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Mehr Demokratie wagen
durch ein Wahlrecht ohne Altersgrenze? Zum Antrag für ein „Wahlrecht von Geburt an“ im Deutschen Bundestag
und seine Bedeutung für Demokratie und Generationengerechtigkeit
von Wolfgang Gründinger
Universität Regensburg, Bachelor-Arbeit, 2007
www.wolfgang-gruendinger.de
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Inhalt
1. Problemstellung................................................................................................................. 3
2. Partizipation und Legitimation in der Demokratie............................................................ 4
3. Stärkung der Demokratie?................................................................................................. 9
3.1 Volkssouveränität.................................................................................................... 9
3.2 Wahlrechtsgrundsätze ........................................................................................... 11
4. Exkurs: Praktische Umsetzbarkeit................................................................................... 19
5. Regulativ für Generationengerechtigkeit?....................................................................... 20
5.1 Wahlrecht und Generationengerechtigkeit ............................................................ 20
5.2 Formale (input-orientierte) Generationengerechtigkeit......................................... 22
5.3 Materielle (output-orientierte) Generationengerechtigkeit ................................... 23
6. Zusammenfassung der Ergebnisse und Perspektiven...................................................... 26
Literatur ............................................................................................................................... 31
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1. Problemstellung
Die Demokratie steht vor einer ungewöhnlichen Bewährungsprobe. Durch den technischen
Fortschritt reichen heutige Entscheidungen, z.B. Eingriffe in die Umwelt, immer weiter in
die Zukunft hinein und tangieren die Rechte und Interessen nachrückender Generationen.
Gleichzeitig nimmt der Anteil älterer Menschen im Zuge des demographischen Wandels
stark zu, was zu einer Verdrängung von der jüngeren Generation wichtigen Anliegen von
der politischen Agenda führen kann. Die parlamentarische Demokratie mit ihren kurzen
Wahlperioden und ihrer immanenten Gegenwartsorientierung vermag diese Problematik
nicht ausreichend zu lösen (Jonas 1979, Tremmel 2003: 349-353; kritisch Birnbacher
1998: 258-268). Umweltzerstörung, Staatsverschuldung und Kinderarmut sind Symptome
dieser Zukunftsvergessenheit. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach einem
Regulativ, das die Wahrung von Generationengerechtigkeit in einer Demokratie fördern
kann (vgl. zur Übersicht der Vorschläge BUND/Misereor 1996: 377-386, Busch-
mann/Lindner 2003, Tremmel 2003: 349-382).
Im September 2003 legten 46 Abgeordnete aller Fraktionen, darunter der damalige Bun-
destagspräsident und zwei seiner Stellvertreter, einen Antrag mit dem Titel „Mehr Demo-
kratie wagen durch ein Wahlrecht ab Geburt“ vor (Deutscher Bundestag 2003). Sie forder-
ten, Kindern und Jugendlichen auch unter 18 Jahren das Wahlrecht zu verleihen und dieses
bis zur Volljährigkeit den Eltern zur treuhänderischen Ausübung anzuvertrauen. Die An-
tragsteller argumentierten, mit der Erweiterung der Wahlbevölkerung um die ca. 13,8 Mil-
lionen unter-18jährigen Bundesbürger, die heute aufgrund ihres jungen Alters vom Wahl-
recht ausgeschlossen sind, würde eine Stärkung der politischen und gesellschaftlichen Ar-
tikulations- und Partizipationschancen der jungen Generation und damit eine Stärkung der
Generationengerechtigkeit einhergehen. Zugleich wäre der undemokratische Zustand, dass
fast ein Fünftel der Bevölkerung von der politischen Willensbildung ausgeschlossen ist,
beseitigt (ebd.).
Nach zwei kontroversen Plenardebatten und einer Expertenanhörung wurde der Antrag im
Juni 2005 abgelehnt. Begründet wurde die Ablehnung mit verfassungsrechtlichen Beden-
ken und dem Argument, für Kinder und Jugendliche seien andere Formen der politischen
Partizipation geeigneter (ders. 2005: 4). Trotz der Abstimmungsniederlage hat der gesell-
schaftliche Diskurs über das Wahlrecht ohne Altersgrenze durch den Antrag neuen Auf-
trieb erhalten.
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Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Entwicklung untersucht diese Arbeit, ob ein Wahl-
recht ohne Altersgrenze – ausgestaltet als originäres Minderjährigenwahlrecht mit elterli-
cher Stellvertretung, wie von den Antragstellern vorgesehen – tatsächlich die mit ihm be-
absichtigten Ziele einer Stärkung von Demokratie und Generationengerechtigkeit erfüllt.
Hierzu werden zunächst unterschiedliche demokratietheoretische Leitbilder idealtypisch
gegenübergestellt, um die Argumentationen für und wider ein Wahlrecht ohne Altersgren-
ze in ihrer Begründungslogik begreiflich zu machen. Hinterher wird geklärt, ob das Prinzip
der Volkssouveränität und die Wahlrechtsgrundsätze eine Aufhebung der Altersgrenze
verbieten, zulassen oder im Gegenteil sogar erfordern. Hierfür werden die Argumente der
Antragsteller und -gegner gegenübergestellt, analysiert und bewertet. Ein besonderes Au-
genmerk liegt dabei auf der Frage, ob eine elterliche Stellvertretung der Kindesstimme mit
den Wahlrechtsgrundsätzen vereinbar sowie ob es praktisch umsetzbar ist. Anschließend
wird untersucht, ob von einem Wahlrecht ohne Altersgrenze ein Zugewinn an Generatio-
nengerechtigkeit erwartet werden kann. Schließlich werden die Ergebnisse zu einem Fazit
zusammengefasst und ein gesellschaftlicher Ausblick gewagt.
2. Partizipation und Legitimation in der Demokratie
Debatten um ein Mehr oder Weniger an Partizipation entspringen häufig aus der Konkur-
renz miteinander unvereinbarer Theorien über die normativen Grundlagen der Demokratie.
Diese Theorien lassen sich nach der Reichweite des Demokratieprinzips in zwei Gruppen
fassen, nämlich eine exklusiv-restriktive und eine inklusiv-expansive. Das Anliegen der
ersten Gruppe liegt in der Ausbalancierung von Volksherrschaft einerseits und anderen
Zielen wie Effizienz, Problemlösungsfähigkeit und Stabilität des politischen Systems ande-
rerseits; vor allem die elitistische Demokratietheorie hat sich diese Auffassung zu Eigen
gemacht (z.B. Weber, Schumpeter, Downs). Im Gegensatz dazu strebt die zweite Theorien-
familie nach „politische[r] Beteiligung möglichst vieler über möglichst vieles, und zwar im
Sinne von Teilnehmen, Teilhaben und seinen-Teil-Geben einerseits und innerer Anteil-
nahme am Geschehen und Schicksal des Gemeinwesens andererseits“ (Schmidt 2000:
251). Diesem Anliegen hat sich vor allem die partizipatorische Demokratietheorie ver-
schrieben (z.B. Barber, Habermas, Bachrach). Ungeachtet ihrer vielfältigen Ausdifferen-
zierungen sollen im Folgenden beide Theoriengruppen in ihrer idealtypischen Zuspitzung
schlaglichtartig beleuchtet werden, um die Argumente im Streit um das Wahlalter einord-
nen und in ihrer Begründungslogik verstehen zu können.
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Die elitistische Theorie tendiert zu einem restriktiven Demokratiebegriff. Obgleich sie sich
für allgemeine Wahlen ausspricht, misst sie demokratischer Beteiligung nur geringen Wert
bei und betrachtet sie reduktionistisch lediglich als technische Methode zur Auswahl einer
Führung. Demokratie wird nicht als normative Ziel- oder Sollgröße oder als Wert an sich
verstanden, sondern nur als eine wertfreie politische Methode (Schmidt 2000: 201). „Die
demokratische Methode“, so die Definition von Schumpeter (1950: 428), „ist diejenige
Ordnung der Institutionen zur Erreichung politischer Entscheidungen, bei welcher einzelne
die Entscheidungsbefugnis vermittels eines Konkurrenzkampfs um die Stimmen des Vol-
kes erwerben.“ Demokratie sei ein Markt, auf dem Stimmen getauscht würden, um durch
Nutzenabwägungen der Akteure eine politische Führung zu bestimmen; auf normative Le-
gitimation der Regierung durch das Volk ziele sie nicht ab.
Nach elitistischem Verständnis ist die Vorstellung von einem Allgemeinwohl „als sichtba-
ren Leitstern der Politik, das stets einfach zu definieren ist und das jedem normalen Men-
schen mittels rationaler Argumente sichtbar gemacht werden kann“ (ebd.: 397), nicht mehr
als eine Illusion, so Schumpeter. Es gebe „kein solches Ding wie ein eindeutiges bestimm-
tes Gemeinwohl, über das sich das ganze Volk kraft rationaler Argumente einig wäre oder
zur Einigkeit gebracht werden könnte“ (ebd.: 399), denn die einzelnen Ansichten von dem,
worin das Gemeinwohl bestünde, seien zu unterschiedlich. Die Bürger seien daher auch
nicht an einem konstruierten „Gemeinwohl“, sondern im Sinne eines homo oeconomicus
an der Maximierung ihres eigenen kurzfristigen Nutzens orientiert. Auch politische Füh-
rungen hätten deswegen nicht das Gemeinwohl im Sinne, sondern Macht.
Diese Negierung eines Gemeinwohls wird ergänzt durch ein negatives Menschenbild.
Nach elitistischer Auffassung ist die große Mehrheit der Bürger nicht imstande, politische
Entscheidungen rational und sachverständig zu treffen. Die breite Masse der Individuen sei
– schon zwangsläufig aus Gründen des knappen Zeitbudgets – schlecht politisch informiert
und nur begrenzt politisch mündig. Der Durchschnittsbürger falle demnach „auf eine tiefe-
re Stufe der gedanklichen Leistung, sobald er das politische Gebiet betritt. Er argumentiert
und analysiert auf eine Art und Weise, die er innerhalb der Sphäre seiner wirklichen Inter-
essen bereitwillig als infantil anerkennen würde“ (ebd.: 416f.). Hieraus ergebe sich ein
irrationales Verhalten der Bürger, das sogar entgegen ihrer langfristigen eigenen Interessen
liegen könne (ebd.: 414). Mag der Normalbürger bei der Kommunalpolitik noch vernünftig
mitentscheiden können, weil er „nicht aus seiner Welt herauszutreten braucht, um eine
rational vertretbare Auffassung […] über Straßenreinigung oder Rathäuser zu gewinnen“
(ebd: 413), so seien nationale oder internationale Angelegenheiten für ihn derart abstrakt,
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dass er Wirklichkeitssinn und Verantwortungsgefühl verliere und daher „auf die Meiste-
rung eines politischen Problems weniger disziplinierte Anstrengung als auf ein Bridge-
spiel“ lege (ebd.: 414). Denn in einer modernen Gesellschaft stellten sich derart komplexe
und vielfältige Aufgaben – zu nennen sind etwa die Reform der sozialen Sicherungssyste-
me, eine weltumspannende Außenpolitik oder die Brüsseler Verhandlungen um Agrar-
marktordnungen oder eine europäische Verfassung –, sodass Politik selbst für Juristen,
Wirtschafts- oder Politikwissenschaftler immer schwerer begreifbar werde und daher erst
recht vom Normalbürger kaum noch verstanden werden könne (Bertelsmann Stiftung
2004: 131). Die Bewältigung dieser Aufgaben sei nur durch Professionalisierung der Ent-
scheidungsträger möglich, da ansonsten sachverständige Lösungen kaum zu erwarten sei-
en.
Obendrein sei das Volk nicht nur ungebildet, sondern auch leicht beeinflussbar. Die Masse
könne nur bis übermorgen denken, so gibt etwa Max Weber zu bedenken, da sie „stets der
aktuellen rein emotionalen und irrationalen Beeinflussung ausgesetzt“ sei (Weber 1984:
549). Letztlich sei der Wille des Volkes bzw. der Wille der Mehrheit eher „das Erzeugnis
und nicht die Triebkraft des politischen Prozesses“ (Schumpeter 1950: 418), weil er nicht a
priori feststehe, sondern vielmehr erst durch elitengesteuerte Beeinflussungsmechanismen
hergestellt werde (Massenmedien, Expertenmonopol). Das Volk gilt in der elitistischen
Lehre als ungebildet, launisch und unreif, weshalb die Regierung von einer kompetenten
Elite zu übernehmen sei und nicht dem Volk überlassen werden dürfe; die Kontrolle der
politischen Führung durch das Volk sei daher zu Recht auch nur begrenzt (Schmidt 2000:
203-205, Schumpeter 1950: 413f., 462). Würden die Massen regieren, seien die politischen
Ergebnisse weniger brauchbar und die Stabilität des politischen Systems sei gefährdet.
Der Zweck der Demokratie liege daher nicht in Repräsentation, Machtteilhabe oder Ge-
meinwohlstreben. Vielmehr ist sie nach elitistischem Verständnis eine Methode, um durch
Wahlen eine kompetente Führung zu bestimmen und so die Qualität der politischen Ergeb-
nisse zu sichern. Demokratie bedeutet demnach also keine „Regierung des Volkes durch
das Volk“, sondern eine „Regierung des Volkes durch eine aus dem Volk hervorgegangene
Elite“ (Duverger 1959: 431).
Die partizipatorische Demokratietheorie entwirft ein grundlegend anderes Demokratiebild.
Sie rückt den Entscheidungsprozess in den Mittelpunkt der Betrachtung und strebt nach
einer Maximierung der Partizipationschancen. Entgegengesetzt zur nüchternen Formel
Schumpeters definiert sie Demokratie als „Inbegriff aller Aktivitäten, deren Ziel es ist,
autoritäre Herrschaftsstrukturen zu ersetzen durch Formen der Herrschaftskontrolle ‚von
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unten’, der gesellschaftlichen Mitbestimmung, Kooperation und – wo immer möglich –
durch freie Selbstbestimmung“ (Vilmar 1973: 21). Demokratie sei nicht nur eine techni-
sche Methode der Führungsauswahl, sondern ein „gesamtgesellschaftlicher Prozess“ (ebd.:
12), nicht nur eine Staatsform, sondern auch eine „Lebensform” (Barber 1994: 99). Demo-
kratie und demokratischer Beteiligung wird also ein intrinsischer Wert zugeschrieben.
Demokratie ist somit ein Zweck an sich. „Die partizipatorische Demokratietheorie drängt [daher] mehr als jede andere Demokratietheorie auf
einen möglichst großen Kreis der Stimmberechtigten und darauf, die Beteiligung der Stimmbürger
an der Aussprache, der Willensbildung und der Entscheidung über öffentliche Angelegenheiten zu
vertiefen und zu intensivieren. [Dabei spielt die] Leitvorstellung weitestmöglicher politischer und
sozialer Gleichheit […] eine tragende Rolle. Sie gründet auf der Auffassung, dass alle dieser
Gleichheit gleichermaßen würdig seien.“ (Schmidt 2000: 253)
Die Legitimität einer Herrschaft entsteht gemäß der Auffassung der partizipatorischen
Theorie nicht etwa durch die Ergebnisse einer Herrschaft, wie es die elitistische Lehre po-
stuliert, sondern allein aus dem Volkswillen heraus. Nichtlegitime Herrschaft, also Herr-
schaft ohne Gründung auf das Volk, gelte es zu minimieren (Vilmar 1973: 22). Die partizi-
patorische Lehre strebt daher nach einer möglichst umfassenden Demokratisierung aller
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche, ob der Arbeitswelt, der Schule und Hoch-
schule, der Familie und Erziehung, der Kirchen, ja sogar der Krankenhäuser und des
Strafvollzugs (Vilmar 1973: 13-123). „If democracy is a good thing […], then more de-
mocracy should presumably be an even better thing“ (Dryzek 1996: 475). In voller Aus-
prägung münde demokratische Beteiligung schließlich in Selbstbestimmung (Haber-
mas/Maus 1969: 15).
Obgleich auch die partizipatorische Lehre davon ausgeht, dass das Gemeinwohl ein Pro-
dukt des politischen Prozesses ist und nicht schon von vornherein feststeht, so sei es doch
klug, die Vorstellung von einem Gemeinwohl in öffentlicher Diskussion und mit hoher
demokratischer Beteiligung zu prägen und die Definitionsmacht nicht den Eliten oder an-
onymen Beeinflussungsmechanismen zu überlassen.
Die Staatsbürger seien durchaus qualifiziert, an der politischen Willensbildung mitzuwir-
ken, ja sie seien gar Meister in der Partizipation in öffentlichen Angelegenheiten (Barber
1994: 12), zumindest könnten sie durch entsprechende Organisation des Willensbildungs-
prozesses dazu befähigt werden: Durch Diskussion, Aufklärung und Bildung würden sie so
viel Wissen und Sensibilität ansammeln, dass sie sich für das Gemeinwohl verantwortlich
fühlten. Demokratie übe also auch erzieherische Funktionen aus.
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Politische Beteiligung sei somit Voraussetzung für ein Bürgergefühl und nicht umgekehrt.
Beteiligung wirke der Erstarrung der Repräsentativdemokratie entgegen, die auf Dauer zu
Teilnahmslosigkeit, ja zu Entfremdung führe (Barber 1994: 80-110). Die Demokratie stabi-
lisiere sich demnach durch ihre Vertiefung und Ausweitung, also quasi aus sich selbst her-
aus. Keinesfalls sei zu umfangreiche Beteiligung ein Risiko für das politische System. In
der Tat wurde inzwischen auch der empirische Nachweis für einen Zusammenhang zwi-
schen Partizipation und demokratischer Teilhabe erbracht (Bertelsmann Stiftung 2004:
insb. 31). Überdies hebe ein Mehr an Demokratie auch die Qualität politischer Entschei-
dungen: Denn mehr Partizipation verbessere die Offenlegung, die Äußerung und den Aus-
gleich von Interessen, weshalb Konflikte und Probleme frühzeitig erkannt und behoben
werden könnten (ebd.: 21). Mehr Demokratie bedeute somit mehr Chancen verständi-
gungssuchender Konfliktregulierung und fördere gemeinwohlorientiertes Handeln
(Schmidt 2000: 258f.).
Hier stehen sich also zwei Denkschulen teils diametral gegenüber: Legt die elitistische
Theorie Wert auf das Ergebnis von Politik (Output) und richtet dabei ihr Augenmerk auf
Machtgleichgewicht, Konkurrenz und Führungsauswahl, wobei ihrem Verständnis ein Eli-
te-Masse-Spannungsverhältnis zugrunde liegt, so betont die partizipatorische Theorie den
politischen Entscheidungsprozess (Input) und strebt nach einem möglichst hohen Maß an
Chancengleichheit und Partizipation, um hierdurch die Elite-Masse-Differenzen einzueb-
nen (zur Input-Ouput-Dichotomie vgl. Scharpf 1999: 17-28). Während die elitistische The-
orie Demokratie auf eine Methode zur Regierungsauswahl reduziert und die Regierung
einer kleinen Elite anvertrauen will, so ist für die partizipatorische Lehre Demokratie selbst
Ziel für sich, wobei die politischen Entscheidungsprozesse durch möglichst breite Mitwir-
kungs- und Diskussionsmechanismen in einem möglichst weiten Kreis des Staatsvolkes
verankert werden sollen. Glaubt die elitistische Theorie, zu viel Mitsprache destabilisiere
das demokratische Herrschaftssystem, mache es ineffizient und verschlechtere die Qualität
politischer Entscheidungen, so vertraut die partizipatorische Lehre auf die Stabilität und
Lebensfähigkeit der Demokratie durch Vertiefung des demokratischen Prozesses. Pflegt
die eine Theorie ein negatives Menschenbild von einem egoistischen und kurzfristig den-
kenden Entscheider, so unterstreicht die andere die Fähigkeit des Menschen zu überlegtem
und gemeinwohlorientiertem Handeln. Muss sich die elitistische Theorie fragen lassen, ob
tatsächlich zu erwarten wäre, dass ein Volk eine kompetente politische Führung bestimmen
wird, wenn die Masse der Wähler wirklich so unwissend und infantil ist, wie sie unterstellt,
so neigt die partizipatorische Theorie dazu, die Kompetenzen des Normalbürgers zu über-
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schätzen – allein das knappe Zeitbudget erschwert schließlich den Wissenserwerb –, und
die Bedingungen gemeinwohlorientierten Handelns und eines herrschaftsfreien Diskurses
angesichts einer vermachteten Öffentlichkeit zu vernachlässigen (Schmidt 2000: 261-265).
Verschiedene Denkfiguren aus diesen Theorien, die jeweils für ein exlusiv-restriktives
bzw. inklusiv-expansives Demokratieverständnis stehen, haben Eingang in die Diskussion
um das Wahlrecht ohne Altersgrenze gefunden. Es ist daher unabdingbar, die gegensätzli-
chen demokratietheoretischen Herleitungen der beiden Schulen – wie hier idealtypisch
zugespitzt skizziert – zu kennen, um die Konfliktlinien in der Wahlaltersdebatte einordnen
und in ihrer Begründungslogik verstehen zu können. Darauf aufbauend soll im Folgenden
analysiert und bewertet werden, wie Anhänger und Gegner des in den Bundestag einge-
brachten Antrags „Mehr Demokratie wagen durch ein Wahlrecht ab Geburt“ ihre Positio-
nen demokratietheoretisch begründen.
3. Stärkung der Demokratie?
3.1 Volkssouveränität
Das für eine Demokratie konstitutive Prinzip der Volkssouveränität erfordert, dass alle
Angehörigen des Staatsvolkes in möglichst gleicher Weise an der Willensbildung mitwir-
ken können. Nach dem Verständnis des Grundgesetzes ist daher – so die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts – eine „Kongruenz zwischen den Inhabern demokratischer
politischer Rechte und den dauerhaft einer bestimmten staatlichen Herrschaft Unterworfe-
nen“ anzustreben (zit. n. Krebs 2007 i.E.: 271). Ansonsten würde eine Vielzahl „politisch
rechtloser Untertanen eines herrschenden demokratischen Staatsvolkes“ entstehen (Bö-
ckenförde 1987: Art. 20 Rn. 28). Die demokratische Performanz eines Herrschaftssystems
hängt folgerichtig vom Grad an „inclusive participation“ ab (Fuchs 1997: 14f., vgl. auch
Dahl 1989: 119-131, Krebs 2007 i.E.: 271f.). Dies stimmt mit dem inklusiven Demokratie-
begriff der partizipatorischen Lehre überein.
In der Demokratie wird der Grundsatz der Volkssouveränität durch allgemeine, freie und
gleiche Wahlen umgesetzt (Heußner 2007 i.E.: 231, Schreiber 1998: 32). Im Grundgesetz
ist die Volkssouveränität im Art. 20 Abs. 2 GG verankert, die Wahlvorschriften sind im
Art. 38 GG enthalten. Artikel 20 GG
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
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(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und
durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung aus-
geübt.
Artikel 38 GG
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher
und geheimer Wahl gewählt. […]
(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht
hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.
(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
Die Antragsteller berufen sich auf dieses Prinzip der Volkssouveränität und betonen, dass
ohne Frage auch Kinder zum Volk gehören. In der Bundestagsdebatte forderten sie das
Demokratieprinzip mehrfach vehement ein (Deutscher Bundestag 2004: 9269, 9272,
9278). In der Antragsbegründung führen sie aus: „Nach Artikel 20 Abs. 2 des Grundgesetzes geht alle Staatsgewalt vom Volk aus […]. Das Volk
gemäß Artikel 20 des Grundgesetzes ist das Staatsvolk und umfasst alle Deutschen. Dieses Be-
kenntnis zur Demokratie in Artikel 20 des Grundgesetzes beschränkt das Volk als primären Träger
aller Staatsgewalt dem Wortlaut nach also nicht auf die volljährigen Deutschen.“ (ders. 2003: 1f.)
Auch drei der sieben zu einem Expertengespräch im Innenausschuss geladenen Sachver-
ständigen vertraten die Auffassung, dass die Aufhebung der Wahlaltersgrenze nicht nur
verfassungsrechtlich zulässig, sondern aufgrund des Prinzips der Volkssouveränität sogar
verfassungsrechtlich geboten sei (Peschel-Gutzeit 2004: 1f., Nees 2004: 1f., Willutzki
2004: 2f., vgl. auch Deutscher Bundestag 2005: 4). Da das Prinzip der Volkssouveränität
besagt, dass eine Übereinstimmung zwischen den Trägern politischer Mitbestimmungs-
rechte und den der Herrschaft Unterworfenen herzustellen ist, und letzteres für die Minder-
jährigen zweifellos gilt, so stellt nach deren Ansicht ein Mindestwahlalter eine Verletzung
der Volkssouveränität dar (so u.a. auch Kiesewetter 1997: 313-315, Krebs 2007 i.E.: 270-
275, Merk 1997: 262-266, Weimann 2002: 40-43).
Die Antragsgegner streiten nicht ab, dass auch Kinder zum Volk gehören (Deutscher Bun-
destag 2004: 9270). Ebenso geht auch die Staatsrechtslehre davon aus, dass der Begriff
„Volk“ in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG alle deutschen Staatsangehörigen ungeachtet ihres
Alters umfasst, damit also auch die minderjährigen Kinder und Jugendlichen. Sie nimmt
allerdings für den zweiten Satz desselben Absatzes eine Umdefinition vor, indem hier das
Volk auf die Wahlberechtigten reduziert wird. Diese definitorische Wendung wird gerecht-
fertigt, indem die Wahlvorschriften aus Art. 38 GG herangezogen werden, die eine Alters-
grenze für die Wahlen vorsehen (Maunz/Dürig 2003: Art. 38 Rn. 32, Morlok 1998: Art. 38
Rn. 115). Diese interpretative Verquickung mag fraglich sein, da einem unbefangenen Be-
trachter kaum einleuchten wird, dass die Minderjährigen in einem Satz zum Volk gehören
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und im nächsten Satz nicht mehr, doch herrscht in dieser Sichtweise weitgehende Überein-
stimmung in der Staatsrechtslehre (Krebs 2007 i.E.: 292f., Willutzki 2004: 1-3).
Der Konflikt in Politik und Rechtswissenschaft um das Wahlalter entzündet sich also an
der Unvereinbarkeit gegensätzlicher Denkfiguren: auf der einen Seite der inklusiv-
expansive Demokratieanspruch, der durch möglichst ideale Umsetzung der Volkssouverä-
nität und Beteiligung möglichst vieler an der politischen Willensbildung dem intrinsischen
Wert der Demokratie gerecht werden will – dann wäre das Wahlrecht ohne Altersgrenze
ein Beitrag zu Volkssouveränität und Demokratie; auf der anderen Seite das restriktiv-
elitäre Demokratieverständnis, das zumindest den mutmaßlich unmündigsten Teil des
Staatsvolkes – die Minderjährigen nämlich – vom Wahlrecht ausschließen will, da sich
demokratische Herrschaft nur durch einen Willensbildungsprozess von bestimmter Qualität
legitimieren lasse – dann wäre das Wahlrecht ohne Altersgrenze zumindest potenziell eine
Gefahr für das politische System der Demokratie, was eine Beschränkung der Maxime der
Volkssouveränität rechtfertigen könnte. Hier argumentieren die Antragsgegner allerdings
inkonsistent, da sie den Ausschluss bestimmter Bevölkerungsgruppen generell rundweg
ablehnen und nur für die Gruppe der Minderjährigen bejahen; diese Inkonsistenz wird
durch Konstruktion von Wahlrechtskriterien zu überbrücken versucht, wie im Folgenden
am Grundsatz der allgemeinen Wahl – welcher das abstrakte Prinzip der Volkssouveränität
handlungspraktisch verwirklichen soll – erläutert wird.
3.2 Wahlrechtsgrundsätze
Allgemeine Wahl
Der Grundsatz der allgemeinen Wahl untersagt „den unberechtigten Ausschluss von
Staatsbürgern von der Wahl. Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgrup-
pen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahl-
rechts auszuschließen und fordert, dass grundsätzlich jeder sein Wahlrecht in möglichst
gleicher Weise soll ausüben können“, so das Bundesverfassungsgericht. „Das Wahlrecht
darf auch nicht von besonderen, nicht von jedermann erfüllbaren Voraussetzungen (des
Vermögens, des Einkommens, der Steuerentrichtung, der Bildung, der Lebensstellung)
abhängig gemacht werden. […] Das allgemeine Wahlrecht kann nur aus zwingenden
Gründen eingeschränkt werden.“ (BVerfGE 58, 202/205, Hervorhebung durch den Autor;
vgl. auch Hesselberger 2000: Art. 38 Rn. 10, Jarass/Pierot 1992: Art. 38 Rn. 5,
Maunz/Dürig 2003: Art. 38 Rn. 39).
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Die Befürworter des Wahlrechts ohne Altersgrenze berufen sich auf diesen Grundsatz der
allgemeinen Wahl, um ihr Anliegen zu begründen, da es an zwingenden Gründen fehle,
das Wahlrecht für Minderjährige einzuschränken (Deutscher Bundestag 2004: 9273, Pe-
schel-Gutzeit 2004: 4-6, Willutzki 2004: 7). Möglichst viele sollen also an der politischen
Willensbildung beteiligt werden, so wie es das partizipatorische Demokratiebild anstrebt.
Die Kritiker eines Wahlrechts ohne Altersgrenze führen – ganz im Sinne der elitistischen
Lehre – als zwingenden Grund für die Einschränkung des Allgemeinheitsgrundsatzes an,
dass es Minderjährigen an der für das Wahlrecht nötigen Mündigkeit, politischer Urteilsfä-
higkeit oder Reife mangele (zur Rechtsfigur der Mündigkeit vgl. Richter 1997: 132-145).
„Das Wahlrecht kann nur Ausweis sein für die politische und rechtliche Mündigkeit des
jungen Menschen“, meint etwa Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) (zit. n.
Weimann 2002: 96). Auf diese Weise soll die Qualität des politischen Willensbildungspro-
zesses gewährleistet werden. Auch die Staatsrechtslehre hält mit Verweis auf Art. 38 Abs.
2 GG ein Mindestalter für zulässig (Hesselberger 2000: Art. 38 Rn. 10, Heußner 2007 i.E.:
231f., Jesse 2004: 2). Im wichtigsten Kommentar zum Bundeswahlgesetz von Wolfgang
Schreiber heißt es dazu: „Aus dem Wesen des aktiven Wahlrechts […] folgt, dass gewisse persönliche Mindesterfordernisse
für eine vernunft- und gemeinschaftsgemäße Entscheidung gegeben sein müssen. Dazu gehört ein
bestimmtes Lebensalter. […] Für die Festsetzung des Wahlalters ist die allgemeine politische Ur-
teilsfähigkeit ausschlaggebend.“ (Schreiber 1998: 233, 238).
Die Anhänger des Minderjährigenwahlrechts entgegnen, dass ungeklärt sei, wie sich die
postulierte Urteilsfähigkeit überhaupt messen lasse. In der Literatur werden in der Tat nir-
gends Kriterien hierfür definiert. „Damit fehlt es bis heute an fundierten wissenschaftlichen
Erkenntnissen, um den Begriff der politischen Urteilsfähigkeit […] zu definieren“, führt
ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages aus (1995: 4).
Schon deswegen könnten keine individuellen Prüfungen der politischen Einsichtsfähigkeit
durchgeführt werden, weshalb man „stets auf eine generalisierende abstrakte Feststellung
der politischen Einsichtsfähigkeit als Grundlage des Wahlrechts abstellen“ müsse (Wil-
lutzki 2004: 5). Doch auch für die nur abstrakte Feststellung einer nicht näher definierten
Urteilsfähigkeit seien (insbesondere fixe) Altersgrenzen wenig geeignet, da schwerlich zu
erklären sei, warum ein 18jähriger die Reife zum Wählen besitzen soll, ein 17jähriger (der
im Grenzfall nur einen Tag jünger ist) jedoch nicht und daher „aus zwingenden Gründen“
(BVerfGE 58, 205) vom Wahlrecht ausgeschlossen werden müsse (Weimann 2002: 66f.).
Dies gelte umso mehr, zumal bei Erwachsenen auch nicht nach der politischen Reife ge-
fragt werde, sondern im Gegenteil das Wahlrecht bewusst nicht an eine definitorisch unbe-
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stimmte Wahlfähigkeit geknüpft werde (Kiesewetter 1997: 316-318, Richter 1997: 136).
Für die Jugendlichen ab etwa 14 Jahren könne die Unterstellung einer unterdurchschnittli-
chen Urteilsfähigkeit ohnehin nicht gelten (Haupt 2007 i.E.: 265), was einschlägige ju-
gendsoziologische und entwicklungspsychologische Befunde nachweisen (Hurrelmann
1997: 280-289, ders. 2001: 3-6).
Zwar nehme mit dem Lebensalter naturgemäß auch die Lebenserfahrung zu, doch sei die
Lebenserfahrung als Kriterium für Urteilsfähigkeit unbrauchbar (Kiesewetter 1997: 319-
321, Weimann 2002: 67). Ein höheres Lebensalter könne sich nämlich „in zwei Richtun-
gen auswirken: in klärenden Reflexionen über solche Erfahrungen und Erprobung einer-
seits, wie aber auch in Verhärtung von Vorurteilen, Hörigkeit gegenüber Gruppenmeinun-
gen und Gruppeninteressen, in einem Weiterschleppen veralteter, vereinfachter Vorstel-
lungen von Geschichte und Politik andererseits“ (Wissenschaftliche Dienste des Deutschen
Bundestags 1995: 3).
Wollte man – der Begründungslogik der Antragsgegner folgend – die mutmaßlich weniger
urteilsfähigen Altersgruppen vom Wahlrecht ausschließen, um so die Qualität der politi-
schen Willensbildung zu gewährleisten, so müssten nicht nur Mindestaltersgrenzen gelten,
sondern es müssten auch Höchstaltersgrenzen eingeführt werden oder zumindest als legi-
tim erachtet werden, da die Geisteskraft alter Menschen abnimmt und somit bei pauschaler
Betrachtung die Urteilsfähigkeit der sehr alten Bevölkerung ähnlich eingeschränkt ist wie
die der sehr jungen Bevölkerung. Dies gilt umso mehr, als der Altenquotient in unserer
Gesellschaft aufgrund des demographischen Wandels rasant ansteigt, und damit nicht nur
der Anteil der senilen Bevölkerung zunimmt, sondern auch die Problemlösungsfähigkeit
des politischen Systems weiter unter Druck geraten kann, wenn die Dominanz der Alten in
der Wahlbevölkerung die Durchsetzung zukunftstauglicher Reformen blockiert
(Sinn/Übelmesser 2000, Tremmel 1996: 41f.). Die Forderung nach einem Höchstalter ist
auch bereits vereinzelt erhoben worden (Schüller 1995: 180). Einhellig wird aber ein
Höchstalter unter Verweis auf den Allgemeinheitsgrundsatz zu Recht ausdrücklich abge-
lehnt (Merk 1997: 265f., Tremmel 1996: 61f.), während allerdings die Antragsgegner ein
Mindestalter weiter für zulässig ansehen (z.B. Morlok 1998: Art. 38 Rn. 72), obwohl da-
durch der Allgemeinheitsgrundsatz ebenso berührt wird. Diese Inkonsistenz in der
Argumentation der Antragsgegner ist bislang nicht befriedigend gelöst.
Angesichts des Widerspruchs, dass Urteilsfähigkeit ausschließlich der minderjährigen Be-
völkerung pauschal abgesprochen, ihr aber abverlangt wird, während sie bei älteren Bevöl-
kerungsgruppen nicht verlangt, aber als vorhanden angenommen wird, wobei obendrein
14
ungeklärt ist, worin sich die Urteilsfähigkeit überhaupt manifestiert, kann die von den An-
tragsgegnern herangezogene Begründung für die Einschränkung des Allgemeinheitsgrund-
satzes nicht ohne weiteres aufrechterhalten werden.
Gleichheit der Wahl
Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl besagt, dass jeder Wahlberechtigte die gleiche An-
zahl an Stimmen besitzt („one man, one vote“) und jede Stimme gleichen Zählwert und
Erfolgswert hat (Hesselberger 2000: Art. 38 Rn. 10).
Die Gegner des Wahlrechts ohne Altersgrenze argumentieren, dass die von den Antragstel-
lern vorgesehene elterliche Stellvertretung der Kinder dieses Gebot verletze, da Eltern zu-
sätzliche Stimmen erhielten und damit gegenüber anderen Wahlberechtigten über ein stär-
keres Stimmengewicht verfügten. Dies liefe auf ein Pluralwahlrecht und letztlich auf eine
neue Form des preußischen Dreiklassenwahlrechts hinaus (Deligöz 2003: 1, Deutscher
Bundestag 2004: 9271, 9274, 9277, ders. 2005: 4, Frankenberg 2004: 4f., Jesse 2004: 2,
Schreiber 1998: 205).
Die Befürworter des Antrags betonen dagegen, dass nicht die Eltern eine zusätzliche
Stimme erhielten, sondern dass den Kindern das Wahlrecht verliehen werde und den Eltern
dieses Wahlrecht stellvertretend bis zu deren Volljährigkeit anvertraut werde. Nicht die
Eltern würden privilegiert, sondern die bestehende Diskriminierung der Kinder würde be-
endet (Haupt 2007 i.E.: 264f., Vollmer 2004: 4). Dies sei keine Renaissance des Dreiklas-
senwahlrechts, sondern ein „Dreigenerationenwahlrecht“ würde geschaffen, das auch der
jüngsten der drei Generationen Mitbestimmung ermögliche, so der FDP-Abgeordnete
Klaus Haupt (Deutscher Bundestag 2004: 9273).
Der Gleichheitsgrundsatz laufe daher einem Stellvertreterwahlrecht nicht zuwider. Bestä-
tigt wird diese Auffassung auch vom ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsge-
richts Paul Kirchhof: „[J]eder Mensch bekommt eine Stimme, denn auch Kinder wären
wahlberechtigt. Es besteht nur die Besonderheit, dass dieser junge Mensch […] noch nicht
in der Lage ist, sein Stimmrecht selbst auszuüben, und deswegen die allgemeine Regel gilt,
dass die Eltern die Rechte des Kindes wahrnehmen“ (Kirchhof 2002: 3).
Hier stehen sich also zwei gegensätzliche verfassungsrechtliche Interpretationen gegen-
über, wobei sich die restriktive Ansicht auf eine strikte Auslegung des Prinzips der Zähl-
wertgleichheit beruft, während die expansive Sicht durch Stellvertretermodelle möglichst
viele Bürger in den politischen Willensbildungsprozess zu inkludieren sucht. In der
Rechtswissenschaft besteht in diesem Punkt keine Einigkeit. Eine Abwägung zugunsten
15
des Antrags wäre dabei durchaus überzeugend zu begründen (vgl. Heußner 2007 i.E.:
232f., 238-245).
Unmittelbarkeit der Wahl
Nach dem Gebot der Unmittelbarkeit der Wahl sind alle Wahlverfahren ausgeschlossen,
bei denen „zwischen Wähler und Wahlbewerber nach der Wahlhandlung eine Instanz ein-
tritt, welche die Abgeordneten nach ihrem Ermessen auswählt“ (BVErfGE 7, 63, 58). Un-
mittelbarkeit meint somit ein Verbot von Wahlmännergremien, die ohne rechtliche Bin-
dung an das ursprüngliche Wählervotum die Abgeordneten bestimmen, wie dies z.B. bei
den Präsidentschaftswahlen in den USA der Fall ist (Hesselberger 2000: Art. 38 Rn. 10).
Ein Teil der Staatsrechtslehre leitet hieraus zudem das Gebot der Höchstpersönlichkeit ab,
wonach die Stimmabgabe nur durch den Wahlberechtigten selbst erfolgen dürfe
(Maunz/Dürig 2003: Art. 38 Rn. 32, Morlok 1998: Art. 38 Rn. 115, Schreiber 1998: 240).
Elterliche Stellvertretung bei der Wahl sei daher ausgeschlossen, erklären die Antragsgeg-
ner (Deligöz 2003: 1, Deutscher Bundestag 2004: 9274, 9277, 9279, ders. 2005: 4, Fran-
kenberg 2004: 5f., Jesse 2004: 2). „Es wäre eben nicht sichergestellt, dass der unverfälsch-
te Wille des Wahlberechtigten zum Durchbruch käme“, so die SPD-Abgeordnete Barbara
Wittig (Deutscher Bundestag 2004: 9277).
Hingegen halten die Antragsbefürworter die elterliche Stellvertretung bei der Wahl mit
dem Unmittelbarkeitsgebot vereinbar. Sie betonen, dass eine höchstpersönliche Stimmab-
gabe nicht expressis verbis vom Grundgesetz gefordert werde, sondern dass Unmittelbar-
keit lediglich das Verbot von Wahlmännergremien impliziere. Beim Stellvertreterwahl-
recht sei die Unmittelbarkeit gewährleistet, da jede abgegebene Stimme einem bestimmten
Wahlbewerber zugerechnet werden könne, ohne dass eine Instanz zwischengeschoben wä-
re. Eine höchstpersönliche Stimmrechtsausübung durch den Minderjährigen sei nicht er-
forderlich (Deutscher Bundestag 2003: 4, ders. 2004: 9273, Heußner 2007 i.E.: 245, Krebs
2007 i.E.: 285, Peschel-Gutzeit 2004: 6, dies. 2005: 7, Willutzki 2004: 7).
Dessen ungeachtet sei auch das vom Unmittelbarkeitsgrundsatz abgeleitete, daher als nach-
rangig zu betrachtende Gebot der Höchstpersönlichkeit mit der elterlichen Stellvertretung
vereinbar (Deutscher Bundestag 2004: 9272, 9276, Hattenhauer 1997: 254-256, Heußner
2007 i.E.: 232, 245f., Jarass/Pieroth 1992: Art. 19 Rn. 10, Willutzki 2004: 6f.). Eine elter-
liche Stellvertretung auch bei Grundrechten sei unserem Rechtssystem durchaus bekannt,
so führt der FDP-Abgeordnete Klaus Haupt aus: „[U]nser Rechtssystem sieht, soweit Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit auseinander fallen, üb-
rigens schon seit 100 Jahren die Möglichkeit der Stellvertretung vor und weist diese im Falle von
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Minderjährigen den Eltern als geborene Stellvertreter ihrer Kinder zu. Aus Art. 6 des Grundgesetzes,
dem besonderen Elterngrundrecht, folgen generelle Wahrnehmungsrechte der Eltern, auch und gera-
de im Bereich der Ausübung der Grundrechte ihrer Kinder. Beispielsweise vertreten Eltern ihre
Kinder bei der Ausübung der als Grundrecht ausgestalteten Religionsfreiheit bis zum Eintritt der
Teilrechtsmündigkeit mit 14 Jahren. Warum soll das nicht auch beim Grundrecht auf politische
Mitwirkung, beim Wahlrecht, möglich sein?“ (Deutscher Bundestag 2004: 9272). Übereinstimmend dazu stellt ein Gutachten der Wissenschaftliche Dienste des Deutschen
Bundestages fest: „Soweit es um Stellvertretermodelle geht, besteht möglicherweise ein
Konflikt mit dem Grundsatz der Höchstpersönlichkeit der Wahl, der aber aufgelöst werden
kann. Unter Heranziehung der Grundsätze [des Elternrechts] von Artikel 6 Abs. 2 GG [und
der näheren Bestimmungen hierzu in] §§ 1626 ff. BGB ließe sich unter Umständen eine
Ausnahme von diesem Grundsatz vertreten“ (zit. n. Hattenhauer 1997: 248f.). Auch die
ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Roman Herzog und Paul Kirchhof
vertreten diesen Standpunkt (Herzog 2000: 2, Kirchhof 2002: 3). Kirchhof sieht dabei „kei-
ne durchgreifenden Probleme“ hinsichtlich der Vereinbarkeit der Stellvertretung mit der
Unmittelbarkeit (Kirchhof 2002: 3).
Zudem, so die Antragsbefürworter weiter, sei das Prinzip der Höchstpersönlichkeit durch
die Möglichkeit von Briefwahl und Wahlhelfern bereits durchbrochen. Zwar seien dies
prinzipiell lediglich technische Instrumente, doch könne keineswegs sichergestellt werden,
dass die Wahl tatsächlich höchstpersönlich erfolgt; da bei Bundestagswahlen etwa zehn
Prozent der Wähler ihre Stimme per Briefwahl abgeben, sei Missbrauch insbesondere bei
älteren Wählergruppen in der Praxis nicht auszuschließen (Deutscher Bundestag 2003: 4,
ders. 2004: 9273, Haupt 2007 i.E.: 263, Nees 2004: 3, Peschel-Gutzeit 2004: 6, dies. 2005:
7, vgl. auch Hattenhauer 1997: 255f., Merk 1997: 267f.). In anderen demokratischen Län-
dern wie Frankreich oder Großbritannien sei die Höchstpersönlichkeit sogar noch weiter
eingeschränkt durch das Instrument der „vote par procuration“ bzw. „proxy vote“, bei dem
jeder Wähler sein Stimmrecht auf andere Bürger übertragen kann, wenn er selbst verhin-
dert ist (z.B. Krankheit). Obwohl diese Instrumente das Höchstpersönlichkeitsgebot ge-
fährden, habe man sich zu Recht für deren Einführung entschieden, um möglichst viele an
der Wahl beteiligen zu können (Deutscher Bundestag 2003: 4, ders. 2004: 9273, Haupt
2007 i.E.: 263, Krebs 2007 i.E.: 295, Nees 2004: 3, Peschel-Gutzeit 2004: 6f., dies. 2005:
7f.). Die Einschränkung der Höchstpersönlichkeit sei folglich schon deshalb geboten, um
die Allgemeinheit der Wahl durchzusetzen und so – ganz im Sinne der partizipatorischen
Demokratietheorie – möglichst viele am politischen Willensbildungsprozess zu beteiligen.
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Letztlich geht es also um die demokratietheoretische Frage, welcher Grundsatz höher zu
bewerten ist: die Allgemeinheit der Wahl oder die als Höchstpersönlichkeit interpretierte
Unmittelbarkeit der Wahl. Während die Vertreter der partizipatorischen Lehre mit ihrem
expansiven Anspruch auf der Beteiligung der Minderjährigen an der Staatsgewalt beste-
hen, um so auch deren Interessen in den demokratischen Willensbildungsdiskurs einzube-
ziehen und dem intrinsischen Wert der Demokratie zu genügen, und daher elterliche Stell-
vertretung akzeptieren, verwehren sich die Anhänger der elitistischen Lehre mit ihrem re-
striktiven und technischen Demokratiebegriff gegen Stellvertretermodelle bei der Wahl, da
so eine unverfälschte Wiedergabe des Wählerwillens nicht mehr erzielbar sei und die de-
mokratische Methode verwässert werde. Da die Frage der Abwägung zwischen Allge-
meinheitsgebot und als Höchstpersönlichkeit interpretiertem Unmittelbarkeitsgebot verfas-
sungsrechtlich strittig ist, muss sie verfassungspolitisch entschieden werden. Die Argu-
mente für eine Abwägung zugunsten des Allgemeinheitsgebots sind dabei durchaus ein-
leuchtend, obgleich nicht alle Zweifel an der Vereinbarkeit rundweg ausgeräumt werden
können.
Freie Wahl
Der Grundsatz der freien Wahl verbietet, auf den Wähler Zwang auszuüben, um ihn zu
einer bestimmten Wahlentscheidung zu drängen (Hesselberger 2000: Art. 38 Rn. 10,
Schreiber 1998: 88). Nach Auffassung der Antragsgegner kollidiert das Stellvertreterwahl-
recht mit diesem Grundsatz. „Da sich die Eltern auch gegen den Willen der schon verstän-
digen Kinder und Jugendlichen an der Wahl beteiligen oder auch nicht beteiligen könnten,
kann von einer freien Wahl wohl kaum die Rede sein. Zudem ist auch nicht auszuschlie-
ßen, dass im Rahmen der [zur Sondierung der Kindespräferenzen] gewünschten Eltern-
Kind-Gespräche eine Beeinflussung im Sinne der Wahlentscheidung der Eltern erfolgt“,
erläutert die SPD-Abgeordnete Barbara Wittig (Deutscher Bundestag 2004: 9277).
Die Antragsbefürworter weisen diesen verfassungsrechtlichen Einwand, die Stellvertretung
verletze die freie Wahl, zurück: Ungeachtet dessen, dass die Eltern ihre Entscheidung, die
sie für das Kind treffen, mit dem Kind entsprechend seinem Entwicklungsstand besprechen
und möglichst einvernehmlich regeln sollten (Willutzki 2004: 8), müssten die Eltern – wie
auch in allen anderen Angelegenheiten – selbst entscheiden, was sie für das Kindeswohl
am besten halten, wie dies auch vom Grundgesetz (das Elternrecht in Art. 6 GG) und vom
Zivilrecht (§§1626ff. BGB) vorgesehen sei. Eine Kontrolle dieser Wahlentscheidung, ob
sie gegen den Willen des Kindes verstößt, sei in einer Demokratie nicht möglich, nicht
18
nötig und auch nicht erwünscht. Bei der Religionswahl und anderen Grundfreiheiten des
Kindes stünden die Eltern schließlich genauso in der Verantwortung, ohne dass eine staat-
liche Instanz darüber wachen könnte oder dürfte, ob die elterlichen Entscheidungen die
richtigen sind, da sich schlechterdings nicht definieren lasse, welche Entscheidung „rich-
tig“ sei (Deutscher Bundestag 2004: 9270, Heußner 2007 i.E.: 246, Nees 2005: 3, Peschel-
Gutzeit 2004: 11f.). Dieser Verweis auf die elterliche Stellvertretung bei anderen Grund-
rechten ist in der Tat plausibel. Die Antragsgegner sind eine Entkräftung dieser Argumen-
tation bislang schuldig geblieben, sodass eine Interpretation im Sinne des Antrags durchaus
konsistent begründbar ist.
Spielten die verfassungsrechtlichen Aspekte hinsichtlich des Gebots der freien Wahl nur
eine untergeordnete Rolle in der Debatte, so dominierte vielmehr die Auseinandersetzung
darum, ob durch die Stellvertretung tatsächlich der freie Kindeswille eingebracht würde.
Der Aspekt der mutmaßlich leichteren Beeinflussbarkeit des Willens junger Menschen
blieb aufgrund des Stellvertretungskonzepts weitgehend aus der Debatte ausgespart; statt-
dessen wurde von den Antragsgegnern stets betont, dass der Kindeswille aufgrund der
Stellvertretung nicht wiedergegeben würde (Deligöz 2003: 1, Deutscher Bundestag 2004:
9274f., 9277, 9279, ders. 2005: 4). Die Antragsgegner argumentierten in der Debatte also –
in krasser Abweichung von der elitistischen Tradition – mit einem positiven Bild vom
Bürger und trauten sogar den Minderjährigen freie Willensbekundungen zu. Sie plädierten
teilweise sogar für eine Senkung des Wahlalters und einen Ausbau der Beteiligungsmög-
lichkeiten für Kinder und Jugendliche auf allen gesellschaftlichen Ebenen (Deligöz 2003:
1, Deutscher Bundestag 2004: 9275, ders. 2005: 4), was erstaunt, da hier die Antragsgeg-
ner die klassischen Forderungen der Partizipationstheorie vorbringen, mit der sie ja anson-
sten im Konflikt stehen. Hier ergeben sich folglich Ansatzpunkte, das Wahlrecht im Kon-
sens in Richtung eines höheren Partizipationsgrades weiterzuentwickeln, worauf an späte-
rer Stelle noch ein Ausblick gewagt wird.
Geheime Wahl
Eine Wahl ist geheim, wenn jeder seine Stimme so abgeben kann, dass von niemandem
kontrollierbar ist, wie er sich entschieden hat (Hesselberger 2000: Art. 38 Rn. 10). Einige
Antragsgegner sehen dieses Gebot durch das Stellvertreterwahlrecht als verletzt, da sich
Wahlberechtigter (also das Kind) und Vertreter (die Eltern) über die Wahlentscheidung
austauschen müssten (Deligöz 2003: 1, Deutscher Bundestag 2004: 9277).
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In der Debatte wurde von den Antragsbefürwortern auf diesen Einwand nicht eingegangen.
Es liegt im Wesen des Stellvertretermodells, dass die vom Stellvertreter abgegebene Stim-
me naturgemäß demselben auch bekannt ist. Wie Sachverständige erklären, hätten bei eine
Stellvertretermodell die Eltern das Wahlgeheimnis über ihr Votum für das Kind zu respek-
tieren, d.h. sie dürften es Dritten nicht berichten (Peschel-Gutzeit 2006: o.S.). Da der Punkt
in der Debatte kaum thematisiert wurde und auch im abschließenden Bericht des Innenaus-
schusses nicht mehr ausdrücklich erwähnt wird, scheinen hier die Zweifel an der Verein-
barkeit keine nennenswerte Rolle zu spielen.
4. Exkurs: Praktische Umsetzbarkeit Als Folge praktischer Schwierigkeiten bei der Durchführung des Stellvertreterwahlrechts
werden von den Antragsgegnern juristische Streitigkeiten und eine Prozesswelle vor den
Familiengerichten befürchtet. Zu lösende Fragen seien etwa, wer von den beiden Elterntei-
len für das Kind stellvertretend wählen soll, was im Falle von Scheidungen geschieht oder
bei minderjährigen Eltern (Deligöz 2003: 1, Deutscher Bundestag 2004: 9271f., 9274f.,
Deutscher Bundestag 2005: 4).
Nach Ansicht der Antragsteller sind diese Fragen allerdings bereits gelöst: So müssten sich
die Eltern nicht auf eine bestimmte Wahlentscheidung einigen, sondern beide Elternteile
bekämen jeweils eine halb gewichtete Stimme (Deutscher Bundestag 2003: 2, Haupt 2007
i.E.: 265f., Vollmer 2004: 6, Willutzki 200: 8). Bei Scheidungen würde das Stimmrecht
beim sorgeberechtigten Elternteil verbleiben. Bei minderjährigen Eltern, die selbst noch
von ihren Eltern vertreten werden, würde das Wahlrecht bis zu deren Volljährigkeit sus-
pendiert. Solche und weitere Spezialfälle könnten durch Verordnung im Detail geklärt
werden (Deutscher Bundestag 2004: 9276).
Die praktische Handhabbarkeit des Stellvertreterwahlrechts gilt inzwischen allgemein als
hinreichend belegt. So räumten selbst Sachverständige, die sich gegen den Antrag ausspra-
chen, bei der Anhörung im Innenausschuss ein, dass die organisatorischen Argumente ge-
gen ein Stellvertreterwahlrecht „an den Haaren herbeigezogen und leicht widerlegbar“ sei-
en (Jesse 2004: 1), und auch andere renommierte Sachverständige wie Paul Kirchhof spre-
chen davon, es handele sich dabei lediglich um „praktische Probleme, die man leicht lösen
kann“ (Kirchhof 2002: 3). Dennoch wurde der Antrag u.a. mit explizitem Verweis auf
zahlreiche offene Fragen abgelehnt (Deutscher Bundestag 2005: 4), was vor dem Hinter-
grund der vorliegenden juristisch sauberen Lösungsvorschläge jedoch nicht überzeugt.
20
5. Regulativ für Generationengerechtigkeit?
5.1 Wahlrecht und Generationengerechtigkeit
Vor dem Hintergrund wachsender Möglichkeiten des Menschen, die Zukunft zu beeinflus-
sen, erfährt die Wahrung der Generationengerechtigkeit – also zu gewährleisten, dass „die
Chancen zukünftiger Generationen auf Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse mindestens
so groß sind wie die der heutigen Generation“ (Tremmel 2003: 34) – zunehmende Not-
wendigkeit, da die Rechte und Interessen nachrückender Generationen in steigendem
Ausmaß von heute getroffenen Entscheidungen tangiert werden (Birnbacher 1988: 9-16,
Jonas 1979, Lutz 2002, Preuß 1984: 224-231, Tremmel 2003: 349-353, Viehöver 2001:
150-152). Allein die radioaktiven Hinterlassenschaften der deutschen Atomreaktoren sind
noch in fast einer Million Jahren tödlich, der von unserem hohen fossilen Energiever-
brauch angestoßene Klimawandel wird über Jahrhunderttausende die Biosphäre verändern,
erschöpfliche Rohstoffe werden in hohem Tempo unwiederbringlich verbraucht
(BUND/Misereor 1996: 23-124, Tremmel 1996: 67-135). Die Schutzpflichten des Staates
für die Umwelt, wie sie in Art. 20a GG verankert sind, konnten bislang aufgrund ihres un-
verbindlichen Charakters kaum Wirkung entfalten (Buschmann/Lindner 2003: 394, Klein-
diek 1997, Krebs 2007 i.E.: 23, Tremmel 2003: 363f.).
Nicht nur die sich verschärfende ökologische Krise, auch die „finanz- und sozialpolitischen
Bedingungen“, so stellt die Deutsche Bundesbank fest, bürden „künftigen Generationen
erdrückende Lasten“ auf (Deutsche Bundesbank 1997: 30): Ein wachsender Anteil des
Staatshaushaltes muss aufgebracht werden, um die Zinsbelastungen der Staatsverschul-
dung zu bewältigen, während gleichzeitig die Zukunftsinvestitionen reduziert werden
(Tremmel 1996: 25-34, Becker 2003). Der im Umlageverfahren organisierte Generatio-
nenvertrag in der Rentenversicherung befindet sich in einem Prozess der Demontage
(Tremmel 1996: 38-49, ders. 1997: 149-170). Die soziale Benachteiligung von Familien
hat eine derart massive Kinderarmut erzeugt, dass inzwischen das Bundesverfassungsge-
richt mehrfach intervenieren musste, um den grundgesetzlichen Schutz der Familie (Art. 6
Abs. 1 GG) zu wahren (Nees 2004: 1, Willutzki 2004: 1).
Diese zu beobachtende Gegenwartsorientierung ist in demokratieinhärenten strukturellen
Ursachen zu suchen: Denn die relativ kurzen Wahlperioden verführen dazu, eine Politik zu
betreiben, die mehr die Interessen der eigenen Klientel und der Wahlbevölkerung im Blick
hat denn die Rechte künftiger Generationen (Buschmann/Lindner: 390-392, Jonas 1979:
55f., Merk 1997: 260-262, 269-278, Preuß 1984: 231-238, Tremmel 1996: 41f., ders. 2004:
21
349-353, Viehöver 2001: 150-152; kritisch Birnbacher 1988: 258-268). Die Demokratie
gerät unter die Funktionslogik des Kurzfristdenkens, so der Verfassungsrechtler Böcken-
förde: „In dem Maße, wie die[se] Funktionslogik dominiert – und es liegt von der Struktur der Demokratie
her nahe, dass sie dominiert –, wird die demokratisch organisierte politische Entscheidungsgewalt
selbst zu einem bloßen Teilsystem neben den anderen, ohne davon abgehobene übergreifende Sach-
logik, und handelt entsprechend. Sie sucht die Einwirkungen und Forderungen der anderen Teilsy-
steme – in denen ihre eigenen Legitimationsspender, die Bürger, als jeweilige Rollenträger agieren –
so zu verarbeiten und so darauf zu reagieren, dass die eigene Stabilität und Funktionslogik nicht in
Frage gestellt wird. Das politische System bleibt bei begrenzten Anpassungsstrategien im Hinblick
auf Naherfolge bei Wahlen stehen und stecken.“ (Böckenförde 1987: §22 Rn. 73)
Die Umsetzungschancen für eine generationengerechte Politik werden dadurch systembe-
dingt geschmälert, wie auch Altbundespräsident Richard von Weizsäcker erläutert: „Allgemein gesagt ist jede parlamentarische Demokratie auf einem Strukturproblem aufgebaut,
nämlich der Verherrlichung der Gegenwart und der Vernachlässigung der Zukunft. Es ist nun einmal
so, das wir nicht anders regiert werden können und regiert werden wollen als durch auf Zeit gewähl-
te Vertreter, die mit ihrem Angebot zur Lösung der Probleme gar keinen weiteren Dispositionsspiel-
raum zur Verfügung gestellt bekommen als den ihrer Legislaturperiode. Damit will ich nicht be-
haupten, dass die gesamte politische Repräsentanz keinen Sinn für langfristige, zukünftige Aufgaben
hätte. Nur steht sie vor der Notwendigkeit, sich Mehrheiten zu beschaffen“ (zit. nach Fried-
rich/Mändler/Kimakowitz 1998: 53).
Bei dieser Mehrheitsbeschaffung können allerdings die künftigen Generationen mangels
gegenwärtiger physischer Existenz nicht mitwirken, und die erste nachrückende, also heute
junge Generation, kann sich mangels Wahlrecht nicht daran beteiligen, was zu einer Dis-
kontierung von zeitlichen Fernwirkungen bei der politischen Willensbildung führt (Busch-
mann/Lindner 2003: 392).
Verschärfende Wirkungen bringt der demographische Wandel mit sich. Nach Vorausbe-
rechnungen des Statistischen Bundesamtes wird die deutsche Bevölkerung bis zum Jahr
2050 auf 65 bis 72 Millionen Menschen schrumpfen, das Verhältnis der über 60jährigen zu
den unter 20jährigen wird auf 74,7 bis 80,0 steigen. Heute liegt dieser Altenquotient noch
bei 41,3 (Deutscher Bundestag 2002: 29). Damit wächst die Gefahr, dass die Alten durch
ihr strukturelles Wählergewicht – ob sie es bewusst wollen oder nicht – die politische
Agenda bestimmen und Zukunftsthemen verdrängen (Sinn/Übelmesser 2000, Tremmel
1996: 49f., 59-61).
Die Demokratie gerät unter doppelten Legitimationsdruck: Nicht nur die Input-
Legitimation der Demokratie wird nun zunehmend infrage gestellt, da mit den Minderjäh-
rigen ein beachtlicher Teil des Staatsvolkes von der Willensbildung ausgeschlossen wird;
22
auch der Sinn dieser lange akzeptierten Exklusion wird bezweifelt, da das Potenzial des
politischen Systems zur Lösung von Langzeitproblemen (Output-Legitimation) durch ei-
nen Ausschluss der jungen Generation vom Wahlrecht geschmälert wird (zu den Begriffen
der Input-/Output-Legitimation vgl. Scharpf 1999: 17-28).
Der in den Deutschen Bundestag eingebrachte Antrag für ein Stellvertreterwahlrecht zielt
darauf ab, diesen doppelten Legitimationsdruck beheben zu helfen: Ein Wahlrecht ohne
Altersgrenze sei nicht nur demokratietheoretisch erforderlich, sondern auch ein Regulativ
für die Stärkung von Generationengerechtigkeit: „Unsere Gesellschaft verschiebt finanziel-
le, soziale und viele andere Lasten in die Zukunft und raubt so den künftigen Generationen
ihre Zukunftschancen. Wären die Familien mit ihren Kindern sowie die Kinder und Ju-
gendlichen selbst dank eines Wahlrechts ab Geburt eine bedeutendere politische Größe,
bestünde eher die Chance, ihren Interessen im politischen Prozess Geltung zu verschaf-
fen“, so die Antragsteller (Deutscher Bundestag 2003: 3).
Im Folgenden soll untersucht werden, inwieweit ein Mehr an Generationengerechtigkeit
durch ein Stellvertreterwahlrecht erwartet werden kann. Dabei ist zu unterscheiden zwi-
schen formaler bzw. input-orientierter Gerechtigkeit, die sich im Verfahren politischer Ent-
scheidungen ausdrückt, und materieller bzw. output-orientierter Gerechtigkeit, die dagegen
das Ergebnis der Entscheidung bezeichnet (Krebs 2007 i.E.: 286f.).
5.2 Formale (input-orientierte) Generationengerechtigkeit
Unabhängig von den Ergebnissen der politischen Entscheidungen liegt ein Verstoß gegen
die Generationengerechtigkeit darin, dass die junge Generation (unter 18 Jahre) kein Wahl-
recht besitzt, die mittlere und alte Generation hingegen schon. „Während alle drei Genera-
tionen den Entscheidungen der demokratisch legitimierten Herrschaftsorgane unterworfen
sind, sind nur die beiden älteren Generationen an dessen Legitimation beteiligt“ (Krebs
2007 i.E.: 287).
Der Einbezug der jungen Generation in die politische Willensbildung durch Aufhebung
des Mindestwahlalters würde dieses Legitimationsdefizit beheben und somit einen Gewinn
an formaler Generationengerechtigkeit erzeugen, wie auch die Antragsteller argumentie-
ren: Heute sei das Wahlrecht auf zwei Generationen beschränkt, doch mit „einem Dreige-
nerationenwahlrecht würde der Generationenvertrag mit neuem Leben erfüllt“, so der
FDP-Abgeordnete Klaus Haupt (Deutscher Bundestag 2004: 9273).
Einzuräumen ist allerdings, dass dieser Anspruch durch die elterliche Stellvertretung der
Kindesstimme an Wirksamkeit verliert: „Denn nicht die Kinder erhalten mehr Macht, son-
23
dern deren Eltern“, so die grüne Abgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk (ebd.: 9273; vgl.
auch ebd.: 9271f., 9275). Durch die vorgesehene Stellvertretung der Kinder und Jugendli-
chen büßt das Wahlrecht ohne Altersgrenze daher an formaler Generationengerechtigkeit
ein, auch wenn die Eltern im Interesse der Kinder abstimmen (kritisch Heußner 2007 i.E.:
240f.). Ein Wahlrecht, das von den Minderjährigen selbst ausgeübt werden könnte, würde
dem Ziel besser gerecht.
5.3 Materielle (output-orientierte) Generationengerechtigkeit
Die Antragsteller erwarten, dass durch ein Wahlrecht ohne Altersgrenze nicht nur formale
Generationengerechtigkeit erreicht wird, sondern sich diese Verjüngung der Wahlbevölke-
rung auch auf der Output-Seite in einer Stärkung der materiellen Generationengerechtig-
keit niederschlägt. Eine Erweiterung der Wahlbevölkerung um 13,8 Millionen sehr junge
Wähler bliebe im Wettstreit um Wählerstimmen kaum ohne Auswirkungen auf die Politik.
Da die jüngere Generation gerechter im Willensbildungssystem repräsentiert wäre, würden
sich ihre Wünsche und Interessen besser in der Politik durchsetzen lassen. Somit sei ein
Zugewinn für materielle Generationengerechtigkeit zu erwarten (Deutscher Bundestag
2003: 3, ders. 2004: 9269, 9273, 9276, Haupt 2007 i.E.: 260-263, Nees 2004: 1f., Peschel-
Gutzeit 2004: 2f., 13, dies. 2005: 8f., Vollmer 2004: 1-3, Willutzki 2004: 1).
Die Kritiker rechnen dagegen mit keinen Effekte. Zum einen sehe der Antrag die Vertre-
tung der minderjährigen Wahlberechtigten durch die Eltern vor, was schwerlich zu einer
Stärkung der Interessen der jungen Generation führen werde, da diese ja gar nicht beteiligt
sei. Die Eltern würden die ihnen treuhänderisch anvertraute Stimme nach ihrem Gusto ver-
wenden, während die Minderjährigen weiterhin fremdbestimmt blieben (Böhning 2006:
34, Deligöz 2003: 1, Deutscher Bundestag 2004: 9279, ders. 2005: 4).
Dieser Einwand ist durchaus berechtigt. Zwar ist durchaus denkbar, dass „nachdenkliche
Eltern für sich selbst eine bestimmte politische Richtung wählen, sich zugleich aber fragen,
ob dies eine Entscheidung ist, die auch aus Sicht der Kinder und für die Kinder, gemessen
an der Zukunft, die richtige ist“ (Peschel-Gutzeit 2004: 11; vgl. auch Heußner 2007 i.E.:
233-238, Nees 2004: 3). Inwieweit solche angenommenen psychologischen Prozesse tat-
sächlich greifen, ließe sich annäherungsweise nur durch demoskopische Erhebungen ermit-
teln, die bislang nicht vorliegen. Nach der Funktionslogik politischer Wahlen würde ein
Stellvertreterwahlrecht lediglich zu einer besseren Berücksichtigung von Familien beitra-
gen, das volle Potenzial für eine Förderung der Generationengerechtigkeit würde aber nicht
ausgeschöpft werden.
24
Zum anderen bezweifeln die Kritiker generell die Auswirkung von Wahlrechtserweiterun-
gen auf die praktische Politik und verweisen darauf, dass die Abgeordneten Vertreter des
gesamten Volkes, also auch der Kinder und Jugendlichen seien, und somit deren Einbezug
nicht nötig sei, um generationengerechte Politik zu betreiben (Deutscher Bundestag 2004:
9276f., 9280, Jesse 2004: 2). Diese Argumentation überzeugt allerdings kaum, da mit glei-
cher Logik auch andere Gruppen wie z.B. Alte oder Frauen vom Wahlrecht ausgeschlossen
werden könnten mit dem Hinweis, es bedürfe nicht deren Repräsentation, da auch so eine
alten- bzw. frauengerechte Politik möglich sei. Die Argumentation widerspricht ferner der
Funktionslogik politischer Wahlen: Der Wähler entscheidet sich für einen Bewerber, von
dem er glaubt, dass er seine Interessen am besten vertritt, und nicht die einer machtlosen
Minderheit. Dass dennoch prinzipiell eine Politik auch im Sinne der exkludierten Bevölke-
rung möglich ist, bleibt zwar unbestritten, doch wird diese unwahrscheinlich. „An exclu-
sive demos will be very unlikely to protect the interests of those who are excluded“ (Dahl
1989: 129; vgl. auch Krebs 2007 i.E.: 272, Weimann 2002: 78).
Wie groß das konkrete Potenzial des Wahlrechts ohne Altersgrenze zur Stärkung der mate-
riellen Generationengerechtigkeit tatsächlich ist, lässt sich schwer ermitteln, da Abschät-
zungen über die zu erwartenden Effekte auf einer Reihe von Annahmen zum Wahlverhal-
ten der verschiedenen Alterskohorten der Wahlbevölkerung beruhen (Krebs 2007 i.E.:
288). Von den Antragsbefürwortern wird unterstellt, dass der bisher wahlberechtigte Teil
des Staatsvolkes „tendenziell eher kurzfristige“ Interessen hat, während der bisher nicht
wahlberechtigte Teil „tendenziell eher langfristige“ Interessen verfolgt (Wingen 1999:
o.S.). Dies erscheint durchaus plausibel, wie jugendsoziologische Befunde nahe legen, da
junge Menschen zukunftsbewusster orientiert sind und z.B. dem Umweltschutz einen ho-
hen Stellenwert beimessen (Hurrelmann 1997: 285f., Tremmel 2003: 47). Wären die Min-
derjährigen mit einem Wahlrecht ausgestattet, wäre daher eine Stärkung des Zukunftsbe-
wusstseins bei Problemwahrnehmung und Politikformulierung durchaus zu erwarten. Bei
elterlicher Wahrnehmung der Kindesstimme wäre dieser Vorzug allerdings eingeschränkt,
da nicht abgeschätzt werden kann, inwieweit die Eltern ein zukunftsorientiertes Denken
entwickeln und in ihre Wahlentscheidung einfließen lassen würden.
Können durch das Wahlrecht ohne Altersgrenze zumindest die Präferenzen der heute le-
benden jungen Generation an Bedeutung gewinnen, so ist dagegen fraglich, inwieweit sich
hierdurch auch die Präferenzen der künftigen Generationen abbilden lassen. Könnten alle
künftigen, noch ungeborenen Generationen am heutigen Willensbildungsprozess mitwir-
ken, so würde schnell eine Trendumkehr zu generationengerechter Politik erreicht; doch
25
kann die heute junge Generation durchaus andere Interessen verfolgen als künftige Genera-
tionen, z.B. mehr Wert auf kurzfristigen Konsum legen (Fernurlaub, Elektronikartikel
usw.) als auf den Schutz des Weltklimas.
Darüber hinaus ist ebenso wenig wie bei den bisherigen Wahlberechtigten garantiert, dass
die neuen Wahlberechtigten rational und vollständig ihre eigenen Interessen abgewogen
formulieren können; insbesondere bei komplexen Fragestellungen wie einer generationen-
gerechten Renten- oder Fiskalpolitik sind homogene Interessen bestimmter Generationen
selbst in der Fachliteratur noch keineswegs eindeutig definiert (Buschmann/Lindner 2003:
397-400; grundlegende Ansätze bei Tremmel 1997: 196-201, 209-225, Becker 2003). Al-
lerdings ist hier anzumerken, dass auch bisher bei Wahlentscheidungen nicht nach wissen-
schaftlichen Kriterien als objektiv erachtete, sondern subjektiv als solche wahrgenommene
eigene Interessen ausschlaggebend sind.
Überhaupt scheinen die Potenziale eines Wahlrechts ohne Altersgrenze auf die Herstellung
von materieller Generationengerechtigkeit tendenziell begrenzt, da auch eine Aufhebung
der Altersgrenze die Altersstruktur der Wahlbevölkerung nicht wesentlich beeinflussen
würde. So zeigte eine Untersuchung auf Grundlage der Public-Choice-Theorie, dass eine
Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in den Wahlprozess zwar das Medianwähler-
alter von 48 auf 42 Jahre senken würde, doch dass diese Absenkung so gering ist, dass der
Effekt auf das Wahlverhalten vernachlässigbar wäre. Generationengerechtigkeit könne so
nicht hergestellt werden (Krieger 2007 i.E.: 327f.). Bei elterlicher Stellvertretung würde
dieser Effekt nochmals abgeschwächt, da die Eltern in der Regel der Alterskohorte der
etwa 25-40jährige angehören und somit eine spürbare Verjüngung der Wahlbevölkerung
schlechterdings nicht mehr zu realisieren ist.
Letztlich kann eine fundierte Prognose der Auswirkungen eines Wahlrechts ohne Alters-
grenze nicht vorgenommen werden, da gesicherte Erkenntnisse größtenteils fehlen, son-
dern es können lediglich theoretische Wahrscheinlichkeitsüberlegungen angestellt werden.
Auf Basis der Überlegungen zur Funktionslogik politischer Wahlen ist zumindest plausi-
bel, dass (wenn auch nur begrenzt) eine gerechtere Verteilung der Lasten und eine gerech-
tere Berücksichtigung der Interessen zwischen den heute lebenden Generationen vermutet
werden darf. Dies gilt eingeschränkt auch bei der elterlichen Stellvertretung der Kindes-
stimme, da durchaus nicht abwegig ist, dass sich die Eltern Gedanken darüber machen,
welche Wahlentscheidung für ihre Kinder die beste wäre, und die Politik gefordert wäre,
die Interessen von Familien stärker zu berücksichtigen, um das Stimmenpotenzial der El-
tern abzuschöpfen. Ungeklärt sind dagegen die Wirkungen auf eine Politik für die noch
26
ungeborenen Generationen. Insbesondere könnte weniger die Verjüngung der Wählerstruk-
tur selbst von Bedeutung sein, sondern vielmehr das hierdurch bewirkte Anstoßen eines
gesellschaftlich-politischen Diskurses, dessen indirekten Effekte auf die Durchsetzung von
Generationengerechtigkeit weit größer sein können (optimistisch mit Blick auf das reine
Minderjährigenwahlrecht Kiesewetter 1997: 324, Weimann 2002: 29-39). Insgesamt ist ein
Zugewinn für die materielle Generationengerechtigkeit also durchaus vorhanden, wenn-
gleich er nicht überschätzt werden sollte.
6. Zusammenfassung der Ergebnisse und Perspektiven
Diese Arbeit stellte sich die Frage, ob das im Bundestag vorgeschlagene Wahlrecht ohne
Altersgrenze – ausgestaltet als originäres Minderjährigenwahlrecht mit elterlicher Stellver-
tretung der Kindesstimme – tatsächlich die mit ihm beabsichtigten Ziele einer Stärkung
von Demokratie und Generationengerechtigkeit erfüllt. Um die argumentativen Konfliktli-
nien in ihrer Logik begreiflich zu machen, wurden dazu zunächst die beiden konträren de-
mokratietheoretischen Leitbilder idealtypisch gegenübergestellt, aus denen sich der Streit
um eine Erweiterung des Wahlrechts speist: Auf der einen Seite steht der exklusiv-
restriktive Anspruch der elitistischen Demokratietheorie, die von einer mangelnden politi-
schen Mündigkeit des Volkes ausgeht und die Demokratie als wertfreie Methode der Füh-
rungsauswahl beschreibt; aus ihrer Sicht gründet sich die Legitimität der Demokratie auf
deren Fähigkeit zur Problemlösung (Output-Legitimation). Auf der anderen Seite steht der
inklusiv-expansive Anspruch der partizipatorischen Demokratietheorie, die auf eine mög-
lichst weitgehende Beteiligung möglichst weiter Teile des Staatsvolkes drängt, um so dem
intrinsischen Wert der Demokratie zu genügen und einen Ausgleich möglichst vieler Inter-
essen zu erreichen; aus ihrer Sicht basiert die Legitimation der Demokratie auf der Partizi-
pation an der politischen Willensbildung (Input-Legitimation).
Aufbauend auf diesen demokratietheoretischen Grundlagen wurde geklärt, inwieweit das
Prinzip der Volkssouveränität und die Wahlrechtsgrundsätze ein Wahlrecht ohne Alters-
grenze zulassen oder im Gegenteil erfordern. Hierzu wurde die Bundestagsdebatte analy-
siert und die politischen Argumente wurden gegenübergestellt. Dabei zeigte sich, dass in
der Debatte verschiedene demokratietheoretische Vorstellungen miteinander kollidieren:
Während die Antragsteller als Vertreter der partizipatorischen Lehre eine Wahlrechtser-
weiterung um die Kinder und Jugendlichen anstreben, da nur so dem Prinzip der Volks-
souveränität und dem Postulat der allgemeinen Wahl nachzukommen sei, verwehren sich
27
die Antragsgegner als Vertreter der elitistischen Lehre gegen einen solchen Einbezug des
mutmaßlich unmündigsten Teils des Staatsvolks in das politische Willensbildungsverfah-
ren, da die Minderjährigen das erforderliche Grundmaß an politischer Urteilsfähigkeit, das
Voraussetzung für das Wahlrecht sei, nicht aufbrächten und somit eine Aufhebung des
Mindestwahlalters die Qualität der politischen Entscheidungen gefährden oder zumindest
nicht erhöhen würde. Die Sichtweise der Antragsgegner ist zwar herrschende Meinung,
muss jedoch angezweifelt werden, da auch bei Volljährigen eine (in der Literatur nicht
definierte) politische Urteilsfähigkeit als Voraussetzung für das Wahlrecht nicht verlangt
wird und ferner die Unterstellung fehlender Urteilsfähigkeit für eine ganze Bevölkerungs-
gruppe bis zu einem fixen Altersstichtag pauschal nicht zu begründen ist. Mit einem Wahl-
recht ohne Altersgrenze wäre also durchaus eine Stärkung der Demokratie – in ihrer Aus-
formung durch die Prinzipien der Volkssouveränität und der Wahlrechtsgrundsätze – ver-
bunden.
Ein Fokus der Bundestagsdebatte lag auf der juristischen Auseinandersetzung um die Ver-
einbarkeit der elterlichen Stellvertretung der Kindesstimme mit den Grundsätzen der all-
gemeinen, gleichen, unmittelbaren, freien und geheimen Wahl. Die Antragsgegner mach-
ten dabei verfassungsrechtliche Bedenken geltend, insbesondere hinsichtlich des Gebots
der Zählwertgleichheit der Stimmen und der Höchstpersönlichkeit der Stimmabgabe. Diese
Grundsätze sind jedoch nach Ansicht der Antragsteller gewahrt: Die Zählwertgleichheit
werde nicht verletzt, da ja nicht Elternstimmen mehrfach gewichtet, sondern lediglich die
originären Stimmen des Kindes treuhänderisch vertreten würden. Da die Eltern in unserem
Rechtssystem ihre Kinder auch in anderen Grundrechten vertreten, bleibe auch die Höchst-
persönlichkeit gewährleistet, die ohnehin nicht ausdrücklich im Grundgesetz verankert und
schon daher als nachrangig zum Grundsatz der allgemeinen Wahl zu betrachten sei. Die
Argumentation der Antragsteller ist dabei durchweg konsistent und stichhaltig, obgleich
sie der derzeitigen mehrheitlichen Rechtsauffassung widerspricht, was deren Weiterent-
wicklung in jedem Falle nötig macht. Auch die vorgelegten Konzepte für die praktische
Umsetzung des Stellvertretermodells lassen, entgegen der Meinung der Antragsgegner,
eine organisatorische Machbarkeit klar erkennen.
Anschließend wurde untersucht, inwieweit ein Wahlrecht ohne Altersgrenze zur Stärkung
der Generationengerechtigkeit beitragen würde. Dabei zeigte sich, dass ein Gewinn an
formaler (bzw. input-orientierter) Generationengerechtigkeit entstünde, wenn auch der
jungen Generation ein Wahlrecht verliehen würde, dieser Zugewinn jedoch durch die elter-
liche Vertretung stark einbüßt, da die junge Generation hierdurch weiterhin von selbstbe-
28
stimmter Mitwirkung ausgeschlossen bleibt. Die Frage nach materieller (bzw. output-
orientierter) war dagegen mangels ausreichender gesicherter Erkenntnisse nur annähe-
rungsweise zu beantworten. Anhand der Funktionslogik politischer Wahlen wurde darge-
legt, dass ein Wahlrecht ohne Altersgrenze zur gerechteren Verteilung der Lasten und ge-
rechterer Berücksichtigung der Interessen zwischen den heute lebenden Generationen bei-
tragen würde, wenn auch nur begrenzt aufgrund des nur geringen Verjüngungseffektes auf
die Altersstruktur der Wahlbevölkerung. Dieser Befund gilt eingeschränkt auch für das
Stellvertretermodell, da durchaus angenommen werden kann, dass die Eltern tendenziell
auch auf die Interessen ihrer Kinder bedacht sind und zudem die Politik bei einem Stellver-
tretermodell die Interessen von Familien stärker berücksichtigen würde. Ungeklärt musste
dagegen bleiben, inwieweit auch eine größere Nachsicht auf noch ungeborene Generatio-
nen zu erhoffen ist. Insgesamt würde ein Wahlrecht ohne Altersgrenze somit als Regulativ
für Generationengerechtigkeit fungieren, obgleich seine Anreizwirkung nicht überbewertet
werden darf. Die Ziele der Antragsteller, Generationengerechtigkeit und Demokratie zu
stärken, würden also erfüllt.
Mit dem in den Bundestag eingebrachten Antrag erhielt das Anliegen eines Wahlrechts
ohne Altersgrenze erstmals breite gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Die erste Plenarde-
batte am 1. April 2004 wurde aufgrund des lebhaften und interfraktionellen Diskurses so-
gar als „Sternstunde des Parlaments“ (Haupt 2007 i.E.: 266) gewürdigt. Über alles Erwar-
ten der Antragsteller berichtete die Presse ausführlich und differenziert. Auch die Öffent-
lichkeit zeigte eine von den Antragstellern in diesem Ausmaß nicht erwartete positive Re-
sonanz. Der Deutsche Familienverband machte das Thema zu seinem Jahresschwerpunkt
und initiierte eine Briefaktion mit über 20.000 Briefen an Bundestagsabgeordnete. Die
Deutsche Liga für das Kind machte sich für den Antrag ebenso stark wie der Berufsver-
band der Kinder- und Jugendärzte und viele weitere Verbände und Vereine. Auch die Ex-
pertenanhörung im Innenausschuss im Dezember 2004 verlief sachlich, ernsthaft und ohne
starre Pro-Kontra-Konfrontation, was auch mit dem interfraktionellen Charakter des The-
mas verbunden war. Selbst die von den Antragsgegnern geladenen Experten bekundeten
Sympathie für das Anliegen der Antragsteller (Deutscher Bundestag 2005: 4, Haupt 2007
i.E.: 266f.). Dennoch konnte sich das Wahlrecht ohne Altersgrenze nicht durchsetzen. Mit
großer Mehrheit lehnte der Deutsche Bundestag am 3. Juni 2005 den Antrag ab.
Gleichwohl wird die parlamentarische Diskussion des Themas nicht folgenlos bleiben;
dafür ist der Legitimationsdruck, der auf der Demokratie lastet, zu hoch. Selbst prominente
Antragsgegner plädierten für mehr Mitgestaltungs- und Mitbestimmungsrechte von Kin-
29
dern und Jugendlichen (Deutscher Bundestag 2005: 4) und forderten teilweise eine Herab-
setzung des Wahlalters als bessere Alternative zum Stellvertretermodell (Böhning 2006:
34, Deligöz 2003: 1, Deutscher Bundestag 2004: 9271, Dümpe-Krüger 2005: 28). Von der
PDS wurde sogar eine Aufhebung der Altersbeschränkung ohne elterliche Stellvertretung –
also ein reines Minderjährigenwahlrecht – ins Gespräch gebracht (Deutscher Bundestag
2004: 9275).
Ein nennenswerter Teil der Antragskritiker spricht sich also, ganz im Sinne des partizipato-
rischen Demokratiebildes der Initiatorengruppe, für mehr Beteiligung von Kindern und
Jugendlichen aus, verwehrt sich jedoch gegen die elterliche Stellvertretung, weil die Kin-
der und Jugendlichen weiter fremdbestimmt blieben und außerdem verfassungsrechtliche
Zweifel nicht ausgeräumt werden könnten. Um diesen Bedenken Rechnung zu tragen,
wurden inzwischen Modelle entwickelt, bei denen die elterliche Stellvertretung mit einer
flexiblen Altersgrenze kombiniert wird (Krebs 2007 i.E.: 276-284, Viehöver 2001: 153-
156, dem Sinn nach auch Richter 1997: 138). Unbeschadet einer weiterhin bestehenden
regulären Altersgrenze würden dabei die Minderjährigen zwar in ihrem Stimmrecht von
ihren Eltern vertreten, könnten ihr Stimmrecht aber jederzeit auf entsprechenden Wunsch
auch selbst wahrnehmen. Da dieses Modell die Selbstbestimmung der Kinder und Jugend-
lichen verbürgt und zugleich die Repräsentanz der sehr jungen (und daher physisch zur
Wahlrechtsausübung nicht in der Lage befindlichen) Bevölkerung gewährleistet, wird die
Resonanz in der politischen Diskussion sicher nicht ausbleiben.
Vor dem Hintergrund der historischen Tendenz zur Loslösung des Wahlrechts von Kriteri-
en des Standes, der Religion, der Hautfarbe, des Einkommens, des Geschlechts und des
Alters lässt sich die Prognose wagen, dass eine sukzessive Herabsetzung des Mindestwahl-
alters völlig realistisch ist. Noch vor hundert Jahren galt auch das Frauenwahlrecht als su-
spekt und unrealistisch, heute gehört es zum Grundbestand moderner Demokratien. Im
historischen Rückblick werden, so steht zu vermuten, auch die heutigen Auseinanderset-
zungen um die Altersgrenze als anachronistisch angesehen werden (Hattenhauer 1997:
240-253, Schmilowski 2007 i.E.: 73-96, vgl. auch Haupt 2007 i.E.: 257f.). Erste Schritte
auf diesem Weg zeichnen sich bereits ab: In einigen deutschen Bundesländern wurde be-
reits die Altersgrenze bei Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt. Als erstes europäisches
Land hat Österreich im Juni 2007 das Wahlrecht auf Bundesebene auf 16 Jahre nach unten
verlagert, wobei sogar ein „positiver Vaterschaftsstreit“ um die Frage entbrannte, welche
Partei die Forderung nach „Wählen mit 16“ als erste erhoben habe (Parlament der Repu-
blik Österreich 2007: o.S.). Dies hat die Diskussion in Deutschland um das Wahlalter er-
30
neut beflügelt (Lißmann 2007). Auch die Debatte um den Umgang mit anderen Alters-
grenzen (etwa beim Strafrecht, beim Führerschein oder auch beim passiven Wahlrecht)
wird dadurch neuen Auftrieb erhalten (grundlegende Ansätze dazu bei Kiesewetter 1997:
329-332, Weimann 2002: 72-77).
Gerade vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Einstellungswandels in der Gesellschaft,
die Stärkung der Rechte und Partizipationschancen von Kindern und Jugendlichen als
wichtige Angelegenheit zu begreifen, und des zunehmenden Bewusstseins für die Brisanz
und Dringlichkeit des Anliegens der Generationengerechtigkeit wird die Diskussion über
das Wahlrecht und über die Zukunftsfähigkeit der Demokratie weiter lebendig bleiben.
31
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