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stephan.selle@zweitwerk.com
Welt Weit ... WegÜber ein mögliches Ende des Internet
Publishers‘ Forum 2011
Berlin, 2. und 3. Mai 2011
stephan.selle@zweitwerk.com
Die Thesen
Neue Medien und die Inkunabeln-Zeit: es dauert immer eine Generation
Der Kapitalismus ist großartig im Aneignen von neuen Medien: Langsam, aber großartig
grassroot und islamische Revolutionen: Die Fiktion der Bürgerbeteiligung
Wenn die Bequemlichkeit siegt: Die Masse ist weder aktiv noch interaktiv, sondern konsumtiv
stephan.selle@zweitwerk.com
InkunabelnHamlet on the Holodeck: The Future of Narrative in Cyberspace von Janet H. Murray
stephan.selle@zweitwerk.com
Inkunabeln
Der Buchdruck mit beweglichen Lettern wurde 1453 von Johannes Gensfleisch erfunden
Alles, was zwischen Gutenbergs erster Entwicklung und dem 31. Dezember 1500 entstand, heißt INKUNABEL
Erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts redet man von Büchern im heutigen Sinn.
Etwa 30 Jahre vergingen von den ersten Druckwerken bis zur Entfaltung des gesamten medialen Schatzes.
EINE GENERATIONInkunabeln waren in Format, Typografie und Illustration zunächst geprägt vom
Erscheinungsbild mittelalterlicher Handschriften, das sich mit der technischen
und ökonomischen Entwicklung seit Anfang des 16. Jahrhunderts zum modernen Buchdruck
wandelte. Ihre Herstellung erfolgte durch einen namentlich genannten Drucker, der sie auch
selbst vertrieb. Als Zeugnisse für den Beginn der technisch gestützten und damit zunehmend
unbeschränkten Verbreitung von Inhalten und Ideen in Europa stellen die international
erhaltenen Wiegendrucke heute wertvolles Kulturgut dar.
(Quelle: wikipedia)
stephan.selle@zweitwerk.com
Fotografie
Technisch erfunden von Joseph Nicéphore Niépce: ca. 1830 sogenannte Heliographien („Sonnenschriften“), ab 1839 Daguerrotypie tatsächlich benutzbar.
Gegen 1870 war das Verfahren benutzbar. 1888 entstanden die ersten industriell gefertigten Kameras von Kodak.
Es dauerte eine Generation, um aus einer Erfindung eine Neues Medium zu machen.
Heliographie "View from the Study Window at Maison du Gras"Die Kodak Nr. 1, rechts der Rollfilm inklusive Halterung
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Film
Im Jahre 1888 dreht Louis Le Prince in England die ersten bewegten Bilder, die man als Film bezeichnen kann.
Die Kamera mit einem Objektiv hat er selbst gebaut.
1891 baut Edison den ersten Kinematographen
Die klassische Ära Hollywoods begann mit dem Tonfilm: „The Jazz Singer“ mit Al Jolson, 1927.
30 Jahre von der Erfindung bis zum Medium
Louis Aimé Augustin Le Prince (born 28 August 1842, vanished 16 September 1890)
Le Prince CameraprojectorType1, Mark 2 von 1888
Edisons Kinematograph
Al Jolson in „The Jazz Singer“
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Radio
Das erste Radio baute angeblich Marconi, wahrscheinlich Tesla, aber gezeigt hat es Popow: alles im Jahr 1895
Ab 1922 wird der Wirtschaftsrundspruchdienst als erster regelmäßiger und gebührenpflichtiger Rundfunk betrieben. Am 6. April 1923 wird der erste Radioclub in Berlin gegründet sowie der Verband der Rundfunkindustrie in Berlin.
Als Geburtsstunde des deutschen Rundfunks gilt der 29. Oktober 1923. An diesem Tag wird die erste Unterhaltungssendung aus demVox-Haus ausgestrahlt. Als erster offizieller Rundfunkteilnehmer in Deutschland gilt der Berliner Zigarettenhändler Wilhelm Kollhoff.
30 Jahre, eine Generation
Wilhelm Kollhoff
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Fernsehen
Das erste echte elektronische Fernsehbild erzeugte 1906 in Deutschland Max Dieckmann (ein Schüler von Ferdinand Braun), der eine Braunsche Röhre umgebaut hatte.
Ab dem 22. März 1935 wurde in Deutschland das erste regelmäßige Fernsehprogramm der Welt in hochauflösender Qualität ausgestrahlt.
30 Jahre, eine Generation
Max Dieckmann 1882-1960
Erster Fernseher 193122. März 1935Paul Nipkow (Fernsehpionier)war Namensgeber für den erstenFernsehsender, der vom Berliner Funkturm ausgestrahlt wurde. Dazu gab es eine Sondermarke.
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WWW
Das WWW als über das Internet abrufbares Hypertext-System für grafische Benutzeroberflächen entstand 1989 und wurde am 6. August 1991 weltweit zur allgemeinen Benutzung freigegeben.
Jetzt ist es 20 Jahre später ... erst 20 Jahre!
Erster Webserver von Tim Berners-Lee
Das historische WWW-Logo, entworfen von Robert Cailliau
Tim Berners-Lee
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In der Inkunabelnzeit wird festgelegt ...
Der kreative KernDie „Sprache“ des Mediums, Kapitel im Buch, Szenen im Film, „Sendungen“ im Fernsehen. Dazu die Kerntechnik: Schriften, Objektive, Röhren
Die Regeln für das MediumTitelblatt, Druckort, Inhaltverzeichnis, Fotoformate, Kamerastandards, Längen und Filmformate, Vor- und Abspann, Publikationsweise, Kritik usw.
Die gewerbliche NutzungVerlag, Fotoatelier, Hollywood, Fersehsender
= DIE ORGANISATIONSFORMAus einer Technik wird ein Massenmedium im Sinne eines Systems (Luhmann)
Autopoietisch (es produziert sich selbst, auch thematisch: tv total, Harald Schmid Show)
Geschlossen: „das Hollywood-System“, „die öffentlich-rechtlichen“
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Jede Entwicklung ist eine Aneignung
stephan.selle@zweitwerk.com
„The Freedom of Press belongsto those who own one“ (A.J. Liebling)
Die Inkunabeln-These hat zwei Seiten:
Jedes neue Medium braucht eine Generation zur Entfaltung seines generischen Potenzials
Der Kapitalismus braucht immer 30 Jahre, um die richtigen Formen der Aneignung für ein neues Medium zu finden
Beim WWW haben Apple, Google und Facebook die ersten effektiven Möglichkeiten gefunden, das Web zu privatisieren.
stephan.selle@zweitwerk.com
Apps für Faule - also alle ...
Google Maps ist eine App, jedes Mail-Programm eigentlich auch. iTunes ist eine App, genauso wie Facebook oder alle Flash-Anwendungen.
Internet-Techniken werden benutzt, um abgeschlossene Warenhäuser aufzubauen, die – wie Facebook – gerade eben noch über Browser zugänglich sind.
Malls statt Märkte: Mass Private Property (keine Meinungsfreiheit, eigene Polizei, eigene Währung, eigene Gesetze usw.)
In einigen Jahren ist nicht mehr der Laptop das bevorzugte Heimgerät, sondern eine Kombination aus Smartphone, iPad und Flachbildfernseher.
Die spannende Frage: wessen Sendungen kommen auf den großen Schirm? Von der ARD oder von Apple?
„The arcane aura that surrounds personal
computers is not just a "user interface"
problem. My colleagues and I at PARC think
that the idea of a "personal" computer itself
is misplaced, and that the vision of laptop
machines, dynabooks and "knowledge
navigators" is only a transitional step toward
achieving the real potential of information
technology. Such machines cannot truly make
computing an integral, invisible part of the
way people live their lives. Therefore we are
trying to conceive a new way of thinking
about computers in the world, one that
takes into account the natural human
environment and allows the computers
themselves to vanish into the background.
[...] "Ubiquitous computers will also come in
different sizes, each suited to a particular
task. My colleagues and I have built what we
call tabs, pads and boards: inch-scale
machines that approximate active Post-It
notes, foot-scale ones that behave something
like a sheet of paper (or a book or a
magazine), and yard-scale displays that are
the equivalent of a blackboard or bulletin
board."
Marc Weiser,
The Computer for the 21st Century,
Xerox PARC 1991
stephan.selle@zweitwerk.com
Ab in die Bedeutungslosigkeit
Vielleicht sind Browser und WWW in zehn Jahren die Mittelwelle des Internet: überall zu haben, aber faktisch ungenutzt.
Das ist dann auch das Ende der basisdemokratischen Ideen, die grassroot mit dem Web verbindet (Facebook ist App, Twitter ist App ...)
Es geht dem Web wie den Offenen Kanälen ...
In Deutschland gibt es derzeit 63 Offene Kanäle (Stand 12/2005, aus: wikipedia)
Wann haben Sie zum letzten Mal „offnen Kanal“ geschaut?
Offene Kanäle, soweit sie überhaupt ein Publikum hatten, sind durch ein Konkurrenzmedium zerschrotet worden: YouTube - die App unter den A/V-Medien
Für viele Schüler ist das Internet bereits heute: YouTube und FaceBook - Ende
stephan.selle@zweitwerk.com
Das Verschwinden
stephan.selle@zweitwerk.com
Die Entvölkerung des WWW ...
Allmählich verschwinden die redaktionellen Angebote aus dem Internet: jetzt bedeuten sie noch Reichweite, in ein paar Jahren nur noch Schlagzeilen auf einer Gratisplakatwand.
Blogger sind jetzt schon auf Portalen zusammengefasst, es gibt schon haufenweise Blog-Apps. Portale werden verkauft (Huffington-Post)
Da Micropayment fehlt, entvölkert sich das WWW von allen Anwendungen und Plattformen, die irgendwie Geld bringen könnten.
Übrig bleibt: Werbung? Sex? Das Bürger-WWW?
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... durch den Siegeszug der APP
Sind Apps die Zukunft der „Polymedien“?
der Zeitungen und Zeitschriften,
des Fernsehens, des Kinos – und der Musik.
Die App ist das Versprechen des Monomediums (vs. „Multimedia“): ein Medium kann alles und verändert ällmählich die „Gesetze“ der bestehenden Medien.
Das war früher das Gespenst der Digitalen Konvergenzder Zusammenschmelzen von A/V-, Telekommunikation und Computer
ALLES WIRD SPIEL
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... auch Bücher sind Apps
Romane sind eBooks, alles andere wird App
Reiseführer: iPhone App, Google Goggles
Wirtschaft: Simulationsspiel
Gebrauchsanleitungen: IKEA-Movies, Animationen
Jedes Sachbuch funktioniert besser als App
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Ach ja: Geld verdienen
Meine Vermutungen ...
In Film & Fernsehen werden einzelne Objekte selektierbar: die Flasche auf dem Tisch, die Bluse an der Frau, das Hotel in der Serie
das ist die Integration von Fernsehen und Internet: der Bildschirm ist nicht mehr nur eine Pixelhaufen, sondern eine Versammlung von anklickbaren Objekten, deren Kontext ist:
„Gibt‘s bei Amazon und kostet 19,80€.“
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Fazit
In etwa 10 Jahren gibt es das Internet als Medium
Es besteht aus Apps, die Geld kosten (oder nicht)
Es ist das ultimative Monomedium, i.e.: Alle anderen Medien sind Teil des neuen geworden.
Der Zugriff ist reguliert und nur noch schein-offen
Das ganze Modell ist nicht exklusiv, sondern mehrheitlich:
Es gibt noch Browser, sie sind aber fast bedeutungslos
Es gibt noch Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehen, aber die Arbeitsteilung zwischen AV- und Textmedien ist obsolet.
man liest noch Bücher, aber Seiten sind nicht mehr aus Papier
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ENDE (+ 2 Anhänge)
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Anhang 1: Tim Berners-Lee
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Web-Erfinder Tim Berners-Lee warnt vor Facebook 1
Tim Berners-Lee, der Erfinder des World Wide Web, hat Facebook scharf kritisiert. In einem Aufsatz für Scientific American sprach er sich zudem für offene Standards und Neutralität aus.
Laut Berners-Lee ist das Netz in Gefahr. Drei große Gegner macht er aus: Regierungen, die das Nutzungsverhalten ihrer Bürger überwachen; Provider, die Anbieter gegen Geld bevorzugen; Soziale Netze, die abgeschirmt vom Rest des Internets Informationen horten.
Der Wert von Facebook, LinkedIn und Friendster ergebe sich aus den Daten, die Nutzer eingeben: Geburtstag, E-Mail-Adresse, Interessen sowie Links, die Auskunft geben, wer mit wem befreundet ist und wer auf welchem Foto zu sehen ist. "Diese Sites stellen aus den Daten brillante Datenbanken zusammen und verwenden die Informationen, um Werbeeinnahmen zu erzielen - aber nur innerhalb ihrer Site", schreibt Berners-Lee.
Wer seine Daten bei einem Dienst eingebe, habe keine Möglichkeit, sie auch für einen anderen zu verwenden. "Jede Site ist ein Bunker, abgeschottet von den anderen. Ja, die einzelnen Webseiten Ihrer Site sind im Netz, aber Ihre Daten sind es nicht."
Laut Berners-Lee besteht das Problem darin, dass die einzelnen Daten keinen Uniform Resource Identifier (URI) besitzen. Verbindungen zwischen Informationen bestünden nur innerhalb einer Site. Diese bilde dann die zentrale Plattform - "ein geschlossener Speicher von Inhalten, der Ihnen nicht die volle Kontrolle über Ihre Daten gibt. Je stärker so eine Form der Architektur genutzt wird, desto fragmentierter wird das Web und desto weniger haben wir einen einzigen, universalen Informationsraum zur Verfügung."
Die größte Gefahr ist Berners-Lee zufolge die Monopolisierung eines Social Network, einer Suchmaschine oder eines Browsers. Doch er nennt auch positive Beispiele: "GnuSocial und Diaspora sind Projekte im Netz, die es jedem erlauben, sein eigenes Soziales Netz vom eigenen Server aus zu starten und es mit jedem und jeder beliebigen Site zu verbinden."Offene Standards seien der notwendige Motor für Innovation. Dabei beschränke sich der Begriff nicht auf gebührenfreie Webtechnologien. "Offenheit bedeutet auch, dass man eine eigene Website oder ein eigenes Unternehmen gründen kann, ohne jemanden um Erlaubnis zu fragen", schreibt Berners-Lee.Als Negativbeispiel nennt er Apples iTunes. "Das iTunes-System identifiziert Songs und Videos per URI, die offen sind, aber an Stelle von 'http:' beginnt die Adresse mit 'itunes:' - einem proprietären Format." Der Zugriff sei nur über Apples proprietäres Programm iTunes möglich; man könne in der iTunes-Welt keine Informationen verlinken und auch keine Links an Dritte verschicken. "Sie befinden sich dann nicht mehr im Netz. Die iTunes-Welt ist zentralisiert und abgeschottet. Trotz der großartigen Möglichkeiten des Marktplatzes ist seine Entwicklung darauf limitiert, was ein einzelnes Unternehmen sich ausdenkt."
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Anhang 2: HTML5 & Web-Apps
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App und Web-App
Was sind Unterschiede zwischen APPs ...
mit HTML5
mit Flash
mit Java (alle anderen)
mit Objective C (Apple)
Alle laufen im Browser, außer Apples Objective C
Alle machen aus dem Browser einen App-Player
Alle laufen auch auf Android
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HTML5
Technisch werden Apps zukünftig wohl mit HTML5 gebaut. Apples Objective C ist zu speziell, Java ist nur was für echte Programmierer.
Bisher kann HTML nichts in Sachen Benutzer-Interaktion: Seite bauen – Klick – Seite bauen – Klick ... HTML5 hat neuerdings viel von dem, was für echte Anwendungen benötigt wird.
Paradigmenwechsel: HTML hat bisher Seiten gebaut, jetzt kann es Apps.
Benutzer-Interaktion ist immer noch Aufgabe von JavaScript. Für JavaScripts gibt es seit einiger Zeit brauchbare frameworks, mit denen auch Entwickler ohne Informatikstudium brauchbare Anwendungen schreiben können.
stephan.selle@zweitwerk.com
Zahlen
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Wachstum von mobilen Apps
Global Smartphone and Tablet App
Shipments in US$Quelle: Forrester Research 2011
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