badgefäße für ausgeschnitten überlebende organe

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XI. Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitgt Tartu-Dorpat. Badgefiifie fur ausgeschnittcn iiberlebende 0rgane. Von S. Loewe. (Mit 5 Abbildungen.) (Eingegangen am 14. II. 1927.) Die im Schrifttum beschriebenen Anordnungen zur Unterbringung tiberlebender S~iugerorganstreifen befriedigen anscheinend nicht tiberall. Erfahrungen in derartiger Apparatur und Ergebnisse der Bemiihung um ihre Verbesserung bekannt zu geben, ist darum vielleieht nicht unangebracht. Bei allen derartigen Versuchsanordnungen ist wesentlich: 1. das ~)Badgef~<(, welches das Organ, yon der BadlSsung umsptilt, umschliei3en soil, und 2.- ftir Warmbltiterorgane -- die Heiz- einriehtung, welehe der Aufrechterhaltung tun- lichst konstanter ,)K(irpertemperatur, im ganzen Badsystem zu dienen hat. In unserem Arbeitskreise bewahrt sich seit 9 Jahren als geeignete Konstruktionsgrundlage des Badgefi~$es das Prinzip des h-fSrmigen Schmelz- punktbestimmungsgefaBes, das im chemischen Laboratorium beliebt ist. Der Grundgedanke, der dort wie bier verfolgt wird, ist: Von einem Seitenschenkel s aus (vgl. Abb. 1), also mSglichst fernab yon dem im Schenkel a untergebraehten Objekt, auf das alle Einfltisse (Tempe- ratur, Erschtitterung, Wirkstoffzusi~tze usw.) tunlichst erst naeh vollem Ausgleieh mi~ der Gesamtbadfltissigkeit einwirken sollen, wird st~ndige FItissigkeitsbewegung in a bewirkt. Sie dient bei der chemischen wie bei der physiologischen Anfgabe dem wesentlichen Zwecke der Dureh- mischung des fltissigen Gef~Binhalts und erspart eine besondere Rtihr- einrichtung. "~ ~C o~176176 ," '%', .o ,--~ Abb. 1. Schema des b-Gef~es.

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XI.

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitgt Tartu-Dorpat.

Badgefiifie fur ausgeschnittcn iiberlebende 0rgane.

Von

S. L o e w e .

(Mit 5 Abbildungen.)

(Eingegangen am 14. II. 1927.)

Die im Schrifttum beschriebenen Anordnungen zur Unterbringung tiberlebender S~iugerorganstreifen befriedigen anscheinend nicht tiberall. Erfahrungen in derartiger Apparatur und Ergebnisse der Bemiihung um ihre Verbesserung bekannt zu geben, ist darum vielleieht nicht unangebracht.

Bei allen derartigen Versuchsanordnungen ist wesentlich:

1. das ~)Badgef~<(, welches das Organ, yon der BadlSsung umsptilt, umschliei3en soil, und

2 . - ftir Warmbltiterorgane - - die Heiz- einriehtung, welehe der Aufrechterhaltung tun- lichst konstanter ,)K(irpertemperatur, im ganzen Badsystem zu dienen hat.

In unserem Arbeitskreise bewahrt sich seit 9 Jahren als geeignete Konstruktionsgrundlage des Badgefi~$es das Prinzip des h-fSrmigen Schmelz- punktbestimmungsgefaBes, das im chemischen Laboratorium beliebt ist. Der Grundgedanke, der dort wie bier verfolgt wird, ist: Von einem Seitenschenkel s aus (vgl. Abb. 1), also mSglichst fernab yon dem im Schenkel a untergebraehten Objekt, auf das alle Einfltisse (Tempe- ratur, Erschtitterung, Wirkstoffzusi~tze usw.) tunlichst erst naeh vollem Ausgleieh mi~ der Gesamtbadfltissigkeit einwirken sollen, wird st~ndige FItissigkeitsbewegung in a bewirkt. Sie dient bei der chemischen wie bei der physiologischen Anfgabe dem wesentlichen Zwecke der Dureh- mischung des fltissigen Gef~Binhalts und erspart eine besondere Rtihr- einrichtung.

"~ ~C o~176176 ,"

'%', �9 .o ,--~

Abb. 1. Schema des b-Gef~es.

122 xI. S. Lo~wE.

Als Triebkraft der yon s aus betlitigten Fliissigkeitsbewegung kann verschiedenes dienen:

Die Sauerstoffzufuhr, die hie entbehrt werden kann, kann dieser 5Tebenaufgabe dienen, wenn sie yon einem tiefgelegenen Pankt in s, z. B. yon A aus, so erfolgt, dal~ die 02-Perlen zwangsliiufig in s auf- steigen und dessen Inhalt dutch das nicht allzu weite Verbindungs- rohr c nach a hiniiberdri~ngen, dabei aus a dutch das untere Verbin-

dungsrohr d Ersatz nachsaugend. Wird dem zwi- Yt schen c und d liegenden Rohranteil yon a eine pas-

sende L~nge erteilt, so wird dabei das in ibm untergebraehte Organstiick vor Erschtitterungen durch die aus c eintretenden Gasblasen weitgehend

a verschont. ~0ch mehr, wenn, wie wit dies seit Jahren erprobt haben, in c nahe a (bei B) ein Auslafl (/~ in Abb. 2) angebrachr ist, aus dem das Gas aus- tritt , w~hrend die Fliissigkeit nach a weiterwandert.

Das zweite Triebmittel der Durchrtihrung, das einzige, von welchem bei der Schmelzpunktbe-

'7~ stimmung im h-Rohr Gebraueh gemacht wird, ist die Erwarmung. hfan bringt daher beim Arbeiten unter Wi~rmezufuhr (Warmbltiterorgane), wenn an-

Abh. 2. Badgef~B in gfi.ngig, auch die Heizung in oder an s an. einem Sttiek. A - Zum sehne]len Ausweehse]n der gesamten Gaszuftihrung. R = Badfitissigkeit mu~ das Gef~l~ noch welter modifi- Gasauslai~. C=Fliis- ziert werden; es mu] am tiefsten Punkte, also sigkeitsauslal3. Q ---- Reinigungs(iffnung. etwa bei C, einen AuslaB haben, der als Heber-

rohr weitergefiihrt werden kann. Aus diesen Grunderfordernissen ergibt sieh die in Abb. 2 wieder-

gegebene Grundform des Badgeffi.l~es, welehe 19181) beschrieben wurde. Es ist erfreulich, dal~ ~genau das gleiche Gefii6 soebene), yon anderer Seite empfohlen wird, weniger erfreulich, da]3 dem 51eukon- strukteur die Mtere VerSffentliehung offensiehtlieh vollkommen ent- gangen war 3).

1) Zeitschr. f. d. ges. exp. Meal. 1918, Bd. 6, S. 291. 2) F. Richter , Dieses Archiv 1926, Bd. 119, S. 127. 3) Inzwischen haben auf meine Vorgiingerschaft t0. Pels-Leusden und

O. Riesser , Ebenda 1927, Bd. 120, S. 79, naehtr~glich hingewiesen; wenn sie der Richter schen Anordnung gr~l~ere ,>Zweckm~l~ig'keit<, zusprechen mSchten, so diirfte das bei der Wesensgleichheit mit meinem Gef~iB vielleicht doch nicht allgemein Zustimmung finden.

Badgef~iSe ftir ausgeschnitten tiberlebende Organe. 123

Dieses Grundmodell unserer alten und R i c h t e r s neuer Beschrei- bung ist noeh versehiedenen n~itzliehen Erggnzungen zuggnglieh, die sich uns im Laufe der Jahre beim Gebraueh ergeben haben, so dab sehon seit langer Zeit fast nur die neueren, hier kurz zu besehreibenden Modelle bei uns in Verwendung sind.

Reinigung und Bruchsicherung eines solchen zusammengesetzten Rohrsystems nach Abb. 2 (und R i e h t e r s Abbildung) sind schwierig. Beides ist erleichtert, wenn man das ~-GefgB der Abb. 2 durch einen Schnitt, der die Verbindungsschenkel c und d in die tt~ilften c, undc, , bzw. d, und d,, trennt, in zwei Teile M und N (Abb. 3) zer- legt und ferner s oben noeh durch eine (3ffnung Q zugii, ng- lich maeht. An den einander zugekehrten Enden yon c, und c, bzw. el, und d, werden M und N durehkurze Druck- sehlauchstiieke leieht und sicher verbunden. Die Off- hung Q wird, wenn nicht anders verwendet, durch einen Gummistopfen ver- schlossen, zweekmaBig senkt man durch ihn ein Thermo- meter oder unter Umst~nden auch den Thermoregulator in die Badfliissigkeit. Die Bruehge~ahr am Gaszufiih- rungsansatz A vermeiden wit, ahntich wie R i c h t e r ,

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U Abb. 3. Zerlegbares Badgef~B. I -~ Organ- bad M ia Seitenansicht. / / = Rtihrantrieb- schenkel N i n Seitenansicht. I I I .~ Schenkel

N in Vorderansicht.

indem wir(Abb. 3) eine Kantile durch eine Schlauchdiehtung einfiihren; die Kaniile ist zur Erzeugung feinster Gasperlen in eine 8pitze aus- gezogen.

Hi~ufig mtichte man die Ausmessungen der Gesamteinrichtung recht klein halten und die Verwendung eines volumin~isen, das BadgefiiB umgebenden Wasserbades vermeiden. Das ist m~glich, wenn man die Heizung ohne zwischengeschaltetes Wasserbad wie beim Sehmelz- punktrohr an s angreifen lgBt. Zum Zwecke soleher u n m i t t e l b a r e n Badgef~ tBbehe izung haben wir verschiedene )[odelle in stiindigem Gebrauch, und zwar sowohl ftir elektrische wie fiir Gasheizung.

124 XL S. LOEWE.

A. E l e k t r i s e h e Heizung.

1. Durch Q wird in s luftdicht Bin elektrischer W i d e r s t a n d s - he iz s t ab versenkt. Bei Benatzung eines Quarzreagenzglases als H~ille f~ir die Widerstandspirale [z. B. in dem yon Coehn fur ehemisehe Zweeke beschriebenenl), yon Loewe fiir physiologisehe Zweeke modi- fizierten 2) Quarzheizstabmodell] bew~hrt sieh diese Anordnung gut. Will man die Kosten oder die wenn auch geringe Bruehgefahr der Quarz- ht~lle vermeiden, so kann man

2. yon au~en u m s iiber einer diinnen Asbestschicht eine passend~ H e i z d r a h t w i c k l u n g zweckm~l~ig gew~ihlter Dimension anbringen und dutch einen Lack~iberzug isolieren, oder

3. in hhnlicher Anordnung um s ein kleines S c h n i e w i n d t s e h e s H e i z g i t t e r 3) befestigen.

B. Gasheizung.

Das Rohr s wird mit einer zerlegbaren Bleehkapsel K umgeben, deren beide tt~lften [ und h in l~ut nnd Falz gegeneinander bewegt werden; die Kapsel tr~igt eine seitlich abgebogene Heizplatte p (Abb. ~i

Abb. 4. Heizkapsel, zerlegt.

und 5). Wo die Metailteile die glgserne Rohrwand bertihren, wird Asbest zwischengelagert. Die ganze Kapsel wird mit Sand oder 3~[etallpulver

1) Ber. d. Dtsch. Chem. Ges. 1910, Bd. 43, S. 883, 2) Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 1918, Bd. a, S. 290. 3) Yon der Firma C. Schniewindt, Neuenrade i W.

Badgef':ii3e fiir ausgeschnitten iiberlebende 0rgane. 125

gefiillt; s kann an seiner gaazen Bertihrungsflgehe mit dem FtillmateriM noeh dureh eine Asbestsehieht (t) gesehtitzt werden. Die Kapsel ist oben dureh einen Asbeststopfen (t) gesehlossen.

Alle derartigen unmittelbaren Be- heizungsverfahren des b-Gefi~l~es haben ihre Vorteile, wenn

a) ideale Temperaturkonstanz entweder nicht erforderlich oder aber dureh geeignete Thermoregulatoren gewi~hrleistet ist; und wenn insbe- sondere

b) genaue Temperaturgleichheit zwisehen alter und neuer Badfltissig- keit beim Badwechsel entweder nieht unbedingt notwendig oder abet dureh bes0ndere NM~nahmen gewi~hr- leistet ist.

Will man die beiden unter a und b erw~hnten T e m p e r a t u r b e d i n -

Abb. 5. lteizkapsel K (vgl. Abb. ~), am Badgef~B montiert.

gungen ganz genau einhalten, so fiihrt freilieh die i n d i r e k t e Be- he izung vermittels eines nieht zu kleinen Thermos ta t enbades am einfaehsten zum ZM. Dann entfallt nattirlieh die Notwendigkeit, das Seitenrohr eines h-Gef~ges zur Heizung heranzuziehen; zur Bet~tigung eines Rtihrantriebs mittels der O~-Durehperlung von s aus wird aber aueh dann das b-GefN3 zweekmi~13ig beibehalten.

Far den Badweehse l eine Nahrfltissigkeit bereitzuhalten, die auf die gleiehe Temperatur wie der Badgef~l?inhalt vorgew~rmt ist, ist neben den oben erSrterten Punkten eine wesentliehe Aufgabe der Ge- samtanordnung. Ein grol~es Thermostatenbad ermSglieht, neben dem BadgefN3 eine grSlgere Flasehe I zur Entnahme und ferner noeh eine oder mehrere weitere Vorratsflaschen zum Naehftillen der Flasehe I unterzubringen und auf gleieher Temperatur zu halten.

MSgliehst sehonenden Badweehsel erreieht man in Anlehnung an eine z. B. yon K o e h m a n n 1) besehriebene Anordnung: Der Fltissig- keitsauslal] C des BadgefN3es fiihrt dureh ein T-Rohr einerseits in die Heberleitung zum Ablassen des BadgefN~inhaltes, andererseits aber in einen Triehter zur Aufnahme neuer Badfltissigkeit. Wir ]eiten diesen

I) Zeitsehr. f. physiol. Chem. 1921, Bd. 115, S. 309.

126 xI. S. LOEWE.

Rohrzweig start dessen in die vorgew~irmte VorratslSsung in Flasche i. Dutch geeignete Hahnschaltung kann man dann zuerst das Badgef~l~ entleeren und alsdann sogleich neue Badfliissigkeit nach~tillen. Dabei kann alan als Triebkraft des Nachftillens elltweder Heberdruck bei genilgender Niveaudifferenz oder aber Sauerstoffdruck in der Vorrats- flasche 1 verwenden, die ]a gleichfalls dutch dauernde Durchperlung mit 02 ges~ttigt werden mul3. Dureh geeignete Schaltung kann man auch Ablassen und 5Tachfti]len fiir besondere Zweeke zeit]ich so an- ordnen, daI~ alas Organ hie ohne Fltissigkeitsumspiilung bleibt.

5Toch eine besondere Verwendung des b-Gef~l~es sei erw~hnt: Wir benutzen zuweilen ein zerlegbares )~[odell, in welchem der Teil N der Abb. 3 mit je zwei in spitzem Winkel zueinander angebrachten Seiten- rohren c, and d~ ausgestattet ist. Er kann dann gleichzeitig mit zwei M-Hiilften dutch Druckschlauch verbunden werden und man kann so zwei Organs t i i eke in der g l e i chen B a d f l i i s s i g k e i t un~er- suehen, ohne deren Volumen wesemlich vergrSl3ern zu miissen (z. B. vaginalen und tubaren Uterusstreifen, L~ings- und Ringstreifen, Vor- hofs- und Kammerstreifen und dergleichen). Gerade bier bewiihren sieh die zwei Schlauehverbilldungen zwisehen M und N; bringt man an ihnen Klemmschrauben an und stellt die 02-Zufuhr in A und die beiden Schlauchquerschnitte passend aufeinander ein, so ~ird die Badfliissig- keit gleiehm~6ig au~ die beiden Organstreifen hingelenkt; man iiber- zeugt sich hiervon zweckm~iBig vorher, indem man in eines der M-Gef~i6e Farbstoff einbringt und beobaehtet, wie schnell er nach dem anderen M-Gef~6 hiniibergetrieben wird.

Im vorstehenden sind maneherlei wertvolle Winke und Beschrei- bungen aus verschiedenen Arbeitsstiitten unerw~ihnt geblieben, so z. B. ~I. G u g g e n h e i m s Anordnung liir Lampenheizungl), die Utreehter Anordnung ftir Reihenversuehe mit Badgef~i6seriene), bei weleher das Ausweehseln der Badfltissigkeit dutch Hoehheben des Organes und Wiedereintauchen in ein inzwischen untergeschobenes neues Badgef~itt er~olgt. Der Wert a]ler dieser Technizismen soll damit nieht verkleinert werden. Sie sind auch mit den hier beschriebenen Anordnungen kombi- nierbar. Allen abet fehlt meines Wissens die S i e h e r u n g g le ichmi iBiger D u r e h m i s e h u n g der B a d f l i l s s i g k e i t , wie sic das >>Prinzip des b-Gef~l~es <, verbiirgt.

1/ Biochem. Zeitschr. 1914, Bd. 65, S. 189. 2) Beschrieben u. a. yon W. S t o r m v a n L e e u w e n in A b d e r h a l d e a ,

Handb. d. biolog. Arbeitsmethoden 1923, Abt. IV, lift. 5, S. 993.