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| | 18.09.2018 1 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos Antriebstechnologien und Energieträger für die zukünftige Mobilität: Was, Wo, Wann? Konstantinos Boulouchos ETH Zürich, Institut für Energietechnik & SCCER Mobility Vortragstagung SSM in Zusammenarbeit mit SAE-Switzerland, Campus Sursee, 18. September 2018

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  • | | 18.09.2018 1 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos

    Antriebstechnologien und Energieträger für die zukünftige Mobilität: Was, Wo, Wann? Konstantinos Boulouchos ETH Zürich, Institut für Energietechnik & SCCER Mobility Vortragstagung SSM in Zusammenarbeit mit SAE-Switzerland, Campus Sursee, 18. September 2018

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    Ausgangslage, Herausforderungen & Lösungsansätze

    §  Klimawandel als grösste Herausforderung für das Energiesystem der Zukunft

    §  Die «Dekarbonisierung» der Mobilität muss deswegen ein prioritäres – obwohl äusserst ehrgeiziges – Ziel sein §  Die Nachfrage nach Verkehrsleistung ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und steigt weiterhin

    →  selbst in der Schweiz, viel stärker jedoch weltweit →  und zwar insbesondere beim Langstrecken-Güterverkehr und bei der internationalen Luftfahrt

    §  Welche Antriebsarten und Energieträger langfristig? §  Mobilität eingebettet in ein «Null»-CO2-Gesamtenergiesystem:

    →  Neue Infrastrukturen →  Hohe Investitionen à Optimierung erforderlich à Sektorkopplung! →  Lange Zeiträume

    §  Eine langfristig angelegte, konsistente, aber flexible Energie- und Mobilitätspolitik sowie forschungsbasierte Innovationen

    sind unerlässlich für die notwendige Transformation

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    Zeithorizont der Dekarbonisierung: CO2-Budget (Schweiz)

    §  IPCC 2°C (66% Wahrscheinlichkeit) Welt-Kohlenstoffbudget ab 2010: 1000 Gt CO2

    §  «Pro Kopf» Verteilung weltweit ergibt 1.1 Gt CO2 für die Schweiz ab 2010

    §  Mit einer linearen Absenkung ab 2015 und Berücksichtigung des internationalen Transports (Schiff- und Flugverkehr) reicht das Budget bis ungefähr 2055

    §  Annahme: gleicher Zeithorizont auch für den Transportsektor

    Quelle: BAFU 2017, Treibhausgasemissionen der Schweiz 1990-2015

    40 Jahre

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    Warum ist die Mobilität wichtig für die Schweiz? Wirtschaft (Umsatz) & Arbeitsplätze

    Gesamter Umsatz des Verkehrssektors:

    → 120 Milliarden CHF (~ 20% des Schweizer BIP) und 300`000 Arbeitsplätze (6% aller CH-Arbeitsplätze) Davon: §  Privater Strassenverkehr: 93 Mia. CHF, 225`000 Arbeitsplätze §  Exportindustrie: 16 Mia. CHF, 34`000 Arbeitsplätze §  Öffentlicher Verkehr: 12 Mia. CHF, mehr als 33`000 Arbeitsplätze

    Und: → Die Produktivität unser Wirtschaft ist auf eine qualitativ hochstehende, zuverlässige und kosteneffiziente

    Verkehrsinfrastruktur angewiesen

    Ø  95% Erdölabhängigkeit Ø  mit 36% des CH-Endenergiebedarfs Ø  46% der CH-CO2-Emissionen

    (inkl. internationale Luftfahrt)

  • | | 18.09.2018 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos 5

    CO2-Emissionen aus dem Verkehr – Tendenz steigend

    Quelle: BAFU, Entwicklung der Treibhausgasemissionen der Schweiz 1990-2015

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    1990 1995 2000 2005 2010 2015

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    Mt/

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    + +

    Verkehr (inkl. internationaler Luftverkehr)

    Haushalte

    Dienstleistungen

    Industrie

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    CO2 Trends und zukünftige Verkehrsleistung (Schweiz)

    Quelle: BAFU 2017, Treibhausgasemissionen der Schweiz 1990-2015 Zukunft Vergangenheit

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    Zukünftige Mobilität weltweit Schlüsselergebnisse International Transport Forum 2015

    Welt OECD Länder Nicht-OECD Länder

    Landverkehr (Personen & Güter) CO2-Emissionen

    34 - 106 0 - 31 162 - 314

    Nachfrage Landgüterverkehr [tkm] 232 - 423 77 - 97 329 - 628

    Landgüterverkehr CO2-Emissionen 136 - 347 0 - 31 239 - 608

    Zunahme bis 2050 in % im Vergleich zu 2010

    Quelle: International Transport Forum 2015

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    Der Weg zu einer nachhaltigen Mobilität Ein systemischer Ansatz über verschiedene Zeiträume

    qualitativeDarstellung

    CO2

    Zeit

    «Businessasusual»

    SenkungderEnergienachfrage

    SteigerungderEnergie-umwandlungseffizienz

    RadikalerUmstiegauferneuerbareEnergieträger

    HerausforderungenLebensdauerKapitalanlagen

    §  Fahrzeugeà12-30Jahre§  Kraftwerkeà20-50Jahre§  Gebäudeà30-100Jahre§  Strassen,Stromnetze,

    Raffinerienà50-100Jahre

    GewaltigerBedarfanInvestitioneninInfrastruktur!

    AktuellerStand

    NeueEnergiepolitik

  • | | 18.09.2018 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos 9

    Technologie Entwicklung vs. Mobilitätsnachfrage Motorisierter Individualverkehr (MIV)

    Im Vergleich zu 2010 in %

    Jahr BasierendaufdenAREEntwicklungsszenarien(ARE2016)

    Quelle:BFS

    Quelle:ARE2016

    Quelle:ARE2016

    Quelle:BFS

    Quelle:BFS

    Quelle:PrognosAG2012

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    Energieeinsparungspotentiale (gleiches Fahrzeug, verschiedene Antriebstechnologien)

    Reduced glider mass 15%

    Improved aerodynamics 20%

    Reduced rolling resistance 15%

    Reduced installed power 20%

    durch verbessertes Fahrzeugdesign

    In Zusammenarbeit mit der EMPA

  • | | 18.09.2018 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos 11

    Potentiale der Antriebstechnologien (Betriebsenergie & -CO2)

    §  Flächendeckende Elektrifizierung nur sinnvoll wenn Stromerzeugung CO2-arm ist (auch europaweit)

    §  Langstreckenverkehr (LKW, Schiff- und Luftfahrt) über Jahrzehnte abhängig von Kohlenwasserstoffen (langfristig synthetisch, erneuerbar)

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    Lebenszyklusanalyse (LCA) / typisches CH-PkW gCO2/km für verschiedene Antriebstechnologien

    Quelle: Brian Cox/PSI, PhD Thesis 2018

    18.09.2018 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos 12

  • | | Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos 13

    Unterschiedlich hohe CO2-Vermeidungskosten

    technology costs (+)

    costs (-)

    ΔCO2

    R&D

    policy / CO2 pricing

    low-hanging fruits need for high level of innovation

    18.09.2018

    (Innovation)

    low-hanging fruits

    teure Massnahmen

  • | | 18.09.2018 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos 14

    CO2-freie-Elektrizität für die Mobilität Warum kommt sie nicht einfach aus der Steckdose?

    Selbst bei langfristig konstanter Elektrizitätsnachfrage in allen Sektoren ausser der Mobilität (~ 60 TWh/Jahr):

    → Es müssen in 20 Jahren 24 TWh der auslaufenden Kernkraftwerke ersetzt werden; signifikante Beiträge dazu werden

    aus Photovoltaik (sommer-lastig) und biogene WKK (winter-lastig) kommen müssen

    → Die vollständige Elektrifizierung allein der PKW-Flotte bei der heutigen Verkehrsleistung bedingt zusätzliche 14 TWh CO2-«armer» Elektrizität / Zusammen mit dem Schwerverkehr gut 20 TWh

    → Wenn diese nicht durch Stromimporte (EU-Mix) oder Gaskombikraftwerke erzeugt werden, kommt dafür nur ein

    massiver Ausbau der solaren Elektrizität in Frage

    → Diese bedingt ein hohes Mass an saisonaler Elektrizitätsspeicherung und setzt sehr hohe Investitionen in Infrastruktur

    (Elektrolyse, Stromnetz, H2-Logistik usw.) voraus

  • | | 18.09.2018 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos 15

    Langfristige Entwicklung (2050 - «plus») Marktanteile verschiedener Energieträger und Antriebstechnologien zur Dekarbonisierung der Mobilität → Qualitative Darstellung

    PKW LKW

    Internationale Luftfahrt

    Internationale Schifffahrt

    à  Kopplung des Mobilitätssystems mit dem Elektrizitätssektor erforderlich!

  • | | 18.09.2018 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos 16

    Sektorkopplung – Was ist damit gemeint?

    §  Elektrizität wird einen grossen Anteil der Energieträger für die Antriebsenergie für Transportdienstleistungen (oder zum Heizen/Kühlen) einnehmen

    §  Dies entweder direkt oder durch Umwandlung zu synthetischen chemischen Energieträgern

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    Quelle: Agora Energiewende 2018

    Mögliche Kostenentwicklung für synthetisches, e-Methan (€-cent/kWh)

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  • | | 18.09.2018 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos 18

    Ist die gegenwärtige CO2-Gesetzgebung zielführend?

    §  Es ist zwar sinnvoll, über CO2-Vorschriften (g/km) Anreize für eine beschleunigte Technologieentwicklung zu setzen

    §  Die Zuordnung von NULL-CO2-Emissionen für elektrifizierte Antriebe ist aber mit Bezug auf den absehbaren CO2-Fussabdruck des erforderlichen Zusatzstroms aber massiv marktverzerrend

    §  Sinnvoll wäre zusätzlich ein auf den tatsächlich verbrannten Treibstoff umlegbarer CO2-Preis, der die Klimaauswirkungen wiederspiegelt

    Aber

    §  In Zukunft muss die Infrastruktur für die Strasse auch von Elektrofahrzeugen bezahlt werden (entsprechend der heute etwa 5 Mia. CHF Mineralölsteuer)

    §  Subventionierung neuer Technologien mag in einer Anfangsphase sinnvoll sein ein transparenter, «strategischer Plan» für deren sukzessiven Abbau muss jedoch vorhanden sein

  • | | 18.09.2018 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos 19

    Zusammenfassung & Ausblick

    §  Die Mobilität muss weltweit und in der Schweiz in weniger als 50 Jahren grundsätzlich CO2-«neutral/frei» sein

    §  Ohne eine gezielte Eindämmung der Nachfrage nach Verkehrsleistung wird zwar das zulässige CO2-Budget nicht eingehalten werden können. Dabei ist den Bedürfnissen von Wirtschaft und Gesellschaft Rechnung zu tragen

    Aber

    §  Die Angebotsseite (evolutionäre und radikale Technologiepfade) wird die grösste Last für die Dekarbonisierung schultern müssen

    §  Unterschiedliche Energieträger/Antriebstechnologien geeignet für die einzelnen Energiesektoren

    §  Sektorkopplung (direkte bzw. indirekte Elektrifizierung des Verkehrs) bedingt den Aufbau neuer Infrastrukturen über Jahrzehnte. Entsprechende Investitionen müssen sorgfältig geplant und realisiert werden, damit die Kosten nicht aus dem Ruder laufen

    §  Dabei ist die korrekte Bepreisung des CO2 über alle Energiesektoren unabdingbar

  • | | 18.09.2018 Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos 20

    Ich bedanke mich für die Unterstützung von: §  Gil Georges (LAV), Lukas Küng (LAV) & Kirsten Oswald (SCCER Mobility) §  den Kollegen an der EMPA (C. Bach et.al. / Automotive Powertrain Technologies) §  SCCER Mobility, Innosuisse & Bundesamt für Energie §  unseren langjährigen Industriepartnern (national und international)