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Bauinformatik – Baupraxis
BIM für das Handwerk
Raimar J. Scherer, Jens Bille, Tom Grille & Frank Opitz
Tagungsband 5. Fachkonferenz Bauinformatik - Baupraxis
09. Dezember 2014, Dresden
Bauinformatik – Baupraxis 2014 3
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ..................................................................................................................... 5
Tagungsbeiträge ....................................................................................................... 7
Projektvorstellung eWorkBau - Ein BIM Schulungskonzept für das Handwerk ........... 9
Jens Bille M.Ed
Wie entsteht ein BIM Modell .................................................................................... 15
Dipl.-Ing. Frank Opitz & Prof. Dr.-Ing. Raimar J. Scherer
Gezielte Informationsabfrage mit BIMcraft ............................................................... 23
Dipl.-Ing. Mario Gürtler & Prof. Dr.-Ing. Raimar J. Scherer
BIM aus der Sicht des Handwerks ............................................................................ 35
Dipl.-Ing. Frank Postel
BIM für den Elektroinstallateur ................................................................................. 43
Rino Pellicciotta
BIM für das Gesamtsystem ...................................................................................... 51
Dipl.-Ing. (FH) Martin Peukert
4 Bauinformatik – Baupraxis 2014
Informationslinkerstellung und -validierung ............................................................... 61
Dipl.-Ing. Robert Kreil & Prof. Dr.-Ing. Raimar J. Scherer
Dynamische BauDaten - verlinkte Inhalte für Bauteile, Bauleistungen und
Baukosten in Multimodellen ..................................................................................... 69
Dr. Gerald Faschingbauer & Dr. habil. Klaus Schiller
BIM Server - Von der Vision zur Realität ................................................................... 77
Dipl.-Ing. Carl-Heinz Oberender
Projektkommunikation - auf der Basis von Big-Data Methoden ............................... 85
Dipl.-Ing. Rüdiger Füllborn
Didaktisches Konzept und Kursaufbau der BIM Schulungen .................................... 95
Dipl.-Psych. Olaf Peters & Prof. Dr. Hermann Körndle
Umsetzung der BIM Schulung ................................................................................ 105
Dipl.-Päd. Marina Jüschke
Softwarebeschreibungen ..................................................................................... 107
Mehr als 3D Intelligente BIM-Projektierung mit DDS-CAD ..................................... 109
Rebekka Bude, Data Design System GmbH, Ascheberg
DBD-KostenKalkül - Mengen, Leistungsverzeichnis und Baukosten
einfach aus Bildern .................................................................................................. 113
Dr. Schiller & Partner GmbH – Dynamische BauDaten
nextbau Mehr Lust auf Kalkulieren und Ausschreiben ........................................... 117
f:data GmbH, Weimar/Dresden
BIMcraft .................................................................................................................. 123
Technische Universität Dresden, Institut für Bauinformatik
Projektübersicht & Projektpartner eWorkBau .................................................... 127
Wie entsteht ein BIM Modell 15
Wie entsteht ein BIM Modell
Frank Opitz & Raimar Scherer
Institut für Bauinformatik, Technische Universität Dresden
Kurzfassung: Im Beitrag wird die BIM Methode kurz vorgestellt und der derzeitige Stand erörtert. Die Basisinformationen eines BIM Modells werden definiert und die einzelnen Ebenen des Informationsaufbausystems für BIM dargestellt. Die prinzipielle Entstehung eines BIM Modells wird anhand von sechs Schritten erläutert und der Unterschied zu traditionellen, virtuellen Bauwerksmodellen aufgezeigt.
1 Was ist ein BIM Modell Nach Scherer, Schapke (2015) kann BIM wie folgt definiert werden:
BIM ist die ganzheitliche Arbeitsweise mit allen Daten des gesamten Baulebenszyklus in strukturierter, digitaler Form.
In dieser Aussage stecken zwei wesentliche Ansprüche.
Zum einem sollen alle Daten in digitaler Form und damit in digitalen Modellen vorhanden sein, so dass die Modelle ausgetauscht, modifiziert und zusätzlich durch den Computer, d. h. durch Softwaresysteme geprüft, validiert und mit weiteren Informationen manuell und automatisch angereichert werden können.
Zum anderen soll eine ganzheitliche Arbeitsweise möglich sein. Dies bedeutet, dass die digitalen Daten, sprich digitale Modelle, miteinander in Verbindung stehen und die Modelle keine singulären Informationsinseln bilden. Die Modelle müssen einerseits interoperabel sein, d. h. ihre Daten müssen gegenseitig austauschbar
16 Wie entsteht ein BIM Modell
und vergleichbar sein. Somit müssen gleiche oder gegenseitig überführbare Datenmodelle und Datenformate vorliegen. Andererseits müssen die Modelle und damit die Daten untereinander verlinkt sein, um eineindeutig zu wissen, welche Daten und welche Informationen eine holistische, ganzheitliche Informationseinheit bilden. Erst damit ist sowohl ein anspruchsvolles, effizientes und ganzheitliches Arbeiten mit den Daten und den dazugehörigen Informationen als auch deren Management möglich.
1.1 Basisinformationen in einem BIM Modell
Beim herkömmlichen Begriff Gebäudemodell steht das Geometriemodell im Vordergrund. Das BIM Modell dagegen umfasst neben der Geometrie der Bauwerkselemente auch ein Topologie- und ein Semantikmodell (siehe Abbildung 1). Zusätzlich lassen sich noch Kataloginformationen einbetten.
Abbildung 1: Basisinformation eines BIM Modells
Im Geometriemodell sind die geometrischen Informationen zu den einzelnen Bauwerkselementen und damit auch zum gesamten Bauwerk beschrieben. Das Topologiemodell umfasst mehrere Untermodelle. Im räumlichen Topologiemodell wird das Bauwerk in einzelne Bauwerksstrukturelemente eingeteilt, bspw. in verschiedene Räume. Ein Raum ist wiederum einem höheren Strukturelement zugewiesen, einem Geschoss. Das zeitliche und das finanzielle Modell sind weitere Topologiemodelle. Die einzelnen Partner eines Bauprojekts lassen sich ebenfalls in einem (organisatorischen) Topologiemodell darstellen. Ein weiterer Teil des BIM Modells ist das Semantikmodell. Traditionelle, virtuelle Bauwerksmodelle bestehen nur aus geometrischen Formen, eine Semantik fehlt völlig und lässt sich nur im Nachhinein hinzufügen. Dies ist aber, gerade bei Modifikationen, sehr fehleranfällig. Die einzelnen Elemente eines BIM Modells werden nach dem objektorientierten
Wie entsteht ein BIM Modell 17
Vorgehen modelliert. Das bedeutet es können nur vordefinierte Objekte als Bauwerkselemente hinzugefügt werden. Diese besitzen eine vordefinierte Semantik, bestehend aus einem Namen und vorgegebenen Attributen und Attributswerten. Diese Objektsemantik kann vom Nutzer in einem vordefinierten Rahmen modifiziert werden.
Das Geometrie-, das Topologie- und das Semantikmodell definieren zusammen die Basisinformationen für ein BIM Modell. Das Modell kann durch Kataloginformationen erweitert werden. Hierzu werden Daten aus Katalogen genutzt um das Semantikmodell mit Informationen anzureichern. Die Attributswerte eines Bauwerkelements werden also von einem vom Nutzer bzw. von einem System ausgewählten, passenden Katalogelement belegt.
1.2 Informationsaufbausystem für BIM
Die zehn verschiedenen Ebenen des BIM Informationsaufbausystems sind in Abbildung 2 dargestellt. Die grundlegende Ebene, man könnte sie auch als Eintrittskarte für BIM bezeichnen, ist die Geometrie. Diese Gebäudegeometrie wird durch die Semantik und die Topologie ergänzt. Die ersten drei Ebenen wurden im Abschnitt 1.1 kurz vorgestellt. Ein Modell mit Informationen zu diesen drei Bereichen kann man als BIM Modell bezeichnen.
Abbildung 2: Derzeitige Stand in der BIM Entwicklung
Die nächsthöhere Ebene ist das Verhalten der Bauwerkselemente. Als solches werden Informationen zu Materialien und Kosten bezeichnet. Um die Interoperabilität der bisher aufgezeigten Informationen sicherzustellen wurde die fünfte Ebene definiert. Diese gewährleistet den Informationsaustausch zwischen verschiedenen Maschinen (Programmen) und Nutzern (Fachplanern). Die siebte Ebene bezieht sich auf die Verlinkung innerhalb des BIM Modells. Ein Beispiel hierzu ist die Verknüpfung von verschiedenen Gewerken untereinander. Das Bauwerkselement Lichtschalter ist einer Wand zugeordnet. Diese Wand ist wiederum verknüpft mit mindestens einem Raum. Die bisher definierten Informationen, gespeichert in einem BIM Modell, bezeichnet man auch als 'little
18 Wie entsteht ein BIM Modell
bim' (Jernigan 2007). Dies kann man als weitverbreiteten Standard in der derzeitigen BIM-Arbeitsweise im Bauwesen deklarieren.
Der Schritt zum 'BIG BIM' ist die Verknüpfung zwischen verschiedenen Modellen aus unterschiedlichen Bereichen des Bauwesens. Diese siebte Ebene ist der derzeitige Stand der Forschung und der Entwicklung von BIM. Das nächste Ziel ist es Informationen anhand bestehenden Wissens zu generieren, d. h. die gespeicherten Daten zu nutzen, um weitere Informationen durch definierte Regeln abzuleiten. Im neunten Schritt des BIM Informationsaufbausystems wird das System auf Vollständigkeit geprüft, dazu werden bestehende, externe Informationsquellen genutzt. In der letzten Ebene wird die Datenintegrität sichergestellt, d. h. ob alle Modellinformationen nach einer Modelltransformation synchron sind.
2 Wie entsteht ein BIM Modell
2.1 Geometrie
Häufig ist der erste Schritt bei der Modellierung eines Bauwerks die Eingabe von geometrischen Informationen um die einzelnen Bauwerkselemente zu generieren und so das Architekturmodell zu entwerfen. Wie im Abschnitt 1.1 erwähnt, besitzen diese Informationen keine Semantik und sind somit für computergestützte, weiterführende Prozesse nicht verarbeitbar. Diese Modellierung mit rein geometrischen Informationen genügt der BIM-Vorgehensweise nicht.
Ein Beispiel für die semantikfreie Modellierung ist die Brückenplanung mithilfe des IFC-Datenschemas (siehe Abschnitt 2.5). Das IFC-Schema wurde entwickelt um BIM-Informationen unter den Planern auszutauschen. Trotz der umfangreichen Modellierungselemente (knapp 800 IFC-Klassen in der Version 4) existieren spezielle IFC-Bauwerkselemente für Brücken nicht. Ein Brückenbauwerk muss über die IFC-Proxy-Klasse modelliert werden. Diese Entität kann man als semantiklose IFC Klasse bezeichnen, da sie allgemeingültig definiert und für den Computer nicht interpretierbar ist.
2.2 Semantik
Mittels Semantikinformationen werden einzelnen, virtuellen Objekten Bedeutungsinhalte hinzugefügt. Die Darstellung der Semantik erfolgt über eine exakt definierte Syntax.
Im Bauwesen bedeutet dies das alle Bauwerkselemente Instanzen von vordefinierten Klassen sind und so eine freie Modellierung nicht mehr möglich ist. Die Modellierung einer Wand erfolgt daher über die Klasse 'Wand'. Diese Klasse besitzt vordefinierte Attribute die sich als Stammdaten zusammenfassen lassen. Diese Attribute können zudem mit vorbelegten Attributwerten ausgestattet sein. Eine solche Elementvorlage wird als Klassentyp bezeichnet (siehe Abbildung 3).
Wie entsteht ein BIM Modell 19
Die Eingabe der Semantik durch den Nutzer erfolgt i. d. R. zusammen mit der Geometrieeingabe in einem CAD-Programm. Die nachträgliche Modifizierung des modellierten Elements ist nur bedingt möglich. So kann der Klassentyp frei gewählt, die Klasse an sich aber nur stark eingeschränkt geändert werden.
Abbildung 3: Semantikeingabe
2.3 Verhalten
Die Instanz einer Modellierungselement-Klasse lässt sich neben der Auswahl und Modifikation der Attribute des Klassentyps noch mit weiteren Informationen anreichern
20 Wie entsteht ein BIM Modell
Abbildung 4: Eingabe von Verhaltensinformationen - z. B. der Tragfähigkeit in Form von Bewehrungsinformationen
Durch Hinzufügen weiterer Attribute und das Belegen mit Werten werden weitere BIM Informationen zum Verhalten der Bauwerkselemente eingegeben (siehe Abbildung 4).
Beispiele hierfür sind Materialeigenschaften des thermischen oder tragenden Verhaltens. Dies können aber auch domänefremde Informationen wie die Kosteneigenschaften sein.
2.4 Topologie
Der Begriff Topologie definiert hier die räumlichen Beziehungen der Bauwerkselemente untereinander. Dies bedeutet z. B. dass alle Bauwerkselemente Räumen zugeordnet sind. Diese Zuweisung ist im Hinblick auf die organisierte Verwaltung wichtig. Ein Raum wird definiert durch seine Begrenzungen in allen drei Dimensionen, d. h. durch die umschließenden Wände und Decken (siehe Abbildung 5). Das Objekt Raum ist auch die Verknüpfung zum Raumbuch.
Das kleinste Topologieelement, Raum, ist dem höheren Element, Stockwerk, zugeordnet. Die Menge aller Räume eines Stockwerks bilden daher das Geschoss. Die Menge aller Stockwerke bilden wiederum das Gebäude.
Wie entsteht ein BIM Modell 21
Abbildung 5: Topologieinformationen - Einem Raum zugehörige Wände
2.5 Interoperabilität
Problematisch in Hinblick auf den Informationsaustausch sind die proprietären, nicht standardisierten Datenschemata der CAD-Programm-Hersteller. D. h. die implementierte Semantik ist untereinander nicht kompatibel und müsste bei jedem Datenaustausch transformiert werden. Daher wurde ein standardisiertes, offenes Datenschema entwickelt, das IFC-Schema.
Industry Foundation Classes (IFC) ist ein objekt-orientiertes Datenschema für das Bauwesen, d. h. einzelne Bauteile werden als Objekte definiert, und wurde von der International Organization for Standardization unter ISO 16739 registriert (ISO, 2013). Es schließt alle üblichen Elemente die in einem Bauwerk auftreten können ein, sowohl physische als auch abstrakte (z. B. Dienstleistungen).
Ein Schema ist eine Menge von Entitäten (oder Klassen), Attributen und Beziehungen zwischen Entitäten. Es definiert die Strukturen und Vorlagen mit denen diese Entitäten und Beziehungen formal beschrieben werden (Liebich 2009).
Das IFC-Schema ist als offener Standard konzipiert, mit dem Ziel, eine durchgängige Datenkommunikation zu verwirklichen. Damit wird z. B. die Wahl der Software zur Verarbeitung der erstellten IFC-Datei vereinfacht, da das Modell nicht auf ein Produkt oder einen Hersteller beschränkt ist. Den Projektmitgliedern ist somit freigestellt, welche Software sie zur Bearbeitung der Datei verwenden, solange diese den IFC-Standard unterstützen. Alternativ kann das Bauwerk auch in einem XML-Dokument gespeichert werden. Dazu wurde die IFC Spezifikation von buildingSMART International als XML Schema Dokument (.xsd) veröffentlicht (buildingSMART 2013).
Um einen korrekten Import/Export zu gewährleisten, muss die jeweilige Software die Exchange-Anforderungen der Entwickler des IFC-Schemas erfüllen. Ergänzend dazu wurde von buildingSMART eine Zertifizierungsverfahren eingeführt. Im Internet veröffentlicht die Organisation eine Tabelle, die die zertifizierte Software auflistet (buildingSMART 2013).
22 Wie entsteht ein BIM Modell
2.6 Verlinkungen in einem BIM Modell
Wie in Abschnitt 1.2 schon kurz beschrieben existieren innerhalb eines BIM Modells Verknüpfungen zwischen unterschiedlichen Arten von Bauteilelementen. Dies können bspw. Bauteile aus unterschiedlichen Gewerken sein oder Beziehungen zwischen Bauteilen und Topologieelementen. Mithilfe dieser Relationen können Verknüpfungen abgeleitet werden die im BIM Modell nur transitiv existieren ohne diese Relationen explizit im Modell abzuspeichern. Ein Beispiel hierfür ist die Zuordnung einer Tür zu einem Geschoss. Diese Relation existiert indirekt über die Verknüpfung der Tür mit dem Topologieelement Raum, das wiederum mit dem Topologieelement Geschoss verknüpft ist.
Man kann auch von einem Gebäudemultimodell sprechen, da dieses Bauwerksmodell schon verschiedene Fachmodelle vereint und miteinander verknüpft. Ein separates Linkmodell existiert nicht (vgl. Multimodell-Ansatz (Fuchs 2011)), es werden stattdessen vorhandene, definierte Beziehungen zwischen den Klassen des IFC-Schemas verwendet.
Referenzen
Jernigan F. (2007): BIG BIM little Bim: The Practical Approach to Building Information Modeling
Integrated Practice done the right Way!, USA, ISBN 978-0-9795699-0-6.
Liebich T. (2009): IFC2x Edition 3 Model Implementation Guide, Internet, http://www.buildingsmart-
tech.org/implementation/ifc-implementation/ifc-impl-guide, letzter Zugriff: 18.11.2014.
buildingSMART International Ltd. (2013): IFC Overview, Internet, http://buildingsmart-
tech.org/specifications/ifc-overview/ifc-overview-summary, letzter Zugriff: 18.11.2014.
buildingSMART International Ltd. (2014): IFC2x3 CV V2.0 Certification, Internet, http://buildingsmart-
tech.org/certification/ifc-certification-2.0/ifc2x3-cv-v2.0-certification, letzter Zugriff: 18.11.2014.
buildingSMART International Ltd. (2014): IFC2x3 CV V2.0 Certification, Internet, http://buildingsmart-
tech.org/certification/ifc-certification-2.0/ifc2x3-cv-v2.0-certification, letzter Zugriff: 18.11.2014.
ISO - International Organization for Standardization (2013): ISO 16739:2013, Industry Foundation
Classes (IFC) for data sharing in the construction and facility management industries, Internet,
http://www.iso.org/iso/home/store/catalogue_tc/catalogue_detail.htm?csnumber=51622, letzter
Zugriff: 18.11.2014.
Fuchs S., Kadolsky M. & Scherer R. J. (2011): Formal Description of a Generic Multi-Model, Enabling
Technologies: Infrastructure for Collaborative Enterprises (WETICE), In: 20th IEEE International
Workshops, Frankreich.
Scherer R. J., Schapke S.-E. (2015): Informationssysteme im Bauwesen 1 - Modelle, Methoden und
Prozesse, Deutschland, Springer Vieweg, ISBN 978-3-642-40883-0.
BIM aus der Sicht des Handwerks 35
BIM aus der Sicht des Handwerks
Frank Postel
Institut für Umweltschutz, Handwerkskammer Münster
Kurzfassung: Der folgende Beitrag beleuchtet den aktuellen Stand bei der
Verbreitung von BIM im Handwerk. Es wird die Frage beantwortet ob BIM
und Handwerk überhaupt zusammenpassen. Am Beispiel der
Stücklistenerstellung wird die derzeit in zahlreichen Betrieben noch weit
verbreitete Arbeitsweise aufgezeigt. Im Anschluss an die vergleichende
Betrachtung werden die Erwartungen der Handwerker an BIM beleuchtet.
Mit einem Blick auf die Befürchtungen bei der Einführung von BIM und
einem Fazit schließt der Beitrag.
1 Einleitung
Auf der Planungsseite werden in zunehmendem Maß die Vorteile von BIM erkannt
und umgesetzt. Bauen erfordert neben einer sorgfältigen Planung aber auch die
Umsetzung durch qualifizierte Handwerker.
Wie können diese in den BIM-Prozess eingebunden werden?
Da alle am Bau Beteiligten immer an demselben Modell arbeiten, können und
müssen Änderungen auch immer an diesem Modell erfolgen. So ist gewährleistet,
dass die Daten immer aktuell und konsistent sind.
Aber an welchen Schnittstellen ist die Einbindung notwendig und sinnvoll, wo kann
die BIM Methode den Handwerker unterstützen?
Ein Vorteil von BIM besteht in der umfassenden Datenbasis. Da den Bauteilen
nahezu beliebig viele Eigenschaften und Informationen zugeordnet werden können,
36 BIM aus der Sicht des Handwerks
sind diese Daten z. B. für Stücklistenerstellung oder Angebotskalkulation nutzbar.
Termin- und Kostenmodelle sind unverzichtbare Ergänzungen und können in
Handwerksbetrieben sinnvoll eingesetzt werden.
2 BIM und die Verbreitung im Handwerk
Der Begriff BIM ist selbst unter Planern im Bauwesen noch vielfach unbekannt.
Selbst wer den Begriff BIM bereits gehört oder gelesen hat, kann oft nichts damit
anfangen oder setzt BIM mit einem 3D-CAD-Programm gleich.
Vor diesem Hintergrund wird klar, dass BIM unter Handwerkern -so unser Eindruck-
so gut wie unbekannt ist. Anfang des Jahres wurde ein Vortrag zum Thema BIM an
der HWK-Münster angeboten. Im Plenum saßen neben Planern auch Handwerker
aus dem Metall- und Rohbau- und Heizungsbereich. Keiner der Anwesenden hatte
bis dato etwas von BIM gehört und konnte etwas mit dem Begriff anfangen. Wenn
man diesen Sachstand extrapoliert, kann man davon ausgehen, dass BIM im
Handwerk noch nicht angekommen zu sein scheint.
3 BIM und Handwerk - funktioniert das?
Hinter dieser Frage steckt die Befürchtung, dass das Bauen zunehmend digitalisiert
wird und das eigentliche Handwerk auf der Strecke bleiben könnte. Da BIM, wie
erwähnt, häufig mit einem CAD-Programm oder der einer 3D-Gebäudeplanung
gleichgesetzt wird, fürchten die Handwerksbetriebe, dass sie eine Software kaufen
und erlernen müssten, um mit BIM zu arbeiten.
Wie gleich noch gezeigt wird, ist BIM hervorragend geeignet die Arbeit der
Handwerksbetriebe zu unterstützen. Natürlich wird BIM nicht die rein manuelle
handwerkliche Tätigkeit ersetzen, aber BIM soll sämtliche vorgeschalteten
Tätigkeiten, die zur Ausübung der handwerklichen Tätigkeiten nötig sind
vereinfachen oder unterstützen.
BIM kann bei der Erstellung von Material- und Stücklisten, Angebotserstellung,
Arbeitsvorbereitung, Qualitätskontrolle etc. eingesetzt werden. BIM und Handwerk
schließen sich nicht aus.
BIM aus der Sicht des Handwerks 37
4 BIM und Stücklistenerstellung
Die Material- und Stücklistenerstellung ist im Handwerk eine essentielle Tätigkeit.
Sei es für die Angebotserstellung und/oder Materialdisposition für die Baustelle
oder Werkstatt. Digitale Methoden könnten den Handwerker an dieser Stelle
entlasten, Zeit sparen und Fehler vermeiden helfen.
Die Realität in den Handwerksbetrieben ist häufig etwas ernüchternd. Betrachten
wir eine typische Schlosserei. Der Handwerksbetrieb hat -inkl. Betriebsinhaber- in
der Regel zwischen 5 und 10 Beschäftigte. Einen CAD-Arbeitsplatz und/oder eine
CNC-gesteuerten Brenntisch sucht man hier vergebens.
Die Auftragsbearbeitung für einen Balkon könnte man in etwa so nachzeichnen:
Aus einer Konstruktionszeichnung (sofern vorhanden) würden
Konstruktionselemente wie Profile, Fahnenbleche, Kopf- und Fußplatten von Hand
aus dem Plan "gezogen" um daraus Stücklisten und Schneideskizzen zu generieren.
Abbildung 1 und 2: Ausschnitte aus einem Konstruktionsplan für einen Stahlbalkon
38 BIM aus der Sicht des Handwerks
Die vermaßten Skizzen dienen dann als Grundlage für die weitere Fertigung
So:
Abbildung 3: Handskizze mit vermaßten Anschlussbauteilen
oder "moderner" so:
Abbildung 4: Parametrisierte Skizzen in EXCEL
(halbautomatische Massenermittlung)
Es ist evident, dass dieses Verfahren zeitraubend ist. Ablese- und
Übertragungsfehler sind hier vorprogrammiert.
Es wäre daher zu wünschen, dass gerade diese Informationen im BIM-Modell
hinterlegt würden, sodass sie mit entsprechenden Tools aus der Datenmenge
BIM aus der Sicht des Handwerks 39
extrahiert werden können. Dies wäre eine große Arbeitserleichterung bei
gleichzeitiger Minderung der Fehlerquote.
5 BIM und die Erwartungshaltung der Handwerker
Viele v. a. jüngere Handwerker können sich für Technik begeistern und sind neuen
Errungenschaften gegenüber sehr aufgeschlossen. Die Diskussionen nach den
BIM-Vorträgen und den damit einhergehenden Möglichkeiten münden immer in der
Frage nach dem Nutzen für die Handwerker. Häufig reagieren die Zuhörer mit
Anregungen oder Wünschen auf die Möglichkeiten von BIM. Oft muss man
allerdings die Euphorie bremsen, weil das, was da gewünscht wird technisch
(noch?) nicht umsetzbar ist.
Am BIM-Modell eines Mehrfamilienhauses soll das verdeutlicht werden:
Abbildung 5: Mehrfamilienhaus (View eines Ifc-Modells, Solibri)
Die Schnittfahrt durch ein Gebäude in Echtzeit versetzt alle in Staunen. Zum
Staunen gesellt sich auch sofort eine Erwartung: Wenn schon die Möglichkeit
existiert universelle Schnitte zu generieren, dann sollen diese "Bitteschön" auch
sofort vermaßt werden.
40 BIM aus der Sicht des Handwerks
Da zeigt sich dann die pragmatische Sicht des Handwerkers, der sich weniger an
der Funktionalität der interaktiven Schnittführung freut, sondern sofort einen
Nutzen daraus ableiten möchte.
Abbildung 6: Schnitt durch das Mehrfamilienhaus
Die o. g. Sichtweise der Handwerker gilt im Übrigen auch für die Möglichkeit der
selektiven Darstellung von Objekten.
Im Beispielszenario soll ein Rohbauer die Wände im Erdgeschoss setzen und
Massen und Preise für ein Angebot ermitteln. In dem vorgeführten Beispiel wurden
daraufhin nur die Wände eingeblendet.
Für die Teilnehmer, angehende Maurermeister, wurden die Vorteile sofort
ersichtlich. Ein Blick auf die 3D-Sicht des Erdgeschoss genügte und die Struktur
des Gebäudes, sowie die Lage der wichtigsten Bauelemente war in kürzester Zeit
für jeden erkennbar, ohne sich lange in Pläne einlesen zu müssen. Die Tatsache,
dass so wichtige Daten, wie Massen, Materialgüten und ggf. Preise im BIM-Modell
hinterlegt sind (sein können) und sozusagen "ohne größeren" Aufwand abrufbar
sind hat großes Staunen ausgelöst. Die Möglichkeit die Objekte auch mit einem
Kalender verknüpfen zu können hat letzte Bedenken hinsichtlich der BIM-Methode
zerstreut. Die Frage wann der "nächste" BIM-Lehrgang stattfindet war demzufolge
nur logisch.
BIM aus der Sicht des Handwerks 41
Abbildung 7: MFH Erdgeschoss nur Wände und Träger
6 BIM und die Furcht vor Ausgrenzung
In England wird BIM ab 2016 bei öffentlichen Bauvorhaben verpflichtend. Und im
restlichen europäischen Ausland ist BIM bereits seit längerem obligatorisch.
Es scheint sich darüber hinaus eine EU-weite, verbindliche BIM-Nutzung bei
öffentlichen Bauvorhaben anzubahnen. Vor diesem Hintergrund haben
Handwerksbetriebe bereits die Befürchtung geäußert, dass v. a. kleinere Betriebe
vielleicht ausgegrenzt werden könnten. Es herrscht die Sorge, dass
möglicherweise weder die personelle noch die apparative Ausstattung ausreichen
könnte, um an BIM "teilzunehmen".
Begründet wird dies häufig mit der diffusen Vorstellung, dass BIM eine Art
Zeichenprogramm ist, welches man kaufen und erlernen muss. Andere
argumentieren damit, dass man BIM als solches erlernen oder sich gar zertifizieren
lassen müsse.
42 BIM aus der Sicht des Handwerks
7 Fazit
Sowenig wie BIM in den Köpfen der Planer angekommen ist, sowenig ist BIM bei
den Handwerksbetrieben angekommen.
Im Kammerbezirk Münster wurde das Thema BIM daher auf mehreren
Veranstaltungen angesprochen oder als Vortrag vermittelt.
Der Tenor der Meinungen ging auseinander. Während die älteren Handwerker,
meist Firmeninhaber oft skeptisch auf die BIM Methode reagieren, sehen die
Jüngeren doch eher die Chancen und Vorteile.
Einig sind sich jedoch Alle darin, dass der demografische Wandel und der
Nachwuchsmangel dem Handwerk in Zukunft erheblich Probleme bereiten
könnten.
Wenn die BIM-Methode dabei hilft, diese Herausforderung zu meistern, werden
sich wohl auch die Skeptiker nicht gegen BIM sperren. Die Frage der jüngeren
Handwerker nach einem BIM-Lehrgang macht darüber hinaus Mut für die Zukunft.
Referenzen
Postel F. (2013): BIM, eWorkBau, 2. Statusbericht, Vortrag Beiratssitzung HKW-Münster,
14.11.2013
Postel F. (2014a): BIM, Voraussetzung für Aufträge im Bauwesen? Vortrag, Akademie Bau, 25.03.14
Postel F. (2014b): BIM, Hype oder Paradigmenwechsel?, Vortrag 2. Münsteraner Bautage,
13.11.2014
Postel F. (2014c): BIM, eWorkBau, 3. Statusbericht, Vortrag Beiratssitzung HKW-Münster,
17.11.2014
www.eWorkBau.de
Dynamische BauDaten 77
BIM Server - Von der Vision zur Realität
Carl-Heinz Oberender
Head of Productmanagement WEB, Cloud & BIM, Nemetschek Allplan
GmbH, München
Kurzfassung: Der Einsatz von Building Information Modeling (BIM) bei
Bauprojekten nimmt ständig zu. BIM beschränkt sich nicht nur auf die
Erzeugung von 3D Modellen. Vielmehr steht BIM für die
fachbereichsübergreifende Verwaltung der Projektdaten für alle
Beteiligten. Mit anderen Worten, BIM ermöglicht das Speichern und
Vernetzen der Gebäudeinformationen, so dass alle Projektbeteiligten
darauf zugreifen können. Dies wiederum verbessert die Zusammenarbeit
aller Beteiligten und erlaubt es ihnen, ihre Arbeit in Hinblick auf das
gemeinsame Ziel besser zu koordinieren. Dadurch können kostspielige und
zeitaufwendige Fehler im Bauprozess vermieden werden. bim+ von
Nemetschek Allplan bietet uns alles was wir brauchen um diese
Herausforderungen zu meistern und eine offene Plattform zu schaffen, die
als zentraler BIM-Server in Bauprojekten eingesetzt werden kann.
1 Einführung
Der Einsatz von Building Information Modeling (BIM) bei Bauprojekten nimmt
ständig zu. BIM wird zwar nicht in allen Ländern im gleichen Maße eingesetzt, doch
generell steigt die Akzeptanz von BIM. In Europa, speziell in den skandinavischen
Ländern, Großbritannien und den Niederlanden, basieren bereits viele Projekte auf
BIM. Aber auch in den anderen europäischen Ländern ist BIM zunehmend in aller
Munde und erste Projekte wurden bereits mit BIM durchgeführt. BIM beschränkt
sich nicht nur auf die Erzeugung von 3D Modellen. Vielmehr steht BIM für die
78 Bauinformatik – Baupraxis 2014
fachbereichsübergreifende Verwaltung der Projektdaten für alle Beteiligten. Mit
anderen Worten, BIM ermöglicht das Speichern und Vernetzen der
Gebäudeinformationen, so dass alle Projektbeteiligte darauf zugreifen können.
Dies wiederum verbessert die Zusammenarbeit aller Beteiligten und erlaubt es
ihnen, ihre Arbeit in Hinblick auf das gemeinsame Ziel besser zu koordinieren.
Dadurch können kostspielige und zeitaufwendige Fehler im Bauprozess vermieden
werden.
Abbildung 1: Übersicht bim+
Genauso wenig geht es bei BIM um ein großes, alle Informationen in sich
vereinendes Modell, sondern um mehrere, miteinander verbundene Modelle, die
alle aus verschiedenen Fachbereichen stammen und intelligente Daten des
jeweiligen Bereichs enthalten. Eine große Herausforderung besteht darin, diese
unterschiedlichen, jedoch miteinander verbundenen Modelle mit den passenden
Rechten und Rollen zu verwalten, so dass alle Beteiligten darauf zugreifen können.
Eine weitere Herausforderung ist die leichte Bedienbarkeit und die Verfügbarkeit
von offenen Schnittstellen zu den unterschiedlichsten, im Bauwesen eingesetzten
Softwareprogrammen: kein geschlossenes BIM, sondern ein offenes BIM!
bim+ bietet uns alles, was wir brauchen um diese Herausforderungen zu meistern
und eine offene Plattform zu schaffen, die als zentraler BIM-Server in Bauprojekten
eingesetzt werden kann. Dabei werden alle Gebäudedaten und Modelle
gespeichert und vernetzt und entsprechende Apps zur Verfügung gestellt. Diese
Apps visualisieren, laden und kommentieren die für die jeweilige Aufgabe
benötigten Informationen. Im vorliegenden Dokument wird bim+ näher erklärt. In
einem laufenden Projekt nähern wir uns schrittweise unserem endgültigen Ziel,
welches hier erläutert wird. Nicht nur die technischen Aspekte, sondern auch das
Dynamische BauDaten 79
zugrunde liegende Geschäftsmodell, ebenfalls eine neue Herausforderung in
unserem Markt, wird beschrieben.
2 BIM+: Eine offene Plattform als Mittelpunkt der
Baubranche
bim+ ist eine offene Plattform und stellt einen Marktplatz für die Bauindustrie dar.
bim+ vernetzt Gebäudeinformationen, Modelle und alle am Bauprozess Beteiligten.
Mit Hilfe von bim+ können alle Gebäudeinformationen visualisiert und genutzt
werden. Dafür gibt es visuelle Apps, die leicht zu bedienen sind und auf
professionellen Arbeitsplatzrechnern sowie auf allen gängigen, mobilen Geräten
laufen. bim+ beruht auf der Philosophie, dass durch Vereinfachung und
Visualisierung bessere gemeinschaftliche Entscheidungen und ein schnellerer
Bauprozess erreicht werden können. bim+ steht als cloud-basierter “Pay-Per-Use”
Dienst zur Speicherung und Nutzung von Bauprojektdaten im OpenBIM Format zur
Verfügung. Im bim+ AppStore gibt es alle relevanten AEC Apps und Enterprise
Tools.
Bauprozesse haben sich in den letzten Jahren entscheidend verändert. Heutzutage
sind viele verschiedene Fachleute in den Bauprozess eingebunden, wie zum
Beispiel, Finanzplaner, Gebäudetechniker, Energieberater, Städtebauer,
Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten, Handwerker, Lieferanten usw. Selbst
fachfremde Personen, wie Grundstückseigentümer, sind am Bauprozess beteiligt
und haben bei Entscheidungen ein Mitspracherecht. Die unterschiedlichsten
Softwareprogramme und Tools spielen im Bauprozess eine wichtige Rolle.
All dies stellt neue Anforderungen an den Bauprozess. Es gilt, neue Infrastrukturen
für Dienste zur Verfügung zu stellen, die all diese Fachleute und alle anderen
Beteiligte vernetzen und somit eine effektive Zusammenarbeit ermöglichen. Die
entscheidenden Faktoren sind die einfache Bedienung und die Visualisierung aller
Informationen. Dies führt zu schnelleren und fehlerfreien Entscheidungen.
Anwender entscheiden am liebsten selbst, welche visuellen Apps und Geräte - vor
allem mobile Geräte - sie nutzen möchten, um sich in ihrer täglichen Arbeit am
Bauprozess zu beteiligen. Dies zu realisieren ist die wichtigste Aufgabe von bim+.
bim+ verkettet die jeweiligen BIM-Modelle für die Geometrie, alphanumerischen
Daten, Finanzierung, Energieplanung, Terminierung usw. zu einem einzigen
Gesamtmodell. Dieses Gesamtmodell steht den Anwendern zur Kontrolle des
Bauprojekts zur Verfügung. Darüber hinaus können sie es mit Hilfe von diversen
Apps aus dem bim+ AppStore bedienen, wie zum Beispiel dem 'Problem Spotter'
oder dem 'bim+ Explorer'.
80 Bauinformatik – Baupraxis 2014
Abbildung 2: Bestandteile von bim+
3 Was verbirgt sich hinter BIM+?
bim+ ist eine skalierbare Plattform, die aus zwei Haupteinheiten besteht: bim+
Server und bim+ AppStore. Innerhalb von bim+ werden alle relevanten
Projektinformationen, einschließlich aller BIM-Modelle des Gebäudes (für die
Architektur, Ingenierbaudaten, Finanzierung, Terminierung usw.) auf dem BIM-
Server bzw. in der BIM-Datenbank abgelegt. Die geometrischen Modelle können
über das intelligente IFC Format oder SketchUP Format hochgeladen werden. Es
werden auch einige systemeigene Schnittstellen unterstützt, wie zum Beispiel die
Schnittstelle zu Allplan.
bim+ Services ist eine offene und erweiterbare API zur Verknüpfung von externen
Apps, Content und Diensten. Anwender können die Gebäudeinformationen als
verknüpftes Gesamtmodell abrufen. Dieses Gesamtmodell ist vergleichbar mit
Google Earth. Diese Software liefert Informationen über Wetter, Verkehr und
Gelände, wobei diese Informationen die zugrunde liegenden Geodaten überlagern.
Da sich der bim+ Server in der Cloud befindet, kann jederzeit und von überall auf
die Gebäudedaten zugegriffen werden. Sämtliche Informationen und Prozesse des
bim+ Servers sind kompatibel mit dem OpenBIM Format. Durch die Vergabe und
Verwaltung von passenden Rechten und Rollen kann die Sicherheit der Daten
gewährt werden. Zudem kann sichergestellt werden, dass nur Berechtigte die
Informationen sehen oder bearbeiten können.
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4 BIM+ Appstore
Der bim+ AppStore liefert alle verfügbaren Apps und Enterprise Tools an einer
zentralen Stelle. Alle Beteiligten können darauf zugreifen, was ihre tägliche Arbeit
noch schneller und besser macht. Apps sind einfache Anwendungen, die die Arbeit
mit dem Gesamtmodell ermöglichen. Dabei erfüllt jede App genau eine Aufgabe.
Der bim+ AppStore beinhaltet Apps für gängige Plattformen wie iOS, Android und
Windows. Jedem Independent Software Vendor (ISV) steht es frei Apps im bim+
AppStore zu verkaufen. Dies erfolgt nach dem Prinzip des "Revenue Sharing" –
vergleichbar mit iOS Apps bei Apple. Dadurch wird eine breite Verfügbarkeit von
praktischen AEC Apps für bim+ Anwender sichergestellt. Zunächst bietet der bim+
AppStore die grundlegenden Apps – Viewer, Explorer, Problem Spotter usw.
Darüber hinaus gibt es ein SDK mit einigen Grundfunktionen, das die ISVs für die
Entwicklung ihrer Apps nutzen können. Unternehmen können eigene
Anwendungen erstellen oder vorhandene Anwendungen über die offene
Schnittstelle von bim+ anbinden. Diese Schnittstelle ist öffentlich zugänglich und
gut dokumentiert. Zusätzliche Beispiele erleichtern es den Unternehmen
Anwendungen mit bim+ zu verknüpfen. Dies ist eine wahre Innovation. bim+ ist
die erste wirklich offene Plattform, die eine Zusammenarbeit aller Apps,
Softwareanbieter und Unternehmen zugunsten des Bauprojekts ermöglicht.
5 BIM+ ist in der Cloud
bim+ ist ein cloudbasierter Dienst, der sich die neuesten Technologien des
Internets zu Nutze macht. Alle gespeicherten Bauprojekte befinden sich in der
Cloud. Daher können Anwender überall und jederzeit darauf zugreifen. bim+ ist ein
"Pay-Per-Use" gestalteter Abo-Service. Alternativ dazu kann bim+ auch für größere
Projekte und Unternehmen als "Private Cloud" installiert werden.
6 Die Zukunft des Bauprozesses
bim+ verändert alles. bim+ bietet eine hochmoderne Lösungsplattform, die alle
Anforderungen der Bauindustrie erfüllt, heute sowie in Zukunft.
Mit bim+ sind Anwender in der Lage ihr Bauprojekt schneller in einer wirklich
offenen Umgebung zu realisieren. Dazu stehen ihnen innovative, auf diversen
Geräten laufende Apps mit leicht zu bedienenden, visuellen und intuitiven
Benutzerschnittstellen zur Verfügung, die es ihnen ermöglichen bei ihrer
Zusammenarbeit mit allen am Bauprozess Beteiligten - einschließlich der
Eigentümer - schneller die besseren Entscheidungen zu treffen.
Anstatt mit einzelnen Gebäudemodellen für die Architektur, Ingenieurbaudaten,
Finanzierung usw. zu arbeiten, ermöglicht bim+ die Integration der
Gebäudemodelle in ein Gesamtmodell, das eine holistische Darstellung des
Gebäudes liefert.
82 Bauinformatik – Baupraxis 2014
7 Geschäftsmodell
Wie funktioniert das Prinzip "Pay-Per-Use"?
Für jedes Benutzerkonto gibt es ein Dashboard auf www.bimplus.net. Der
Verantwortliche eines Kontos kann ein Team bilden, indem er Einladungen
verschickt. Um einem Team beizutreten, müssen die eingeladenen Personen die
Einladung annehmen. Der Verantwortliche eines Kontos kann den Teammitgliedern
Rechte und Rollen zuweisen und ihnen den Zugriff auf ein bestimmtes Projekt und
Modell gewähren. Modelle verschiedener Fachbereiche können von berechtigten
Personen über das Portal hochgeladen werden. Der Import von Modellen basiert
auf dem IFC Standard und auf SketchUp. Dies ermöglicht eine team-,
unternehmens- und projektübergreifende Zusammenarbeit.
Dieses Geschäftsmodell ist einzigartig in unserem Markt. Man bezahlt nur für die
Nutzung der Plattform. Der Verantwortliche eines Kontos bezahlt für jedes
Teammitglied monatlich einen festen Betrag. Die Teamgröße kann jeden Monat
angepasst werden. Neue Mitglieder können in das Team aufgenommen werden.
Genauso können Mitglieder die nicht mehr an einem Projekt arbeiten aus dem
Team genommen werden. So kann die Teamgröße genau auf die Bedürfnisse
eines Projekts zugeschnitten werden. Es können beliebig viele Projekte
aufgenommen werden. Die grundlegenden Apps, die den Zugriff auf die
Hauptfunktionalität der Plattform ermöglichen, wie zum Beispiel der Viewer, sind
mit eingeschlossen. Für spezielle Apps kann eine Gebühr erhoben werden. Kunden
oder Dritte können die verfügbare API kostenlos verwenden. Mit dieser API können
eigene Anwendungen mit der bim+ Plattform verbunden werden. Genauso können
ISVs ihre entwickelten Apps über die API mit der bim+ Plattform verknüpfen.
Diese Apps können im bim+AppStore erworben werden. Basierend auf der bim+
Plattform kann ein ganzes Ökosystem mit den unterschiedlichsten Anwendungen
aufgebaut werden.
8 Ein typischer Ablauf eines Bauprojektes mit BIM+
Hier ein einfaches Beispiel zur Verdeutlichung wie das Ganze in der Praxis ablaufen
wird.
Ein Projektteam bestehend aus Mitarbeitern von verschiedenen Unternehmen
arbeitet zusammen an einem Projekt namens Noname. Da so viele Unternehmen
an diesem Projekt beteiligt sind, entscheiden sie sich für bim+, da sich so alle
Mitglieder über das Internet anmelden können. So wird das Projekt in bim+
aufgesetzt und die Mitglieder aus den verschiedenen Unternehmen werden dazu
eingeladen. Zuerst wird das in Allplan erstellte Architekturmodell vom Architekten
hochgeladen. Nun kann jedes Teammitglied das Modell betrachten, die
Abmessungen überprüfen und die Eigenschaften studieren. Dies kann mit unserer
Web- oder IOS-Anwendung geschehen. Da der Architekt natürlich seine Arbeit
noch nicht abgeschlossen hat, aktualisiert er sein Modell ständig. Das Team wird
über mögliche Änderungen automatisch informiert. Als nächstes fügt der Ingenieur
Dynamische BauDaten 83
das auf dem Architekturmodell basierende Statikmodell hinzu, nachdem er mit Hilfe
von Scia Engineer die statischen Berechnungen für die Bemessung durchgeführt
hat. Genauso erzeugt der MEP-Ingenieur mit Hilfe von DDS-CAD sein MEP-Modell,
welches er ebenfalls auf bim+ hochlädt. Nun sind alle erzeugten Modelle einzeln in
der bim+ Datenbank gespeichert.
Sowohl der Architekt wie auch der Statiker und der MEP-Ingenieur können das
Gesamtmodell visualisieren. Dabei können sie bestimmte problematische Stellen
(zum Beispiel Kollisionen) markieren und jeder dieser problematischen Stellen eine
verantwortliche Person, einen Stichtag usw. zuordnen. Das Team und alle anderen
Beteiligten werden automatisch darüber informiert. Die verantwortlichen Personen
können mit Hilfe von speziellen Apps diese Stellen visualisieren und dann die
nötigen Schritte in die Wege leiten.
Auch der Status des Modells und nötige Revisionen können so verfolgt und
visualisiert werden.
9 Fazit
bim+ ist ein völlig neuer Ansatz zur Abwicklung von auf BIM basierenden
Bauprojekten. bim+ ist unverzichtbar, wenn es darum geht, alle am Bauprozess
Beteiligten mit allen Information und BIM-Modellen zu vernetzen. bim+ ermöglicht
es jedem Anwender überall und jederzeit das Projekt zu betrachten und es mit Hilfe
von fachspezifischen oder mobilen Geräten in die tägliche Arbeit zu integrieren.
Dabei können die verwendeten Geräte dank einfach zu bedienenden, optisch
genauen Apps frei gewählt werden - das Ergebnis ist ein schnellerer und
effektiverer Bauprozess!
bim+ hilft allen Beteiligten die Kommunikation und Zusammenarbeit zu verbessern
sowie unnötige Kosten zu reduzieren.