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Aus der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie
(Direktor PD Dr. med. H.W.S. Schroeder)
der Medizinischen Fakultät
der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald
Water-Jet-Cutting im Schweinehirn:
Abhängigkeit der Dissektionstiefen und
Schneideeigenschaften
von Wasserdruck und untersuchter Hirnregion
Inaugural - Dissertation
zur
Erlangung des akademischen
Grades
Doktor der Medizin
(Dr. med.)
der
Medizinischen Fakultät
der
Ernst-Moritz-Arndt-Universität
Greifswald
2003
vorgelegt von:
Andreas Knapp
geb. am: 31.03.1976
in: Weilburg
Dekan: Prof. Dr. rer. nat. Heyo K. Kroemer
1. Gutachter: Prof. Dr. med. J. Piek
2. Gutachter: Prof. Dr. med. M. Buchfelder
Ort, Raum: Greifswald
Besprechungsraum der Klinik und Poliklinik für
Neurochirurgie
Klinikumsneubau, Sauerbruchstraße
Tag der Disputation: 29. Juni 2004
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung 1
1.1 Einführung in die Thematik 1
1.2 Neurochirurgische Operationstechniken 1
und deren Risiken
1.3 Die Entwicklung des Water-Jet-Cutting
in der Chirurgie parenchymatöser Organe 4
1.4 Water-Jet-Cutting in der Neurochirurgie –
aktueller Kenntnisstand und Fragestellung
der vorliegenden Arbeit 5
2. Material und Methodik 8
2.1 Studiendesign 8
2.2 Versuchsaufbau und Durchführung 8
2.2.1 Hirnentnahme 8
2.2.2 Durchführung der Dissektionsversuche 8
2.3 Makroskopische Auswertung 12
2.4 Histologische Aufarbeitung 12
2.5 Mikroskopische Auswertung
und Dissektionstiefenmessung 13
2.6 Statistische Berechnungen 15
3. Ergebnisse 16
3.1 Anzahl der Schnitte pro Hirnregion 16
3.2 Dissektion 17
3.3 Schnittmorphologie 18
3.4 Dissektionstiefen und statistische Ergebnisse 26
3.5 Zusammenfassung der Ergebnisse 31
4. Disskusion 32 4.1 Schnitttiefen 33
4.2 Gefäßpreservation 36
4.3 Schnittränder und Gewebetraumatisierung 37
4.4 Anwendungsprobleme und Lösungsmöglichkeiten 38
4.5 Ausblick 40
5. Literaturverzeichnis 42
6. Anhang 50 6.1 Materialien 50
6.2 Gerätebeschreibung Hydro-Jet „Müritz 1000“ 51
6.3 Langumlaufprogramm zur Paraffineinbettung 52
der Gewebeblöcke
6.4 Herstellung der Färbelösungen 53
6.5 Färbung der Präparate 53
6.6 Auszug aus der Gesamttabelle 54
7. Danksagung 55
8. Lebenslauf 56
9. Bisherige Veröffentlichungen 57
10. Eidesstattliche Erklärung 58
11. Thesen 59
- 1 -
1.
Einleitung
1.1
Einführung in die Thematik
Die Neurochirurgie erfuhr durch den medizinisch technischen Fortschritt
in den letzten drei Jahrzehnten einen starken Aufschwung und konnte
sich als eigene Fachrichtung etablieren. Durch Verbesserung der
operativen Technik und Weiterentwicklung der Intensivmedizin wurde
neben einer Zunahme neurochirurgischer Eingriffe bei Erweiterung des
Indikationsspektrums eine deutliche Reduktion postoperativer
Komplikationen und Mortalität insbesondere für große intrakranielle
Eingriffe erreicht [7, 18].
1.2
Neurochirurgische Operationstechniken und deren Risiken
Im ZNS können postoperative Komplikationen wie z.B. Nachblutungen
und Hirnödementwicklung schnell zu akut lebensbedrohlichen
Zuständen oder bleibenden neurologischen Defiziten führen. Die
Ursache liegt vor allem in der anatomischen Besonderheit des zentralen
Nervensystems. Die knöcherne Hülle des Schädels lässt keine
wesentliche Druck- und Volumenzunahme ohne die Folge massiver
Hirndrucksteigerung und konsekutiver Hirnschädigung zu. Gemäß der
Monro-Kellie-Doktrin kann ein konstanter intrakranieller Druck bei
Volumenzunahme einer der drei Komponenten Hirngewebe, Liquor und
Blut nur durch eine kompensatorische Abnahme einer anderen
Komponente beibehalten werden [30]. Jede über die
Kompensationsfähigkeit von Liquor und Blutvolumen hinausgehende
Volumenzunahme führt zu einer Schädigung des Hirngewebes in Folge
des gesteigerten intrakraniellen Druckes [30]. Intrakranielle
- 2 -
Nachblutungen, ischämische Erweichung und direkte Läsionen durch
das operative Gewebetrauma gefährden den neurochirurgischen
Patienten daher vor allem in der operativen und unmittelbar
postoperativen Phase durch Steigerung des intrakraniellen Drucks und
Entstehung eines gefährlichen Hirnödems [31].
Zur Hirndrucksenkung kommen derzeit prophylaktisch und auch
therapeutisch verschiedene Maßnahmen zum Einsatz. Sie reichen von
Oberkörperhochlagerung über Anwendung forcierter Hyperventilation
bis zur Gabe ödemreduzierender Medikamente [30, 46].
Die Oberkörperhochlagerung stellt die einfachste und wohl auch älteste
Methode der Hirndrucksenkung dar. Dabei erfolgt die Senkung des
Hirndruckes durch verbesserten venösen Abfluß des Blutes aus dem
Schädel und daraus resultierender Abnahme des intrakraniellen
Blutvolumens [30].
Die Hyperventilationstherapie wird derzeit nur noch in seltenen Fällen
angewandt. Die Hirndrucksenkung erfolgt dabei durch eine
Vasokonstriktion der Hirngefäße in Folge Abfall des pCO2 mit
konsekutiver Senkung des zerebralen Blutvolumens. Allerdings kann
eine vasokonstriktionsbedingte Senkung der Hirnoxygenierung bis hin
zur Ischämie und damit zu kritischen Zuständen des Patienten führen
[30].
Als ödemreduzierende Substanzen sind u.a. Osmotherapeutika,
Schleifendiuretika und Tris-Puffer im klinischen Einsatz.
Osmotherapeutika senken den intrakraniellen Druck durch eine lokal
dehydrierende Wirkung. Schleifendiuretika führen über eine Hemmung
der Liquorproduktion zu einer Senkung des Hirndruckes. Tris-Puffer
wird zur Behandlung hirnödembedingter Druckspitzen und bei Versagen
anderer hirndrucksenkender Therapiemaßnahmen eingesetzt. Seine
Wirkung besteht in einer Pufferung der durch das Ödem entstehenden
zentralen Azidose und einer daraus resultierenden Verbesserung der
zerebralen Durchblutung [30, 46].
Auch Schmerzen, Angst und Unruhe des Patienten können über eine
gesteigerte Katecholaminausschüttung zu kritischen Blutdruck- und
- 3 -
Hirndruckanstiegen führen. Deshalb erfolgt häufig eine Analgosedierung
des Patienten zur Prophylaxe eines weiteren Hirndruckanstieges.
Mittels dieser umfangreichen Therapiemöglichkeiten und modernster
Intensivmedizin läßt sich die Entwicklung des postoperativen Hirnödems
mit konsekutiver Gefahr für das Leben des Patienten deutlich reduzieren.
Die Hirnherniation stellt jedoch unverändert die häufigste Todesursache
nach neurochirurgischen Eingriffen dar [31].
Neben Weiterentwicklung der medikamentösen Therapie bietet die
Reduktion des operativen Gewebetraumas einen vielversprechenden
Ansatz zur Verringerung des postoperativen Hirnödems. Um dieser
Forderung gerecht zu werden, haben in jüngster Zeit verschiedene
gewebeschonende Dissektionsverfahren wie die Laserdissektion und die
Ultraschallaspiration in das neurochirurgische Operations-
Instrumentarium Einzug gehalten.
Der Laser ermöglicht eine Gewebedissektion ohne mechanische
Irritation. Gefäße werden durch die entstehende Hitze koaguliert, so dass
ein blutarmes und übersichtliches Operieren möglich ist [9, 38].
Allerdings kommt es durch die thermische Belastung in unmittelbarer
Umgebung des Laserstrahls zu Karbonisationseffekten und zu
Rauchentwicklung, wodurch die Sicht auf das Operationsfeld behindert
werden kann. Außerdem bleibt auch bei diesem Verfahren die Bildung
späterer gliöser Narben aufgrund ausgeprägter Nekrosezonen nicht aus
[36, 38].
Der Ultraschallaspirator (Cavitron Ultrasonic Surgical Aspirator, CUSA)
erreicht eine Gewebedurchtrennung bei gleichzeitiger
Gewebeselektivität [4, 13, 34, 36, 38]. Hierbei wird das Gewebe unter
Kontakt mit der hochfrequent schwingenden Spitze des Instruments
aufgelöst, durch die gleichzeitige Spülung emulgiert und durch eine
Saugvorrichtung aspiriert. Ein thermischer Gewebeschaden ist im
Gegensatz zum Laser ausgeschlossen, allerdings kommt es bei der
- 4 -
Dissektion von Hirngewebe häufiger zu Blutungen und das Handstück
der Ultraschallaspiratoren ist bauartbedingt relativ groß und unhandlich.
1.3
Die Entwicklung des Water-Jet-Cutting in der Chirurgie
parenchymatöser Organe
Ursprünglich für die Industrie und hier für die exakte Trennung
verschiedenster Materialien entwickelt [1, 5, 6, 9, 11, 19-22, 36], wird
die Technik der Wasserstrahl-Dissektion in der Medizin seit knapp zwei
Jahrzehnten in der Leber- und Nierenchirurgie eingesetzt [2, 25, 33, 34].
Diese Technik basiert auf dem Prinzip, Wasser durch eine Düse zu
führen, wodurch ein in Druck und Durchmesser variabler, sehr dünner,
hoch präziser Wasserstrahl entsteht, der als Schneidmedium eingesetzt
wird (in der Medizin wird physiologische Kochsalzlösung als
Schneideflüssigkeit verwendet, im Folgenden als Wasser bezeichnet). Im
Gegensatz zu Laser und Ultraschallaspirator treten keine thermischen
oder mechanischen Nebeneffekte im umgebenden Gewebe auf, was zu
einer deutlichen Reduktion des operativen Gewebetraumas beitragen
könnte.
Ein weiterer Vorteil dieser Technik läge in der Gewebeselektivität der
Dissektion, da verschiedene Gewebe dem Wasserstrahl
unterschiedlichen Widerstand entgegensetzen [25, 27, 28].
PAPACHRISTOU und BARTERS beschrieben 1982 erstmals die
erfolgreiche Durchtrennung von Lebergewebe mit Hilfe eines Water-Jet
Dissektors [25]. Sie stellten fest, dass die Hepatozyten bei Kontakt mit
dem Wasserstrahl aus dem intrahepatischen Gewebeverband heraus
gewaschen wurden. Blutgefäße und Gallengänge zeigten sich unverletzt
und konnten anschließend unter direkter Sicht ligiert und durchtrennt
werden. Daraus resultierte ein im Vergleich mit herkömmlichen
Operationsmethoden geringerer Blutverlust bei minimiertem
Operationstrauma. Ende der 80´er Jahre wurden ihre Feststellungen im
- 5 -
Wesentlichen von PERSSON und BENGMARK, sowie von UNE und
HORIE bestätigt [27, 28, 45].
Im selben Zeittraum testeten SCHÜLLER et al. die Technik des Water-
Jet-Cutting an der Niere. Auch sie beobachteten die selektive
Trennwirkung des Jets und konnten damit das Nierenparenchym unter
Schonung der Blutgefäße trennen, bzw. entfernen [39].
Zusammenfassend ergaben Untersuchungen zum Vergleich von Water-
Jet-Verfahren und anderen Dissektionstechniken wie z.B. dem
Ultraschallaspirator und dem Laser eine geringere Operationszeit mit
häufig reduziertem Blutverlust und eine identische, teilweise sogar
geringere Gewebetraumatisierung bei nahezu gleichwertiger
Gewebeselektivität [16, 33, 34, 38].
1.4
Water-Jet-Cutting in der Neurochirurgie – aktueller Kenntnisstand
und Fragestellung der vorliegenden Arbeit
Diese Eigenschaften machen den Water-Jet auch für den Einsatz in der
Neurochirurgie interessant. Zur neurochirurgischen Anwendung des
Water-Jet-Cutting wurden bisher allerdings nur vereinzelte Studien
durchgeführt.
Ersten klinischen Einsatz fand ein Vorläufer des Water-Jet 1987 bei der
operativen Entfernung von Meningeomen durch TOTH und VAJDA
[44]. Sie machten sich die druckübertragende Eigenschaft des Wassers
zunutze, indem sie zwischen die Hirnoberfläche und den Tumor Wasser
einspritzten, wodurch das Tumorgewebe von der Hirnoberfläche
abgehoben wurde.
1988 untersuchte TERZIS das Water-Jet-Cutting unter Einsatz eines
nicht zugelassenen Prototypen an Kadaverschweinehirnen [42, 43]. Er
- 6 -
stellte eine Korrelation zwischen verwendetem Flüssigkeitsdruck und
Schnitttiefe bei verschiedenen Düsengrößen fest.
Bereits bei Drücken von 0,5 bar konnten Schnitttiefen von 1 mm erreicht
werden. Bei einem Druck von 3 bar betrug die Eindringtiefe der Schnitte
3 - 4,5 mm. Die erreichte Schnitttiefe war in der weißen Substanz größer
als in der grauen Hirnsubstanz. Auffallend war bei allen untersuchten
Düsengrößen (0,1 mm; 0,2 mm; 0,4 mm) ein mit dem Flüssigkeitsdruck
zunächst lineares, dann jedoch abruptes Ansteigen der Schnitttiefe.
Histologisch zeigten sich glatte Ränder der Schnittkanäle im
Hirngewebe, das bis auf eine minimale Wassereinlagerung im Abstand
von 10-20 µm vom Schnittrand keine weiteren pathologischen
Veränderungen aufwies. Gefäße blieben bis zu einem minimalen
Durchmesser von 20 µm bei Drücken bis maximal 5 bar unverletzt.
Ungeklärt blieb die beobachtete hohe Variabilität der Schnitttiefen mit
Abweichungen von 33 % bis 50 %, durch welche ein klinischer Einsatz
der Technik zunächst nicht erfolgte.
Es folgte eine technische Weiterentwicklung des Wasserstrahlgerätes
inklusive der Zulassung für chirurgische Eingriffe. Dieses Gerät
produziert laut Hersteller einen kohärenten druckstabilen Wasserstrahl,
wodurch erneut die Frage seines Einsatzes in der Neurochirurgie
aufgeworfen wurde.
Das Ziel unserer Arbeitsgruppe ist zu untersuchen, ob der Water-Jet eine
sinnvolle Ergänzung des neurochirurgischen Instrumentariums darstellt.
Langfristig ist aber zu fordern, dass eine Reduktion des intraoperativen
Blutverlustes oder des postoperativen Hirnödems gezeigt werden kann.
Nur dann erscheint der Einsatz der Geräte mit seinem organisatorischen
und finanziellen Aufwand gerechtfertigt.
In einer vorhergehenden Arbeit ergab die morphometrische Ausmessung
der Schnitttiefen verschiedener Druckstufen an Kadaverschweinehirnen
einen homogenen Anstieg zwischen 1 und 4 bar. Allerdings
- 7 -
beobachteten wir auch eine größere Streuung der Schnitttiefen bei
höheren Drücken sowie ein häufiges Verstopfen der verwendeten 100
µm Düse [32].
Das neue Gerät besitzt eine CE-Zulassung für den chirurgischen Einsatz
am Menschen. Erste Anwendungen zeigen, dass das Gerät bei Patienten
mit verschiedensten Pathologien eingesetzt werden kann.
Deshalb war es das Ziel der hier vorliegenden Arbeit, die
Schneideeigenschaften einer neuen 120 µm Helix-Düse, welche in der
Leberchirurgie eingesetzt wird und sich dort bewährt hat, an
Kadaverschweinehirnen zu untersuchen. Es sollte geklärt werden, ob
verschiedene Hirnareale wie Großhirn mit Ventrikelependym, Kleinhirn,
Pons sowie Medulla oblongata einen unterschiedlichen
Dissektionswiderstand besitzen und der operative Einsatz damit eine
individuelle Anpassung der Wasserstrahldrücke erfordert.
Hierzu liegen bislang keine Untersuchungen vor.
- 8 -
2.
Material und Methode
2.1
Studiendesign
An insgesamt 25 frisch entnommenen Schweinehirnen wurden die
Dissektionseigenschaften des Water–Jet „Müritz 1000“ (Fa.
Euromed, Schwerin) bei Verwendung einer 120 µm Helix-Düse
und Drücken von 3 bis 12 bar untersucht. Klein- und Großhirn (mit
Ventrikelependym) sowie Pons und Medulla oblongata wurden
jeweils gesondert geschnitten. Nach Fixierung und anschließender
makroskopischer Beurteilung der Gewebe folgten Einbettung und
Standard-HE-Färbung. Abschließend wurden die histologischen
Präparate qualitativ beschreibend ausgewertet und die Beziehung
zwischen verwendetem Flüssigkeitsdruck und Schnitttiefe
morphometrisch bestimmt.
Im Folgenden wird die Versuchsanordnung detailliert beschrieben.
Auf eine Auflistung der verwendeten Materialien wurde bewusst
verzichtet. Die Materialien sind auf Seite 50 im Anhang aufgeführt.
- 9 -
2.2
Versuchsaufbau und Durchführung
2.2.1
Hirnentnahme
Die Organentnahme erfolgte innerhalb einer Stunde nach
Schlachtung der Tiere.
Die Schädelkalotte wurde mit einer Knochensäge nach Entfernung
der Weichteile knapp oberhalb des Hirns horizontal abgesetzt. Von
der Hinterkante der entstandenen Ebene wurde ein zweiter Schnitt
schräg bis zu den Condylen geführt. Ein dritter Schnitt wurde in
der Koronarebene durch Ethmoidalzellen und Orbitae gesetzt.
Anschließend wurden zu beiden Seiten des Hirns die Weichteile
mit Os temporale bis zum Porus acusticus externus entfernt und das
Hirn in toto aus dem Schädel entnommen.
2.2.2
Durchführung der Dissektionsversuche
Innerhalb 1-2 Stunden nach Organentnahme wurden die Hirne in
die einzelnen unterschiedlichen Regionen zerlegt (Abb. 1). Hierzu
wurde zunächst das Kleinhirn durch Durchtrennung der Pedunculi
cerebelli mit dem Skalpell abgesetzt und mittels Schnitt durch den
Vermis in die Hemisphären geteilt (Abb. 1a). Danach erfolgte die
Präparation von Pons und Medulla oblongata (Abb. 1b).
Schließlich wurden die Seitenventrikel jeweils durch einen
Längsschnitt durch die Großhirnhemisphären eröffnet (Abb. 1c).
Von jedem Hirn wurde eine Großhirnhemisphäre für die
Schnittversuche verwendet.
- 10 -
Abb. 1
An Großhirn und Hirnstamm erfolgten Schnitte mit den
Druckstufen drei, sechs, neun und zwölf bar, wobei sechs parallele
Schnitte rechtwinklig zu ihrer Längsachse gesetzt wurden (Abb. 2
und 3).
Abb. 2
a: Kleinhirnhemisphären b: Hirnstamm
c: Großhirnhemisphäre
Schnittfläche
Vermis
Pons
Arteria basilaris
Eröffneter Seitenventrikel
Medulla oblongata
Frontal Rostral
Parietal
Eröffneter Seitenv entrikelmit Ventrikelependym
grau e Substanz weiße Substanz
I II I II IV VISchnitte I-VI
V
- 11 -
Abb. 3
Am Kleinhirn wurde lediglich mit drei und sechs bar geschnitten,
da höhere Druckstufen zu einer kompletten Gewebedurchtrennung
führten. Pro Kleinhirnhemisphäre wurde ein Schnitt gesetzt.
Alle Schnitte wurden mit einer 120 µm Helix-Düse, einem
konstanten Düsen-Gewebeabstand von 1 cm und einem
Düsenvorschub von 1 cm/sec durchgeführt, wobei die Düse erst bei
Anliegen des vollen Drucks der jeweils eingestellten Druckstufe
mittels einer elektrischen Motorschiene (Abb. 3) geradlinig über
die Gewebe geführt wurde. Auf eine gleichzeitige Absaugung der
Schneideflüssigkeit wurde verzichtet, ebenso auf eine Entfernung
der Arachnoidea an Pons und Medulla oblongata vor Durchführung
der Schnittversuche.
Abb. 3
Motorschien e mit Einspann-vor richtung
Handstück
12 0 µm-Düse
Wasserleitung
I
III
II
IV
V
VI
Schnitte I -VI
Pons
Medulla oblongata
Arteria bas ilaris
- 12 -
Es erfolgte eine Photodokumentation der Dissektionsvorgänge.
Die geschnittenen Hirngewebe wurden für 10 Tage in Formalin
fixiert und anschließend makroskopisch ausgewertet.
2.3
Makroskopische Auswertung
Zur makroskopischen Auswertung wurde eine Aufsichtlupe mit
ca.10-facher Vergrößerung verwendet. Die Oberfläche des an die
Einschnitte angrenzenden Hirngewebes wurde auf durch den
Wasserstrahl bedingte Veränderungen untersucht. Der Verlauf der
Schnitte durch die Gewebe und die Beschaffenheit der dabei
entstandenen Schnittflächen wurde erfasst. Zusätzlich wurden die
Schnittkanäle auf verbliebene Gewebebrücken untersucht und diese
hinsichtlich Lokalisation, Anzahl und Ausdehnung beurteilt.
Die makroskopische Beurteilung erfolgte qualitativ beschreibend.
2.4
Histologische Aufarbeitung
Im Anschluss an die makroskopische Auswertung wurden die
Hirnteile rechtwinklig zur Schnittrichtung in 3 mm breite
Gewebeblöcke geschnitten, die sowohl vor als auch nach
maschineller Paraffineinbettung (siehe Langumlaufprogramm zur
Einbettung im Anhang, S. 52) zur Ermittlung der in deren Folge
auftretenden Gewebeschrumpfung vermessen wurden. Für das
Großhirn ergab sich ein Schrumpfungsfaktor der Präparate von
1,385, für das Kleinhirn von 1,28 und für den Hirnstamm von 1,12.
Aus jedem Block wurden nach Standard-HE-Färbung (Programm
des Färbe-Automats siehe Seite 53 im Anhang) zehn histologische
Präparate zur mikroskopischen Beurteilung hergestellt.
- 13 -
2.5
Mikroskopische Auswertung und Dissektionstiefenmessung
Alle Präparate wurden lichtmikroskopisch mit den gleichen
Vergrößerungen untersucht und mit identischen
Bewertungskriterien beurteilt.
Es erfolgte pro Druckstufe eine blinde Auswertung der Merkmale
Schnitttiefe, Schnittqualität, Randqualität, Gewebeveränderungen
und Art des geschnittenen Gewebes, Gewebebrücken und
Blasenbildung im Hirngewebe, die jeweils tabellarisch erfasst
wurden (ein Auszug aus der Tabelle ist auf Seite 54 im Anhang
aufgeführt).
Die exakte Messung der Schnitttiefen erfolgte mit einem
Vergrößerungsprojektor, mit dem die histologischen Präparate
zehnfach vergrößert auf eine ebene Fläche projiziert und vermessen
wurden. Zur Tiefenmessung wurden ausschließlich Präparate
herangezogen, auf denen der tiefste Punkt des Schnittes exakt
bestimmbar war. Über 80 % der Großhirnpräparate und 95 % der
Kleinhirn- und Hirnstammpräparate konnten zur Messung der
Schnitttiefen verwendet werden.
Es wurden die jeweils am höchsten liegenden Punkte zu beiden
Seiten eines Schnittkanals durch eine Linie (I) verbunden und von
deren Mittelpunkt die Distanz (II) bis zum tiefsten Punkt des
Schnittes auf 1/10 Millimeter genau gemessen (Abb. 4).
Abb. 4
I
II
- 14 -
Sämtliche Schnittränder wurden mikroskopisch untersucht und drei
unterschiedlichen Randqualitäten zugeordnet. Dazu wurden
entsprechende Referenzschnitte (Abb. 5a-c) fotografiert, vergrößert
und zur Beurteilung jedes einzelnen Präparates vergleichend
herangezogen.
Im Folgenden wird eine Beschreibung der unterschiedlichen
Randqualitäten gegeben. Entsprachen die Ränder eines
Schnittkanals unter 40-facher Vergrößerung zu über zwei Dritteln
einer dieser Beschreibungen, wurde dem Schnitt die entsprechende
Randqualität zugeteilt.
Während die Schnittränder der Schnittrandqualität 1 glatt wie mit
einem spitzen Stift nachgezogen erscheinen und sich keine einzeln
in den Schnittkanal hinein ragenden Zellanteile finden (Abb. 5a),
erscheinen die Schnittränder der Schnittrandqualität 2 leicht
unregelmäßig. Das randbildende Gewebe erscheint leicht
aufgelockert (Abb. 5b).
Die Schnittränder der Schnittrandqualität 3 präsentieren sich
hingegen unregelmäßig. Hier ragen die randständigen Zellen
voneinander gelöst in den Schnittkanal hinein. Das randbildende
Gewebe erscheint aufgelockert (Abb. 5c).
Abb. 5a-c:
c: Randqualität 3a: Randqualität 1 b: Randqualität 2
- 15 -
Die Widerstände gegenüber der Wasserstrahldissektion wurden für
jede Hirnregion gesondert erfasst und anschließend statistisch
miteinander verglichen.
Im Großhirn wurden die Dissektionswiderstände von Schnitten
durch das Ventrikelependym gesondert ausgewertet.
Ferner wurden die Präparate auf das Vorkommen von
Gewebebrücken innerhalb der Schnittkanäle und kleinen Blasen im
an die Schnitte angrenzenden Hirngewebe untersucht.
2.6
Statistische Berechnungen
Es erfolgte für jede Druckstufe eine statistische Prüfung auf
Differenz zwischen den Dissektionstiefen in den verschiedenen
Hirnregionen. Außerdem wurde geprüft, ob eine Erhöhung der
Druckstufe auch eine signifikant größere Schnitttiefe zur Folge hat.
Ferner wurde die statistische Korrelation zwischen jeweils
angewendetem Flüssigkeitsdruck und den Merkmalen
Schnittrandqualität, Brücken- und Blasenbildung geprüft.
- 16 -
3.
Ergebnisse
3.1
Anzahl der Schnitte pro Hirnregion
An 25 Großhirnhemisphären und 25 Hirnstämmen (Pons und
Medulla oblongata) erfolgten insgesamt 300 Schnitte
unterschiedlicher Druckstufen (siehe Tab. I). Von jedem Schnitt
wurden zehn histologische Präparate lichtmikroskopisch
ausgewertet.
An 50 Kleinhirnhemisphären wurden mit drei bar 35 und mit sechs
bar 15 Schnitte durchgeführt (Tab. I). Bei höheren Druckstufen
kam es zunehmend zu vollständiger Dissektion der
Kleinhirnhemisphären, so dass eine Beurteilung nicht mehr
möglich war. Von jedem Schnitt wurden zehn histologische
Präparate hergestellt und mikroskopisch ausgewertet.
Tab.I
Schnittanzahl Druck [bar]
Großhirn Hirnstamm Kleinhirn
3 60 40 35
6 43 38 15
9 27 36
12 20 36
Gesamt 150 150 50
- 17 -
3.2
Dissektion
Das Hirngewebe wurde sofort bei Kontakt mit dem
Flüssigkeitsstrahl dissektiert und oberflächlich etwas auseinander
gedrängt (Abb. 6).
Abb. 6
Dissektion einer Großhirnhemisphäre
Hands tück
120 µ m Helix-Düse
Jet-Strahl
Schnitt
Seitenventrikelmit Ventrikelependym
Dissektion einer Kleinhirnhemisphäre
Hands tück
120 µm Helix-Düse
Kleinhirnhemisphäre
Pons
Medulla oblongata
Dissektion des Pons und derMedulla oblongata
- 18 -
Lokal kam es dabei zu einem leichten Aufschäumen der
Schneideflüssigkeit und zu einem Verspritzen kleinster Tropfen
durch Reflexion des Wassers an der Gewebeoberfläche.
3.3
Schnittmorphologie
Makroskopisch zeigte das Hirngewebe in unmittelbarer Umgebung
der Schnitte keine Hinweise auf eine mechanische
Gewebetraumatisierung. Die Gewebekonsistenz erschien im
Vergleich mit nicht geschnittenem Hirngewebe unverändert.
Mikroskopisch zeigte das den Schnitten angrenzende Hirngewebe
keine Auftrennung des Zellverbandes und erschien ebenfalls
unverändert im Vergleich mit dem übrigen Hirngewebe.
In wenigen Fällen wurden aus den Schnitträndern herausgerissene
Zellen oder Erythrozyten in den unteren Abschnitten der
Schnittkanäle gefunden.
Die Schnitte klafften oberflächennah wenige Millimeter
auseinander und verjüngten sich in der Tiefe, so dass eine V-
förmige Schnittkanalform entstand (Abb. 7-12).
Abb.7
Aufsicht einer Großhirnhemisphäre
nach Dissektion mit 3 bar
- 19 -
Abb. 8
Seitenaufsicht einer Großhirnhemisphäre
nach Dissektion mit 3 bar
Abb. 9
Aufsicht einer Großhirnhemisphäre
nach Dissektion mit 6 bar
Abb. 10
Abb. 10
Seitenaufsicht einer Großhirnhemisphäre
nach Dissektion mit 6 bar
- 20 -
Abb. 11
Aufsicht zweier Kleinhirnhemisphären
nach Dissektion mit 3 bar
Abb.12
Seitenaufsicht zweier Kleinhirnhemisphären
nach Dissektion mit 3 bar
Auch auf den histologischen Präparaten zeigte sich am häufigsten
ein V-förmiger Einschnitt (Abb. 13 a). Daneben traten Schnitte mit
Kaliberschwankungen am Übergang verschiedener Hirnsubstanzen
auf (Abb. 13 b). Seltener zeigten sich irreguläre Schnittformen mit
schraubenförmigen oder gespaltenen Schnittkanälen (Abb. 13 c).
Schnittkanal durch die Kleinhirnhemisphären
- 21 -
Abb. 13
Am Hirnstamm waren makroskopisch nur oberflächliche Schnitte
zu erkennen, da das Gewebe nach der Dissektion nicht auseinander
klaffte und die Arachnoidea während der Dissektion im Gegensatz
zu den anderen Hirnregionen noch vorhanden war.
Die Arachnoidea wurde durch den Wasserstrahl mit zunehmendem
Druck vermehrt perforiert. Histologisch zeigten sich bei den
Druckstufen 3 und 6 bar nur wenige Perforationen. Mit den
höheren Druckstufen wurde die Arachnoidea meist vollständig
durchtrennt und lag mit den freien Enden den Schnittkanalwänden
an.
Die Untersuchung von insgesamt 17 gefundenen pialen Gefäßen
am Hirnstamm mit einer Aufsichtlupe ließ keine Beschädigungen
erkennen. Auch histologisch zeigten die zwischen 20 und 200 µm
durchmessenden Gefäße keine Destruktionen und imponierten alle
mit einem regelrechten Wandaufbau.
Die Schnittkanäle am Hirnstamm zeigten in der mikroskopischen
Untersuchung im Vergleich mit Groß- und Kleinhirn vermehrt
irreguläre Formen (vgl. Abb. 13 c).
a b cSchnittflächen
Schnittkanäle
Hirngewebe
- 22 -
Die Schnitte an Groß- und Kleinhirn entsprachen nicht in allen
Fällen der geradlinigen Schnittführung, sondern zeigten vor allem
bei den höheren Druckstufen abschnittsweise meanderförmige
Verläufe (Abb.14 a).
Abb. 14
Meanderförmiger Gewebebrücken
Schnittverlauf nach innerhalb eines
Dissektion mit 6 bar Schnittkanals
Beim leichten Auseinanderspreizen der Schnitte konnten die
entstandenen Schnittflächen mit einer Aufsichtlupe untersucht und
einer Makroobjektivkamera photographiert werden.
In den Schnittkanälen verblieben dünne Gewebebrücken, die sich
zwischen den Schnittflächen wenige Millimeter über dem
Schnittkanalgrund ausspannten (Abb. 14 b).
Histologisch konnten die aus drei bis ca. zwanzig Zellschichten
bestehenden Gewebebrücken meist im distalen Drittel von 20 %
der Großhirnschnitte, 36 % der Kleinhirnschnitte und zu ca. 30 %
im Hirnstamm nachgewiesen werden. Meist zeigten die Präparate
nur ein bis zwei Gewebebrücken pro Schnittkanal. Seltener
Vorderhorn eines Seitenventrikels
Gewebebrücken
Schnittkanal
a b
- 23 -
konnten im selben Schnittkanal mehrere übereinander liegende
Gewebebrücken nachgewiesen werden (Abb. 15 a, b).
Abb. 15
Distal der Gewebebrücken wiesen viele der Schnittkanäle
kolbenartige, äußerst glatt begrenzte Auftreibungen auf (Abb. 16).
Abb. 16
a b
Gewebebrücken
Schnittkanal
Tiefster Punkt des Schnittes
Schn ittkanal
Gewebebrücke
Tiefster Punkt des S chni ttes
- 24 -
Innerhalb der Gewebebrücken waren in einigen Fällen feine
Blutgefäße zu erkennen, die den Schnittkanal ohne größere
Beschädigung durch den Wasserstrahl durchzogen (Abb. 17).
Abb. 17
Blutgefäße innerhalb von Gewebebrücken im Schnittkanal:
Oben: ein ca. 200 µm durchmessendes, weitgehend intaktes
Gefäß
Unten: ein nur teilweise dargestelltes , ca. 20 µm
durchmessendes Gefäß
Schnittkanal
Blutgefäß Erythrozyten
Gewebebrücke
Schnittkanal
Gewebebrücke
Blutgefäß
- 25 -
Ca. 12 % der Großhirn- und 22 % der Kleinhirn-Präparate wiesen
in den distalen Bereichen der Schnittkanäle kleinste glattwandige
Blasen im Hirngewebe auf (Abb. 18 a-c). Pro Schnitt zeigten sich
bis zu drei solcher Blasen, die wenige Zellschichten von den
Schnittkanälen entfernt lagen. Zwischen Schnittkanälen und Blasen
konnte keine sichtbare Verbindung ausgemacht werden. Die
Anzahl der Blasen, deren Durchmesser zwischen 20 und 50 µm
betrug, nahm im Großhirn mit Zunahme des Flüssigkeitsdruckes
signifikant ab. Im Kleinhirn und Hirnstamm erwies sich ihr
Vorkommen als druckunabhängig.
Abb.18
Die mikroskopische Untersuchung der Schnittränder ergab für die
weiße Hirnsubstanz eine signifikante Korrelation zwischen
Druckstufe und Randqualität. Während bei den niedrigen
Druckstufen überwiegend äußerst glatte Schnittränder gefunden
wurden, wiesen die Präparate bei Druckerhöhung auf 9 bzw. 12
bar vermehrt unregelmäßig konfigurierte Schnittränder auf.
Für die graue Hirnsubstanz ergab sich dagegen keine Beziehung
zwischen Randqualitäten und Flüssigkeitsdruck.
a b c
- 26 -
3.4
Dissektionstiefen und statistische Ergebnisse
Dissektionstiefe und Flüssigkeitsdruck zeigten im Groß- und
Kleinhirn eine annähernd lineare Korrelation (Abb. 19 a, b und
Tab. II a-d).
Abb. 19 a
Graphische Darstellung von 1. und 3. Quartil, Mittelwert und
Median der Dissektionstiefen pro Druckstufe und Hirnregion (Werte
mit Std.-Abweichung in den Tabellen II a-d)
Dissektionstiefen - Großhirnschwarz: ohne Ependym; rot: mit Ependym)
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
3bar
6bar
9bar
12bar
Arbeitsdruck (Düse: 120-µm-Helix-Jet)
Tie
fe in
mm
ohne Ependym 3. Quartil ohne Ependym Mittelohne Ependym Median ohne Ependym 1. Quartilmit Ependym 3. Quartil mit Ependym Mittelmit Ependym Median mit Ependym 1. Quartil
- 27 -
Tab: II a
Großhirn ohne Ependym Druckstufe 3 bar 6 bar 9 bar 12 bar 3. Quartil 8,17 10,80 14,89 20,22 Mittelwert 7,33 9,63 12,79 18,71 Median 7,06 9,28 12,74 19,87 1. Quartil 5,68 7,62 10,53 16,48 Std.-Abw. 2,74 3,27 3,15 2,03
Tab. II b
Großhirn mit Ependym
Druckstufe 3 bar 6 bar 9 bar 3. Quartil 7,20 11,22 11,70 Mittelwert 6,18 9,75 11,70 Median 5,75 9,63 11,63 1. Quartil 4,76 8,31 11,63 Std.-Abw. 1,73 3,42 0,12
Tab. II c
Kleinhirn Druckstufe 3 bar 6 bar 3. Quartil 9,38 13,12 Mittelwert 7,54 9,82 Median 7,26 10,88 1. Quartil 4,83 4,86 Std.-Abw. 3,33 4,55
Tab. II d
Hirnstamm Druckstufe 3 bar 6 bar 9 bar 12 bar 3. Quartil 3,93 6,24 4,42 4,79 Mittelwert 3,06 3,85 3,03 4,19 Median 2,69 3,61 3,04 4,26 1. Quartil 2,10 2,29 2,44 3,92 Std.-Abw. 1,65 2,14 1,36 1,01
- 28 -
Abb. 19 b
Schnitte durch das Ventrikelependym wurden in der
lichtmikroskopischen Auswertung gesondert erfasst und deren
Dissektionstiefen mit den übrigen Schnitten verglichen. Für die
Druckstufen 3 und 9 bar ergab der statistische Vergleich der
Messwerte einen signifikant höheren Dissektionswiderstand für
Schnitte durch das Ventrikelependym (Tab. III, Spalte 4). Für die
Druckstufe 3 bar lag die durchschnittliche Dissektionstiefe dieser
Schnitte bei 6,18 mm, während die übrigen Großhirnschnitte bei
gleicher Druckstufe eine mittlere Schnitttiefe von 7,32 mm
aufwiesen (Abb. 19 a, Tab. II a/b). Bei der Druckstufe 6 bar lag die
mittlere Schnitttiefe für das ependymfreie Großhirngewebe mit
Dissektionstiefen - Kleinhirn und Hirnstamm(schwarz: Kleinhirn; rot: Pons&Medulla ablongata)
0
2
4
6
8
10
12
14
3 bar 6 bar 9 bar 12bar
Arbeitsdruck (Düse: 120-µm-Helix-Jet)
Tie
fe in
mm
Kleinhirn 3. Quartil Hirnstamm Mittel Kleinhirn Mittel
Kleinhirn Median Kleinhirn 1. Quartil Hirnstamm 3. Quartil
Hirnstamm Median Hirnstamm 1. Quartil
- 29 -
9,63 mm allerdings gering unter der des Großhirns mit Ependym
von 9,74 mm. Mit 9 bar wurde das Hirngewebe mit
Ventrikelependym 11,7 mm tief dissektiert, wobei das übrige
Großhirn mit diesem Druck im Mittel 12,78 mm tief geschnitten
wurde.
Das Kleinhirn wies den geringsten Dissektionswiderstand auf
(Abb. 19 b, Tab. II c). Bei 3 bar lagen die Dissektionstiefen (im
Mittel 7,54 mm) signifikant über der des Großhirns (Großhirn
sowohl mit als auch ohne Ependym) und des Hirnstamms (Tab. III,
Spalte 3, 5, 6). Bei Erhöhung der Druckstufe auf 6 bar vergrößerte
sich die mittlere Dissektionstiefe auf durchschnittlich 9,82 mm, ein
signifikanter Unterschied stellte sich jedoch nur zu den Schnitten
an Großhirn mit Ependym und Hirnstamm heraus (Tab III, Spalte 3
u. 5).
Am Hirnstamm führten Veränderungen des Flüssigkeitsdruckes nur
zu unwesentlichen Veränderungen der Dissektionstiefe (Abb. 19 b,
Tab. II d). Auffallend war der für alle Druckstufen signifikant
höhere Dissektionswiderstand des Hirnstamms im Vergleich mit
allen anderen Hirnregionen (Tab. III, Spalte 1-3). Die
durchschnittliche Dissektionstiefe bei 3 bar lag mit 3,06 mm
deutlich unter der des Groß- und Kleinhirns. Bei Erhöhung der
Druckstufe auf 6 bar kam es zunächst zu einem Anstieg der
Schnitttiefe auf 3,85 mm. Interessanterweise kam es bei Erhöhung
des Druckes von 6 auf 9 bar zunächst zu einer Verringerung der
Schnitttiefe auf 3,03 mm, die bei weiterer Erhöhung der Druckstufe
auf 12 bar wieder anstieg und 4,18 mm betrug. (Abb. 19 b / Tab. II
d).
- 30 -
Tabelle III:
Signifikanzen zur Divergenz der Dissektionstiefen in den verschiedenen
Hirnregionen (t-Test [* = p<0.05])
Druck
in bar
HS –
GhmE
HS -
GHoE
HS –
KH
GhmE -
GHoE
GhmE -
KH
GhoE –
KH
3
p<0.0001* p<0.0001* p<0.0001* p<0.0001* p<0.0001* p<0.0001*
6
p<0.0001* p<0.0001* p<0.0001* p=0.0049* p=0.0006* p = 0.0503
9
p<0.0001* p<0.0001* p=0.0240*
12
p<0.0001*
HS: Hirnstamm
KH: Kleinhirn
GHmE: Großhirn mit Ependym
GHoE: Großhirn ohne Ependym
Hervorzuheben ist, dass der Vergleich der Dissektionstiefen
zunächst pro Druckstufe erfolgte. Hier ergaben sich für die
verschiedenen Hirnregionen bei jeweils gleicher Druckstufe
signifikant unterschiedliche Dissektionswiderstände. Eine
Ausnahme bildete lediglich die Gegenüberstellung von [Kleinhirn]
und [Großhirn ohne Ependym] bei 6 bar (Tabelle III).
Weiterhin wurde der Einfluss einer Druckerhöhung auf die
Dissektionstiefen überprüft. Die Ergebnisse zeigten, dass eine
Erhöhung der Druckstufe auch zu einer Vergrößerung der
Schnitttiefen führt. Somit besteht eine signifikante Korrelation
zwischen Flüssigkeitsdruck und Schnitttiefe für alle getesteten
Hirnregionen mit Ausnahme des Hirnstammes. Hier zeigt sich bei
Erhöhung des Druckes von drei auf neun bar und von sechs auf
- 31 -
zwölf bar kein signifikanter Unterschied der Dissektionstiefen
(Tabelle IV, Spalte 2 u.5).
Tabelle IV:
Signifikanzen zum Anstieg der Dissektionstiefe bei Druckerhöhung
(t-Test [* = p<0.05])
Hirn-
Region
3 - 6 bar 3 - 9 bar 3 - 12 bar 6 - 9 bar 6 - 12 bar 9 - 12 bar
Pons/M. p=0.0301* p=0.4597 p=0.0001* p=0.0181* p=0.1745 p<0.0001*
Kleinhirn p<0.0001*
Großhirn
mit Ep.
p<0.0001* p<0.0001* p<0.0001*
Großhirn
ohne Ep.
p<0.0001* p<0.0001* p<0.0001* p<0.0001* p<0.0001* p<0.0001*
3.5
Zusammenfassung der Ergebnisse
Mit dem gewählten Versuchsaufbau konnte neben der
grundsätzlichen Eignung des Water-Jet Verfahrens zur
gewebeschonenden Dissektion von Hirngewebe gezeigt werden,
dass die verschiedenen Hirnregionen mit zunehmender Tiefe in der
Reihenfolge Hirnstamm, Großhirn mit Ependym, Großhirn ohne
Ependym und Kleinhirn bei jeweils gleicher Druckstufe exakt und
zuverlässig durch das Wasserstrahlskalpell unter Verwendung einer
neuen 120 µm Helix-Düse dissektiert werden. Piale Gefäße und
Gefäße innerhalb von Gewebebrücken, die meist im distalen Drittel
der Schnittkanäle liegen, bleiben bis zu einem minimalen
Durchmesser von ca. 20 µm während der Dissektion unverletzt.
- 32 -
4.
Diskussion
In der hier vorliegenden Arbeit wurden die Dissektionseigenschaften
einer neu entwickelten 120 µm-Helixdüse mit einem Hydrodissektor
(„Müritz 1000“ der Fa. Euromed, Schwerin) an frisch entnommenen
Schweinehirnen untersucht.
Ziel war es, die Beziehung zwischen Flüssigkeitsdruck und
Schnitttiefe für verschiedene Hirnregionen zu ermitteln, und
Schnittpräzision der Düse sowie Gewebetraumatisierung
mikroskopisch anhand der entstandenen Schnittränder zu untersuchen.
Die Ergebnisse ergaben eine zuverlässige, schnelle und präzise
Dissektion aller Hirnregionen im getesteten Druckbereich von 3 bis 12
bar.
Flüssigkeitsdruck und Schnitttiefe zeigten eine annähernd lineare
Korrelation, wobei sich unterschiedliche Dissektionswiderstände der
verschiedenen Hirnregionen herausstellten.
Das Kleinhirn zeigte den geringsten Dissektionswiderstand. Gleiche
Druckstufen ergaben im Vergleich mit Großhirn und Hirnstamm stets
größere Schnitttiefen.
Ventrikelependym und Arachnoidea setzten dem Water-Jet einen
zusätzlichen Widerstand entgegen und reduzierten dessen
Dissektionskraft am darunter liegendem Hirngewebe.
Der Hirnstamm besaß den größten Dissektionswiderstand.
Bei klinischer Anwendung des Water-Jet muss den unterschiedlichen
Dissektionswiderständen der verschiedenen Hirnregionen mit einer
entsprechenden Modulation der Druckstufe Rechnung getragen
werden.
- 33 -
4.1
Schnitttiefen
Die durchschnittliche Dissektionstiefe mit 3 bar betrug im Großhirn
zwischen 6,2 und 7,2 mm. Histologisch fand sich ein gerader, V-
förmiger Schnitt im Hirngewebe mit glattem Schnittrand.
Mit dieser Druckstufe wurde das Hirnparenchym zuverlässig und exakt
dissektiert.
Terzis et al. zeigte bereits 1988 mit einem nicht für die Klinik
zugelassenen Prototypen des Water-Jet eine Dissektion von
Hirnparenchym an Kadaverschweinehirnen. Er stellte eine Korrelation
zwischen verwendetem Flüssigkeitsdruck und Schnitttiefe bei
verschiedenen Düsengrößen fest [42, 43].
Im Druckbereich zwischen 0,5 und 3 Bar erreichte er Schnitte mit
einer relativ großen Streuung der Eindringtiefen von 1 bis 4,5 mm.
Bei einem Druck von 3 Bar betrug die von seiner Arbeitsgruppe
gemessene Schnitttiefe 3-4,5 mm. Auffallend war ein mit dem
Flüssigkeitsdruck zunächst lineares, dann jedoch abruptes Ansteigen
der Schnitttiefe [42, 43].
Im Rahmen einer Studie der Klinik für Neurochirurgie und
Neuropathologie in Greifswald wurden 1998 mit einem
weiterentwickelten, klinisch zugelassenen Water-Jet Gerät
Schnittversuche an Großhirnhemisphären frisch entnommener
Schweinehirne durchgeführt und erste klinische Erfahrungen an 9
Patienten (7 Patienten mit Gliomen, 2 Patienten mit
Temporallappenepilepsie) gesammelt. Zur Anwendung kamen 100
µm durchmessende Düsen mit geradem Innenschliff [32].
Zwischen 1 und 6 Bar ergaben sich homogene Anstiege der
Schnitttiefen, die bei höheren Druckstufen allerdings eine größere
Streuung zeigten.
- 34 -
Die morphometrische Ausmessung unserer Schnitte erbrachte im
Vergleich zu Terzis et al. und der oben aufgeführten Arbeitsgruppe in
Greifswald eine größere Dissektionstiefe bei gleicher Druckstufe und
einen nahezu linearen Anstieg der Schnitttiefen ohne sprunghaften
Anstieg bei Erhöhung des Flüssigkeitsdrucks.
Sowohl die größere Dissektionstiefe als auch deren linearer Anstieg
bei Druckerhöhung führen wir auf die von uns verwendete 120 µm
Helix-Düse zurück. Diese Düse produziert einen laminaren
Wasserstrahl mit einer bohrerartigen Spiralbewegung, der das Gewebe
auseinander drängt. Im Vergleich mit den herkömmlichen 80- und 100
µm Düsen führt vermindert auftretendes Verstopfen der 120 µm Helix-
Düse zu einer zuverlässigeren Funktion bei hoher Schnittpräzision und
größeren Dissektionstiefen mit geringerer Schnitttiefenvariabilität.
Dennoch beobachteten wir pro Druckstufe geringe Schwankungen der
Schnitttiefen.
Wie bereits schon von Terzis et al. [42, 43] beschrieben, fanden auch
wir im distalen Drittel der Dissektionskanäle dünne Gewebebrücken,
die sich zwischen den Schnittkanalwänden ausspannten und vom Jet-
Stahl nicht durchtrennt wurden. Distal dieser Gewebebrücken fanden
sich meist deutliche Auftreibungen der Schnittkanäle (siehe Abb. 16).
Dieses Phänomen führen wir auf eine verminderte Dissektionskraft des
Wasserstrahls unterhalb der Gewebebrücken zurück, wodurch ein Teil
der Schnitttiefenvariabilität erklären werden kann.
Darüber hinaus sind geringe Unterschiede der Kadaverhirne in der
Gewebefestigkeit trotz einheitlicher Entnahme, Vorbehandlung und
Dissektion nicht auszuschließen, da biologische Faktoren wie Alter der
Tiere und Hydratationszustand der Hirne auf die Gewebekonsistenz
Einfluss nehmen.
Für den klinischen Einsatz ergeben unterschiedlichste Konsistenzen
von pathologisch verändertem Gewebe neue Diskussionspunkte.
- 35 -
Entzündliche oder ödematöse Prozesse sowie Tumore mit
verminderter Gewebefestigkeit könnten aufgrund eines geringeren
Dissektionswiderstands eine entsprechende Anpassung der
Druckstufen erfordern. Für die Resektion von festerem Tumorgewebe
werden notwendigerweise höhere Drücke erforderlich, die eine Gefahr
für das gesunde Hirnparenchym darstellen können.
In einer Studie an 35 Patienten der Universitätsklinik Greifswald
wurde der Water-Jet letztes Jahr zur Resektion von Gliomen,
Hirnmetastasen, epileptogenen Herden bei Temporallappenepilepsie,
Kleinhirnhämangioblastomen, Menigeomen und einer Arteria carotis
interna–Stenose in Kombination mit konventionellen
neurochirurgischen Operationstechniken bereits erfolgreich eingesetzt
[29]. Intraoperativ zeichnete sich der Water-Jet durch einfache
Handhabung und zuverlässige, komplikationslose Dissektion der
pathologischen Gewebe aus, für die Drücke zwischen 3 und 45 bar
benötigt wurden. Für die Resektion der Gliome und Metastasen, zur
Epilepsiechirurgie und zur Entfernung der Hämangioblastome waren
Drücke zwischen 3 und 17 bar nötig. Für die Resektion der
gewebsfesteren Menigeome und der ACI-Stenose wurden allerdings
höhere Drücke zwischen 20 und 45 bar notwendig [23, 29].
In einer weiteren klinischen Studie der Neurochirurgischen Klinik der
Universität Greifswald an 10 Patienten mit Hirnmetastasen erwies sich
der Water-Jet als äußerst hilfsreiches Instrument zum Tumor-
Debulking insbesondere von weichen, schlecht zum gesunden
Hirnparenchym demarkierten Tumoren. Es wurde eine präzise
Separation dieser Tumore vom umgebenden Hirnparenchym erreicht
[24].
Die Studien verdeutlichen, dass der Water-Jet zur Resektion von
Geweben verschiedenster Konsistenz geeignet ist, jedoch eine
individuelle Druckanpassung an das jeweilige Zielgewebe
- 36 -
vorgenommen werden muss. Bei Applikation hoher Druckstufen wie
sie z.B. für die Resektion von Menigeomen notwendig werden, ist
unter Einbeziehung unserer Schnitttiefenmessungen ein konsekutives
Risiko für den Patienten denkbar, da ein unbeabsichtigt tiefes
Eindringen des Wasserstrahls in das den Tumor umgebende, gesunde
Hirnparenchym möglich wird und zu einer Gefährdung des Patienten
führen könnte.
4.2
Gefäßpreservation
Unsere Ergebnisse zeigen, dass cerebrale Gefäße von 20-200 µm
Durchmesser innerhalb des getesteten Druckbereichs von 3-12 bar bei
gleichzeitiger Dissektion des Hirngewebes durch den Water-Jet nahezu
unbeschadet bleiben. Die Ergebnisse stützen sich auf Beobachtungen
pialer Gefäße des Hirnstamms und innerhalb von Gewebebrücken
preservierter Gefäße in den Schnittkanälen.
Auch Terzis et al. [42, 43] beschrieb das Vorkommen von
Gewebebrücken in den Schnittkanälen mit darin enthaltenen, vom Jet-
Strahl unbeschadeten Blutgefäßen mit einem minimalen Durchmesser
von 20 µm.
Essig et al. [10] zeigte in einer Studie zur selektiven Hirndissektion mit
dem Water-Jet an der Arteria basilaris und pialen Gefäßen des
Schweinehirns eine Gefäßpreservation vor allem für Druckstufen
zwischen 3-15 bar. In diesem Druckbereich zeigte sich die ca. 1 mm
durchmessende Arteria basilaris bei gleichzeitiger Dissektion des
darunter liegenden Hirngewebes in über 85 % intakt. Die Ergebnisse
konnten durch die Untersuchung pialer Gefäße nach Dissektion an
Großhirnhemisphären untermauert werden.
- 37 -
Bei klinischer Anwendung des Water-Jet könnten die im
Dissektionskanal preservierten Blutgefäße unter direkter Sicht selektiv
ligiert oder koaguliert werden, was eine weitere Reduktion des
intraoperativen Blutverlustes und Gewebetraumas und somit eine
Verminderung des postoperativen Hirnödems ergeben könnte.
In der oben aufgeführten Studie der Klinik für Neurochirurgie in
Greifswald an 35 Patienten mit unterschiedlichen Hirnneoplasien
konnten mit dem Water-Jet im Druckbereich von 3-17 bar stark
vaskularisierte Gliome, epileptogene Herde, cerebelläre
Hämangioblastome und Metastasen unter Erhalt der im Operationsfeld
liegenden Gefäße blutarm reseziert werden.
Bei höheren Druckstufen über 25 bar, wie sie zur Resektion von
Meningeomen notwendig wurden, zeigte sich allerdings auch eine
Dissektion der Gefäße im Operationsfeld [23, 29].
Die Gefäßpreservation und die Gewebeselektivität als wesentliche
Vorteile der Water-Jet- Dissektion verringern sich demnach mit
zunehmender Druckstufe, da ab einem bestimmten Flüssigkeitsdruck
alle Gewebe disseziert werden.
4.3
Schnittränder und Gewebetraumatisierung
Histologisch zeigten sich bei den von uns geschnittenen Hirnen
insbesondere bei 3 und 6 Bar geradlinige Schnitte im Hirnparenchym
mit äußerst glatt begrenzten Schnitträndern. Höhere Druckstufen
ergaben unregelmäßigere Schnittränder. Das den Schnitten
angrenzende Hirngewebe zeigte mikroskopisch keine Traumatisierung
durch das einschießende Wasser.
- 38 -
Auch Terzis et al. und unsere Arbeitsgruppe in Greifswald zeigten
nach der Dissektion mikroskopisch glatte Schnittränder. Terzis et al.
beschrieben allerdings eine Flüssigkeitsansammlung im Hirngewebe
bis zu einem Abstand von 10-20 µm vom Schnittrand, die von uns
nicht gefunden wurde.
Zusammenfassend ergibt sich unter Anbetracht der vorliegenden
Ergebnisse und der klinischen Studien für die 120 µm Helix-Düse ein
optimaler Druckbereich von 3 bis 20 bar, um Gefäßpreservation bei
zuverlässiger und gewebeselektiver Dissektion als wesentliche
Vorteile des Water-Jet zu nutzen, und eine Gefährdung des Patienten
durch übermäßig tiefes Eindringen in gesunde Hirnstrukturen zu
vermeiden.
Bei Applikation höherer Druckstufen für bestimmte klinische
Anwendungsgebiete wie der Resektion von Meningeomen oder
anderen rigideren Tumorgeweben muss der Operateur eine hohe
Aufmerksamkeit hinsichtlich des verwendeten Arbeitsdruckes walten
lassen, um keinen unbeabsichtigten Tiefenschaden des gesunden
Hirngewebes zu setzen.
4.4
Anwendungsprobleme und Lösungsmöglichkeiten
Während der Dissektion beobachteten wir eine geringe Reflexion des
Wassers an der Gewebeoberfläche. Dieses Phänomen wurde bereits
von anderen Arbeitsgruppen als „Back-Spray“ oder „fountain effect“
beschrieben [8, 40].
Zusätzlich beobachteten wir ein leichtes Aufschäumen der
Schneideflüssigkeit bei Kontakt mit dem Hirngewebe.
- 39 -
Das Verspritzen kleinster Tropfen könnte bei klinischer Anwendung,
insbesondere bei septischen Operationen, eine Infektionsgefährdung
für die Operateure darstellen. Weiter wäre ein Ausschwemmen
infektiösen Materials mit der Schneideflüssigkeit in andere Bereiche
des Operationsgebietes denkbar.
Im Operationsgebiet akkumulierendes Wasser könnte die
Dissektionsleistung des Water-Jet herabsetzen und bei Anwendung in
der Tumorchirurgie zu einer nicht zu kontrollierenden Verschleppung
von Tumorzellen führen.
Diese Probleme können jedoch, wie in der Vergangenheit durch einige
Arbeitsgruppen demonstriert, durch Verwendung eines
Kunststoffschildes am Handstück des Water-Jet gelöst werden, das
zurückspritzende Flüssigkeit mit darin enthaltenem infektiösen
Material abfängt [8]. Außerdem kommen im klinischen Einsatz der
Water-Jet-Geräte Absaugvorrichtungen zur Anwendung, die
Flüssigkeitsansammlungen mit darin enthaltenen Zellen oder
entstandenen Schaum im Resektionsgebiet entfernen.
Eine Auswertung von insgesamt 108 in der Neurochirurgischen Klinik
in Greifswald bereits stattgefundenen Operationen mit dem Water-Jet
ergab zudem nur einen postoperativen Abszeß. Damit lag das
Infektionsrisiko für diese Operationen unter dem Normalrisiko für
postoperative Infektionen.
Weiter kam es nach ca. 80 Tumor-Operationen, davon 50 maligne
Tumoren, nur zu einem Frührezidiv eines malignen Melanoms.
Trotz dieser niedrigen postoperativen Komplikationsraten wäre über
den Zusatz zytotoxischer Substanzen zur Schneideflüssigkeit zu
diskutieren. Zusätze zur Minimierung der Oberflächenspannung
könnten zur weiteren Reduktion auftretender Schaumblasen führen.
- 40 -
Während der Dissektion kam es sehr selten zu einer Okklusion der von
uns verwendeten 120 µm Helix-Düse.
Das häufig beschriebene Verstopfen der Düsen [32, 34] beobachteten
wir lediglich in Vorversuchen mit einer 80-µm Düse. Somit scheint die
120 µm Helix-Düse eine akkurate Schnittführung mit glatten
Resektionsrändern unter hinlänglicher Kontrollierbarkeit und
verlässlicher Funktion zu bieten.
Bei Verwendung kleinerer Düsenlumina kann über den Einsatz
elektrolytfreier Schneideflüssigkeit oder einer intermittierenden
automatischen Düsenspülung mit aqua dest. nachgedacht werden.
4.5
Ausblick
Vor einem breiten klinischen Einsatz des Water-Jet erscheinen
zunächst weitere Schnittversuche unter physiologischen Bedingungen
sinnvoll, z.B. an unter Perfusion stehenden Kadaverhirnen, da hier ein
zum unperfundierten Hirn unterschiedlicher Dissektionswiderstand
denkbar ist.
Die von uns und den vorherigen Arbeitsgruppen erfaßte
Gefäßpreservation könnte während der Dissektion, z.B. anhand
austretender gefärbter Perfusionslösung tiefgreifender untersucht und
beurteilt werden.
Zuletzt könnte der Tierversuch weitere Fragen zur
Gewebetraumatisierung im zeitlichen Verlauf anhand von Blutungen
während, und Ödembildung nach der Dissektion sowie der Ausbildung
gliöser Narben nach Abheilung der Schnittdefekte klären.
- 41 -
Weitere Vergleiche zwischen dem Water-Jet-Verfahren und anderen
Dissektionstechniken wie der bipolaren Diathermie, dem Laser und
dem Ultraschallaspirator (CUSA) erscheinen vor dem gegebenen
Hintergrund der grundsätzlichen Eignung des Water-Jet für die
Neurochirurgie sinnvoll.
- 42 -
5.
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Gundlach, K.K.:
Hydro-jet cutting: a method for selective surgical
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sciatic nerve of rats.
Craniomaxillofac. Surg.,1999, Vol.27, 327-330
18. Knolle, K.: Große Nervenärzte, 21 Lebensbilder, Band
III
Thieme Verlag Stuttgart, 1970, 2. Aufl., 206
19. Labus, T.J., Pilarski, R.:
Fluid jet technology for industrial applications.
Nontraditional Machining, 1986, 23-33
20. Liaou, Z.F., Huang, D.S.:
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Jet Cutting Technology, 1986, 195-201
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21. Mazurkiewicz, M., White, J., Galecki, G.:
A model of the water pressure distribution incrack when
impacted by a high pressure water jet.
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22. Morris, C.J., Mac Andrew, K.M.:
A laboratory study of high pressure water jet assisting
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Jet Cutting Technology, 1986, 1-7
23. Oertel J.; Gaab M.R.; Warzok R.; Piek J.:
Department of Neurosurgery, Ernst Moritz Arndt
University, Greifswald, Germany
Waterjet dissection in the brain: review of the
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meningioma surgery [In Process Citation]
Neurosurg Rev 2003, 26(3), 168-74
24. Oertel J.; Gaab M.R.; Piek J.:
Department of Neurosurgery, Ernst Moritz Arndt
University, Greifswald, Germany.
Waterjet resection of brain metastases - first clinical
results with 10 patients.
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25. Papachristou, D.N., Barters, R.:
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29. Piek J.; Oertel J.; Gaab M.R.:
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J Neurosurg 2002, 96(4), 690-6 30. Piek, J., Unterberg, A.:
Grundlagen neurochirurgischer Intensivmedizin.
München: Zuckschwerdt, 1999, 201-224
31. Piek, J., Unterberg, A.:
Grundlagen neurochirurgischer Intensivmedizin
München: Zuckschwerdt, 1999, 323, 391, 410
32. Piek J.; Wille C.; Warzok R.; Gaab M.R.
Waterjet dissection of the brain: experimental and first
clinical results. Technical note.
J Neurosurg, 1998, 89(5), 861-4
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33. PD. Dr. Rau:
Apparative und methodische Entwicklung des Jet-Cutting
für den Einsatz in der Leberchirugie.
Habilitationsschrift aus der Chirurgischen Klinik und
Poliklinik der Ludwig- Maximilians-Universität München,
1994, Klinikum Großhadern
34. Rau, H.G., Arnold, H., Schildberg, F.W.:
Schneiden mit dem Wasserstrahl (Jet-Cutting) –
eine Alternative zum Ultraschallaspirator ?
Chirurg, 1990, Vol. 61, 735-8
35. Rau, H.G., Meyer, G., Jauch, K.W., Cohnert, T.U.,
Buttler, E., Schildberg, F.W.:
Leberresektion mit dem Water Jet: konventionell und
laparoskopisch.
Chirurg, 1996, Vol. 67, 546-551
36. Russ, D., Schurr, M.O., Melzer, A.:
Dissection Technologies.
End. Surgery, 1994, Vol. 2, 231-233
37. Schöb, O.M., Schlumpf, R.B., Uhlschmid, G.K., Rausis,
C., Spiess, M., Largiadér, F.:
The multimodal Water Jet Dissector – a Technology for
Laparoscopic Liver Surgery.
End. Surg., 1994, Vol.2, 311-314
38. Schurr, M.O., Wehrmann, M., Kunert, W., Melzer, A.,
Lirici, M.M., Trapp, R., Kanehira, E., Buess, G.:
Histologic Effects of Different Technologies for
Dissection in Endoscopic Surgery: Nd:YAG Laser, High
Frequency and Water Jet.
End. Surg., 1994, Vol.2, 195-201
- 48 -
39. Schüller, J., Pensel, J., Terzis, A.J.A. et al.:
Water-Jet-Cutting: A new technique for selective
parenchymal surgery of the kidney.
In Rübben, H, Jocham, D, Jacobi, G (eds.): Investigative
Urology.
Springer Verlag, Berlin, 1988, 55-58.
40. Shekarriz, H., Shekarriz, B., Upadhyay, J., Burk, C.,
Wood, D.P. Jr, Bruch, H.P. :
Hydro-jet assisted laparoscopic partial nephrectomy:
initial experience in a porcine model.
J Urol., 2000, 163(3), 1005-1008 41. Shekarriz, B., Shekarriz, H., Upadhyay, J.,
Wood, D.P. Jr, Bruch, H.P.:
Hydro-jet dissection for laparoscopic nephrectomy:
a new technique.
J Urol., 1999, 54(6), 964-967
42. Terzis, A.J.A:
In vitro Untersuchungen zum Water-Jet-Cutting an
Hirngewebe.
Inauguraldissertation Universität Lübeck, 1988
43. Terzis, A.J.A., Nowak, G., Rentzsch, O., Arnold, H.,
Diebold, J., Baretton, G.:
A new system for cutting brain tissue preserving vessels:
Water Jet Cutting.
Br. J. Neurosurg., 1989, Vol.3, 361-366
44. Toth, S., Vajda, J., Pasztor, E., Toth, Z.:
Saparation of the tumor and brain surface by “Water Jet”
in cases of meningeomas.
J Neuro–Oncology, 1987, Vol.5, 117-124
- 49 -
45. Une, Y., Uchino, J., Horie, T., Sato, Y., Ogasawara, K.,
Kakita, A., Sano, F.:
Liver resection using a Water Jet.
Cancer, Chemoth. Pharmakol., 1989, Vol. 23, 74-77
46. Whittle, I.R.:
Brain tumor surgery: triumphs and tragedies.
J.R. Coll Surg. Edinb., 1999, Vol.44, 72–77
- 50 -
6.
Anhang
6.1
Materialien
• Hydro-Jet- Dissektor „Müritz 1000“ der Firma Euromed, Schwerin
(detaillierte Gerätebeschreibung siehe 6.2)
• 120µm Helix-Düsen, Handstücke
• Flüssigkeitsbehälter mit Befüllungspumpe und Schlauchmaterial
• Elektrischer Schneidetisch
• regulierbare Spannungsquelle
• Scheideflüssigkeit: 0,9 %-ige NaCl-Lösung
• Auffangbecken
• Spülflüssigkeit : Aqua dest.
• stufenlos regelbare Heizplatte
• elektronisches Thermometer
• Glasbehälter, Kunststoffbehältnisse
• Formalin 4%
• Schwammmaterial
• Skalpelle
• Scheren
• Pinzetten
• Präpariermesser
• Knochenmeißel
• Knochensäge
• Hammer
• Tisch mit Einspannvorrichtung
• Vergrößerungsprojektor
- 51 -
6.2
Gerätebeschreibung Hydro-Jet „Müritz 1000“
Das Hydro-Jet Gerät „Müritz 1000“ der Firma Euromed
Medizintechnik, Schwerin, entspricht den Anforderungen der
Richtlinie 93/42/EWG und dem Medizinproduktegesetz.
Das Schneidemedium wird unter Druck (bis zu 120 bar) durch eine
Düse projiziert. Der Druck wird elektro-hydraulisch erzeugt und ist
über einen Fußschalter stufenlos regelbar, ungewollte
Druckschwankungen sind ausgeschlossen. Gewünschte
Druckbereiche sind einstellbar. Das Schneidemedium ist von der
Druckerzeugung vollkommen getrennt; die Sterilität ist somit
gewährleistet (geschlossenes System).
Technisches Datenblatt:
Druck (0-120 bar stufenlos), Kartusche 1000 ml Inhalt
Kapillare: PEEK, Innendurchmesser 0,75 mm,
Außendurchmersser 1,59 mm
Handstücke: Düsen-Durchmesser: 120 µm
Volumenstrom der 120 µm-Düse:
10 bar: 20,9 ml/min; 20 bar: 27,0 ml/min; 30 bar: 32,9 ml/min
Zeitdauer für 1000 ml Schneidemedium bei 10 bar Arbeitsdruck und
120 µm Düse: 47,8 min
Die Befüllung der Kartusche erfolgt mit einer Walzenpumpe. Das
Gerät bedarf nach der Benutzung einer gründlichen Spülung mit
destilliertem Wasser, um das Auskristallisieren von NaCl in den
Düsen und Kapillaren zu verhindern.
- 52 -
6.3
Langumlaufprogramm zur Paraffineinbettung der Gewebeblöcke
Zur Anwendung kam ein Gewebeeinbettautomat vom Karusselltyp
der Fa. Shandon®, Modell „Citadel 2000“, nach 64-stündigem
Formalinbad.
Programm:
Schritt Lösung Zeit in h:min
1 Formalin 1:00
2 96% Alkohol 1:30
3 96% Alkohol 1:30
4 96% Alkohol 1:30
5 96% Alkohol 2:00
6 96% Alkohol 2:00
7 96% Alkohol 2:00
8 Xylol 1:30
9 Xylol 2:00
10 Xylol 2:30
11 Paraffin 2:30
12 Paraffin 3:00
------
23:00
- 53 -
6.4
Herstellung der Färbelösungen
Hämalaun Lösung:
1 g Hämalaun in 1000 ml Aqua dest. lösen
0,2 g NaJO3 (Natriumjodat) zugeben
50,0 g KAL(SO4)2 12*H2O (Kalialaun) zugeben
nach Lösung der Salze aufkochen und erkalten lassen
50,0 g Chloralhydrat zugeben
1,0 g kristalline Ascorbinsäure zugeben
alkalische Eosin Lösung:
1000 ml Alkohol 75%, vergällt
1,5 g Eosin zugeben
10 Tropfen Eisessig zugeben
nach Mischung filtrieren
6.5
Färbung der Präparate
Verwendet wurde ein Färbeautomat der Fa. Shandon®, Modell
„Varistain 24-4“. Die Färbung der Präparate erfolgte in 25 Stationen
zu je 1:30 min.
Station Lösung
1-3 Xylol
4-7 Alkohol (96%-96%-96%-80%)
8 H2O
9-12 Hämalaun
13-16 H2O zum Bläuen
17-18 Eosin
19-22 Alkohol vergällt (80%-96%-96%-99%)
23-25 Xylol
- 54 -
6.6
Auszug aus der Gesamttabelle:
p: Druckstufe [3, 6, 9, 12 bar]
schnitt: Schnitt-Nr. [1-6] zur Identifikation der Schnitte
stufe: Histologische Stufen [1-10]
tiefe: Schnitttiefe [mm]
f: Gewebeschrumpfungsfaktor Großhirn
q: Qualität des Schnittes [1: verwertbar; 2: nicht verwertbar]
v: Blasenbildung [0: nicht vorhanden; 1: vorhanden]
b: Brückenbildung [0: nicht vorhanden; 1: vorhanden]
sub: Substanz, in der der Schnitt verläuft [1: Weiß; 2: Grau; 3: Beide]
rw: Randqualität der Weißen Hirnsubstanz [1-3]
rg: Randqualität der Grauen Hirnsubstanz [1-3]
ep: Ependym [0: nicht geschnitten; 1: geschnitten]
Großhirne p schnitt stufe tiefe f q v b sub rw rg ep -3 1 1 4,1 1,385 1 0 0 2 1 1 0
3 1 2 4,1 1,385 1 0 0 2 1 1 0
3 1 3 4,2 1,385 1 0 0 2 1 1 0
3 1 4 4 1,385 1 0 0 2 1 1 0
3 1 5 4,1 1,385 1 0 0 2 1 1 0
3 1 6 4,1 1,385 1 0 0 2 1 1 0
3 1 7 4,1 1,385 1 0 0 2 1 1 0
3 1 8 4,1 1,385 1 0 0 2 1 1 0
3 1 9 2,4 1,385 1 0 0 2 1 1 0
3 1 10 2,6 1,385 1 0 0 2 1 1 0
6 1 1 4,7 1,385 1 0 1 2 2 2 0
6 1 2 4,3 1,385 1 0 1 2 2 2 0
6 1 3 4 1,385 1 0 1 2 2 2 1
6 1 4 4,1 1,385 1 0 1 2 2 2 1
6 1 5 7,3 1,385 1 1 1 2 2 2 1
6 1 6 7,5 1,385 1 1 1 2 2 1 0
6 1 7 7,8 1,385 1 1 1 2 2 1 0
6 1 8 7,4 1,385 1 1 1 2 2 1 0
6 1 9 7,5 1,385 1 1 1 2 2 1 0
6 1 10 7,2 1,385 1 1 1 2 2 1 0
- 55 -
7.
Danksagung
Herrn Prof. Dr. J. Piek danke ich für die Überlassung des Themas der
Arbeit und für zahlreiche Anregungen während seiner verläßlichen
Betreuung.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Joachim Oertel für die jahrelange
Unterstützung in allen Belangen, die die Erstellung dieser Dissertation
betrafen. Ihm verdanke ich die Anleitung zur Konzeption meiner
Arbeit und immer wiederkehrende Anregungen zum eigenständigen
wissenschaftlichen Arbeiten.
Herrn Prof. Dr. R. Warzok danke ich für die großzügige Überlassung
der Räumlichkeiten seines Instituts für Pathologie und aller
notwendigen Materialien, ohne die die Durchführung meiner Versuche
nicht möglich gewesen wäre. Vor allem danke ich Ihm für seine
kompetente Hilfe zur Begutachtung und Bewertung der histologischen
Präparate.
Meinen ausdrücklichen Dank möchte ich Frau Heise und Frau Peters
für die umfassende Einführung in die Grundzüge der histologischen
Gewebeaufbereitung und für die stetige Hilfe bei der Erstellung und
Färbung meiner Präparate danken.
Frau Rosenfeld danke ich für professionelle Hilfe bei der Erstellung
aller Photographien.
Der Else-Kröner-Fresenius Stiftung danke ich ganz besonders für die
zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel, die die Realisierung der
vorliegenden Arbeit erst ermöglichten.
- 56 -
- 56 -
8.
Tabellarischer Lebenslauf
Name: Andreas Knapp
Geb.-Datum: 31.03.1976
Geburtsort: 35781 Weilburg
Vater: Dr. med. Michael Hermann Knapp
Mutter: Dr. med. Gudrun Knapp, geb. Tobisch
1982-1986 Albert-Wagner-Grundschule, Merenberg
1986-1995 Gymnasium Philippinum, Weilburg
1995 Abitur
1995-2001 Studium der Humanmedizin an der an der Ernst-Moritz-Arndt
Universität Greifswald
2001-2002 Studium der Humanmedizin an der Technischen Universität
München
1997 Physikum
1998 Erster Abschnitt der ärztlichen Prüfung
2001 Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
2001-2002 Praktisches Jahr mit den Blöcken:
Chirurgie: Klinikum rechts der Isar, München
Innere Medizin: Klinikum rechts der Isar, München
und Deutsches Herzzentrum, München
Orthopädie: Klinikum rechts der Isar, München
2002 Dritter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
(Gesamtnote: gut)
seit 2002 Arzt im Praktikum im städt. Krankenhaus München-
Neuperlach, akademisches Lehrkrankenhaus der
Ludwig-Maximilians-Universität, München
im Fachbereich Chirurgie
- 57 -
9.
Bisherige Veröffentlichungen
Oertel J., Gaab M.R., Knapp A., Essig H., Wille C., Warzok R.,
Piek J.
Waterjet dissection of the brain: experimental results in the porcine
cadaver brain.
In: Proceedings 12th World Congress of Neurosurgery, edited by
G.A.J. McCulloch and P.L.Reilly, Sydney, Australia: Neurosurgical
Society of Australasia Research Foundation, 2001, p.409-411
Oertel J., Gaab M.R., Knapp A., Essig H., Wille C., Warzok R.,
Piek J.
Waterjet dissection: experimental results in different regions of porcine
cadaver brains.
12th Congress of Neurosurgery, World Federation of Neurosurgical
Societies, Sydney, Australia, 16.-20.09.01, 375 (Abstract)
Knapp A., Oertel J. Piek J., Essig H., Warzok R., Gaab M.R.
Waterjet dissection of the brain: experimental results in different
regions of the porcine cadaver brain.
www.free-science.com ISSN: 1615-7923 (Annual Meeting DGNC
2001): 65-p076, Abstract band DGNC
Oertel J., Gaab M.R., Knapp A., Essig H., Wille C., Warzok R.,
Piek J.
Water-Jet dissection in neurosurgery: experimental results in the
porcine cadaveric brain.
Neurosurgery 2003, 52(1), 153-9, discussion 159
- 58 -
10.
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Dissertation selbstständig
verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt
habe.
Die Dissertation ist bisher keiner anderen Fakultät vorgelegt worden.
Ich erkläre, dass ich bisher keine Promotionsverfahren erfolglos
beendet habe und dass eine Aberkennung eines bereits erworbenen
Doktorgrades nicht vorliegt.
Datum Unterschrift
- 59 -
11.
Thesen
Die vorliegende Arbeit soll morphologische Auswirkungen der
Wasserstrahl-Dissektion am Kadaverschweinehirn zeigen.
Schnittversuche in unterschiedlichen Hirnregionen wie Großhirn mit
Ventrikelependym, Kleinhirn und Hirnstamm mit Pons und Medulla
oblongata dienten zur Erfassung eines vom Zielgewebe abhängigen
Dissektionswiderstands. Um die Beziehung von Druckstufe und
Schnitttiefe zu ermitteln und die Traumatisierung des Hirngewebes
durch die Dissektion zu erfassen, wurden die Dissektionstiefen anhand
histologischer Präparate gemessen und diese bezüglich der
entstandenen Schnittränder lichtmikroskopisch untersucht.
Die makroskopischen und mikroskopischen Ergebnisse zeigen
I: eine exakte und zuverlässige Dissektion aller untersuchten
Hirnregionen durch den Water-Jet unter gleichzeitiger
Preservation kleiner Blutgefäße,
II: eine nahezu lineare Druck/Schnitttiefenkorrelation für Groß- und
Kleinhirn,
III: einen unterschiedlichen Dissektionswiderstand der verschiedenen
Hirnregionen in abnehmender Reihenfolge: Hirnstamm, Großhirn
mit Ependym, Großhirn ohne Ependym und Kleinhirn,
IV: eine lichtmikroskopisch nahezu atraumatische Dissektion des
Hirngewebes bei äußerst glatten Schnitträndern vor allem mit den
niedrigen Druckstufen 3 und 6 bar.
Der Einsatz des Water-Jet-Dissektors in der Neurochirurgie als
ergänzendes Operationsinstrument könnte zur weiteren Minimierung
des intraoperativen Blutverlustes und des postoperativen Hirnödems
beitragen.
Weitere Schnittversuche an perfundierten Hirnen und am lebenden
Tier sollten erfolgen, um Effekte der Water-Jet-Dissektion im
zeitlichen Verlauf durch Blutungen während und Ödembildung nach
der Dissektion sowie der Ausbildung gliöser Narben nach Abheilung
der Schnittdefekte zu erkennen.
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