buchbesprechung: corporate risk management — cash flow at risk und value at risk von peter hager

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71 RISKNEWS 03/04 SERVICE managements haben die McKin- sey-Autoren ein praxisorientiertes Konzept entwickelt (basierend auf dem traditionellen Risikomanage- ment-Prozess), das in drei Schrit- ten vom defensiven Risikomanage- ment zum offensiven Chancenma- nagement führt. In einem ersten Schritt müssen alle relevanten Risi- ken des Unternehmens identifi- ziert, gemessen und dokumentiert werden. Anschließend entwirft das Management Strategien zum intel- ligenten Umgang mit den identifi- zierten Risiken, um in einem drit- ten Schritt das Risikomanagement auch organisatorisch zu verankern. In den folgenden Kapiteln werden im Wesentlichen die drei skizzier- ten Prozessphasen detailliert be- schrieben und mit Praxisbeispielen untermauert. Ergänzt werden die Kapitel durch zwei Interviews mit Dr. Thomas Fischer (Vorstandsvor- sitzender WestLB) sowie Fred A. Peemöller (früher OpRisk-Verant- wortlicher bei der Deutschen Bank). Da sich das Buch auch an Nicht- Finanzdienstleister wendet, wird der eine oder andere Leser hier ein „Best-Practice“-Interview aus der Industrie vermissen. Insbesondere im Bereich der ältesten Risiken der Welt, den operationellen Risi- ken, haben sowohl (Rück-)Ver- sicherungen als auch die Industrie eine langjährige Erfahrung bei der Identifizierung, Bewertung und Steuerung. Insgesamt gibt der zweite Band aus der Reihe „McKinsey Perspek- tiven“ einen guten und praxis- orientierten Einblick in das Risiko- management der verschiedenen Branchen. Da das Buch jedoch alle Branchen gleichermaßen abdecken will und sich auch primär an Ent- scheider wendet, bleibt es insge- samt eher auf einer Metaebene. Der Chief Risk Officer in einer Ver- sicherung wird Begriffe wie „Asset Liability Mismatching“ oder „Dy- namic Financial Analysis“ vermis- sen. Der Risikomanager im kleine- ren mittelständischen Unterneh- men, der Risiken primär qualitativ bewertet, wird mit dem Value- at-Risk-Konzept wenig anfangen können. Und möglicherweise ist seine „Bauch“-Schätzung besser als ein VaR-Maß, da dieses genau jenen Teil der Wahrscheinlichkeits- verteilung außer Acht lässt, der für das Risikomanagement am rele- vantesten ist, da Wahrscheinlich- keitsaussagen sehr unvollkommene Risiko-Maße sind. Ein Glossar hilft dem Einsteiger bei der Begriffs- einordnung, ein Stichwortverzeich- nis werden die Leser jedoch ver- missen. Trotz alledem kann das Buch allen Einsteigern in das kom- plexe Thema „Risiko- und Chancen- management“ empfohlen werden. <fr> RISKNEWS-Rating: Praxisbezug Verständlichkeit Inhalt Gesamt Der Value at Risk hat sich in der Praxis der Finanzinstitute als Risi- ko-Maß auf breiter Front durchge- setzt. Praktisch alle größeren Banken verwenden diese Methodik inzwi- schen, um ihre potenziellen Bar- wertverluste in unterschiedlichen Bereichen mit Hilfe einer einheit- lichen Kennzahl zu quantifizieren. Die Übertragung des Value-at-Risk- Konzeptes auf Industrie-, Handels- und Dienstleitungsunternehmen scheitert sehr häufig, da grundle- gende Unterschiede nicht beach- tet werden.Während bei einer Bank primär auflösbare Positionen wie Wertpapierportfolios und Kredite betrachtet werden, sind die Ak- tiva in der Industrie langfristige In- vestitionsobjekte (etwa Fabriken, Maschinen oder Patente), die über Jahre Einnahmen (also Cash Flows) erzielen sollen. Genau vor diesem Hintergrund wur- den Cash-Flow-at-Risk-Modelle ent- wickelt. Basierend auf seiner Dis- sertation „Value at Risk und Cash Flow at Risk in Unternehmen“ hat der Autor mit Hilfe verschiedener Fallstudien und Praxisbeispiele die Relevanz und Einführung von Ri- siko-Messmethoden in Unterneh- men auch für den Laien leicht ver- ständlich dargestellt. Die notwen- digen statistischen Grundlagen und die darauf aufbauenden Risi- ko-Modelle werden anschaulich prä- sentiert. Für den Praktiker sind die vielen Hinweise zur Implementie- rung vorteilhaft, so dass die Me- thodik direkt in die Praxis über- führbar ist. Das Werk ist dreistufig aufgebaut. Im ersten Teil erfolgt eine Diskus- sion der betriebswirtschaftlichen und statistischen Grundlagen. Im Peter Hager: Corporate Risk Management – Cash Flow at Risk und Value at Risk Bankakademie Verlag / Frankfurt 2004 / 306 Seiten / 49,89 EUR / ISBN 3-9331-6599-7

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71RISKNEWS 03/04

SERVICE

managements haben die McKin-sey-Autoren ein praxisorientiertesKonzept entwickelt (basierend aufdem traditionellen Risikomanage-ment-Prozess), das in drei Schrit-ten vom defensiven Risikomanage-ment zum offensiven Chancenma-nagement führt. In einem erstenSchritt müssen alle relevanten Risi-ken des Unternehmens identifi-ziert, gemessen und dokumentiertwerden. Anschließend entwirft dasManagement Strategien zum intel-ligenten Umgang mit den identifi-zierten Risiken, um in einem drit-ten Schritt das Risikomanagementauch organisatorisch zu verankern.In den folgenden Kapiteln werdenim Wesentlichen die drei skizzier-ten Prozessphasen detailliert be-schrieben und mit Praxisbeispielenuntermauert. Ergänzt werden dieKapitel durch zwei Interviews mitDr. Thomas Fischer (Vorstandsvor-sitzender WestLB) sowie Fred A.Peemöller (früher OpRisk-Verant-wortlicher bei der Deutschen Bank).

Da sich das Buch auch an Nicht-Finanzdienstleister wendet, wirdder eine oder andere Leser hier ein„Best-Practice“-Interview aus derIndustrie vermissen. Insbesondereim Bereich der ältesten Risikender Welt, den operationellen Risi-ken, haben sowohl (Rück-)Ver-sicherungen als auch die Industrieeine langjährige Erfahrung bei der Identifizierung, Bewertung undSteuerung.

Insgesamt gibt der zweite Bandaus der Reihe „McKinsey Perspek-tiven“ einen guten und praxis-orientierten Einblick in das Risiko-management der verschiedenenBranchen. Da das Buch jedoch alleBranchen gleichermaßen abdeckenwill und sich auch primär an Ent-scheider wendet, bleibt es insge-samt eher auf einer Metaebene.Der Chief Risk Officer in einer Ver-sicherung wird Begriffe wie „AssetLiability Mismatching“ oder „Dy-namic Financial Analysis“ vermis-

sen. Der Risikomanager im kleine-ren mittelständischen Unterneh-men, der Risiken primär qualitativbewertet, wird mit dem Value-at-Risk-Konzept wenig anfangenkönnen. Und möglicherweise istseine „Bauch“-Schätzung besserals ein VaR-Maß, da dieses genaujenen Teil der Wahrscheinlichkeits-verteilung außer Acht lässt, der fürdas Risikomanagement am rele-vantesten ist, da Wahrscheinlich-keitsaussagen sehr unvollkommeneRisiko-Maße sind. Ein Glossar hilftdem Einsteiger bei der Begriffs-einordnung, ein Stichwortverzeich-nis werden die Leser jedoch ver-missen. Trotz alledem kann dasBuch allen Einsteigern in das kom-plexe Thema „Risiko- und Chancen-management“ empfohlen werden.<fr>

RISKNEWS-Rating: Praxisbezug Verständlichkeit Inhalt Gesamt

Der Value at Risk hat sich in derPraxis der Finanzinstitute als Risi-ko-Maß auf breiter Front durchge-setzt. Praktisch alle größeren Banken

verwenden diese Methodik inzwi-schen, um ihre potenziellen Bar-wertverluste in unterschiedlichenBereichen mit Hilfe einer einheit-lichen Kennzahl zu quantifizieren.Die Übertragung des Value-at-Risk-Konzeptes auf Industrie-, Handels-und Dienstleitungsunternehmenscheitert sehr häufig, da grundle-gende Unterschiede nicht beach-tet werden.Während bei einer Bankprimär auflösbare Positionen wieWertpapierportfolios und Kreditebetrachtet werden, sind die Ak-tiva in der Industrie langfristige In-vestitionsobjekte (etwa Fabriken,Maschinen oder Patente), die überJahre Einnahmen (also Cash Flows)erzielen sollen.

Genau vor diesem Hintergrund wur-den Cash-Flow-at-Risk-Modelle ent-

wickelt. Basierend auf seiner Dis-sertation „Value at Risk und CashFlow at Risk in Unternehmen“ hatder Autor mit Hilfe verschiedenerFallstudien und Praxisbeispiele dieRelevanz und Einführung von Ri-siko-Messmethoden in Unterneh-men auch für den Laien leicht ver-ständlich dargestellt. Die notwen-digen statistischen Grundlagenund die darauf aufbauenden Risi-ko-Modelle werden anschaulich prä-sentiert. Für den Praktiker sind dievielen Hinweise zur Implementie-rung vorteilhaft, so dass die Me-thodik direkt in die Praxis über-führbar ist.

Das Werk ist dreistufig aufgebaut.Im ersten Teil erfolgt eine Diskus-sion der betriebswirtschaftlichenund statistischen Grundlagen. Im

Peter Hager:

Corporate Risk Management – Cash Flow at Riskund Value at Risk

Bankakademie Verlag / Frankfurt 2004 / 306 Seiten / 49,89 EUR / ISBN 3-9331-6599-7

72 RISKNEWS 03/04

Der Autor John Chirillo begannseine Computer-Karriere bereitsmit 12 Jahren, nachdem er in ei-nem Jahr Selbststudium ein Spielnamens „Dragon’s Tomb“ schrieb.In den folgenden Jahren program-mierte er weitere Software-Pakete(u. a. auch ein komplettes, windows-orientiertes Betriebssystem mitdem Namen Genius). Der Mannweiß also, wovon er redet bzw.schreibt. Im ersten Kapitel widmet

sich Chirillo dem Sichern von all-gemeinen und verborgenen Portsund Services sowie der Endeck-ungsmaßnahmen. Der Autor ist sichsicher, dass es keine völlige Sicher-heit vor Hacker-Angriffen gibt. Den-noch empfiehlt er die Beachtungvon fünf goldenen Regeln: 1. Benut-zung einer persönlichen Firewall;2. Installation und Aktualisierungeiner Antiviren-Software; 3. Akti-vierung eines Cookie-Managers zurVerteidigung der Vertraulichkeit;4. Verschlüsselung von sensitivenDaten; 5. Keine Veröffentlichungvon persönlichen Informationen (Pri-vatanschrift, Geburtstag etc.) imInternet.

Chirillo weist die Leser auch vor-sorglich darauf hin, dass man auchkeine Passwörter, Kreditkarten-Limits oder Sozialversicherungs-nummern im Internet veröffent-lichen sollte. Gut zu wissen! (Lei-der wird dieser potenzielle Perso-nenkreis sein Buch nicht lesen.) Ineinem weiteren Kapitel widmetsich der Autor der Sicherung ge-gen Penetration-Angriffe.

Besonders positiv – insbesondereim Vergleich zu anderen Hacker-Publikationen – ist die Tatsache,dass sich der Autor auch mit Infor-mations-Sicherheitsstrategien undPolicy-Guidelines beschäftigt. Daes sich um einen US-amerikani-schen Autor handelt, werden hierausschließlich US-spezifische Stand-ards (etwa vom National Instituteof Standards Technology) beschrie-ben. Auf der dem Buch beiliegen-den CD-ROM findet der Leserneben einigen interaktiven Simu-lationen von Beispielen aus demBuch auch verschiedene Sicher-heits-Tools sowie eine vollständigeListe aller bekannten und vom Her-steller definierten Ports. Die um-fangreichen und praxisorientier-ten Checklisten der Top-75-Hacker-angriffe sowie der notwendigen Ge-genmaßnahmen werden den Netz-werktechniker, den Sicherheits-verantwortlichen sowie Hacking-Enthusiasten, Hackern, Crackernund Phreaks gleichermaßen mitpraxisorientierten und relevantenInformationen versorgen. <fr>

John Chirillo:

Der Hacker-Angriff, mit CD-ROM (Deutsche Ausgabe von: Hack Attacks Denied)

mitp Verlag / Bonn 2004 / 38,00 EUR / 635 Seiten / ISBN 3-8266-0978-6

RISKNEWS-Rating: Praxisbezug Verständlichkeit Inhalt Gesamt

zweiten Teil werden die statisti-schen Modelle für die Risiko-Be-rechnung von Vermögenspositio-nen (Value Exposures) präsentiert.Anschließend entwickelt der Au-tor Cash-Flow-at-Risk-Modelle zurMessung von Risiken aus Strom-größen (Cash Flows, EBIT). Der drit-te Teil widmet sich der Anwendungder Risiko-Modelle in der Praxis.Hier präsentiert der Autor auchmehrere Fallstudien.

Hager macht deutlich, dass beider Risiko-Messung zwischen Ver-mögenspositionen (Value Exposu-

res) und Stromgrößen (Cash FlowExposures) unterschieden werdenmuss. Für die jeweiligen Exposu-rearten stehen unterschiedlicheModelle zur Risiko-Messung zurVerfügung. Der Autor vergleichtanschaulich und systematisch dasValue-at-Risk-Konzept mit demCash- Flow-at-Risk-Konzept undzeigt die Unterschiede auf. EinBacktesting bestätigt die Eignungder Modelle für den Einsatz in derunternehmerischen Praxis.

Das Anwendungsgebiet der ge-zeigten Modelle ist vielfältig und

reicht von der zukunftsorientiertenBonitätsanalyse für Firmenkundenbis hin zu einem proaktiven Risiko-management für Industrie- undDienstleistungsunternehmen. Ins-gesamt handelt es sich um eineleicht verständliche und praxis-orientierte Einführung in ein hochaktuelles und komplexes Thema.Da das Buch zugleich wissenschaft-liche Tiefe und praxisorientierteFundierung bietet, bleibt dem Au-tor nur zu wünschen, dass sichseine Publikation schon bald zueinem Standardwerk entwickelnwird. <fr>

RISKNEWS-Rating: Praxisbezug Verständlichkeit Inhalt Gesamt