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Global Research Swiss Issues Branchen August 2013 Gesundheitswesen Schweiz 2013 Der Spitalmarkt im Wandel

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Global Research

Swiss Issues Branchen August 2013

Gesundheitswesen Schweiz 2013 Der Spitalmarkt im Wandel

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Credit Suisse Global Research

Swiss Issues Branchen

Impressum

Herausgeber Giles Keating Head of Research for Private Banking and Wealth Management +41 44 332 22 33 [email protected] Dr. Oliver Adler Head Economic Research +41 44 333 09 61 [email protected]

Kontakt [email protected] Telefon +41 (0)44 334 74 19

Titelbild © iStockphoto.com/barisonal

Druck galledia ag, Burgauerstrasse 50, 9530 Flawil

Redaktionsschluss 24. Juli 2013

Bestellungen Direkt bei Ihrem Kundenberater oder bei jeder Credit Suisse-Geschäftsstelle Einzelexemplare (kostenlos) über www.credit-suisse.com/publikationen oder Fax +41 (0)44 333 56 79 Interne Bestellungen via MyShop mit Mat.-Nr. 1511501

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Copyright Die Publikation darf mit Quellenangabe zitiert werden. Copyright © 2013 Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.

Autoren

Andreas Christen Philipp Hänggi Dr. Christian Kraft Damian Künzi Dr. Manuela Merki Jan Ruffner Mitwirkung Viktor Holdener Daniel Leicht

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Swiss Issues Branchen 3

Inhalt

Management Summary 5

Branchenlandschaft Gesundheitswesen 7

Nachfrage nach Gesundheitsleistungen 7 Angebot an Gesundheitsleistungen 10 Regulierung und Politik im Gesundheitswesen 13

Schweizer Spitalmarkt 16

Neue Spitalfinanzierung und die Rolle der Kantone 16 Nachfrage nach Spitalleistungen 21 Angebot an Spitalleistungen 24 Spitalimmobilien 33 Fazit: Vom Spital zum Gesundheitszentrum 39

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Swiss Issues Branchen 4

Geschätzte Leserinnen und Leser Seit über 10 Jahren analysiert die Credit Suisse das Schweizer Gesundheitswesen periodisch in Form von volkswirtschaftlichen Publikationen. Das hat einen guten Grund: Das Gesundheitswe-sen ist eine der grössten Branchen der Schweizer Volkwirtschaft und ein ausserordentlicher Wachstumssektor mit zunehmender Bedeutung. Unsere letzte Publikation zum Thema bot eine strukturelle und regionalökonomische Gesamtschau der Branche und liegt nun bereits drei Jah-re zurück. Für ein Update ist es daher höchste Zeit, denn in den letzten drei Jahren wurden ge-sundheitspolitische Prozesse angestossen, die das Gesundheitswesen markant verändern wer-den. Reformen im Gesundheitswesen werfen hohe Wellen und lösen hochpolitische und emo-tionale Debatten aus. Die 2012 eingeführte neue Spitalfinanzierung ist ohne Zweifel die weitreichendste und am meisten diskutierteste regulatorische Änderung. Aus diesem Grund bietet die vorliegende Studie neben einer volkswirtschaftlichen Gesamtschau über das Gesundheitswesen auch eine detail-lierte Behandlung des Spitalmarktes. Wir zeigen unter anderem auf, wie dicht und komfortabel das Netz der Grundversorgung ist und inwiefern sich dieses geographisch mit dem zukünftigen Nachfragewachstum deckt. Spezielle Beachtung schenken wir zudem den Spitalimmobilien, denn das neue Regulierungsregime bringt insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung gros-ser Investitionsprojekte einschneidende Änderungen mit sich. Spitäler müssen die Finanzierungsgrundlagen für Investitionen neu selbst erwirtschaften. Dabei sollte es auch öffentlichen Spitälern möglich sein, den Kredit- und Kapitalmarkt für die Investiti-onsfinanzierung zu nutzen. In diesem Zusammenhang hat die Credit Suisse in den letzten Jah-ren systematisch Know-how zur Spitalfinanzierung aufgebaut und kann den Schweizer Spitälern als langfristiger Finanzierungspartner zur Verfügung stehen – auch wenn der Weg zum privaten Fremdkapital aufgrund von anhaltenden regulatorischen Unsicherheiten noch steinig ist. Ich wünsche Ihnen eine spannende und anregende Lektüre. Urs P. Gauch

Leiter KMU-Geschäft Schweiz

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Management Summary

Die Nachfrage nach Gesundheit kennt praktisch keine Obergrenze, besonders nicht, wenn es um Leben oder Tod geht. In unserer Gesellschaft herrscht Konsens, dass die wichtigsten Ge-sundheitsdienstleistungen allen zugänglich sein müssen. Ein Grossteil der Ausgaben wird daher über die obligatorische Krankenkasse und den Staat von der Gemeinschaft getragen und nicht unmittelbar vom Patienten als Leistungsbezüger bezahlt. Eine persönliche Budgetrestriktion existiert daher kaum. Mit dem technologischen Fortschritt entstehen immer neue (teure) Dia-gnose- und Behandlungsmöglichkeiten. Ohne ein Regulierungsregime, welches auf einen effizi-enteren Einsatz von Ressourcen oder – bis zu einem gewissen Grad – einer Dämpfung der Nachfrage abzielt, explodieren deshalb die Gesundheitsausgaben. Davon profitieren zwar die – oftmals vor Konkurrenz geschützten – Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen, die in der Summe einer der grössten Arbeitgeber der Schweiz ausmachen. Letztlich sind ungebremst wachsende Ausgaben aber unverantwortlich und gefährden langfristig die gesellschaftliche Soli-darität.

Angesichts der historischen Entwicklung der Ausgaben im Gesundheitswesen ist klar, dass die bisherige Gesundheitsgesetzgebung den Effizienzaspekt zu wenig berücksichtigte. Die nationale Gesundheitspolitik hat das erkannt und mit der neuen Spitalfinanzierung, welche Anfang 2012 eingeführt wurde, einen vielversprechenden Schritt gemacht. Mit der Teilrevision des Kranken-versicherungsgesetzes (KVG) soll die Transparenz bei Spitalleistungen und Kosten verbessert und die unternehmerische Flexibilität der Spitäler gefördert werden. Zudem sollen im Gesund-heitswesen systematisch ein Qualitätswettbewerb implementiert und die Kosten gedämpft wer-den. Ob der Wettbewerb wie vom Gesetzgeber erwünscht auch tatsächlich einsetzen wird, ist noch offen. Momentan lässt sich beobachten, dass die Kantone die KVG-Revision nicht einheit-lich umsetzen, was zu Wettbewerbsverzerrungen führen dürfte. Das schafft nicht nur bei Spitä-lern und Gesundheitspolitikern, sondern auch bei Anbietern von privatwirtschaftlichen Finanzie-rungslösungen wie den Banken und anderen Akteuren des Kapitalmarkts (z.B. institutionelle Anleger) erhebliche Unsicherheiten. Unter der Annahme, dass der Wettbewerb dereinst tatsächlich spielt, werden im stark distanz-gebundenen Spitalmarkt Aspekte wie die künftige Entwicklung der regionalen Nachfragevolumi-na und der Versorgungsdichte eine wichtigere Rolle spielen als heute. Die laufende Verschie-bung des Spitalangebots vom stationären in den ambulanten Bereich dürfte sich zwar fortset-zen, was die durchschnittliche Behandlungsdauer und damit die nötige Bettenkapazität weiter reduzieren wird. Die Nachfrage nach dem eigentlichen von den Spitälern bereitgestellten Gut «Gesundheit» wird aber aller Wahrscheinlichkeit nach weiter zunehmen. Das zu erwartende Wachstum fällt in den einzelnen Regionen demografisch bedingt jedoch höchst unterschiedlich aus. Künftig dürften die Nachfrage gemäss unserem Prognosemodell vor allem im äusseren Agglomerationsgürtel von Zürich, in der Zentralschweiz und abgesehen von den Kernstädten Genf und Lausanne auch in der Genferseeregion wachsen. Vor allem in Regionen mit einem niedrigen Nachfragewachstum und einer hohen Versorgungsdichte dürften gerade kleinere Spi-täler gezwungen sein, klug zu spezialisieren und mit anderen Institutionen – auch interkantonal –zu kooperieren, um im Wettbewerb um Patienten bestehen zu können. Diese Entwicklung führt zwangsläufig zu einem Konsolidierungsprozess, was aber nicht heisst, dass Leistungen künftig nur noch hochzentralisiert in unübersichtlichen und anonymen «Riesen-spitälern» erbracht werden. Sollte der Wettbewerb tatsächlich im gewünschten Mass einsetzen, müssen sich einzelne Spitäler künftig besser überlegen, welche Leistungen sie anbieten sollten. Das dürfte mancherorts zur Verlagerung von Spitalabteilungen in regionale Zentren führen und wohl auch da und dort zur kompletten Schliessung eines Betriebs. Dies wird ebenso zwangsläu-fig politische Nebengeräusche verursachen. Die Bevölkerung hat hohe Ansprüche an die zeitli-che Erreichbarkeit von Spitälern, und diese stellen regional z.T. wichtige Arbeitgeber dar. Objek-tiv betrachtet ist die heutige Versorgungssituation jedoch luxuriös: Trotz der schwierigen Topo-grafie der Schweiz können gemäss unseren Berechnungen 98.4% der Bevölkerung mit dem Auto ein Allgemeinspital innerhalb von 20 Minuten erreichen. Viele kleine Spitäler bieten eine

Nachfrage und Angebot im Gesundheitswesen wach-sen stetig (Branchenlandschaft Gesund-heitswesen, S. 7–15)

Neue Spitalfinanzierung bewegt das Gesundheits-wesen (Neue Spitalfinanzierung und die Rolle der Kantone, S. 16–20)

Konsolidierung als Folge eines höheren Wettbe-werbsdrucks erwünscht… (Nachfrage nach und Angebot an Spitalleistungen, S. 21–33)

… und dank luxuriöser Spi-talerreichbarkeit gut ver-kraftbar (Regionale Versorgungssituati-on und Erreichbarkeit, S. 26–28)

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breite Palette an Behandlungen an, was zur Folge hat, dass vielerorts bestimmte Behandlungen nur selten durchgeführt werden. Es ist jedoch unbestritten, dass die Qualität einer spezifischen Behandlung in einem Spital vielfach mit deren Fallzahl steigt. Aus diesem Grund ist der wohl un-vermeidliche Konsolidierungsprozess nicht nur aus Effizienz-, sondern auch aus Versorgungs- und Qualitätssicht wünschenswert. Um in einem wettbewerblich geprägten Umfeld erfolgreich bestehen zu können, ist eine günsti-ge Positionierung in einem wachsenden Markt vorteilhaft. Noch wichtiger sind dem Spitalbetrieb dienliche und finanzierbare Immobilien. Sie sind unverzichtbar für den Spitalbetrieb wie auch als Herberge für Patienten. Doch die zum Teil in die Jahre gekommenen Betreiberimmobilien ste-hen vor grossen finanziellen Herausforderungen. Denn während sich die Ausgaben für Spital-leistungen gegenüber 1995 fast verdoppelt haben, bewegten sich die Investitionen in Um- und Neubauten von Allgemeinspitälern 2011 nur 8% über dem Niveau von 1995. Die Versäumnisse in der Vergangenheit müssen nun nachgeholt werden. Schweizweit sind zur-zeit gemäss unseren Berechnungen Bauprojekte im Umfang von knapp 9 Mrd. CHF absehbar. Damit stehen für die kommenden 5 bis 15 Jahre Investitionsabsichten im Raum, die dem Bau-volumen der letzten 17 Jahre entsprechen. Das geplante Volumen dürfte erst die Spitze des Eisberges an Plänen sein, die noch in den Schubladen von Spitälern und Planern schlummern. Diesen Investitionsbedarf zu finanzieren und gleichzeitig die Kosten zu reduzieren, wird eine der grössten Herausforderungen der Zukunft sein. Der infrastrukturelle Rucksack der Spitäler ist in den einzelnen Kantonen indes unterschiedlich gut gepackt. Entsprechend treten die Spitäler im Hinblick auf die Finanzierbarkeit der Infrastruktur zum Teil mit erheblich unterschiedlich langen Spiessen in den Wettbewerb. Sofern es die öffentlichen Finanzen zulassen, wird dies dazu füh-ren, dass zunächst ein subventionierter Niveauausgleich stattfinden wird, bevor Kantone das weitere Wirtschaften den Spitälern überlassen werden. Das bedeutet seinerseits, dass die volle Kraft des Wettbewerbs erst langfristig richtig einsetzen wird und es bis dahin zwischen unter-schiedlich privatwirtschaftlich orientierten Kantonen und zwischen öffentlichen und privaten Spi-tälern Verzerrungen geben wird, die das Risiko von Fehlinvestitionen bergen. Doch die Herausforderungen, vor denen Spitäler und Kantone stehen, sind lösbar. Gute Ärzte und Mitarbeiter, Spezialisierung, Kooperationen, ausgewogene Formen der privatwirtschaftli-chen Finanzierung und die richtige geografische Positionierung sind die zukünftigen Erfolgsfak-toren. Konkurrierende Spitäler müssen sich, unterstützt von der kantonalen und idealerweise interkantonal koordinierten Spitalplanung, miteinander abstimmen und ein komplementäres An-gebot bereitstellen. Eine weitere Möglichkeit besteht im Ausbau von Grössenvorteilen an einem Standort, während weitere Standorte als Satelliten zur Erstversorgung betrieben werden. In der Summe muss dadurch nicht zwingend Personal oder Leistungsumfang reduziert werden, aber die Kosten dürften sinken und die Qualität z.T. gar zunehmen. Im Spital der Zukunft ist neben guten Ärzten und Pflegepersonal daher auch unternehmerisches Handeln gefragt.

Grosser Investitionsstau bei Spitalimmobilien… (Veraltete Baustruktur in neuer Welt, S. 34–36)

… führt zu Projektierungs-boom mit stellenweise frag-licher Finanzierbarkeit (Spitalimmobilien, S. 36–39)

Neues Umfeld bietet auch viele Chancen (Fazit: Vom Spital zum Ge-sundheitszentrum, S. 39–40)

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Branchenlandschaft Gesundheitswesen

Nachfrage nach Gesundheitsleistungen

Überblick und Entwicklung

Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts. Kein Wunder ist die Gesundheit den allermeisten Leuten sprichwörtlich das wichtigste Gut. Die Bevölkerung stellt hohe Ansprü-che an das Gesundheitswesen und ist bereit, viel dafür auszugeben. Mit zusätzlichem Wohlstand wächst daher die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen überproportional. Innovationen aus verschiedensten Bereichen – etwa der Gentechnik, der Materialwirtschaft oder der Informa-tions- und Kommunikationstechnologie – werden durch die Nachfrage des Gesundheitswesens getrieben und treiben ihrerseits die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen. Die Kosten des Gesundheitswesens belaufen sich auf 11%, die Wertschöpfung auf knapp 5% des Bruttoinlandproduktes (2011). Es ist somit eine der grössten Branchen der Schweizer Wirt-schaft. Während die Gesamtausgaben im Jahr 1995 noch 36 Mrd. CHF betrugen, stiegen sie bis ins Jahr 2011 bereits auf 65 Mrd. CHF an, was einem durchschnittlichen nominalem Wachstum von 3.8% pro Jahr entspricht (Abbildung 1). Das Wachstum dürfte sich in Zukunft fortsetzen. Die eidgenössische Finanzverwaltung rechnet damit, dass der Ausgabenanteil des Gesundheitswesens am BIP bis 2060 auf 16% zunehmen dürfte. Auch in mittlerer Frist wird sich die Branche dynamisch entwickeln. So weist das Gesundheitswesen in der mittelfristigen Chancen-Risiken-Bewertung der Credit Suisse unter allen Schweizer Branchen den zweithöchs-ten Wert aus – übertroffen nur von der ebenfalls gesundheitsnahen Pharmabranche.1

Abbildung 1

Ausgabenentwicklung Gesundheitswesen In Mio. CHF; 2011: provisorische Zahlen

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Abbildung 2

Gesundheitsausgaben nach Leistungserbringern Anteil an Gesundheitsausgaben, 1995 (innerer Kreis), 2011 (äusserer Kreis)

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Die Spitäler decken mit einem Anteil von 36.0% an den gesamten Gesundheitsausgaben den grössten Teil der Nachfrage nach Gesundheitsleistungen ab (Abbildung 2).2 Der zweitgrösste Teil der Nachfrage fällt auf die ambulanten Versorger mit einem Anteil von 30.8%. In diese Gruppe fallen zum Beispiel Ärzte mit einem Anteil von 17.5%, Zahnärzte (6.0%) und nichtärztli-che ambulante Versorger wie Physiotherapeuten (7.3%). Die drittgrösste Kostenkomponente sind sozialmedizinische Institute. Diese beinhalten Alters- und Pflegeheime sowie Institutionen für Behinderte und für Suchtkranke (17.5%). Sozialmedizinische Institutionen wie Pflegeheime

1 Die Chancen-Risiken-Bewertung misst die strukturellen Stärken und Schwächen der einzelnen Wirtschaftszweige systematisch, um eine Aussage über ihr mittelfristiges

Wachstumspotenzial – unter Berücksichtigung der Risiken – treffen zu können. Quelle: Credit Suisse (2013): Branchenhandbuch 2013 – Strukturen und Perspektiven. 2 Wenn nachfolgend nicht anders definiert, beziehen sich Prozentanteile auf die absoluten Gesundheitsausgaben und nicht auf den Anteil der Ausgaben am BIP.

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1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011

Ambulante Behandlung Stationäre Behandlung Übrige Ausgaben

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7.9%

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7.3%

17.5%

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Krankenhäuser

Ärzte

Zahnärzte

Nichtärztliche ambulanteVersorger

SozialmedizinischeInstitutionen

Apotheken, Drogerien

Staat, Versicherer,Stiftungen etc.

Gesundheit als wichtigstes Gut

Gesundheitswesen ist eine Wachstumsbranche

Gesundheitsausgaben fal-len zu einem Drittel in Spi-tälern an

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gewannen in den letzten Dekaden aufgrund der demografischen Alterung sowie der abnehmen-den Bereitschaft bzw. Möglichkeit, Pflegeleistungen innerhalb der Familie zu erbringen, immer stärker an Bedeutung. Während deren Kosten 1995 noch einen Anteil von 15.7% der gesam-ten Gesundheitsausgaben ausmachten, waren es im Jahr 2011 bereits 17.5% (Abbildung 2). Der Anteil der Ausgaben für Ärzte an den gesamten Gesundheitskosten nahm in dieser Zeit-periode ebenfalls leicht zu. Er stieg in erster Linie wegen der stärkeren Nachfrage nach den Diensten der Spezialärzte von 17.1% auf 17.5%. Die Nachfrage nach zahnärztlichen Dienstleis-tungen entwickelte sich mit einem jährlichen Wachstum von 2.5% unterdurchschnittlich, der Kostenanteil sank von 7.4% auf 6.0%. Die Entwicklung im Spitalbereich wird im Schwerpunkt-teil der Studie eingehend diskutiert.

Bestimmungsfaktoren der Nachfrage

Ein Grund für die kontinuierliche Ausweitung der Gesundheitsnachfrage ist das Bevölkerungs-wachstum. Die Schweiz verzeichnete zwischen 2000 und 2011 aufgrund der starken Zuwande-rung eine Zunahme der Bevölkerung von durchschnittlich 0.9% pro Jahr, was die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen steigen liess. Die Zuwanderung dürfte sich in naher Zukunft höchstens geringfügig abschwächen. Wir gehen in unserem Prognosemodell davon aus, dass die Schweizer Bevölkerung bis 2040 mit durchschnittlich 0.6% pro Jahr wachsen wird. Damit ist absehbar, dass die Gesundheitsausgaben weiter ansteigen werden.

Abbildung 3

Demografische Entwicklung bis 2040 und Gesund-heitskosten nach Altersklassen Bevölkerung nach Altersklassen, in Tausend; Kosten in Tausend CHF pro

Einwohner (2010)

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Abbildung 4

Anteil Versicherte und Anteil Kosten unterteilt nach Hochkostenfällen (HKF) In Prozent

Quelle: Engler (2011): Management von Hochkostenfällen, Credit Suisse

Ein zweiter Nachfragetreiber des Gesundheitssektors ist die demografische Alterung. Der Be-griff bezeichnet die Erhöhung des Durchschnittalters einer Bevölkerung, wobei dazu sowohl eine steigende Lebenserwartung als auch das Älterwerden der geburtenstarken Jahrgänge (Baby-boomer) beitragen. Das Bundesamt für Statistik erwartet zwischen 2011 und 2040 einen An-stieg der Lebenserwartung von 82.5 auf 86.8 Jahre. Gleichzeitig wird sich die Babyboomer-Generation in den nächsten Jahren in den Ruhestand begeben. 2040 wird mehr als jeder vierte Schweizer über 65 Jahre alt sein; 2010 waren es nur 17% (Abbildung 3). Das Ausmass des Effekts einer alternden Bevölkerung auf die Gesundheitskosten ist unter Gesundheitsökonomen allerdings ein umstrittenes Thema. Beobachten lässt sich, dass die Gesundheitskosten pro Kopf mit zunehmendem Alter steigen (Abbildung 3). Das liegt einerseits an einer höheren Sterblich-keit (Mortalität) in den ältesten Bevölkerungskohorten, weil besonders in den letzten Lebensjah-ren vor dem Tod die Gesundheitskosten – altersunabhängig – dramatisch ansteigen.3 Auf diese sogenannten Sterbekosten hat die demografische Alterung kaum kostentreibende Auswirkun-

3 Die Gesundheitsausgaben im letzten Lebensjahr (Sterbekosten) sind etwa zehnmal höher als die jährlichen Gesundheitsausgaben von Überlebenden. Mehr zum Thema

siehe Felder (2012): Gesundheitsausgaben und demografischer Wandel. In Bundesgesundheitsblatt 2012/5.

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2000 2011 2040 Kosten in Tausend Franken pro Einwohner(rechte Achse) 93%

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Keine HKF HKF 0 HKF 1 HKF 2

Anteil Versicherte Anteil Kosten

Bevölkerungswachstum treibt Gesundheitsaus-gaben

Demografische Alterung erhöht die Gesundheitskos-ten

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gen. Anderseits nimmt mit dem Alter auch die Gebrechlichkeit (Morbidität) und Pflegebedürftig-keit der Überlebenden zu. Ob die Alterung der Gesellschaft über diesen Zusammenhang zu hö-heren Kosten führt, hängt massgeblich davon ab, ob die Bevölkerung die gewonnenen Lebens-jahre in Gesundheit oder Krankheit verbringt.4 Über alle Altersklassen summiert dürfte die Alte-rung dennoch einen gewissen Anstieg der gesamten Gesundheitsausgaben verursachen, und es ist unbestritten, dass eine alternde Gesellschaft vor allem im Bereich der Langzeitpflege zu-sätzliche Nachfrage mit entsprechenden Kostenfolgen auslöst.

Hochkostenfälle

Die Gesundheitskosten in der Schweiz sind stark konzentriert. Knapp 7% aller Versichertenverursachen über 50% der Kosten. Die Hälfte der Versicherten generiert weniger als 900 CHF Gesundheitsausgaben pro Jahr und verursacht ungefähr 7% der Gesamtausgaben. Verantwortlich für diese Konzentration sind sogenannte Hochkostenfälle (HKF). Hochkos-tenfälle werden definiert als Versicherte, welche Kosten zwischen 10'000 und 20'000 CHF (HKF0), zwischen 20'000 und 50'000 CHF (HKF1) und über 50'000 CHF (HKF2) pro Jahr auslösen (Abbildung 4). Bei den meisten Hochkostenfällen handelt es sich um ältere Personen. So stammt fast die Hälfte der HKF1-Fälle aus der Altersgruppe der 71-bis 90-Jährigen. Bei den HKF2-Patienten generieren die 51- bis 80-Jährigen 70% der Kosten. Bei jüngeren Personen ist der Anteil der Hochkostenfälle zwar um einiges gerin-ger, dafür ist die Behandlung dieser Patienten im Durchschnitt teurer.

Stärker als die demografischen Faktoren trägt der technologische Fortschritt zum Ausgaben-wachstum im Gesundheitsbereich bei. Zwar können bereits bestehende Heilungsmöglichkeiten durch medizinisch-technische Entwicklungen günstiger bereitgestellt werden. Der technologi-sche Fortschritt erschliesst aber beständig neue Behandlungs- und vor allem Diagnosemöglich-keiten, welche oft in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden und somit automatisch zu einer höheren Nachfrage führen. In diesem Zusammenhang beobachtet man auch das Phänomen der «angebotsinduzierten Nachfrage». Dabei schafft das Angebot, zum Beispiel die Entwicklung eines bahnbrechenden Medikaments, auch gleich seine Nachfrage. Diesem Automatismus liegt eine Informationsasymmetrie zugrunde. Die Anbieter von Gesund-heitsleistungen sind zum Teil in der Lage, die Nachfrage nach ihren Leistungen zu beeinflussen, weil sie im Normalfall einen Informationsvorsprung gegenüber den Patienten besitzen. Ein in diesem Kontext oft diskutiertes Beispiel ist die Ärztedichte (mehr dazu im Kapitel «Regulierung und Politik im Gesundheitswesen»). Die Nachfrage wird durch die Ausgestaltung des Finanzierungssystems zusätzlich angetrieben. Der Patient bezahlt durchschnittlich nur etwa einen Viertel der Kosten direkt. Der Rest wird durch die obligatorische Krankenversicherung, andere Sozialversicherungen und Steuern finan-ziert. Die individuellen Kosten fallen in der Konsumentscheidung daher weniger ins Gewicht, was Patienten eher veranlasst, auch sehr teure Behandlungen in Anspruch zu nehmen. Ent-sprechend ist empirisch festzustellen, dass die Gesundheitsausgaben stärker mit der gesamt-wirtschaftlichen Einkommensentwicklung als dem individuellen Einkommen zusammenhängen.5 Es stellt sich immer wieder die Frage, welcher der oben genannten Faktoren der wichtigste Kostentreiber im Gesundheitswesen ist. So wird geschätzt, dass in der Schweiz zwischen 1992 und 1999 rund drei Viertel des Kostenanstiegs durch den technologischen Fortschritt, die Men-genausweitung und den erweiterten Leistungskatalog verursacht wurden.6 Das Bevölkerungs-wachstum und die demografische Alterung trugen dagegen nur geringfügig zum Kostenwachs-tum bei. Zerlegt man überschlagsmässig mit ähnlicher Methodik den Kostenanstieg zwischen 2000 und 2010, findet man ähnliche Resultate: Knapp 60% des Ausgabenwachstums ist (in-flationsbereinigt) mit anderen als demografischen Faktoren zu erklären.

4 Mehr zur sogenannten Kompression der Morbidität siehe Kapitel «Spitalmarkt Schweiz – Nachfrage nach Spitalleistungen». 5 Colombier (2012): Ausgabenprojektionen für das Gesundheitswesen bis 2060. 6 Beck (2004): Risiko Krankenversicherung – Risikomanagement in einem regulierten Krankenversicherungsmarkt.

Technologischer Fortschritt und angebotsinduzierte Nachfrage

Fehlende Budgetrestriktion führt zu Mehrkonsum

Nichtdemografische Fakto-ren hauptverantwortlich für Kostenwachstum

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Angebot an Gesundheitsleistungen

Überblick und Entwicklung

Parallel zur Nachfrage wuchs das Angebot im Gesundheitswesen in den letzten Jahren nicht minder stark (Abbildung 5). Die Branche ist einer der grössten Arbeitgeber der Schweiz und verzeichnete von 2001 bis 2011, gemessen in Vollzeitäquivalenten, ein Wachstum von 28% (2.5% p.a.). 74% der gut 300'000 Beschäftigten im Gesundheitswesen sind im stationären Bereich beschäftigt. Dessen leicht unterdurchschnittliches Wachstum beruht auf einem Zu-wachs von 37% (3.2% p.a.) im Bereich der Alters- und Pflegeheime und einer Zunahme von knapp 23% bei den Krankenhäusern. In der gleichen Zeit nahm die Beschäftigung in Arztpraxen von Allgemeinmedizinern schätzungsweise um knapp 2% ab, während die Beschäftigung in Facharztpraxen um 59% (4.7% p.a.) zunahm. Die Zahnarztpraxen verzeichneten knapp einen Fünftel mehr Beschäftigte.

Abbildung 5

Beschäftigung im Gesundheitswesen Vollzeitäquivalente nach Subbranchen; 2011: Subbranchen im ambulanten Bereich geschätzt

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Die Entwicklung der Anzahl Betriebe im Gesundheitswesen war in den letzten Jahren rückläufig. Im Kontext der massiv gewachsenen Beschäftigung lässt sich daraus eine Konzentration im Gesundheitswesen ablesen. Diese Entwicklung war aber nicht in allen Teilbereichen gleicher-massen stark. Der Konsolidierungseffekt kann vor allem im stationären Bereich, bei den Arzt-praxen sowie der Spitex beobachtet werden. Eine Erklärung für diese Entwicklung findet sich nicht zuletzt im zunehmenden politischen Druck zur Kostenreduktion. Leistungserbringer sehen sich dadurch gezwungen, Synergien zu nutzen und Skaleneffekte zu realisieren. Im Folgenden gehen wir spezifisch auf das Angebot der Ärzte und Zahnärzte sowie die Alters- und Pflegehei-me ein. Auf die Spitäler ist im Schwerpunktteil der Studie ein besonderes Augenmerk gerichtet.

Ärzte

2012 waren knapp 17'000 Ärzte im ambulanten Sektor tätig. Die Zahl der Ärzte wuchs seit der Jahrtausendwende um durchschnittlich 1.4% pro Jahr. Dieses Wachstum fiel zwar – kaum überraschend – dynamischer aus als das Bevölkerungswachstum (0.9% p.a.), liegt aber deut-lich unter dem Wachstum der gesamten Gesundheitsausgaben (3.8% p.a.) (Abbildung 6). Die Ärztedichte lag 2011 bei 2 Ärzten pro 1'000 Einwohner, was im internationalen Vergleich einem sehr hohen Wert entspricht. Der Wert verdeckt aber immense regionale Unterschiede bei der Ärztedichte. Urbane und Westschweizer Kantone weisen tendenziell eine hohe Dichte auf. Spit-

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Krankenhäuser Alters- und PflegeheimeArztpraxen für Allgemeinmedizin FacharztpraxenZahnarztpraxen Psychotherapie und PsychologiePhysiotherapie Spitex, Hebammen etc.Übriges Gesundheitswesen

Gemessen an Arbeitskräf-ten eine der grössten Bran-chen der Schweiz

Konzentrationsprozess in den meisten Subbranchen

Hohe Ärztedichte, grosse regionale Unterschiede

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zenreiter ist Basel-Stadt mit 4 Ärzten pro 1'000 Einwohner. Damit kommen in Basel-Stadt auf 1'000 Einwohner viermal mehr Ärzte als in den Innerschweizer Kantonen sowie Appenzell Inner-rhoden (Abbildung 7).

Abbildung 6

Entwicklung der Arztbranche im Vergleich Index 2000 = 100; Strukturbruch im Jahr 2008

Quelle: FMH, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Abbildung 7

Ärztedichte nach Kanton, 2011 Ambulant tätige Ärzte pro 100'000 Einwohner

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

In der Ärztebranche zeigt sich eine auffällige Verschiebung zwischen Allgemein- und Spezialme-dizin. Die Zahl der Arztpraxen für Allgemeinmedizin ging von 1998 bis 2008 um 2.3% pro Jahr zurück. Im gleichen Zeitraum wuchs die Zahl von Facharztpraxen um 2.0% pro Jahr. Die FMH-Ärztestatistik deutet darauf hin, dass sich der Trend nach 2008 fortsetzte. 2008 gaben 35.1% der ambulant tätigen Ärzte als Hauptfachgebiet Allgemeinmedizin, Innere Medizin oder Allge-meine Innere Medizin an. Dieser Anteil ging bis 2012 auf 34.7% leicht zurück. Faktoren wie die hohen Präsenzzeiten, Notfalldienste, mangelnde Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten beeinträchtigen die Attraktivität der Allgemeinmedizin. Zudem sind die Verdienstmöglichkeiten in der Spezialmedizin oftmals höher. Die Praxislandschaft ist sehr kleinbetrieblich strukturiert. 60% der Ärzte im ambulanten Bereich waren 2012 in einer Einzelpraxis tätig. Gruppenpraxen (gemeinsame Praxis), Praxisgemein-schaften (Zusammenschluss mehrerer Praxen) sowie Ärztenetzwerke ermöglichen die Nutzung von Synergien und eine bessere Auslastung von Praxisräumlichkeiten, Infrastruktur und Perso-nal. Sie finden daher zunehmend Verbreitung. Angesichts des steigenden Kostendrucks dürften die Vernetzung der Gesundheitsdienstleister und die Übernahme von Kostenverantwortung (HMO-Praxen) weiter zunehmen, auch wenn die Förderung von Managed-Care-Modellen 2012 an der Urne verworfen wurde (vgl. Kapitel «Regulierung und Politik im Gesundheitswesen»). Branchenvertreter machen laufend auf einen drohenden Ärztemangel aufmerksam: Das Durch-schnittsalter der Ärzteschaft stieg in den vergangenen Jahren stetig an und belief sich 2011 auf 53.4 Jahre. Der Frauenanteil nahm ebenfalls zu und betrug 2012 knapp 34%. Die Nachfrage nach Teilzeitarbeit und flexiblen Arbeitszeitmodellen steigt dadurch an. Die rege Einwanderung ausländischer Ärzte hat bisher eine flächendeckende Ärzteknappheit verhindert. Dies trotz dem Zulassungsstopp, welcher bei Einführung der Personenfreizügigkeit mit dem Ziel der «Kosten-dämpfung» als flankierende Massnahme eingeführt wurde. Leidtragende dieser Wettbewerbs-verzerrung zugunsten der etablierten Ärzte sind vor allem junge Mediziner, denen die Eröffnung einer eigenen Praxis erschwert wird (vgl. Text-Box zum Ärztestopp, S. 15).

Zahnärzte

In der Schweiz arbeiteten 2011 4'120 Zahnärzte in freier Praxis. Ihre Zahl nahm seit der Jahr-tausendwende mit einem Wachstum von 1.6% pro Jahr stärker zu als die Zahl der übrigen am-bulant tätigen Ärzte (1.4% pro Jahr). Die Kosten entwickelten sich mit einem jährlichen Wachs-tum von 2.8% allerdings unterdurchschnittlich (zum Vergleich Ärzte: 3.6% p.a.; Gesundheits-

90

100

110

120

130

140

150

160

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Bevölkerung GesundheitsausgabenÄrzte im ambulanten Sektor Umsatz pro Arzt

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450

UriAppenzell I. Rh.

ObwaldenNidwalden

SchwyzFreiburgThurgau

GlarusJura

WallisLuzernAargau

Appenzell A. Rh.SolothurnSt. Gallen

GraubündenNeuenburg

TessinSchaffhausen

ZugSchweiz

BernBasel-Landschaft

WaadtZürichGenf

Basel-Stadt

Verschiebung von der All-gemein- zur Spezialmedizin

Einzelpraxis vorherrschend, Bedeutung nimmt aber ab

Der Altersdurchschnitt und der Frauenanteil steigen

Unterdurchschnittliche Kos-tenentwicklung

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kosten total: 3.8% p.a. seit 2000). Im Gegensatz zu den Ärzten ist die Zahnarztdichte in der Schweiz im internationalen Vergleich gering. 2011 kamen in der Schweiz auf 10'000 Einwohner lediglich 5 Zahnärzte, gegenüber beispielsweise 8 in Deutschland oder 6 in Frankreich (beide 2010). Ein wahrscheinlicher Grund dafür ist die Tatsache, dass Zahnärzte hierzulande – im Ge-gensatz zu den meisten anderen Industriestaaten – nur ein paar ausgewählte Leistungen über die obligatorische Krankenpflegeversicherung abrechnen dürfen. Deshalb sind die Schweizer Zahnärzte einem intensiven Wettbewerb ausgesetzt, der nicht wie bei den Ärzten nur über die Qualität, sondern auch über den Preis (Taxpunktwert) der Leistungen läuft. Aufgrund der grös-seren unternehmerischen Freiheit sind Faktoren wie die konsequente Ausrichtung auf Kunden-bedürfnisse oder der Auftritt am Markt (beispielsweise Werbung oder Gestaltung einer attrakti-ven Website) zentral. Die zahnmedizinische Versorgung wird weitestgehend durch Zahnarztpraxen sichergestellt, in denen auch Dentalhygieniker, Dental- und Prophylaxeassistenten, administrative Angestellte und allenfalls Assistenzzahnärzte arbeiten. 95% der Praxen sind Mikrobetriebe mit weniger als 10 vollzeitäquivalenten Stellen (VZÄ). Die durchschnittliche Praxisgrösse stieg in der Vergan-genheit leicht an (2008: 4.7 VZÄ; 1998: 4.0). Grössere Einheiten bieten Vorteile aufgrund der hohen Investitionskosten, der gemeinsamen Nutzung von Infrastruktur und medizinischem Hilfs-personal und können zudem dem Wunsch der Kunden nach langen Öffnungszeiten, guter Er-reichbarkeit und umfassendem Leistungsangebot besser entgegenkommen. Die vermehrte Präsenz von Zahnarztzentren und die Zuwanderung ausländischer Ärzte verstärken die Konkur-renz. Seit Inkrafttreten der bilateralen Verträge sind Diplome aus EU- und EFTA-Ländern for-mell anerkannt. Die Zuwanderung füllt gewisse Angebotslücken, die sich aufgrund der alternden Ärzteschaft sowie der wachsenden Frauen- und Teilzeitarbeitsquote öffnen.

Alters- und Pflegeheime, ambulante Pflege

Die Schweiz verfügte 2011 über 92'500 stationäre Plätze in Alters- und Pflegeheimen, die sich auf 1'585 Betriebe verteilten. Altersheime sind allerdings ein Auslaufmodell. Von den gut 81'000 Beschäftigten der Branche entfielen 2011 nur noch 740 auf Altersheime. Von 2006 bis 2011 reduzierte sich die Zahl der Betreuungsplätze in Altersheimen, während diejenige in Pflegeheimen um 6% (1.2% p.a.) zunahm (Abbildung 8). Ein Grund für den Rückgang der Al-tersheimplätze ist der Boom bei der professionellen Betreuung zu Hause, beispielsweise durch die Spitex.

Abbildung 8

Entwicklung der Alters- und Pflegeheime Index7 2006 = 100

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Abbildung 9

Wachstum von Spitex und Alterskohorte 65+ Veränderung zum Vorjahr in Prozent

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

7 Die Statistik enthält 2006 einen Strukturbruch, was einen Vergleich mit früheren Jahren verunmöglicht. Deshalb sind nur die Werte ab 2006 berücksichtigt. Die starken

Schwankungen bei den Altersheimen in den Jahren 2009–2011 sind teilweise auf Erhebungsunterschiede zurückzuführen.

60

70

80

90

100

110

120

2006 2007 2008 2009 2010 2011

VZÄ Altersheime VZÄ PflegeheimeBetreuungsplätze Altersheime Betreuungsplätze Pflegeheime

0%

1%

2%

3%

4%

5%

6%

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Wachstum VZÄ Spitex Wachstum Bevölkerung 65+

Trends: Grössere Praxen, mehr ausländische Zahn-ärzte

Auslaufmodell Altersheim

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Der Verbleib in den eigenen vier Wänden ist der Alterskohorte 65+ ein grosses Bedürfnis. Be-dient wird dieses Bedürfnis vom Spitexbereich, der 2011 16'500 vollzeitäquivalente Stellen umfasste und in der Zeit von 2000 bis 2011 ein Wachstum von 4.8% p.a. verzeichnete. Im sel-ben Zeitraum wuchs die Alterskohorte der über 65-Jährigen mit 1.9% (Abbildung 9). Der Trend zur professionellen Betreuung zu Hause führt dazu, dass die Menschen zum Zeitpunkt einer all-fällig nötigen stationären Betreuung älter sind als früher und zugleich auch pflegebedürftiger, weshalb sie gleich in ein Pflege- und nicht erst in ein Altersheim eintreten. Man kann diese Entwicklung daher auch als Optimierung der «Prozesskette» verstehen: Solange es irgendwie noch geht, bleibt man zu Hause und wechselt erst ab einer bestimmten Betreuungsintensität in ein Heim. Eine sinnvolle Entwicklung, wie eine Studie im Auftrag des Spitexverbandes zeigt.8 Diese besagt, dass ein Heim ab einem Pflegebedarf von 60 bis 120 Minuten pro Tag kosten-günstiger (effizienter) ist als eine ambulante Betreuung. Nicht zuletzt aus Kostengründen wird der möglichst lange Verbleib zuhause auch vom Staat mittels Spitexförderung und Kostenüber-nahmebestimmungen unterstützt. Die höhere Pflegebedürftigkeit bei Heimeintritt zieht wachsende Ansprüche an Infrastruktur und Betrieb nach sich. Diesen Folge zu leisten, ist mit höheren Kosten verbunden. Rund 57% der Pflege- und Altersheime sind öffentliche Institutionen oder werden direkt vom Staat subventio-niert. Die restlichen 43% sind privat finanziert und erhalten keine Subventionen. Sie positionie-ren sich stärker im Premiumsegment. Staatliche Institutionen sind wegen des zunehmenden Spardrucks gezwungen, Kosten zu senken, und können deshalb in diesem Segment nur be-schränkt mit den Privaten konkurrieren.

Regulierung und Politik im Gesundheitswesen

Die Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen sind stark reguliert. Regulatorische Vorgaben schränken in vielen Bereichen den Marktzugang ein – nicht zuletzt im Interesse der Patienten – und schützen so einerseits bestehende Anbieter vor Wettbewerb. Anderseits determinieren sie auch die Grenzen des unternehmerischen Spielraums. Die Preise im Gesundheitswesen sind weitgehend staatlich administriert. Der Wettbewerb richtet sich dadurch stärker auf Qualitäts-merkmale und infolge mangelnder Mess- und Vergleichbarkeit vor allem auf Ausstattungs- und Mengenaspekte (z.B. welches Spital welche Behandlungen anbietet). Immer wieder ist zu hören, dass das Gesundheitswesen Sache der Kantone sei. Jedoch haben auch Bund und Gemeinden wichtige Kompetenzen und Aufgaben, was sich selbst in der Kos-tenaufteilung widerspiegelt (Abbildung 10). Die Arbeitsteilung zwischen den drei staatspoliti-schen Ebenen ist äusserst komplex und für Aussenstehende kaum zu durchschauen.9 In den letzten Jahren wurden gewisse Reformen angestossen, welche unter anderem die Herstellung klarer Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zum Ziel haben. Oftmals geschieht dies über Reformen des Krankenversicherungsgesetzes (KVG), welches das wichtigste Gesetz im Schweizer Gesundheitswesen darstellt. Obwohl dem Namen nach nur ein Versicherungsgesetz, regelt es faktisch weite Teile des Gesundheitswesens. Um die Entwicklungen im Schweizer Ge-sundheitsmarkt besser zu verstehen, ist es deshalb hilfreich, sich einen Überblick über die wich-tigsten Revisionen dieses inoffiziellen Schweizer Gesundheitsgesetzes der letzten Jahre zu ver-schaffen. Diese zielten meist darauf ab, Schwächen des Systems zu beheben. Dazu gehören unter anderem eine mangelnde Transparenz im Hinblick auf Qualität und Kosten, fehlende sta-tistische Grundlagen, durch Fehlanreize verursachte Ineffizienzen, mangelnde Koordination zwi-schen Kompetenzträgern und vereinzelt auch eine mangelhafte Qualität. In diesem Kontext wurden bisher drei Teilrevisionen des 1996 in Kraft gesetzten KVG lanciert. Die erste Teilrevision brachte im Jahr 2001 vorwiegend technische Revisionen. Der Fokus der zweiten Teilrevision lag auf mengenwirksamen Korrekturen, die kostendämpfend wirken sollten. Kernstücke waren unter anderem die Neuregelung der Spitalfinanzierung sowie die Aufhebung des Kontrahierungszwangs (Verpflichtung der Krankenkassen mit allen Leistungserbringern Ver-

8 Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) im Auftrag des Spitexverbands (2006): Grenzen von Spitex aus ökonomischer Perspektive. 9 Ein guter Überblick findet sich bei Kocher (2010): Kompetenz- und Aufgabenteilung Bund – Kantone – Gemeinden, in Gesundheitswesen Schweiz 2010– 2012.

Spitex als Effizienztreiber

Gestiegene Ansprüche er-höhen die Kosten

Starke Abhängigkeit von regulatorischen Entschei-den

Komplexe Kompetenzauf-teilung

Das KVG befindet sich in ständigem Wandel

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träge abzuschliessen). Aufgrund verschiedener Differenzen zwischen National- und Ständerat scheiterte diese Revision jedoch. Daher versuchte man, die weniger umstrittenen Revisions-punkte in verschiedene Pakete zusammenzufassen. Eines dieser Revisionspakete beinhaltete die Spitalfinanzierung (siehe detailliert: Unterkapitel «KVG-Teilrevision zur Spitalfinanzierung») und die Förderung von Managed Care. Beide Vorlagen wurden vom Parlament angenommen, jedoch scheiterte die Managed-Care-Vorlage in der Referendumsabstimmung. 2008 verab-schiedeten beide Räte zudem die Neuordnung der Pflegefinanzierung.

Abbildung 10

Kostenträger im Gesundheitswesen Anteile der Kostenträger in Prozent

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Abbildung 11

Entwicklung der Versichertenmodelle Anteile der verschiedenen Modelle in Prozent

Quelle: Forum Managed Care, Credit Suisse

Managed Care ist ein Instrument zur Leistungssteuerung im Gesundheitswesen. Die finanzielle Verantwortung tragen dabei die Versicherer und die Leistungserbringer gemeinsam. In der Schweiz sind Health Maintenance Organizations (HMO) die am häufigsten praktizierte Form von Managed Care. Der Patient verpflichtet sich dabei, ausser in Notfällen, zuerst die HMO aufzu-suchen. Diese leitet ihn bei Bedarf an andere Gesundheitsdienstleister weiter, mit denen sie vernetzt ist. Die damit verbundene eingeschränkte Arztwahl wird durch tiefere Prämien kompen-siert. Seit 2004 nimmt der Anteil der Versicherten zu, welche sich für ein Managed-Care-Modell entscheiden, (Abbildung 11). Das Parlament erkannte in diesem Modell ein Kostensenkungspo-tenzial und wollte daher Anreize schaffen, damit noch mehr Versicherte dieses Modell wählen. Das Schweizer Stimmvolk lehnte die Vorlage bei einer Referendumsabstimmung im Jahr 2012 aus Angst vor der Einschränkung der freien Arztwahl ab. Seit 1.1.2011 gilt die neue Regelung der Pflegefinanzierung. Das Ziel der neuen Regelung ist die finanzielle Entlastung der Patienten. Mit der Neuordnung der Pflegefinanzierung und dem damit verbundenen Übergang von der Objekt- zur Subjektfinanzierung10 gewinnen bei den Pfle-geheimen die betriebswirtschaftliche Unternehmensführung und die Bildung von Rückstellungen für zukünftige Investitionen weiter an Bedeutung. Bei der Neuregelung wurde die Verteilung der Kosten zugunsten der Patienten verändert. Der Kostenanteil des Patienten beläuft sich im neu-en System auf maximal 20% des höchsten Beitrags der Krankenkassen. Diese bezahlen einen Betrag, der in der Krankenpflege-Leistungsverordnung geregelt ist. Den Rest der Pflegekosten bezahlt die öffentliche Hand.11 Zusätzlich sind die Investitionskosten nun Teil der Pflegekosten, was, zusammen mit der Kompetenz, die Investitionen selbst zu planen, den Leistungserbringern mehr unternehmerische Freiheit bringt. Der regulatorische Rahmen des Schweizer Gesundheitswesens wird auch künftig eine Reihe von Revisionen durchlaufen. So hat der Bundesrat Anfang 2013 seine gesundheitspolitischen

10 Einfach ausgedrückt wird bei der Objektfinanzierung der Leistungserbringer finanziert, bei der Subjektfinanzierung die anspruchsberechtigte Person. 11 Die Regelungen betreffen nur Heime, die auf der kantonalen Liste stehen. Für die Kosten in anderen Heimen muss der Patient vollumfänglich selbst aufkommen.

21%

34%7%

6%

22%

4%5%

2%

62%

32%

7%Out of pocket undandere

Sozialversicherungen

Privatversicherungen

Bund

Kantone

Gemeinden

Kranken- undUnfallversicherung

AHV, IV und andere

PrivateHaushalte

Staat

Unternehmen0%

20%

40%

60%

80%

100%

2004 2006 2008 2010 2012 2013

Standardmodell gemäss KVGModelle ohne Ärztenetz und Vertrag (Listenmodelle, telemedizinische Modelle)Modelle mit Ärztenetz und Vertrag (Hausarzt und HMO-Modelle)

Managed Care: ein Kom-promiss zur Kostendämp-fung?

Pflegefinanzierung: Entlas-tung der Patienten und Stärkung des unternehme-rischen Aspekts

Gesundheitspolitische Prio-ritäten des Bundesrats

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Prioritäten bis zum Jahr 2020 vorgestellt.12 Als wichtigste Problembereiche identifiziert der Be-richt die künftige Zunahme an chronischen Krankheiten, eine für die künftigen Herausforderun-gen nicht gerüstete Versorgungsstruktur, die Finanzierbarkeit sowie mangelnde Transparenz und Steuerbarkeit. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, definierte der Bundesrat die vier Handlungsfelder Transparenz, Chancengleichheit, Versorgungsqualität und Lebensqualität, zu denen zwölf Ziele mit je drei Massnahmen gehören. Diese Gesamtschau soll eine Basis für die Diskussion über die Gestaltung der Gesundheitspolitik und der künftigen Strukturen der Prävention und Versorgung bieten. Die aufgeführten Massnahmen sind eher allgemein gehal-ten, geben aber eine Idee darüber, in welche Richtung künftige Revisionen gehen könnten. Un-ter anderem sollen mit Effizienzsteigerungen in verschiedensten Bereichen bis zu 20% der Kos-ten eingespart werden. Die Massnahmen greifen teilweise auch Anliegen verschiedener Volks-initiativen auf, welche sich Mitte 2013 in der Pipeline befanden, z.B. die Initiative «Ja zur Haus-arztmedizin» und die Initiative zur Einheitskrankenkasse.

Ärztestopp

Im Jahr 2002 hat der Bundesrat die Begrenzung der Neuzulassungen von Ärzten einge-führt. Der Hintergrund waren steigende Gesundheitskosten in Kombination mit der neu eingeführten Personenfreizügigkeit, aufgrund welcher man einen Ansturm ausländischer Ärzte befürchtete. Studien zeigen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Ärzte-dichte und der Inanspruchnahme von ärztlichen Dienstleistungen besteht.13 Hier ist ein markanter Unterschied zu anderen Branchen beobachtbar, in denen üblicherweise mit der Anzahl Marktteilnehmer auch der Wettbewerbsdruck steigt und folglich die Kosten bzw. die Preise sinken. Der Grund für diesen Unterschied liegt in der im Gesundheitswesen beson-ders ausgeprägten Informationsasymmetrie in Kombination mit der solidarischen Finanzie-rung der individuellen Gesundheitskosten über die Krankenkasse und den Staat. Der Wis-sensvorsprung kann den Arzt dazu verleiten, dem Patienten zusätzliche und/oder teurere Behandlungen schmackhaft zu machen, welche der Patient – von der Franchise und dem Selbstbehalt abgesehen – nicht selbst bezahlen muss. So kann der Arzt potenzielle Um-satzeinbussen aufgrund vermehrten Wettbewerbsdrucks zu einem gewissen Grad kompen-sieren (sogenannte «angebotsinduzierte Nachfrage»). Der Ärztestopp war ursprünglich als Provisorium gedacht, galt aber acht Jahre für Allge-meinmediziner und bisher zehn Jahre für Fachärzte. Vor dem Hintergrund der Abstimmung zur Managed-Care-Vorlage vom Juni 2012, von der man sich kostendämpfende Effekte versprach, wurde der Ärztestopp für Spezialärzte nicht verlängert. Da die Vorlage abgelehnt wurde und seit Aufhebung des Zulassungsstopps Ende 2011 die Anzahl Zahlstellenregistr-iernummern (ZSR-Nummern)14 enorm anstiegen, führte der Bundesrat den Ärztestopp für Fachärzte ab 1. Juli 2013 für drei weitere Jahre erneut ein. Er will damit den Kantonen wieder die Möglichkeit geben, die Facharztzulassungen bei Bedarf drosseln zu können. Die Massnahme des Ärztestopps ist politisch jedoch stark umstritten und aus ökonomischer Perspektive fragwürdig. Daher schlagen verschiedene Gesundheitspolitiker und Ökonomen alternative Massnahmen vor, um den angebotsinduzierten Kostenanstieg bei den Ärzten zu beschränken und Effizienzanreize zu schaffen. Dazu gehören z.B. verschiedene Formen der Lockerung des Vertragszwangs (Leistungserbringer und Versicherer wären in der Wahl ihrer Vertragspartner frei), die Versteigerung von Zulassungen (Auktionsmodell) oder diffe-renzierte Taxpunktwerte (je höher die Ärztedichte in einer Region, desto niedriger der Tar-med-Tarif). Jedoch sind solche Massnahmen politisch nicht minder umstritten als der Ärz-testopp.

12 Bundesamt für Gesundheit (2013): Die gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrates – Gesundheit 2020. 13 Für mehr Informationen zum Thema siehe Trageser et al. (2012). Effizienz, Nutzung und Finanzierung des Gesundheitswesens. 14 ZSR-Nummern ermöglichen es den Ärzten, ihre Leistungen über die Grundversicherung abzurechnen, und sind somit faktisch Voraussetzung für das Führen einer Praxis.

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Schweizer Spitalmarkt

Neue Spitalfinanzierung und die Rolle der Kantone

KVG-Teilrevision zur Spitalfinanzierung

Im Jahr 2007 verabschiedete das Parlament mit der Teilrevision des KVG zur Spitalfinanzierung eine der grössten Revisionen des Gesundheitswesens der letzten Jahre. Diese Revision ist wichtigster Grund, weshalb sich diese Studie nachfolgend schwerpunktmässig mit dem Spital-markt auseinandersetzt. Mit dem teilrevidierten KVG soll die Transparenz bei Spitalleistungen und Kosten verbessert sowie die unternehmerische Flexibilität der Spitäler gefördert werden. Zudem sollen im Gesundheitswesen systematisch ein Qualitätswettbewerb implementiert und die Kosten gedämpft werden. Das neue System bedeutet den Übergang von einer Objekt- zu einer Subjektfinanzierung. Im Wesentlichen beinhaltet die KVG-Revision folgende Punkte: Ers-tens werden die stationären Leistungen in Spitälern und Geburtshäusern neu mittels einer Fall-pauschale anstelle einer Tagespauschale abgegolten. Zweitens werden öffentliche und private Spitäler aus Finanzierungssicht gleich behandelt. Drittens werden die Kosten neu zu mindestens 55% auf die Kantone und höchstens 45% auf die Versicherer verteilt. Diese neuen Finanzie-rungsmodalitäten bedeuten gleichzeitig eine Abkehr von der Defizitdeckung durch die Kantone. Als nächster wichtiger Punkt ist die schweizweit freie Spitalwahl zu nennen. Um diese sinnvoll zu ermöglichen, bedarf es eines Monitorings mittels Qualitätsindikatoren. Der letzte Pfeiler ist die kantonale Spitalplanung. Die Änderungen der Finanzierungsmodalitäten spielen eine zentrale Rolle im neuen System. Neu erhält jedes Spital pro Fall eine fixe Pauschale. Diese berechnet sich aus einem Basispreis (auch Baserate: durchschnittliche Kosten über alle Krankheitsbilder), der in jedem Kanton mög-lichst einheitlich sein sollte, sowie einer Gewichtung, die je nach Art und Schweregrad der Be-handlung variiert (SwissDRG bzw. Swiss Diagnosis Related Groups). Die momentane Ausge-staltung des SwissDRG ist nicht endgültig. So beschreiben die Fallgewichte in der aktuellen Version (für 2013: 2.0) nicht in jedem Fall alle tatsächlichen Kostenunterschiede. Daher wird das System laufend weiterentwickelt und verfeinert. Die Änderungen der Finanzierungsmodalitä-ten zielen darauf ab, die Effizienz bei der Leistungserbringung zu erhöhen. Unter anderem soll so die durchschnittliche Behandlungsdauer, die in der Schweiz im internationalen Vergleich hoch ist, gesenkt werden. In der Pauschale sind auch die Investitionskosten, welche neu nicht mehr vom Kanton, sondern von jedem Spital selbst getragen werden müssen, sowie die Kosten für die Aus- und Weiterbildung der nichtuniversitären Berufe inbegriffen. Die optimale Baserate ori-entiert sich an derjenigen eines effizient geführten Spitals im jeweiligen Kanton. Die entspre-chenden Kriterien für ein effizientes Spital legt der Kanton fest. Im Mittelpunkt des neuen Systems steht die kantonale Spitalliste, die im Rahmen der Bedarfs- und Spitalplanung erstellt wird. Auf dieser Liste stehen die sogenannten Listenspitäler, welche gewisse Bedingungen erfüllen und mit der Idee der neuen Spitalfinanzierung konform sind. Bei diesen Bedingungen handelt es sich primär um Qualitäts- und Effizienzkriterien. Entscheidend ist, dass sich neu neben den öffentlichen auch private Spitäler unter den – theoretisch – glei-chen Ausgangsbedingungen für einen Listenplatz bewerben können. Die Patienten können dann aus den Spitälern auf der Liste ihres Wohnkantons frei wählen. Befindet sich ein Spital auf einer ausserkantonalen Liste, jedoch nicht auf derjenigen des Wohnkantons, müssen der Wohnkanton und der Versicherer die Kosten jedoch nur soweit tragen, wie sie auch im Wohn-kanton im teuersten Spital angefallen wären. Was darüber liegt, bezahlt der Patient selbst oder eine Zusatzversicherung. Bei einer Behandlung in einem Listenspital tragen die Kantone im neuen Regime mindestens 55% der Betriebskosten und die Versicherer 45%. Die Kantone ha-ben bis 2017 Zeit, den Kostenteiler dahingehend anzupassen. Spitäler, welche nicht auf einer Spitalliste stehen, können mit den Versicherern einen Vertrag aushandeln. In solchen sogenannten Vertragsspitälern wird die Behandlung dann zu 45% von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) und zu 55% von der Zusatzversicherung

Eine der grössten Revisio-nen der letzten Jahre

Mehr Effizienz und Transpa-renz dank Fallpauschalen

Öffentliche und private Spi-täler buhlen um einen Platz auf der Spitalliste

Vertrags- und Ausstands-spitäler

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bezahlt. Gelingt es einem Spital nicht, sich mit den Versicherern auf einen Vertrag zu einigen, so werden die dort in Anspruch genommenen Leistungen von einer Zusatzversicherung oder vom Patienten vollständig selber bezahlt. Solche Spitäler werden als Ausstandspitäler bezeichnet (Abbildung 12).

Abbildung 12

Die neue Spitalfinanzierung Spitalfinanzierung nach der KVG-Revision 2007

Quelle: Credit Suisse

Zum Konzept der neuen Spitalplanung gehört, dass der Kanton jedem Listenspital einen Leis-tungsauftrag zuteilt. Dazu erstellt er mithilfe des SwissDRG Leistungsgruppen und weist diese dann den Spitälern zu. Die Zuweisung eines Leistungsauftrags ist nur qualitativer und nicht mengenmässiger Natur. So bietet jedes Spital idealerweise letztlich nur dasjenige Leistungs-spektrum an, das es auch wirtschaftlich und mit der nötigen Qualität anbieten kann. Natürlich berücksichtigt der Kanton bei der Verteilung des Leistungsauftrags die Gewährleistung der Ver-sorgungssicherheit. Die Spitäler haben daher den Anreiz, ihr Angebot kosteneffizient zu gestal-ten, um die entsprechenden Leistungsaufträge vom Kanton zu erhalten. Mit diesem System sol-len Spitäler dazu angehalten werden, nicht benötigte Kapazitäten abzubauen. Langfristig soll im Idealfall jedes Spital nur noch diejenigen Leistungen anbieten, die es auch effizient erbringen kann und die effektiv (medizinisch begründet) nachgefragt werden. Somit wird für jedes Spital eine Bedarfsplanung auf der Basis von Qualität und Wirtschaftlichkeit nötig. Damit dies möglich ist, müssen die Spitäler die Kosten und administrative und medizinische Daten ausweisen. Für den Qualitätswettbewerb sind Qualitätsindikatoren nötig. Das Bundesamt für Gesundheit hat bereits deren drei15 erarbeitet und passt sein System (CH-IQI, aktuelle Version: 3.1) laufend an. Die Qualitätsindikatoren sollen einen Vergleich der Spitäler untereinander ermöglichen und für den gewünschten Wettbewerb sorgen. Die Patienten wählen dann idealerweise ein Spital aufgrund seiner Qualität in der jeweils nachgefragten Behandlung aus. Wie oben bereits erwähnt, ist die Baserate – die schweregradbereinigte Fallpauschale – ein zentrales Element der neuen Spitalfinanzierung. Sie wird durch Verhandlungen der Spitäler mit den Versicherern ermittelt. Der Basispreis sollte für alle Spitäler (oder zumindest für alle dessel-ben Typus) im Kanton gleich sein. Der jeweilige Kanton kann das Verhandlungsresultat in letzter Instanz gutheissen oder nötigenfalls selbst bestimmen (wie im Kanton Zürich für die Spitalliste 2012 geschehen). Der Vergleich der schweregradbereinigten Fallkosten pro Spital ermöglicht die gewünschte Kostentransparenz, was im alten System kaum gegeben war. Spitäler mit

15 Fallzahlen, Mortalitätsrate und Informationen zu Behandlungsverfahren.

Gemeinwirtschaftliche Leistungen

(z.B. universitäre Ausbildung und Forschung)

Kanton Kanton Kanton

45% zulasten der OKPmax. 45% zulasten der

OKP

Zusatzleistungen (Halb-) Privatpatient

Zusatzversicherung/Patient

Zusatzversicherung/Patient

Betriebsaufwand inkl. Investitionen

Grund- oder Zusatzversicherter Patient

im Listenspital

55% zulasten Wohnsitzkanton

Zusatzversicherter Patient im Vertragsspital

Zusatzversicherter Patient im Ausstandsspital

Zusatzversicherung/Patient

Zusatzversicherung/Patient

SwissDRG ist das Kern-stück der neuen Spital-finanzierung

Der Qualitätswettbewerb bedingt Qualitätsindikato-ren

Die Baserate als Effizienz-messer

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Durchschnittskosten unterhalb der Baserate können im neuen System Gewinne erzielen. Dieje-nigen mit höheren Kosten schreiben Verluste und müssen sich bemühen, Kosten zu senken. Die Vertragspartner können die Baserates jährlich neu verhandeln. Dadurch soll zwischen Versi-cherern und Spitälern eine Verhandlungsdynamik entstehen, die das Kostenwachstum zwar nicht stoppen, aber idealerweise dämpfen kann. Der Krankenkassenverbund «Einkaufsgemein-schaft HSK» hat in einem ersten Vergleich der Baserates von 2012 und 2013 festgestellt, dass die meisten – insbesondere die höchsten – Baserates eine sinkende Tendenz aufweisen. Für die anfangs effizienten Spitäler besteht jedoch ein gewisser Anreiz, die Kosten nach oben ver-zerrt auszuweisen. Daher ist bis zu einem gewissen Grad zu erwarten, dass sich die Kosten der teureren Spitäler zwar mit der Zeit nach unten bewegen, diejenigen der günstigeren Spitäler – trotz potenzieller Effizienzgewinne – aber gleich bleiben oder sogar leicht steigen könnten. Diese Entwicklung lässt sich zumindest für die Periode 2012–2013 beobachten (Abbildung 13).

Abbildung 13

Gegenüberstellung der Baserates 2012 und 2013 HSK-Baserates in CHF

Quelle: Einkaufsgemeinschaft HSK, Credit Suisse

Abbildung 14

Rechtsformen öffentlicher Spitäler Anteile je Rechtsform in Prozent

Quelle: Avenir Suisse, Credit Suisse

Umsetzung auf kantonaler Ebene

Den Kantonen kommt im Schweizer Gesundheitssystem eine wichtige und anspruchsvolle Rolle zu. Sie sind gleichzeitig Regulator, Leistungserbringer und Kostenträger. Diese Dreifachrolle führt bei der Umsetzung der neuen Spitalfinanzierung, welche durch die Kantone erfolgt, zu Ziel- und Interessenkonflikten. So könnten Kantone beispielsweise aus Gründen der Strukturer-haltung ein Interesse haben, die Baserates hoch zu halten, um so ineffiziente Spitäler indirekt zu subventionieren. Gleichzeitig haben die Finanzdirektoren den Auftrag, generell die Kosten des Kantons im Rahmen zu halten. Sie haben daher ein Interesse an möglichst tiefen Baserates. Darüber hinaus stellen Spitäler in vielen Regionen wichtige Arbeitgeber dar. Falls ein Spital oder einzelne Spitalabteilungen aus wirtschaftlichen Gründen schliessen müssten – was aus Wettbe-werbs- oder Effizienzsicht unter Umständen erwünscht ist –, könnte der betroffene Kanton ver-sucht sein, aus regionalpolitischen Gründen strukturerhaltend einzugreifen. Zu den Zielen der neuen Spitalfinanzierung gehört es auch, mithilfe des Wettbewerbs beste-hende Strukturen zu verändern. Die konkrete Umsetzung der KVG-Revision beinhaltet in einigen Kantonen aber Spezifikationen, welche diesem Ziel der Reform eher entgegenlaufen und den Wettbewerb mitunter verzerren.16 Ein Beispiel sind hier Fonds, die aus der Zusatzversicherung oder anderen Gewinnen finanziert werden.17 Die Idee dabei ist, einen gewissen Prozentsatz des

16 Kritisch äusserten sich verschiedene Gesundheitsökonomen wie beispielsweise Felder (2013): Marktsteuerung als wichtigster Faktor in der Gesundheitsversorgung? Prä-

sentation anlässlich der Trendtage Gesundheit Luzern vom 27. Februar 2013; Leu (2012): Neue Spitalfinanzierung – Umsetzungsprobleme in den Kantonen. Präsentation im Rahmen des Forums Gesundheit Schweiz vom 15. Mai 2012 in Zürich; sowie Oggier (2011): Interview mit Der Bund vom 15. September 2011.

17 Die nachfolgend genannten Beispiele beziehen sich auf Ende Juni 2013. Gesetzliche Änderungen nach diesem Zeitpunkt konnten nicht berücksichtigt werden.

6'000

7'000

8'000

9'000

10'000

11'000

6'000 7'000 8'000 9'000 10'000 11'0002012

2013

Erhöhung der Baserate

Senkung der Baserate

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%

Selbst. öff. Anstalt

Aktiengesellschaft

Private Stiftung

Unselbst. öff. Anstalt

Privater Verein

Öffentliche Stiftung

Zweckverband

Teil der Verwaltung

Einfache Gesellschaft 2003 2007 2013

Sinkende Baserates ermög-lichen Kostendämpfung

Kantone in einer Mehrfach-rolle

Keine einheitliche Umset-zung der KVG-Revision

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Gewinnes aus den Behandlungen von Zusatzversicherten in einen Fonds zu zahlen, welcher da-zu dient, defizitären Spitälern unter die Arme zu greifen. Ein solcher Fonds könnte dem Ziel ei-ner vom Gesetzgeber gewünschten Restrukturierung der Spitallandschaft entgegenlaufen. Im Kanton Zürich konnte die Bevölkerung bereits über ein solches Konstrukt abstimmen. Der so-genannte Zukunfts- und Unterstützungsfonds wurde an der Urne abgelehnt. Dieser Fonds war vor allem dazu gedacht, das universitäre Kinderspital zu stützen, welches aufgrund seiner Funk-tion als Kinderspital eine inhärent andere Kostenstruktur aufweist als ein Allgemeinspital. Diese Unterschiede werden mit dem SwissDRG nicht hinreichend genau erfasst. Mit der Weiterent-wicklung des SwissDRG soll solchen Umständen in absehbarer Zeit jedoch Rechnung getragen werden. Ein weiteres Beispiel für eine umstrittene Umsetzung der KVG-Revision stellt die Ge-nehmigungspflicht für Spitalinvestitionen dar. In einem wettbewerblichen Umfeld ist ein gewisser Grad an Flexibilität für die Unternehmen unabdingbar. Eine Genehmigungspflicht für Investitio-nen beschneidet diese. Zudem sind die Investitionskosten in den Fallpauschalen bereits inbe-griffen, womit die Spitäler das Investitionskapital selbst verdienen. Dass sie dieses auch selb-ständig verwalten und investieren können sollten, erscheint zielführend. Mindestfallzahlen gehören aus marktwirtschaftlicher Sicht ebenfalls zu den umstrittenen Mass-nahmen. Sie dienen im Rahmen der Spitalplanung dazu, gewisse Leistungsaufträge nur zu er-teilen, wenn die Anzahl der entsprechenden Leistungsbezüge hoch genug ist, um so Effizienz zu gewährleisten. Beispiele von Mindestfallzahlen finden sich unter anderen in den Kantonen Zü-rich, Luzern und Zug. Eine verwandte Massnahme sind Mengenbegrenzungen bei gut ausgelas-teten Spitälern. Sie sorgen dafür, dass Spitäler mit schlechter Auslastung von Patientenüber-weisungen aus ausgelasteten Spitälern profitieren können. Beispiele für Mengenbegrenzungen sind u.a. in den Kantonen Tessin und Zug zu finden. Diese Kantone geben als Grund für diese Massnahme die Vermeidung von medizinisch nicht notwendigen Behandlungen an. Das Bun-desgericht hat in diesem Fall befunden, dass Mengenbegrenzungen dem neuen KVG nicht wi-dersprechen. Die Limitierung der Anzahl der Zusatzversicherten ist eine spezifische Form von Mengenbegrenzung. Sie nützt die Tatsache aus, dass Gewinne vor allem im Bereich der Zu-satzversicherung realisierbar sind und verteilt diese Potenziale auf die Spitäler im Kanton. Diese Form von Mengenbegrenzungen findet sich u.a. in den Kantonen Tessin und Waadt. Weitere unter Experten umstrittene Massnahmen sind zusätzliche Subventionen, Globalbudgets für ein-zelne Spitäler, die Beanspruchung des öffentlichen Beschaffungswesens, der Zwang für Privat-spitäler zur Übernahme der Personalvorschriften von öffentlichen Spitälern, der Ausschluss des Belegarztsystems und das Überstrapazieren des Begriffs gemeinwirtschaftliche Leistungen. Der Kanton finanziert auch die Ausbildung von Ärzten an Universitätskliniken und andere soge-nannte gemeinwirtschaftliche Leistungen wie beispielsweise die Transplantationskoordination, die Führung eines Krebsregisters oder die Sicherstellung von Spitalkapazitäten aus regionalpoli-tischen Gründen. Es sei hier erwähnt, dass die Definition von gemeinwirtschaftlichen Leistungen nicht einheitlich interpretiert wird und hier ein entsprechendes Potenzial für eine nichtsinnge-mässe Umsetzung des neuen KVG besteht. Diese Kostenkategorie könnte beispielsweise für kantonale Investitionsbeiträge oder Defizitdeckungen zweckentfremdet werden. Im Kanton Ba-sel-Stadt werden diverse als gemeinwirtschaftliche Leistungen deklarierte Kosten erstattet. Der Kanton definiert somit, was er unter gemeinwirtschaftlichen Leistungen versteht. Auch wenn die einzelnen Positionen nicht immer unumstritten sind, so existiert im Kanton Basel-Stadt zumin-dest ein expliziter Benchmark, der nur noch geringen Spielraum für unterschiedliche Interpreta-tionen zulässt. Laut Gesundheitssystemforschung sind Versorgungsregionen für 1 bis 1.5 Millionen Menschen optimal.18 In der Schweiz planen die Kantone ihre Spitalversorgung, obwohl praktisch kein Kan-ton diese Grösse erreicht. Wird zu kleinräumig geplant, ist die Gefahr gross, dass Spitäler keine betriebsoptimale Grösse erreichen oder monopolartige Strukturen entstehen. Bei grösseren Versorgungsregionen könnte man gleichzeitig von den Vorzügen des Wettbewerbs wie auch von Skaleneffekten profitieren. Die neue Spitalfinanzierung zielt daher implizit auch auf eine inter-

18 So sprach z.B. der Verband der Schweizer Spitäler H+ bereits 2005 davon, dass man anstelle von 26 verschiedenen Gesundheitssystemen auch 5 bis 7 Versorgungs-

regionen bilden könnte. Siehe Gächter (2006): Ausserkantonale Hospitalisation: Eine Tür zu mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen?

Mengensteuerung vom Bundesgericht erlaubt

Gemeinwirtschaftliche Leis-tungen lassen Interpreta-tionsspielraum

Zusammenarbeit kann Effi-zienz bringen

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kantonale Zusammenarbeit ab. Eine interkantonale Versorgungs- und Spitalplanung gewährt mehr Freiraum bei der Definition und Zuteilung der Leistungsaufträge. In der Nordwest- und der Zentralschweiz findet schon lange interkantonale Zusammenarbeit statt. Die Kantone Aargau, Basel-Stadt, Baselland und Solothurn haben z.B. einen gemeinsa-men Versorgungsbericht und streben einen Gesundheitsraum Nordwestschweiz an. In der Zent-ralschweiz existiert unter anderem das Projekt LUNIS. Es ist eine Zusammenarbeit der Kantone Luzern und Nidwalden. Ziel ist es, eine gemeinsame Spitalregion zu schaffen. Ein Beispiel für eine etwas weniger weitgehende Zusammenarbeit findet sich in den Kantonen Freiburg, Waadt und Wallis. Der Kanton Waadt betreibt zwei interkantonale Spitäler: das Hôpital Intercantonal de la Broye zusammen mit dem Kanton Freiburg und das Hôpital du Chablais mit dem Kanton Wal-lis. Diese Beispiele sind nur eine Auswahl der interkantonalen Zusammenarbeit. Sobald die Kantone, Versicherer und Spitäler mehr Erfahrungen mit dem neuen KVG haben, ergeben sich im Idealfall vermehrt solche interkantonalen Projekte. Ob und in welchem Rahmen das neue KVG mehr Wettbewerb und tiefere Kosten mit sich bringt, wird sich erst mittelfristig zeigen, wenn die Akteure in ihrer Zusammenarbeit etwas ein-gespielter sind. Das Ziel der verbesserten Transparenz hängt massgebend von dieser Zusam-menarbeit wie auch der Entwicklung von Qualitätsindikatoren ab. Auch die Weiterentwicklung des SwissDRG-Systems ist entscheidend auf dem Weg zu einem effizienteren Gesundheitssys-tem. Erste Beobachtungen zu den Auswirkungen lassen sich dennoch machen: Wie oben auf-gezeigt, ermittelte die Einkaufsgemeinschaft HSK ein erstes Indiz für die Kostendämpfung in Form von teilweise sinkenden Baserates. Die oft geäusserte Befürchtung einer hohen Anzahl «blutiger Entlassungen»19 hat sich jedenfalls nicht bewahrheitet.

Klare Entwicklung in Richtung Eigenständigkeit

Im Zusammenhang mit dem Wunsch nach mehr Wettbewerb spielt auch die Frage nach der geeigneten Rechtsform der Spitäler eine wichtige Rolle. Wie oben ausgeführt, benöti-gen die Unternehmen in einem wettbewerblichen Umfeld eine gewisse betriebliche Flexibili-tät und Selbständigkeit. Diese Aspekte sind unter bestimmten Rechtsformen der Spitäler besser gewährleistet als unter anderen. Ist ein Spital Teil der öffentlichen Verwaltung, ist die strategische Flexibilität wohl weniger stark ausgeprägt, als wenn es unter dem Dach einer Aktiengesellschaft operieren kann. Die Rechtsform ist aber auch im Kontext der pri-vatwirtschaftlichen Finanzierung, wie sie unter dem neuen Regime vorgesehen ist, ein ent-scheidendes Kriterium. Potenzielle Kreditgeber erachten Spitäler nur dann als interessante Partner, wenn diese als Unternehmen mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit mit hinrei-chender Haftbarkeit auftreten können. Bezüglich der Rechtsform änderte sich in den letz-ten zehn Jahren einiges (Abbildung 14). Die meisten öffentlichrechtlichen Spitäler sind heute entweder selbständige öffentlichrechtliche Anstalten (34%), Aktiengesellschaften (31%) oder private Stiftungen (13%). Der Anteil an Spitälern, die Teil der öffentlichen Verwaltung (noch 2%, 2007: 8%) oder unselbständige Anstalten (noch 7%, 2007: 13%) sind, nahm stark ab. So ist das Universitätsspital Lausanne das einzige verbliebene Unispi-tal, das noch Teil der öffentlichen Verwaltung ist. Diese Entwicklung zeigt, dass Kantone und Spitäler die Notwendigkeit der strategischen Flexibilität vielerorts erkannt haben und entsprechend handeln. Berücksichtigt man bei dieser Betrachtung noch die privaten Spitä-ler, so verstärkt sich dieses Bild. Aktiengesellschaften machen dann 41%, private Stiftun-gen 14% und die selbständigen öffentlichrechtlichen Anstalten 26% aus. Unter den priva-ten Spitälern sind sogar rund 76% Aktiengesellschaften und 16% private Stiftungen.

19 Von blutigen Entlassungen spricht man, wenn Patienten zu früh aus der stationären Behandlung entlassen werden, so dass sie ein weiteres Mal eingewiesen werden

müssen.

Beispiele interkantonaler Zusammenarbeit in der Zentral-, Nordwest- und Westschweiz

Die Zeit wird zeigen, ob die Umsetzung der Revision die erhofften Früchte trägt

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Nachfrage nach Spitalleistungen

Überblick und Entwicklung

Wie bereits im ersten Teil der Studie dargestellt, machen Krankenhäuser die grösste Kosten-gruppe innerhalb des Schweizer Gesundheitswesens aus. 23 Mrd. CHF oder 36% der gesam-ten Schweizer Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen entfielen 2011 auf die Kranken-häuser, alleine 28% der Gesundheitsausgaben oder rund 18 Mrd. CHF auf Allgemeinspitäler. Die Ausgaben für Spitalleistungen sind von 1995 bis 2011 um 3.9% pro Jahr gewachsen und damit etwas stärker als für das ganze Gesundheitswesen (3.8% pro Jahr). Neben den Allge-meinspitälern werden vor allem die Dienstleistungen von psychiatrischen Kliniken, Rehabilita-tionskliniken und diversen Spezialkliniken nachgefragt (Abbildung 15). Ein Grossteil der Nach-frage entfällt dabei auf die stationäre Versorgung. Obwohl dieser Anteil seit Jahren sinkt, mach-te er 2011 immer noch 70% der Kosten aller Allgemeinspitäler aus.

Abbildung 15

Spitalausgaben nach Krankenhaustyp Mrd. CHF; 2011: provisorische Zahlen

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse provisorische

Abbildung 16

Prognose-Szenarien Spitalausgaben bis 2040 Mrd. CHF

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Die Nachfragetreiber für Spitalleistungen sind dieselben wie im restlichen Gesundheitswesen. Die Zunahme der Bevölkerung und des Wohlstands, die demografische Alterung und der Mehr-konsum infolge der hohen Ansprüche an die Gesundheit fördern in Kombination mit dem tech-nischen Fortschritt und der solidarischen Finanzierung der individuellen Kosten den Konsum von Spitalleistungen. Wie im übrigen Gesundheitswesen stammt ein Grossteil der Nachfrage nach Spitalleistungen von den ältesten Bevölkerungskohorten. Diese Konzentration ist besonders im stationären Bereich ausgeprägt. Während im ambulanten Gesundheitswesen 2010 die Über-60-Jährigen rund 41% der Nachfrage generierten, waren es bei den stationären Spitalleistun-gen 56%, obwohl diese Altersklassen nur 22% der Gesamtbevölkerung stellten. Die Kosten im Spitalwesen werden auch mittel- bis langfristig weiter zunehmen. Die zukünftigen Volumina sind allerdings sehr schwierig zu prognostizieren. Zu gross ist die Unsicherheit über die künftige regulatorische Ausgestaltung des Gesundheitswesens. Besonders die Entwicklung des für die Gesundheitskosten wichtigen Faktors des medizinisch-technologischen Fortschritts ist kaum vorherzusehen. Gerade im Spitalbereich sind Prognosen zum künftigen Nachfragevo-lumen trotz der hohen Prognoseunsicherheit jedoch unabdingbar. Werden z.B. grössere Ver-schiebungen in den Nachfragevolumina oder auch in der Nachfragestruktur über die nächsten 20–30 Jahre erwartet, hat das weitreichende Bedeutung. Auf Ebene der Spitäler sind solche Einschätzungen zum Beispiel im Hinblick auf Investitionen in Spitalimmobilien zentral (vgl. Kapi-tel «Spitalimmobilien»); auf Ebene der Kantone im Hinblick auf die Spitalplanung.

0

5'000

10'000

15'000

20'000

25'000

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Allgemeine KrankenhäuserPsychiatrische KlinikenRehabilitationsklinikenAndere Spezialkliniken

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2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040

Konstanter Trend Pro-Kopf-KostenAbgeflachter Trend Pro-Kopf-KostenNur demografischer Effekt

Zentraler Teil des Schwei-zer Gesundheitswesens

Grossteil der Spitalnach-frage stammt von Über-60-Jährigen

Grosser Prognosebedarf, jedoch grosse Prognose-unsicherheit

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Wie wir im Kapitel «Bestimmungsfaktoren der Nachfrage» ausführten, verursachen Bevölke-rungswachstum und demografische Alterung nur einen kleineren Teil des Wachstums bei den gesamten Gesundheitskosten direkt. Dies gilt auch für den Spitalmarkt. Eine Überschlagsrech-nung zeigt, dass für die Periode zwischen 2000 und 2010 nur gut ein Drittel des Kostenan-stiegs im Spitalwesen direkt demografischen Faktoren wie der Alterung oder dem Bevölke-rungswachstums zurechenbar sind.20 Die nichtdemografischen Faktoren sind allerdings wie ge-sagt kaum prognostizierbar. Um eine – im engen Rahmen des Möglichen – zuverlässige Pro-gnose für die nächsten 25 Jahre machen zu können, beschränken wir uns daher auf die relativ «sicher» prognostizierbaren Komponenten des Nachfragewachstums, namentlich Bevölkerungs-wachstum und Altersstruktur.21 Dabei frieren wir die Kosten pro Kopf und Alterskohorte auf dem Niveau von 2010 ein und multiplizieren diese Werte mit dem prognostizierten künftigen Bevöl-kerungsstand pro Alterskohorte. Unser Demografie-Modell ist nicht dafür konstruiert, das Niveau der Spitalausgaben zu pro-gnostizieren, sondern die künftigen regionalen Wachstumsunterschiede abzuschätzen (vgl. Kapi-tel «Regionale Spitalnachfrage heute und in Zukunft»). Hätten wir im Jahr 2000 mit dem oben beschriebenen Modell die schweizweiten Spitalausgaben für das Jahr 2010 prognostiziert, hät-ten wir den Nachfragevolumenanstieg um den Faktor 3.2 massiv unterschätzt. Um das Niveau der Kosten zu prognostizieren, müsste man über die demografische Komponente hinaus zusätz-liche Annahmen treffen, wie sich die technologie- und politikinduzierten Kosten oder Ersparnisse entwickeln. Veränderungen bei diesen Annahmen führen zu grösseren Prognoseunterschieden.

Gesundheitskosten: Demografischer Effekt überschätzt?

Unter Gesundheitsökonomen herrscht mehr oder weniger der Konsens, dass der hohe Kostenanteil der älteren Bevölkerungskohorten nicht in erster Linie aufgrund des Alters an sich, sondern zu einem wichtigen Teil aufgrund der in diesen Kohorten durchschnittlich höheren Mortalität herrührt, was in diesen Altersklassen zu einer Häufung von Hochkosten-fällen führt (vgl. Kapitel «Bestimmungsfaktoren der Nachfrage»). Dies entkräftet jedoch die Tauglichkeit der Altersstrukturentwicklung als Prognoseparameter nicht per se, denn die Frage nach der Kausalität interessiert in unserem Kontext nur bedingt. Die Fortschreibung der aktuellen Pro-Kopf-Ausgabenprofile auf künftige Altersverteilungen dürfte den rein demografisch bedingten Kostenanstieg zwar etwas überschätzen. Empirische Untersu-chungen zeigen z.B., dass aufgrund des medizinisch-technologischen Fortschritts und ei-nes gesünderen Lebenswandels eine Kompression sowohl der Morbidität als auch der Mor-talität stattfindet. Das heisst man erwartet eine längere Dauer von beschwerdefreien Le-bensjahren und eine Konzentration der Sterbefälle in immer höheren Alterskohorten. Die Stärke dieses Kompressionseffekts auf die Gesundheitsausgaben ist gemäss bisheriger Evidenz jedoch nicht eindeutig feststellbar.

Abbildung 16 zeigt rudimentär die künftige Entwicklung der Spitalkosten unter verschiedenen solchen Annahmen. Im ersten Szenario (konstanter Trend) gehen wir davon aus, dass die Spi-talkosten pro Kopf und Alterskategorie im selben Ausmass wachsen wie durchschnittlich zwi-schen 1997 und 2010. Szenario zwei (abgeflachter Trend) unterstellt leicht tiefere Wachstums-raten, und Szenario drei (nur demografischer Trend) geht davon aus, dass die Pro-Kopf-Ausgaben konstant bleiben (das nachfolgend verwendete Modell). Das erste Szenario geht von der unrealistischen Annahme aus, dass politische Massnahmen wie z.B. die neue Spitalfinanzie-rung keinen Einfluss auf die Kostenentwicklung haben. Unter dieser Annahme steigen die ge-samten Spitalkosten jährlich um 4.1% (2000–2010: 3.8% pro Jahr). Das zweite Szenario ba-siert auf der Annahme, dass politische Reformen einen gewissen dämpfenden Einfluss auf die künftige Kostenentwicklung haben. Unter diesen Annahmen steigt die Nachfrage (nominal)

20 Berechnung der Schätzung analog zu Beck (2004): Risiko Krankenversicherung – Risikomanagement in einem regulierten Krankenversicherungsmarkt. 21 Wir verfügen diesbezüglich über eine eigens erstellte Prognose bis zum Jahr 2040. Die Prognose basiert dabei auf Annahmen zur Geburtenziffer, Sterblichkeit, Migration

und Einbürgerungsquote des Bundesamtes für Statistik. Die mit der grössten Unsicherheit verbundene Variable ist dabei die Migration.

Nur ein Drittel des Nachfra-gewachstums direkt durch Demografie verursacht

Prognosemodell geeignet, um regionale Wachstums-unterschiede zu erfassen

Änderungen bei Annahmen verursachen grosse Pro-gnoseunterschiede

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Swiss Issues Branchen 23

jährlich um 3.4%.22 Die dritte Kurve bildet das rein demografisch bedingte Nachfragewachstum ab. In diesem Szenario legen die Spitalausgaben jährlich um 1.4% zu.

Regionale Spitalnachfrage heute und in Zukunft

Geht man davon aus, dass innerhalb der Alterskohorten der generelle Gesundheitszustand in den einzelnen Regionen der Schweiz ähnlich ist und eine höhere Spitaldichte nicht zu einer hö-heren Spitalnachfrage pro Kopf führt, basieren regionale Unterschiede beim Nachfragevolumen auf der Bevölkerungsgrösse und der Altersstruktur. Unter diesen Annahmen sind wir in der La-ge, die Spitalnachfrage geografisch genau zu lokalisieren. Konkret multiplizieren wir für jede Gemeinde die Anzahl Personen pro Alterskohorte mit den für jede Alterskohorte landesweit durchschnittlichen Spitalkosten.23 Diese Schätzung dürfte die reale Spitalnachfrage sehr gut be-schreiben: So korrelieren die auf diese Weise errechnete Spitalnachfrage und die registrierte Fallzahl – zumindest auf kantonaler Stufe – sehr eng.24 Abbildung 17 visualisiert für jede Gemeinde die geschätzten Gesundheitsausgaben für Spital-leistungen, die im Umkreis von 15 Minuten Fahrzeit (Auto) rund um den Gemeindemittelpunkt anfallen. Die mittlere Gemeinde der Schweiz fragte 2011 im Umkreis von 15 Minuten Spital-dienstleistungen in der Höhe von rund 185 Mio. CHF nach. Wenig überraschend konzentriert sich die Spitalnachfrage in den städtischen Zentren und den Agglomerationen. Besonders gross ist die Gesamtnachfrage in den grossen Städten Zürich, Genf, Lausanne, Basel und Bern, wo im Umkreis von 15 Minuten Werte von bis zu 1.6 Mrd. CHF erreicht werden. Kleinere Nachfra-geschwerpunkte bilden die Städte Luzern, St. Gallen, Biel und Lugano (350 Mio. bis 700 Mio. CHF). Gegen den Alpenraum und den Jura hin fällt die Nachfrage rasch ab (z.T. unter 1 Mio. CHF pro 15-Minuten-Radius).

Abbildung 17

Regionale Verteilung der Spitalnachfrage 2011 Geschätzte Gesundheitsausgaben (2011) für stationäre und ambulante Spital-

behandlungen im Radius von 15 Minuten pro Gemeinde

Quelle: Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geo-stat

Abbildung 18

Nachfragewachstum bis 2040 Wachstumsprognose Gesundheitsausgaben (2011–2040) für stationäre und

ambulante Spitalbehandlungen im Radius von 15 Minuten pro Gemeinde

Quelle: Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geo-stat

Mit Hilfe der oben beschriebenen Prognosemethode (nur demografischer Trend) lässt sich ab-schätzen, wie die Spitalnachfrage in den kommenden Jahren in einzelnen Regionen relativ zum Schweizer Mittel wachsen wird (Abbildung 18). Dies wiederum lässt gewisse Aussagen zur künftigen regionalen Versorgungssituation und allfälligen Verschiebungen der Konkurrenzsitua-

22 Dabei nehmen wir ad hoc an, dass das Kostenwachstum pro Kopf künftig um rund einen Viertel tiefer liegt als in den letzten Jahren. Die Prognose dürfte dadurch in etwa

im Rahmen des aktuellen Referenzszenarios der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) liegen. In diesem Szenario geht die EFV davon aus, dass der Anteil der gesam-ten Gesundheitskosten am BIP bis ins Jahr 2060 von 11.3% (2009) auf 15.8% ansteigen wird.

23 Man könnte dieses Modell noch mit der Berücksichtigung der Geschlechter verfeinern. Eine regionale Prognose dürfte dadurch nur marginal an Genauigkeit gewinnen. 24 Korrelationskoeffizient von 0.996.

Sehr hoch

Überdurchschnittlich

Unterdurchschnittlich

Sehr tief

Hohes Wachstum

Überdurchschnittlich

Unterdurchschnittlich

Tiefes Wachstum

Regionale Nachfrageunter-schiede sind demografisch bedingt

Spitalnachfrage kon-zentriert sich in den Zen-tren

Regionale Unterschiede im Nachfragewachstum de-mografiebedingt

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Swiss Issues Branchen 24

tion unter den Spitälern zu. Unser Prognosemodell erlaubt es, von den unsichersten Annahmen zum künftigen Kostenwachstum – z.B. in Bezug auf das regulatorische Regime oder den tech-nologischem Fortschritt – abzusehen, ohne an Aussagekraft zu verlieren. Die genannten Fakto-ren haben zwar einen entscheidenden Einfluss auf das Nachfragevolumen, dürften die Entwick-lung der regionalen Nachfrageunterschiede jedoch nur bedingt beeinflussen. Das Ausgabenwachstum dürfte sich insgesamt in den kommenden Jahren dynamisch weiter-entwickeln, jedoch mit unterschiedlichen regionalen Ausprägungen. Die Bevölkerung und damit die Ausgaben für Spitalleistungen dürften, dank der wirtschaftlich starken Anziehungskraft, vor allem im äusseren Agglomerationsgürtel von Zürich, im Grossteil der Zentralschweiz sowie öst-lich des Genfersees – und damit ausserhalb der Zentrumsversorgungsgebiete – überproportio-nal stark wachsen. Im Kanton Zürich dehnt sich die Bevölkerung, getrieben durch die gute Ver-kehrsanbindung, grossflächig immer weiter aus. Besonders hoch ist das Nachfragewachstum am Rande des Einzugsgebietes, wo sich zum Bevölkerungswachstum eine höhere Zahl älterer Einwohner gesellt, z.B. im Glatt- und Furttal sowie im Knonaueramt. Weniger dynamisch wächst die Nachfrage in den Seegemeinden. Auch die Genferseeregion wächst – abgesehen von den eigentlichen Städten Genf und Lausanne – überproportional. Der Wohnraummangel und die entsprechend hohen Preise führen zu einem hohen Bevölkerungsdruck auf die Regionen süd-östlich und nordwestlich des Sees. Die Spitalnachfrage dürfte vor allem in den Regionen Nyon, Gros de Vaud, Morges und besonders stark im Walliser sowie Waadtländer Chablais zulegen. In der Zentralschweiz wächst die Bevölkerung auf der Achse Luzern–Seetal–Zug–Einsiedeln–March/Höfe sehr stark. Auch die Gemeinden südlich des Vierwaldstädtersees in Ob- und Nidwalden und die Lorzenebene wachsen dynamisch. Getrieben wird dieses Wachstum durch die verkehrstechnische Erreichbarkeit Richtung Zürich und die steuerliche Attraktivität. Die al-ternde Bevölkerungsstruktur fördert die Nachfrage nach Spitalleistungen zusätzlich. Wenig dy-namisch entwickelt sich die künftige Nachfrage vor allem im Kanton Uri und im Entlebuch.

Der Wohnraummangel und die entsprechend hohen Immobilienpreise in der Genferseeregion und der Region Zürich führen an den Rändern des Mittellandes zu einem beträchtlichen Bevöl-kerungsdruck. Dadurch dürfte die künftige Spitalnachfrage vor allem im Kanton Freiburg stark steigen. Ebenfalls ein relativ kräftiges Nachfragewachstum ist im Kanton Aargau zu erwarten. Die eher nachfrageschwachen Kantone Jura und Neuenburg werden auch in Zukunft keinen Nachfrageschub verzeichnen. Auch im Kanton Bern und im Raum Basel bleibt die Dynamik in den kommenden Jahren praktisch flächendeckend verhalten.

In der Ostschweiz wächst die Nachfrage besonders in der Region Kreuzlingen und im Sargan-serland. Unterdurchschnittlich entwickelt sich die Nachfrage in den Gemeinden am Alpstein, aber auch im Umkreis der Stadt St. Gallen. Ausserhalb der Region Chur muss das Bündnerland mit einer unterdurchschnittlichen Nachfrageentwicklung rechnen. Im Kanton Tessin entwickelt sich die Nachfrage in den bevölkerungsstarken Regionen Bellinzona und Lugano im Rahmen des nationalen Durchschnitts oder leicht darüber.

Angebot an Spitalleistungen

Überblick und Entwicklung

In der Schweiz gab es 2011 300 Spitäler, die an insgesamt 494 Standorten tätig waren und über 141'000 Mitarbeiter (VZÄ) beschäftigten. Darunter befanden sich 120 Allgemeinspitäler an 210 Standorten. Diese waren für rund 112'000 Arbeitsplätze verantwortlich, wovon rund 16'500 mit Ärzten und 47'700 mit Pflegepersonal besetzt waren (in VZÄ).25 Die Spitäler stellen damit nicht nur die grösste Anbietergruppe aller Gesundheitsdienstleister dar, sondern sind ge-messen an der Beschäftigung einer der grössten Arbeitgeber der Schweiz.

25 Hinzu kommen noch rund 6'900 nicht von den Spitälern angestellte Belegärzte.

Genfer und Zürcher Agglo-merationsgebiete: Dynami-sches Wachstum

Zentralschweiz: Wachstum fast flächendeckend über-durchschnittlich

Mittelland und Nordwest-schweiz: Nur an den Rän-dern dynamisch

Ostschweizer und Tessiner Zentren: Leicht überdurch-schnittliches Wachstum

Eine der grössten Branchen der Schweiz

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Swiss Issues Branchen 25

2011 gab es in der Schweiz unter den Allgemeinspitälern 5 Universitätsspitäler, 25 weitere Zentrumsversorger und 90 Grundversorgungsspitäler. Das Bundesamt für Statistik teilt diese Spitäler nach ihrem Leistungsumfang und nach versorgungspolitischen Gesichtspunkten in fünf Gruppen ein (Zentrumsspitäler 1 und 2, Grundversorger 1–3).26 Zentrumsspitäler behandelten rund 61% der stationären Patienten, Grundversorger die restlichen 39%. Die Grössenunter-schiede sind beträchtlich. Das Universitätsspital in Genf behandelte 2011 als grösstes Spital der Schweiz rund 55'000 Patienten (stationäre Fälle), wohingegen neun Spitäler weniger als 1'000 Fälle verzeichneten. Neben den Allgemeinspitälern gab es 2011 49 psychiatrische Kliniken, 43 Rehabilitationskliniken sowie 88 Spezialkliniken in den Bereichen Chirurgie, Gynäkolo-gie/Neonatologie, Pädiatrie, Geriatrie und anderen Feldern.

Die öffentliche Hand nimmt im Spitalbereich aus historischen Gründen eine wichtige Rolle ein. 2011 waren 31% aller Allgemeinspitäler private, 69% öffentliche oder subventionierte Betrie-be.27 Der Markt der Reha- und Spezialkliniken ist dagegen deutlich stärker privatwirtschaftlich geprägt. 2011 betrug der Anteil der Privatkliniken bei diesen Betrieben 67% bzw. 76%. Vor allem bei den Allgemeinspitälern sind gemessen an der durchschnittlichen Fallzahl die Privatbe-triebe vielfach kleiner als die öffentlichen Betriebe. Vor der Einführung der neuen Spitalfinanzierung mussten Privatspitäler auf den kantonalen Fi-nanzierungsanteil, von dem die öffentlichen Spitäler profitierten, verzichten. Privatspitäler fokus-sierten sich daher stärker auf Premiumangebote und versuchten sich durch Qualität insbeson-dere in Bezug auf Komfortleistungen in Unterbringung und Verpflegung abzugrenzen. Dies drückt sich unter anderem in einem viel höheren Anteil an halbprivat und privat versicherten Pa-tienten aus (2011: 63% gegenüber 18% in öffentlichen Spitälern). Unter dem neuen Regulie-rungsregime ist die Gleichbehandlung von privaten und öffentlichen Spitälern besser gewährleis-tet. Erhalten private Spitäler einen Listenplatz, sind sie in Bezug auf die Abgeltung ihrer Leis-tungen zumindest theoretisch mit den öffentlichen Spitälern gleichgestellt. Gewisse Wettbe-werbsverzerrungen zugunsten öffentlicher Spitäler dürften hingegen faktisch bestehen bleiben.

Abbildung 19

Verschiebung stationär zu ambulant Betten pro Mitarbeiter, Index 1998 = 100

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Abbildung 20

Konzentrationsprozess Allgemeinspitäler Mitarbeiter pro Spital, Index 1998 = 100; Anzahl Spitäler

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Die Abkehr von kosten- hin zu leistungsabhängigen Finanzierungssystemen hat in Kombination mit dem medizinischen Fortschritt in den letzten Jahren zu einem starken Rückgang der durch-schnittlichen Aufenthaltsdauer und zu einer Verschiebung vom stationären in den ambulanten Bereich geführt. Neben einem Rückgang der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer in Zentrums- und vor allem in Grundversorgungsspitälern (–15%, bzw. –36% zwischen 1998 und 2011)

26 Die Typologie versucht, qualitative Unterschiede (z.B. Ausbildungstätigkeit, technische Infrastruktur) stärker zu berücksichtigen als quantitative (z.B. Bettenzahl). 27 Als private Betriebe gelten Spitäler, die sich als privatrechtlich bezeichnen und weder über eine Betriebsgarantie noch über eine garantierte Defizitdeckung durch die öffent-

liche Hand verfügen.

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1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010

Betten pro Mitarbeiter (Zentrumsversorger)

Betten pro Mitarbeiter (Grundversorger)

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1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010

Anzahl Grundversorger (rechte Achse) Anzahl Zentrumsversorger (rechte Achse)VZÄ pro Grundversorger (Index) VZÄ pro Zentrumsversorger (Index)

Grossteil des Angebots aus den Zentrumsspitälern

Staat dominiert bei Allge-meinspitälern, Private bei Spezialkliniken

Privatspitäler profitieren von der neuen Spitalfinan-zierung

Verschiebung vom stationä-ren in den ambulanten Be-reich

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Swiss Issues Branchen 26

drückte sich dies auch in der Entwicklung der Bettenzahl aus. Diese war infolge der Verschie-bung von stationären hin zu ambulanten Behandlungen sowohl absolut als auch pro Mitarbeiter rückläufig. Hier zeigt sich, dass der Strukturwandel bei den Grundversorgern schneller voran-ging als bei den Zentrumsversorgern (Abbildung 19). Im internationalen Vergleich hat die Schweiz trotz dieses Strukturwandels nach wie vor eine sehr hohe durchschnittliche Spital-aufenthaltsdauer. Es wird generell erwartet, dass die neue Spitalfinanzierung den Strukturwan-del weg von stationären hin zu ambulanten Behandlungen nochmals intensivieren dürfte und damit auch die nach wie vor hohe durchschnittliche Aufenthaltsdauer weiter sinkt. Im Bereich der Allgemeinspitäler fand in den letzten Jahren ein deutlicher Konzentrationsprozess statt. Die Reduktion der Aufenthaltsdauer dürfte diesen Prozess wesentlich begünstigt haben. Bei den Spezialkliniken war der Konzentrationsprozess wesentlich schwächer ausgeprägt. Die Zahl der Allgemeinspitäler ging zwischen 2000 und 2011 von 184 auf 120 zurück (–35%), die Zahl der Spezialkliniken blieb mehr oder weniger konstant. Dieser Rückgang ist jedoch nicht ausschliesslich auf die Schliessung von Spitalbetrieben zurückzuführen, sondern auch auf die rechtliche Zusammenführung verschiedener Standorte. Im gleichen Zeitraum stieg die Anzahl Fälle pro Allgemeinspital deutlich an, was sich auch in einer höheren Beschäftigtenzahl pro Spi-tal widerspiegelt. Der Konzentrationsprozess war indes bei Grundversorgungsspitälern deutlich ausgeprägter als bei Zentrumsversorgern (Abbildung 20).

Regionale Versorgungssituation und Erreichbarkeit: Nachfrageperspektive

Die Schweiz weist im internationalen Vergleich nicht nur eine hohe durchschnittliche Aufent-haltsdauer auf, sondern ganz generell auch eine hohe Spitaldichte. Dies trotz der Tatsache, dass in den letzten 15 Jahren rund ein Drittel aller Spitäler – zumindest als rechtlich selbständi-ge Betriebe – von der Landkarte verschwanden. Neben einer vergleichsweise hohen Personal-dichte ist auch die Dichte pro Einwohner und vor allem die Dichte im Vergleich zur Landesfläche hoch. Die internationalen Vergleichszahlen der OECD lassen nur einen Vergleich aller Kranken-häuser zu (und nicht eine isolierte Betrachtung der Allgemeinspitäler), sprechen aber nichtsdes-totrotz eine deutliche Sprache. In der Schweiz gab es 2009 auf 1 Million Einwohner rund 40 Spitäler. Das ist die achthöchste Spitaldichte pro Einwohner in allen OECD-Ländern. Betrachtet man die geografische Spitaldichte, ist diese in der Schweiz gar am vierthöchsten. Nur in Deutschland, Japan und Südkorea gibt es mehr Spitäler pro Quadratkilometer.

Die Diskussion um die optimale Anzahl Spitäler respektive die Spitaldichte ist stark durch regio-nale Versorgungs- und Beschäftigungs- sowie durch zeitliche Erreichbarkeitsaspekte geprägt. Wie im Gesundheitswesen generell steht auch das Spitalwesen im Spannungsfeld zwischen Konzentration und Spezialisierung auf der einen Seite sowie der Nähe zu Kunden bzw. Patien-ten auf der anderen Seite. Arbeitsteilungs-, Effizienz-, aber auch Qualitätsüberlegungen wirken dabei oftmals in Richtung Konzentration der Leistungserstellung, während die notwendige Nähe zum Patienten, der Versorgungsauftrag, aber auch politische Kräfte der Konzentration entge-genwirken. Angesichts der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen und der im internationalen Vergleich hohen Spitaldichte kam in der Vergangenheit immer wieder die Forderung auf, dass die Zahl der Allgemeinspitäler in der Schweiz zu verkleinern sei. Prominent ist beispielsweise die von verschiedenen Gesundheitsökonomen mehrfach geäusserte pointierte Einschätzung, dass 50 Allgemeinspitäler (oder sogar noch weniger) in der Schweiz aus betriebswirtschaftlicher und versorgungstechnischer Sicht genügen würden. Die Bürger haben an die Erreichbarkeit der Spitäler jedoch hohe Ansprüche. Gemäss einer On-line-Umfrage der politisch neutralen Plattform Vimentis unter knapp 30'000 Personen waren 2010 71% der Auffassung, dass ein Krankenhaus nicht mehr als 30 Minuten vom Wohnort entfernt sein darf.28 Gut ein Drittel ist der Auffassung, dass ein Spital innerhalb von 20 Minuten erreichbar sein muss. Die Frage, ob die Anzahl Spitäler reduziert und auf weniger Standorte zu-sammengefasst werden soll, beantworteten im Jahr 2010 zwei Drittel ablehnend.

28 Quelle: www.vimentis.ch

Konzentrationsprozess bei Allgemeinspitälern

Im internationalen Ver-gleich hohe Spitaldichte

Frage nach Anzahl Spitäler hat nicht nur betriebswirt-schaftliche Dimension

Hohe Ansprüche an Er-reichbarkeit

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Eine detaillierte Erreichbarkeitsanalyse zeigt, dass die oben verwendeten, international ver-gleichbaren Kennzahlen nicht trügen. Trotz der schwierigen Topografie der Schweiz können gemäss unseren Berechnungen 99.8% der Bevölkerung vom Mittelpunkt ihrer Wohngemeinde aus mit dem Auto ein Allgemeinspital innerhalb von 30 Minuten erreichen. Immer noch 98.4% der Bevölkerung sind in der Lage, ein Spital innerhalb von 20 Minuten und 94.0% innerhalb von 15 Minuten zu erreichen (Abbildung 21). Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man betrachtet, wie viele Spitäler vom Gemeindemittelpunkt aus innerhalb von 30 Minuten erreicht werden kön-nen. Knapp drei Viertel der Bevölkerung können im Radius von einer halben Stunde unter acht oder mehr Spitälern aussuchen (Abbildung 22).

Abbildung 21

Fahrzeit bis zum nächsten Allgemeinspital* Fahrzeit in Minuten (Auto), vom Gemeindemittelpunkt aus

*inkl. Gesundheitszentren mit Rettungs-/Notfalldienst; Quelle: Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geostat

Abbildung 22

Anzahl in 30 Minuten erreichbarer AllgemeinspitälerAnzahl in 30 Min. per Auto vom Gemeindemittelpunkt aus erreichbarer Spitäler

Quelle: Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geo-stat

Nimmt man den individuell exakten Wohnort als Ausgangspunkt und berücksichtigt man Stau und sonstige Verkehrsbehinderungen, kommen diese Zahlen natürlich etwas tiefer zu liegen. Dennoch kann man ohne Zweifel folgern, dass eine sehr grosse Mehrheit der Bevölkerung in der Lage ist, ein Spital in weniger als 15 Minuten Fahrzeit zu erreichen. In den peripheren Re-gionen der Alpen gibt es zwar einige Gemeinden, von denen aus das nächstgelegene Spital nicht innerhalb einer halben Stunde erreicht werden kann. Diese beschränken sich jedoch auf rund zwei Dutzend und sind bevölkerungsarm. Damit wären – nähme man die erwähnten Um-frageergebnisse als Messlatte – die Präferenzen der Bevölkerung wohl klar erfüllt.

Die Spitalgrundversorgung ist also schweizweit in einem äusserst hohen Grad sichergestellt. Aber auch Spitäler, die in der Lage sind, kompliziertere Eingriffe vorzunehmen, sind von einem grossen Teil der Bevölkerung rasch zu erreichen. Zentrumsversorgungsspitäler können von mehr als 90% der Bevölkerung innerhalb einer halben Stunde erreicht werden. Universitätsspi-täler können immer noch von rund der Hälfte der Bevölkerung innert 30 Minuten und von rund einem Viertel innert 15 Minuten erreicht werden. Der in Abbildung 20 dargestellte Konzentrationsprozess war bisher vor allem durch eine juristi-sche und administrative Zusammenlegung von Spitälern geprägt, weniger durch eine tatsächli-che räumliche Konzentration der medizinischen Leistungserbringung. Diese dürfte künftig je-doch vermehrt einsetzen. Vor allem kleinere Spitäler werden wohl stärker unter Druck kommen, ihre Angebotspalette einzuschränken und sich stärker auf einzelne Leistungen zu spezialisieren. Dieser Prozess wird indes politisch kaum geräuschlos über die Bühne gehen. Die Ansprüche der Schweizer Bevölkerung an die zeitliche Erreichbarkeit von Spitälern sind äusserst hoch, und in einzelnen Regionen stellen Spitäler wichtige Arbeitgeber dar. Entsprechend intensiv dürfte bei allfälligen Schliessungen von Spitalabteilungen oder gar Spitälern die politische Debatte sein.

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Hervorragende Spitaler-reichbarkeit in der Schweiz

Nur sehr wenige Versor-gungslücken

Auch Spitzenmedizin ist schnell erreichbar

Konzentrationsprozess wird sich fortsetzen

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Tatsächlich dürfte dieser Konzentrationsprozess aber nicht nur aus Effizienz-, sondern auch aus Qualitätsgründen und damit aus Versorgungssicht wünschenswert sein – vor allem in Anbe-tracht der heute fast schon luxuriös anmutenden Erreichbarkeit der Spitäler. Es ist weitgehend unbestritten, dass die Behandlungsqualität eines Spitals bei vielen Eingriffen mit den entspre-chenden Fallzahlen korreliert.29 Eine Spezialisierung und kooperative Arbeitsteilung unter Spitä-lern dürfte daher sowohl zu Effizienz- als auch Qualitätsgewinnen führen, ohne dass die Er-reichbarkeit unter ein akzeptables Mass fällt. Auch der Effekt auf die Arbeitsplätze sollte nicht dramatisiert werden. Die Nachfrage nach Spitaldienstleistungen wird auch künftig ansteigen. Dies dürfte innerhalb der meisten Versorgungsregionen selbst unter Berücksichtigung potenziel-ler Effizienzgewinne die Nachfrage nach Spitalpersonal aufrechterhalten. Anders ausgedrückt: Arbeitsplätze gehen nicht verloren, sondern verlagern sich bloss in die regionalen Zentren.

Versorgungsdichte und Wettbewerbssituation: Angebotsperspektive

Angesichts der hohen Spitalerreichbarkeit überrascht die Aussage nicht, dass die Allgemeinspi-täler in der Schweiz heute mehr oder weniger dort stehen, wo sich die Nachfrage konzentriert. Dennoch gibt es bezüglich der Versorgungsdichte regionale Unterschiede (Abbildung 23). Die Karte visualisiert für jede Gemeinde die Spitalnachfrage im Verhältnis zum Spitalangebot im Akutbereich (gemessen anhand der Spitalbeschäftigung) im Umkreis von 60 Minuten Fahrdis-tanz.30 Aus Patientensicht bedeutet eine hohe Spitaldichte eine gute Versorgung. Aus Spital-sicht – gerade im neuen, stärker wettbewerbsorientierten Umfeld – deutet eine hohe Versor-gungsdichte auf stärker umkämpfte Märkte und höhere Wettbewerbsintensität hin. Abbildung 23 nimmt eher die Anbietersicht ein, wohingegen die Abbildung 21 und 22 eher die Nachfra-ger- bzw. die Patientensicht darstellen. Selbstredend stellt Abbildung 23 eine Vereinfachung der Realität dar. Wir nehmen für alle Spitä-ler und damit auch implizit für unterschiedliche Spitalleistungen ein einheitliches Einzugsgebiet an. In der Realität dürften die Einzugsgebiete für höher spezialisierte Leistungen mangels Alter-nativangeboten grösser sein als für Standardprozeduren. So gibt es in der Schweiz gegenwärtig nur drei Zentren für Herztransplantationen (Zürich, Bern, Lausanne). Auch können mit dieser Darstellung weitere regionale Spezialisierungen auf bestimmte Fachgebiete nicht berücksichtigt werden. Eine weitere Vereinfachung ist die Gleichsetzung der Spitalbeschäftigung mit dem An-gebot und die Nichtberücksichtigung der Anzahl Betten.31 Dadurch vernachlässigen wir zum Beispiel regional unterschiedliche Verhältnisse bezüglich ambulanter bzw. stationärer Behand-lung. Nichtsdestotrotz stellt die Karte einen guten ersten Indikator für die Versorgungsdichte und damit die heutige Wettbewerbssituation dar. Abbildung 23 zeigt, dass die Versorgungsdichte in erster Linie in den grossen Städten hoch ist und in den Agglomerationen mit zunehmender Distanz zum Zentrum abnimmt. Dies ist nicht überraschend: In den Städten befindet sich die Zentrumsversorgung, welche geografisch stark konzentriert sowohl eine breite Palette an spezialmedizinische Leistungen, aber auch Grundver-sorgung anbietet. Jedoch gibt es auch zwischen den Zentren Unterschiede. So ist die Versor-gungsdichte in Zürich tiefer als in Genf, Basel, Lausanne oder Bern. Aufgrund eines hohen An-teils an – in der Analyse nicht berücksichtigten – ausländischen Patienten dürfte die tatsächliche Nachfrage nach Spitaldienstleistungen besonders in Genf und Basel leicht höher liegen als vom Modell berechnet. Entsprechend überschätzt Abbildung 23 die tatsächliche Versorgungsdichte in diesen Städten wohl etwas. Mehr zum Anteil ausländischer Patienten siehe Abbildung 25.

Zwischen dem Osten und dem Westen der Schweiz gibt es, wie in Abbildung 23 ersichtlich, ein klares Gefälle der Versorgungsdichte. Dafür verantwortlich ist unter anderem die innert kürzes-ter Fahrdistanz erreichbare hohe Zahl an Universitätsspitälern in der westlichen Landeshälfte

29 Vgl. Heberer, Weber und Todorov (2012): Nutzung und Nutzen von Qualitätsindikatoren. 30 Wir berücksichtigen die Anzahl vollzeitäquivalenter Spitalstellen und die Nachfrage, welche von jedem Gemeindemittelpunkt aus mit dem Auto innert 60 Minuten zu errei-

chen ist. Um der Tatsache gerecht zu werden, dass die Überwindung von Distanzen Zeit kostet, wird sowohl das Angebot als auch die Nachfrage mit zunehmender Fahr-zeit exponentiell abdiskontiert. Die zugrunde liegende Exponentialfunktion orientiert sich dabei am effektiven Fahrverhalten der Bevölkerung (Quelle: Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2010).

31 Das Personal ist zumindest kostenseitig dennoch der zentrale Angebotsfaktor. 2011 machten die Personalkosten durchschnittlich 63% des Betriebsaufwands aus, die Investitionskosten hingegen nur 8%. Ausserdem korreliert die Mitarbeiterzahl äusserst eng mit der Bettenzahl.

Konzentrationsprozess auch aus Versorgungssicht eine Chance

Regional unterschiedliche Versorgungsdichte

Indikator für die Wett-bewerbssituation

Versorgungsdichte in den Zentren am grössten

Hohe Dichte an Universi-tätsspitälern in der West-schweiz

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(vgl. Abbildung 24). So haben Universitätsspitäler eine fast doppelt so hohe Mitarbeiterzahl pro stationären Fall wie die restlichen Spitäler (selbst übrige Zentrumsspitäler). Die Gründe für diese hohe Personalintensität an Universitätsspitälern sind einerseits die grössere Angebotsbreite be-sonders im hochspezialisierten Bereich, anderseits die deutlich höhere Forschungs- und Ausbil-dungsaktivität.32

Abbildung 23

Allgemeinspitäler: Angebot in Relation zur Nachfrage (Versorgungsdichte) Geschätzte Spitalausgaben (2011) pro Spitalbeschäftigte in Allgemeinspitälern (2011, VZÄ)* im Radius von 60 Minuten Fahrzeit (Auto) pro Gemeinde, gewichtet**

* Schätzung basierend auf Betriebszählung 2008 und Kennzahlen Schweizer Spitäler 2011. Berücksichtigt wurden VZÄ (ohne Belegpersonal) im Akutbereich der Allge-meinspitäler und der Kinderspitäler, **Ausgaben und Beschäftigte abhängig von Fahrzeit exponentiell abdiskontiert; Quelle: Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geostat

Heutige Versorgungsdichte und künftiges Nachfragewachstum

Erzielt das neue Spitalfinanzierungsregime die beabsichtigte Wirkung, stehen die Spitäler in den nächsten Jahren in einem verstärkten Wettbewerb um Patienten. Um eine erste Einschätzung zur künftigen Marktsituation machen zu können, müssen wir aber nicht nur die heutige regionale Versorgungsdichte, sondern auch die künftige Nachfrageentwicklung berücksichtigen. Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass das regionale Muster der heutigen Spitalstandorte nicht überall mit dem des künftigen Nachfragewachstums übereinstimmt (Abbildung 24). In gewissen Regionen stehen die Spitäler da, wo die Bevölkerung voraussichtlich auch besonders stark wachsen wird. Auf der anderen Seite erfahren Gebiete mit einer gegenwärtig hohen Versorgungsdichte wie die grossen Stadtzentren ein klar unterdurchschnittliches Nachfragewachstum. Mithilfe einer kom-binierten Betrachtung der heutigen Versorgungsdichte (Abbildung 23) und des künftigen Nach-

32 Den Aspekt der Forschung und Lehre berücksichtigen wir bei der Berechnung, indem wir die Beschäftigtenzahl mit dem Anteil der Kosten im Akutbereich (exklusive der

Lehr- und Forschungskosten) an den Gesamtkosten gewichten.

Hohe Versorgungsdichte

Überdurchschnittliche Versorgungsdichte

Unterdurchschnittliche Versorgungsdichte

Tiefe Versorgungsdichte

Künftiges Wachstum kor-respondiert nur bedingt mit Standorten

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fragewachstums (Abbildung 24) können wir die regionalen Spitalmärkte grob in vier Kategorien unterteilen: Kategorie 1: Märkte mit unterdurchschnittlicher Versorgungsdichte und überdurchschnittli-

chem Nachfragewachstum Kategorie 2: Märkte mit überdurchschnittlicher Versorgungsdichte und überdurchschnittli-

chem Nachfragewachstum Kategorie 3: Märkte mit überdurchschnittlicher Versorgungsdichte und unterdurchschnittli-

chem Nachfragewachstum Kategorie 4: Märkte mit unterdurchschnittlicher Versorgungsdichte und unterdurchschnittli-

chem Nachfragewachstum

Abbildung 24

Nachfragewachstum bis 2040 und Standorte der Allgemeinspitäler Wachstumsprognose Gesundheitsausgaben (2011–2040) für Spitalbehandlungen im Radius von 15 Minuten pro Gemeinde; Spitalstandorte 2011

Quelle: Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geostat

Zur ersten Kategorie gehören in erster Linie grosse Teile der Metropolregion Zürich, nicht je-doch die Stadt Zürich sowie die Regionen südwestlich und südlich von ihr. Der Aargauer Spital-markt findet sich mehrheitlich in dieser Kategorie. In der Zentralschweiz ordnen wir fast den gesamten Kanton Schwyz, die Region Sursee/Seetal und die Lorzenebene dazu. In der Ost-schweiz sind dies in erster Linie das Rheintal, das Sarganserland, die Region Wil und praktisch der gesamte Thurgau. In der Westschweiz gehören einzig das Unter- und Mittelwallis und teil-weise das Waadtländer Chablais zur ersten Kategorie. In die zweite Kategorie fallen Regionen mit einer hohen Versorgungsdichte und stark über-durchschnittlich erwartetem Nachfragewachstum. Dazu gehören in erster Linie grosse Teile der Waadt und praktisch der ganze Kanton Freiburg. Viele Gemeinden südlich und südwestlich der Stadt Zürich sind aufgrund einer im nationalen Vergleich überdurchschnittlich hohen Versor-gungsdichte ebenfalls dieser Kategorie zuzuordnen. In der Zentralschweiz vereinen die Stadt

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Hohes Wachstum

Überdurchschnittliches Wachstum

Unterdurchschnittliches Wachstum

Tiefes Wachstum

!( Grundversorgung 3

!( Grundversorgung 2

!( Grundversorgung 1

!( Zentrumsspital

!( Universitätsspital

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Tiefe Versorgungsdichte und hohes Wachstum: Metropolregion Zürich

Hohe Versorgungsdichte und hohes Wachstum: Um-land der Genferseeregion

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Luzern sowie die Kantone Ob- und Nidwalden eine überdurchschnittliche Versorgungsdichte mit einem relativ starken erwarteten Nachfragewachstum. In die dritte Kategorie fallen Märkte mit einer gegenwärtig hohen Versorgungsdichte und einem unterdurchschnittlichen erwarteten Wachstum. Hierzu gehören die Agglomeration Bern, das Baselbiet, das Appenzellerland mit der Stadt St. Gallen sowie grosse Teile Graubündens. Aber auch die Stadtzentren aus den ansonsten wachstumsstarken Metropolregionen – Zürich, Lausanne und Genf – finden sich in dieser Marktklassifizierung wieder. In die vierte Kategorie fallen vor allem Gebiete ausserhalb der grossen Agglomerationsgürtel. Die Versorgungsdichte ist dort im nationalen Durchschnitt heute unterdurchschnittlich, und das künftige Nachfragewachstum dürfte vergleichsweise bescheiden ausfallen. Dazu gehören unter anderem grössere Teile des Jurabogens, die Berner und Luzerner Voralpen, die zentralen Al-pentäler, das Toggenburg und der Kanton Schaffhausen. Diese Unterteilung soll einen ersten Hinweis auf künftige Unterschiede bei der Wettbewerbsin-tensität geben. Je tiefer die heutige Versorgungsdichte und je höher das zu erwartende Nach-fragewachstum, desto geringer ist die künftige Wettbewerbsintensität – und umgekehrt. Damit sei nicht impliziert, dass Spitäler in weniger stark umkämpften Märkten eine Garantie auf Erfolg haben oder dass Spitäler in Märkten mit hoher Versorgungsdichte und geringem Nachfrage-wachstum vor einer schwierigen Zukunft stehen. Erstens gehört die Spitalbranche mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft zu den wachstumsstarken Branchen der Schweiz. Die Spi-talnachfrage dürfte daher selbst in Regionen mit unterdurchschnittlich starkem Wachstum zum Teil durchaus beträchtlich zunehmen. Zweitens sind Versorgungsdichte und künftiges Markt-wachstum nicht die einzigen Erfolgsdeterminanten. Eine hohe Effizienz bei der Betriebsführung, ein qualitativ hochstehendes Angebot und eine strategisch kluge Spezialisierung sind oft wichti-gere Erfolgsfaktoren als der Sättigungsgrad der regionalen Märkte. Gerade im neuen Umfeld mit der schweizweit freien Spitalwahl haben Spitäler die Chance, ihr Einzugsgebiet mit einer er-folgreichen Spezialisierungsstrategie deutlich über die Standortregion auszuweiten.

Exkurs: Interkantonale Patientenströme

Ein Aspekt, der bei der Betrachtung der Spitalmarktsituation berücksichtigt werden muss, ist die interkantonale Patientenwanderung. Obige Berechnungen zur Versorgungsdichte berücksichti-gen keine Kantonsgrenzen. Aufgrund der bisherigen regulatorischen Ausgestaltung der Schwei-zer Spitallandschaft war der Markt jedoch bis vor kurzem stark an kantonale Grenzen gebunden. Bis Ende 2011 griff der Wohnkanton eines Patienten bei ausserkantonalen Eingriffen finanziell nur ein, wenn die benötigte Behandlung im Wohnkanton nicht verfügbar war oder es sich um einen Notfall ausserhalb des Wohnkantons handelte. Für nicht notfallmässige ausserkantonale Behandlungen musste eine vorgängige Kostengutsprache eingeholt werden, diese bis anhin in 30% der Fälle mit einem negativen Entscheid.33 Die Analyse der interkantonalen Patientenströme zeigt daher, dass sich 2011 nur rund 16% aller Schweizer Patienten (stationär) nicht in ihrem Wohnkanton behandeln liessen. Rund 4% der Fälle fielen dabei weder im Wohnkanton noch in einem Nachbarkanton an, und lediglich 3% aller Patienten stammten aus dem Ausland. Die Quoten der ausserkantonalen Hospitalisationen schwanken von Kanton zu Kanton sehr stark. Der Anteil war in Appenzell Innerrhoden mit 54% am grössten. Am kleinsten war der Anteil mit 5% im Kanton Bern. Gemessen an den gesamten durch die jeweils eigene Kantonsbevölkerung verursachten Fällen sind die Kantone mit Universitätsspitälern und die Kantone Appenzell Ausserrhoden sowie Graubünden die grössten Netto-Exporteure von Spitaldienstleistungen. Nur in drei Kantonen machten diese Nettoströme 2011 mehr als 20% der im jeweiligen Kanton domizilierten Nach-frage aus (Abbildung 25).

33 Obsan (2012): Séjours hospitaliers hors du canton de domicile. Description des flux de patients et analyse des déterminants.

Hohe Versorgungsdichte und tiefes Wachstum: Die Zentren

Tiefe Versorgungsdichte und tiefes Wachstum: Meist ausserhalb der grossen Agglomerationen

Versorgungsdichte und Nachfragewachstum nur zwei Erfolgsfaktoren unter vielen

Markt stark kantonal ge-prägt

Nur 16% der Patienten werden ausserkantonal behandelt

Grösste Netto-Exporteure von Spitaldienstleistungen sind Kantone mit Unispitä-lern

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Swiss Issues Branchen 32

Abbildung 25

Dienstleistungs-Exportbilanzen kantonaler Spitalmärkte Ausserkantonale Patienten (stationäre Fallzahlen, netto) im Verhältnis zu den Fällen, welche die eigene Kantonsbevölkerung

insgesamt verursacht

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Mit dem Inkrafttreten der neuen Spitalfinanzierung 2012 haben grundversicherte Personen un-ter den Listenspitälern – mit kleinen Einschränkungen – in der ganzen Schweiz die freie Wahl (vgl. Unterkapitel «KVG-Teilrevision zur Spitalfinanzierung»). Die regulatorische Segmentierung der kantonalen Spitalmärkte nimmt dadurch ab. Daher ist zu erwarten, dass die interkantonalen Patientenströme zunehmen dürften. Das genaue Ausmass der künftigen Patientenbewegung ist jedoch schwierig abzuschätzen, da viele Faktoren beim Entscheid mitspielen, ob eine Behand-lung innerkantonal oder extrakantonal durchgeführt wird. Ein 2012 erschienener Bericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) findet empirische Belege dafür, dass die Kantonsgrösse, die Region sowie die Art des Spitals und des Eingriffs eine Rolle spielen, ob ei-ne Behandlung inner- oder extrakantonal stattfindet. Internationale Studien zeigen auch, dass der jeweilige Hausarzt einen entscheidenden Einfluss auf die Spitalwahl haben kann.34

Ein Faktor, der für die Schweiz bisher kaum untersucht werden konnte – aber vor allem bei Ba-siseingriffen mutmasslich einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit ausserkantonaler Behand-lungen hat – ist die Nähe des Wohnorts eines Patienten zum jeweiligen Spital. Aufgrund der geografisch geringen Grösse der meisten Kantone und der hohen Spitaldichte liegen Spitäler jenseits der Kantonsgrenze für viele Patienten näher als innerkantonale Krankenhäuser. Wie sich das neue KVG tatsächlich auf die distanzinduzierten Patientenströme auswirken wird, muss sich erst noch zeigen. Bereits heute approximativ abschätzbar ist hingegen das distanzinduzierte ausserkantonale Nachfragepotenzial. Dazu berechnen wir, wie viele Personen innerhalb eines Kantons ein beliebiges ausserkantonales Spital per Individualverkehr schneller erreichen kön-nen, als das nächstgelegene innerkantonale Spital. Unter diesen Annahmen beträgt dieses Potenzial 8% der gesamten Schweizer Nachfrage. Dies deutet darauf hin, dass die interkantonalen Patientenströme im Grundversorgungsbereich zu-mindest aus Distanzgründen mit dem Regimewechsel vorerst höchstens marginal zunehmen dürften. Angesichts dieser eher tiefen Zahl ist es wenig überraschend, dass die Kantonsgrenzen die geografischen Einzugsgebiete der jeweiligen kantonalen Spitalmärkte im Grossen und Gan-zen relativ gut beschreiben (Abbildung 26).

34 Obsan (2012): Séjours hospitaliers hors du canton de domicile. Description des flux de patients et analyse des déterminants.

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Nachbarkantone Nicht-Nachbarkantone Ausland Total

Wie stark nehmen Patien-tenströme zu?

Ausserkantonales Nachfra-gepotenzial aus Distanz-gründen

8% der Nachfrage findet ausserhalb des Entste-hungskantons ein näheres Spital

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Abbildung 26

Ausserkantonale Erreichbarkeit der Grundversorgung Gemeinden, von deren Mittelpunkt aus ein ausserkantonales Allgemeinspital (inkl. Gesundheitszentren mit Rettungs-

/Notfalldienst) per Auto schneller erreichbar ist als ein innerkantonales

Quelle: Bundesamt für Statistik, Bundesamt für Gesundheit, Credit Suisse, Geostat

Spitalimmobilien

Implikationen des neuen Finanzierungsregimes

Spitalimmobilien sind Betreiberimmobilien. Die Immobilie ist auf ihren Nutzen zugeschnitten und untrennbar mit dem Spitalbetrieb verbunden. Die effiziente Flächenplanung bei heterogener Raumstruktur, die Notwendigkeit kurzer Wege und die haustechnischen Grundlagen für den Einbau hochtechnologischer und sensibler Geräte stellen hohe bautechnische Anforderungen an die Immobilie. Damit sich der Patient trotz der technisch-ökonomischen Anforderungen im Spital wohl fühlt und dieses auch noch schnell erreichen kann, sollte der Spitalbetrieb zudem architek-tonisch ansprechend verpackt sein und über eine hohe Lagegüte verfügen, deren Parameter je nach Spitaltyp variieren. Zuletzt, aber nicht weniger bedeutend sind Spitäler wichtige Arbeitge-ber. Entsprechend müssen die Liegenschaften zusätzlich zu den ohnehin schon hohen und zum Teil konträren Anforderungen auch noch gute Arbeitsbedingungen bieten. Summa summarum wundert es somit nicht, dass der Planungsprozess von Spitälern lang, aufwendig und konfliktge-laden ist, dass der Bau teuer ist und bauliche Veränderungsprozesse langsam vonstattengehen. Die Änderung der Spielregeln im Hinblick auf Planung und Finanzierung, wie es am 1. Januar 2012 geschehen ist, erhöht die Komplexität zusätzlich. Die neue Ordnung verlangt von allen Spitälern, dass sowohl technische als auch bauliche Inves-titionen über die eigenen Einnahmen finanziert werden. In welcher Form das genau geschieht, bleibt umstritten. Für das Jahr 2012 hat der Bundesrat den Investitionskostenzuschlag auf 10% der schweregradbereinigten Fallzahl festgesetzt. Ab 2013 sollen die tatsächlichen Anlagenut-zungskosten der Spitäler gemäss Kostenausweisen Grundlage für die Abgeltungshöhe sein. Doch diese rückwärtsgerichtete Sichtweise unterschätzt die zukünftigen Kosten, weil vielerorts zu wenig investiert wurde und die Anlagenutzungskosten tief ausfallen. Der Schritt vom Global-budget zu ertragsabhängigen Investitionsmöglichkeiten birgt somit grosse Herausforderungen für Spitäler und Kantone. Die logische Konsequenz aus den neuen Regelungen ist, dass Spitäler, die ihr Investitionspo-tenzial selbst erwirtschaften, die Investitionen auch selber tätigen. Hierzu benötigen die Spital-

Spital innerhalb Wohnkanton näherSpital ausserhalb Wohnkanton näher

Spitalimmobilien: Unver-zichtbar und dennoch ver-nachlässigt

Unterschätzter Investitions-bedarf

Unternehmerische Freiheit ja, aber wie viel?

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gesellschaften Verfügungsrechte über ihre Liegenschaften, die sie vom Kanton, der in der Re-gel Alleineigentümer der Spital AG bleibt, in ganz unterschiedlichen Ausmassen erhalten. Häufig wechseln die Liegenschaften den Eigentümer im Baurecht. So ist zum Beispiel am 1. Januar 2011 in Luzern die Mehrheit der Gebäude im Baurecht an das Kantonsspital übergegangen. Sowohl als Alleineigentümer der Spitalgesellschaft als auch als Baurechtsgeber halten sich so-mit die meisten Kantone die Einflussnahme auf das Immobilienmanagement der Spitäler über zwei Kanäle offen, was die private Finanzierung von Investitionen erschwert. Der Kanton Aargau geht im Hinblick auf die unternehmerische Freiheit etwas weiter und hat den Kantonsspitälern die betriebsnotwendigen Liegenschaften inklusive der Grundstücke als Sacheinlage im Rahmen einer Aktienkapitalerhöhung übertragen. Diese Vorgehensweise wird in ähnlicher Form auch in anderen Kantonen angestrebt. Sie soll die Eigenkapitaldecke der Spitäler stärken und die Auf-nahme von Fremdkapital ermöglichen. Der Kanton Aargau sichert die finanzielle Zukunft der Spitäler aber dennoch ab, indem er sich vorbehält, Finanzierungshilfen für Bauinvestitionen über einen Zeitraum von 12 Jahren zu leisten.

Rückblick: Investitionen in Spitalimmobilien

Doch grosse Varianz gibt es nicht nur bezüglich Rechtsform der Spitalgesellschaften, Einfluss-nahme der Kantone und Ausmass der Verfügungsrechte über die Betriebsliegenschaften, son-dern auch hinsichtlich deren Zustände. Grundsätzlich wurde in den vergangenen 20 Jahren zu wenig investiert. Politische Prozesse und die finanzielle Haushaltslage waren ausschlaggebend dafür, wo, wann und wie viel in die bauliche Infrastruktur investiert wurde. Das Immobilienma-nagement wurde nicht überall gleich professionell betrieben, notwendige Investitionen haben sich aufgestaut, und viele Liegenschaften sind nicht mehr zeitgemäss. Während sich die Aus-gaben für Spitalleistungen gegenüber 1995 fast verdoppelt haben, bewegten sich die Investitio-nen in Um- und Neubauten von Allgemeinspitälern 2011 nur 8% über dem Niveau von 1995 – mit starken und haushaltsabhängigen Schwankungen dazwischen (Abbildung 27). Vor allem die Neubauinvestitionen, die im langfristigen Mittel nur knapp ein Drittel der Bauinvestitionen aus-machen, sind von 1995 bis 2004 im Trend von 227.6 Mio. CHF auf 69.6 Mio. CHF gesunken, kurzfristig bis 2008 wieder auf 272.6 Mio. CHF angestiegen und seitdem wieder markant ein-gebrochen. Im Mittel der Jahre 1995 bis 2003 hatten die Spitalbauinvestitionen insgesamt noch einen Anteil von 5.3% an den Spitalausgaben. Im Folgezeitraum 2004 bis 2011 ist dieser Anteil auf 3.4% gesunken. Im Vergleich zur mengenmässig zunehmenden Inanspruchnahme von Spi-talleistungen infolge fortschreitender Technologie und höheren Wohlstandes sind die Investitio-nen in bauliche Infrastruktur ins Hintertreffen geraten.

Abbildung 27

Bauinvestitionen und Spitalausgaben allgemeiner Spitäler Anteil der Investitionen an den Ausgaben (linke Skala); Ausgaben und Investitionen, indexiert, 1995 = 100 (rechte Skala)

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

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1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011

Investitionen/Ausgaben: NeubauInvestitionen/Ausgaben: UmbauMittelwert Investitionen/AusgabenSpitalausgaben (rechte Achse)Bauinvestitionen Spitäler (rechte Achse)

Veraltete Baustruktur in neuer Welt

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Das Ausmass des Investitionsstaus variiert erheblich zwischen den Kantonen. Die Spitäler sind dadurch mit ganz unterschiedlichen infrastrukturellen Voraussetzungen in die neue Finanzie-rungswelt gestartet. Abbildung 28 zeigt die Summe der Bauinvestitionen der Jahre 1994 bis 2011 in Relation zu den Hospitalisierungen im Jahre 2011 nach Kantonen. Auffällig ist die star-ke Investitionstätigkeit – relativ zu den Fallzahlen – aller Zentralschweizer Kantone mit Ausnah-me von Schwyz. Gut in Schuss ist zum Beispiel das Kantonsspital Glarus, das zwischen 1993 und 2004 gesamthaft renoviert wurde. Der Kanton Zug investierte rund 200 Mio. CHF in den Spitalneubau des Kantonsspitals in Baar. Damit startet der Kanton mit einem der modernsten Spitäler in den neuen Wettbewerb. Das muss jedoch nicht zwingend ein Vorteil sein. In der neu-en Welt sind die Abschreibungen des Anlagekapitals aus den Fallpauschalen zu erwirtschaften. Können gewisse Kapazitäten nicht ausgelastet werden und generieren keine Einnahmen, lasten die Abschreibungen dennoch schwer auf dem Budget. Nicht ganz so eindeutig ist der Fall des Kantonsspitals Uri, das 1997 einen Anbau erhielt, wo zukünftig aber auch das Hauptgebäude aus dem Jahr 1963 einem Ersatzneubau weichen soll. Auch das Kantonsspital Obwalden in Sarnen wurde 1996 erweitert. Der neue Bettentrakt ist zudem weit fortgeschritten und dürfte noch 2013 fertiggestellt werden. Neben den Zentralschweizer Kantonen bewegt sich Solothurn ebenfalls unter den investitions-stärksten Kantonen. Nachdem in den letzten Jahren kräftig mit Neubau und Erweiterung in das Kantonsspital Olten investiert wurde, hat das Stimmvolk 2012 dem Kredit über 340 Mio. CHF für den Neubau des Bürgerspitals in Solothurn zugestimmt. Der Kanton dürfte die Finanzierung des Neubaus übernehmen und die neuen Liegenschaften erst nach deren Inbetriebnahme an die Spitalgesellschaft übergeben. Dieses Vorgehen wird einerseits gerade von Privatspitälern als Wettbewerbsverzerrung im neuen System wahrgenommen, das doch ursprünglich auf gleiche Bedingungen für alle Akutspitäler abzielte. Andererseits zeigt dieser Fall genau das Problem für Spitäler, die mit veralteter Baustruktur erhöhten Investitionskosten gegenüberstehen, für deren Finanzierung sie zunächst jedoch im neuen Finanzierungssystem eine Grundlage schaffen müs-sen.

Abbildung 28

Bauinvestitionen in Allgemeinspitäler 1994-2011 nach Kanton Summe der Jahre 1994–2011 nach Neubau und Umbau pro Hospitalisierung im Jahre 2011

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Vor allem Spitäler, deren Liegenschaften in der Vergangenheit nicht professionell bewirtschaftet wurden, sind nun mit einer doppelten Last konfrontiert: Erstens ist der bauliche Nachholbedarf aufgrund der Versäumnisse per se gross. Zweitens wächst die Bedeutung der baulichen Infra-struktur im zunehmenden Wettbewerb um Patienten, weil die Attraktivität eines Spitals auch vom Gebäudezustand abhängt. Darüber hinaus lassen sich in modernen Gebäuden Spitalbetrieb

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GL UR SO ZGOWBS LUNWZH GE CH TG BL FR GR BE SG VD NE VS SH AG AI TI SZ JU AR

Neubauinvestitionen pro Fall

Umbauinvestitionen pro Fall

Zentralschweiz: Immobilien gut in Schuss

Solothurn: Umstrittene Subventionierung des Bür-gerspitals

Die doppelte Last der ver-nachlässigten Immobilien

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und Unterhaltskosten optimieren, was angesichts der steigenden Effizienzanforderungen an Re-levanz gewinnt. Viele Spitäler werden investieren müssen, um zumindest den Spitalbetrieb zu si-chern und sekundär die Effizienz des Betriebs zu steigern. Sie haben jedoch die grosse Chance, dies mit Blick auf die neue Welt sehr zielgerichtet zu tun. Andere Spitäler wollen investieren, um über Effizienzsteigerungen in der zukünftigen Konsolidierung der Spitallandschaft bestehen zu können. Dadurch entsteht eine Kombination aus zwingend notwendigen und wettbewerbsge-triebenen Investitionsbestrebungen, die zusammen mit unsicheren Finanzierungsaussichten auch das Risiko von Fehlinvestitionen bergen. Diese werden durch die anhaltende Verlagerung in den ambulanten Bereich noch verstärkt, denn dadurch sinkt die durchschnittliche Aufent-haltsdauer, und dem stationären Teil droht die Überdimensionierung. Seitens der Kantone scheint das Geschehen derzeit noch von der Seitenlinie aus beobachtet zu werden. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Kantone aus Angst vor Fehlinvestitionen früher oder später wieder eingreifen. Das wäre ein Rückschritt im Prozess, denn die Kantone müssen sich die Frage ge-fallen lassen, ob sie wirklich besser in der Lage sind, Fehlinvestitionen zu vermeiden als die dem Markt und der Nachfrage sehr viel näheren Spitäler.

Ausblick: Projektierte Investitionsvolumen

Das Volumen an konkret geplanten und von Allgemeinspitälern öffentlich kommunizierten Bau-projekten beläuft sich derzeit auf rund 6 Mrd. CHF, wovon der Löwenanteil auf Neubauprojekte entfällt. Hinzu kommt der geplante Umbau des Unispitals Zürich in der Grössenordnung von 2.8 Mrd. CHF über die nächsten 15 Jahre, wodurch das Volumen auf knapp 9 Mrd. CHF ansteigt. Damit stehen für die kommenden 5 bis 15 Jahre Investitionsabsichten im Raum, die dem Bau-volumen der letzten 17 Jahre entsprechen. Das geplante Volumen dürfte erst die Spitze des Eisberges an Plänen sein, die noch in den Schubladen von Spitälern und Planern schlummern. Unter der zusätzlichen Berücksichtigung von Unterhaltsarbeiten ist davon auszugehen, dass der tatsächliche Investitionsbedarf von Allgemeinspitälern in den nächsten 15 bis 20 Jahren das heute bekannte Projektvolumen um einiges übertrifft.

Abbildung 29

Zukünftige Investitionsschwerpunkte von Spitalbauten Absehbares Projektvolumen pro Fallzahl (2011) in CHF;

Abweichung des absehbaren Volumens von der Summe der Bauinvestitionen in Allgemeinspitäler der Jahre 1995–2011

Quelle: Credit Suisse, Bundesamt für Statistik

— —

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Projekte vs. Volumen 95-11

— > 81%

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• -79% - -40%

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Infrastruktureller Nachhol-bedarf

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Abbildung 29 setzt das Volumen langfristig geplanter Bauprojekte in das Verhältnis zur kantona-len Fallzahl im Jahr 2011 und zeigt die Abweichung dieses Volumens von den Bauinvestitionen der Vergangenheit. Dadurch lassen sich die künftigen regionalen Investitionsschwerpunkte iden-tifizieren. Besonders hoch sind absehbare Investitionen aufgrund der langfristigen Umbaupläne des Unispitals in Zürich und im Kanton Uri, wo der geplante Ersatzneubau des Hauptgebäudes bei vergleichsweise geringer Fallzahl stark ins Gewicht fällt. Gross ist der Nachholbedarf im Kanton St. Gallen, wo über die kommenden 20 Jahre eine Investitionssumme von 1 Mrd. CHF im Raum steht. Grundsätzlich übertreffen die langfristigen Investitionspläne das vergangene Bauvolumen der letzten 17 Jahre in den Kantonen mit grösseren Projekten markant. Eine Aus-nahme bildet der Kanton Solothurn, wo nach dem Neubau des Spitals Olten nun die Pläne für das Bürgerspital auf dem Tisch liegen, dessen veranschlagte Kosten von 340 Mio. CHF unter dem Niveau der Vergangenheit liegen. Das Grossprojekt Riviera-Chablais fällt hingegen wenig ins Gewicht, weil die Finanzierung auf die zwei Kantone Waadt und Wallis aufgeteilt wird. Die Relation der Investitionen zur Fallzahl verdeutlicht zudem, wie es um die Finanzierbarkeit zukünftiger Investitionen steht, wenn nur die Einnahmen aus der Fallkostenpauschale berück-sichtigt würden. Im Falle des Kantons St. Gallen lag die schweregradbereinigte Fallzahl im Jahr 2011 zum Beispiel bei knapp 54'000 Fällen. Unter der Annahme einer Basisrate von 9'400 CHF pro Fall und einer Investitionskostenpauschale von 11% ergibt sich für die Allgemeinspitä-ler die Investitionsmöglichkeit von 55.8 Mio. CHF. Mit diesen Parametern würde die Amortisa-tion der geplanten Investition von 1 Mrd. CHF unter der Annahme von 100% Fremdkapital und 3.7% Kapitalkosten 30 Jahre dauern – ohne laufende Unterhaltsarbeiten oder Zusatzinvestitio-nen in medizinische und nichtmedizinische Anlagen, Software, Fahrzeuge etc. Glücklicherweise ist dieses auf die Fallpauschale ausgerichtete Szenario in den meisten Spitälern deshalb unrea-listisch, weil mit einem gewissen Anteil von Zusatz- und Privatversicherten im Patientenmix die Wirtschaftlichkeit aufgrund der höheren Margen gesteigert werden kann. Weiter führt auch eine Spezialisierung auf komplexere Bereiche der Medizin zu einer verbesserten Profitabilität. Somit können grosse Investitionen in der Realität auch schneller amortisiert werden. Wie soll dieses Finanzierungsproblem anders gelöst werden, als dass die Kantone auch in der neuen Welt für die Investitionsversäumnisse der Vergangenheit aufkommen? Und warum haben Kantone überhaupt einen Anreiz, Spitäler in die finanzielle Freiheit zu entlassen, die letztlich den kantonalen Leistungsauftrag erfüllen müssen? Die Antwort ist simpel: Die steigenden Kosten im Gesundheitswesen und limitierte Budgets zwingen auch die Kantone, den Leistungsauftrag aus der Effizienzperspektive zu betrachten. Gleichzeitig ist der Nachholbedarf stellenweise jedoch so gross, dass es verantwortungslos wäre, infrastrukturell veraltete, aber leistungsstarke Spitäler von heute auf morgen finanziell fallen zu lassen. Sofern es die öffentlichen Finanzen zulassen, wird dies dazu führen, dass zunächst ein subventionierter Niveauausgleich stattfinden wird, be-vor Kantone das weitere Wirtschaften den Spitälern überlassen werden. Das bedeutet, dass die volle Kraft des Wettbewerbs erst langfristig richtig einsetzen wird und es bis dahin zwischen un-terschiedlich privatwirtschaftlich orientierten Kantonen und zwischen öffentlichen und privaten Spitälern Verzerrungen geben wird. Zudem dürfen Kantone den herrschenden Standortwettbe-werb nicht aktiv unterstützen und sollten kantonsübergreifenden regionalen Lösungen eine Chance geben. Ansonsten verunmöglichen sie durch politisch motivierte Eingriffe Effizienzstei-gerungen, die sie selbst zur Budgetentlastung benötigen. Ein nächster wichtiger Schritt in Rich-tung wirtschaftlich eigenständiger und gleichzeitig qualitativ hochstehender Spitäler der Zukunft dürfte somit die Entflechtung der kantonalen Mehrfachrollen sein.

Blick nach vorne: Herausforderungen und viele Chancen

Doch die Probleme, die sich aus der Kombination veralteter Baustruktur und neuem Finanzie-rungssystem ergeben, sind durchaus lösbar. Gerade in Bezug auf ihr Immobilienmanagement können Spitäler die neue Selbständigkeit schon heute unternehmerisch nutzen. Erstens können sie im Hinblick auf einen Rückzug der öffentlichen Hand aus der Infrastruktur- und Anlagenut-zungskostenfinanzierung andere Fremdkapitallösungen anstreben. Wie Spitalverwaltungen ha-ben auch Banken in den letzten Jahren Know-how für Spitalfinanzierungen aufgebaut und kön-nen entsprechende Lösungen anbieten. Voraussetzung dafür ist betriebswirtschaftliche Trans-parenz, eine klare Positionierung im neuen Umfeld und strategische Antworten auf zukünftige

Grosser Nachholbedarf in der Nord- und Ostschweiz

Finanzierung: Wer soll das bezahlen?

Limitierte Budgets zwingen Kantone zur finanziellen Freiheit ihrer Spitäler

Probleme sind nicht unlös-bar

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Herausforderungen. Konsolidieren lässt sich all dies in einem Businessplan, der auf der Suche nach Finanzierungen die betriebswirtschaftliche Visitenkarte des Spitals darstellt. Das Ausmass dessen, was sich an Projekten finanzieren lässt, ist dann letztlich eine Funktion aus Ertrag, Ei-genkapital und der Entpolitisierung des Spitalwesens. Dass Spitäler den Kapitalmarkt für Finan-zierungen nutzen können, muss auch im Interesse der Kantone sein. Denn nur die freie Wahl der Kapitalgeber wird den Spitälern die unternehmerische Unabhängigkeit ermöglichen, die Kantone zur Entlastung ihrer Budgets benötigen. Scheitern private Finanzierungen, wird der Kanton wieder einspringen müssen. Zweitens können private Investoren die Eigentümerrolle des Kantons in nicht betriebsnotwendi-gen Teilbereichen übernehmen. Wird realistischerweise davon ausgegangen, dass der unter-nehmerische Spielraum im Bereich der Kernleistungen aufgrund des Leistungsauftrages vom Kanton eingeschränkt bleibt, ist der Spielraum an Zusatzdienstleistungen, die privat bereitge-stellt werden könnten, dennoch gross. Je nach Immobilienstruktur kann eine Unterteilung in be-triebsnotwendige Liegenschaften mit Akut- und Grundversorgung im Eigentum der Spitalgesell-schaft und nicht betriebsnotwendige Liegenschaften erfolgen, in denen Zusatzdienstleistungen angeboten werden. Deren Veräusserung an Investoren birgt, adäquate Rahmenbedingungen vorausgesetzt, für beide Parteien Chancen. Dem Spital hilft die Veräusserung nicht betriebsnotweniger Liegenschaften, das Eigenkapital zu stärken, um jene Investitionen fremdfinanzieren zu können, die seine Wettbewerbsfähigkeit er-höhen. Gleichzeitig steigern Zusatzdienstleistungen – sofern richtig konzipiert – die Attraktivität von Spitälern. Mögliche Felder von Auslagerungen und Kooperationen mit privaten Anbietern in separaten Liegenschaften sind Präventiv- und Rehabilitationsmassnahmen, medizinische Dienstleistungszentren mit niedergelassenen Ärzten oder Beherbergungsformen wie z.B. Pati-entenhotels. Diese können Patienten beherbergen, die nicht mehr intensiv in der Spitalabteilung betreut werden müssen, jedoch noch medizinische Überwachung benötigen, sowie Angehörige. Die Wirkung eines privaten Patientenhotels kann selbst dann eine doppelt positive Auswirkung auf das Spital haben, wenn keine Bestandesliegenschaft zur Umnutzung bereitsteht und ein Neubau erfolgen muss. Erstens sinken die Pflegekosten, weil die Unterbringungskosten auf-grund geringerer Pflegeintensität und geringerer medizinischer Infrastruktur im Patientenhotel tiefer ausfallen. Zweitens erhöht das Spital seine Anziehungskraft im Wettbewerb, indem es die Patientenbedürfnisse in den Vordergrund stellt und dank indirekt erhöhter Bettenkapazität die Fallzahlen steigern kann. Im Falle eines Neubaus ist verfügbares Bauland in unmittelbarer Nähe zu den betriebsnotwendigen Liegenschaften die Voraussetzung für diese Teilprivatisierung. Die immobilienspezifischen Herausforderungen sind somit insgesamt gross: Die Spitäler sind mit ganz unterschiedlichen infrastrukturellen Voraussetzungen in die neue Finanzierungswelt gestartet. Entsprechend unterschiedlich – im Ganzen jedoch sehr hoch – fällt der zukünftige Investitionsbedarf aus. Zum Teil wird dieser noch durch Kantone subventioniert, doch grössten-teils streben die Kantone – sofern noch nicht geschehen – die finanzielle Freiheit der Spitäler und ihrer Liegenschaften an, weil dies langfristig ihren Haushalt entlastet. Für eine private Fremdfinanzierung dürften einige der Grossprojekte, die noch im alten System geplant wurden, im Hinblick auf Eigenkapital und Tragbarkeit überdimensioniert sein. Die überstürzte Planung von grossen Bauprojekten birgt somit das Risiko von Fehlinvestitionen und fehlenden Mitteln für medizinische Anlagen. Spitäler brauchen zunächst Zeit, um Eigenkapital aufzubauen und um Projekte zu entwickeln, die zukünftigen Bedürfnissen entsprechen und gleichzeitig finanziell tragbar sind. Eine hybride Eigentümerstruktur der Liegenschaften mit betriebsnotwendigen Kerngebäuden im Eigentum der Spitalgesellschaft und Zusatzdienstleistungen in nicht betriebs-notwendigen Liegenschaften in privater Hand kann Teilaspekte dieser Probleme lösen. Investo-ren sind jedoch aufgrund der politischen und emotionalen Komponenten, die in der Natur von Spitalimmobilien liegen, zurückhaltend. Doch eine frühe Besetzung dieses neuen Geschäftsfeldes verspricht Wettbewerbsvorteile und bietet unweigerlich auch Chancen, sofern das Potenzial und die Risiken einer Gesundheitsim-mobilie richtig beurteilt werden. Analog zu Abklärungen bei üblichen Immobilieninvestitionen gilt es die Marktbedingungen, die Makro- und Mikrolage und die bauliche Substanz und die Ertrags-lage zu bewerten. Hinzu kommt eine politische Komponente, die eng mit der Makrolage und den Marktbedingungen verzahnt ist und besonders für Allgemeinspitäler der Grundversorgung

Zusatzdienstleistungen mit Potenzial

Patientenhotel als ausgela-gerte Immobilie

Investorenalbtraum: Unter-investiert, unterschiedlich reguliert und subventioniert

Dennoch: Markt im Um-bruch bietet Chancen

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relevant ist. Sind diese aufgrund ihrer geografischen Lage für ein grosses Einzugsgebiet ohne grosse Konkurrenz gut erreichbar, arbeiten sie wirtschaftlich und bieten sie ein breites Spektrum der medizinischen Grundversorgung in hoher Qualität an, dann sind sie für den Kanton elemen-tarer Bestandteil zur Erfüllung des Leistungsauftrages und damit quasi gesetzt für die kantonale Spitalliste. Hinzu kommt, dass es aufgrund der demografischen Alterung kaum einen anderen Markt gibt, für den sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein derart kontinuierliches Nach-fragewachstum prognostizieren lässt wie im Gesundheitswesen. Mit anderen Worten: Ein Spital, das sich schon heute als Gewinner der anhaltenden Strukturbereinigung identifizieren lässt, wird morgen sicher nicht leer stehen. Diese Wachstumsperspektive vermag die schlechte Umnut-zungsmöglichkeit, die in der spezifischen Gebäudestruktur von Spitalimmobilien begründet ist, je nach Fall teilweise bis vollständig zu kompensieren. Ebenso klar ist, dass die Gesundheitskosten mit der demografischen Alterung, technologischem Fortschritt und steigendem Wohlstand zu-nehmen werden, so dass Rationalisierungen auf allen nichtmedizinischen Ebenen – zu denen auch die Bereitstellung der Liegenschaften zählt – zwingend werden erfolgen müssen, um Ein-schränkungen bei den medizinischen Leistung verhindern zu können. Der Marktzutritt für Investoren ist dafür steinig. Neben der Identifikation aussichtsreicher Spitäler muss der Dialog mit dem Kanton als Eigentümer und der Spitalverwaltung als Betreiberin ge-sucht werden. Weil es sich um ein gesellschaftlich sensibles Thema handelt, sind Interessen-konflikte, Vorbehalte und Ängste vorprogrammiert, und die Kommunikation ist entscheidend. Zahlreiche Public-Private-Partnership-Projekte (PPP) sind in anderen öffentlichen Bereichen aufgrund von unklaren Aufgabenteilungen, Zielkonflikten und zu hohem Koordinationsaufwand gescheitert. Von Investoren ist in diesem neuen Markt Kreativität und Pioniergeist gefragt. Die Kantone ihrerseits müssen die unternehmerischen Freiheiten der Spitalgesellschaften im Hin-blick auf ihr Immobilienmanagement und auf private Zusatzangebote klar definieren und respek-tieren sowie potenzielle Investoren als Allianzpartner bei der Bewältigung künftiger Herausforde-rungen verstehen.

Fazit: Vom Spital zum Gesundheitszentrum

Die Ausgaben für Spitalleistungen werden zulegen, weil die Bevölkerung wächst, altert und für das höchste Gut «Gesundheit» grundsätzlich eine hohe Zahlungsbereitschaft hat. Weil Kranken-kassen zum grossen Teil unbeschränkt für Behandlungen aufkommen, gibt es aus individueller Sicht wenige Ausgabenbeschränkungen. Löhne werden zudem steigen, und ob es gelingt, die Preise für medizinische Produkte und Geräte im Zaum zu halten, bleibt ungewiss. Unsere Pro-gnoseansätze verdeutlichen, wie die Spitalausgaben weiter steigen werden, wenn niemand et-was unternimmt. Weil es verantwortungslos ist, die Kosten von Spitalleistungen sehenden Au-ges aus dem Ruder laufen zu lassen, versucht der Gesetzgeber mit der neuen Spitalfinanzierung Anreize zu setzen, um Leistungen effizienter bereitzustellen. Ob diese KVG-Revision die erhoff-ten Früchte tragen wird, kann erst in ein paar Jahren klar beurteilt werden. Bereits heute zeich-net sich jedoch ab, dass die Umsetzung nicht überall so reibungslos abläuft, wie man es sich vielleicht mancherorts erhoffte. Schweizer Spitäler haben international eine hohe Reputation. Der hohe Standard der medizini-schen Ausbildung, die attraktiven Arbeitsbedingungen und die hohe Lebensqualität in der Schweiz wirken als Magnete für hervorragende Ärzte, die in Kombination mit der richtigen In-frastruktur letztlich für die gesamte Leistungsqualität ausschlaggebend sind. Die ausseror-dentlich gute Erreichbarkeit der Spitäler, die auf dem sehr dichten Grundversorgungsnetz ba-siert, ist stark auf die Bedürfnisse der Bevölkerung ausgerichtet, die sich mehrheitlich ein Spital in unmittelbarer Nähe zum Wohnort wünscht. Doch im Gegensatz zur Qualität von Ärzten und Pflegepersonal ist eine hohe Zahl an Spitälern nicht ausschlaggebend für die Leistungsqualität. Vor allem für kleinere, wenig spezialisierte Spitäler wird es in Zukunft schwierig werden, die nö-tige Infrastruktur auf der Basis geringer Fallzahlen aufrechtzuerhalten. Problematisch wird es besonders dann, wenn kleine Spitäler mit vergleichbaren Leistungsspektren sich in wachstums-schwachen Regionen die Patienten gegenseitig streitig machen.

Ein erfolgreiches Spital wird nicht leer stehen

Notwendiger Dialog: Über alles reden und Ängste ernst nehmen

Ohne Eingriffe werden Kos-ten aus dem Ruder laufen

Hohe Spitaldichte nicht ausschlaggebend für Quali-tät

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Werden in diesem Umfeld Standortverlagerungen oder Anpassungen des Leistungsangebotes diskutiert, kochen die Emotionen schnell hoch und verunmöglichen eine sachliche Argumenta-tion über die Chancen, die der wachsende Spitalmarkt vielen Beteiligten und allen voran den Patienten bietet. Im Falle von räumlichen Ansammlungen konkurrierender Spitäler ist die Frage der Zukunft nicht, ob Leistungen angeboten werden, sondern wo, in welcher Form, von wem und vor allem wie finanziert. Gute Ärzte und Mitarbeiter, Spezialisierung, Kooperationen und die richtige geografische Positionierung sind die zukünftigen Erfolgsfaktoren. Konkurrierende Spitä-ler müssen sich, unterstützt von der kantonalen und idealerweise interkantonal koordinierten Spitalplanung, miteinander abstimmen und ein komplementäres Angebot bereitstellen (Abbildung 30).

Abbildung 30

Vom Spital zum Gesundheitszentrum Hypothetisches Spital mit hybrider Eigentümerstruktur und Zusatzdienstleistungen

Quelle: Credit Suisse

Eine weitere Chance besteht im Ausbau von Grössenvorteilen an einem Standort, während al-ternative Standorte als spezialisierte Satelliten zur Erstversorgung betrieben werden. In der Summe muss dadurch nicht zwingend Personal oder Leistungsumfang reduziert werden, aber die Kosten dürften sinken und die Qualität z.T. gar zunehmen. Im Spital der Zukunft ist neben guten Ärzten und Pflegepersonal daher auch unternehmerisches Handeln gefragt. Die Akut- und Grundversorgung wird im Beispiel der Abbildung 30 vom Kanton in Auftrag gegeben und von der Spitalgesellschaft, deren Hauptaktionär im Falle von Allgemeinspitälern häufig ebenfalls der Kanton ist, betrieben. Die Spitalgesellschaft konzentriert sich damit auf ihre Kernkompetenz der medizinischen Leistungserbringung. Über Angebot und Auslagerung einzelner Dienstleis-tungen kann die Spitalgesellschaft ihre Ertragskraft stärken, was für die Finanzierung medizini-scher Anlagen und betriebsnotwendiger Liegenschaften immer wichtiger wird. Schliesslich spie-gelt sich die Notwendigkeit zur Neupositionierung und die schwache Investitionstätigkeit der letzten 15 bis 20 Jahre auch in den Bauprojekten vieler Spitäler wider. Bei einigen Kantonsspi-tälern besteht heute ein Nachholbedarf. Der Investitionsbedarf ist hoch. Die Zusammenlegung von Standorten und die Neuausrichtung von Leistungsbereichen erfordert zusätzlich Umbau- und Erweiterungsarbeiten. Zurzeit sind Bauprojekte im Umfang von knapp 9 Mrd. CHF abseh-bar – der tatsächliche Investitionsbedarf der kommenden 15–20 Jahre dürfte jedoch noch eini-ges darüber liegen. Diesen Investitionsbedarf zu finanzieren und gleichzeitig die Kosten zu redu-zieren, wird eine der grössten Herausforderungen des Spitals der Zukunft sein.

Kernleistungen(Leistungsauftrag Kanton):Akut- und Grundversorgung;

Spezialisierungen auf/mit Spitälern im Umkreis abgestimmt

Prävention, z.B.:SeniorengymnastikGewichtsreduktionNikotinentwöhnung

Ambulant: Medizinisches

Dienstleistungs-zentrum mit nieder-gelassenen Ärzten

Beherbergung: Zusatzangebote für Patienten und Familien; Personalhäuser

Genuss: Wellness, gastronomische Vielfalt

Dienstleistungen: Apotheken, Coiffeur, Kiosk, Medizinprodukte

Business: Büroräume und Infrastruktur für Fachkongresse

Spitalgesellschaft: Verwaltung, Kosten-/Leistungskontrolle, DRG-Abrechnung

Rehabilitation

Immobiliengesellschaft:Unabhängiges Management der Liegenschaften,

inklusive Veräusserungsmöglichkeiten an Dritte, IT, Facility Management

Private Bereitstellung

Private Bereitstellung

Private Bereitstellung

Private

Bereitstellung

Medizinische

Dienstleistungen

Patienten-

und P

ersonal-bedürfnisse

Erfolgsfaktoren: Ärzte, Spezialisierung, Koopera-tion, Lage

Heute braucht es Unter-nehmergeist, um in Zukunft investieren zu können

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Offenlegungen

Bestätigung Alle in diesem Bericht aufgeführten Analysten bestätigen hiermit, dass die in diesem Bericht geäusserten Ansichten über Unternehmen und deren Wertschrif-ten mit ihren persönlichen Ansichten über sämtliche hier analysierten Unterneh-men und Wertschriften übereinstimmen. Die Analysten bestätigen darüber hin-aus, dass eine bereits erhaltene oder zukünftige Entschädigung in keiner Art und Weise direkt oder indirekt mit den in diesem Bericht ausgedrückten Empfehlun-gen oder Ansichten in Verbindung steht. Die in diesem Bericht erwähnten Knowledge Process Outsourcing Analysten (KPO-Analysten) sind bei der Credit Suisse Business Analytics (India) Private Limited angestellt.

Wichtige Offenlegungen Die Credit Suisse veröffentlicht Research-Berichte nach eigenem Ermessen. Dabei bezieht sie sich auf Entwicklungen in den analysierten Unternehmen, im Sektor oder Markt, die für die im Bericht geäusserten Meinungen und Ansichten wesentlich sein können. Die Credit Suisse veröffentlicht ausschliesslich unparteii-sche, unabhängige, eindeutige, faire und nicht irreführende Anlagestudien. Der für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Credit Suisse verbindliche Code of Conduct ist online unter folgender Adresse abrufbar: https://www.credit-suisse.com/governance/doc/code_of_conduct_de.pdf Weitere Informationen finden Sie im Dokument «Unabhängigkeit der Finanzanaly-se» unter folgender Adresse: https://www.credit-suisse.com/legal/pb_research/independence_de.pdf Die Entschädigung der für diesen Research-Bericht verantwortlichen Analysten setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen, darunter dem Umsatz der Credit Suisse. Einen Teil dieses Umsatzes erwirtschaftet die Credit Suisse im Bereich Investment Banking.

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Zusammenhang richten sich ausschliesslich an Grosskunden mit liquiden Mitteln von über USD 1 Mio., die über ausreichend Erfahrung in Finanzfragen verfügen, um sich im Sinne eines Grosskundengeschäfts in Finanzmärkten engagieren zu können, und die regulatorischen Kriterien für eine Kundenbeziehung erfüllen. Frankreich: Dieser Bericht wird von der Credit Suisse (France) verteilt. Diese ist ein Anbieter von Investitionsdienstleistungen und verfügt über eine Zulassung der Autorité de Contrôle Prudentiel (ACP).. Die Credit Suisse (France) untersteht der Aufsicht und Regulierung der Autorité de Contrôle Prudentiel und der Autorité des Marchés Financiers. Gibraltar: Dieser Bericht wird von der Credit Suisse (Gibraltar) Limited verteilt. Die Credit Suisse (Gibraltar) Limited ist eine unabhän-gige Gesellschaft, die zu 100 % im Besitz der Credit Suisse ist. Sie untersteht der Regulierung der Gibraltar Financial Services Commission. Guernsey: Dieser Bericht wird von der Credit Suisse (Guernsey) Limited verteilt, einer unabhängi-gen Rechtseinheit, die in Guernsey unter der Nummer 15197 und unter der Anschrift Helvetia Court, Les Echelons, South Esplanade, St Peter Port, Guern-sey, eingetragen ist. Die Credit Suisse (Guernsey) Limited ist zu 100% im Besitz der Credit Suisse AG. Sie wird von der Guernsey Financial Services Commission überwacht. Der jeweils aktuelle testierte Jahresabschluss ist auf Anfrage erhält-lich. Indien: Der Vertrieb des vorliegenden Berichts erfolgt durch die Credit Suisse Securities (India) Private Limited («Credit Suisse India»), die vom Securiti-es and Exchange Board of India (SEBI) beaufsichtigt wird unter den SEBI-Registrierungsnummern INB230970637, INF230970637, INB010970631 und INF010970631 und deren Geschäftsadresse wie folgt lautet: 9th Floor, Ceejay House, Plot F, Shivsagar Estate, Dr. Annie Besant Road, Worli, Mumbai 400 018, Indien, Tel. +91-22 6777 3777. Italien: Dieser Bericht wird in Italien einerseits von der Credit Suisse (Italy) S.p.A. verteilt, einer gemäss italienischem Recht gegründeten und registrierten Bank, die der Aufsicht und Kontrolle durch die Banca d'Italia und CONSOB untersteht, sowie andererseits von der Credit Suisse AG, einer Schweizerischen Bank mit Lizenz zur Erbringung von Banking und Finanzdienstleistungen in Italien. Japan: Dieser Bericht wird von Credit Suisse Securities (Japan) Limited, Financial Instruments Dealer, Director-General of Kanto Local Finance Bureau (Kinsho) No. 66, Mitglied der Japan Securities Dealers Association, Financial Futures Association of Japan, Japan Investment Advisers Association und Type II Financial Instruments Firms Association, ausschliesslich in Japan verteilt. Credit Suisse Securities (Japan) Limited wird diesen Bericht nicht ausserhalb Japans verteilen oder in Länder ausserhalb Japans weiterleiten. Jersey: Der Vertrieb des vorliegenden Berichts erfolgt durch die (Guernsey) Limited, Jersey Branch, die von der Jersey Financial Services Commission beaufsichtigt wird. Die Geschäftsadresse der Credit Suisse (Guern-sey) Limited, Jersey Branch, in Jersey lautet: TradeWind House, 22 Esplanade, St Helier, Jersey JE2 3QA. Katar: Diese Information wird von der Credit Suisse Financial Services (Qatar) L.L.C verteilt, die über eine Bewilligung der Aufsichts-behörde für den Finanzplatz Katar (QFCRA) verfügt und von dieser reguliert wird (QFC Nr. 00005). Alle Finanzprodukte oder Finanzdienstleistungen im Zusam-menhang mit diesem Bericht sind nur für Geschäftskunden oder Vertragspartner (gemäss Definition der Aufsichtsbehörde für den Finanzplatz Katar (QFCRA)) zugänglich. Zu dieser Kategorie gehören auch Personen mit einem liquiden Vermögen von über USD 1 Mio., die eine Einstufung als Geschäftskunden wünschen und die über genügend Kenntnisse, Erfahrung und Verständnis des Finanzwesens verfügen, um sich an solchen Produkten und/oder Dienstleistun-gen zu beteiligen. Luxemburg: Dieser Bericht wird von der Credit Suisse (Lu-xembourg) S.A. verteilt. Diese ist eine luxemburgische Bank, die über eine Zu-lassung der Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF) verfügt und von dieser reguliert wird. Mexiko: Die im Bericht enthaltenen Informationen stellen kein öffentliches Angebot von Wertschriften gemäss dem mexikanischen Wertschriftengesetz dar. Der vorliegende Bericht wird nicht in den mexikanischen Massenmedien angeboten. Der Bericht enthält keine Werbung im Zusammen-hang mit der Vermittlung oder Erbringung von Bankdienstleistungen oder Anla-geberatung auf dem Hoheitsgebiet Mexikos oder für mexikanische Staatsbürger. Russland: Das in diesem Bericht angebotene Research ist in keiner Art und Weise als Werbung oder Promotion für bestimmte Wertpapiere oder damit zu-sammenhängende Wertpapiere zu verstehen. Dieser Research-Bericht stellt keine Bewertung im Sinne des Bundesgesetzes über Bewertungsaktivitäten der Russischen Föderation dar. Der Bericht wurde gemäss den Bewertungsmodellen und der Bewertungsmethode der Credit Suisse erstellt. Singapur: Dieser Bericht wurde zur Verteilung in Singapur ausschliesslich an institutionelle Anleger, zuge-lassene Anleger und erfahrene Anleger (wie jeweils in den Financial Advisers Regulations definiert) erstellt und herausgegeben und wird von der Credit Suisse AG, Singapore Branch, auch an ausländische Anleger (gemäss Definition in den Financial Advisers Regulations) verteilt. Aufgrund Ihres Status als institutioneller Anleger, zugelassener Anleger, erfahrener Anleger oder ausländischer Anleger ist die Credit Suisse AG, Singapore Branch, in Bezug auf finanzielle Beratungs-dienstleistungen, die die Credit Suisse AG, Singapore Branch, gegebenenfalls für Sie erbringt, von der Einhaltung bestimmter Compliance-Anforderungen gemäss Financial Advisers Act, Chapter 110 of Singapore («FAA»), den Financial Advi-sers Regulations und den massgeblichen, im Rahmen dieser Gesetze und Best-immungen herausgegebenen Mitteilungen und Richtlinien befreit. Spanien: Dieser Bericht wird in Spanien von der Credit Suisse AG, Sucursal en España, verteilt. Diese ist ein durch die Banco de España autorisiertes Unternehmen

(Registernummer 1460). Thailand: Der Vertrieb des vorliegenden Berichts erfolgt durch die Credit Suisse Securities (Thailand) Limited, die von der Securiti-es and Exchange Commission, Thailand, beaufsichtigt wird und unter der Adres-se 990 Abdulrahim Place Building, 27/F, Rama IV Road, Silom, Bangrak, Bang-kok Tel. 0-2614-6000 eingetragen ist. Vereinigtes Königreich: Dieser Bericht wurde von der Credit Suisse (UK) Limited und der Credit Suisse Securities (Eu-rope) Limited herausgegeben. Die Credit Suisse Securities (Europe) Limited und die Credit Suisse (UK) Limited verfügen beide über eine Zulassung der Financial Services Authority und stehen unter deren Aufsicht. Sie sind der Credit Suisse zugehörige, aber rechtlich unabhängige Gesellschaften. Der Schutz privater Kunden durch die Financial Services Authority gilt nicht für Investitionen oder Dienstleistungen, die durch eine Person ausserhalb des Vereinigten Königreichs angeboten werden. Das Financial Services Compensation Scheme gilt nicht, wenn der Emittent seine Verpflichtungen nicht erfüllt. USA: WEDER DER VORLIEGENDE BERICHT NOCH KOPIEN DAVON DÜR-FEN IN DIE VEREINIGTEN STAATEN VERSANDT, DORTHIN MITGENOM-MEN ODER AN US-PERSONEN ABGEGEBEN WERDEN. Örtliche Gesetze oder Vorschriften können die Verteilung von Research-Berichten in bestimmten Rechtsordnungen einschränken.

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