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Tipps und Tricks für SolidCAM/SolidWorks murphy2 CAD.de Newsletter 02/2010 Seite 1 von 5 CAM-Programmierung in der Zusammenbauumgebung CNC-Programmierer arbeiten üblicherweise in der Einzelteilumgebung, haben ihre Teilvorlage als Zeichnung vor sich und erstellen manuell ihr Programm oder sie verwenden bei aufwendigeren Aufgaben ein CAM-Programm und setzen direkt auf das 3d-Modell aus dem CAD auf. Wenig bekannt ist, dass Solidcam auch in der Zusammenbauumgebung arbeiten kann, der Nachteil ein Mehraufwand bei den CAD-Vorbereitungen und eine nicht mehr ganz so einfache Dateiverwaltung, der Gewinn ist ein schlüssiger Rüstplan in 3d und eine deutlich höhere Sicherheit gegen Beschädigung von Maschine und Spannmittel, da diese in die Simulation und Kollisionskontrolle mit einbezogen werden können, insbesondere Spannmittel des Werkzeugs gegen Spannmittel des Werkstücks. Die vorbereitenden Arbeiten Um das Teilemodell legt man in Solidworks einen weiteren Körper, das Rohteil, vereinigt beide jedoch nicht. Das kann ein einfacher Quader oder Zylinder als Halbzeugzuschnitt sein oder ein Gussteil mit Bearbeitungszugaben. Dieses Rohteil macht man teiltransparent, man sieht nun das Fertigteil darin. Ebenso, wie man sich Werkzeugkataloge anlegt, erstellt man sich Vorlagen der Modelle der vorhandenen Spannmittel, diese können zur realitätsnahen Simulation ihrer Funktion Zusammenbauten sein, für Unterlegleisten empfehlen sich beschriftete Konfigurationen mit den Kombinationen für die Zwischenwerte, man kann sie dann einfach ohne Rechnen als fertige Konfiguration abrufen. Sieht man zudem Wegbegrenzungen der Spannmittel mit vor, wird schon Solidworks darauf hinweisen, wenn ein Rohteil nicht mehr aufgenommen werden kann. Solidcam verlangt, dass beim Fräsen oberhalb von Z=0 kein Hindernis mehr im Weg stehen darf, vor allem keine überstehenden Spannmittel oder Schraubenköpfe, man muss also ggf. die zugehörige Ebene manuell über einen fixen Zahlenwert entsprechend anpassen oder den Nullpunkt ausreichend hoch legen. Dies lässt sich eleganter durch ein fixiertes Dummyteil für die Nullpunktwahl erreichen, an das alle anderen Teile mit Abhängigkeiten gebunden sind. Aus den benötigten Teilen erstellt man nun einen Zusammenbau oder startet gleich mit diesem als Prototyp, das zu fertigende Teil wird an den Außenflächen des Rohteils oder später auch bereits gefertigten Flächen mit dem Spannmittel unter Vergabe von Zusammenbauabhängigkeiten befestigt.

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Tipps und Tricks für SolidCAM/SolidWorks

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CAM-Programmierung in der Zusammenbauumgebung

CNC-Programmierer arbeiten üblicherweise in der Einzelteilumgebung, haben ihre Teilvorlage als Zeichnung vor sich und erstellen manuell ihr Programm oder sie verwenden bei aufwendigeren Aufgaben ein CAM-Programm und setzen direkt auf das 3d-Modell aus dem CAD auf.

Wenig bekannt ist, dass Solidcam auch in der Zusammenbauumgebung arbeiten kann, der Nachteil ein Mehraufwand bei den CAD-Vorbereitungen und eine nicht mehr ganz so einfache Dateiverwaltung, der Gewinn ist ein schlüssiger Rüstplan in 3d und eine deutlich höhere Sicherheit gegen Beschädigung von Maschine und Spannmittel, da diese in die Simulation und Kollisionskontrolle mit einbezogen werden können, insbesondere Spannmittel des Werkzeugs gegen Spannmittel des Werkstücks.

Die vorbereitenden Arbeiten

Um das Teilemodell legt man in Solidworks einen weiteren Körper, das Rohteil, vereinigt beide jedoch nicht. Das kann ein einfacher Quader oder Zylinder als Halbzeugzuschnitt sein oder ein Gussteil mit Bearbeitungszugaben. Dieses Rohteil macht man teiltransparent, man sieht nun das Fertigteil darin.

Ebenso, wie man sich Werkzeugkataloge anlegt, erstellt man sich Vorlagen der Modelle der vorhandenen Spannmittel, diese können zur realitätsnahen Simulation ihrer Funktion Zusammenbauten sein, für Unterlegleisten empfehlen sich beschriftete Konfigurationen mit den Kombinationen für die Zwischenwerte, man kann sie dann einfach ohne Rechnen als fertige Konfiguration abrufen.

Sieht man zudem Wegbegrenzungen der Spannmittel mit vor, wird schon Solidworks darauf hinweisen, wenn ein Rohteil nicht mehr aufgenommen werden kann.

Solidcam verlangt, dass beim Fräsen oberhalb von Z=0 kein Hindernis mehr im Weg stehen darf, vor allem keine überstehenden Spannmittel oder Schraubenköpfe, man muss also ggf. die zugehörige Ebene manuell über einen fixen Zahlenwert entsprechend anpassen oder den Nullpunkt ausreichend hoch legen. Dies lässt sich eleganter durch ein fixiertes Dummyteil für die Nullpunktwahl erreichen, an das alle anderen Teile mit Abhängigkeiten gebunden sind.

Aus den benötigten Teilen erstellt man nun einen Zusammenbau oder startet gleich mit diesem als Prototyp, das zu fertigende Teil wird an den Außenflächen des Rohteils oder später auch bereits gefertigten Flächen mit dem Spannmittel unter Vergabe von Zusammenbauabhängigkeiten befestigt.

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Mit Ausnahme dieses Zusammenbaus müssen nun alle Fenster geschlossen werden, Solidcam wird aufgerufen, das Arbeitsverzeichnis gewählt. Nun wählt man den Nullpunkt, hat man das Dummyteil geschickt modelliert, reicht ein Klick auf seine obere Fläche, so dass Ursprung und alle Achsen nebst oberer und unterer Teilebene festgelegt sind.

Als Rohteil wird das transparente Außenteil gewählt, als Fertigteil das ursprüngliche Teilemodell, man kann durch transparente Teile „hindurchklicken“. Wenn es nicht geht, Teil öffnen und die benutzte Konfiguration als aktuelle wählen und zumindest in älteren Versionen jedes Feature transparent schalten.

Neu hinzu kommt nun die Wahl der Spannmittel des Werkstücks in der Jobgruppe, während die des Werkzeugs im Rahmen des Werkzeugkataloges festgelegt werden.

Von jetzt an wird genauso programmiert wie früher in der Einzelteilumgebung auch, man hat ständig die Spannmittel im Blickfeld, verschwinden die Bahnlinien eines berechneten Jobs darin, bedeutet das, dass das Spannmittel beschädigt wird und Korrekturbedarf gegeben ist.

Das erste Bild zeigt die klassische Arbeitsweise, man hat nur das Einzelteil, deutet das Rohteil an, man hat keine Aussage darüber, wie das Teil später in der Maschine liegen wird, bei wiederkehrenden Serien sind jedes Mal Überlegungen dazu nötig.

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Dieselbe Aufgabe in der Zusammenbauumgebung. Hier wird nicht nur als Nebeneffekt eine mehr als 25%ige Materialeinsparung erreicht, weil das Rohmaterial jetzt effizient modelliert werden konnte, sondern die Spannsituation eindeutig dargestellt. Ebenso eindeutig, wo der Nullpunkt in Bezug auf das Rohteil zu liegen kommt, welche Unterlegleisten zu benutzen sind. Rohmaterial kann nun unter Vermeidung von Luftfahrten abgeschruppt werden.

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Der fixe Nullpunkt bei 3-achsigem Fräsen

Der Programmierer, ob manuell oder CAM, legt ein Koordinatensystem fest, dies muß an der Maschinensteuerung identisch eingestellt werden. Fehler bei der Nullpunkteingabe an der Steuerung sind ein Grund für fehlerhafte Teile und Maschinenschäden.

Mit der Dummyteilmethode kann der Nullpunkt seine absolute Lage in der Maschine behalten und für manuelle Arbeiten günstig (z. B. wie hier Spannmittelecke) gelegt werden. Im Zusammenbau wird das Werkstück relativ zum Nullpunkt gelegt, falls X=0 und Y=0 nicht zufrieden stellen, kommt es in die gewünschte Lage, die Tast- oder Anschlagkante ist dann z. B. bei X=-30.

In den Programmkopf lässt man sich nun vom Postprozessor eine Sequenz schreiben, die die Nullpunktsregister der Steuerung ausliest und prüft, ob sie innerhalb eines erlaubten Toleranzfensters liegen. Liegt ein Wert außerhalb des vorgegebenen Fensters, meldet die Steuerung dies und verweigert den weiteren Programmlauf und fährt dann ggf. auch keinen Crash.

Bekanntes Szenarien für Fehler sind z. B. die Eingabefeinheit bei ISO mit 0.001mm, gibt man also 100 ein und meint mm, so hat man real 0.1mm eingegeben, in X oder Y würde die Maschine also gut 10cm versetzt fahren, in Z ggf. um 10cm tiefer als vorgesehen, den größten Weg davon im Eilgang. Vor allem kleine Abweichungen von einem oder zwei mm würde man nicht sofort merken, sondern erst, wenn Werkzeug und Spannmittel leiden.

Bei Serienteilen legt man mehrere nebeneinander, lässt sie in einer Matrix abarbeiten, dazu verschiebt Solidcam Teil für Teil den Nullpunkt (G54ff), arbeitet mit jedem Werkzeug das Programm Teil für Teil ab. Im Postprozessor wird dann häufig die Schleifenfunktion genutzt, der Nullpunkt verschoben, um nach dem Schleifenende wieder auf den Anfangswert zurückgesetzt zu werden. Bricht man das Programm vorzeitig ab, steht der letzte aktuelle Wert in den Registern, steigt man neu ein, hat man als Anfangswert eben diese falschen Werte, ohne dass man manuell etwas verstellt hätte.

Häufig macht man auch „schnell mal“ was anderes „zwischendurch“, verstellt den Nullpunkt und vergisst, ihn wieder auf die korrekten Werte zurückzusetzen.

Eine solche Absicherung hat daher durchaus ihre Berechtigung.

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Das umgekehrte Ausrichten

Insbesondere bei Nacharbeiten steht man vor dem Problem, nicht einfach wie bei einem Rohteilblock spannen zu können und ein solides Teil zu haben, das die Spannkräfte problemlos aufnimmt, sondern ein graziles Fertigteil, das man nicht verformen darf, man muss es nun exakt durch sorgsames Klopfen und Unterlegen ins Koordinatensystem ausrichten.

Dies kann sehr aufwendig werden, man ist also schon glücklich, wenn man das Teil in der XY-Ebene korrekt aufspannen kann, aber jetzt stimmen weder Koordinatenursprung noch die Achsrichtungen, zudem ist zuweilen deren Erfassung – wie im Bild – durch Formschrägen erschwert. Wo berührt nun die Kugel die Fläche?

Hier kann man durchaus auf diese Achsenflucht verzichten, man nimmt die Lage des Teils an der Maschine auf, geht mit den Werten zurück ins CAD, erstellt sich Geometrie, die die Tastsituation nachstellt, also z. B. Kugeln und lässt jetzt das CAD das Modell daran mit Zusammenbauabhängigkeiten ausrichten. Das neu gerechnete CAM-Programm passt jetzt zur Aufspannsituation, ohne dass man an der Steuerung etwas verstellen müsste.