wachstum von kohlenstoffnanoröhren ohne metallkatalysator – eine überraschende entdeckung

Post on 06-Jun-2016

212 Views

Category:

Documents

0 Downloads

Preview:

Click to see full reader

TRANSCRIPT

Nanor�hrensyntheseDOI: 10.1002/ange.200901980

Wachstum von Kohlenstoffnanor�hren ohneMetallkatalysator – eine �berraschende Entdeckung**Andreas Hirsch*

CVD (chemical vapor deposition) · HeterogeneKatalyse · Kohlenstoffnanor�hren · Nanopartikel

Kohlenstoffnanor�hren zeichnen sich durch h�chst außer-gew�hnliche elektronische und mechanische Eigenschaftenaus.[1–3] Insbesondere einwandige Kohlenstoffnanor�hren(SWNTs) sind �ußerst attraktive Materialien f�r eine Reihevon Anwendungen, z. B. als Quellen f�r Elektronen durchFeldemission[4,5] oder f�r Rastersonden.[6, 7] Zudem ist ihreVerwendung in nanoelektronischen Bauteilen[8–11] oder alsBausteine in elektrochemischen Energiespeichersystemeneine vielversprechende Zukunftsperspektive.[12,13] SWNTssind des Weiteren der Inbegriff der ultimativen Kohlenstoff-faser und weisen die bisher h�chste dokumentierte thermi-sche Leitf�higkeit[14] und Zugfestigkeit[15] auf. Mit einemElastizit�tsmodul von 1 TPa sind sie bis zu 100 Mal st�rker alsStahl. Anders als bei mehrwandigen Kohlenstoffnanor�hren(MWNTs) ist ihre Synthese im Kilogramm-Maßstab jedochimmer noch schwierig.

Die SWNT-Herstellungsverfahren k�nnen in drei Kate-gorien unterteilt werden: a) Laserablation, b) Lichtbogen-entladung und c) chemische Gasphasenabscheidung(CVD).[16,17] W�hrend bei den Verfahren a und b Graphit alsAusgangsmaterial verwendet wird, beruht das CVD-Verfah-ren auf dem Einsatz von kleinen gasf�rmigen Vorl�ufermo-lek�len wie Methan, Acetylen, Alkoholen oder Kohlenmon-oxid. F�r die traditionelle Synthese von SWNTs ist die Ver-wendung eines Metallkatalysators, in der Regel ein Elementder Eisengruppe (Fe, Co, Ni oder deren Legierungen), un-umg�nglich. Bisher wurde angenommen, dass das Wachstumvon SWNTs nur m�glich ist, wenn solche Carbide bildendeMetalle, die als Keimbildungszentren dienen, eingesetztwerden. Daraus ergibt sich eines der gr�ßten Hindernisse,sowohl f�r die Charakterisierung der SWNTs als auch f�rderen Anwendung, da es nahezu unm�glich ist, die Metall-katalysatorpartikel nach der Synthese der Nanor�hren voll-st�ndig zu entfernen. Aufgrund der magnetischen und che-mischen Eigenschaften sowie der Redoxaktivit�t der Kata-

lysatorpartikelr�ckst�nde l�sst sich eine Beeinflussung derintrinsischen Eigenschaften der Nanor�hren durch sie nichtvermeiden. Diese metallischen Verunreinigungen stellen f�rden Einsatz der Nanor�hren, insbesondere im Bereich dermolekularen Elektronik, Biologie und Medizin und als Ka-talysatortr�germaterial, eine fundamentale H�rde dar. In denmeisten F�llen wird eine nichtdestruktive Reinigung desNanor�hren-Rohmaterials z.B. durch nichtoxidierende S�u-ren zus�tzlich dadurch erschwert, dass die Katalysatorpartikelmit einer Schicht amorphen Kohlenstoffs ummantelt sind.

Vor kurzem stellten zwei Gruppen unabh�ngig vonein-ander SWNT-Syntheseverfahren vor, die g�nzlich auf dieVerwendung von Katalysatoren aus der Eisengruppe ver-zichten.[18, 19] Diese fundamentale Entdeckung kann wohl alsweiterer Meilenstein auf dem Gebiet der Kohlenstoffnano-r�hrenforschung angesehen werden. Grundlage f�r dieseEntwicklung bilden die in beiden Ver�ffentlichungen zitier-ten Forschungsarbeiten der letzten drei Jahre, bei denen esgelungen ist, die bislang verwendeten Katalysatorpartikeldurch Au, Cu, Pd, Rh, Mg, Mn, Cr, Sn und Al sowie durchhalbleitende Si-, Ge-, SiC- und Fe3C-Nanopartikel zu erset-zen. Es konnte gezeigt werden, dass die untersuchten Systemealle das Wachstum von SWNTs beg�nstigen, obwohl sie ge-m�ß der traditionellen Denkweise nicht als Wachstumsini-tiatoren fungieren sollten. Dies f�hrte unausweichlich zu ei-ner ver�nderten Betrachtung des Wachstumsprozesses undwarf neue Fragen auf.

Ren, Cheng et al.[18] haben gezeigt, dass sich SWNTs ineinem auf der CVD-Technik basierenden Verfahren erzeugenlassen. Sie nutzten einen 30 nm dicken SiO2-Film, der aufeinem Si- oder Si/SiO2-Wafer (1 mm thermisch gewachsenesSiO2) abgeschieden wurde, als Substrat. Die Umsetzung vonWasserstoff und Methan bei 900 8C lieferte ein dichtes undhomogenes SWNT-Netzwerk. Wie mikroskopische Untersu-chungen (Kraftmikroskopie (AFM), Rasterelektronenmi-kroskopie (SEM), hochaufl�sende Transmissionselektronen-mikroskopie(HRTEM)) ergaben, zeichnet sich das Verfahrendadurch aus, dass die Nanor�hren nahezu frei von Verunrei-nigungen erhalten werden. AFM-Messungen an den SiO2-Filmen machten zudem deutlich, dass SiO2-Nanopartikel miteiner durchschnittlichen Gr�ße von 1.9 nm entstanden, wenndas Substrat mit Wasserstoff bei 900 8C behandelt wurde.Nach Aussage der Autoren beruht die katalytische Aktivit�tdes Substrats gerade auf diesen SiO2-Nanopartikeln (Sche-ma 1). Die These wird dadurch gest�tzt, dass sich ein gezieltes

[*] A. HirschDepartment f�r Chemie und Pharmazie &Interdisziplin�res Zentrum f�r Molekulare Materialien (ICMM)Friedrich-Alexander-Universit�t Erlangen-N�rnbergHenkestraße 42, 91054 Erlangen (Deutschland)Fax: (+ 49)9131-852-6864E-Mail : andreas.hirsch@chemie.uni-erlangen.de

[**] Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Hi-468/17-1)und dem Exzellenzcluster „Engineering of Advanced Materials“ f�rdie finanzielle Unterst�tzung.

Highlights

5508 � 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Angew. Chem. 2009, 121, 5508 – 5510

SWNT-Wachstum auf einem Si/SiO2-Wafer ausl�sen ließ, in-dem bestimmte Positionen des Wafers mit einer scharfenSpitze angeritzt wurden. Nach der CVD-Behandlung ließ sichein SWNT-Wachstum nur in diesen angeritzten Bereichennachweisen. Die Autoren erkl�ren diesen Befund damit, dassdurch das mechanische Anritzen die Bildung von SiO2-Na-nopartikeln induziert wird.

Huang et al. berichteten von einem SWNT-Wachstum beieinem analogen CVD-Verfahren ohne Zusatz eines Kataly-sators, und zwar an den R�ndern von Kratzern, die durch eineDiamantspitze auf einer 1 mm dicken SiO2-Schicht erzeugtwurden.[19] Auch diese Beobachtung l�sst sich durch die Bil-dung von SiO2-Nanopartikeln erkl�ren, die als katalytischaktive Keimbildungszentren f�r das Nanor�hrenwachstumfungieren (Schema 1). Die Existenz solcher SiO2-Nanoparti-kel wurde wieder durch AFM nachgewiesen. Da die meistender entstandenen einwandigen Nanor�hren einen Durch-messer zwischen 0.8 und 1.4 nm haben, liegt die Annahmenahe, dass lediglich SiO2-Nanopartikel mit einem Durch-messer kleiner als 2 nm als aktive Katalysatorspezies wirken.Um einen Einfluss der zum Ritzen verwendeten Diamant-spitze auszuschließen, wurde ein alternatives Verfahren zurHerstellung der SiO2-Nanopartikel entwickelt. Dabei wurdensowohl Si-Wafer als auch Quarzplatten mit einer w�ssrigenHF-L�sung ange�tzt. Beim Erhitzen der Proben auf 1000 8Can Luft bildeten sich besonders an den Wassertropfenr�ndernkreisf�rmige SiO2-Nanopartikel, die wiederum Keimbil-dungszentren f�r das CVD-Wachstum der Nanor�hren wa-ren. Diese Beobachtung wurde durch SEM-Untersuchungenbest�tigt.

Beide Beitr�ge werfen die Frage auf, welcher Mechanis-mus f�r die beobachtete SWNT-Bildung ohne �bergangs-metallkatalysatoren verantwortlich ist. Eine m�gliche Erkl�-rung ist die In-situ-Erzeugung von SiC als aktive Katalysa-torspezies.[19] Allerdings konnte mittels R�ntgenphotoelek-tronenspektroskopie in keinem Fall eine Bildung von SiCnachgewiesen werden. Auf den Substraten ließ sich lediglichSiO2 detektieren, was daf�r spricht, dass die SiO2-Nanopar-tikel tats�chlich die katalytisch aktive Spezies sind. DiesesErgebnis ist sehr �berraschend, da konventionelles SiO2 imGegensatz zu Elementen der Eisengruppe weder in der Lageist, Kohlenstoff zu l�sen, noch die Zersetzung von Kohlen-wasserstoffen katalysiert. Wie von Huang et al. diskutiert,[19]

liegt der Schmelzpunkt der kleinen SiO2-Nanopartikel(< 2 nm) anders als bei Festk�rper-SiO2 unterhalb derWachstumstemperatur von Nanor�hren. Somit ist es m�glich,dass die hohe Mobilit�t der Si- und O-Atome in der Schmelzeintermedi�r die Bildung von L�chern und Defekten hervor-

ruft, was wiederum die katalytische Aktivit�t f�r die Zerset-zung der Kohlenwasserstoffe steigert. Des Weiteren k�nntedie stark gekr�mmte Oberfl�che der Nanopartikel als Tem-plat f�r die Erzeugung der graphitischen SWNT-Endkappendienen, von denen wiederum das 1D-Wachstum der SWNTsausgeht (Schema 1).

Sollte dies tats�chlich der Fall sein, so ergeben sich neueM�glichkeiten zur Herstellung von Kohlenstoffnanor�hrenmit sehr engen Durchmesserverteilungen. Die Autoren wei-sen außerdem darauf hin, dass es sich beim katalytischenEffekt der SiO2-Nanopartikel um einen gr�ßeninduziertenEffekt handelt, weshalb jedes Material mit geeigneter Gr�ßeals Katalysator in Frage kommen k�nnte.[19] Sie berufen sichdabei auf noch nicht publizierte Arbeiten, in denen sich ge-zeigt habe, dass nanoskaliges SiO2, das durch einen Sol-Gel-Prozess erzeugt wurde, das SWNT-Wachstum ebenfalls ka-talysiert. Analoges gelte f�r weitere Oxide, z.B. Al2O3, TiO2

und alle Lanthanoidoxide außer Promethiumoxid.Die beiden hier vorgestellten Beitr�ge[18, 19] repr�sentieren

einen großen Durchbruch f�r die Synthese von SWNTs, dennsie beschreiben a) die Herstellung von sauberen SWNTs ohneMetallkatalysatorpartikel, deren Anwesenheit bislang dieEigenschaften des SWNT-Rohmaterials beeinflusst hat,b) neue Aspekte in Bezug auf das Verst�ndnis des Nano-r�hrenwachstums und c) die Einf�hrung des „Kratzen-Wachsen-Ansatzes“ als Basis f�r die einfache, pr�zise undkontrollierte Erzeugung von Nanor�hren an vordefiniertenStellen. Dadurch ist es nun vorstellbar, dass sich mittels einerAFM-Spitze Strukturen auf Si/SiO2-Wafer schreiben lassen,was wiederum die Herstellung von auf Nanor�hren basie-renden Bauelementen erheblich erleichtern w�rde. Die be-schriebenen Untersuchungen zeigen außerdem, dass manniemals vor �berraschungen sicher ist, auch wenn Fragenbehandelt werden, die l�ngst als beantwortet betrachtetwerden. Zusammenfassend l�sst sich sagen, dass man demultimativen Ziel in der SWNT-Herstellung, n�mlich ein ka-talytisches System zu finden, das es m�glich macht, SWNTsmit einer einzigen Helizit�t zu erzeugen, einen Schritt n�hergekommen ist. Sollte dieses Ziel erreicht werden, w�rde dasmit Sicherheit eine Revolution auf dem Gebiet der moleku-laren Elektronik einleiten.

Eingegangen am 14. April 2009Online ver�ffentlicht am 3. Juni 2009

[1] S. Iijima, Nature 1991, 354, 56 – 58.[2] S. Iijima, T. Ichihashi, Nature 1993, 363, 603 – 605.[3] D. S. Behune, Nature 1993, 363, 197 – 199.[4] W. A. de Heer, A. Chatelain, D. A. Ugarte, Science 1995, 270,

1179 – 1180.[5] S. J. Tans, A. Verschueren, C. Dekker, Nature 1998, 393, 49 – 52.[6] H. J. Dai, J. H. Hafner, A. G. Rinzler, D. T. Colbert, R. E.

Smalley, Nature 1996, 384, 147 – 150.[7] J. Hafner, C. Cheung, C. Lieber, Nature 1999, 398, 761 – 762.[8] R. Martel, T. Schmidt, H. R. Shea, T. Hertel, P. Avouris, Appl.

Phys. Lett. 1998, 73, 2447 – 2449.[9] H. Soh, A. Morpungo, J. Kong, C. Marcus, C. Quante, H. Dai,

Appl. Phys. Lett. 1999, 75, 627.[10] J. Kong, N. R. Franklin, C. Zhou, M. G. Chapline, S. Peng, K.

Cho, H. Dai, Science 2000, 287, 622 – 625.

Schema 1. Schematische Darstellung der durch SiO2-Nanopartikel ka-talysierten Herstellung von SWNTs.

AngewandteChemie

5509Angew. Chem. 2009, 121, 5508 – 5510 � 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.angewandte.de

[11] H. W. C. Postma, T. Teepen, Z. Yao, M. Grifoni, C. Dekker,Science 2001, 293, 76 – 79.

[12] G. Maurin, C. Bousquet, F. Henn, P. Bernier, R. Almeirac, B.Simon, Chem. Phys. Lett. 1999, 312, 14 – 18.

[13] P. Chen, X. Wu, J. Lin, K. L. Tan, Science 1999, 285, 91 – 93.[14] J. Hone, B. Batlogg, Z. Benes, A. T. Johnson, J. E. Fischer, Sci-

ence 2000, 289, 1730 – 1734.[15] M. F. Yu, B. S. Files, S. Arepalli, R. S. Ruoff, Phys. Rev. Lett.

2000, 84, 5552 – 5555.

[16] N. Grobert, Mater. Today 2007, 10, 28 – 35.[17] M. L. Terranova, V. Sessa, M. Rossi, Chem. Vap. Deposition

2006, 12, 315 – 325.[18] B. Liu, W. Ren, L. Gao, S. Li, S. Pei, C. Liu, S. Jiang, H.-M.

Cheng, J. Am. Chem. Soc. 2009, 131, 2082 – 2083.[19] S. Huang, Q. Cai, J. Chen, Y. Qian, L. Zhang, J. Am. Chem. Soc.

2009, 131, 2094 – 2095.

Highlights

5510 www.angewandte.de � 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Angew. Chem. 2009, 121, 5508 – 5510

top related