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Reisebericht von Dieter Hoppe aus Melsungen Seite 1 von 10
Südafrika
16 Tage „Weites Land zwischen Küste, Wüste und Nationalparks“
16.03. – 31.3.2012
Studien- und Begegnungsreise der Evangelischen Kirchengemeinde Melsungen
Leitung: Dekan Rudolf Schulze
Impressionen und Gedanken
Die Reise war großartig vorbereitet in der Gesamtanlage und im Detail. Dazu stand uns in
Vera Prenzkow aus Kapstadt eine hervorragende Reiseleitung zur Verfügung. So wurden wir
bestens informiert über die in Südafrika lebenden Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, die
Naturschönheiten und die Tiere des Landes.
Außerdem bekamen wir unterwegs fast überall Kaffee angeboten, der so gut schmeckte, wie
es früher einmal in Deutschland üblich war.
Das Apartheid Museum in Johannesburg
Das Apartheid Museum erweckt gleich beim
Betreten ein bedrückendes und beklemmendes
Gefühl, wenn man sich bewusst wird, wie damals
Menschen aussortiert d. h. auf die Stufe von
Arbeitstieren gestellt wurden. Der Vergleich hinkt
aber. Um das Wohlergehen von Arbeitstieren
kümmert man sich, schwarze Arbeiter wurden bei
Krankheit einfach durch andere ersetzt.
Das Museum wurde 2001 eröffnet.
Wenn wir jetzt ein Museum erwarteten, das die
heutigen politischen Gegebenheiten nutzt, um mit
den Weißen abzurechnen und den weißen
Rassismus durch einen schwarzen zu ersetzen,
wurden wir angenehm überrascht. Die Gestalter
des Museums haben sich redlich Mühe gegeben,
bei all der Brutalität und Gewalttätigkeit der
Vergangenheit sachlich zu bleiben und nicht zu
polarisieren.
Betrachtete man all die gezeigten Bilder, so wuchs die schon vorhandene Achtung und der
Respekt vor Nelson Mandela, dem ersten schwarzen Präsidenten, der nicht auf Rache und
Vergeltung oder zumindest auf Wiedergutmachung setzte sondern auf Versöhnung.
Am Tage seiner Freilassung aus dem Gefängnis leitete Nelson Mandela in einer Rede vor
120.000 Zuhörern in einem Stadion in Soweto öffentlich seine Politik der Versöhnung
(reconciliation) ein, indem er „alle Menschen, die die Apartheid aufgegeben haben“, zur
Mitarbeit an einem „nichtrassistischen, geeinten und demokratischen Südafrika mit
allgemeinen, freien Wahlen und Stimmrecht für alle“ einlud. Mandela und de Klerk, (von
1989-1994 Präsident von Südafrika) erhielten 1993 gemeinsam den Friedensnobelpreis. 1994
gewann der ANC (African National Congress) die ersten demokratischen Wahlen Südafrikas.
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Am 9. Mai wurde Nelson Mandela vom neuen Parlament zum ersten schwarzen Präsidenten
des Landes gewählt.
Das Voortrekker Monument
Der Grundstein für das Voortrekker Denkmal wurde
1937 gelegt, 1949 wurde es eingeweiht.. Es erinnert
an den großen Treck der Buren und die burischen
Kriege in der ersten Hälfte des 19. Jh. Am 16.
Dezember 1838 besiegten die Buren in der Schlacht
vom Blood River die militärisch weit überlegenen
Zulu. Die Buren hatten vor dem Angriff der Zulu
ihre Treckwagen zu einer Wagenburg
zusammengefahren. In einem Gottesdienst vor der
Schlacht baten sie Gott um Beistand. Den Tag des
Sieges über die Zulu, also den 16 Dezember,
erklärten die Buren später zum Nationalfeiertag.
Aus diesem Kampf heraus entwickelten die Buren
eine Wagenburg-Mentalität und die Vorstellung, sie
seien Gottes auserwähltes Volk. Das führte
schließlich seit dem Beginn des 20. Jh. in steigendem Maße zur Einführung der Apartheid.
Als Vorbild für das massive Denkmal aus Granit diente das Völkerschlachtdenkmal bei
Leipzig, das 1913 mit großer Zustimmung der Bevölkerung zur Erinnerung an die
Völkerschlacht bei Leipzig und den Sieg einer europäischen Koalition über Napoleons
Truppen errichtet wurde. Zur Einweihung kamen Vertreter aus ganz Europa.
Doch gibt es einige gravierende Unterschiede. Das Völkerschlachtdenkmal wurde als
Mahnmal für den Frieden und als Zeichen der Trauer über die 100.000en von Toten errichtet.
Nie wieder sollte es ein solches Völkermorden geben. Als Zeichen der Trauer und Mahnung
für den Frieden gibt es in dem Denkmal keine Figuren, die für die Sieger oder für die
Besiegten stehen, nur Trauernde und kriegsmüde Gestalten. Trotzdem wollten nach dem 2.
Weltkrieg deutsche Kommunisten und Gleichgesinnte dieses Mahnmal für den Frieden
sprengen. Diese Absicht wurde durch sowjetische Kulturoffiziere verhindert. Sie warfen
diesen Deutschen, diesen Vertretern eines beschränkten Denkens, vor:
„Wann lernt ihr Deutschen endlich mit eurer Geschichte umzugehen?“
Gleiches sagten Sowjetoffiziere auch in anderen Fällen.
Das Voortrekker Monument dagegen ist ein Zeichen des Sieges der Buren (Weißen) über die
Schwarzen (Zulu). Die Errichtung des Monuments feierten die Buren allein und diese
verstanden sich als Gottes auserwähltes Volk, für das die Schwarzen zum Dienen bestimmt
waren. Da andere weiße Länder sich der burischen Auffassung nicht anschlossen, verstärkte
sich unter den Buren, die sich selbst als Afrikaander verstehen, die Wagenburgmentalität. Als
die Apartheid zu Ende war, hatte die schwarze Mehrheit die Möglichkeit, dieses Denkmal
sprengen zu lassen. Die neue schwarze Regierung entledigte sich zwar des Monuments,
indem sie es privatisierte, aber das Denkmal blieb als Monument der Geschichte des Landes
bestehen. Das gilt auch für den Nationalfeiertag, dem 16. Dezember. Aus diesem ehemaligen
Tag des Sieges wurde ein Tag der Versöhnung (Day of Reconciliation). Das dieses nicht nur
Propaganda ist, konnten wir täglich beobachten.
Von dieser Haltung könnte man in Deutschland viel kernen.
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Gottesdienstbesuche
Zur Zeit der Apartheid gab es keine gemeinsamen Gottesdienste von Schwarzen, Farbigen
und Weißen. Schon der Versuch, gemeinsame Gottesdienste abzuhalten oder eine
gemischtrassische Gemeinde zu gründen, wäre strafbar gewesen.
Am Sonntag, dem 18. März 2012 besuchte die Reisegruppe den Gottesdienst der reformierten
Kirche in Akasia bei Pretoria, heute einer Gemeinde der Swasi gehört. Sie war früher im
Besitz der reformierten Kirchengemeinde der Buren. Kein Schwarzer oder Farbiger durfte die
Kirche betreten. Heute gehören zu der Gemeinde auch einige wenige Weiße. Die Sprache
während des Gottesdienstes war vorzugsweise Swasi, wovon wir natürlich nichts verstanden.
Obwohl der Gottesdienst 3 ½ Stunden dauerte, wurde es uns nie langweilig. Auffallend war
die Fröhlichkeit der Menschen während des Gottesdienstes. Sie sangen und tanzten.
Die Teilnahme unserer Reisegruppe am Abendmahl war völlige problemlos. Dekan Schulze
beteiligte sich an der Austeilung des Abendmahles und an der Segnung der Kinder.
Am Sonntag dem 25.3.2012 besuchte unsere Gruppe den evangelisch-lutherischen
Gottesdienst in Pacaltsdorp (bei George). Dort haben sich eine weiße und zwei farbige
Gemeinden zusammengeschlossen, um sich einen Pastor zu teilen. Die Sprache in der
Gemeinde ist „Afrikaans“. Auch in dieser Gemeinde herrschte eine ausgesprochene heitere
Stimmung. Unsere Reisegruppe singt unter der Leitung von Dekan Schulze für die Gemeinde
den Canon „Dona nobis pacem.“
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Fröhliche Menschen
Nach unserer Übernachtung im „Foresters Arms Hotel“ in Swaziland wartete das gesamte
Personal auf uns, um uns zu verabschieden.
Swaziland gehörte nie zur Südafrikanischen Republik und hatte deshalb auch nie die
Apartheid im eigenen Land kennengelernt. Viele Schwarze aus Südafrika schickten deshalb
ihre Kinder nach Swaziland in die Schule.
Drei fröhliche Kinder in Johannesburg
Die Kinder sind fröhlich, freundlich und höflich. Sie sind sauber und ordentlich gekleidet.
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Soweto einst und jetzt
Stadtteil von Johannesburg Soweto gehört zu den Townships, in die die schwarze Bevölkerung nach der Einführung der
Passgesetze in den 1950er und 1960er Jahren zwangsumgesiedelt wurde. Bilder aus der
damaligen Zeit zeigen eine charakteristische Slum-Siedlung. Davon ist heute nicht mehr viel
geblieben. Sogar Wohlhabende leben heute in Soweto. Der Umbau des ehemaligen Slum-
Viertels geht aber noch weiter.
Im modernen Soweto besitzen die Wohnungen und Häuser alle fließendes Wasser und
elektrisches Licht. Soweto war einst die Heimat bedeutender Aktivisten. Zu ihnen gehörte
Nelson Mandela, Walter Sisulu und Erzbischof Desmond Tutu.
Kriminalität Die Bedrohung durch Kriminalität steht im Gegensatz zu der Freundlichkeit der Menschen.
Nicht nur die Gebäude der „Reichen“ sondern auch die Häuser der einfachen Bürger waren
geschützt durch hohe Mauern, elektrische Sicherungsanlagen mit Hochspannung u.v.a.m.
Mauern auch um nebeneinander stehende Wohnhäuser sind obligatorisch.
Sie sind z.T. von sehr hohen Mauern umgeben, die zusätzlich mit elektrisch geladenen
Zäunen bewehrt sind. Rechts vom Tor weist ein gelbes Schild auf die elektrische Sicherung
durch Hochspannung hin.
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Auch im modernen Soweto werden die einzelnen Häuser durch Mauern geschützt. Wer mehr
Geld hat, greift zu weiteren Schutzmaßnahmen.
Ebenso war das Gelände unseres Protea Hotels in Stellenbosch nicht nur durch einen
Sicherheitsdienst gesichert, sondern es war auch noch von einem Elektrozaun umgeben. Kam
man ihm zu nahe, ohne ihn zu berühren, dann sprühten schon die Funken. Links am Pfosten
erkennt man die vielen Isolatoren der einzelnen Drähte.
In Kapstadt kann man tagsüber unbesorgt durch das Stadtzentrum gehen. Nachts jedoch ist es
eine „no go area“, wie unsere Reiseleitung sagte.
Die Gründe für die hohe Kriminalitätsrate sind vielfältig. Dafür die ehemalige Apartheid
verantwortlich zu machen, ist schlichtweg albern.
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Zusammenkunft mit Stipendiaten
der Ausbildungshilfe/Christian Education Fund der EKKW
und mit Dr. Detlev Tönsing (Univ. of Kwazulu NatalPietermaritzburg)
In Durban hatten wir eine Zusammenkunft mit 8 Stipendiaten der Theologie aus
Pietermaritzburg. Die dortigen Studierenden werden unterstützt von der Ausbildungshilfe
Kassel, Mission der Schwedischen Kirche, Evangelisches Missionswerk, SALTTT.
In Pietermaritzburg gibt es eine ganz ungewöhnliche theologische Ausbildungsmöglichkeit
wie sie in Deutschland absolut unbekannt ist. Die Studierenden gehören verschiedenen
Kirchen an (Evangelisch, Katholisch, Baptist, Anglikanisch, Methodistisch,
Charismatisch…).
Mit ihrem Studienabschluss können sie unterschiedliche Berufe ergreifen (Pfarrer, Angestellte
in Wohlfahrtsorganisationen Journalist ..)
In einer Gesprächsrunde gab uns Dr. Detlev Tönsing zunächst nähere Informationen über den
„Theological Bursary Fund, Scholl of Religion, Philosophy and Classics. Danach stellten sich
die Studierenden einzeln vor. Fünf stammten aus Südafrika, eine Studentin kam aus der
Demokratischen Republik Kongo, eine weitere aus Äthiopien und die letzte aus Moçambique.
Manche hatten Schlimmes aus ihrem Leben bzw. dem ihrer Familien zu berichten. Sie
gehörten verschiedenen Kirchen an.
In Pietermaritzburg gibt es aber auch Studierende
aus Zambia, Zimbabwe, Tanzania, Elfenbeinküste,
Botswana u.a.
Zum Mittagessen setzten sich die Studierenden
zwischen unsere Reisegruppe. Bei uns saß Herman
(Kelebogile) Mogale, ein Häuptlingssohn vom
Stamme der Swazi. Er gehört zur evangelisch-
lutherischen Kirche und wird als dritter aus seiner
Familie Pfarrer. Wir hatten eine sehr angenehme
Unterhaltung miteinander.
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Tierwelt Ws wäre eine Südafrikareise ohne Begegnung mit
der Tierwelt? Auf Safaris haben wir sehr viel Wild
gesehen. Im Kapama Wildreservat gelang es uns
sogar innerhalb von zwei Tagen, die „Big Five“ zu
Gesicht zu bekommen (Elefant, Löwe Büffel,
Nashorn und Leopard). Zu ihnen gehörte dieser
Leopard, den wir bei Dunkelheit entdeckten. Der
phosphoreszierende Hintergrund seiner Augen
leuchtet im Scheinwerferlicht. Er ließ sich von uns
nicht stören, obwohl wir dicht vor ihm standen.
Landschaftliche Schönheiten Was für die Tierwelt gilt, gilt genauso für die landschaftlichen Schönheiten und
Besonderheiten Südafrikas.
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Ein unerwarteter Genuss Hinter Mossel Bay wartete eine lukullische Überraschung auf uns. Bei der Vorbereitung der
Reise hatte Dekan Schulze zusammen mit seiner Frau ein unauffälliges Haus eines
Austernfischers entdeckt. Dieser Fischer
sammelt wildlebende Austern vom
Meeresgrund und verkauft sie direkt an seine
Kunden.
Diese Austern sind bewachsen und haben
eine dickere Schale als die gezüchteten
Austern aus einer „Austernfabrik“.
Beträufelt mit Zitronensaft und etwas
Tabasco waren sie ein Hochgenuss. Ein Glas
trockenen Weißweins vollendete die
Degustation.
Dieser Austernfischer war sogar unserer
Reiseleitung aus Kapstadt unbekannt.
Der südlichste Punkt der
Reise Am Kap der Guten Hoffnung.
Als Bartholomeus Diaz 1488 die
Südspitze von Afrika umfuhr und
dabei das Kap entdeckte, nannte er
es wegen der dort herrschenden
Stürme und des schlechten Wetters
„Kap der Stürme“. Als wir dort
waren, machte es diesem Namen alle
Ehre.
Der portugiesische König Johann II
soll das Kap dann aber umbenannt
haben in „Kap der guten Hoffnung“,
weil er glaubte, man hätte jetzt den Seeweg nach Indien mit seinen Schätzen gefunden.
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Abschied von Südafrika Lachendes Südafrika
Mikael, Faktotum für alles in unserer letzten Unterkunft in Kapstadt, lachte gern. Er half uns
auch beim Verladen unseres Gepäcks.
Am 30. März 2012 endete unsere erlebnisreiche Reise nach Südafrika. Von Kapstadt flogen
wir via Johannesburg nach Frankfurt zurück.
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