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Michael Meilinger
Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie
Krankenhaus Nord – Klinik Floridsdorf
11/2019
Tuberkulose – Diagnostik, Therapie, Prophylaxe
michael.meilinger@wienkav.at
Weltweites Vorkommen mit höchsten Prävalenzen in tropischen
Entwicklungsländern, aber auch Russland, China und Osteuropa
Etwa ein Drittel bis die Hälfte der Weltbevölkerung ist infiziert, ABER nur 5-10%
der Infizierten erkranken an einer manifesten Tuberkulose
• Ca 10 Millionen neue Tb-Fälle jährlich
• 1,5 - 2 Millionen Menschen sterben jährlich
• 100 000 Kinder sterben jährlich an Tuberkulose
• Tuberkulosezahlen weltweit rückläufig
Epidemiologie
Global Tuberculosis Report. WHO 2019
• Früher auch in Österreich sehr häufig Erkrankung, heute Einzelfälle - ca 600 Neuinfektionen p.a.
• In Österreich gut behandelbar und überwacht (TB-Fürsorge)
• Betrifft in Österreich zumeist soziale Randgruppen oder immunschwache Menschen:
Prekäre Lebenssituation (obdachlos, unterernährt, Alkoholabhängigkeit, drogenabhängig, haftentlassen....)
Alterstuberkulose, latente TBC bricht im Rahmen einer CHT aus, HIV, TNF Alpha Blocker…
• zunehmend Migranten aus
Hochprävalenzländern
(Südosteuropa, Kaukasus, Afghanistan...)
• Resistente Tuberkuloseformen nehmen zu
Epidemiologie
R. Rumetshofer, 26.2.2015 Nationale Referenzzentrale für
Tuberkulose – A. Indra
Tb-Fälle nach Staatsangehörigkeit und Tb Inzidenz gesamt 1997 bis 2015
2015: 583 Fälle Inzidenz: 6,7/100000 M/F: 1,9:1 32% Österreich (184) 31% WHO Europa (179) 38% WHO non Europa (220)
Nationale Referenzzentrale für
Tuberkulose – A. Indra
Tuberkulose im Senium
• ♀ 91 a, Husten, Auswurf, Gewichtsverlust
Anamnese:
St.p. pulmonale Tuberkulose 1957
St.p. Spitzenresektion li OL 1960
St.p. Klemmenresektion li UL 2000 (Tuberkulom)
Bronchoskopie
Institut für Röntgendiagnostik im
Otto Wagner Spital
Reaktivierung bei pulmonaler
Tuberkulose (Bronchialsekret
und Sputum ZN- und PCR-
positiv, kulturell gesichert, voll
sensibel)
Nach Small PM et al, NEJM, 2001
Exposition Primär-Tb LTBI Reaktivierung
TST und IGRA
pos in 6-8 Wochen
Spontanheilung
in 6 Monaten
Progression
nach 2 Jahren
5%
Progression
innerhalb 2 Jahren
5%
Progression
bei Immunsuppression
bis zu 10% / Jahr
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-64
Risiko an Tuberkulose zu erkranken
Aerogene Übertragung – Mensch zu Mensch!
Besonders gefährdet unmittelbare Kontaktpersonen,
der engste Familienkreis
Übertragungs- und Infektionswahrscheinlichkeit von folgenden
Faktoren abhängig
- Menge der ausgehusteten Bakterien (besonders groß bei
der Postprimärtuberkulose mit Kavernen oder mikroskopisch positiver
TBC)
- Distanz zwischen den Personen bei der Exposition
- Kumulative Expositionsdauer
- Lüftungsverhältnisse im Raum der Exposition
- Virulenz der Bakterien (unterschiedlich hoch je nach Genotyp)
- Empfänglichkeit der exponierten Person (Immunsuppression)
Tuberkulose - Übertragung
Abgesehen von sehr intensiven Kontaktszenarien
Übertragungswahrscheinlichkeit bei beruflichen Kontakten
gering.
Bei mikroskopisch positiver TBC liegt nach >8 h Kontaktzeit ein
relevantes Risiko vor
Bei nur Kultur- oder PCR-positiven Fällen gilt eine Exposition von
>40 h als relevant
Tuberkulose - Übertragung
• 5-6 Wochen nach der Infektion bildet sich der Primärherd (Ghon-Herd): Granulom aus Epitheloidzellen und Langhans´schen Riesenzellen mit zentraler Verkäsung und lymphozytärem Randwall
• Primärkomplex = Primärherd + Lymphogene Ausbreitung auf den regionalen Lymphknoten
• Primärkomplex heilt meist unentdeckt ab (85%) • Auch im abgeheilten Primärkomplex persistieren in
>20% Mycobakterien • Bei Immunschwäche Fortschreiten der
Primärtuberkulose – lokal (Lungen-Tb) – hämatogen (Miliar-Tb, Lungen-Tb) – lymphogen (Lymphknoten-Tb)
Bild: DZK und Netter-Atlas
Primärtuberkulose
• Reaktivierung einer Primärtuberkulose nach Wochen, Monaten oder Jahren
• bevorzugt Auftreten in den apikalen Lungenabschnitten
• Im weiteren Verlauf langsame Ulzeration, endo-bronchiale Ausstreuung und Kavernenbildung in allen Lungenabschnitten
• Weitere Komplikationen:
– Bei Arrosion der Bronchialarterien Hämoptysen (bzw. Hämoptoe)
– Kehlkopftuberkulose, Magen-Darm-Tuberkulose, Pneumothorax
Postprimärtuberkulose
= asymptomatische, aber persistierende Infektion; Persistenz vitaler M.
tuberculosis – Bakterien im Organismus nach einer Infektion.
Vermutlich mindestens ein Drittel der Weltbevölkerung latent infiziert. In Österreich
generell geringe LTBI-Rate, in bestimmten Bevölkerungsgruppen aber erhöhte
Wahrscheinlichkeit (Senioren, medizinisches Personal mit TB-Exposition, HIV-Infizierte,
Migranten)
Die infizierte Person ist klinisch gesund und nicht ansteckend für ihre Umgebung
Reaktivierung bei schlechter immunologischer Kontrolle möglich. Zwingende Prüfung
bzgl LTBI vor Organtransplantationen und vor Beginn einer immunsuppressiven Biologika-
Therapie (zB TNF Alpha Blocker)
Latente Tuberkulose
• Stellenwert von MMT und IGRA
in der Diagnostik der Tuberkulose ERKRANKUNG:
• Stellenwert von MMT und IGRA
in der Diagnostik der Tuberkulose INFEKTION:
MMT und IGRA
- +
MMT = Mendel Mantoux Test = Tuberkulin Hauttest
IGRA = Interferon-Gamma-Release-Assay (zB Quantiferon, TB-Spot)
Können aber nicht zwischen
latenter Infektion und aktiver
Erkrankung unterscheiden!!!
Stellenwert des IGRA
Indikation:
• Nachweis einer Infektion mit Mycobacterium-tuberculosis complex
• Ausschluss einer latenten Infektion vor Immunsuppression (z.B. mit Anti-TNF-Antikörpern, Transplantation).
• Umgebungsuntersuchungen
Vorteil gegenüber Hauttest:
• Negativkontrolle
• Nicht von BCG Impfung beeinflusst!
• Negativkontrolle
• Einmaliger Arztkontakt
Tuberkulose – mögliche Verläufe
84,06
4,26
4,06
Lunge
Lymphknoten
Pleura
Urogenitalsystem
lymphatisch intrathorakal
Knochen/ Gelenke
andere Organe
Wirbelsäule
Verdauungstrakt
ZNS Meningen
ZNS nicht Meningen
Tb-Fälle in Österreich 2004 n = 1061
Hauptbetroffenes Organ in %
Tuberkulose pulmonal und extrapulmonal
Prinzipiell kann jedes Organ betroffen sein!
Nach Small PM et al, NEJM, 2001
Exposition Primär-Tb LTBI
TST und IGRA
pos in 6-8 Wochen
Spontanheilung
in 6 Monaten
Progression
nach 2 Jahren
5%
Progression
innerhalb 2 Jahren
5%
Progression
bei Immunsuppression
bis zu 10% / Jahr
Symptome
Pulmonal:
• Husten
• Auswurf/ Hämoptysen
• Atemnot
• Thoraxschmerz
Extrapulmonal:
• Subfebrile Temperatur
• Gewichtsverlust
• Leistungsknick
• Nachtschweiß
• Symptome je nach
Organbefall
Tuberkulose - Klinik
Mycobakteriennachweis - Mikroskopie
Auramin Färbung/ Fluoreszenz zum
Vor-Screening Färbung nach Ziehl-Neelsen
Tuberkulose - Diagnostik
Goldstandard der Diagnostik !
Tuberkulosekultur – Resistenztestung
Festmedien:
Löwenstein-Jensen und
Stonebrinck
Flüssigkulturmedien:
Redox, Kirchner
Automatisierte Kultur- und Resistenztestung in
Flüssigkultur: Bactec, MGIT
• Ergebnis innerhalb weniger Stunden
• Hohe Sensitivität (aber niedriger als Kultur!) und Spezifität – Ribotyping, Polymerase Chain Reaction, IS6110 PCR ®
• Sensitivität 73-79% (bei mikroskop neg TB), Spezifität 96-99%
• Molekularbiologischer Hinweis auf Resistenzen (Rif)
• keine Aussage über Aktivität der Mykobakterien
Molekularbiologie, NAT
Diagnostik gesichert wenn:
• Kultur positiv
• ZN und PCR positiv
• Nicht gesichert wenn:
– ZN positiv und PCR negativ (Nichttuberkulöse Mykobakteriose möglich!)
– Radiologie typisch aber kein Keimnachweis
Diagnostik meist aus Sputum bzw. Bronchialsekret, aber auch aus Lymphknoten- oder Organbiopsien (nativ, kein Formalin!), Urin, Pleura,- Perikarderguss, Aszites, Pus etc.
Differentialdiagnosen zur pulmonalen
Tuberkulose:
Lungenkarzinom oder pulmonale
Metastasen
Wegener-Granulomatose
septische Embolien
Lungenembolie
nekrotisierende Pneumonien und invasive
Pilzinfektionen
Sarkoidose, Lymphome
Nicht jede Kaverne ist Tuberkulose...
langwierig über Monate (mind 6 Monate, oft auch länger)
Kombinationstherapie um Resistenzentstehung zu vermeiden!
potentiell toxische Substanzen (Niere, Leber, Blutbild, Nerven, Ohr, Sehnerv etc)
4-fach-Standardtherapie bei fehlenden Resistenzen: Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol
und Pyrazinamid
Therapie wesentlich erschwert durch zunehmende Resistenzen, v.a. unter Migranten
(MDR – multidrug-resistant; XDR – extensively-drug resistant)
Tuberkulose - Therapie
S2k Leitlinie Tuberkulose im Erwachsenenalter 2017
Tuberkulose – Therapie MDR
S2k Leitlinie Tuberkulose im Erwachsenenalter 2017
MDR Therapie in spezialisierten Zentren!!!
Ohne Resistenzen
• Intensivphase der Therapie (2-3 Monate)
rasche Keimeliminierung und Verhindern von Resistenzentwicklung
RFA + INH + PZA (+ EMB)
• Folgephase der Therapie (4-6 Monate)
Eliminierung der Restkeime
RFA + INH
Multiresistente Tuberkulose
• Intensivphase der Therapie (7-8 Monate)
• 5-fach Kombination aus Reservemedikamenten
• Folgephase der Therapie (10-16 Monate) 3-fach Kombination
Diel et al; Costs of tuberculosis disease in the European Union:
a systematic analysis and cost calculation; Eur Respir J 2014: Direkte + indirekte Kosten von Tuberkulose in EU
sensibler Tb: € 10 282 MDR-Tb: € 57 213 XDR-Tb € 170 744
Tuberkulose – Therapie MDR
MDR/XDR-Tb, 2008 - 2017
Nationale Referenzzentrale für Tuberkulose – A. Indra
Präventive Chemo-Therapie
Wirkstoff Dosierung Therapiedauer
INH 5mg/kgKG 9 Monate
RMP 600mg 4 Monate
INH+RMP Analog Monotherapie 3-4 Monate
INH+ Rifapentin Jeweils 900mg 1x/wo 12 Wochen
Nachweis der latenten Tb-infektion durch Haut- oder Bluttest • Risiko nach LTBI zu erkranken beträgt ca. 10%, 5% in den ersten 2 Jahren
nach Infektion
• Präventive Therapie kann dieses Risiko minimieren
• Therapie immer freiwillig
• Indiziert bei: – Enger Kontakt zu gesicherter Tuberkulose , vor Einleitung einer TNF alpha-Blocker, HIV-
Infektion, schwerwiegende Grundkrankheiten (Diabetes, maligne Lymphome, Leukämie..), Schwangere wenn Infekt kurz zurückliegt, vor Organtransplantation
Lange C et al. J Acquir Immune Defic Syndr 2016;
Risiko unter suffizienter ART in TB-Niedrig-Prävalenz-Ländern ähnlich HIV-Negativen
Western Europe: 635 PLHIV, 53% suppression of viral replication (<50
cop/ml) - 2-year follow-up period
Wichtigste Präventionsmaßnahme: suffiziente antiretrovirale Therapie!
Chemoprävention vor allem Patientin mit anhaltender viraler Replikation mit
schlechter immunologischer Situation vorbehalten!
WHO, ECDC 2017
TB/HIV Koinfektion
Unkontrollierte HIV-Infektion fördert die rasche
Progression einer TB-Infektion zur aktiven Tuberkulose!
Durch TB raschere Progredienz der HIV-Infektion!
Weltweit werden nur ca 50% der TB-Erkrankten auf HIV
getestet!
Nach wie vor führende Todesursache unter AIDS
Patienten
TB für HIV + tödlicher als für HIV -
Mit fortgeschrittener Immundefizienz mehr extrapulmonale TB, mehr miliare Verläufe
und vermehrt atypische Präsentation (z.B. weniger Kavernen im Thorax-Röntgen)
Chamie G et al. Int J Tuberc Lung Dis 2010, 14:1295-302.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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