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Autismus Hamburg Dr Peter Schmidt
Leben mit dem Asperger-Syndrom 30. März 2012
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Leben mit dem Asperger-SyndromAutismus verstehen
Erfahrungen aus Schule, Studium und Beruf
vonDr. Peter Schmidt
Autismus Hamburg anlässlich des Welt-Autismus-Tages
30. März 2012
Autismus Hamburg Dr Peter Schmidt
Leben mit dem Asperger-Syndrom 30. März 2012
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Autisten sind wie Inselnwenn Gesellschaften die zusammenhängenden Kontinente darstellen
Inseln haben verschiedene Ausprägungen ,
es gibt flache Koralleninseln und gebirgige Vulkaninseln, warme und kalte, große und kleine,feuchte und trockene, bizarr geformte,festlandnahe und festlandferne u. v. a.
Ihre einzige Gemeinsamkeit ist ihre Eigenschaft als INSEL.
Eine INSEL ist ein Stück Land, das vollständig von Wasser umgeben ist.
Indem ich Ihnen hier heute meine Insel beschreibe, wird Ihnen diese Veranstaltung die Eigenschafteneiner INSEL bzw. Autismus näher bringen.
Diese Veranstaltung soll helfen, Autismus zu verstehen, um damit besser umzugehen. Sie gibt Tipps, wie Autisten und ihr Umfeld besser miteinander klarkommen können, sie liefert aber KEINE Anleitung, wie man aus einem Autisten einen normalen Menschen macht!
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Autismus verstehen: Erfahrungen aus Schule, Studium und Beruf
Inhalt
• Autobiografische Geschichten aus der Schule
• Schule Studium Beruf
• Reflexion der Erlebnisse• Fazit & Nimm-Mits
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Autismus verstehen: Erfahrungen aus Schule, Studium und Beruf
Die Mauer
Ich spüre immer wieder so eine Art Mauer, die Mauer der Unzugänglichkeit zu allem, was mit zwischenmenschlichen Gefühlen zusammenhängt, heute nenne ich das „die autistische Mauer“.
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Autismus verstehen: Erfahrungen aus Schule, Studium und Beruf
Einführung in eine andere Perspektive
• Einerseits lasse ich mich oft kaum in ein vorhandenes Schema pressen• Andererseits wollte ich immer auch dazugehören, also Teil eines Ganzen
sein
� Schwimmen lernt man nicht an Land!� Integration wo immer möglich
Sonderbehandlung wann immer nötig
Geschichten aus dem (Er-)Lebenim Kindergarten:
• Wahrnehmung und Empfindungen– wie eine angebissene Geburtstagstorte
• merkwürdige Beobachtungen– das mimische Geheimnis beim wandernden Taler
• im Land der blauen Freunde– heißt die Roten in Blauland willkommen!
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Autobiografische Geschichten aus der Schulzeit
„Autochen“–Ritual / die Blockade durch Ritualentzug
• Autistenfreundliche Schulen– haben Platz für nicht störende Rituale– akzeptieren „merkwürdige
Angewohnheiten“– „scheren nicht alles über einen Kamm“– sanktionieren nicht „mit der Gießkanne“– sind sensibel und nicht willkürlich – sagen bei gelegentlichen Schwierigkeiten
nicht Killerphrasen wie „… dann gehört dieses Kind eben nicht auf diese Schule!“
– betrachten auch den Einzelfall– betrachten den Zweck einer Regelung– bestehen nicht auf Regeln, die im
gegebenen Kontext kontraproduktiv sind– sehen in einer Normabweichung nicht
gleich die Störung, sondern einfach das Besondere
Dr. Peter Schmidt
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Autobiografische Geschichten aus der Schulzeit
Das erstarrte Fein
Dr. Peter Schmidt
• Autistenfreundliche Schulen– kommunizieren klar
• Sprechen nicht „durch die Blume“
– checken, ob eine Botschaft wirklich richtig verstanden wurde
• Vor allem bei Redewendungen
– sind daher vorsichtig mit indirekten Aussagen und Redewendungen
– beobachten die Schüler auch in den Pausen genau
– verquicken nicht Dinge, die nichtsmiteinander zu tun haben
– lassen Schüler mit ihren StärkenSelbstvertrauen gewinnen
– unterstützen Schüler bei ihrenSchwächen
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Autobiografische Geschichten aus der Schulzeit
Fragwürdige Bewertungen
Dr. Peter Schmidt
• Autistenfreundliche Schulen– geben gegebenenfalls unklare
Aufgabenstellungen zu
– überprüfen das Erreichen des Lernziels nicht nach Schema F
– verbessern, aber sind offen für Missverständnisse und Notenkorrekturen
– räumen Vertrauen schaffendeFehlbeurteilungen ein
– bewerten Fehler angemessen• „Wenn überhaupt, dann war
das nur EIN Fehler“
� bei offenkundigen Fehlern gilt: wenn der Lehrer seinen Fehler nicht zugibt, kann ich ihn nicht mehr für voll nehmen, er hat seine Autorität verspielt
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Autobiografische Geschichten aus der Schulzeit
Kunsterziehung
Bilder haben eine Aussage über Motorik und Wahrnehmung
Menschen ohne GesichterFliesen, Gehwegplatten, Mauerwerk
Einkapselung, fremder Planet
Unsaubere Pinselführung
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Schule mit Autismus
Unterricht - Kulissen
• Stereotypien, Rituale oder sonstige merkwürdige „Angewohnheiten“können ausgelebt werden, solange sie den Schulbetrieb nicht stören– denn diese geben Autisten Halt, sind Glücksquelle uvm.
• Überziehen nach dem Klingelzeichen unbedingt vermeiden– das verursacht großen Stress
• vor allem vor Schulschluss, wenn droht, dass der Bus abfährt • bei kleinen Pausen, wenn in denen der Raum gewechselt werden muss,
man aber auch auf Toilette muss und dann der nächste Lehrer warten muss– Hausaufgaben, die gar nach dem Klingelzeichen aufgegeben werden,
gelten für Autisten dann vielleicht sogar als nicht fristgerecht gestellt(weil man ja schon weg war)
• Ruhe und Reizarmut während des Unterrichts– Geräusche wie Getuschel & Geraschel vermeiden
• Struktur der Unterrichtsstunde sollte erkennbar sein• Möglichst gleiche und nachbararme Sitzordnungen
– Am besten U-Form, Reihenform auch OK, „Team-Tische“ sind problematisch (wenn, dann Randsitz mit dem Rücken zur Wand)
– Rotationen bei Sitzplätzen vermeiden (wenn, dann klar strukturiert)
Dr. Peter Schmidt
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Schule mit Autismus
Beispiel Sitzordnungen
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Schule mit Autismus
Unterricht ist Erholung - die Pause ist Stress
DER UNTERRICHT IST• (sollte) strukturiert (sein)• vergleichsweise ruhig
DIE PAUSE IST• oft chaotisch und laut• anstrengend (Ort und Zeit des scheinbar sinnlosen Smalltalks)• die größte Angriffsfläche für Mobbing und Bullying
• Ich suchte und fand mein Bibliotheksasyl
– leichtes Lernen ohne lästigen Lärm, Lesen, Literaturstudium
• Autistenfreundliche Schulen haben– Rückzugsmöglichkeiten– Anti-Mobbing-Strategien (z. B. durch sensible Lehrkräfte, die Autorität
nicht kraft Amtes sondern durch Kompetenz leben)
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Schule mit Autismus
Unterricht - Inhalte
• Mathematik und andere logische Fächer (Naturwissenschaften, Informatik)– Lösungswege zeigen, aber keine Lösungswege vorschreiben
• Deutsch und andere sprachliche / künstlerische Fächer– Hier machen sich Wahrnehmungsunterschiede am meisten bemerkbar
• Sie dürfen nicht zu einer Abwertung führen– Deutschunterricht auf Englisch und Französisch ist eine besondere
Härte, weil EINE „Schwäche“ dreifache Wirkung im Zeugnis hat• Keine Inhalte bei Interpretationen bewerten, wenn die Argumentation in sich
schlüssig ist, ist die Aufgabe erfüllt
• Alltags- und Lebenskunde– dieses Fach müsste es geben, denn– es hätte mir und anderen sehr geholfen, vieles viel früher zu verstehen
• Sport– Autisten sollten schon teilnehmen (ggf. „außer Konkurrenz“ / ohne
Bewertung)– Unterstützung bei der Rollenfindung / Integration im Mannschaftssport
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• Sport fördert wie kein anderes Schulfachein Wir-Gefühl und die Gesundheit
– deshalb ist dieses Fach einfühlsam gelehrtvielleicht besonders wichtig
• Autistenfreundliche Schulen– Ermitteln und fördern die Stärken– Benoten keine motorischen Ungeschicklichkeiten– Schauen, dass Sport für alle Spaß macht– Berücksichtigen einen anderen Zugang– Binden Spezialinteressen ein
• Hier Flaggen anderer Länder• Ergebnisstatistik
– Finden eine nützende Rolle im Team, die die Akzeptanz in der Gruppe fördert
• z. B. wirkungsvoll in der Abwehr als effektiver „Vollpfosten“, der dem Gegner im Weg steht oder einfach den Ball abnimmt
• z. B. als zusätzlichen Mann in einer „schwachen“ Mannschaft einsetzen
Schule mit Autismus
der effektiv nützende „Vollpfosten“ im Sport
Dr. Peter Schmidt
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Autobiografische Geschichten aus der Schulzeit
Baumschupser„Du musst dich mehr durchbeißen“
• Autistenfreundliche Schulen
– Wissen, dass so etwas wörtlich genommen werden kann– Verhängen keine Strafen für Taten, die nicht angriffsbösartig
waren, also entweder auf Missverständnissen oder aufeigenem Gerechtigkeitsempfinden beruhen,
• Sondern klären auf und werben für gegenseitiges Verstehen
– Fragen nach dem WARUM, • um die Wahrnehmung des Autisten zu verstehen!
– Erklären das WARUM, • wenn ein Verhalten vom Autisten nicht hinnehmbar ist!
Dr. Peter Schmidt
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Schule mit Autismus
Mobbing & Bullying
• Mobbing (Gruppe ärgert gegen Einzelnen) oder Bullying (Einzelner ärgert den oder die anderen) sind immer provokative Störungen mit dem Ziel, andersartige Menschen sozial zu isolieren, indem diese
– ständig bzw. wiederholt und regelmäßig schikaniert / körperlich und seelisch gequält werden
– geärgert, gehänselt oder auch angegriffen werden
• Wenn dazu Hilfe von außen nicht kommt, besteht die Lösung entweder aus – verzweifelter teilweise abnormer, unberechenbarer Gegengewalt
(Vulkanausbruch) oder• totalem Rückzug mit der Folge der Unnahbarkeit (ich selber kenne beides)
• Das autistische Kind sucht eine Lösung, um ENDLICH nachhaltig Ruhe zu kriegen!
– Reaktionen auf Provokationen dürfen daher nicht ohne weiteres sanktioniert werden
– Denn ansonsten können die Täter ihr Ziel methodisch erreichen, indem sie solange mobben, bis das Opfer als Täter hingestellt wird und für ewig das Vertrauen in die Menschen verliert
• Ein klassenüblicher Spaß kann vom Autisten als Angriff gewertet werden, – weil Autisten große Schwierigkeiten haben, Späße und Ironie zu erkennen
Dr. Peter Schmidt
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Autobiografische Geschichten aus der Schulzeit
Dann spring doch…
Dr. Peter Schmidt
• Autistenfreundliche Schulen– führen konstruktive Aufsicht
– erkennen und bekämpfen Mobbing und Bullying
– verfügen über Know-How von Anti-Mobbing-Strategien
– machen das Opfer nicht zum Täter, nur weil es sich auf ungewöhnliche und/oder drastische Weise gewehrt hat
– hören genau und sensibel zu, was passiert ist
– verhängen keine Gruppenstrafen nach dem Motto „mitgefangen-mitgehangen“
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Schule mit Autismus
Konfliktlös(ch)ung …
Dr. Peter Schmidt
Ein Konflikt mit einem Autisten ist wie brennendes Fett in der Pfanne– der ist nicht mit der Standardmethode „Wasser“ lös(ch)bar
• Autisten akzeptieren keine Autorität per se, deshalb• Muss der Sinn von Regeln immer transparent sein• � Motivation; Überwachung unnötig• � sie dürfen niemals willkürlich wirken• Führung durch Angst (Drohung mit Bestrafung usw. ) hilft nicht weiter
Autistenfreundliche Schulen• können stets plausible Gründe für einzuhaltende Regelungen nennen
– bestehen nicht auf Einhalten von Regeln nur der Regeln wegen• sind sich bewusst, dass Sanktionen in eine verhängnisvolle Teufelsspirale führen
können• erkennen daher die Bedürfnisse aller Beteiligten, besonders die oft ungewöhnlichen
Bedürfnisse des Autisten• streben so eine nachhaltige Lös(ch)ung eines Konfliktes an, was erfordert, dass auch
die Sicht des Autisten verstanden und angenommen wird– weil der Autist grundsätzlich in anderen Normen lebt– oft ein anderes, „logisches“ Gerechtigkeitsempfinden hat
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Autobiografische Geschichten aus der Schulzeit
Gesetze für den Take-Off ins Leben
• LOSA Law of School Activities
Aus dem
• JAPEL Japetusian Basic Law of Life
§§§-Beispiele:
- Häng dich nicht immer an unwichtigen Details auf
- Das Leben ist ein Abenteuer
- Nimm es wie es kommt
- Glaub an deine Fähigkeiten- Fokussiere das Wichtigste
- Du bist ein Teil der Gesellschaft
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Autismus verstehen: Erfahrungen aus Schule, Studium und Beruf
Fazit Schule
Autistenfreundliche Schulen haben • vor allem verständnisvolle Menschen, darunter Lehrer/innen, die
• offen für normabweichende Sichtweisen sind• Autorität nicht kraft Amtes, sondern durch Kompetenz leben• bereit sind, sich auf neue Wege einzulassen• aktives Zuhören beherrschen (wollen)• Empathie für Autisten entwickeln wollen und spezielle Bedürfnisse verstehen
und dann auch erfüllen können• nicht auf (theoretischen) Prinzipien und Formalien „herumreiten“, sondern • sich (praktisch) auch mal über bestehende Normen hinwegsetzen können• ggf. auch eigene Fehler eingestehen können, ohne dabei „ihr Gesicht zu
verlieren“ (sei es bei der Benotung, sei es bei Sanktionen, …)• nicht „alles über einen Kamm scheren“• Mobbing und Bullying aktiv durch konstruktive Aufsicht verhindern
• entsprechende Mitschüler/innen und sonstige Mitarbeiter/innen, die– über die Besonderheiten von Autismus aufgeklärt worden sind
• eine gelebte Schulkultur der Vielfalt mit Rückzugsmöglichkeiten– zur Integration von Individualität– mit Platz für Rituale und Raum für Ruhe
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Kommunikative Pause
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Studium mit Autismus
ein Studium hat was von Schule und Arbeit
• Ich wollte so schnell wie möglich durch diesen Lebensabschnitt, der sich wie ein Transit von der Schule in den Beruf / in das Arbeitsleben, darstellte, um endlich– Raus aus den vollen Hörsälen zu kommen– Rein in ein Einzelbüro als Forscher zu kommen– Weg von der Fremdbestimmung zu kommen– Hin zur Selbstbestimmung meines Tagesablaufs zu kommen
STUDIUM
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Studium und Arbeit mit Autismus
Stressfaktor Mensa, später Kantine
• Probleme dort:– (Sc)hallend lauter Raum– Immer Schlange stehen
weil alle zur gleichen Zeit Mittag machen– Sozialer Druck– Stetiger Platzwechsel– Fremdbestimmung des Essensprozesses
�schweißgebadet in der „Mensa“• Einerseits: der soziale Ort für Kontakte
– Die Kantine ist so KEIN Ort der Pause!!!!• Andererseits: nur alleine Essen ist Genuss
– Nach Möglichkeit gehe ich grundsätzlich kurz vor Schluss alleine Essen und erlebe die Kantine dann tatsächlich auch als Pause, weil so keines der Probleme mehr da ist
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• „Erst-Gesichter“ der Menschen können z. B. Hosen von hinten sein– Da gehe ich dem Blickkontakt aus dem Weg und habe klare– Strukturen wie Nähte, Farbe, Faltenfall … zur Wiedererkennung
• Dieser Anblick stellt fünf verschiedene Leute dar– Auch wenn da de facto immer derselbe Leut drinsteckt
Studium und Arbeit mit Autismus
Wie der Neue sich zunächst die neuen Kollegen einprägt
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Studium und Arbeit mit Autismus
Erstes Feedback
• Professor: „Wir wissen nicht so genau, ob Sie nun die Kapazität oder der Widerstand im System sind!“
• „Das hängt von der Frequenz ab, Herr Professor!“
• Es sind die Rahmenbedingungen, die darüber entscheiden, wie ich als Autist wahrgenommen werde.
• Professor: „Heute sind Sie wieder einmal aufgetreten wie ein Elefant im Porzellanladen!“
• „Hä ???“, fragte ich. Auf die Erklärung des Professors hin antwortete ich nach einigem Nachdenken schließlich, um ihm mit seiner Sprache meine Gefühle zu verdeutlichen:
• „Dann treten die Menschen in MEINEM Porzellanladen immer wieder gleich wie eine ganze Elefantenherde auf!“
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Studium und Arbeit mit Autismus
Stress durch Reizüberflutung• obwohl ich immer alle Scheine geschafft habe
– Tachycardie, Hörsaalstress, Studienabbruchgedanken
• Gelassenheit = Gleichgültigkeit – Aufforderungen zu mehr Gelassenheit
kommen als Gleichgültigkeit an
• Handy-Erziehung– Das Ding ist toll, um jederzeit als Projektleiter oder System-
Manager von überall her nach überall hin zu telefonieren– Das Ding ist eine Fehlerfindung dahingehend, wenn erwartet
wird, dass man nun überall jederzeit erreichbar sein soll
• Andauernde Unterbrechungen / Störungen im Arbeitsfluss behindern nachhaltig die Effektivität und das Arbeitsklima
• unterstelltes Desinteresse an einer Stelle wegen Nichtgrüßens in der Kantine nach internem Vorstellungsgespräch verhinderte Anstellung / Karrierefortschritt
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• Feedbacks und WahrnehmungCoach: „Ich sei der ideale …, weil …, wenn da nicht …“
• Lehrer– ich fände ungewöhnlich fruchtbare didaktische Wege, um Schüler für den
Stoff zu fesseln (habe Hauptschüler erfolgreich zum Abitur gebracht)– das Problem wäre, dass ich mich nicht an Richtlinien halten könne, mir
keine Gesichter merken könne, usw.
• Manager– ich fände aus scheinbar aussichtslosen Situationen (Wolfsrudel im strengen
Winter kurz vor dem Verhungern) heraus, hätte immer eine Lösung– das Problem wäre, dass ich die Emotionen der Teammitglieder und eigenen
Mitarbeiter nicht beachte / erkenne
• Verkäufer– ich könne einem Eskimo einen Kühlschrank verkaufen– das Problem der Smalltalk-Kundenpflege und Akquise wäre
Studium und Arbeit mit Autismus
die Wirkung bipolarer Stärke-Schwächen-Profile
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• Warum darf ich keine Mathematik studieren, wenn ich keine Deutschaufsätze schreiben kann und damit kein Abitur schaffen würde (ich konnte zum Glück Deutsch / Sprachen abwählen)
• Solange Sie dieses hier nicht können, ist es leider nicht möglich, dass Sie jenes machen können
• � Singen geht auch ohne Notenkenntnisse
• „Wenn Sie nicht treffen, kann ich Sie nicht zum General befördern.“• Der General in spe scheitert auf dem Schießstand
• Unerfüllbare Forderungen aufgrund vorhandener Schwächen, die das Glänzen mit den eigenen Stärken verhindern, führen zuKarrierebruch / Frustration / „Egal-Haltung“
Studium und Arbeit mit Autismus
Unlogische Stolpersteine
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Studium und Arbeit mit Autismus
das Zumutbarkeitsproblem - „Stell‘ dich nicht so an!“
Ein großes Problem bei der Akzeptanz und Gewährung von Ausnahmen von der Regel stellt die Schwierigkeit dar,
zwischen einem NICHT KÖNNEN (eines Autisten) und demNICHT WOLLEN (eines Unmotivierten) zu unterscheiden.
Scheinbar einfache Alltagsarbeiten können auch einen hochintelligenten Autisten verhindern!
Die Zumutbarkeit von Aufgaben und sonstigen Verhaltensweisen hängt vom„Ist es nur unschön?“ oder „Tut es wirklich richtig weh?“ ab.
• Menschen neigen dazu, von sich auf andere zu schließen, das hat zur Folge, dass es wenig Akzeptanz für andersartige Empfindungen gibt.
• Keiner soll wirklich leiden, doch ob jemand leidet, ist eine subjektive Entscheidung.
Das richtig zu beurteilen, ist eine Herausforderung � genaues Beobachten erforderlich!
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• Im / nach dem Studium / in der Wissenschaft – gab es nur befristete Verträge und damit keinerlei nachhaltiges Interesse des
Arbeitgebers, mich als Mensch zu entwickeln!• Eintritt in eine musikalische Studentenverbindung
– Zipfelmotto: ALLES FEST IM GRIFF ?!
• Erst als ich meine erste unbefristete Stelle erhielt, bekam ich meine Chance!
• Softskill-Seminare lieferten Feedbacks, die ich für Feedforwards nutzte…
Entscheidend weitergebracht haben mich solche Trainings als „Therapien“
– Führung und Zusammenarbeit– Eigenbild – Fremdbild („kein Anschluss unter dieser Nummer!“)– Gute Kommunikation ist kein Zufall – Konfliktmanagement („brennendes Fett niemals mit Wasser löschen“)– Rhetorik („Nasenwurzelblickkontakt“)– Erfolgreich im Team / Projektmanagement – Strategien zu mehr Gelassenheit u. v. m.
Studium und Arbeit mit Autismus
Soft-Skill-Seminare
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Studium und Arbeit mit Autismus
Wie ich arbeiten kann und muss
• Grundsätzlich bin ich sehr zuverlässig , aber:
• Kreativität kommt nicht auf Knopfdruck!– Es gibt Tage, da kann ich nicht liefern,
und dann gibt es Tage, da „hat mich die Muse geküsst“, da liefere ich ausgezeichnet
• Ich bin nicht in der Lage, länger am Stück zu arbeiten, ohne Ablenkung / kreative Pausen zu erhalten
– Das Studium schaffte ich nur, weil ich in der vorlesungsfreien Zeit Studium und Arbeit vergessen hatte
• ungewöhnliche Probleme erfordern ungewöhnliche Lösungen, – die von existierenden Standards und Vorschriften oft
leider nicht ausreichend berücksichtigt werden
• So gehörte es für mich vor allem früher zum konfliktträchtigen Alltag, immer wieder Dienstwege zu verlassen und „Kompetenzen zu überschreiten“
– Einerseits weil mir die Sensibilität fehlt(e), diese Dinge richtig zu erkennen (Autismus)– Andererseits Intelligenz nicht durch Vorgaben eingeengt werden will / kann (Hochbegabung)
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• Typische heutzutage aus meiner Sicht leider allgegenwärtige Merkmale / Anforderungen einer Stellenausschreibung, z. B.– hohe Einsatzbereitschaft – Flexibilität – Belastbarkeit auch in Stresssituationen – sehr gute kommunikative Fähigkeiten– Teamgeist u. v. a.
• Smalltalk & „nettes“ Networking• auf Emotionen und Gefühlslagen
anderer (erwartungsgemäß) reagieren
• „Spielchen“ und „Diplomatie“
Ich kann das alles zwar rational liefern, aber wenn, dann nur temporär, zudem geht es dann extrem Energie zehrend auf Kosten meiner Stärken, weil es nicht intuitiv kommt
Arbeit mit Autismus
womit Autisten grundsätzlich Schwierigkeiten haben
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Arbeit mit Autismus
wofür Autisten grundsätzlich nicht geeignet sind
• Am liebsten beschäftigen sich Autisten mit sich selbst, mit Dingen, die sie aus eigenem Antrieb heraus faszinieren
– Wenn das dann einem Arbeitgeber nutzt, dann ist das der Schlüssel für die Lösung aller Probleme!
• Autisten wie ich sind NICHT geeignet für z. B. folgende Arbeiten– am Fließband (da wird alles fremdbestimmt)– im Großraumbüro (da herrscht die totale Reizüberflutung)– mit ausschließlich fremdbestimmten, aggressiven Deadlines– mit viel persönlicher, diplomatischer Kommunikation
emotionsgetriebene Spielregeln des Berufsalltags sind problematisch
Man sagte mir mal, ich sei eigentlich für so wörtlich „fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt“ nicht geeignet.
– Fremdbestimmt ist schwierig für jemanden wie mich, der alles unter eigener Kontrolle haben muss– Persönliche Abhängigkeit wird bei mir problematisch beim Thema Emotionen und soziale
Kommunikation– Entgelt hätte ich am liebsten für das bekommen, was ich aus meinem Innersten angeboten habe
was aber nicht das ist was Arbeitgeber meist wollen
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Sequentielles Abarbeiten erforderlich, Blockaden treten z. B. auf bei:
• Problem „e-Mail-Verstopfung“ / Aufgabenstau
• Problem „Challenge of Weaknesses“• Bewusstes Erhalten von Aufgaben, deren Lösung Fähigkeiten erfordern, die so weit anders /
unterentwickelt sind, dass ein zeitnahes Erfolgserlebnis ausbleibt; das demotiviert nicht nur, sondern erodiert auch noch einstige Stärken!
Ein scheinbar banales Beispiel , wo das ganz deutlich wird:
wenn es z. B. keine triftigen Gründe dagegen gibt:Solange beantragter Urlaub nicht offiziell genehmigt ist, kann ich nicht weiterarbeiten
� „Stell dich nicht so an!“
die Befindlichkeiten von Autisten hängen oft an scheinbar unwichtigen Details
• Das alles dürfen KEINE Gründe sein, jemanden davon auszuschließen,auch mit hochqualifizierten / gutdotierten Aufgaben betraut zu werden
Arbeit mit Autismus
Sequentielle Vorgehensweisen
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Arbeit mit Autismus
was z. B. ich dagegen erfolgreich liefern kann
• aus einer Fülle von Details übergeordnete Zusammenhänge ableiten,
• Perspektiven nutzen, die andere nie sehen– „Die Welt mit anderen Augen sehen“
• Alternativen jenseits des Mainstream-Denkens
– Auswege aus Sackgassen finden
• Faktenbasiertes, analytisches Denken und Vorgehen
– Gilt auch für Strategien und Weitsicht
• verblüffende, ungewöhnliche, weiterführende Ideen
– die leider oft nicht sein dürfen…
• einfache und kostensparende Lösungen
Arbeit auf dem Forschungsschiff
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Arbeit mit Autismus
Autistenfreundlicher Arbeitsplatz was mir hilft und ich brauche, um zu liefern
• Einerseits klare Anweisungen und feste Strukturen (Ziele vorgeben)• Andererseits Freiheiten in der Umsetzung (Wege aufzeigen, aber
niemals vorschreiben)
• entweder freie Zeiteinteilung am Arbeitsplatz oder immergleiche fest vorgegebene Zeiten, – damit ich planen kann, – alles unter Kontrolle habe und – frei für das Erledigen der eigentlichen Aufgaben bin
• Bei anstehenden Veränderungen dem Autisten rechtzeitig die Chance geben, dass er sich darauf angemessen einstellen kann, in dem – er entweder frühzeitig informiert wird oder möglichst in die Gestaltung der
Veränderung aktiv einbezogen wird
• Mitarbeiterdatei (eine Art „Who is Who“) mit Bildern– um Gesichter und Wiedererkennung zu trainieren
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Arbeit mit Autismus
Autistenfreundlicher Arbeitsplatz was Chefs und Kollegen auf jeden Fall wissen sollten
• Erwartungshaltung transparent machen– genau sagen was man will
• klar abgegrenzte Aufgabenstellungen• bei „Fuzzy Tasks“ mit ungewöhnlichen Lösungen rechnen,
die dann im Nachgang nicht kritisiert werden dürfen.
• Kontakte zu anderen auf das Notwendigste beschränken
• Ruhe, Reizarmut und Rückzugsmöglichkeiten– in einem Großraumbüro / in einer Halle wäre ich nicht arbeitsfähig
• Keine sonstigen abrupten oder dauerhaften Lärmquellen
• Kein ständiges Telefonklingeln, das mich aus dem „Fluss“ reißt• E-Mail benutzen, wenn es sich um Infos/Arbeitsaufträge handelt
• Aufgaben müssen (möglichst schnell) selbständig bearbeitbar sein, ohne dass andauernd Rückfragen bei anderen erforderlich sind
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Arbeit mit Autismus
Autistenfreundlicher Arbeitsplatz kommunikative Herausforderungen für Chefs, Kollegen und Mitarbeiter
• DAS PROBLEM– Einerseits: ich sende klare Kommunikation, verletze damit ggf. andere, man verlangt von mir
gefühlvolleres Vorgehen in Form indirekter Kommunikation, dies kann ich aber eigentlich gar nicht liefern
– Andererseits: ich brauche klare Kommunikation, um ggf. überhaupt zu verstehen, was man von mir will und was nicht, bekomme sie aber nicht, weil man glaubt, sie könne mich ggf. verletzen (Fehlschluss der anderen, dass ich genauso ticke wie sie)
• klare direkte Kommunikation erforderlich – versteckte Botschaften werden oft nicht erkannt, so dass diesbezügliche
Verhaltenserwartungen unerfüllt bleiben– Es muss damit gerechnet werden, dass ich in bester Absicht auch (für andere) unschöne,
aber überprüfbare Wahrheiten unverpackt sende
• es besteht eine große Gefahr der wörtlichen Interpretation und der Nichterkennung von Ironie– „blumige“ Sprachspiele sind mit mir möglichst zu unterlassen
oder es ist sicherzustellen, dass ich sie als solche sicher erkannt habe, um potentielle Folge-Probleme im Vorfeld zu verhindern
Verständnisvolle Kollegen (Kunden, Chefs, Mitarbeiter)– Akzeptanz, mindestens aber Toleranz bestimmter Verhaltensweisen und ggf.
„Sonderrechte“
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Arbeit mit Autismus
von Bärendiensten und unverstandenen Spielchen
• Keine Erwartungshaltungen beim Verständnis subtiler sozialer Situationen
• Akzeptieren, dass Smalltalk nicht stattfindet• Hilfestellung beim Networking, indem z. B.
die Leistung des Autisten kommuniziert wird
• � das macht ihn bekannt undgibt ihm Zugehörigkeitsgefühl
• „Damit haben Sie Herrn X / der Abteilung / sich einen Bärendienst erwiesen“
– Ich hab also was ganz Tolles gemacht � Aufforderung zum Weiter-So
• Die Bedeutung einer unbekannten Redewendung, hier ob LOB oder TADEL vermittelt wird, erkennen Autisten nicht!
Menschen ohne Autismus erkennen sie dagegen allerdings selbst dann, wenn ihnen die Bedeutung der Redewendung völlig unbekannt ist, immer an der Mimik und Körperhaltung ihres Gesprächspartners!
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Arbeit mit Autismus
Geschichten aus dem eigenen (Er)Leben
• Die Prakla-Geschichte– In einer geophysikalischen Firma
arbeiten doch nur Geophysiker!?
• Der Unternehmensberater– Was passieren kann, wenn man
über mich entscheidet ohne mich vorher anzuhören
• Das Vorstellungsgespräch– welches in der Halle endete
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• Einerseits lasse ich mich oft kaum in ein vorhandenes Schema pressen
• Andererseits wollte ich immer auch dazugehören, also Teil eines Ganzen sein
� Integration wo immer möglichSonderbehandlung wann immer nötig
• BEIDE MÜSSEN SICH AUFEINANDER ZU BEWEGEN
• „Training statt Therapie“– rationale Emulation üblichen intuitiven Sozialverhaltens,
damit der Autist ein möglichst selbständiges Leben als Teil der Arbeitswelt / Gesellschaft führen kann, aber dabei
– kein Wegtherapieren auffälliger Verhaltensweisen, wenn diese andere nicht stören, z. B. stereotype Bewegungen
Arbeit mit Autismus
ein Autist bleibt schwer anpassungsfähig, da muss das Klima passen
möglichst groß
Autist Arbeitgeber
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Autismus verstehen: Erfahrungen aus Schule, Studium und Beruf
Ausnahmeregelungen
• Vorschnelle Killerphrasen bei Schwierigkeiten vergiften das Klima
In autistenfreundlichen Umgebungen sagt niemand gleich:
• … dann gehört dieser Mensch eben nicht hierher!• Wenn das alle so machen würden, dann . . .• Wo kommen wir denn da hin, wenn . . .• Solange du dies nicht kannst/machst, darfst du auch jenes nicht
• z. B. solange du diese Hausaufgaben nicht machst, darfst du nicht . . .
• Es gibt keine Extrawürste. Basta!• obwohl das langfristig allen helfen würde, auch wenn es kurzfristig Aufwand
bedeutet
• Das wird genau so und nicht anders gemacht!• obwohl es anders auch geht, vor allem für den Autisten angenehmer
• „Du musst“ – Sätze aller Art (z. B. …. noch viel lernen)
Dr. Peter Schmidt
Autismus Hamburg Dr Peter Schmidt
Leben mit dem Asperger-Syndrom 30. März 2012
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Autismus verstehen: Erfahrungen aus Schule, Studium und Beruf
Inklusionslösungen
• Oft haben die anderen, und nicht der Autist, das Problem– dann gibt es 3 Möglichkeiten, das zu ändern
• Den Autisten zu modifizieren (schwierig bzw. oft nicht angesagt)• Die Umwelt modifizieren (Dinge, Menschen)• Sich selbst modifizieren, heißt, die innere Einstellung an sich selbst ändern
gegenüber dem Autisten
• Ohne Integration keine Integration!– einerseits „nicht alles über einen Kamm scheren“,
andererseits aber keine Isolation (Abschottung im eigenen Sumpf)• Schwimmen lernt man nicht an Land!
• Gratwanderung zwischen Sonderbehandlung und Integration– Sonderbehandlung nur soweit absolut nötig– Integration wann immer möglich, um Miteinander zu fördern– Immer die Gründe nennen, WARUM etwas so oder so gemacht werden
soll; Spiegel vorhalten
Autismus Hamburg Dr Peter Schmidt
Leben mit dem Asperger-Syndrom 30. März 2012
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Nimm-Mitsfreuen Sie sich über die sagenhaften Blüten in der Wüste
• Zugang zu einem autistischen Menschen erhalten Sie nur dann, wenn Sie– Ihn dort abholen wo er steht, also – In seine Weltsicht unvoreingenommen
eintauchen; dafür müssen Sie– Ihre Wertesysteme kritisch hinterfragen– Vor allem niemals versuchen, aus ihm etwas zu
machen, was er nicht ist und nie sein können wird, sondern ihn mit dem was er aus seinem Innersten heraus anbieten kann, aufblühen lassen
Autismus Hamburg Dr Peter Schmidt
Leben mit dem Asperger-Syndrom 30. März 2012
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Autobiografie (Liebe mit Autismus)
Autismus verstehen: Erfahrungen aus Schule, Studium und Beruf
Literaturhinweise zum Thema und zum Autor
darin u. a. Aufsätze der autistischen Autor(inn)en
Dr. Christine Preißmann,Nicole Schuster, Axel Brauns,Dietmar Zöller und
Dr. Peter Schmidt mit dem Aufsatz:
Was eine autistenfreundliche Schule brauchtReflexion der eigenen Schulzeit
erscheint im September 2012 im Patmos-Verlag
erschienen Januar 2012ISBN 978-3-17-021808-6
Autismus Hamburg Dr Peter Schmidt
Leben mit dem Asperger-Syndrom 30. März 2012
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Diskussion und Kontakt
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Dr. Peter Schmidt