begräbnisrituale bis zur neuordnung der kirchlichen ...erscheint mir ein blick auf dieses rituale...

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Ludwig-Maximilians-Universität München Katholisch-Theologische Fakultät Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft Prof. Dr. Winfried Haunerland Wintersemester 2011/2012 Begräbnisrituale bis zur Neuordnung der Kirchlichen Begräbnisfeier 1973 Seminar: „Liturgie im Angesicht des Todes“ Seminarleiter: Prof. Dr. Winfried Haunerland, Dipl. Theol. Anne Ekezie Verfasser: Peter Grunwaldt (5. Semester) Offenbacher Landstr. 224, 60599 Frankfurt am Main [email protected] Abgabe: 31.3.2012

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Page 1: Begräbnisrituale bis zur Neuordnung der Kirchlichen ...erscheint mir ein Blick auf dieses Rituale unverzichtbar. Das Rituale Romanum 1614 war das letzte der im Zuge der tridentinischen

Ludwig-Maximilians-UniversitätMünchen

Katholisch-Theologische FakultätLehrstuhl für Liturgiewissenschaft

Prof. Dr. Winfried Haunerland

Wintersemester 2011/2012

Begräbnisrituale bis zurNeuordnung der

Kirchlichen Begräbnisfeier 1973

Seminar: „Liturgie im Angesicht des Todes“Seminarleiter: Prof. Dr. Winfried Haunerland, Dipl. Theol. Anne EkezieVerfasser: Peter Grunwaldt (5. Semester)

Offenbacher Landstr. 224, 60599 Frankfurt am [email protected]

Abgabe: 31.3.2012

Page 2: Begräbnisrituale bis zur Neuordnung der Kirchlichen ...erscheint mir ein Blick auf dieses Rituale unverzichtbar. Das Rituale Romanum 1614 war das letzte der im Zuge der tridentinischen

Inhaltsverzeichnis1 Einleitung 1..........................................................................................................2 Das Beispiel München-Freising 3..........................................................................3 Rituale Romanum 1614 und 1925 6.......................................................................4 Reformversuche im deutschen Aufklärungskatholizismus 8................................5 Collectio Rituum 1950 11......................................................................................6 Die kirchliche Begräbnisfeier 1973 15..................................................................7 Zusammenfassung 17............................................................................................

AnhangAnhang 1: Collectio Rituum Monacensis 1930, 104-105 18..........................................Anhang 2: Rituale Romanum 1614, 104 - 105 19...........................................................Anhang 3: Rituale Romanum 1925, 178-179 20.............................................................Anhang 4: Collectio Rituum Germaniae 1950, 122-123 21...........................................

Literaturverzeichnis 22........................................................................................

AbbildungsverzeichnisAbbildung 1: Aufbau der Begräbnisliturgie im Anschluss an das

Rituale Romanum 1614 5....................................................................................Abbildung 2: Aufbau der Begräbnisliturgie im Rituale Romanum 1614 und 1925 7...........Abbildung 3: Aufbau der Begräbnisliturgie im „großen Ritus“ der

Collectio Rituum Germaniae 1950 13.................................................................Abbildung 4: Aufbau der Begräbnisliturgie im „kleinen Ritus“

der Collectio Rituum Germaniae 1950 14..........................................................

I

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AbkurzungenIn der Arbeit verwende ich im Text und im Literaturverzeichnis folgendeAbkurzungen:• allgemeine Abkürzungen, biblische Bucher, Abkurzungen fur außerkanonische und

außerrabbinische Schriften, rabbinische Schriften, antike Autoren und Werke unddie Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils gem. LThK1,

• Zeitschriften, Reihenwerke und Lexika gem. IATG22.

1 Vgl. KASPER, WALTER u. a. (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. Band 11: Nachträge, Register, Abkür-zungsverzeichnisse. 3. Aufl. Freiburg ; Basel ; Wien : Herder 2001, 691-697 und 733-742.

2 Vgl. SCHWERTNER, SIEGFRIED M.: Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete : IATG.2., überarb. und erw. Aufl. Berlin ; New York : de Gruyter 1992.

II

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1 Einleitung

Das Zweite Vatikanische Konzil hatte in der Konstitution über die heilige Liturgie „Sa-crosanctum Concilium“ gefordert, der Begräbnisritus solle „deutlicher den österlichenCharakter des christlichen Todes ausdrücken und besser den Bedingungen und Über-lieferungen der einzelnen Gebiete […] entsprechen“ (SC 81,1)3. Die erneuerte römischeBegräbnisliturgie wurde an die Erfordernisse des deutschen Sprachgebietes angepasstund zum 1.1.1975 verbindlich eingeführt.4

Die Bestattungskultur ist, wie jede Kultur, einem permanenten Wandel unterwor-fen. So haben sich die deutschen Bischöfe in bemerkenswert kurzen Abständen in denJahren 1994, 2005 und zuletzt 2011 zum Thema Bestattungskultur geäußert.5 Einige Au-toren fordern, dass der Begräbnisritus der Kirche diesem Wandel Rechnung tragenund angepasst werden müsse.

Diese Arbeit stellt exemplarisch Bestattungsriten im deutschen Sprachraum ausverschiedenen Jahrhunderten vor. Zunächst wird am Beispiel des Erzbistums Mün-chen-Freising die Entwicklung der Rituale vorgestellt. Die Collectio Rituum Monacensis etFrisigensis 19306 ist ein Beispiel für ein Begräbnisritual im Vorfeld der Collectio RituumGermaniae 19507. Danach wird das Rituale Romanum 16148 mit dem Rituale Romanum 19259

3 Die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils werden zitiert nach: HÜNERMANN, PETER ; HILBERATH,BERND JOCHEN (Hrsg.): Herders Theologischer Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Band 1: Die Do-kumente des Zweiten Vatikanischen Konzils : Konstitutionen, Dekrete, Erklärungen. Lateinisch-Deutsche Studienausgabe. Sonderausgabe Freiburg : Herder 2009.

4 Vgl. Die kirchliche Begräbnisfeier in den katholischen Bistümern des deutschen Sprachgebietes. Hrsg. im Auf-trag der Bischofskonferenzen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz und des Bischofs von Lux-emburg, Einsiedeln u.a. : Benzinger u.a. 1973 [= Kirchliche Begräbnisfeier 1973].

5 Vgl. SEKRETARIAT DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ (Hrsg.): Unsere Sorge um die Toten und die Hinterblie-benen : Bestattungskultur und Belgeitung von Trauernden aus christlicher Sicht. 4. Aufl. Bonn 2000, Original1993 (Die deutschen Bischöfe ; 53), sowie SEKRETARIAT DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ (Hrsg.): Totebegraben und Trauernde trösten : Bestattungskultur im Wandel aus katholischer Sicht. Bonn 2005 (Die deut-schen Bischöfe ; 81) und SEKRETARIAT DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ (Hrsg.): „Der Herr vollende anDir, was er in der Taufe begonnen hat.“ : Katholische Bestattungskultur angesichts neuer Herausforderungen.Bonn 2011 (Die deutschen Bischöfe ; 97).

6 Collectio Rituum in usum cleri Archidioecesis Monacensis et Frisingensis ad instar Appendicis Ritualis Romanicum approbatione Sacrae Rituum Congregationis jussu et auctoritate Em. et Rev. Domini Michaelis Tit. S. Anas-tasiae S.R.E. Presbyteri Cardinalis Faulhaber, Archiepiscopi Monacensis et Frisingensis. Regensburg 1930 [= Col-lectio Rituum Monacensis 1930].

7 Collectio Rituum ad instar appendicis Ritualis Romani pro omnibus Germaniae dioecesibusa a Sancta Sede ap-probata. Ratisbonae : Pustet 1950 [= Collectio rituum Germaniae 1950].

8 Rituale Romanum. Editio Princeps 1614. Editione anastatica, Introduzione e Appendice a cura di Manlio Sodi -Juan Javier Flores Arcas. Presentazione di Achille M. Triacca, Città del Vaticano : Libreria Editrice Vaticana2004 [= Rituale Romanum 1614].

9 Rituale Romanum Pauli V Pontificis Maximi jussu editum aliorumque Pontificum cura recognitum atque auc-toritate SSMI D. N. PII Papae XI ad normam Codicis Juris Canonici accommodatum. Editio justa typicam Vatica-nam, Mechliniae : H. Dessain 1947 [= Rituale Romanum 1925].

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verglichen. Die Collectio rituum Germaniae 1950 und die Kirchliche Begräbnisfeier 197310 bil-den den Abschluss.

Die Arbeit soll zeigen, dass die Begräbnisliturgie in der betrachteten Zeit erstaun-lich stabil ist. Sie besteht aus drei Stationen (Trauerhaus, Kirche, Friedhof) und um-fasst eine Reihe konstanter Elemente (Psalm 130, Psalm 51, Psalm 115, Requiem). Erstim 20. Jahrhundert entstehen Liturgien mit weniger Stationen und einer größerenAuswahl an Psalmen und Texten.

10 Kirchliche Begräbnisfeier 1973.

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2 Das Beispiel München-Freising

Die Geschichte des Begräbnisrituals in der heutigen Erzdiözese München-Freising inder Neuzeit ist in jüngster Zeit umfassend untersucht worden.11 Diese Untersuchung isteine der wenigen zu den diözesanen Eigentraditionen der Begräbnisliturgie und bildetden Ausgangspunkt dieser Arbeit.

Grundlage für die Untersuchungen von Hauptmann waren die gedruckten Ausga-ben der in bischöflicher Autorität herausgegebenen liturgischen Bücher. In ihnen sind„Ablauf und Texte für die gottesdienstliche Feier und die Rubriken für den Vollzug desrituellen Tuns der Kirche bei der Bestattung normativ geregelt“12. Die ältesten Hand-schriften liturgischer Bücher stammen aus dem 7. Jh. Zwischen den jüngsten hand-schriftlichen Zeugnissen und den ältesten gedruckten liturgischen Büchern klaffe eineLücke von annähernd zweihundert Jahren, die nach Einschätzung von Hauptmann„beim gegenwärtigen Stand der Forschung nicht geschlossen werden“ könne.13

Nach Hauptmann zeigen die handschriftlichen Kopien der liturgischen Bücherund auch Hinweise z. B. des Salzburger Erzbischofs im Vorwort seiner Ausgabe des Mis-sale, „welche – zum Teil – fragwürdige Gestalt die gottesdienstlichen Feiern im spätenMittelalter zum Teil hatten“14. Die Erfindung des Buchdrucks ermöglichte es den Bi-schöfen, die Riten ihrer Diözesen zu vereinheitlichen.15

Ein gutes Beispiel dafür ist das Obsequiale seu benedictionale secundum ecclesiam etdiocesim frisingensem von 1484. Dieses liturgische Buch erlebte fünf inhaltlich unverän-derte Nachdrucke und hatte bis 1612 normative Gültigkeit. Neben der gedruckten Ver-sion waren auch Abschriften in Gebrauch, so dass man davon ausgehen kann, dass „dasBegräbnis nach den Vorgaben dieses liturgischen Buches gefeiert wurde“.16

Einen Einschnitt stellt das Pastorale ad usum Romanum accomodatum von 1612 dar:Bei der Herausgabe dieses liturgischen Buches hatten die liturgischen Gebräuche Romseine Vorbildfunktion.17 Für die Begräbnisliturgie wurde der Ritus aus dem Rituale derDiözese Passau übernommen. Doch damit hatte man keineswegs römische, sondern

11 Vgl. HAUPTMANN, STEFAN: Das Freisinger Begräbnisritual in der Neuzeit. Regensburg : Pustet 2011 (Studienzur Pastoralliturgie ; 33).

12 Ebd., 8.13 Vgl. ebd., 9.14 Ebd., 10.15 Vgl. ebd., 10.16 Vgl. ebd., 12.17 Vgl. MATTES, BERNHARD: Die Spendung der Sakramente nach den Freisinger Ritualien : eine Untersuchung der

handschriftlichen und gedruckten Quellen. München : Hueber 1967 (Münchener theologische Studien ;34), 45.

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belgische und französische Traditionen übernommen und die eigenen Traditionenaufgegeben.18

Es gibt Anzeichen dafür, dass der neue Ritus vom Klerus nur zögerlich übernom-men wurde.19 Nach dem Erscheinen des Rituale Romanum 1614 wurde das Freisinger Ri-tuale 1625 erneut überarbeitet; die Begräbnisliturgie wird jedoch unverändert über-nommen. Hauptmann bemerkt eine „auffallend strenge Wahrung der lateinischenLiturgiesprache“20. Es gebe im Gegensatz zu den Entwicklungen in der KirchenprovinzSalzburg auch keine Hinweise oder Gebetsaufforderungen in der Volkssprache.21

Die in der Folgezeit erscheinenden Neuauflagen führen zu einer immer stärkerwerdenden Anpassung an das Rituale Romanum 1614: „Ausdruck katholischer Identitätist im Bistum Freising in der zweiten Hälfte des 17. Jh. die deutliche Orientierung anRom“22. Bei der Begräbnisliturgie kommt es in der Folgezeit nur zu geringfügigen Ver-änderungen.23 Das Rituale Monaco-Frisingense 1840 bildet eine Synthese aus der feierli-chen und der allgemeinen Form der Begräbnisliturgie, übernimmt aber die Gestalt von1743.24 Auch das Rituale Monaco-Frisingense minus bis 1930 bringt keine Veränderungender Begräbnisliturgie.

Seit dem 17. Jh. sind auch im Bistum Freising Manualausgaben des Rituale im Ge-brauch; zunächst eine von einem Augsburger Priester mit Ergänzungen für die DiözeseFreising organisierte Ausgabe und ab 1695 auch eigene kleine Rituale für Freising.25

Eine deutliche Veränderung bringt die Collectio Rituum Monacensis 1930. Nachdem1925 eine erneuerte Editio typica des Rituale Romanum 1614 erschienen war, einigten sichdie Bistümer der Metropolie darauf, ein gemeinsames Rituale mit Diözesanpropriumherauszugeben.26 Die Collectio Rituum Monacensis 1930 war, wie in anderen deutschen Di-özesanritualien auch, teilweise zweisprachig.27 Doch während das Liturgiebuch vonRom nur unter der Bedingung vorläufig approbiert wurde, dass vor dem volkssprachi-gen Worten die jeweilige Formel in lateinischer Sprache rezitiert werde, genehmigteder apostolische Stuhl für die Begräbnisliturgie die deutsche Fassung ohne weitere

18 Vgl. ebd., 48f.19 Vgl. ebd., 50.20 HAUPTMANN: Begräbnisritual, 16.21 Vgl. ebd., 16.22 Ebd., 19.23 Vgl. ebd., 21, 24.24 Vgl. ebd., 25.25 Vgl. MATTES: Spendung der Sakramente, 69-74 und 76f. sowie HAUPTMANN: Begräbnisritual, 21f.26 Vgl. MATTES: Spendung der Sakramente, 97f.27 Vgl. ebd., 104.

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Auflagen.28 Die liturgischen Formulare für die Begräbnisfeier lehnen sich an die Tradi-tionen des Bistums seit 1743 an und sind teilweise volkssprachlich übersetzt. Neu da-gegen ist die Einführung eines Ritus transferendi corpus defuncti e domo obitus in aedifici-um funebre für die Aufbahrung des Leichnams in einem Leichenhaus des Friedhofs.29

Die folgende Abbildung verdeutlicht den Aufbau der Begräbnisliturgie, wie sieseit dem Rituale Romanum 1614 zum Vorbild der Begräbnisliturgien in München-Frei-sing wurde. Der Grundaufbau blieb bei allen Veränderungen im Detail konstant:

Im Haus des VerstorbenenPsalm 130 (129)

In der KircheTotenoffizium, Hl. Messe

Libera Me

Auf dem FriedhofBeisetzung

Auf dem Weg zur Kirche:Psalm 51 (50)

Auf dem Weg zum Friedhof:In Paradisum…

1. Station

2. Station

3. Station

Aufbau der Begräbnisliturgie im Anschluss an das Rituale Romanum 1614

Abbildung 1: Aufbau der Begräbnisliturgie im Anschluss an das Rituale Romanum 1614

28 Vgl. HAUPTMANN: Begräbnisritual, 28.29 Vgl. ebd., 28.

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3 Rituale Romanum 1614 und 1925

Wie bereits erwähnt, wurde das Rituale Romanum 1614 zum Vorbild für die Ritualienund damit auch für die Begräbnisliturgie nicht nur im ehemaligen Bistum Freising,sondern darüber hinaus für die Ritualien aller deutschsprachigen Bistümer.30 Deshalberscheint mir ein Blick auf dieses Rituale unverzichtbar.

Das Rituale Romanum 1614 war das letzte der im Zuge der tridentinischen Reformedierten liturgischen Bücher. Im Gegensatz zu Missale und Brevier wurde das Rituale Ro-manum 1614 nicht verbindlich vorgeschrieben, sondern als Modellbuch verstanden.Die Autoren bearbeiteten nicht ein gebräuchliches liturgisches Buch, sondern haben„das Buch wohl aus privaten liturgischen Sammlungen und den Gebräuchen italieni-scher Pfarreien erarbeitet“31.

Hauptmann stellt fest:

„Das kirchliche Begräbnis[ses] ist durch Überschriften deutlich als ein Gottesdienst,

der sich an drei Stationen entfaltet, ausgewiesen: Statio am Sterbehaus, eine Pro-

zession zur Kirche mit Aufbahrung des Leichnams, Gebet der Tagzeiten und Feier

der Eucharistie, dann liturgische Verabschiedung und letzte Anempfehlung, Prozes-

sion zum Grab und Bestattung des Leichnams.“32

Das Rituale Romanum 1614 hat verschiedene Bearbeitungen erfahren (so 1752, 1884,1925 und 1952). Der grundlegende Aufbau der Begräbnisliturgie blieb jedochunverändert:33

30 Nach Mattes wurden die meisten Diözesanritualien ad usum Romanum accomodatum herausgegeben,aber bis zum 19. Jh. kam es zu einer fast restlosen Angleichung (MATTES: Spendung der Sakramente, 51).Heinz kommt in seiner knappen Darstellung des Begräbnisritus‘ im Bistum Trier zu der Feststellung,dass es im Bistum Trier erst zum Ende des 19. Jh. zur Übernahme des Rituale Romanum 1614 gekom-men sei: „Im Bereich des Begräbnisses bewahrten sie ohne nennenswerte Änderungen das her-kömmliche Text- und Ritengefüge.“ (HEINZ, ANDREAS: Der Begräbnisritus des (Erz-)Bistums Trier vomSpätmtitelalter bis zur Einführung des „Deutschen Einheitsrituales“ (1950). In : Archiv für mittelrheinischeKirchengeschichte 56 (2004), S. 159-198, 162.) Ignatzi bemängelt 1994, dass eine Untersuchung derBegräbnisliturgie für den gesamten deutschsprachigen Raum für die Zeit um das Erscheinen des Ri-tuale Romanum 1614 noch ausstehe und so faktisch nicht zu ermitteln sei, „wieviel an regionalem Ei-gengut in den Diözesanritualien gegenüber dem RitRom [= Rituale Romanum 1614] erhalten gebliebenist“ (IGNATZI, HANS-JOACHIM: Die Liturgie des Begräbnisses in der katholischen Aufklärung : eine Untersuchungvon Reformentwürfen im südlichen deutschen Sprachgebiet. Münster : Aschendorff 1994 (Liturgiewissen-schaftliche Quellen und Forschungen ; 75), 14). Nach meiner Kenntnis ist dieses Desiderat noch nichterfüllt.

31 HAUPTMANN: Begräbnisritual, 17.32 Ebd., 18.33 Vgl. Rituale Romanum 1614 und Rituale Romanum 1925.

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Im Haus des VerstorbenenDer Leichnam wird

mit Weihwasser besprengtAntiphon "Si inquitates" Psalm 130

(129)

In der KircheZum Einzug in die Kirche Antiphon

„Exsultabunt Domino“, Responsorium

„Subvenite, Sancti Dei“Officium Defunctorum, Kyrie,

Vaterunser, GebetMesse

Verabschiedung mit Gebet, Responsorium „Libera Me“,

Kyrie, Vaterunser, Gebet

Auf dem FriedhofSegnung des Grabes

Weihwasser auf Leichnam und Grabder Sarg wird eingesenkt

Antiphon, BenediktusKyrie, Vaterunser, GebetKreuzzeichen, Fürbitte

Auf dem Weg zur Kirche:Psalm 51 (50)

Auf dem Weg zum Friedhof:In Paradisum…

1. Station

2. Station

3. Station

Aufbau der Begräbnisliturgie Rituale Romanum 1614 und 1925

Abbildung 2: Aufbau der Begräbnisliturgie im Rituale Romanum 1614 und 1925

Die Untersuchung von Ignatzi fördert zu Tage, dass es bei der Begräbnisordnung sehrwohl regionale Differenzierungen gegeben habe. Wenn auch die lateinische Sprachedominiere, deuteten wenige deutschsprachige Gebetstexte und Lieder in den unter-suchten Ritualien die Entwicklung an, das lateinische Sprachmonopol zu durchbre-chen.34 Die beschriebene Grundstruktur ändern diese Beobachtungen jedoch nicht. Siebieten jedoch einen Anknüpfungspunkt für die Reformversuche im deutschenAufklärungskatholizismus.

34 IGNATZI: Liturgie des Begräbnisses, 107.

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4 Reformversuche im deutschen Aufklärungskatholizismus

Als Aufklärung wird zumeist die gesamteuropäische geistige Bewegung vom ausgehen-den 16. Jh. mindestens bis zur Französischen Revolution gerechnet. Die deutsche Auf-klärung gründet sich nach Ignatzi nicht wie in England und Frankreich auf einer religi-onskritischen Haltung, sondern auf einer „rationalen Metaphysik, die weitgehend amneuzeitlichen Denken und an der Tradition des antiken Naturrechts festhält“35. Ignatzinennt im Anschluss an Klaus Schatz „Katholische Aufklärung“ einen Sammelbegriff,

„der die Kritik am kirchlich-religiösen Brauchtum besonders der Barockzeit zusam-

menfaßt. Unter Berufung auf ‚Vernunft‘ und ‚Evangelium‘ werden im Rückgriff auf

die biblischen Quellen und die frühe Kirche Reformen eingeleitet. Die Betonung des

Lehrhaften und Verständlichen steht dabei im Vordergrund.“36

Vor allem im südlichen deutschen Sprachgebiet kam es in der katholischen Aufklärungzu liturgischen Reformen. Es war offenkundig, dass es zu einer Entfremdung zwischenaufgeklärten und nicht aufgeklärten Gruppen in Kirche und Ortsgemeinden gekom-men war. Ganze Bevölkerungsgruppen blieben dem Gottesdienst mehr und mehrfern.37 So denken immer mehr aufgeschlossene Theologen darüber nach, wer liturgi-sche Reformen ermöglichen und durchführen müsse und ob es nicht „zur Aufgabe desSeelsorgeklerus gehört, Reformen in einem Kultur- und Sprachgebiet bzw. vor Ort vor-zubereiten“38. Im Anschluss an Benedikt Kranemann geben nach Ignatzi die Begriffe„Belehrung“, „Erbauung“ und „Zweckmäßigkeit“ die Zielvorstellung für die Reformenwieder.39

Neben Veränderungen des Todeserlebens und der Todesanschauungen in derZeit nach 1800 führen auch umfangreiche staatliche Trauerverordnungen mit ihrenEingriffen in das konfessionelle Bestattungswesen zu tiefgreifenden Veränderungen inder Begräbniskultur.40 So wird unter anderem

• das traditionelle Psalmengebet kritisch angefragt und angepasste Kirchenliedergefordert,

• bekommt die „Leichenpredigt“ eine wichtige Funktion, • werden die Themen Trauer und Tod betont und die Themen Gericht und Hölle

zurückgestellt,

35 Ebd., 46.36 Ebd., 47.37 Vgl. ebd., 50f.38 Ebd., 51.39 Ebd., 51f.40 Ebd., 53-59.

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• orientiert sich die Begräbnisfeier stärker an den Hinterbliebenen und• wird die Muttersprache in der Liturgie gefordert.41

Nicht zu übersehen ist, dass die Liturgie des Aufklärungskatholizismus als „Tu-gendschule“ verstanden wurde, „in der die Gläubigen mit grundlegenden Wahrheitenihrer Religion vertraut gemacht werden.“42

Ein repräsentatives Beispiel ist das „Deutsche Ritual“ von Ludwig Busch aus demJahre 1803 mit Neuauflagen 1810 und 1824. Dieses Ritual war eines der ersten undgleichzeitig eines der verbreitetsten Reformentwürfe in der Aufklärungszeit und es hatandere Autoren beeinflusst. Es hält sich stark an die diözesanen Bücher, übersetzt sieins Deutsche und ergänzt sie um Ansprachen und Gebetstexte. In diesen „liturgischenVersuch“ fließen wohl die Erfahrungen von zehn Jahren Seelsorgetätigkeit in einer ka-tholischen Diasporagemeinde in Erlangen ein.43

Ein weiteres repräsentatives Beispiel ist das „Deutsches, katholisches, ausüben-des Ritual“ von Vitus Anton Winter aus dem Jahre 1813 (1830 nach einer Umarbeitungerneut erschienen). Die Formulare Winters enthalten im Vergleich zu denen Buschsumfangreichere Ansprachen. Winter ist offensichtlich ein Liturgiker, dem die „Beleh-rung“ der Gläubigen besonders wichtig ist.44

Ignaz Heinrich von Wessenberg geht im Jahr 1831 über Busch und Winter hinaus,setzt sich deutlich von der Konstanzer Diözesantradition ab und kommt so zu „nicht-amtlichen“ Formularen im Wortsinn. Er verwendet weniger umfangreiche und be-lehrende Ansprachetexte, bleibt aber insgesamt dem Geist der Aufklärung verhaftet.Seine kirchenpolitische Stellung wirkt sich sicher auf die Verbreitung seiner Gedankenund nicht zuletzt seines Buches aus.45

Ignatzi fasst die Kritik an den Diözesanritualien im deutschen Aufklärungskatho-lizismus wie folgt zusammen:

„Die Kritik […] führte zu einer offenen Liturgiekonzeption, die sich in neuen Rituali-

en und liturgischen Einzelentwürfen manifestiert. Diese sind nicht nur Vorlagen,

die der strikten Ausführung traditioneller Normen dienen, sondern bieten Modelle

an, können als Werkbücher verstanden werden und bekommen erst im Blick auf die

jeweilige Gemeinde ihre konkrete Ausgestaltung und Ausprägung. Die zahlreichen

41 Vgl. ebd., 72f.42 KRANEMANN, BENEDIKT ; PROBST, MANFRED: Die katholischen Riten zur Sterbebegleitung und zur Beerdi-

gung im Zeitalter der Aufklärung. In : BECKER, HANSJAKOB u. a. (Hrsg.): Liturgie im Angesicht des Todes :Reformatorische und katholische Traditionen der Neuzeit. Teil II. Tübingen und Basel : A. Francke, 2004(Pietas Liturgica ; 14), 767-772, 771.

43 Vgl. ebd., 768.44 Vgl. ebd., 769.45 Vgl. ebd., 770.

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Abschriften aus gedruckten nichtamtlichen Ritualien, die Ergänzung, Modifizierung

und Überarbeitung dieser Formulare sind ein Indiz für eine von der Seelsorge her

aufgeschlossene Liturgie- und Gemeindepastoral.“46

Auch die Reformen im deutschen Aufklärungskatholizismus halten an der Grundformmit drei Stationen fest. So kann Ignatzi die verschiedenen bekannten Modelle in dies-em Schema darstellen.47

Hauptmann stellt fest, dass es bei der Neubearbeitung des Rituale der DiözeseFreising in den ersten Jahrzehnten des 19. Jh. Tendenzen gegeben habe, der Volksspra-che breiten Raum zu geben. Nachdem zunächst ein inoffizielles Rituale Germanicum ge-duldet wurde, musste dem Klerus die Benutzung dieses Rituale 1820 auf Druck des apo-stolischen Nuntius in München untersagt werden. Danach sei die Verwendung derVolkssprache im Erzbistum München und Freising im 19. Jh. auffallend einge-schränkt.48 Hauptmann kommt zu folgender abschließenden Bewertung:

„Für die tatsächliche Feier des Begräbnisses scheinen die eher akademisch gepräg-

ten volkssprachigen Modelle, die Winter in Anlehnung an die protestantische Tradi-

tion erarbeitete, kaum größere Bedeutung erlangt zu haben. […] Dennoch scheinen

volkssprachige Reformrituale des 19. Jh. im Klerus Freising kaum verwendet wor-

den zu sein.“49

46 IGNATZI: Liturgie des Begräbnisses, 74.47 Vgl. ebd., 109-291.48 Vgl. HAUPTMANN: Begräbnisritual, 23.49 Ebd., 23f.

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5 Collectio Rituum 1950

Eine vollständig lateinische Feier der Sakramente und Sakramentalien schien nachdem Wandel des geistigen Klimas nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr tragbar. Indieser Situation approbierte Rom 1929 das erneuerte Rituale des Bistums Linz, in demviele deutsche Texte enthalten waren.50

Seit 1940 traf sich zweimal im Jahr eine Liturgische Kommission der DeutschenBischofskonferenz, in dem der Plan eines gesamtdeutschen Rituales diskutiert wurde.Bereits auf einer Konferenz 1941 in Fulda konnten Ritenentwürfe für Taufe, Trauungund Begräbnis vorgestellt werden. Im Februar 1942 fand in München die erste Lesungdes Begräbnisritus statt. In der Sitzung der Liturgischen Kommission im Oktober 1943in Bad Nauheim lag der vollständige Text eines gesamtdeutschen Rituales vor. AusRom wurde signalisiert, dass der Heilige Stuhl ein solches deutsches Einheitsrituale ap-probieren werde, wenn der Wunsch dazu von allen deutschen Bischöfen vorgetragenwerde. Die Bayerische Bischofskonferenz war jedoch nicht bereit, eine solche Bittemitzutragen.51 Ab Mitte 1944 sei nach Fischer „das Rituale im wesentlichen zur Rein-schrift fertig“52 gewesen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu großen Bevölkerungsbewegungen inDeutschland, die die Uneinheitlichkeit der Sakramentenspendung weiter zum Problemwerden ließ und den Ruf nach einem Einheitsrituale verstärkte. Am Weißen Sonntag1948 konnte das fertige Rituale vom inzwischen neu gegründeten Liturgischen Institutin Trier den westdeutschen Bischöfen bei einer Konferenz in Kevelaer übergeben wer-den. Der Versuch des Kölner Kardinals Josef Frings, alle deutschen Bischöfe für die Ap-probations-Bitte zu gewinnen, war letztlich erfolgreich, so dass am Ende die CollectioRituum Germaniae 195053 veröffentlich werden konnte.54

Ein besonderer Streitpunkt war die Frage, in welchem Ausmaß die Mutterspra-che in der Collectio Rituum Germaniae 1950 gedacht war. Ein Vorbild war die kroatischeÜbersetzung des Rituale Romanum 1925 von 1930, in dem kein lateinisches Wort stand.Für eine solche Gesamtverdeutschung hätte man aber wohl kein Einverständnis allerdeutschen Bischöfe erhalten. Im Ergebnis entstand ein Kompromiss, der ausschließlichlateinisch vorzutragende Formeln mit solchen, die wahlweise lateinisch oder deutsch

50 Vgl. FISCHER, BALTHASAR: Sterbe- und Begräbnisriten der Collectio Rituum pro omnibus Germaniaedioecesibus 1950. In : BECKER, HANSJAKOB u. a. (Hrsg.): Liturgie im Angesicht des Todes : Reformatorische undkatholische Traditionen der Neuzeit. Teil II. Tübingen und Basel : A. Francke, 2004 (Pietas Liturgica ; 14),987-1000, 987f.

51 Vgl. ebd., 988-993.52 Vgl. ebd., 993.53 Collectio rituum Germaniae 1950.54 Vgl. FISCHER : Sterbe- und Begräbnisriten, 993f.

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vorzutragen waren, verband.55 In der Entstehungszeit der Collectio Rituum Germaniae1950 bestand darüber hinaus das Problem, „ob und wie man in einem von dezidiertemAntisemitismus bestimmten Öffentlichkeitsklima die in den liturgischen Texten begeg-nenden alttestamentlichen jüdischen Namen wiedergeben sollte“56. Man suchte auchhier nach einem Kompromiss und nach Fischer tragen die Sterbe- und Begräbnisritender Collectio Rituum Germaniae 1950 noch deutliche Spuren dieses Kompromisses.

Die Collectio Rituum Germaniae 1950 bot nun zwei Begräbnisriten an: Einen großenRitus (Ritus maior sepeliendi adultos)57 und einen kleineren Ritus (Ritus minor sepeliendiadultos)58. Während der größere Ritus dem traditionellen Ritus mit drei Stationen ent-spricht, kennt der kleinere Ritus zwei Stationen: In der Friedhofskapelle und am Grab.Die Station im Haus des Verstorbenen entfällt ebenso wie die Station in der Kirche. Diemeisten Elemente aus der ersten Station des größeren Ritus‘ sind in der Friedhofska-pelle vorgesehen. Es entfällt also wesentlich die Station in der Kirche.

55 Vgl. ebd., 994f.56 Ebd., 997.57 Vgl. Collectio rituum Germaniae 1950, 109-132.58 Vgl. ebd., 132-143.

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Im Haus des VerstorbenenDer Leichnam wird

mit Weihwasser besprengtAntiphon "Si inquitates"

Psalm 130 (129)

In der KircheZum Einzug in die Kirche Antiphon

„Exsultabunt Domino“, Responsorium

„Subvenite, Sancti Dei“wo üblich: Officium Defunctorum,

MesseVerabschiedung mit Gebet, Responsorium „Libera Me“,

Kyrie, Vaterunser, Gebet

Auf dem FriedhofSegnung des Grabes

Weihwasser auf Leichnam und Grabder Sarg wird eingesenkt

Antiphon, BenediktusKyrie, Vaterunser, Gebet

Weihwasser, Weihrauch und ErdeKreuzzeichen mit Gebet

Gebet für Verstorbene und Lebende„Gegrüßet seist du Maria“ oder

„Salve Regina“

Auf dem Weg zur Kirche:Psalm 51 (50)

Auf dem Weg zum Friedhof:In Paradisum…

1. Station

2. Station

3. Station

Aufbau der Begräbnisliturgie Collectio Rituum Germaniae 1950

Ritus maior sepeliendi adultos

Abbildung 3: Aufbau der Begräbnisliturgie im „großen Ritus“ der Collectio Rituum Germaniae 1950

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In der FriedhofskapelleDer Leichnam wird

mit Weihwasser besprengtAntiphon "Si inquitates"

Psalm 130 (129)Weihrauch, Kyrie, Gebet

Am GrabSegnung des Grabes

Weihwasser auf Leichnam und Grabder Sarg wird eingesenkt

Antiphon, BenediktusVaterunser, Gebet

Gebet für Verstorbene und LebendeWeihwasser, Weihrauch und Erde

Kreuzzeichen mit Gebet„Gegrüßet seist du Maria“ oder

„Salve Regina“Kreuzzeichen, Gebet

Auf dem Weg zum Grab:In Paradisum…Psalm 115 (114)

1. Station

2. Station

Aufbau der Begräbnisliturgie Collectio Rituum Germaniae 1950

Ritus minor sepeliendi adultos

Abbildung 4: Aufbau der Begräbnisliturgie im „kleinen Ritus“ der Collectio Rituum Germaniae 1950

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6 Die kirchliche Begräbnisfeier 1973

Das Zweite Vatikanisch Konzil hatte eine Anpassung der Begräbnisliturgie gefordert(vgl. Einleitung). Im Anschluss an den Ordo Exequiarum von 15.8.1969 wurde eine deut-sche Fassung erarbeitet, zu Pfingsten 1972 von den Bischofskonferenzen Deutschlands,Österreichs und der Schweiz und dem Bischof von Luxemburg für den liturgischen Ge-brauch approbiert und am 4. Oktober 1972 von der Kongregation für den Gottesdienstbestätigt.59

Erstmals wurde die Begräbnisliturgie nicht in einem Rituale, sondern in einem ei-genständigen liturgischen Buch veröffentlicht. Das Buch enthält nun keine lateini-schen Formeln mehr. Neben einer pastoralen Einführung enthält es Texte und Rubri-ken für

• Stundengebet, Totenwache und Gebet im Trauerhaus;• Eucharistiefeier (nur Rubriken);• Begräbnis mit drei Stationen;• Begräbnis mit zwei Stationen;• Begräbnis mit nur einer Station;• Kinderbegräbnis,• Urnenbeisetzung und• sechs Anhängen

Auf den ersten Blick fällt auf, dass es nun eine große Auswahl an möglichen Kom-binationen von Stationen gibt. Die traditionelle Form mit drei Stationen ist nun vielfäl-tig kombinierbar:

• Ausgangspunkt, Kirche und Grab;• Ausgangspunkt, Grab und Kirche;• Kirche, Trauerhalle, Grab.

Dabei kann der Ausgangspunkt das Trauerhaus, das Friedhofs- oder Kirchenpor-tal, die Friedhofskapelle oder die Trauerhalle sein. Ganz neu hinzugekommen ist eineForm mit nur einer Station. Diese Form wurde u.a. durch die zunehmende Zahl vonTrauerfeiern vor einer Kremation erforderlich, die ja eine Station am Grab nicht kennt.Die Formen mit zwei und mit einer Station enthalten einen Wortgottesdienst.

Neben der Anzahl der Stationen entfallen nun bisher konstante Elemente der Be-gräbnisliturgie oder sie werden zu wählbaren Elementen: So kann nun statt des Psalm130 (129) in der ersten Station auch ein anderer Psalm gewählt werden.60 Auf dem Wegzur Kirche kann nun auch still gebetet werden; bestimmte Psalmen sind nicht mehr

59 Kirchliche Begräbnisfeier 1973.60 Vgl. ebd., 41.

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vorgesehen (bisher Psalm 51). In der Kirche kann statt einer Eucharistiefeier auch einselbständiger Wortgottesdienst gehalten werden.61 Auf dem Weg zum Grab kann stillgebetet werden; es erfolgt ein Hinweis auf „Zum Paradies mögen Engel dich geleiten“,ein in der bisherigen Tradition konstantes Element für die Prozession zum Grab.62 Ins-gesamt sind nicht nur die Formen (Anzahl und Art der Stationen) sehr flexibel, es wer-den auch viele Texte zur Auswahl angeboten. Damit wird offensichtlich einem Wunschnach Individualisierung der Begräbnisliturgie Rechnung getragen.

61 Vgl. ebd., 42.62 Vgl. ebd., 45.

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7 Zusammenfassung

Bei allen Unterschieden im Detail, scheint die Begräbnisliturgie seit der Mitte des 16.Jh. doch recht stabil zu sein: Die Liturgie enthält drei Stationen (Haus der Verstorbe-nen, Kirche, Friedhof), die zentralen Texte bleiben gleich (Psalm 130, Psalm 51, Anti-phon „Libera me“, Psalm 115) und werden in lateinischer Sprache vorgetragen. Mitden Reformbemühungen des Aufklärungskatholizismus werden erstmals tiefgreifendeReformvorschläge gemacht. Doch erst mit dem Collectio Rituum Germaniae 1950 und voll-ends mit der Begräbnisfeier 1973 werden in den liturgischen Büchern die traditionellenFormen durchbrochen.

Nun drücken die untersuchten liturgischen Bücher ja aus, wie sich deren Heraus-geber die liturgische Feier vorstellten. Sie geben keine unmittelbare Auskunft darüber,wie diese Feiern tatsächlich stattfanden. Auch die vielen möglichen Formen der Be-gräbnisfeier 1973 geben noch keine Auskunft darüber, welche Form nun tatsächlich amhäufigsten verwendet wird.

Die liturgischen Bücher als präskriptive Quellen sind zu Ergänzen um deskriptiveQuellen, die Auskunft darüber geben, wie die Begräbnisliturgie tatsächlich vollzogenwurde. Leider geben die möglichen Quellen darüber wenig Aufschluss.63 Wenn Haupt-mann aufgrund der spärlichen Quellenlage zu dem Ergebnis kommt, dass die Begräb-nisliturgie „in der alten Diözese Freising und im Erzbistum München und Freising zwi-schen dem ausgehenden 15. Jh. und der Mitte des 20. Jh. tatsächlich nach dennormativen Vorgaben der Liturgiebücher gefeiert worden“64 sei, so halte ich diesenRückschluss doch für zu umfassend. Die Auseinandersetzungen um die Manuale, derzögerliche Absatz der Rituale im 17. Jh. (vgl. Kap. 2 Das Beispiel München-Freising) unddie erwähnten handschriftlichen Ergänzungen in den liturgischen Büchern zeigen ja,dass es Anpassungsbedarf gab.

Es bleibt auch offen, ob es einen signifikanten Unterschied zwischen den ge-wachsenen ländlichen und städtischen Strukturen und den seit der Mitte des 19. Jh.entstehenden städtischen Industrie-Arbeitern gab. Auch zeigt der Hinweis auf dieTrauergesetze im 19. Jh. und die zunehmende Kommunalisierung des Bestattungs- undFriedhofswesens mindestens in den Städten, dass sicher die Begräbnisliturgie mit dreiStationen nicht überall begangen werden konnte. Hier zeigen sich Ansatzpunkte zurinterdisziplinären Aufgabe einer Geschichte der Bestattungskultur.

63 Vgl. HAUPTMANN: Begräbnisritual, 39-43.64 Ebd., 41.

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Anhang

Anhang 1: Collectio Rituum Monacensis 1930, 104-105

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Anhang 2: Rituale Romanum 1614, 104 - 105

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Anhang 3: Rituale Romanum 1925, 178-179

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Anhang 4: Collectio Rituum Germaniae 1950, 122-123

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Literaturverzeichnis

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Collectio Rituum ad instar appendicis Ritualis Romani pro omnibus Germaniae dioecesibusa aSancta Sede approbata. Ratisbonae : Pustet 1950 [= Collectio rituum Germaniae 1950]

Die kirchliche Begräbnisfeier in den katholischen Bistümern des deutschen Sprachgebietes.Hrsg. im Auftrag der Bischofskonferenzen Deutschlands, Österreichs und derSchweiz und des Bischofs von Luxemburg, Einsiedeln u.a. : Benzinger u.a. 1973 [=Kirchliche Begräbnisfeier 1973]

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