisen im wesentlichen auf das Para-dox, Drogenabhängigkeit (also eine Krank-heit) mit strafrechtlichen Mitteln bekämpfenzu wollen.Die Verfügbarkeit von „harten" Drogennach den Gesetzen des freien Marktes leh-nen die Vertreter ab, obwohl sie zugeste-hen, daß eine völlige Drogenfreigabe zuweitaus besseren Ergebnissen führenwürde als unser derzeitiges Verbotssystem.Vertreten wird ein staatliches Drogenmono-pol in der wissenschaftlichen Diskussion imwesentlichen von Albert Hart & Werner W.

Pommerehne und Karl-Hans Hartwig & IngoPies. Diese Autoren sind in Deutschlandquasi die einzigen wissenschaftlichen Publi-zisten, die ökonomisch für eine repressions-mildernde Drogenpolitik argumentieren.Hartwig & Pies haben die detailliertestenErörterungen für ein ökonomisch fundiertesKonzept geliefert.Auf der politischen Ebene zählen HenningVoscherau (OB Hamburg) und die Hessi-sche Landesregierung zu den Verfechterneines staatlichen Drogenmonopols und diekontrollierte Abgabe von „harten Drogen".Auch unter den Vertretern von Polizei undJustiz wächst die Zahl jener, die ein staatli-ches Drogenmonopol befürworten.Die Vertreter des vornehmlich staatlichenDrogenmonopols haben vor allem die „sozi-alschädliche" Ausweitung des illegalen Dro-genkonsums und -handels im Blickfeld,weshalb es ihnen weniger um eine Kontrol-le des Drogenhandels und -Verkaufs als umeine Regulierung der Zugangsmodalitätenzu den Drogen, also um mehr oder wenigerweitreichende Kontrolle der Drogenkonsu-menten geht. Die Verfechter des medizini-schen Drogenmonopols, d. h. Drogenabga-be in Apotheken und durch praktischeÄrzte, betonen vor allem den „Krankheits-wert" von Drogenabhängigkeit bzw. des„Drogenhungers".Hartwig und Pies plädieren, ebenso wieHart und Pommerehne aus „ordnungspoliti-scher" Perspektive für eine Teilliberalisie-rung des Drogenmarktes. ArgumentativerAusgangspunkt beider Arbeiten ist die öko-nomische Analyse des Schwarzmarktes.Man geht davon aus, daß eine partielle,staatlich kontrollierte Freigabe die Drogen-nachfrage auf dem Schwarzmarkt „preisela-stisch" macht, d. h. niemand mehr bereitsein wird, illegale Drogen zu kaufen, wenner sie vom Staat billiger und reiner be-kommt; dafür muß der Staat die illegalenHändler schlicht im Preis unterbieten.Hartwig und Pies schlagen ein staatlichesVersorgungssystem vor, das jedem Zugangzu diesen Stoffen gewährt. Nach dieserKonzeption würde jeder, sofern er ein Re-zept vom Arzt hat, Drogen aus der Apothe-

ke beziehen können. Jeder nicht-staatlicheHandel soll weiterhin verboten bleiben undkonsequent verfolgt werden. Wenn dasstaatliche Angebot billiger ist, werden demSchwarzmarkt die Kunden weglaufen unddieser somit letztendlich ausgetrocknet.Diejenigen, die erstmals Drogen gebrau-chen wollen, also noch kein Rezept besit-zen, müßten zuvor zu einer eingehendenBeratung beim Arzt oder einer entsprechen-den Beratungsstelle, wo sie ausführlichüber die Tragweite ihrer Entscheidung auf-geklärt werden und auf Handlungsalternati-ven hingewiesen werden sollen.Die Entscheidung liegt letztendlich beim po-tentiellen Konsumenten selber, allerdingswerden „die Erstkonsumenten ( . . . ) einemProcedere unterworfen, das sie zu einer be-wußten Entscheidung zwingt."Um jugendlichen Leichtsinn zu vermeiden,schlagen Hartwig und Pies eine Altersgren-ze von 18 Jahren vor, wobei der Staat vorü-bergehend auch Drogen an abhängige Min-derjährige ausgeben sollte.Der Preis für die Drogen soll deutlich unterdem Schwarzmarktniveau liegen, aber zu-mindest doch die Herstellungskostendecken. (Die legalen Herstellungskostenvon Heroin betragen unter 1 % des derzeiti-gen Schwarzmarktpreises.)Nach Auffassung aller Verfechter einer kon-trollierten Abgabe von „harten" Drogen be-stehen die Aufgaben des Staates darin, fürQualitätskontrollen (Reinheitsgarantie) derDrogenprodukte zu sorgen, sowie dafür,daß kein illegaler Handel weiter bzw. neuentsteht, was in seiner Konsequenz eineAufrechterhaltung der Strafe für illegalenDrogenkonsum und -handel bedeutet.Darüber hinaus, so die Autoren weiter, solldie Pflicht für die Konsumenten bestehen,die Drogen unter Aufsicht einzunehmen.Damit möchte man vermeiden, daß Konsu-menten, die ihre Drogenration nicht ganzverbrauchen, den Überschuß an den billigerworbenen Drogen an nicht berechtigteErstkonsumenten weiterverkaufen undsomit einen illegalen Markt aufrecht erhiel-ten.Ein solches System würde zu einer Entkri-

minalisierung und, aufgrund des staatlichen„Reinheitsgebots", zur Verbesserung desGesundheitszustandes der Drogenkonsu-menten führen. Darüber hinaus könntendurch die kontrollierte Einnahme Überdosie-rungen und Krankheitsübertragungen, z. B.von Aids, vermieden werden. Durch all daszusammen werden die heutzutage wichtig-sten Sterbefaktoren, also Unreinheit, Fehl-dosierungen und Krankheitsübertragungenso gut wie ausgeschlossen.Verstärkt wird dieser Effekt durch die ver-gleichsweise niedrigen Preise (bei Heroinschätzt man den Verkaufspreis einer „Ta-gesration" zwischen 10 und 20 DM), die be-stimmte Beschaffungsaktivitäten, wie z. B.Prostitution unnötig machen.Der Vorschlag des Hamburger Senats undder Hessischen Landesregierung kontrol-liert Heroin an schwerkranke Heroinabhän-gige abzugeben, basiert auf der gleichen Ar-gumentation:„Sofern die staatliche Verteilungsorganisati-on sich nicht auf die Ausgabe von Rausch-mitteln beschränkt, sondern diese in derAmbulanz oder Praxis sofort injiziert wer-den, könnte auch das besondere gesund-heitliche Risiko des Mehrfachgebrauchsverschmutzter Spritzen vermieden undsomit ein beachtlicher Beitrag zur Eindäm-mung der Aids-Gefahren geleistet werden."(Freie und Hansestadt Hamburg 1989).Weiterhin wird erwartet, daß sich das Ver-hältnis zwischen Drogenkonsumenten undÄrzten erheblich verbessert und der Dro-genabhängige jederzeit die Möglichkeit hat,sich in ärztliche Behandlung zu begeben, daer keinerlei Zwang zum Entzug oder Pönali-sierung zu erwarten hätte.Die Reform der Drogenpolitik, so Hartwigund Pies, könne durch eine „Zwei-Phasen-Strategie" umgesetzt werden: Zunächstmüsse der Staat die Drogen zu kosten-deckenden Minimalpreisen anbieten, wor-aufhin der illegale Handel und die damit ver-bundene Kriminalität erheblich reduziertwürden. Da der nicht-staatliche Handel wei-terhin verboten bleiben würde, bliebe erdementsprechend illegal und riskant, wor-aufhin die Anbieter hohe Risikoprämien ver-

langen müßten, was bei einem immer klei-ner werdenden Absatzmarkt auf Dauer dazuführte, daß der illegale Händler nicht mitdem staatlichen Angebot konkurrierenkann.Hart und Pommerehne argumentieren ingleicher Weise und prognostizieren ebensoein Verschwinden des Schwarzmarktes:„Es gäbe keinen Schwarzmarkt mehr, dennein illegaler Anbieter würde nur Verlust er-leiden: Würde er einem Probierer auf eige-ne Kosten Rauschgift abgeben, so kann derauf diese Weise süchtig Gemachte pro-blemlos in das staatliche System der kon-trollierten Heroinabgabe überwechseln."So ist die erste Phase primär dazu be-stimmt, den Schwarzmarkt auszutrocknen.Wie lange diese Phase dauert, hängt davonab, wie attraktiv das Versorgungssystem fürKonsumenten ausgestaltet ist und letztlichdavon, wie konsequent der preislich ge-stützte Verdrängungswettbewerb geführtwird. Um den Widerstand illegaler Anbietergegenüber etwaigen einzelnen, privatenHändlern zu vermeiden, sollte, so Hartwigund Pies, in der ersten Phase eine „staatli-che Versorgungsagentur" eingerichtet wer-den, deren „Marktzutritt" durch das staatli-che Gewaltmonopol durchgesetzt werdenkönnte.Ist der Schwarzmarkt, also die Konkurrenzerst zerschlagen, ergibt sich die Möglich-keit, die Minimaipreise für Drogen anzuhe-ben. Viele Autoren schlagen eine „Gesund-heitssteuer" vor, die zur Deckung der Fol-gekosten von Drogenkonsum genutzt wer-den soll, welche bisher der Allgemeinheitangelastet werden. Allerdings hält man Prei-serhöhungen, die über das „Verursacher-prinzip" hinausgehen für problematisch,weil es ja gerade die niedrigen Preise sind,welche die Abhängigen vor Beschaffungs-kriminalität und der damit verbundenen Ver-elendung bewahrt. Deshalb soll der Handelund Vertrieb in der zweiten Phase von eineröffentlich-rechtlichen Genossenschaft über-nommen werden, weil man verhindernmöchte, daß die Ausbeutung der Drogen-konsumenten von seiten illegaler Händlerdurch eine staatliche Ausbeutung ersetzt

wird.Die Vorteile einer öffentlich-rechtlichen Ge-nossenschaft sehen Hartwig und Pies vorallem darin, daß• sie zur öffentlich-rechtlichen Ordnung

gehört und unter der Aufsicht des Staatessteht (vergleichbar mit den Krankenkas-sen);

• die Mitgliedschaft nicht freiwillig ist, son-dern vom Staat erzwungen wird;

• die Kriterien der Zwangsmitgliedschaftper Gesetz bestimmt werden, und

• öffentlich-rechtliche Genossenschaftenrechtliche Zwecke erfüllen.

Die öffentlich-rechtliche Genossenschaftübernimmt in der zweiten Phase die von derstaatlichen Agentur in der ersten Phase auf-gebauten Handelsstrukturen. Jeder, derDrogen auf Rezept bekommen möchte,würde Zwangsmitglied in der Genossen-schaft, also quasi Mit-Eigentümer am„Selbstversorgungssystem".„Es bietet den Vorteil, daß die Drogenab-hängigen, die aufgrund ihrer Sucht großenAusbeutungsgefahren ausgesetzt sind,ihren potentiellen Ausbeuter, die Drogenan-gebotsagentur, selbst übernehmen."Darüber hinaus unterliegen die Genossen-schaften der öffentlich-rechtlichen Aufsichtdurch den Staat und müssen sich daher anvorgegebene Standards, z. B. betreffendder Qualität der Produkte, sowie der Ver-triebsstrukturen etc., orientieren.Die „Gesundheitssteuer" deckt die Kostenab, die für die Drogenvergabe und die medi-zinisch-therapeutische Behandlung notwen-dig sind und entlastet so die Allgemeinheitvon diesen bisher steuerfinanzierten Hilfen.Nach einer Zeit der Einführung könnte mander Genossenschaft die gesamte Finanzie-rung des „Therapiewesens" überlassen.Nach der Ansicht von Pommerehne undHart müssen allerdings noch zusätzlicheMittel aufgebracht werden, die den „Kon-trollapparat" finanzieren. „Um die erforderli-che Aufsicht über die Drogeneinnahme zugewährleisten, ist ein gewaltiger bürokrati-scher Kontrollapparat notwendig, der be-trächtliche Steuergelder fordert [selbstwenn; Ergänzung d. Verf.] (...) es der Öf-

fentlichkeit somit erspart bliebe, für die Ab-gabe der Drogen an Süchtige und für derengesundheitliche Behandlung aufzukommen,müßte immer noch der Kontrollapparat fi-nanziert werden. Diese Kosten ebenfallsden Drogensüchtigen anlasten zu wollen,würde vermutlich neue Beschaffungskrimi-nalität erzeugen."

Zugabe: Konsumbeschränkungen soll es,wie für die legalen Drogen schon üblich, imStraßenverkehr, am Arbeitsplatz und fürMinderjährige geben. Dabei muß man sichder Tatsache bewußt sein, daß solche Be-schränkungen und Kontrollen keinen voll-ständigen Schutz bieten, sondern vielmehrdurch Erziehung, Aufklärung und das Ver-antwortungsbewußtsein des einzelnen zumtragen kommen.

AUSSTIEGSSZENARIEN - SCHRITTEHIN ZUR NORMALISIERUNG

Wenn wir heute für die Legalisierung vonDrogen votieren, werden wir uns vor allembei der Legalisierung von Opiaten „aufeinen langen Weg" einstellen müssen.Jeder, der den jahrelangen Kampf um dieSubstitutionsbehandlung von Heroinabhän-gigen mrt L-Polamidon hier in Deutschlandverfolgt bzw. erlebt hat, der weiß, wovonich spreche.Zum einen müssen wir mit dem entschie-denen Widerstand von den „Kriegsherrenund Kriegsgewinnlern"* des „War on

* Gemeint sind hiermit die Vertreter einer repressi-ven Strategie auf der politischen Ebene - ihnendroht „Gesichtsverlust"; und die Polizei, die durchkeinen anderen Kriminalitätsbereich so sehr ihrepersonelle und technische Aufrüstung und Sonder-befugnisse legitimieren konnte; das mit der Straf-justiz verquickte Therapiewesen, welches jenseitsdes Verbots und bei „freier" Hilfsauswahl der Be-troffenen mit Sicherheit nicht so existieren könntewie heute, d. h. der „freie Therapiemarkt" bringtmit Sicherheit eine Auslese mit sich; und die illega-len Großhändler, die um ihre Haupteinnahmequel-le bangen müssen; und letztlich auch die Pharma-industrie und die Produzenten der legalen DrogenAlkohol und Tabak, denen durch die Illegalität unddem Totalverbot eine „lästige" Konkurrenz vomHals gehalten wird.

Alle Autoren sind sich einig, daß Steu-ern erhoben werden sollen. Schmidt-Semisch und auch einige andere Auto-ren plädieren darüber hinaus, daß dieSteuern nur zweckgebunden eingesetztwerden.Der Drogenkonsument würde seineSteuern als eine Art „Rücklagenbil-dung" bezahlen, mit denen eventuelleFolgeschäden seines Drogenkonsumsaufgefangen werden. Analog dazu wer-den die Steuern für Drogenaufklärung, -information, -beratung, -hilfe, -erziehungetc. eingesetzt.Der wesentliche Vorteil eines solchenSteuersystems wird darin gesehen, daßdie Rehabilitation bzw. Linderung mögli-cher Folgeschäden von den Drogenkon-sumenten zum größten Teil (wenn nichtsogar ganz) selber finanziert werdenund dadurch Nichtkonsumenten vonden Folgekosten entlastet werden. Dar-über hinaus soll die Zweckgebunden-heit der Steuern verhindern, daß diePreise je nach fiskalischem Interessedes Staates hochgeschraubt werdenkönnen.Im Sinne von einer Drogenpolitik solldiese Zweckgebundenheit auch für dieheute legalen Drogen eingeführt wer-den, ein Sachverhalt allerdings, derschon seit Jahren erfolglos von den Ab-stinenzlerverbänden gefordert wird.

Drugs" rechnen, weil sie sich nicht kampf-los zurückziehen und auf ihre Privilegienverzichten werden, d. h. wir werden mitentschiedenen „Meinungsmanipulationen"zu rechnen haben, so daß es zum anderendarum gehen muß, „Akzeptanz" für die„Legalisierungsvision" in der Gesamtbevöl-kerung herzustellen. 25 Jahre Kriegspropa-ganda, gespickt mit Falschmeldungen,Halbwahrheiten und Horrorszenarien gehennicht spurlos vorbei und setzen sich trotzaller Unglaubwürdigkeiten fest im Bewußt-sein, vielfach in dem Sinne, daß das Fixer-elend auf der Straße synonym für Drogen-konsum und -abhängigkeit steht und als un-ausweichliches Ende jeglichen Drogenkon-sums präsentiert wird. Solange die „media-le" Öffentlichkeit kein sichtbares Korrektiv(also nicht-abhängige Drogengebraucher)zum gängigen „Fixerstereotyp" bekommt,wird sich eine Akzeptanz für Legalisierungs-konzepte nur schwer in der Gesamtbevölke-rung verbreiten.Um den Normalisierungsprozeß einzuleitenund zu stützen, ergeben sich im wesentli-chen vier Handlungsstränge, nämlich• die Entmystifizierung von Drogen, Dro-

genkonsum und Abhängigkeit• Ausbau einer differenzierten und bedarfs-

gerechten Drogenhilfe• Entkriminalisierung der Konsumenten

und Entrümpelung des BtmG• Schrittweise Freigabe von Drogen

ZUR FREAKLICHEN AUSBEUTUNGDER 3. WELT

Vom 8.-10.Februar 1980 fand in Amsterdamdie erste und bislang letzte Legaliza Canna-bis World Concerence statt. Eingeladenhatte ICAR, The International Cannabis Alli-ance for Reform, eine obskure Vereinigung,die 1979 einen Beobachterstatus bei denVereinten Nationen erkämpft hatte. Ausmeinem langen Bericht jener Konferenz, dieim HUMUS Magazin veröffentlicht wurde,hier ein Auszug zum Thema Hanf aus derDritten Welt.(Das HUMUS Heft Nr 4 mit dem ganzenBericht gibt es für 13 DM inkl, Porto beimVerlag dieses Buches).

Am nächsten Morgen streife ich erstmal einwenig durch die Stadt um mir Strümpfe zukaufen, you know, wegen diesem einenRaum, wo man sich seine Schuhe auszie-hen muß. Es ist ein strahlender Sonnenmo-rgen. Ich sitze auf einer Bank, vor und hintermir eine Grachte, ich genieße Stadtstim-mung & Morgenjoint, wechsel meineSocken & da kommen Cor und Susanne. Ichkenn ja nur 5 Leute in Amsterdam: da sindzwei, dachten, ich wär ein Penner der gera-de aufsteht, hahaha guter MorgenIm Kosmos Teeraum steht ein TV, auf demdie Vorträge aus dem großen Raum übertra-gen werden. Ich denke, so früh am Morgenschon so viele Leute, haste zum Saal & plat-ze voll in den Höhepunkt aller Vorträge: Dr.Freddie Hickling, Arzt aus dem Krankenhausin Kingston Jamaica. He is it. Er ist unserMann. Er erzählt wissenschaftlich erwiese-nes, von seinen Patienten, Alkoholikern, dieer mit Marihuana behandelt & geheilt hat, erzeigt Dias dazu, ein Bild mit dem von ihmüblich verschriebenen Rezept: Cannabis,taken when necessary. Und dann ist er aufeinmal auf dem politischen Eise & zeigt eine10-mal-die-6.0-Kür. ARE WE GOING TO BERIPPED OFF AGAIN fragt er. Wird die3. Welt wieder ausgebeutet werden, beieiner Legalisierung?? Mit Nachdruck kom-men seine Worte, er hat seine Zuhörer vollmitgenommen... erzählt von dem Dope,das er in Amsterdam für 25 Gulden gekaufthat - es ergab noch nicht einmal einenJoint... und bei ihm daheim ists so gut & bil-lig & seine Frage: Wer verdient denn all dasGeld, wenn hier ein Aufschlag von 1000%draufhängt! Wer verdient dieses Geld?Doch sicherlich nicht die Erzeuger, nicht dieMenschen in der 3. Welt... das schlägt einwie ein Kilo Gras im Affenkäfig. Dr. Hicklingbringt eine ganze neue Dimension ins Spiel:die Erzeuger. War schon vielen aufgefallen,daß kaum Dealer da sind, so denkt dochkaum ein Hanfverzehrer an die Erzeuger.außer die stolzen Eigenanbauer. Da posaunt

man aus: eine Weltkonferenz über Cannabis& die Erzeuger fehlen. Niemand aus Afgha-nistan, Nepal, Columbien, Marokko, aus denLändern in denen Haschisch - Legalisierunghin oder her - ein äußerst wichtiger ökono-mischer Faktor ist, Ländern, in denen Hun-derttausende vom Anbau des Cannabisleben. Sie haben hier keine Vertreter. Um sostärker tritt unser Mann aus Jamaika auf:Wir sollten uns nicht der Illusion hingeben,daß wir die Legalisierung herbeiführen wür-den. Er zeigt ein Bild von dem Mann, der dieSklaverei seinerzeit abgeschafft hat. EinWeißer. Hahahahaha, diese Lachkrämpfe,nicht Krämpfe, nein, befreiende Lachsalvensinds, die Freddie Hickling häufig losläßt.Mit diesem Weißen, das muß wohl ein Irr-tum gewesen sein, meint er, denn dieSchwarzen haben durch ihren Kampf dieSklaverei abgeschafft. Das leuchtet ein.Und nun zum Hanf: Junge Leute überall aufder Welt bauen nun selber an - und beutendadurch wieder die 3. Welt aus, denn sienehmen den traditionellen Hanfbauern dieArbeit weg. Klarer Fall. Außerdem gehörtGanja nach Jamaika, da wächst es am be-sten... und man ist selber schuld, wennman eigenes anbaut & sich nicht das gutewahre echte aus Jamaika besorgt.Diese Arten der Ausbeutung werden einEnde haben, nach der Legalisierung, wennsich die 3. Welt Länder zu einer DOPEC zu-sammenschließen. Dann werden die Welt-marktpreise endlich vom Erzeuger festge-legt. Der liebe Doktor, ein sichtbarer Rasta-farian, redet mit einer Inbrunst, Menschlich-keit & Wärme, es zieht mir die Socken fastaus. Zumal er ganz meine Meinung vertritt:hab ich doch noch nie eine Hanfpflanze an-gebaut, da ich finde, das soll man den Fach-männern überlassen.Allein wie der das Wort MONEY ausspricht,macht ihn sympathischer als viele andereder Anwesenden. A Highlight, really. Purelove to vou Freddie. l & l smoke one for you.Der Doktor geruht ab und an überzeugendLustiges von sich zu geben. Von wegen derDOPEC, wir Europäer sollten nur anbauen.Man wüßte ja noch aus vergangenen Zei-ten, daß hier auch mal die Kartoffel und Kaf-

fee unter Todesstrafe standen. Aber so sehrwir uns auch bemühen würden Hanf zupflanzen, der bei ihm daheim sei einfachbesser. Ganja, man! Das wäre so wie mitden Havanna Zigarren. You don't have to dothis work, we know it better... und: l'm notprepared to speculate... l'm on the spiritualside. Er erzählt von den Leuten in Jamaika,die liebend gerne die Hälfte des Landes, dasmit Zuckeranbau bedeckt ist, befreien &statt dessen Cannabis anbauen. Allerdingsgehört dieses Land nicht den Jamaikanern,nein, ausländischen Zuckerfabriken. Wiedereinmal erzielt er Einmütigkeit: Hanf stattZucker. Und noch eine Bitte von ihm: nichtimmer „Droge" sagen, HERB ist das Wort.Herb ist not to be high. Herb is not to getstoned. Herb is a brother.

Damals nannte ich diese Art der Ausbeu-tung 'freaklich', da ein Großteil des in den'60er und '70er Jahren bei uns gerauchtenHaschisch durch Hippies etc. ins Land kam.Heute müßte man den aktuellen Tatbestandwohl als 'mafiöse' Ausbeutung bezeichnen.

DIE HANF + FUSS-UMFRAGE

Jung und altIn Sachen Alter gibt es in den vorliegen-den Studien zum Hanf-Konsum ein inter-essantes Phänomen: Fast alle Studienbeziehen sich ausschließlich auf die Al-tersgruppe der bis 25-, höchstens 30jähri-gen. (In diesem Alter hat übrigens kon-stant ungefähr ein Viertel Erfahrungenmit Hanf.) Diese Einschränkung geht of-fenbar davon aus, es werde vorzugswei-se in dieser jungen Altersgruppe Hanfkonsumiert.Unsere Daten zeigen ein anderes Bild:Von den Hanf-KonsumentInnen, die un-seren Fragebogen ausgefüllt haben, sindfast die Hälfte über 30 Jahre alt, zwölfProzent sogar über 40. Dieses Verhältngilt übrigens für Deutschland und dieSchweiz und für Männer und Frauen(Abb. 4). Das bedeutet nicht unbedingt,daß tatsächlich die Hälfte aller Hanf-Kon-sumenten die Dreißig überschritten hat -wir müssen davon ausgehen, daß beiden jungen Konsumenten die Neigung,einen Fragebogen auszufüllen, etwas ge-ringer ist als bei den etwas älteren. Den-noch ist es klar, daß wir uns von der Vor-stellung verabschieden müssen, dieHanf-Kultur sei ein reines Element derJugend-Kultur.Wohl erfolgt der Einstieg in die Hanf-Kul-tur - wie wir noch sehen werden - in allerRegel in jungen Jahren. Wie die zuneh-menden Outings in Sachen Hanf-Kon-sum zeigen, gibt es einen großen Teilvon Ausprobierern, denen Hanf nichtssagt und die es deswegen nach wenigenVersuchen auch wieder lassen. Ein Teiljedoch bleibt bei diesem Genußmittelund bleibt ihm treu, auch in zunehmen-dem Alter. Da dieses Phänomen bereitsEnde der Sechziger Jahre begann, ist esnur natürlich, daß es mittlerweile auchviele bereits etwas in die Jahre gekom-mene Hanf-Konsumentinnen und -Kon-sumenten gibt.

Bildung und BerufHanf-Konsumenten stehen im Berufsle-ben, jedenfalls rund zwei Drittel vonihnen. Vom restlichen Drittel steckt dergrößere Teil noch in der Ausbildung(22 %), während 10 % sich als „nicht be-rufstätig" bezeichnen, allerdings: Nichtalle stehen voll im Berufsleben: Von allenBerufstätigen arbeitet ungefähr jede(r)Dritte teilzeit - das ist wesentlich mehrals im Bevölkerungs-Durchschnitt derdeutschsprachigen Länder.Klar wird durch diese Zahlen, daß dieHanf-KonsumentInnen nicht, wie es inmanchen Horror-Szenarien immer nochin den Köpfen rumschwirrt, eine Hordevon faul rumhängenden Aussteigernsind, sondern im normalen Leben ste-hen. Das wird ihnen dadurch erleichtert,daß sie einen guten Schulsack mitbrin-gen: Ungefähr die Hälfte unserer Befrag-ten hat Abitur!Nun mögen böse Zungen einwenden,das läge daran, daß man Abitur ge-braucht habe, um den Fragebogen aus-zufüllen, doch das wäre wirklich eine Ver-leumdung, denn es gibt auch Schulab-gänger ohne weiterführende Qualifizie-rung, die es gschafft haben, wie Abbil-dung 5 zeigt.Daß die Abiturienten-Quote in Deutsch-land wesentlich höher liegt als in derSchweiz, hat zwei Gründe: Zum einengehen in Deutschland insgesamt wesent-lich mehr Leute aufs Gymnasium, zumanderen hat sich der Schneeball-Effektder Fragebogen-Verteilung in Deutsch-land stärker auf das studentische Milieuin den (großen) Städten konzentriert alsin der Schweiz.Trotz solcher Ungewißheiten gilt: In bei-den Ländern sind die Hanf-Konsumentin-nen deutlich überdurchschnittlich gut ge-bildet.

Einen überdurchschnittlichen Wert fin-den wir bei den Hanf-Konsumentlnnenauch, wenn wir die Berufstätigen unterihnen nach ihrer beruflichen Stellung fra-gen: Während in der Gesamtbevölkerung

ungefähr ein Zehntel nicht als Angestell-te(r) arbeitet, sondern selbständig, sindes bei den Angehörigen der Hanf-Kultur22 Prozent (Abb. 6). Und auch wenn wirmit Interpretationen vorsichtig sein wol-len, so ist doch auffällig, daß der Genußvon Hanf und das Bedürfnis nach Auto-nomie, nach Selbständigkeit im Beruf,offenbar gut zueinanderpassen, ja mit zu-nehmendem Alter der Konsumentinnenfast Hand in Hand gehen. Das könnte einSchlüssel für die Frage nach den Motivendes Hanf-Konsums sein.Ob selbständig oder angestellt, wie diegroße Mehrheit auch der Hanf-Konsu-mentinnen und -Konsumenten, gearbei-tet wird von unseren Befragten. Undzwar in allen möglichen und unmögli-chen Berufen. Da manchmal die direktenFakten eindrücklicher sind als dürre Zah-len, haben wir sämtliche Berufs-Bezeich-nungen, die in unserem Fragebogen auf-getaucht sind, gezählt und alphabetischgeordnet.Wenn Sie diese Berufs-Liste überfliegenund nicht wüßten, worum es geht, könn-te es ebenso gut die Teilnemer-Listeeiner Volkshochschule oder das Mitglie-derverzeichnis eines Tennis-Clubs sein.Hanf-Liebhaberinnen sind also überall inder Gesellschaft zu finden. Sie sind allesandere als Outsider, sondern gut gebilde-te normale BürgerInnen.Das ist ein enorm wichtiger Befund: DieHanf-Kultur ist keine Sub-Kultur mehr.Sie wird vielmehr getragen von Men-schen, die außer der Vorliebe für ein be-stimmtes Genußmittel nichts von den an-deren unterscheidet.

Hanf-Konsum: (K)ein teurer Spaß?Obwohl Hanf-Produkte durch die Mecha-nismen des Schwarzen Marktes wie an-dere verbotene Substanzen künstlich teu-rer gemacht werden, erwächst aus demHanf-Konsum kein Zwang zur Beschaf-fungs-Kriminalität, denn selbst der inten-sivste Konsum verursacht keine Kosten,die nicht prinzipiell mit ehrlicher Arbeitaufzubringen wären. Wo die monatlichen

Ausgaben für Hanf gegen SFr/DM 1000,-gehen, handelt es sich bereits um Ex-tremfälle. Ein intensiver, sprich täglicherKonsument wendet im Schnitt etwa 200,-pro Monat für seinen Stoff auf, ein nicht-täglicher Konsument höchstens 100,-(Abb. 12).Da angesichts der Konsumenten-Zahlensomit die Gesamt-Jahres-Umsätze mitHanf allein in der Schweiz schnell einendreistelligen Millionenbtrag erreichen,läßt sich leicht ausrechnen.Daraus wächst ein kommerzielles Inter-esse, und das wiederum produziert of-fensichtlich ausreichende Vertriebs-kanäle, die allerdings längst nicht immerfeste Strukturen haben: Ungefähr dieHlfte der Befragten organisiert „mal da,mal dort" etwas, vermutlich nicht immerganz freiwillig. Vielmehr würde sich, fallsGelegenheit geboten wäre, sicher man-che(r) von den Herumhüpfern lieber insLager derjenigen Konsumenten bege-ben, die bereits über einen festen Liefe-ranten verfügen. Es sind dies bereitsheute mehr als ein Drittel (Abb. 13).

Ein bißchen MarktforschungMarktforscher wollen immer wissen:Was wird wie konsumiert? Wo undwann? Mit wem und was zusammen?Und natürlich haben wir uns als neugieri-ge Menschen dieselben Fragen gestellt.Also: Welche Hanf-Produkte werden inwelcher Form konsumiert?Trotz der Aufholjagd von Gras (Marihua-na) aus aller Welt und vor allem von ein-heimischem Gras ist das Hanf-Harz, alsoHaschisch, nach wie vor das am weitausbeliebteste Hanf-Produkt. Haschisch-Ölhat sich nicht durchgesetzt.Ähnlich klar sind die Verhältnisse auchbei den Konsum-Formen: Erst kommt derJoint und dann lange nichts mehr. Im-merhin gibt es eine beachtliche Pfeifen-Fraktion, und auch die gelegentlichenLiebhaber der oralen Verabreichung viaKuchen oder Tee sind keine ganz rareSpezies.Die wahren Hochblüten der Hanf-Kultur

werden jedoch - wie bei jeder Kultur -von einer kleinen, aber feinen Minderheitgepflegt: Das Rauchen des puren Stoffsohne Tabak-Beimischung. Das Rauchendurch exotische Formen der Rauchauf-nahme, etwa aus Wasser- oder gar Erd-pfeifen. Oder aus Geräten mit so geheim-nisvoll klingenden Namen wie Kabumoder Chillum (Abb. 16).Wir sehen: Haschisch in Zigaretten-Form(Joint) ist die beliebteste Art, Hanf zukonsumieren, doch zusätzlich besteht dieHanf-Kultur aus einer ganzen Reihe inter-essanter Arten und Formen des Genus-ses.

Das Buch UNSER GUTES KRAUT mitden kompletten, kommentierten Ergeb-nissen der Umfrage HANF & FUSS ist inder Reihe RauschKunde als Joint Venturedes Nachtschatten Verlages und WernerPieper's MedienXperimenten erschienen.

ORWELLS KINDER

Crystal Grendel (11 Jahre) war vom Dro-genaufkfärungs-Unterricht in ihrer Schu-le in Searsport, Maine, tief beeindruckt.Sie verpfiff ihre Eltern, outete sie denstaatlichen Autoritäten als Kiffer. Zwarwanderten die Eltern nicht wie bei denNazis in ein Konzentrationslager, aberdie Folgen für alle Beteiligten warenverheerend. Der Vater erhielt ein JahrGefängnis auf Bewährung, die Mutterverlor ihren Job an einer Schule. Dieganze Familie erlitt einen tiefgreifendenemotionellen Schock. Am ärgsten be-troffen aber war das Kind. Ehemals einegute Schülerin, stürzte sie leistungs-mäßig ab. Jedesmal wenn sie ein Poli-zeiauto sieht, wird sie paranoid. "Niewieder würde ich meine Eltern verra-ten. Nie wieder. Nie!"Die staatlich initiierte Petzerei von Kin-dern gegen ihre Eltern wird durch einRegierungsprogramm namens DAREprovoziert, das an Schulen fast alleramerikanischer Bundesstaaten zumEinsatz kommt.

Wall Street Journal, 20. April 1992

WOLFGANG NEUSS -DER VORRAUCHER DER NATIONEine Widmung

Anfang der 70er zog er sich in eine leereWohnung zurück - kein Kabarett, keineFilme, keine Auftritte mehr. „Wie werde ichunbekannt?", lautete sein Programm. Wasder Neuss denn mache, wo er steckte, daswar wie die Zeit 1974 formulierte, „jahre-lang die nationale Frage". Deutschlands Ka-barett-Schnauze Nr. 1 war abgetaucht. FürMedienskandale - einst eine Spezialität desWolfgang Neuss - sorgte in dieser Zeit al-lenfalls sein Aussehen, das die Journailledann und wann unter „zahnloses altesWeib", „Indianersquaw" usw. ausschlach-tete.Zurückgeholt in die Öffentlichkeit wurdeNeuss von Leuten, die während der Hoch-Zeiten seiner Popularität in den Fünfzigernund Sechzigern noch in den Kinderschuhensteckten. Werner Pieper veröffentlichte1979 ein langes Interview in seinem Ur-Ökomagazin Humus, der KreuzbergerStechapfel-Verlag brachte Anfang der Acht-ziger Neuss'sche Statements über Hausbe-nutzer („Das sind keine Besetzer, die benut-zen doch nur etwas, was ungenutzt rum-steht") auf Kassette heraus - und wir woll-ten von ihm gern eine wöchentliche Kolum-ne für die taz. „Wenn ich für euch schreibensoll, bedeutet das, daß du mindestens zwei-mal die Woche hier vorbeikommen mußt -zuerst das Thema besprechen, den neue-sten Klatsch berichten und dann den Textabholen und das Geld vorbeibringen. Undnatürlich hier mit mir sitzen und rauchen."Letzteres stellte sich zu Anfang als die größ-te Schwierigkeit dar, denn in jedem einzel-nen der Neuss'schen Joints steckte dieganze Wochenration eines Normalverbrau-chers. Oft schon nach wenigen Zügen däm-merten die Besucher völlig entspannt vorsich hin, während Neuss mit jeder neuenTüte wacher, witziger, spritziger wurde.Außer einigen indischen Sadhus, die ihrenGott Shiva durch rituelles Hanf-Rauchenverehren, hat wohl selten jemand im

Abendland dem holy smoke in solchenMengen und mit solcher Meisterschaft zu-gesprochen. Eine Leistung, die zum siebzig-sten Geburtstag nicht unerwähnt bleibensoll, gerade weil sie gesellschaftlich nichtanerkannt ist. „Ich rauche den Strick, andem ich hängen würde" - Hanf war fürNeuss die Medizin, mit der er sich von jahr-zehntelangen Alkohol- und Tablettenexzes-sen kuriert hat. Und mit der er, auf demBoden im Schneidersitz, mal wieder zwi-schen allen Stühlen hockte: Als Schlachter-geselle schoß er sich 1943 im Schützengra-ben einen Finger ab („... eine gute Frie-densbewegung"), um wehruntauglich imLazarett Witze erzählen zu können; als Film-star und Publikumsliebling der Adenauer-Ära machte er sich mit scharfer politischerSatire unmöglich, als wortgewaltige Ein-Mann-Opposition und Apo-Unterstützer ver-prellte er Aktivisten und Kader mit seinemAusstieg ins Private. „Ich konnte meinen ei-genen ekelhaften Ton, dieses dauernde Pro-testieren, nicht mehr hören."Neuss betrachtete seinen Abgang nicht alsAusstieg, sondern als Einstieg in eine höhe-re Ebene. „Schreiben, Sprechen, Schwei-gen" - so hat er (mit Tucholsky) die Ent-wicklungsstufen geistiger Produktion skiz-ziert. Um derart hehre, asketisch-ekstati-sche Programme sogleich wieder vomSockel zu holen: „Heut' mach' ich mir keinAbendbrot, heut' mach' ich mir Gedanken."„Das paradoxe Interesse an dem verfrühtenAussteiger hält an", notierte der Spiegel1983 zum 60. Geburtstag - doch nicht dasInteresse war paradox (denn Witzbolde inDeutschland ließen und lassen sich perHand abzählen), es war das Interesse aneinem Paradox: einer Präsenz, die sich un-unterbrochen abschaffte, einem Wahr-sager, der sich dauernd widersprach, einemKomiker, der Ernst machte mitten im Spaß,einem stand-up-philosopher, der Wahrheitund Weisheit stets mit hundsgemeinerPosse in Frage stellte - ein Kyniker, wie ernicht im blutarmen akademischen Buchesteht, sondern wie er leibte und lebte: Dio-genes von Charlottenburg.„Nur wer sich ändert, bleibt sich treu" -

nicht nur Wolf Biermann, der Neuss seineersten BRD-Auftritte verdankte, auch vieleandere alten Freunde konnten (oder woll-ten) die radikalen Änderungen nicht nach-vollziehen, mit denen Neuss sich bis zumEnde treublieb. Zahnlos, aber bissig, rau-schumwölkt, aber auf dem Punkt und blitz-gescheit, als Vor- und Nachdenker, Abfahrerund Anmacher, als kleines, aber konstantesöffentliches Ärgernis. Die Talk-Show, zu derer sich 1983 nach über einem Jahrzehnt TV-Abstinenz überreden ließ, wurde zwar alsbeste Live-Sendung des Jahres ausgezeich-net, was er dem Regierenden „Ritchie"

(v. Weizsäcker) dort erzählte („Auf deut-schem Boden darf nie wieder ein Joint aus-gehen!"), brachte ihm später eine Haus-durchsuchung und Verurteilung wegen Ha-schisch-Besitz ein. Nur sein Krebsleidenverhinderte, daß auch die zur Bewährungs-auflage gemachten Urinkontrollen erzwun-gen wurden - so ging man um in Berlin mitdem letzten Exemplar einer seit dem Mai1989 nun völlig ausgestorbenen Art: der dis-sidenten Berliner Schnauze mit Herz undHirn.„Der Geist stirbt nicht. Wir leben immer.Ende der Durchsage! " (Mathias Bröckers)

Diese Edition des GRÜNEN ZWEIGES ist eine Reaktion auf den Mauerfall 1989.Es ist uns klar, daß wir mit unserem Programm, unserem Aussehen und unserertäglichen Praxis für NeuBundesrepublikaner kaum begreifbar sind. Großgewordennach dem Krieg, umerzogen durch amerikanische Re-Education, die sich durchRockmusik und Psychedelik verselbständigt hat, erschienen wir, anarchistischeHippies mit spiritueller Selbstverantwortung, schon in der alten BRD wie Mutanten.So haben wir uns entschlossen, eine kleine, feine Edition grundlegender Texteunserer Kultur, mit besonderem Gewicht auf bewußtseinserweiternde Methoden,herauszugeben.VON UND FÜR MUNTERE MUTANTEN UND KREATIVE CHAOTEN.Kostengünstig (nur für Buchhändler sind 5-Mark-Produkte ein Greuel, sie erzählenoft, daß es den Verlag nicht mehr gibt, die Publikation vergriffen sei etc., weil sie andiesen Heften nichts verdienen), auch direkt beim Verlag zu beziehen.Die Edition RE/EDUCATION erscheint als SubSerie des GRÜNEN ZWEIGES alsA JOINT VENTURE mit dem Nachtschatten-Verlag aus der Schweiz.

39 TIMOTHY LEARY: Neurologic*80 TIM LEARY (Hrsg.): Höhere Intelligenz & Kreativität

125 TONY BÜHRER: Haschisch Studie135 TERENCE McKENNA: Plan - Pflanze - Planet138 TIM LEARY: Zur Kriminalisierung des Natürlichen150 ALBERT HOFMANN: Naturwissenschaft u. mystische Welterfahrung158 RALPH METZNER: Sucht und Transzendenz160 ALEXANDER SHULGIN: Drogen/Politik161 BILL LEVY: Politische Pornos163 MCKENNA/PIEPER: Die süßeste Sucht, Zucker als Killerdroge*167 TIM LEARY: Das GeneRationenSpiel**168 PAUL WILLIAMS: Über Philip K. Dick

In der neuen Reihe EDITION RAUSCHKUNDE:

Pieper/Davis: Die psychedelischen BeatlesMinisterium für Gemeinwohl: Die niederländische DrogenpolitikBundesgesundheitsministerium: Das neue BetäubungsmittelgesetzF. v. Bibra: Haschisch Anno 1855

Alle Hefte jeweils 28-36 Seiten, je 5 DM (außer * 64 Seiten, 10 DM, ** 44 Seiten,7 DM) plus 2 DM Porto pro Bestellung. Unseren prallen Gesamtkatalog mit vielenBüchern, Cassetten, Stempeln, Videos etc. gibt's gegen 2 DM in Briefmarken bei: