bemerkungen zu o. schultze's neuen rotationsversuchen an froscheiern

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Bemerkungen zu O. Schultze's neuen Rotationsversuchen an Froscheiern. Von W. Roux. In der Sitzung der Physikalisch-medicinischen Gesellschaft zu Wiirzburg am 13. Maid. J. berichtet O. SCHULTZE (nach einem mir freundlichst fiber- sandten Separatabdruck) fiber neue yon ihm angestellte Versuche an Frosch- eiern, in denen er neuerdings ~die Nothwendigkeit der riehtenden Wirkung der Schwerkraft Ftir die Entwickelung des Froscheies, naehgewiesen zu haben glaubt. Er bezeichnet dabei zuniiehst racine Versuche vom Jahre 1883 als ~>durch- aus unzureichend,, da er mit Hilfe eines neu yon ihm konstruirten Klinostaten nachgewiesen babe: *dass, so lange das Ei in den Hiillen such nut noeh eine minimale Beweglichkeit besitzt, stets ein richtender Einfluss der Sehwerkraft auf das deutlichste nachweisbar ist. Er sagt: ,Bei der yon Rovx angewaadten Umlaufszeit des in seinen ttiillen drehbaren Eies yon circa zwei Minutcn korrigirt das Ei die dureh die Rotation an dem Klinostaten erstrebte SteUungs- ~inderung seiner Achse durch eine bei jeder Rotation einmalige Achsenumdrehung in den Hiillen um eine zur Rotationsebene vertikale Achse, nachdem die Eiachse sich in die Rotationsebene eingestellt hat. Die Achsendrehung des Eies ist der Drehung der Rotationsebene entgegengesetzt gerichtet. So entwiekeln sich die Eier unter fortw~ihrend richtender Wirkung der Schwerkraft normal.~ Dazu ist zu bemerken: Wenn die Angabe SCHULTZE'S, dass racine Froscheier in Folge der Wir- kung der Schwerkraft die Drehung des Apparates dureh entgegenffesetzt ge- richtete Drehung nm eine wagrechte Achse ausgeglichen hiitten, richtig wi[re, dann wfirden beim Anhalten des Apparates nach einer Anzahl yon Umdrehungen alle Froscheier bei der Besiehtigung ihren schwarzen Pol nach o ben gewendet dargeboten haben. Statt dessen berichtete ichl) und habe dies such auf der Anatomenversammlung zu Stra6burg anfs Neue betont, dass die dunklen Hemisphiiren (also auch die Aehsen) der je 10--18 Eier eines K~istchens naeh verschiedenen Seiten geriehtet waren. Dies ist einBeweis, dass weder die Centrifugalkraft noch die Sehwerkraft eine genii- gend starke Wirkung auf die Eier ausfibten, um sic der Richtung einer dieser Kr~fte entspreehend einstellen zu ktinnen. SCHULTZE hatte in Stra6burg beriehtet, dass naeh seiner Nachpriifung bei der yon mir angegebenen Versuehsanordnung die Centrifugalkraft doch noeh deutlieh einsteUend anf die Eiaehsen wirke. Diese Angabe SCnVLTZB'S beruhte jedoeh auf einer nieht richtigen Annahme tiber meine Versuchsanordnung. Da sieh die yon mir zuerst erprobte maximale Gesehwindigkeit yon 84 Um- drehungen in der Minute als zu gro6 erwiesen hatte, ffigte ich ein zweites Rad an, das blo6 1,/6 der Umdrehungen des ersteren Rades ausfiihrte. Danach glaubte SCnULTZEannehmen zu miissen, meine Eier wiiren in der ~Iinute 14mal umgedreht worden. Das war aueh bei einem Versuche der Fall. Da sieh indess dabei zeigte, dass die Centrifugalkraft noch einstellend wirkte, so drehte ich zur Verlangsamung den Wasserhahn natfirlieh so weit zu, bis tier oben ~i Gesamme|te Abhandlungen. Bd. II. pag. 267.

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Bemerkungen zu O. Schultze's neuen Rotationsversuchen an Froscheiern.

Von

W. Roux.

In der Sitzung der Physikalisch-medicinischen Gesellschaft zu Wiirzburg am 13. Ma id . J. berichtet O. SCHULTZE (nach einem mir freundlichst fiber- sandten Separatabdruck) fiber neue yon ihm angestellte Versuche an Frosch- eiern, in denen er neuerdings ~die N o t h w e n d i g k e i t der r i e h t e n d e n Wirkung der Schwerkraft Ftir die Entwickelung des Froscheies, naehgewiesen zu haben glaubt.

Er bezeichnet dabei zuniiehst racine Versuche vom Jahre 1883 als ~>durch- aus unzureichend,, da er mit Hilfe eines neu yon ihm konstruirten Klinostaten nachgewiesen babe: *dass, so lange das Ei in den Hiillen such nut noeh eine minimale Beweglichkeit besitzt, stets ein richtender Einfluss der Sehwerkraft auf das deutlichste nachweisbar ist. Er sagt: ,Bei der yon Rovx angewaadten Umlaufszeit des in seinen ttiillen drehbaren Eies yon c i r c a zwei M i n u t c n korrigirt das Ei die dureh die Rotation an dem Klinostaten erstrebte SteUungs- ~inderung seiner Achse durch eine bei jeder Rotation einmalige Achsenumdrehung in den Hiillen um eine zur Rotationsebene vertikale Achse, nachdem die Eiachse sich in die Rotationsebene eingestellt hat. Die Achsendrehung des Eies ist der Drehung der Rotationsebene entgegengesetzt gerichtet. So entwiekeln sich die Eier unter fortw~ihrend richtender Wirkung der Schwerkraft normal.~

Dazu ist zu bemerken: Wenn die Angabe SCHULTZE'S, dass racine Froscheier in Folge der Wir-

kung der Schwerkraft die Drehung des Apparates dureh entgegenffesetzt ge- richtete Drehung nm eine wagrechte Achse ausgeglichen hiitten, richtig wi[re, dann wfirden beim Anhalten des Apparates nach einer Anzahl yon Umdrehungen alle Froscheier bei der Besiehtigung ihren schwarzen Pol nach o b e n gewendet dargeboten haben. Statt dessen berichtete ichl) und habe dies such auf der Anatomenversammlung zu Stra6burg anfs Neue betont, dass die d u n k l e n H e m i s p h i i r e n (also auch die Aehsen) der je 10--18 Eier eines K~istchens naeh v e r s c h i e d e n e n S e i t e n g e r i e h t e t waren. D ie s i s t e i n B e w e i s , dass weder die C e n t r i f u g a l k r a f t noch die S e h w e r k r a f t e i n e gen i i - gend s t a r k e W i r k u n g au f die E i e r a u s f i b t e n , um sic der R i c h t u n g e i n e r d i e se r Kr~f te e n t s p r e e h e n d e i n s t e l l e n zu k t innen .

SCHULTZE hatte in Stra6burg beriehtet, dass naeh seiner Nachpriifung bei der yon mir angegebenen Versuehsanordnung die C e n t r i f u g a l k r a f t doch noeh deutlieh einsteUend anf die Eiaehsen wirke. Diese Angabe SCnVLTZB'S beruhte jedoeh auf einer nieht richtigen Annahme tiber meine Versuchsanordnung. Da sieh die yon mir zuerst erprobte m a x i m a l e Gesehwindigkeit yon 84 Um- drehungen in der Minute als zu gro6 erwiesen hatte, ffigte ich ein zweites Rad an, das blo6 1,/6 der Umdrehungen des ersteren Rades ausfiihrte. Danach glaubte SCnULTZE annehmen zu miissen, meine Eier wiiren in der ~Iinute 14mal umgedreht worden. Das war aueh bei einem Versuche der Fall. Da sieh indess dabei zeigte, dass die Centrifugalkraft noch einstellend wirkte, so drehte ich zur Verlangsamung den Wasserhahn natfirlieh so weit zu, b i s tier o b e n

~i Gesamme|te Abhandlungen. Bd. II. pag. 267.

388 W. Roux, Bemerkungen zu O. Sehultze's neuen Rotationsversuchen etc

e r w i i h n t e E f f e k t de r v e r s c h i e d e n e n R i e h t u n g der E i a c h s e n e i n - t r a t ; so wurde eine passende 0ffnungsweite gewonnen, die dann wiihrend der ganzen Versuchsdauer beibehalten wurde. Leider babe ieh damals die dabei vorhandene Umdrehungsgesehwindigkeit nicht notirt, so dass ieh dariiber keine bestimmten Angaben maehen kann. Auf SCHULTZE'S Einwand, dass ich mit 14 Umdrehungen in derMinute gearbeitet habe, bezeiehnete ich dies als unzu- treffend und sagte, dass ich durch dieses Zudrehen des Hahnes eine v i e l l a n g s a m e r e Umdrehung yon etwa 1--2 Minuten erreieht und angewandt babe. 0b diese letztere, elf Jahre naeh den Versuehen gemaehte Zeitangabe ganz richtig war, oder ob etwa 1/2 bis 1/4 Minute pro Umdrehung riehtiger gewesen wRre, vermag ieh nicht zu sagen. Fiir die H a u p t s a c h e dagegen, fiir den E f f e k t , dass die dunklen Hemisph~iren naeh verschiedenen Seiten ge- wendet waren~ stehe ich ein. Daran [/Rtte sich 0. SCHULTZE bei seinen Nach- versuehen halten miissen; statt diesen Effekt nachzuahmen, verwendete SI eine Umlaufzeit yon circa 2 Minuten.

Dieser Effekt findet bei jener Kombination yon Umdrehungsgeschwindig- keit des Rades uud Griil3e des Abstandes der Eier yon der Radaehse statt, bei welcher die immer in d e r s e t b e n Richtung auf das Ei wirkende C e n t r i - f u g a l k r a f t und die in Folge der Umdrehung in fortw~ihrend w e c h s e l n d e r R i c h t u n g auf das Ei wirkende S e h w e r k r a f t entweder sieh annlihernd das Gleichgewicht halten, oder wobei wenigstens die Wirkung keiner von beiden Kr~tften so stark die Wirkung der anderen Kraft iibertrifft, dass weder die Schwcr- k~aft den W i d e r s t a n d f i i r die U m d r e h u n g des E i e s i n n e r h a l b s e i n e r G a l l e r t h i i l l e ~w~ihrend der D a u e r e i n e r R a d u m d r e h u n g , , )~vollkom- menr zu iiberwinden vermag, noel,.die Centrifuffalkraft diese Drehungswirkung der Schwerkraft ganz iiberwindet. Ubriffens ist dieser Widerstand fiir die inner- halb der Eihiille stattfindende Drehung des Eies ein sehr versehiedener, je nach- dem diese tItille wenig oder stark durchfeuchtet ist, undje nachdem daher wenig oder viel ~)Eiwasser,, zwischen Ei und innerer 0berfi~iche der Hiille sich findet. Kehrt man einige stehende Glasschalen mit auf dem Boden derselben haftendcn Eiern nach entspreehend versehiedener Behandlung der Eier im Wasserzusatz urn, so sieht man danach, dass diese Eier sehr verschieden rasch ihre dunklen Hemisph:,iren wieder nach oben drehen .

Die vorstehenden Angaben yon mir beziehen sieh auf innerhalb yon Draht- sRckehen in Watte liegende, also auf mit ihrer Gallerthiille aut3cn fixirte Eier.

Au~erdem hatte ieh aber aueh Eier (loco cit. pag. 272) lose in einem 6 cm langen, blol3 zur H~ilfte mit Wasser gefiillten Reagensglas an der langsamen Wetle rotiren lassen, wobei sie fortw~ihrend hin und her rutschten und sich iibersehlugen und auch seitliehe Drehungen ausfiihrten. ~, A u e h d i e s e , U b e r s c h I a g s e i e r ' e n t w i c k e l t e n s i ch n o r m a l , und die Furchungsachse derseiben fiel mit der Eiachse zusammen.,~ Dieser ftir sich allein beweisende Versueh ist yon 0. SCHULTZE gleichfalls nicht beriieksichtigt worden.

Ich halte beide Versuche ftir einwandffei und halte daher auch meine Auffassung, dass d i e o r d n e n d e W i r k u n g der S c h w e r k r a f t zur E n t - w i c k e l u n g des F r o s c h e i e s ) ,nicht n S t h i g , i s t , aufreeht.

Aul3erdem habe ich durch andere, gleiehfalls yon 0. SCHULTZE nicht be- riicksiehtigte Versuche direkt naehgewiesen (loco cit. Bd. II. pag. 291--298,, dass im befruehteten Frosehei Kriifte th~ttig sind, welehe stattgefundene, nicht zu starke Umordnungen des. Dotters wieder aufheben, welehe die normale Anordnung sogar e n t g e g e n der W i r k u n g der S c h w e r k r a f t wieder herstellen k~nnen, wodurch eine d i r e k t e S e l b s t o r d n u n g s f ~ i h i g k e i t des D o t t e r s erwiesen ist. Diese ist ja auch schon aus der B i l d u n g der Eier mit einseitig angehRuftem Nahrungsdotter abzuleiten.