Döblinger Radfahrspaziergänger

Wein auf Bier – das rat ich Dir

Immer, wenn ich mit meinen Radfahrspaziergängen starte, komme ich notgedrungen an der Ecke Hackhofergasse/Freihofgasse vorbei. Dort bleibe ich öfters stehen, schließe meine Augen und daran denke, wie es früher hier gewesen sein könnte. Da kann es schon vorkommen, dass in meinen Gedanken der Brauereibesitzer Franz X. Bosch meinen Weg kreuzt, freundlich grüßt und in der Brauerei

in der Hackhofergasse 9 entschwindet. Dieses Gebäude in der Hackhofergasse war ursprünglich 1690 vom Jesuitenordern als Kollegium für Studenten der Theologie errichtet worden und wurde nach Auflösung des Ordens als Waffendepot verwendet.

Der von Bayern zugezogene Industrielle Franz Xaver Bosch baute das Gebäude großzügig aus, gründete 1819 die Nußdorfer Brauerei und erreichte mit seinem beliebten schwarzen Bier um 1840 einen Ausstoß von 54.000 Eimern.

Er ließ 1842 den „Bockkeller“ einrichten und schenkte den Wienern den schönsten, größten

und schattigsten Biergarten der Stadt. Von einem neu

gebauten Aussichtsturm hatten die Gäste wieder Sicht auf „ihren“ Fluss, die durch die Dammerhöhung von 1830 verloren. gegangen war.

Boschs Tochter Albertine heiratete 1859 Karl Adolf Ludwig Bachofen von Echt, den sie in Prag kennen gelernt hatte. Als Franz Xaver Bosch 1860 starb, trat dessen Sohn Franz die Nachfolge an. Kurz danach bat jedoch der unternehmerisch überforderte Erbe seinen Karl Adolf Ludwig Schwager Bachofen-Echt, die Geschäftsleitung zu übernehmen. Er machte aus dem stagnierenden Betrieb innerhalb

kurzer Zeit bald wieder ein florierendes Unternehmen. 1886 wurde die elektrische Beleuchtung eingeführt. 500 Glühlampen konnten mit Energie versorgt werden. In den neu erbauten Maschinenhäusern betrieben Dampfmaschinen Kälteanlagen, deren Leistung 100.000 kg Eis pro Tag entsprach. Die Gär- und Lagerkeller wurden vergrößert und mit einer modernen Kühlung ausgestattet. Das neu erbaute Sudhaus besaß eine Leistungsfähigkeit von 1260 Hektoliter pro Tag.

Alle Gebäude und Anlagen der Brauerei umfassten eine Fläche von 12 Hektar. Die unterirdischen Kelleranlagen (Gärkeller und Lagertanks)

sind heute noch vorhanden, aber nicht mehr zugänglich. 1890 wurde ein Arbeiterwohnhaus direkt in der Brauerei errichtet. Zweihundert Arbeitern standen Schlafsäle, Speiseräume und Bäder mit elektrischem Licht zur Verfügung. Als Rudolf Bosch 1877 starb, trat der Schwiegersohn seiner älteren Schwester, Johann Medinger, in die Firma ein. 1896 wurde der Nußdorfer Brauerei der Titel eines k. u. k. Hoflieferanten zuerkannt. Die Brauherren Bachofen von Echt und Medinger ließen auf ihre Geschäftspapiere fälschlicherweise „k. u. k. Hofbräuhaus“ drucken, was per Dekret untersagt wurde. Später ließ das Obersthofmeisteramt allerdings den in „k. u. k. Hofbräuer“ geänderten Titel zu. In der Nußdorfer Brauerei wurde das berühmte „Plutzerbockbier“ gebraut und floss in großen Mengen durch die durstigen Kehlen. Die k. u. k. Hofbräuer Bachofen von Echt und Medinger produzierten 1894, im 75. Bestandsjahr, in der Hackhofergasse 9 mit 300 Arbeitern stolze 182.000 Hektoliter schäumenden Stoff.

Karl Freiherr Bachofen von Echt wurde 1872 sogar zum Bürgermeister von Nußdorf gewählt und blieb dies für fast 20 Jahre. In dieser Funktion löste er in der Sitzung vom 24. April 1891 den Nußdorfer Gemeinderat auf. Die Familie führte das Unternehmen bis in die 1950er Jahre weiter. Nach mehr als 140 Jahren Brauarbeit wurde der Betrieb von der Brauerei Schwechat übernommen, die kurz darauf den Nußdorfer Betrieb

einstellte. In der Einfahrt, auf einem Deckenbogen, sind die Initialen von Xaver Bosch — XB — auch heute noch

erhalten. Das Zeichen XB war vorher oberhalb des Einganges, Hackhofergasse Nr. 9, auf der linken Seite angebracht. 1965 begann der Bauverband

Handel und Gewerbe auf dem Grund der Brauerei Reihenhäuser zu bauen. Das Hauptgebäude mit der von Bosch gestalteten Fassade (im Fachjargon „Lünetten“) wurde renoviert und steht jetzt unter Denkmalschutz, der Rest wurde geschleift. In dem 1903 von der Familie Bachofen gekauften Freihof, Freihofgasse 1, belebte ab 1984 ein Nachfahre der Familie, Henrik Freiherr Bachofen von Echt, die Brautradition mit dem „Nußdorfer St. Thomasbräu“, einem „Old Whiskey Bier“ sowie einem köstlichen „Sir Henry’s English Stout“.

In den späten 90er Jahren lieferte die Brauerei von H. Bachofen das obergärige „Sir Henrys Stout Ale“ ins Gasthaus Zum

„Ur“ Schulz in der Billrothstraße 22. Das obergärige Bier, ähnlich einem Weißbier, traf leider nicht den Geschmack der Biertrinker. Trotzdem trafen wir uns des Öfteren im Bierkeller an der Heiligenstädter Straße. Als Jörg Haider seinen ersten Wahltriumpf führte, trafen sich seine Anhänger in den Kellerräumen und hatten genug Grund, seinen Sieg gebührend zu

feiern. Die Kleinbrauerei in der Heiligenstädter Straße 205, welcher der Autor dieser Zeilen noch heute nachtrauert, schloss im Jahr 2004 ihre Pforten für immer.

Damit war ein Kapitel Wiener, besser gesagt Döblinger Bierbrautradition, für immer vorbei. Henrik Bachofen von Echt starb am 16. Sept. 2007. Er liegt auf dem Nußdorfer Friedhof begraben.

1928 eröffnete Franz Schier (1909–1954) im Hause Hackhofergasse 12 sein bald beliebtes und prominentes Heurigenlokal, in dem er für seine Gäste die schönsten Wienerlieder sang. Leider starb er mit 45 Jahren viel zu früh. In der Hackhofergasse gab es mehrere Heurigen, aber der „Schier Franzl“ war

der berühmteste von allen. Eine alte Schellack mit Liedern vom

Meister ist mir leider erst kürzlich in zwei Teile zerbrochen.

1932 ging Schier als Sieger aus der Lieder- und Jazzkonkurrenz hervor. Neben seinen Rundfunkauftritten nahm er in der Folge auch zahlreiche Schallplatten auf und wirkte in Filmen mit.

Der alte Specht (Musik: Hans Lang, Text: Erich Meder, Carl de Groof)

Der alte Sünder (Musik: Hans Lang, Text: Martin Costa, Erich Meder)

’s Nussdorfer Sternderl (Musik: Sepp Fellner, Text: Karl Schneider)

Der „Schier Franzl“, wie er auch genannt wurde, starb an den Folgen einer Blinddarmoperation im Wiener Rudolfiner-haus und wurde auf dem Pfarrfriedhof Nußdorf begraben.

Nachdem nun an dieser Straßenecke kein Bier oder Weinlokal seine Pforten geöffnet hatte, fiel mir die Wahl nicht schwer, schnurstracks wieder einmal in den Biertempel „Schweizerhaus“ im Wiener Wurstelprater zu radeln. Das Hinkommen war immer von Freude gekennzeichnet, das Heimkommen allerdings manchmal eher beschwerlich. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wolfgang E. Schulz am 8.September 2014 1965 begann der Bauverband Handel und Gewerbe auf dem Grund der Brauerei Reihenhäuser zu bauen. Das

Hauptgebäude mit der von Bosch gestalteten Fassade (im Fachjargon „Lünetten“) wurde renoviert und steht jetzt

unter Denkmalschutz.

In der Einfahrt, auf einem Deckenbogen, sind die Initialen von Xaver Bosch — XB — auch heute noch erhalten. Das

Zeichen XB war vorher oberhalb des Einganges, Hackhofergasse Nr. 9, auf der linken Seite angebracht.