das coase-theorem und politische märkte
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I. Einleitung II. Politische Verhandlungen und Politik-Markt Meta-
phernA. Kollektive Entscheidungsfindung und das poli-
tischeCoase-TheoremB. Ein Mann, eine Stimme und die Rolle von
StimmentauschC.DieGrenzenpolitischerMärkteD. DieDurchsetzungpolitischerVerhandlungenE. Themenbündelung und die Einschränkung von
politischenVerhandlungenF. KollektiveHandlungsproblemeunddasVersagen
vonpolitischenVerhandlungenG.AgencyProblemeunddaspolitischeVerantwort-
lichkeits-DilemmaIII. Schlussbetrachtung
Abstract: BasierendaufneuesterLiteraturaufdemGe-biet der Public Choice Theorie (Neue Politische Öko-nomie),nimmtdieserArtikeldieDiskussionumPolitik-Markt Analogien wieder auf. Nach der Identifikationeiniger Unterscheidungsmerkmale zwischen MärktenundPolitik,beschäftigtsichderArtikelmitderRollevonStimmentauschinderpolitischenVertretung.Dabeiwer-deneinigeAnforderungenandieCharakteristikaeineshypothetischenMarktesfürpolitischenKonsensformu-liert. Diese Überlegungen sollen dazu dienen, die Ein-schätzungdernormativenImplikationenderKommodi-fizierungvonpolitischemKonsenszuvereinfachen.
Deskriptoren: Agency Probleme; Coase-Theorem; Mög-lichkeitstheorem von Arrow; Public Choice Theorie;Stimmenhandel;Stimmentausch;Transaktionskosten.
I. Einleitung
InLaufedesneunzehntenJahrhundertsführtendieaufgeklärten Ideale von demokratischer Entschei-dungsfindungunddieDynamikderpolitischenGo-vernancezueinerVeränderungderKonzeptiondesGesetzesrechts.DieIdealederdemokratischenGe-setzgebungersetztennachundnachdashistorischeKonzeptvonGesetzesrechtalsdieNiederschriftvonGesetzenmithöheremoderälteremUrsprung.Ge-setzewurdennichtlängeralsAusdruckvonbereitsvorhandenen natürlichen oder fundamentalenRechtengesehen,sondernwurdeneherdieprimäre,wennnichtsogareinzigeQuelleindividuellerRech-te.GesetzewurdennichtmehrvomSchutzindivi-duellerRechteabgeleitet,vielmehrwurdenRechtevon Gesetzen abgeleitet. Gesetzgebende Körper-schaftenschufenGesetze,anstattbereitsvorhande-
ne Werte oder rechtliche Normen anzuerkennen.Dieser Paradigmenwechsel gab dem „Prozess“ derkollektivenEntscheidungsfindunginsoweiteinhö-heres Gewicht, als das Ergebnis in den gesetzge-benden Körperschaften streng von den gewähltenVerfahrensregeln bestimmt war. Abgesehen voneinigen minimalen konstitutionellen Einschrän-kungen der Gesetzgebung, handelt die nationaleLegislativealssouveränegesetzgebendeGewalt,dieihreeigenenVerfahrensregeln festsetzt.Solchun-eingeschränktegesetzgebendeMachtwirdkonstitu-tionellundpolitischdurchdievermeintlicheFunk-tiondergesetzgebendenOrganealsgewissenhafteSachwalterundpolitischeVertreterdesVolkesge-rechtfertigt.DieseIdealebestehentrotzderzube-obachteten Schwächen der demokratischen Ent-scheidungsfindung undderpolitischenVertretunginderGesetzgebungfort.
II. Politische Verhandlungen und Politik-Markt Metaphern
DurchdieBrillederPublicChoiceTheoriebetrach-tetgelangesWissenschaftlern,AufmerksamkeitaufdieGrenzenderVertretungsmechanismenimpoli-tischen Prozess zu lenken. Zwei spezifische Ein-schränkungen traten in der Literatur der PublicChoice Theorie sowie der Social Choice Theorie(Theorie der sozialen Wahlhandlungen) zutage.�)Zunächst zeigt sich inderPublicChoiceTheorie,dasspolitischeVertreterdieSachwalterihrerWäh-lersind.BeipolitischerVertretungtretenjedochoftdurchdringendeAgencyProblemeauf.DieKorrek-turdieserProblemebedarfderWahlkollektiverEnt-scheidungsfindungsprozesse, welche die Abglei-chung der Anreize von politischen Vertretern mitjenen der repräsentierten Staatsbürger fördern,oder aber der effektiven Überwachung politischerSachwalter und der Zurechenbarkeit von Hand-lungen.AgencyProblemedieserArttretenbeipoli-tischerVertretungnichtauf,wenndieAnreizeef-fektivabgeglichensind.EingroßerTeilderPublicChoiceundderConstitutionalDesign(Verfassungs-design) Literatur beschäftigt sich mit der Abglei-chungvonAnreizenundAgencyProblemen.
�) Riker, Liberalismagainstpopulism:aconfrontationbetweenthetheoryofdemocracyandthetheoryofsocialchoice(�982).
JournalfürRechtspolitik�5,�06–��3(2007)DOI�0.�007/s00730-007-0�73-4PrintedinAustria,©Springer-Verlag2007
Francesco Parisi
Das Coase-Theorem und politische Märkte
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Zweitens kann Politik auch ohne Agency Pro-blemealsderRahmenfürVerhandlungenzwischenverschiedenenpolitischenSachwaltern inderGe-sellschaft gesehen werden. Dieser Sicht der poli-tischenMärkte liegtdieAuswahladäquaterKrite-rien zur Aggregierung individueller Präferenzenzugrunde.DieFrageindiesemKontextist,obpoli-tischeVerhandlungenzueinemerfolgreichenKon-senszwischendenverschiedenenpolitischenGrup-pen führenkönnen, sodassdiepolitischenErgeb-nisse legitimer Weise und unzweideutig als der„WilledesVolkes“bezeichnetwerdenkönnen.WiedieSocialChoiceLiteraturoftbetont,gibteskeineGewissheit, dass die Mechanismen der Gesetzge-bung auf die zugrunde liegenden Präferenzen derIndividuenderGesellschafteingehen.Diesistsogardann der Fall, wenn wir eine Welt mit perfekterAnreiz-Abgleichung zwischen politischen Vertre-ternundvertretenenStaatsbürgernbetrachten(dhsogardannwennwirdavonausgehen,dasseskeineAgency Probleme in der politischen Vertretunggibt).
A. Kollektive Entscheidungsfindung und das politische Coase-Theorem
Andere Grenzen freier politischer Märkte werdenbeiderBetrachtungderPublicundSocialChoiceTheorien sichtbar. Eine der wichtigsten Erkennt-nisse aus der Social Choice Theorie ist, dass dieKorrelationzwischendenPräferenzenundderletzt-endlichenAuswahlfürGruppengeringeristalsfürEinzelne.2) Gemäß dem Möglichkeitstheorem vonArrow�)mageswirklichzuvielverlangtsein,dassMethodenderkollektivenEntscheidungsfindungzu-gleichrationalundegalitärsind.Arrows Theoremzeigt,dass gesellschaftlicheEntscheidungen–dasheißt politische Entscheidungen und Praktiken,welchevoneinerbestimmtenGesellschaftgetroffenbzwangewandtwerden–perdefinitionemwenigs-tenseinesvonsechsoffensichtlichenAxiomendernormativenpolitischenTheorie verletzenmüssen.DiesesechsAxiomewerdenallgemeinbeschriebenals:Wahl,Universalität,Einstimmigkeit,Ausschlussder Diktatur, Unabhängigkeit von irrelevanten Al-ternativenundRationalität.ArrowsFolgerungstellteine dramatische Bedrohung für die Legitimitätpolitischer Entscheidungen dar. Die Beobachtung,dassdieWahrscheinlichkeitzyklischerMehrheitenabnimmt, wenn die Anzahl der mit der Entschei-dungsfindung betrauten Personen die Anzahl derWahlmöglichkeiten übersteigt, beeinträchtigt diepraktische Relevanz von Arrows Analyse nicht.DiesistzumindestdannderFall,wenndieAnwen-dungaufpolitischeProzessemiteinergroßenAn-
2) Shubik, Game theory in the social sciences: con-ceptsandsolutions(�982)�24.
3) Arrow, Socialchoiceandindividualvalues(�95�).
zahlvonEntscheidungsfindern,welchesichinner-halb einer beschränkten Anzahl von Interessens-gruppen mit Gruppenabstimmung befinden, er-folgt.
DasKernstückvonArrowsTheorembesagt,dasseskeinenicht-diktatorischenRegelnoderVerfah-renfürkollektiveEntscheidungsfindungengibt,wel-chedieaggregiertenPräferenzenderWählerwider-spiegelnundwelchezueinemkonsistentenGesamt-ergebnis führen.DieausdemTheoremgezogenenSchlussfolgerungen lassen auf die Existenz zykli-scher Mehrheiten schließen, welche einen belie-bigenschongefasstenBeschlussaufhebenkönnen.WennesallenWählererlaubtist,inbindendeAb-machungen über das von der MehrheitskoalitionfestgesetztepolitischeErgebniszutreten,sinddiekollektivenPräferenzenlautParisi4)ineinemein-dimensionalenpolitischenRaumtransitiv,solangedieindividuellenPräferenzeneingipfeligsind.DieseEinsicht steht imGegensatzzur traditionellenEr-kenntnisderPublicundSocialChoiceTheorie.5)
DerGroßteilderLiteraturüberdieAuswirkungenvon Stimmentausch und Stimmenhandel auf dieStabilitätpolitischerProzessebeschäftigt sichmitKoalitionsverhandlungen, im Zuge welcher Aus-gleichszahlungen nur gemacht werden, um in dieMehrheitskoalition eintreten zu können (und vonjenen außerhalb der Mehrheit keine Ausgleichs-zahlungen vorgenommen werden). Die politischeRealitätunterscheidetsichjedochoftvondervonWissenschafternbetrachteten.Verhandlungensindjedenfalls auch zwischen Mitgliedern von Minder-heits- undMehrheitsparteien erlaubt,wobei es zuAbtäuschen zwischen allen Koalitionen kommt.WennwirVerhandlungenundAusgleichszahlungenmehrPlatzeinräumenundwennwirbindendeunddurchsetzbarepolitischeÜbereinkünftequerdurchKoalitionenbetrachten,kämenwir zuResultaten,welchesichrelativstarkunterscheidenwürden.6)
B. Ein Mann, eine Stimme und die Rolle von Stimmentausch
IntransitivitätkannzuSituationenführen,inwel-chenkeinstarkerpolitischerKonsensübereinbe-stimmtesThemaerreichtwird.Intransivitätimpli-ziert, dass eine andere Reihenfolge im Entschei-dungsfindungsprozess das Ergebnis beeinflussen
4) Parisi, Themarketforvotes:Coasianbargaininginan Arrovian setting, George Mason University Law Re-view6(�998),745.
5) Bernholz, Logrolling, Arrow-paradox and cyclicalmajorities, Public Choice �5 (�973), 87ff; Miller, Log-rolling, vote tradingand theparadoxof voting: a gametheoretical overview, Public Choice 30 (�977) 5�;Schwartz, Collective choice, separation of issues andvote trading, American Political Science Review 72(�977).
6) Parisi,PoliticalCoasetheorem,PublicChoice ��5(2003),�ff.
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kann. Jede siegreiche Koalition kann durch dieWiedereinführung einer Alternative untergrabenwerden, welche zuvor schon abgelehnt wurde. DadieStrukturdesWahlprozessesdieUntersuchungderIntensitätderWählerpräferenzennichtvorsieht,können die Zyklen im Abstimmungsprozess nichtdurchbrochenwerden.DasErgebniswirdwillkür-lich von der Reihenfolge der Anträge bestimmt,ohneGarantie,dassdasschlussendlicheResultatzueinemhöherenNiveauansozialerWohlfahrtführtalsjenerLevel,welcherpotentielldurchirgendeineandereabgelehnteStrategieerreichtwordenwäre.DasUnvermögendesdemokratischenProzesses,dieIntensität der Wählerpräferenzen zu erfassen, isteinNebenproduktdesallgemeinanerkanntenPrin-zips,dassjedesIndividuumimBesitzvonnureinerWahlstimmeist.DieeinMann–eineStimmeRegelwird dadurch erklärt, dass die einzelnen Wählernicht mit den Opportunitätskosten ihrer Stimm-abgabe konfrontiert sind. Egal ob ihre Präferenzstark oder schwach ist, werden die Wähler ihreStimmezugunstenihrerbevorzugtenOptionabge-ben. Sogar wenn die Wahl speziell gestaltet wäre,sodassesdenWählernmöglichwäredieIntensitätihrerPräferenzenzuerkennenzugeben,könntedieWahl unmöglich diese Intensität erfassen. Ohneeinen Mechanismus, welcher die wahre IntensitätihrerPräferenzenherausfiltert,würdendieeinzel-nenWählerdazuneigen,ihrePräferenzenzuüber-schätzen,umdieWirkung ihrerStimmezumaxi-mieren.
DieDemokratieverleihtjederStimmedasgleicheGewicht, unabhängig davon, wie stark die Emoti-onen eines Wählers zu einem bestimmten Themasind.DaherhabennumerischgleicheGruppendiegleichepolitischeStimmkraft.IstdieVerteilungvonEmotionen zu einem bestimmten Thema jedochasymmetrischundhatdieMinderheitstarkePräfe-renzen, wird das Ergebnis ineffizient sein. Indemdie Möglichkeit zu Verhandlungen und Stimmen-handelgebotenwird,findetdieIntensitätderPräfe-renzenimProzessderEntscheidungsfindungihrenNiederschlag.UnterBerücksichtigungvonVerhand-lungen und Ausgleichszahlungen würde die einMann-eineStimmeRegeldasRechtaufStimmen-tausch begründen. Der Austauschmechanismuswürde dann die relative Stärke der individuellenPräferenzen preisgeben. Politische Verhandlungenkönnen eine Lösung für das IntensitätsproblembietenundgleichzeitigdasProblemderZyklizitätlösen.
Stimmentausch und politische VerhandlungenerhöhenaufvieleArtendie interneVorhersagbar-keit des Ergebnisses für jene, die in den Prozessinvolviert sindundvollständigdarüber informiertsind.StimmentauschgewährleistetVerhandlungenund politischen Austausch, um stabile politischeVereinbarungenzufördern.IndemAusmaß,inwel-chempolitischerAustauschdurchDurchsetzungs-
mechanismen (zB das Ansehen eines politischenAkteurs) unterstützt wird, haben die Mitgliedereiner gesetzgebenden Körperschaft mit ähnlichenInformationen über ihre jeweiligen Chancen dieMöglichkeitunterBedingungensymmetrischerIn-formationzuverhandeln.DabeitauschensieStim-men zu Themen, zu welchen sie schwache Präfe-renzenhaben,gegenStimmenzuThemen,zuwel-chensiestarkePräferenzenhaben.DieökonomischeTheorie lehrt, dass die Verhandlungen zwischenPolitikernsolangeandauernwerden,bisdermargi-naleNutzeneineweitereStimmezueinembestim-men Thema zu gewinnen gleich den marginalenKostenderAufgabeeinerStimmezueinemanderenThemaist.
DasErgebnis,welchesvonMehrheitenuntersol-chenBedingungenkostenloserunddurchsetzbarerpolitischer Verhandlungen erzielt wird, verbessertdieaggregierteWohlfahrtderParteien.DieseErgeb-nisse bestätigen die wichtige Beobachtung vonBuchananundTullock,7)dassbeieinemVerbotvonAusgleichszahlungen nicht sichergestellt werdenkann,dassdaskollektiveHandelnaufdieproduk-tivsteWeiseerfolgt.SolangederTauschdurchsetz-bar und relativ kostenlos ist, werden durch Ver-handlungen sowohl Stabilität wie auch Effizienzerreicht.DieseSchlüssebietenaucheinemutmaß-licheLösungzuTullocks8)Rätsel,warumpolitischeProzessesostabilsind.
DieImplikationendiesesGedankenstrangessindweitreichend und können in den folgenden zweiBehauptungen ausgedrückt werden: (�) Wenn dieBedingungendesCoase-Theorems9)füralleWählererfülltsind(dhwenndiepolitischenSachwalterindurchsetzungsfähige Koalitionsverträge mit ande-renSachwalterneintretenkönnen),istdieZusam-mensetzungderursprünglichenMehrheitskoalitionfür das Ergebnis der politischen Entscheidungenirrelevant; und (2) wenn das Coase-Theorem gilt,sinddiePräferenzenderWählerstrengkonkav,undwennStimmentauschvereinbarungendurchsetzbarsind, ist Zyklizität in einem multidimensionalenRaum politischer Entscheidungen ausgeschlos-sen.�0)WenndaherpolitischeVerhandlungenkos-tenlosundpolitischeVereinbarungendurchsetzbarsind, wird das resultierende politische Gleichge-wichtdaseinzigmöglicheseinundwirdaneinemPunkt liegen, welcher ein soziales Maximum dar-stellt.JederanderePunktalsdasglobaleMaximumwird instabil sein, da es immer eine Rente gebenwird, die groß genug ist, umAusgleichszahlungenanWähler imGegenzug fürpolitischeZugeständ-
7) Buchanan/Tullock,Thecalculusofconsent.Logi-calfoundationsofconstitutionaldemocracy(�962)�53.
8) Tullock, Why so much stability?, Public Choice37(2)(�98�),�89ff.
9) Coase,Theproblemofsocialcost,JournalofLawandEconomics3(�960),�ff.
�0) Parisi (FN4).
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nissezuermöglichen.IstdersozialoptimalePunkteinmalerreicht,gibteskeineMöglichkeit,diepoli-tischeVereinbarungzudestabilisieren.
C. Die Grenzen politischer Märkte
Politik-MarktMetaphern legendasFundament fürdie Forschung in Public Choice und politischerÖkonomie.Stigler, Becker,Peltzman��)undandereAutorenlegenbahnbrechendeFormulierungenderEffizienzhypothesefürdiePolitikvor.Diesefunda-mentaleHypothesegehtdavonaus,dasssichpoli-tischeMärktegenerell leeren–wenigstensindemSinn,dassimGleichgewichtkeinIndividuumseinVermögen(seinenNutzen)erhöhenkannohnedasVermögen(denNutzen)vonwenigstenseinemIndi-viduumzuverringern.EinkritischerBerichteinesAußenstehendenüberdieChicago-Perspektivepo-litischerMärktefindetsichbeiRowley.�2)
InderrealenPolitikfunktionierengesetzgebendeund politische Organe jedoch selten wie Märkte.Eine vollständige Analyse der Politik-Markt Ana-logie kann nicht in einem Vakuum durchgeführtwerden,sondernmussderRealitätdemokratischerPolitik ausgesetzt werden. Cooter�3) identifiziertmehrere Schwächen der Politik-Markt Analogie.Erstens sind politische Sachwalter eingeschränktdurchdasAusmaß,inwelchemsieindurchsetzbarepolitische Verträge eintreten können. Zweitenshängt der Wert der Stimme eines Mitglieds einergesetzgebendenKörperschaftoftdavonab,wiean-dereMitgliederabstimmen.Esgibttiefgreifendeex-terneEffekteunddarausresultierendeFreeriding-AnreizebeipolitischenAktivitäten.DrittensgibtesinderrealenPolitikzuvielepolitischeHandlungs-träger, als dass jeder mit jedem in Verhandlungtreten könnte. Im Gegensatz zum atomistischenMarktdertraditionellenWirtschaftswissenschaftenwärenbilateraleVerhandlungeninderrealenPolitikunerschwinglich teuer. Viertens gibt es eine weit-schweifige Abneigung gegen eine Rationalisierungder Politik als ein Markt für Übereinkünfte. Ge-wöhnlicheStaatsbürgermitnurwenigInformationüber Verhandlungen im Zuge der Gesetzgebungwürden jede Institutionalisierung politischer Ver-handlungenablehnenundEinspruchdagegenerhe-ben, dass ihre Vertreter offenen Stimmentauschbetreiben.
Parisi�4) führt in vier Folgesätzen weiter aus,warum Politik-Markt Analogien unpräzise sind:
��) Stigler,Economiccompetitionandpoliticalcom-petition,PublicChoice�3(�97�),9�ff;Becker,Atheoryofcompetitionamongpressuregroupsforpoliticalinflu-ence,QuarterlyJournalofEconomics98(�983), 37�ff;Pelzman,Howefficientisthevotingmarket?,JournalofLawandEconomics33(�990),27ff.
�2) Rowley,Publicchoice(3Volumes)(�993)��ff.�3) Cooter,Thestrategicconstitution(2000).�4) Parisi (FN6).
(�)beschränkte Durchsetzbarkeit politischer Ver-träge;(2)Themenbündelung;(3)VersagenaufgrundvonFreeridingundVerhandlungsversagen;(4)Agen-cyProblemeunddaspolitischeDilemma.
D. Die Durchsetzung politischer Verhandlungen
Die Brauchbarkeit politischer Märkte mit Coase-StrukturenwieStimmentauschoderStimmenhan-delberuhtaufderBedingung,dassallepolitischenÜbereinkünftedurcheffektiveMechanismendurch-gesetzt werden können. Zum Zweck unserer Ana-lyse kann der Durchsetzungsmechanismus recht-licher, institutionelleroder informellerNatursein.InderTathabendieCoase-VerhandlungsresultateinderPolitikwieinMärktenihreGültigkeit,egalobdieStabilitätpolitischerÜbereinkünftendurchju-ristischeInstitutionen,wiebeiderständigenJudi-katurzumVertragsrecht,oderspontanaufandereWeise,wiedurchinformelleDurchsetzungsmecha-nismenwiejenevonKronman,�5)erreichtwird.
Die Durchsetzbarkeitsbedingung verlangt auch,dassjeglicherVersuch,dievoneinerKoalitionvonWählernausverhandeltepolitischeEntscheidungzumodifizieren,vonallenVertragsparteienakzeptiertwerden müsste – Verträge können nur mit Zu-stimmungderVertragsparteienaufgelöstwerden.Indiesem Szenario können Mitglieder der Minder-heitsparteien indieKoalitioneintretenundeinenkleinenEffektaufdasErgebnisderpolitischenEnt-scheidungenhaben,indemsiealleMitgliederderimVorhinein bestehenden Mehrheit überbieten oder„bestechen“.BeidurchsetzbarenVerträgenkönnendie Mitglieder einer Mehrheitskoalition sich nichteinseitig loslösen indem sie sich einer Minderheitanschließen.SiewerdenvielmehrgemeinsamAn-gebotevonMinderheiteninErwägungziehen,wel-che den Status Quo durch Ausgleichszahlungenbeeinflussen. Sie können jedoch nicht aus einerbestehendenKoalitionausbrechen,dasolcheKoali-tionsvereinbarungennurmitZustimmungallerPar-teienmodifiziertwerdenkönnen.
Diese idealen Rahmenbedingungen sind in derrealenPolitikjedochnurseltengegeben.WieauchCooter�6) feststellt, sind politische Verhandlungeninder realenPolitikdurchein speziellesProblembeeinträchtigt, welches in privaten Verträgen nor-malerweisenichtvorkommt.PolitischeHandlungs-träger können nur beschränkt in durchsetzbarepolitische Tauschprozesse eintreten. So sind zumBeispielKoalitionsübereinkünftenurso langegül-tig, bis eineneueKoalition geformtwird.ÄhnlichgibteskeinenWeg,zukünftigeWahlentscheidungenineinemStimmentausch-Kontextbindendzuma-
�5) Kronman,Contractlawandstateofnature,Jour-nalofLaw,Economics&Organization�(�985),5.
�6) Cooter (FN�3).
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chen,oderdieWahlmöglichkeitenvonzukünftigenAmtsinhaberneinzuschränken.
In einem traditionellen Vertragsszenario kanneinevertraglicheÜbereinkunftnurdurchZustim-mung aller ursprünglichen Vertragsparteien rück-gängiggemachtwerden.BeiinformellenpolitischenÜbereinkünftenjedochkannjederpolitischeSach-walterdieursprünglicheÜbereinkunftbrechenunddieursprünglicheKoalitiondestabilisieren.EsgibtkeinedirektenrechtlichenMittel,umsolcheÜber-einkünftedurchsetzbarzumachen.
GenerellistkeineÜbereinkunftzwischenderzei-tigen Mitgliedern einer gesetzgebenden Körper-schaft über deren zukünftiges Wahlverhalten ge-richtlich durchsetzbar. Mehrheitsbeschlüsse kön-nen zum Beispiel zukünftige Gesetzesänderungennichtgänzlichverhindernoderbedingen,dasssol-che Gesetzesänderungen nur mit einer qualifi-zierten Mehrheit durchgeführt werden. MitgliedereinergesetzgebendenKörperschaftmüssenmanch-malkreativsein,umVerträgeinderPraxisaufdemMarkt für Stimmen durchsetzbar zu machen. Beiverschiedenen Gelegenheiten versuchen die poli-tischen Akteure die Durchsetzbarkeit ihrer Über-einkünfteineinemzukünftigenWahlgangzusigna-lisieren(undderenEinflussgegendenStatusQuosicherzustellen),indemsieöffentlichbekanntgeben,dasssieihreeingegangenenVerpflichtungeneinhal-tenwerden. InanderenSituationenkanndiewie-derholte Interaktion zwischen Politikern zur Ein-haltung einiger politischer Übereinkünfte führenundaufdieseWeisepolitischeKooperationverein-fachen.Schließlich,wieausderLiteraturüberkol-lektives Handeln�7) hinlänglich bekannt, könnenGruppenmit einemgeringerenNiveaudeskollek-tiven Handelns effektiver bei der Erreichung vonZielen mit geringsten Durchsetzungskosten sein,wiediePublicChoiceTheorieineinerVielfaltvonKontexten von politischer Rente auf ausführlicheWeisegezeigthat.�8)Dennochbeschränktdiegene-relleNicht-DurchsetzbarkeitvonpolitischenÜber-einkünftendieVereinbarungen,die zwischenver-schiedenen politischen Repräsentanten und zwi-schendenverschiedenenRegierungskörperschaftengetroffenwerdenkönnen.
E. Themenbündelung und die Einschränkung von politischen Verhandlungen
InderrealenWeltderPolitikexistierenTransakti-onskosten.UmdenEffektvonTransaktionskosten
�7) Olson,Thelogicofcollectiveaction(�965).�8) Kahn,Thepoliticsofunregulation:publicchoice
andlimitsongovernment,CornellLawReview75(�990),280,3�2,Fn�0�;Dixit/Olson M. jr,Doesvoluntarypar-ticipationundermine theCoase theorem?,unpublishedmanscript on file with the George Mason Law Review,August6,�997.
zu minimieren, wird üblicherweise über „Pakete“verhandeltundabgestimmt.
SosindpolitischeÜbereinkünfteinderTatdurchdie Bündelung verschiedener Themen charakteri-siert. Die Abstimmungen über Gesetze bedürfennormalerweiseeinerbinomischenWahl,welcheeinBündel von ausverhandelten Bestimmungen bein-haltet. Die meisten gesetzgebenden Organe erlau-benAbänderungen,welchemitdemInhaltdeszurDebattestehendenGesetzesinkeinemZusammen-hangstehen.�9)
Von der Effizienzperspektive aus gesehen kannBündelung,wieauchKopplunginRohstoffmärkten,zu suboptimalen Resultaten führen. Damit einStimmentauschprozessoptimalfunktionierenkann,solltenalleDimensionendesRaumesfürpolitischeEntscheidungen potentielle Objekte von Verhand-lungenundAustauschsein.BündelungreduziertdieDimensionendesVerhandlungsraumes.Imäußers-ten Fall können alle Dimensionen der politischenEntscheidung auf einen zweidimensionalen Ent-scheidungsraumzusammenschrumpfenundsomitdenVerhandlungsprozesseseinschränken.
IneineridealtypischenWeltohneTransaktions-kosten sollten Bündelungen nicht existieren, umdas vorteilhafte Funktionieren des politischenMarkteszumaximieren.InderrealenWeltmitpo-sitivenTransaktionskostenisteinpositiverUmfangvonBündelungzuerwartenundTeildesglobalenOptimierungsprozesses.Elhauge20)merktan,dassThemenbündelungzueinersystematischenUnter-repräsentierung von weitschweifenden Interessenführenkann,sogarwenndieWählerkeinemkollek-tiven Handlungsproblem gegenüberstehen. DerMarktwird sich jedoch so anpassen,dassderop-timale Tradeoff zwischen Transaktionskostener-sparnissen einerseits und Kopplungsineffizienzenandererseitserreichtwird.
F. Kollektive Handlungsprobleme und das Versagen von politischen Verhandlungen
Zum Thema Transaktionskosten soll eine weitereÜberlegunggetätigtwerden.EinekostenloseTrans-aktionbedarfdesFehlensvonstrategischemVerhal-ten im Verhandlungsprozess. Diese Bedingung istim Kontext von Mehrparteienabstimmungen sehrproblematisch.DieTendenzzuindividuellemstra-tegischem Verhalten wird erhöht, wenn zwei ent-gegengesetzte Gruppen nach einem Kompromissstreben. IneinemrealenMarkt fürStimmenwirdderBegriff„Triangulation“verwendet,umdasRe-
�9) Dixon,Line-itemvetocontroversy,CongressionalDigest64(�985),259,282;Riggs,Separationofpowers:congressional riders and the veto power, University ofMichiganJournalofLawReform6(�973),735(743)ff.
20) Elhauge,Doesinterestgrouptheoryjustifymoreintrusive judicialreview?,YaleLawJournal�0�(�99�),3�.
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sultatderBemühungumdasErlassenvonGesetzeninderMittezwischenideologischenExtremen–wodie Transaktionskosten für Stimmenhandel hochsind–zubeschreiben.Broder2�)schreibtdasKon-zeptder„Triangulation“demfrüherenClinton-Be-raterDick Morriszu).
AlleZyklizitäts-ProblemebedürfeneinerAnzahlvonmindestensdreiWählern.Verhandlungenzwi-schen drei Wählern in einem zweidimensionalenRaumreagierensehrstarkaufFreeridingundande-reFormenderstrategischenOffenlegungvonPräfe-renzen.StelltmansichdieseDreiecks-Konstellationin einem räumlichen Wahlsetting vor, wird klar,dassjedeBewegungimRaumderpolitischenEnt-scheidungenVorteileoderNachteilefürwenigstenszweiGruppenmitsichbringenwird.IndergroßenMehrheit der Fälle werden alle drei Gruppen voneiner potentiellen Änderung der politischen Ent-scheidungbetroffensein.UntersolchenUmständenhatjedeVerhandlung,dievoneinemWählergeführtwird,dasPotentialpositiveNebeneffektefürandereWählerauszulösen.JedeÄnderungderpolitischenEntscheidungen, welche von einem Wähler „ge-kauft“ wird, ist potentiell ein freies Gut, also einkostenloserVorteiloderNachteilfüreinenanderenWähler.IneinerVerhandlungmitdreiParteiensinddieWählerdahermiteinemkollektivenHandlungs-problemkonfrontiert.DasProblemwirdverschärftdurcheinenAnstieginderZahlderWähler.IneinerKonstellationmitvielenWählernkannstrategischesVerhalten den Verhandlungsprozess in der Taternsthaftbeeinträchtigen.
Das oben beschriebene kollektive Handlungs-problemunterscheidetsichnichtvonjedemande-ren Freeriding Problem in einem Coase-Setting.Olson22) diskutiert das kollektive Handlungspro-blemimKontextvonCoase-Verhandlungen,wobeier die praktische Gültigkeit des Coase-TheoremsfüreineMehrparteien-KonstellationinFragestellt.WennderGegenstandderVerhandlungeneinesIn-dividuumseinenVorteil fürandereIndividuenge-neriert, welche in die Verhandlungen nicht invol-viert sind, schafft das Resultat dieser Verhand-lungeneinenpositivenexternenEffekt fürandereIndividuen. Daher können die Anreize die Ver-handlungzuführenernsthaftuntergrabenwerden.Jedes Individuum möchte ein Freerider sein, in-demjemandandererfürdasallgemeineGutzahlt.DaherwirdderLevelderVerhandlungsuboptimalfür das Gemeinwohl sein, ähnlich wie bei einemöffentlichenGut.
2�) Broder, Catatonic politics, Wash Post, Nov ��,�997,atA�9.
22) Olson, The Coase theorem is false?, Paper pre-sentedatthe�997AmericanLawandEconomicsAsso-ciationannualconferenceheldinToronto,Canada.
G. Agency Probleme und das politische Verantwortlichkeits-Dilemma
Wissenschafter auf dem Gebiet des öffentlichenRechts meinen, dass Stimmentausch und andereimplizite oder explizite politische Tauschprozesseverhindertwerdensollten,weildiesediepolitischeVerantwortlichkeitschwächenundweildieUnvoll-kommenheitendesMarketsfürStimmenmitgroßerWahrscheinlichkeit Kosten verursachen, welchehöheralsdieVorteile sind.23)DiehierdiskutierteAnalysedeshypothetischenMarktes fürStimmennimmtdenWillenderWähleralsgegebenan.WennVerhandlungenohneAgencyProblemegeführtwer-den,maximiertdasVerhandlungsergebnisdenNut-zenderWähler.WennaberdieVerhandlungenvondurch bestimmte Interessen geleiteten Repräsen-tantengeführtwerden,bestehtdieMöglichkeitvomobenbeschriebenenoptimalenErgebnisabzukom-men.DieweitereAnalysesolltedenEffektvonAgen-cy Problemen auf den Verhandlungsmechanismusberücksichtigen.InderrealenWeltderPolitikwer-den die meisten kollektiven Entscheidungen vonpolitischen Repräsentanten gefällt,welche inEnt-scheidungsprozessen als Sachwalter der repräsen-tiertenIndividuenauftreten.DiePublicChoiceThe-oriebeschäftigtsichinausführlicherWeisemitderAnalysevonFaktorensolcherfehlerhafterAusrich-tungenvonAnreizen,wie (a) rationaleStimment-haltung;(b)rationaleIgnoranz;und(c)RegulatoryCapture(VereinnahmungdesRegulierungsakteursdurchdiezuregulierendeBranche)unddiedarausresultierendeGefälligkeitsgesetzgebung.SolcheUn-stimmigkeitenwerdenamoffensichtlichsten,wenneinAgencyProblem inderpolitischenVertretungamRandeeinerKampfabstimmungauftritt.
Allgemeinkanngesagtwerden,dassderkollek-tive Entscheidungsfindungsprozess beschleunigtunderleichtertwird,wennesMarktmechanismenermöglichtwirdimpolitischenKontextwirksamzuwerden.OhneVertretungsversagenwirddaskollek-tive Ergebnis ähnlich dem allokativen Ergebniseines Wettbewerbsmarktes sein. Wenn Verhand-lungenvonSachwalternausgeführtwerden,derenzugrunde liegenden Anreize sich von jenen ihrerPrincipals unterscheiden, kann der Marktmecha-nismusgrößereUnterschiedezwischendemidealenund dem tatsächlichen politischen Ergebnis her-vorrufen, wobei die Vertreter sogar versucht seinkönnendiezentralenWertederIndividuen,diesievertreten(dhihrerPrincipals),zuverraten.
III. Schlussbetrachtung
Das Fehlen rechtlicher Durchsetzungsmechanis-men inpolitischen Verträgen erhöhtdieTransak-tionskostenundstellteinoftunüberwindlichesHin-
23) Karlan,Symposiumcommentary:politicsbyothermeans,VirginiaLawReview85(�999),�697.
112 JRPAbhandlungen
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dernisfürpolitischeKooperationdar.IndieserHin-sicht zeigt die moderne Theorie des öffentlichenRechts ein auffallendes Paradoxon auf, indem siezwarfeststellt,dassvieleöffentlicheRechtssystemeStimmenfang durch Wahlversprechen an ganzeWählergruppeforcieren,jedochStimmentauschaufindividuellerEbeneverbieten.24)DerAustauschvonZuwendungen für Wahlkampagnen gegen vorteil-hafte regierungspolitische Ergebnisse durch poli-tische Amtsträger ist eine unbestrittene RealitätpolitischerMärkte.DennochgibteseinenstarkenintellektuellenWiderstandgegendieAnerkennung–ganzzuschweigenvonderDurchsetzung–expli-ziterTransaktionenzurErreichungvonpolitischemKonsens.DieserWiderstandistoftdasResultatderÜberzeugung,dassStimmentauschfürorganisierteInteressensgruppenvonVorteilist.InderjüngstenForschunghatKarlan25)eineErklärungfürdiesesallgemein beobachtbare Dogma des öffentlichenRechts gefunden. Demnach macht das Rechtssys-temdierechtlicheDurchsetzungpolitischerÜber-einkünfteunmöglichumdieAnreizefürpolitischeÜbereinkünftezu schwächen.DerKaufvonStim-menwirdverhindertundgleichzeitigwirdimplizi-ter Stimmenkauf durch Wahlversprechen erlaubt,weildieWahlversprecheninKampagneneineInfor-mationsfunktionhaben,welcheesWählerngenerellermöglicht, informierter zwischen Kandidaten zuwählen.
AusderPerspektivederRechts-undWirtschafts-wissenschaftenspiegeltderMangelanInstitutionenzurFörderungpolitischerVerhandlungeninnerhalbderProzessepolitischerdemokratischerOrganedieÜberzeugungwider,dassStimmentauschordnungs-gemäßedemokratischeVertretungbehindernwür-de.DieÜberzeugung,dassdieDurchsetzungpoli-tischer Verhandlungen nachteilig für die Gesell-schaftinsgesamtwäre–welchesichoftinDogmendes öffentlichen Rechts herauskristallisiert – hateineklareundverständlichetheoretischeBehand-lungdiesesrechtlichenundpolitischenThemasver-hindert.
IndemAusmaß,indempolitischeVerhandlungenbeim Ausmerzen der Schwächen der Mehrheits-demokratie behilflich sind, soll das institutionelleDesignderGesetzgebungVereinbarungenfördern,welchedieTransaktionskostenpolitischerVerhand-lungenminimieren.
DieskannindemvollenBewusstseingeschehen,dassdieExistenzeffektiverTauschmechanismeninderPolitikdieBesonderheitendeszugrundeliegen-den politischen Systems verstärkt. In einer Welt„guter“ Politik gestatten Austauschmechanismenbessere Ergebnisse. Im Gegensatz dazu können
24) Levinson,SymposiumCommentary:MarketFailu-res and Failures of Markets, Virginia Law Review 85(�999),�745.
25) Karlan (FN23)�7��
diese in einer Welt von politischem Versagen dieexistierendenProblemenochverschärfen.
IneinerpolitischenRealität,welcheschondurchimplizite Verhandlungen in Form von Stimmen-tauschgekennzeichnetist,würdedieExistenzvonDurchsetzungsmechanismeninderPolitikStabili-tätfördernundteureIntransitivitätenimVerhand-lungsprozess oder –noch schlimmer – in den Er-gebnissen politischer Entscheidungen reduzieren.DierechtlicheundinstitutionelleAnerkennungdie-serpraktischenRealität,welcheAgencyProblemeinderpolitischenVertretungkeineswegsnochver-schlimmert,würdedieZurechenbarkeitderHand-lungen zu den politischen Akteuren erhöhen. EintransparenterundlenkbarerMarkt fürpolitischenKonsens,wieschriftlichbelegteSystemevonStim-menhandel,unterstütztdurchinstitutionelleDurch-setzung, würde das undurchsichtige System desimplizitenStimmentauschesvölligdurchsichtigma-chen.DieswürdeohneFragediepolitischeVerant-wortlichkeitpolitischerAkteureinrepräsentativenDemokratienerhöhen.WeiterswürdeschondieAn-wendung der einfachsten Prinzipien des Vertrags-rechts bei der Durchsetzung politischer VerträgealleinedienotwendigenSchutzmaßnahmensichern,umdieStabilitätpolitischerKoalitionenzugewähr-leisten,ohnedabeidieMöglichkeitenvonMinder-heitsgruppenzuschmälern,welchemitMehrheits-koalitionenverhandeln,umdasgewähltepolitischeProgrammzuändern.
Die Durchsetzbarkeit politischer ÜbereinkünfteliefertmehralsbloßeStabilität.Institutionenkön-nengestaltetwerden,umpolitischenAkteurendieMöglichkeitzugeben,ihrenWählerndiewahreIn-tensitätihrerPräferenzenoffenzulegen(oderdereneigenePräferenzen,imFalleeinerdirektenDemo-kratie),indemsieinbindendeStimmentauschüber-einkünfteeintretenundmitdenwahrenOpportu-nitätskosten ihrer Stimmabgabe konfrontiert wer-denanstattdieseanjemandenweiterzugeben,dersiehöherbewertet.
Die Unterstützung solcher Tauschprozesse mitinstitutionellerDurchsetzungwürdeeinenzweifa-chen Nutzen bringen: die Minimierung der Wohl-fahrtskostenvonWahlintransivitätenundgleichzei-tigdieMöglichkeitderWiderspiegelungderkardi-nalenPräferenzenderWählerimpolitischenErgeb-nis. Die Existenz von Institutionen zur Vereinfa-chung von politischen Tauschprozessen kann einwertvollesInstrumentzurStabilitätundpolitischenEffizienzsein.
Der wahre Nutzen durchsetzbarerer politsicherÜbereinkünftesolltejedochnichtnurinFormderStabilitätderpolitischenErgebnissegemessenwer-den. Stabilität kann nicht als Proxy für Effizienzverwendetwerden.InderSocialundPublicChoiceTheoriewirdpostuliert,dassmaninFällen,inde-nen ein „Condorcet Sieger“ zeitweise ineffizientseinkann,zumindestimmerdaraufvertrauenkann,
113F.Parisi·DasCoase-TheoremundpolitischeMärkte
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denPräferenzenderMehrheitderwählendenIndi-viduengerechtzuwerden.OhneMechanismen,wel-che die Wähler veranlassen, die wahre Intensitätihrer Präferenzen offenzulegen, können demokra-tische gesetzgebende Systeme Condorcet SiegernnichtüberlegenseinundsolltenRegelnaufstellen,welche es ermöglichen, dass solche Alternativensiegenwennsieexistieren.WennCondorcetSiegernichtexistieren,bestimmendieMethodenunddieAbfolge der Abstimmungen (zB Festsetzung derTagesordnung)daspolitischeErgebnis.IndieseFäl-len,wieCooter26)treffendbeobachtet,wirddiePo-
26) Cooter (FN�3).
litikzueinemWettkampfzwischenverschiedenenrivalisierendenKoalitionen,inwelchemRegelndesProzederesunddieFestsetzungderTagesordnungbeeinflussen,welcheMehrheitihrePräferenzenbe-friedigen kann, anstatt die Präferenzen einer ein-deutigenMehrheitzubefriedigen.
Korrespondenz: Francesco Parisi, LL.M., J.S.D.,M.A., University ofCalifornia atBerkeley;D. Jur.,University of Rome; Ph.D., George Mason Univer-sity;GeorgeMasonUniversity,SchoolofLaw,330�Fair-faxDrive,Arlington,VA2220�;E-Mail:[email protected].