in platos höhle (1977) susan sontag. in platos höhle das höhlengleichnis (370 v. chr.) - das...
Post on 05-Apr-2015
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„In Platos Höhle“ (1977)
Susan Sontag
„In Platos Höhle“
• Das Höhlengleichnis (370 v. Chr.) - das bekannteste Gleichnis des antiken griechischen Philosophen Platon
- beschreibt, wie Höhlenbewohner, die die Schatten an der Wand als das wahre Leben empfunden haben, durch das Verlassen ihrer Höhle zu wahrer Erkenntnis gelangen
- Der Mensch soll seine Denkkraft nicht auf das sinnlich Wahrnehmbare der Welt lenken, sondern auf den ideellen Ursprung der Welt
„In Platos Höhle“
• Seit Portraitaufnahmen von 1839 ist alles Erdenkbare fotografiert worden
• -> „Unersättlichkeit des fotografischen Auges“
• Fotografien vermitteln einen neuen visuellen Code
• eigene Grammatik und Ethik des Sehens
„In Platos Höhle“
• Fotos zu sammeln, bedeutet die Welt zu sammeln und speichern
• Gegensatz zwischen Fotografie und Film/Fernsehen: - unvergängliches Standbild
• Fotografie = tatsächlich eingefangene Erfahrung = Macht
• Schrift bedeutet Interpretation, die Fotografie steht für Miniaturen der Realität
„In Platos Höhle“
• Archivierung von Fotos durch Zusammenstellung in Büchern
• Funktion von Fotografien:
- Beweismaterial (Anklage, Rechtfertigung)
• Hoher Realitätsanspruch von Fotografien
-> Aber: Fotografen unterliegen Regeln des Geschmacks
und des Gewissens
Oktober 1935, Sam Nichols, Kleinpächter, Boone County, Arkansas (Ben Shahn)
„In Platos Höhle“
• Botschaft der Fotografie:
Allgegenwärtigkeit und Passivität
• Ziel der Fotografie:
Jede Erfahrung durch Übersetzung in Bilder zu demokratisieren
• Industrialisierung der Fotografie führte zu eigenständiger Kunstform
„In Platos Höhle“
• Fotografie - als Massenkunst dient als Abwehrmittel gegen Ängste
und Instrument der Macht - gehört zum Ritus des Familienlebens
• Touristen dokumentieren mit der Kamera Konsumakte, die außerhalb des persönlichen Umfeldes stattfinden
-> Kamera diktiert zu fotografierende Objekte
• Bedeutungs-Gleichsetzung verschiedenster Ereignisse
„In Platos Höhle“
• Fotografie - verleiht Ereignissen Unsterblichkeit - ist ein Akt der Nicht-Einmischung - bedeutet stilles Einverständnis mit dem Geschehen - als „Perverser Akt“ -> Filmbeispiel
• Fotograf fügt seinem Objekt Gewalt zu: - Blickwinkel, den nur der Betrachter haben kann - Menschen werden in Objekte verwandelt, die man besitzen kann
1.Februar 1968, Saigon, Süd Vietnam (Eddie Adams)
„In Platos Höhle“
• Fotografie als eine vom Untergang überschattete Kunst:
-> Teilnahme an Verletzlichkeit, Sterblichkeit und
Wandelbarkeit
-> Darstellung des unerbittlichen Verfließens der Zeit
• Fotografie schafft Pseudo-Präsenz und Zeichen der Abwesenheit zugleich
-> regt Träumerei an
-> schafft Begehren
„In Platos Höhle“
• Betrachten von Fotografien weckt Sentimentalität, verborgenen Glauben an magische Kräfte
• Unmittelbares Erwecken von Begierde durch Fotografien
• Appell an das Gewissen des Betrachters durch
- Bezug auf historische Situation durch Fotografie
- Schaffung eines persönlichen Bezugs zur Fotografie
„In Platos Höhle“
• Fotografien können keine moralische Position schaffen, aber verstärken und fördern
• Fotografien sind einprägsamer als bewegliche Bilder • Wirkung von Fotografien - hängt mit Grad der Vertrautheit zusammen - schockierender Effekt nur bei Neuartigem (Offenbarung) - keine Steigerung von Mitleidensfähigkeit durch Abbildung von Leiden
„In Platos Höhle“
• Wirkung von Fotografien
- Bilderflut „lähmt“ den Betrachter
- Wiederholtes Betrachten von Schreckensbildern lässt
Ereignisse weniger real erscheinen
- Entsetzliches wird alltäglich
• Bürokratische Nutzung von Fotografie
- Informationsmittel
- Verbreitung von Nachrichten (Analphabeten)
April 1980, Hungersnot in Karamoja, Uganda (Mike Wells)
„In Platos Höhle“
• Neues Verständnis der Welt durch Fotografie
- Darstellung der Welt als zusammenhangsloser Ort
- Geschichte (Vergangenheit und Gegenwart) wird zu
Anekdote
- Kamera setzt wechselseitige Verbundenheit außer Kraft
• Realitätsanspruch der Fotografie
- vermeintliche Abbildung der Welt durch die Kamera
-> kein Verstehen ohne hinterfragen
„In Platos Höhle“
• Realitätsanspruch der Fotografie
- Realität der Welt liegt nicht in ihren Abbildern, sondern
ihren Funktionen (zeitliche Vorgänge)
• Der Mensch sucht nach Bestätigung der Realität in der Fotografie -> Bildersucht
• Erfahrungen sammeln wird damit identisch, Fotos zu machen
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