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Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Institut für Öffentliches Wirtschaftsrecht Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Medizinrecht
Prof. Dr. Sebastian Graf von Kielmansegg
Bitte wenden!
Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene, Sommersemester 2019
Hausarbeit - Sachverhalt
1. Teil
Der am 02.02.2001 geborene Schüler Momme Nansen (im Folgenden N) besucht die 12. Jahrgangsstufe
des Theodor-Storm-Gymnasiums, einer öffentlichen Schule in der schleswig-holsteinischen Gemeinde G.
Zu Weihnachten hat N ein neues Smartphone (Kaufpreis 1.200,- €) geschenkt bekommen, auf das er
mächtig stolz ist. Er nimmt es daher auch gleich am ersten Schultag, den 07.01.19 mit in die Schule, um
damit vor seinen Klassenkameraden zu prahlen. Als sein Banknachbar ihn während des besonders lang-
weiligen Englischunterrichts in der dritten Stunde nach seinen Ferienaktivitäten fragt, kann sich N nicht
zurückhalten und holt das Smartphone aus seiner Tasche hervor, um seinem Mitschüler das schöne Design
und die tollen Funktionen des Gerätes zu zeigen. Der Englischlehrer Herr Crey (im Folgenden C) bemerkt
nach kurzer Zeit, dass die Aufmerksamkeit der beiden Schüler nicht auf seinen lehrreichen Vortrag zur
englischen Grammatik, sondern auf das unter der Bank befindliche Smartphone gerichtet ist. Er ermahnt
beide und verlangt von N das Smartphone heraus. Dieser kommt der Aufforderung widerwillig nach. C
teilt N mit, dass er sein Gerät am Ende des Schultages, also nach der achten Unterrichtsstunde, bei ihm im
Lehrerzimmer abholen könne.
Nach der Stunde begibt sich C in den Lehrerflur. Dies ist ein nur für Lehrer bestimmter Bereich der Schule,
wo sich Schüler nur aufhalten dürfen, wenn sie während der Unterrichtspausen ein Anliegen einem Lehrer
mitteilen oder das Schulsekretariat aufsuchen wollen. Im Lehrerflur steht direkt vor dem eigentlichen Leh-
rerzimmer, zu dem die Schüler keinen Zutritt haben, für jeden Lehrer ein einfaches Schließfach bereit. C
deponiert das Smartphone von N dort neben seinem eigenen Handy, das er nur für Notfälle mit in die
Schule nimmt und während des Schultages stets dort aufbewahrt.
Am Ende des Schultages sucht N den C im Lehrerzimmer auf und verlangt höflich sein Smartphone zu-
rück. Als beide zu dem Schließfach gehen, bemerkt C, dass es aufgebrochen und das Smartphone des N
entwendet worden ist. Wer das Smartphone entwendet hat, lässt sich nicht ermitteln. Auch die von N
eingeschaltete Polizei kann das Smartphone nicht auffinden. Zu seiner Erleichterung erhält N von seinen
Eltern noch in derselben Woche als Vorschuss auf seinen nahen Geburtstag ein neues Smartphone.
Da er dieses mit in die Schule nehmen und auch während des Unterrichts nutzen will, erhebt N am
15.01.19 eine „gegen das Theodor-Storm-Gymnasium“ gerichtete Klage vor dem Verwaltungsgericht. Er
möchte klargestellt wissen, dass C sein Smartphone nicht hätte einziehen dürfen. Er meint, C habe das nur
getan, weil er ihn schon seit Jahren „auf dem Kieker habe“. Wenn irgendetwas vorgefallen sei, habe C
stets ihn bezichtigt. Dies liege wohl daran, dass C ihm seinen Wohlstand neide. Das Aushändigen des
Smartphones vor seinen Mitschülern habe er als entwürdigend und diskriminierend empfunden.
Im weiteren Verfahren lässt sich C dahingehend ein, dass er das Smartphone nur deshalb herausverlangt
habe, weil N damit sich selbst und seinen Mitschüler vom Unterricht abgelenkt habe. Einen persönlichen
Groll gegen N hege er nicht. Die Handynutzung sei während des Unterrichts zudem auch nach der Schul-
ordnung verboten. Die Lehrer seien angehalten, auf die Einhaltung der Schulordnung zu achten und sie
notfalls mit pädagogischen Maßnahmen durchzusetzen. Da N das Smartphone ohnehin nur während der
kurzen Pausenzeiten hätte nutzen dürfen, sei das Vorenthalten während des Schultages auch „keine so
große Sache gewesen“.
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N betont demgegenüber in einem weiteren Schriftsatz vom 18.2.2019 erneut, dass C ihn häufig ohne
Grund ermahne und kritisiere. Zudem sehe er gar nicht ein, sich von C irgendwelche Erziehungsmaßnah-
men gefallen lassen zu müssen, er sei ja kein Kind mehr. Die Schulordnung könne für ihn keine verbind-
lichen Regeln aufstellen. Er habe mit der Handynutzung den Unterricht auch gar nicht gestört und die
Ablenkung sei ursprünglich von seinem Banknachbarn ausgegangen.
Hat die Klage des N Aussicht auf Erfolg?
2. Teil
Trotz des raschen Ersatzes ärgert N der Verlust seines alten Smartphones nach wie vor. Es war immerhin
so gut wie neu und auch sehr teuer. Er findet es ungerecht, wenn seine Eltern auf den Kosten sitzen bleiben
müssen. Schließlich wäre es – so meint er – gar nicht zu dem Diebstahl gekommen, wenn C das Handy
nicht eingezogen hätte. Jedenfalls hätte C es besser sichern müssen und nicht einfach in das Schließfach
legen dürfen.
N wendet sich daher an den Familienanwalt und fragt, ob er vom Land Schleswig-Holstein den Kaufpreis
für das gestohlene Handy erstattet verlangen kann. Der Anwalt, bei dem Sie gerade ein Praktikum absol-
vieren, wendet sich an Sie und bittet Sie um Prüfung. Er fragt Sie außerdem, bei welchem Gericht er
gegebenenfalls Klage erheben müsste.
Bearbeiterhinweis: Gehen Sie bei der Beantwortung, ggf. hilfsgutachterlich, auf alle durch den Sachver-
halt aufgeworfenen Fragen ein. Im 2. Teil ist nicht auf die örtliche Zuständigkeit des Gerichts einzugehen.
Auszug aus der Schulordnung des Theodor-Storm-Gymnasiums
§ 7 Nutzung privater technischer Geräte
(1) Die Nutzung privater technischer Geräte ist während der Unterrichtsstunden verboten. Satz 1 gilt nicht in Notsitu-
ationen.
(2) Private technische Geräte im Sinne dieser Schulordnung sind Geräte im Besitz eines Schülers, die einen Bildschirm
besitzen und/oder internetfähig sind und/oder Film-, Bild- oder Tonaufnahmen ermöglichen. Hierzu zählen insbeson-
dere Mobilfunkgeräte, Smartphones, Tablets, Notebooks und Smartwatches.
§ 12 Unterrichtspausen
Nach der ersten, dritten, fünften und siebten Unterrichtsstunde findet eine kleine Unterrichtspause von jeweils fünf
Minuten statt. Nach der zweiten, vierten und sechsten Unterrichtsstunde findet eine große Unterrichtspause von jeweils
fünfzehn Minuten statt.
[…]
Der Umfang des Gutachtens darf 25 Seiten (exklusive Deckblatt, Gliederungsübersicht und Literaturverzeich-
nis) nicht überschreiten. Dabei ist zu beachten, dass linksseitig 7 cm Rand zu belassen sind, im Übrigen 2 cm. Als
Schriftart ist Times New Roman in Schriftgröße 12 zu verwenden. Der Zeilenabstand beträgt 1,5. Studierende mit Stu-
dienbeginn ab WS 2016/17 oder später müssen die bestandene Zwischenprüfung sowie zwei Übungen für Anfängerin-
nen und Anfänger aus verschiedenen Rechtsgebieten (Bürgerliches Recht, Strafrecht oder Öffentliches Recht) nachwei-
sen. Die Hausarbeit ist spätestens bis Montag, d. 1.4.2019, 12 Uhr in den dafür vorgesehenen Hausarbeitenkasten im
Juristischen Seminar einzuwerfen. Sie kann auch postalisch mit Poststempel vom 31.03.2019 (spätestens) übersandt
werden an Prof. Dr. Sebastian Graf von Kielmansegg, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Medizinrecht, Olshausen-
straße 75, 24118 Kiel.