"pofalla ante portas" - anmerkungen zur wechselbeziehung zwischen wirtschaft und politik
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Anmerkungen zur Wechselbeziehung zwischen Wirtschaft und Politik
TU Berlin, Masterstudiengang Wissenschaftsmarketing, Modul Public AffairsDr. Hans Bellstedt, hbpa GmbHBerlin, 30. Aug. 2014/aktualisiert am 14. Nov. 2014
„Pofalla ante portas“
AgendaI. Intro: Lobbyismus in aller Munde…
II. Lobby-Begriff
III. Kritiker des Lobbyismus und Forderungen
IV. Lobbying in anderen Ländern
V. Interessenvertretung in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung
Seite 2
Lobbyismus in den Schlagzeilen…
Lobbyismus in aller Munde
Seite 3
Drehtüreffekt…
▪ Zahlreiche Politiker und politische Beamte haben
nach ihrem Ausscheiden einflussreiche Positionen
in der Wirtschaft übernommen:
Gerhard Schröder, Northstream/Gazprom
Roland Koch, Bilfinger & Berger
Eckart v. Klaeden, Daimler
Dirk Niebel, Rheinmetall AG
Monika Griefahn, AIDA Cruises
Markus Kerber, ehem. Abt.Ltr. Bundefinanzmin.,
jetzt Hauptgeschäftsführer BDI e.V.
▪ Ronald Pofalla wechselt 2015 in das
Staatsunternehmen Deutsche Bahn
Lobbyismus in aller Munde
Der Wechsel von Ex-Minister Niebelzu Rheinmetall hat in der Presse für Erregung gesorgt.
Seite 4
…in beide Richtungen
▪ Aber auch Wechsel aus der Wirtschaft oder
Verbänden, NGOs etc. in die Politik sind
verbreitet:
Dr. Katrin Suder (ehemals McKinsey), neue
Staatssekretärin im BMVg
Rainer Baake (ehemals Deutsche Umwelthilfe
und Agora Energiewende), jetzt
Staatssekretär im BMWi
Gerd Billen (ehemals Vorstand vzbv und Otto
Group), jetzt Staatssekretär im BMJV
Hans-Olaf-Henkel (AfD), MdEP, stellv.
Vorsitzender im ITRE Ausschuss, ehemals
Europachef bei IBM sowie Präsident des BDI
Lobbyismus in aller Munde
Angelehnt an den englischen Begriff „revolving door“. In Japan wird der Wechsel von der Politik in die Wirtschaft auch als „vom Himmel hinabsteigend“ bezeichnet.
Seite 5
Sie haben es (sich) verdient…
Lobbyismus in aller Munde
▪ Bekanntwerden hoher Nebenverdienste von Politikern hat Diskussion um
Verhältnis Wirtschaft - Politik neu entfacht.
▪ Jeder 4. MdB hat einen bezahlten Nebenjob Vernachlässigung des politischen
Mandats?
▪ Interessenkonflikte? In 197 Fällen bleiben Geschäftspartner o. Mandanten anonym
▪ Vorbild für Reform könnten Transparenzpflichten im britischen Unterhaus sein
Seite 6
How to spend it..
▪ Auch Großspenden der Wirtschaft an Parteien
werden kontrovers diskutiert.
Lobbyismus in aller Munde
Seite 7
Umstrittene Parteispenden sorgen für Furore. Dabei kommt die Frage auf: Wie viel dürfen Parteien von der Wirtschaft annehmen?
Wer? Wie viel? Mögl. Issue
2014Daimler AG
100.000 CDU100.000 SPD
Elektro-mobilität
2013Evonik Industries AG
70.000 CDU90.000 SPD
EEG -Ausnahmen
2013Familie Quandt
690.000 CDU210.000 FDP
EU-CO2/ Abgasnorm
2011Gauselmann AG
12.000 CDU12.000 SPD12.000 FDP
Regulierungd. Glücks-spielindustr.
2009Deutsche Bank AG
200.000 CDU200.000 FDP
Finanzmarktregulierung
AgendaI. Intro: Lobbyismus in aller Munde…
II. Lobby-Begriff
III. Kritiker des Lobbyismus und Forderungen
IV. Lobbying in anderen Ländern
V. Interessenvertretung in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung
Seite 8
Unterwegs im Klostergang
Lobby-Begriff
▪ Begriff „Lobbyismus“ existiert seit dem 19. Jhdt. (Wortstamm lobium = lat. Klostergang)
▪ Washington: „Lobby“ = Hotelhalle; Ort, an dem politische Entscheidungsträger auf diejenigen stoßen, die Einfluss ausüben wollen
▪ Schwierige Abgrenzung: Wer ist Lobbyist (z.B. Industrie), wer nicht (z.B. Foodwatch) ?
▪ Mit den „Lobbyisten“ kamen auch die Kritiker auf: NGO‘s, Bürgerinitiativen etc.; befürchten Einflussnahme der Lobbyisten auf das politische System
Seite 9
Wer lobbyiert?
Lobby-Begriff
Seite 10
Politik
Unternehmen
Bürgerinitiativen
NGOs
Wissenschaft
KanzleienGewerkschaften
SozialverbändeWirtschaftsverbände
vzbvfoodwatch Transparency D.
AgendaI. Intro: Lobbyismus in aller Munde…
II. Lobby-Begriff
III. Kritiker des Lobbyismus und Forderungen
IV. Lobbying in anderen Ländern
V. Interessenvertretung in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung
Seite 11
Kritik von allen Seiten
Kritik und Forderungen
Seite 12
Lobbyismus
…und was sie fordern:
Kritik und Forderungen
▪ Verhaltensrichtlinien/Freiwilliger Kodex der Lobbyisten
▪ Offenlegung von MdB-Nebeneinkünften, oder sogar: Verbot von Nebentätigkeiten für Abgeordnete
▪ Cooling-off-Periode für „Seitenwechsler“ (s.o.)
▪ Klärung von Geschenkannahmen (Festlegung von Obergrenzen)
▪ Offenlegung von Kontaktaufnahmen (Grüne/EP)
▪ Regulierung des Lobbywesens: Verpflichtendes Lobbyregister
Seite 13
Lobbyregister: Stand der Diskussion
Kritik und Forderungen
Stand der EU:
▪ Seit 2011 nicht verpflichtendes „Transparenz-Register“ von EU-Kommission und Parlament; Register gilt nicht für Ministerrat
▪ Neuer EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker stellt ein verpflichtendes und öffentliches Lobbyregister für alle EU-Institutionen in Aussicht
Stand in Deutschland:
▪ Bundestag: freiwilliges Register von Interessenvertretungen (darin sind nur Verbände enthalten)
▪ Stufenregelung zu MdB-Nebeneinkünften
Perspektive:
▪ Verhaltenskodex (Kodex der degepol; von Transp. Int. empfohlen)
▪ Rechte für Registrierte: Besitz eines Hausausweises für BT; Recht, an Anhörungen teilzunehmen und gehört zu werden, etc.
Seite 14
Transparenz: So geht‘s
Kritik und Forderungen
www.ulrich-kelber.de
Der Abgeordnete Ulrich Kelber legt auf seiner Website sämtliche Kontakte mit Lobbyisten chronologisch offen.
Seite 15
Cooling-off Periode durch Karenzpflichten
Lobbyismus in aller Munde
Gemeinsames Eckpunkte-Papier von SPD- und CDU/CSU-Bundestagsfraktionen (10. Oktober 2014):
▪ Karenzzeit von 12 Monaten für ausscheidende Regierungsmitglieder (Sonderfall 18
Monate)
▪ Ehemalige Minister und Parlamentarische Staatssekretäre
▪ Sofortige Anzeigepflicht
▪ Einzelfallentscheidung durch die BuReg auf Grundlage eines unabhängigen
Beratungsgremiums
▪ Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfes durch das Bundesinnenministerium; erste
Lesung im Bundestag noch für 2014 geplant
Seite 16
AgendaI. Intro: Lobbyismus in aller Munde…
II. Lobby-Begriff
III. Kritiker des Lobbyismus und Forderungen
IV. Lobbying in anderen Ländern
V. Interessenvertretung in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung
Seite 17
Das Lobbying der Anderen: USA
▪ Wiege des Lobbyismus
▪ Andere Kultur – Zwei-Parteiensystem, relativ schwache Parteien
▪ kein Fraktionszwang
▪ Sammelbecken an Interessen
▪ starke Interessengruppen, übernehmen teilweise Funktion von Parteien
▪ Mobilisierung durch bestimmte Themen
▪ PAC (Political Action Committee) funding
▪ Öffentliche Kampagnen
▪ Einfluss durch Candidate Votings
Lobbying in anderen Ländern
NRA (National Rifle Association) legt Abstimmungsverhalten von Kongressmitgl. offen und spricht daraufhin Wahlempfehlungen aus
Seite 18
A la française:
▪ Vergleichsweise schwache Stellung von Interessengruppen im politischen System
▪ häufiger Wechsel („pantouflage“) von hohen Verwaltungsposten (statt aus dem Parlament) an die Spitze von Industrieunternehmen
▪ Traditionell werden Unternehmen wie hohe Behörden geführt
▪ Bsp. Stéphane Richard, PDG Orange S.A. (France Télécom), ehem. Leitender Direktor im frz. Wirtschafts- und Finanzministerium
▪ Gegenrichtung: Ex-Rothschild-Banker E. Macron seit 27.8. frz. Wirtschaftsminister
Lobbying in anderen Ländern
Stéphane Richard, PDG Orange S.A.
Seite 19
UK: Ein Lord zieht nach Brüssel
▪ „Cash for influence“-Skandal: MPs, Lords und Minister boten fiktiven Lobbyfirmen Unterstützung für mehrere Tausend Pfund am Tag
▪ Transparenzpflichten für Abgeordnete im Unterhaus -> Offenlegung aller Nebeneinkünfte
▪ Lord Jonathan Hill, neuerEU-Kommissar für Finanzstabilität und Finanzdienstleistungen, war Inhaber der Kommunikations- und Public Affairs-Agentur Quiller Consultants
Lobbying in anderen Ländern
Ex-PA Unternehmer J. Hill wechselte als neuer EU-Kommissar nach Brüssel
Seite 20
AgendaI. Intro: Lobbyismus in aller Munde…
II. Lobby-Begriff
III. Kritiker des Lobbyismus und Forderungen
IV. Lobbying in anderen Ländern
V. Interessenvertretung in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung
Seite 21
Die Zukunft: Konstruktive PA-Arbeit…
Interessenvertretung in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung
▪ Interessenvertreter leisten konstruktiven Beitrag zum politischen Diskurs:
▪ Unverzichtbarer Input zu Sachthemen mit Fachwissen, Branchendaten etc.
▪ Aufzeigen der Auswirkungen von Gesetzgebung auf betriebliche Praxis
▪ Einbringen von Innovationspotenzial Beitrag zu Veränderungsprozessen
▪ Verbände und Interessenvertretungen repräsentieren die Meinungsvielfalt in einer pluralistischen Gesellschaft
▪ Teilnahme an Anhörungen, Konsultationen etc. ausdrücklich erwünscht, vgl. § 70, Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
Seite 22
…in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung
Interessenvertretung in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung
▪ Um ihre Legitimation nachhaltig abzusichern, sollten Interessenvertreter aller Couleur (einschl. NGOs)
▪ einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen (statt nur „Partikularinteresse“)
▪ der Politik Lösungsvorschläge für die Herausforderungen der Gesellschaft anbieten Koalitionsvertrag als gemeinsame „roadmap“
▪ sich der Definition von Transparenzvorschriften nicht verschließen
▪ innovative „cross-sector“-Kooperationen und Partnerschaften eingehen (z.B. Industrie mit Gewerkschaft oder Handel mit NGO/Wissenschaft) und somit…
▪ …umfänglich gesellschaftspolitische Verantwortung übernehmen.
Seite 23
Gute Fahrt, Herr Pofalla!
▪ Themen, um die sich Ronald Pofalla bei der Deutschen Bahn kümmern wird:
▪ EU-Weißbuch-Verkehrspolitik 2020
▪ Eisenbahnregulierungsgesetz zur Stärkung des Wettbewerbs auf der Schiene
▪ Lärmschutz – Ziel der Bundesreg., bis 2020 Schienenlärm um 50 Prozent (Basis 2008) senken
▪ Fahrgastrechte
▪ Konkurrenz durch Fernbusse
„Pofalla ante portas“
Bahnchef Rüdiger Grube (l.) und der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla
Seite 24
Vielen Dank!
▪ Rückfragen:Dr. Hans Bellstedt, hb@hbpa.eu
Seite 25
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