cr8s11cl2 – das erste chromthiochlorid

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Z. anorg. allg. Chem. 491, 271-274 (1982) J. A. Barth, Leipzig Cr8S,,CI2 - das erste Chromthiochlorid Von H. SABROWSKY und B. MENKE B o c hum, Lehrstuhl fur Anorganische Chemie I der Ruhr-Universitat, Arbeitsgruppe Festkorper- chemie Professor Rudolf Hoppe zum 60. Geburtstage gewidmet Inhaltsiibersicht. Cr,Sl1CI, wurde durch Reaktion von CrCI, im H,S-Gasstrom bei 660 K dargestellt und durch rontgenographische, magnetische, thermogravimetrische sowie differential- thermoanalytische Cntersuchungen charakterisiert. CrsSllC12 - the First Chromium Thiochloride Abstract. CrsSl,C1, was obtained by reaction of CrCI, with H,S at 650 K. X-ray, magnetic and thermal properties have been investigated. 1. Einleitung Bei der Darstellung von Cr,S, durch Reaktion von CrC1, im H,S-Strorn [I, 81 wurde beobachtet , daB unter bestimmten Versuchsbedingungen intermediar Chrom-Schwefel-Chlor-Verbindungen auftreten. Eine dieser Verbindungen konnte inzwischen als Cr,S,,Cl, charakterisiert werden. 2. Darstellung von CrsSllCle Selbst dargestelltes CrC1, [a, 31 wurde in einern Schiffchen aus Sinterkorund im getrockneten H,S-Strom bei 650 K sieben Tage getempert. Das dabei erhaltene, noch stark nach H,S riechende Praparat wurde weitere 24 Stunden im Ar-Strorn und anschliel3end 4 Stunden im Vakuum Das Reaktionsprodukt lag danach in Form metallisch glanzender, sahwarzer, auch in Konigswasser unloslicher Plkttchen vor. mbar) bei 650 K ausgeheizt. 3, Anal ytische Untersuchungen Die Substanz lie13 sich in einer KN0,-Schmelze aufschlieBen. Chrom wurde titrimetrisch mit Ammoniumeisen(I1)-sulfat, Chlor naoh Volhard und Schwefel durch BaS0,-FLllung bestimmt. Die Analysenergebnisse treffen fur die Verbindung Cr,Sl,C12 zu. Gef.: Cr 49,5 (ber. 49,45); S 42,9 (42,Ol); C1 8,2 (8,45)o/b.

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Page 1: Cr8S11Cl2 – das erste Chromthiochlorid

Z. anorg. allg. Chem. 491, 271-274 (1982) J. A. Barth, Leipzig

Cr8S,,CI2 - das erste Chromthiochlorid

Von H. SABROWSKY und B. MENKE

B o c h u m , Lehrstuhl fur Anorganische Chemie I der Ruhr-Universitat, Arbeitsgruppe Festkorper- chemie

Professor Rudolf Hoppe zum 60. Geburtstage gewidmet

Inha l t s i ibers ich t . Cr,Sl1CI, wurde durch Reaktion von CrCI, im H,S-Gasstrom bei 660 K dargestellt und durch rontgenographische, magnetische, thermogravimetrische sowie differential- thermoanalytische Cntersuchungen charakterisiert.

CrsSllC12 - the First Chromium Thiochloride Abst rac t . CrsSl,C1, was obtained by reaction of CrCI, with H,S at 650 K. X-ray, magnetic and

thermal properties have been investigated.

1. Einleitung Bei der Darstellung von Cr,S, durch Reaktion von CrC1, im H,S-Strorn [I, 81

wurde beobachtet , daB unter bestimmten Versuchsbedingungen intermediar Chrom-Schwefel-Chlor-Verbindungen auftreten. Eine dieser Verbindungen konnte inzwischen als Cr,S,,Cl, charakterisiert werden.

2. Darstellung von CrsSllCle Selbst dargestelltes CrC1, [a , 31 wurde in einern Schiffchen aus Sinterkorund

im getrockneten H,S-Strom bei 650 K sieben Tage getempert. Das dabei erhaltene, noch stark nach H,S riechende Praparat wurde weitere 24 Stunden im Ar-Strorn und anschliel3end 4 Stunden im Vakuum

Das Reaktionsprodukt lag danach in Form metallisch glanzender, sahwarzer, auch in Konigswasser unloslicher Plkttchen vor.

mbar) bei 650 K ausgeheizt.

3, Anal ytische Unter suchungen Die Substanz lie13 sich in einer KN0,-Schmelze aufschlieBen. Chrom wurde titrimetrisch mit

Ammoniumeisen(I1)-sulfat, Chlor naoh Volhard und Schwefel durch BaS0,-FLllung bestimmt. Die Analysenergebnisse treffen fur die Verbindung Cr,Sl,C12 zu. Gef.: Cr 49,5 (ber. 49,45); S 42,9 (42,Ol); C1 8,2 (8,45)o/b.

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272 H. SABROWSKY 17. B. MENKE

4. RSntgenographische Untersuchungen und Dichtebestimmung 4.1. G uin ieraufnahmen. Von der Verbindung wurden Guinieraufnahmen (CuKa,-Strahlung)

angefertigt. Das Beugungsdiagrarnm lie13 sich kubisch mit den Gitterkonstantcn a == 2926 pm, 30 = lJ3, indizieren (Tab. 1). Die pyknometrische Dichtebestimmung ergab dPyk = 3,09 g ~ m - ~ , wor- ails sich 5G Formeleinheiten Cr8Sl,CI, (ber. : 65,5) ableiten lassen. Die Rontgendichte wird daraus zu drii = 3,11 g ~ m - ~ berechnet.

Tahelle 1

(11 k 1) IObR sinZ 0 obs' lo5 sina 0, , lC. ID5

Vollstdndigz kubische Indizieiung einer Guinier-Aufnahme yon ~r~S,~CI~(~. = 154,051 pni; a = 2926 =k1 pm)

2 1 0 I 329 326 5 1 1 , 3 3 3 2 1860 1871 5 5 1 , 7 1 1 1 3 475 Y533 7 2 2 , 5 4 4 1 3985 3949 7 4 2 , 8 2 1 1 4813 4780 7 5 2 2 5408 5 204 6 0 4 1 6 143 (1097 8 0 2 , 1 0 2 0 1 7198 7203 9 5 1 , 7 7 3 3 7397 7413 8 6 3 , 1 0 3 0 R 7554 7552 9 6 1 , 1 0 3 3 1 8206 8175 8 6 5 , 1 1 2 0

1 0 4 3 , 1 0 5 0 4 8633 8660 8 8 2 , 1 0 4 4 1 9154 9145

12 1 0 , 10 (i .3 10 10020 10046

4.8. T e m p e r a t u r a b hangige Guin ierauf na hmen. Erste, allerdings nur schlecht aufgeloste Beugungsdiagramme im Bereich von Raumtemperatur bis 1 270 K mit kontinuierlicher Temperatur- erhohung lieBen auf Phasenumwandlungen schlieaen. Definierte Umwandlungstemperaturen waren diesen Diagrammen nicht zu entnehmen. Daraufhin wurden in demselben Tempernturbereich Auf- nahmen in Intervallen von 100 1< angefertigt. Hierbei blieb bis 670 K das charakteristische Beu- gungsbild des Cr8Sl,CI, erhalten. Bei 770, 970 und 1170 K lagen jeweils neue Beugungsdiagramme vor. Wahrend der nnschliel3enden Abkiihlphase veriinderte sich das Bcngungsmuster der auf 1270 K erhitzten Probe nicht.

5. Simultan-Thermo-Analyse Bei den thermischen Untersuchungen zersetzte sich Cr,SllCl, in drei Stufen

bei 760 K, 985 K und im Bereich von 1005 bis 1250 K. Diese Reaktionstempera- turen stimmen praktisch mit den aus den Heizguinier-Aufnahmen erhaltenen iiberein.

Aus diesen Beobachtungen resultiert, daB das Cr,S,,CI, bis 760 K bestgndig ist, um anschliel3end bei 760 K, 985 K und im Bereich von 1005 K bis 1250 K ther- misch zu drei neuen Spezies abgebaut zu werden.

6. Magnetische Messungen Am Cr,SllC1, wurden magnetische Messungen (Magnet B-E 10 C8 und Tem-

periereinheit B VT-1000, Bruker, Mikrowaage 4125, Sartorius) nach dem Faraday- Prinzip im Temperaturbereich von 90 bis 350 K durchgefuhrt ( ~ 2 ~ 8 = 2,416 - lo-, em3 mol-l). Von 140 bis 350 K zeigt 1 / ~ mol gegen T (Abb. 1) einen linearen Verlauf (Korrelation 0,9999). Fur diesen Bereich errechnet man 2,03 ungepaarte

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Cr,S,,CI, 2 73

Elektronen (0 = -17 K, peff = 2,83 B.R.1.) pro Chromatom. Hingegen sind bei reinem Spinmagnetismus fur das dreiwertige Chromion drei ungepaarte Elektro- nen zu erwarten.

Der gefundene Wert von 2,03 ungepaarten Elektronen pro Chromatom wurde auf das Vorliegen von vierwertigem Chrom schlieljen lassen. Hiergegen spricht aber die Formel Cr,S,,C12.

Es ist deshalb wahrscheinlich, daIj Cr -Cr-Wechselwirkungen vorliegen, wofur besonders die negative, asymptotische Curie-Temperatur spricht. Solche Wechsel- wirkungen sind auch bei anderen ternaren Chrom-Schwefel-Verbindungen beob- achtet worden [4- 71.

7. Diskussion Es ist uberraschend, daB bei der Darstellung von Cr2S, durch Reaktion von

CrC1, im H,S-Strom die Verbindung Cr,S,,Cl, bisher nicht beobachtet worden ist. Dies ist auf die fur die Darstellung von Cr,S, erforderliche, relativ hohe Reaktions- temperatur (1000 K) zuruckzufiihren [S], wahrend wir die Reaktion auch bei nied- rigeren Temperaturen untersucht haben.

T [ K I

100 150 200 250 300 350 c

Abb. 1 von 140- 350 K

Graphische Darstellung des magnetischcn Verhaltens voii Cr,S,,CI, im Temperaturbereich

18 Z . onorg. allg. Chemie. Bd. 491.

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2 74 H. SABROWSKY u. B. NINKE

Die hier erreichte partielle Substitution von Chlor durch Schwefel fuhrt, leitet man Cr8SllC1, vom Cr,S, bxw. Cr,S,, ab, zu einer Erhohung der Gittersyinmetrie gegenuber dein hexagonal-rhomboedrisch kristallisierenden Cr,S, (a = 593,9 pm, e = 1665 p i ) "91. Diese ist offenbar auch ein Grund fur das anomale magnetische Verhalten dieser iieuen Cr('I')-Verbindung.

Ob dariiber hinaus in Analogie zu diesen Untersuchungen die ganze Palette von Verbindungen dieses neuen Formeltyps Cr,Xl1Y, (X = Chalkogen, Y =

Halogen) darstellbar ist, wie auch die Beantwortung der Frage nach CrSCl und weiteren Chromchalkogenohalogenideri, von denen bislang nur CrS Br, CrSJ,,,,, CrSeJ und CrTe,,;,J bekaiint sind [lo], bleibt abzuwarten. Unsere Vorarbeiten in dieser Richtung zeigen hier erste Ergebnisse.

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Bei der Redaktion eingegangen am 27. Juli 1981.

Anschr. d. I-erf. : l'rof. Dr. H. Sa~~owsiw-, 1)ipl.-Min., DipLChem. B. MENKE, Lehrstuhl f. Anog. Chemie 1 d. Ruhr-Univ.. Postfach 102 118, Cniversitatsstr. 150, D-4630 Boohum 1