hochschullehre neu denken heft 1
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VORNEWEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
AM PULS
Von Nylonstrümpfen, Patentanwälten und Excel-Files . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
EINBLICKE MIT EINSICHTEN
Die mobile Werkstatt: Laboratory Short Courses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Der Nürnberger Trichter aus Horw . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Ortsunabhängig im Team kommunizieren – die Webkonferenz machts möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Viele Akteure, ein Blog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Lernen in der dritten Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
STANDPUNKT!
Hochschuldidaktik: Web 2.0 auf dem Radar der Hochschullehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Departement Technik & Architektur: Die uralte neue Lernkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Industrie: Unternehmen erwarten Relevantes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
DAS SAGT DIE THEORIE
«Sozialer Lernraum Hochschule» – Interaktionsformen
in der tertiären Bildungsstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
POST-IT
Grundlagen schaffen für den Einsatz von Blended Learning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
DA MACHTE ES KLICK
«Ich muss mich am Riemen reissen» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
WISSEN KOMPAKT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
MEHR ÜBER UNS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Inhalt nr. 1
fokus interaktion
Liebe Leserin, Lieber Leser
Sie halten das erste Heft unserer Publikationsreihe über Innovationen in der Lehre am Departement Technik & Architektur der Hochschule Luzern in den Händen. Mit dieser Reihe vermitteln wir Ihnen einen konkreten Einblick in diese Neuerungen.
Veränderungen und neue Herausforderungen in Industrie, Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft beeinflussen sowohl die Inhalte als auch die Didaktik der Ausbildung. Die klassischen Unterrichtsformen stossen vielerorts an ihre Grenzen, und es sind neue Ideen gefordert. Wir haben in den letzten Jahren mit mehreren Innovationsoffensiven solche Neuerungen ermöglicht.
Unsere Mitarbeitenden haben mit grossem Engagement Innovationen umgesetzt und im Unterricht erfolgreich angewendet. Total konnten in den letzten drei Jahren 22 Projekte realisiert werden – vom spezialisierten Nachschlagewerk bis hin zur komplexen Simulationsumgebung für Unternehmungen. Diese Innovationen werden vorgestellt und aus verschiedenen Perspektiven reflektiert, sei das aus der Sicht von Dozierenden, Studierenden, der Industrie oder Experten der Hochschuldidaktik.
Die realisierten Projekte lassen sich vier didaktischen Leitlinien zuordnen, welche jeweils auf die Bewältigung und die Gestaltung von beruflichen Situationen zielen. Jedes Heft ist einer dieser Leitlinien gewidmet:
– Interaktion zwischen Dozierenden, Studierenden und Technik– Interdependenz zwischen Theorie und Praxis– Interdisziplinarität– Internationalisierung
Nicht zufällig beinhalten alle Leitlinien den Begriff «Inter». Dieses Zwischen beschreibt das Verbindende von unterschiedlichen Ansprüchen, Einflussfaktoren, Informationen sowie den Umgang mit Widersprüchen. Lernen bedeutet in diesem Kontext das Erkennen, Herstellen und Gestalten von Beziehungen zwischen Dingen und Phänomenen. Dieser Prozess erfordert eine gemeinsame Handlung von Menschen, welche kooperativ erfolgt und mit technischen Hilfsmitteln unterstützt werden kann. Dieses Miteinander ist ein übergeordneter gesellschaftlicher Wert, auf den der Lernprozess und die erworbenen Erkenntnisse und Fähigkeiten letztlich hinzielen.
Der Themenschwerpunkt Lernen als Interaktion des vorliegenden Heftes ist eine der wesentlichen Grundlagen für erfolgreiches Lernen. Der Lernprozess funktioniert nur als Interaktion, sei dies im direkten Austausch mit Dozierenden im Unterricht oder individuell, beim selbstständigen Erarbeiten von Wissen mit einem Buch oder im Austausch mit Kommilitonen und Kommilitoninnen in einer Lerngruppe. Die neuen Medien öffnen in diesem Kontext ein interessantes Feld, welches die klare Trennlinie zwischen Unterricht und selbstständigem Lernen, synchroner und asynchroner Vermittlung sowie Wissens erwerb und Überprüfung aufweichen. Als Folge dieser Entwicklung verändert sich die Rolle der Dozierenden immer stärker zum Coach der Studierenden.
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René HüslerDirektor, Hochschule Luzern – Departement Technik & Architektur
Das verweist auf Erläuterungen in «Wissen kompakt», S. 19 – 20.
Angehende Wirtschaftsingenieure bei einer Gruppenarbeit – online in Kontakt mit ihrem Dozenten.
Von nyLonstrümpfen, patentanwäLten und exceLfiLes
«Ich nehme an, Sie kennen den letzten Produktionsschritt von Nylonstrumpfhosen», feixt Professor Michael Blankenagel, «sie werden in Säure gelegt, damit sie nicht allzu lange halten.» Mit dieser Behauptung ist ihm die Aufmerksamkeit seiner 35 Studenten und Studentinnen sicher. Blankenagel räumt ein, dass die Hersteller der Säure zwar auch eine Wirkung als Weichmacher zuschreiben, aber seine pointierte Aussage verfehlt die beabsichtigte Wirkung nicht: Den Studierenden wird klar, dass sie in ihrem BusinessPlan auch die Lebensdauer ihrer Produkte berücksichtigen müssen. Im Verlaufe dieses Vormittags werden die angehenden Wirtschaftingenieure zudem ein komplexes ExcelTool kennen lernen, das ihnen als Leitfaden für die Erstellung des Finanzplanungsteils des BusinessPlans dient.
Es ist der zweite von insgesamt 14 Unterrichtstagen und noch ist alles neu. Nach der ersten Einführung in der Vorwoche haben die Studierenden Zehnergruppen gebildet und Geschäfts ideen für ein StartUpUnternehmen entwickelt, für das sie bis Ende des Semesters einen umfassenden BusinessPlan erstellen möchten.
Doch bis zur Pause gibt es vorerst noch eine Runde Frontalunterricht. Michael Blankenagel saust im Eilzugstempo durch die verschiedenen Teilgebiete der Betriebswirt schaft – ein Knowhow, das sich die Studentinnen und Studenten teilweise bereits in anderen Unterrichtsmodulen angeeignet haben und welches nun in die Entwicklung ihrer Übungsfirma einfliessen soll. Ein BusinessPlan enthält Aussagen über Strategie, Marktsituation, geplante Massnahmen und Finanzbedarf eines Unternehmens. An diesem Morgen stehen vor allem die Produkte und Dienstleistungen, welche angeboten werden sollen, und das Marketing im Zentrum.
Der Weg ist das Ziel«Wie alt ist Ihr Kunde? Was ist genau sein Bedürfnis? Will er nur ein kostengünstiges Produkt oder ist er auf langfristig garantierte gute Serviceleistungen angewiesen? Ohne dieses Angebot wäre der Baumaschinenhersteller Caterpillar beispielsweise niemals so erfolgreich geworden. Solche Dinge müssen sie sich überlegen und definieren!» so Blankenagel. «Ich werde nicht beurteilen können, ob alles stimmt, was Sie hinschreiben, aber ich kann beurteilen, ob Sie grundsätzlich vernünftige Überlegungen gemacht haben. Diese sind wichtig!» Er erinnert, wo und wie Marktrecherchen vorgenommen werden könnten. Sei es im Internet, bei statistischen Ämtern, in Ladenlokalen von Konkurrenten oder mittels Umfragen.
«Preiskalkulation», «Rolle der Absatzmittler», «Internationalisierungsstufe», «Sicherung der Liquidität», «80:20Regel» und «Terms of Trade» – all dies sind Stichworte, mit denen sich die Studentinnen und Studenten an diesem Morgen auch noch konfrontiert sehen. «Ach ja», meint Blankenagel abschliessend: «Falls Sie bei der Definition ihres ProduktePortfolios neben einer Cash Cow auch noch auf ein Fragezeichen stossen, das bereits Gewinn abwirft, dann sollten Sie mir dieses vielleicht besser nicht verraten, sondern gleich mit einem Patentanwalt Kontakt aufnehmen!» Gelächter in der Runde. «Vielleicht überprüfen Sie aber auch nochmals ihre Kal kulationen, denn es könnte Ihnen ja auch ein klitzekleiner Rechenfehler unterlaufen sein», sagt Blankenagel mit einem Schmunzeln und leitet über zur Pause. Für die zweite Morgenhälfte lautet die Aufgabe: Als Gruppe selbstständig Informationen für die Marktanalyse sammeln, das Geschäftsmodell des StartUps definitiv bestimmen und sich auf Ilias, der E-Lear - ning Plattform, mit dem ExcelFile, das die Struktur für den Finanzplan vorgibt, vertraut machen. Dieses enthält
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Herbst 2012, Hochschule Luzern – Technik & Architektur, Studiengang Wirtschaftsingenieur: 35 Studierende entwickeln einen Business-Plan. Dabei kommunizieren sie nur teilweise direkt mit den Dozenten. Aber über Ilias, die E-Lear-ning-Plattform, sind Lernende und Lehrende miteinander verknüpft. Insbesondere ein neu entwickeltes Excel-Tool ermöglicht einen effizi-enten und intensiven Austausch. Mirella Wepf
kussion entscheidet sich die Gruppe für die Idee einer Salatbar und zieht sich für die Weiterarbeit in den Garten vor der Mensa zurück. Danach besucht Blankenagel die ande
ren beiden Gruppen. Nummer 2 hat sich in einem leeren Schulzimmer auf dem gleichen Stock eingerichtet und will eine Firma gründen, die Kühlräume anbietet. Noch ist man sich uneinig, ob man in der ganzen Schweiz aktiv sein will, oder ob man sich als StartUp besser auf die deutsche Sprachregion beschränkt. Und Gruppe 3 hat vor, mit einem Projekt im Bereich «Outdoor Cooking» Furore zu machen.
«Falls eine Gruppe keine passende Idee hat, bieten wir auf der Lernplattform auch Musterfirmen an, für die sie den BusinessPlan aufbauen kann». Blankenagel hat diese gemeinsam mit Marino Bundi, seinem CoKursleiter, entworfen. Im Jahr 2010 führten die beiden das Unterrichtsmodul noch ohne OnlineTool für die Finanzplanung durch.
acht miteinander verknüpfte Einzelblätter: Eröffnungsbilanz, Investitionsplanung, Finanzierungsplanung, Liquiditätsplanung 2014 bis 2018, Planbilanz, Planerfolgsrechnung, Planmittelflussrechnung sowie ein Blatt für BusinessKennzahlen wie Debitoren und Kreditorenfrist, Liquiditätsgrad, Lagerdauer, Eigenkapitalrendite.
Holzschnitzelfeuerung oder Salatbar?Zeit für einen Kaffee bleibt Michael Blankenagel keine. Gruppe 1 nutzt die Pause, um mit ihm die diversen Geschäfts ideen zu besprechen, die sie seit letzter Woche entwickelt hat. Darunter sind: eine Holzschnitzelheizung für das real existierende Keilzinkwerk Hunkeler AG in Altishofen (LU), die Entwicklung einer kabellosen Leuchte, ein Wurststand auf dem Hochschulareal sowie eine Salatbar.
Blankenagel hält alle Ideen für machbar, warnt jedoch vor der Lebensmittelbranche, weil es in diesem Wirtschaftssektor sehr viele Vorschriften gebe, was den juristischen Teil des BusinessPlans sehr aufwändig machen würde. Auch von der Holzschnitzelheizung rät er eher ab, denn da sei ja bereits ein Abnehmer für das Produkt gefunden. «Sie müssen hier ja gar kein Marketing mehr betreiben. Für den Lerneffekt wäre es jedoch wichtig, dass Sie diesen methodischen Teil auch durchspielen.» Nach eingehender Dis
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Das Modul kombiniert einen hohen Praxisbezug mit selbstständiger Arbeit und effizienter, intensiver Feed back-Kultur.
Lernen ist Interaktion: Studierende besprechen die Finanzplanung, Dozent Mario Bundi kontrolliert die Ergebnisse online, und Michael Blankenagel erläutert die Teilgebiete der Betriebswirtschaft im Plenum.
«Doch mit dieser herkömmlichen Unterrichtsmethode waren wir praktisch nicht in der Lage, sämtlichen Studierenden ein fundiertes Feedback zu jedem Teil ihrer Finanzplanung zu geben.» Dafür bräuchte es bis zu acht Dozenten, schätzt Blankenagel, und dies wäre ein Anspruch, der kaum finanzierbar wäre. Jetzt sind die Zahleneinträge und Berechnungen, welche die Studenten vornehmen, direkt mit dem KontrollFile der Dozenten verknüpft. Bei diesem sind jedoch gewisse Standardberechnungen wie für die Liquiditätsplanung und Mittelflussrechnung bereits als Formeln hinterlegt. «So sehen wir sehr schnell, ob Rechen oder Überlegungsfehler gemacht wurden», so Bundi.
Erstmals erprobt haben die beiden Dozenten das interaktive Tool im Herbstsemester 2011. Thomas Müller, der das Modul damals absolviert hat, meint rückblickend, dass er insgesamt viel dazugelernt habe: «Man entwickelt ein Verständnis für die Abläufe des Produktmanagements, genaue Kostenberechnungen oder die Rentabilität von Produkten.» Das ExcelTool für die Finanzplanung sei jedoch eine Knacknuss gewesen. «Es ist sehr komplex. Da hatten wir also schon ein paar Anlaufschwierigkeiten. Aber am Ende versteht man schliesslich die ganzen Zusammenhänge.»
Lernprozess der DozentenFür den zweiten Durchlauf des Kurses haben Bundi und Blankenagel einige Änderungen vorgenommen. «Wir mussten im ExcelTool einige kleinere Funktionsfehler ausmerzen.» Aufgrund von Rückmeldungen der Studierenden hätten sie zudem entschieden, den Planrechnungsteil um fast eineinhalb Monate vorzuziehen. «Die Gruppen sehen so früher, welches Zahlenmaterial sie erarbeiten müssen und können ihre Überlegungen besser darauf ausrichten», erklärt Blankenagel. Ausserdem hätten sie die Gruppen vergrössert. Im ersten Kurs wurde noch in Fünfergruppen gearbeitet. «Der Korrekturaufwand war trotz der ExcelUnterstützung noch immer sehr hoch», meint Blankenagel und Bundi ergänzt, dass die Kursteilnehmer zudem gewünscht hätten, die Arbeit auf mehr Köpfe verteilen zu können.
Die neue Gruppengrösse ist jedoch auch eine Herausforderung. Wohl macht sie die Studierenden um eine Erfahrung in Selbstorganisation reicher, allerdings sei es extrem schwierig zehn Leute mit zehn verschiedenen Stundenplänen gemeinsam an einen Tisch zu bringen, so ein Mitglied der Gruppe 2. Neben der rund 40 Stunden Präsenzunterricht sollten die Studierenden noch 50 Stunden selbstständige Arbeit, teilweise im ELearningModus ins Kursmodul investieren. «Die GruppenPhobiker sollte man übrigens auch nicht vergessen!», grinst ein anderer Student. Trotzdem scheint ihnen die Arbeit im Moment noch ziemlich Spass zu machen.
Das Modul kombiniert einen hohen Praxisbezug mit selbstständiger Arbeit und effizienter, intensiver FeedbackKultur. «Während des Präsenzunterrichts ist die Interaktion zwischen den Studierenden und uns natürlich am grössten», erläutert Blankenagel, aber auch der Austausch per EMail spiele eine grosse Rolle. Ein OnlineForum kommt nicht zum Einsatz; dieser Kommunikationsweg werde nach seiner Erfahrung kaum genutzt. Dafür schaffe auch das neu entwickelte ExcelTool eine Form von Interaktion, wenn auch sehr formalisiert. «Es ist wie eine Art Leitfaden, der bei Fragen oder Problemen Anstoss bietet, sich wieder mündlich oder schriftlich miteinander in Verbindung zu setzen.»
Am Ende des Semesters werden die Studierenden auch eine Prüfung absolvieren müssen. «Wir befragen die Gruppe, stellen aber auch individualisierte Fragen. So stellen wir sicher, dass alle den Prozess verstanden und sich an der Arbeit beteiligt haben», sagt Blankenagel. «Trittbrettfahrer können sich nicht hinter der Gruppe verstecken, sondern fallen durch.»
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Blended Learning
Der Begriff Blended Learning oder deutsch Integriertes Lernen bezeichnet eine Lernform, bei der Präsenzveranstaltungen und ELearning kombiniert werden. Der Lehrgang von Prof. Michael Blankenagel «Blended Learning für Business Pläne für Techniker» wurde im ersten Halbjahr 2010 im Rahmen der HSLUInnovationsoffensive 2 entwickelt. Der Kurs wird mit je 35 Studierenden jeweils am Morgen und am Nachmittag durch ge führt. Die Dozierenden ver mitteln an den Präsenzveranstaltungen das Wissen und beraten die Studierenden. Im Selbststudium setzen diese den Stoff im vir tuellen Raum anhand eines BusinessCases um.
Das neu entwickelte Excel Tool dient den Studierenden als Leitfaden für die Erstellung des Finanzplanungsteils eines Business-Plans.
Dass auch komplexe Lerninhalte im Selbst-studium erarbeitet werden können, zeigt die Methode der Laboratory Short Courses (LSC). Diese Lern- und Lehrform erlaubt über einen längeren Zeitraum die Nutzung eines «Experi-mentierkoffers» und vereint die sogenannten Leittext- und Werkstatt-Methoden. Sie fördert gezielt das Selbststudium, sei es, um Stoff zu vertiefen oder um Kompetenzen zu erweitern. Erich Styger, Dozent der Elektrotechnik, ist überzeugt, dass seine Methode gerade bei einer praxisnahen Ausbildung unabdingbar ist.
die mobiLe werkstatt: Laboratory short courses
Erich Styger, wie läuft eine Übungssequenz mit LSC ab? Erich Styger: Am besten erkläre ich dies anhand eines Beispiels: Beim LSC «Beschleunigungsensorik und Prozessoren» sollen die Studierenden lernen, einen Roboter mit Servomotor und Beschleunigungssensor zum Laufen zu bringen. Das StudierendenLernteam nimmt eine mehrseitige Einleitung und dazu eine Kartonschachtel mit einem 20 Zentimeter grossen Roboter und Zubehör nachhause. Das Team beginnt die Übung mit dem Lesen des Einführungstexts, der Lernziele und einer erweiterten Einführung mit Referenzen und zusätzlichem Hintergrundmaterial wie Verweise auf Schemen, Hersteller, Grundlagenartikel. Diese Dokumente finden die Studierenden auf einer Lernplattform zum Download bereit.
Diese Methode erlaubt also ein orts- und zeitunabhäniges Lernen?Ja, genau. Das handliche Zubehör und die OnlinePlattform mit weiterem Infomaterial ermöglichen sehr viel Flexibilität. Die Gruppe kann die Übung prinzipiell überall durchführen und entscheidet selbst, welche LSC sie in welcher Reihenfolge abarbeiten will. Dies setzt aber ein gewisses Mass an Planung voraus. In unserem Beispiel untersucht die Gruppe den Roboter und arbeitet Aufträge ab. Sobald die Studierenden sich am Objekt zurechtfinden, folgt die Phase des Handelns: Wieso ist ein bestimmter Sensor genau da platziert und nicht an anderer Stelle? Aufgrund der Lösung treten dann wieder neue Fragestellungen auf, welche die Studierenden bearbeiten. Zum Schluss gibt es eine Reflexions und Feedbackphase unter Zuhilfenahme einer Musterlösung. Zudem gibt die Gruppe entweder einen Bericht ab oder demonstriert dem Dozierenden das Resultat, worauf sie persönliches Feedback erhalten.
Was ist innovativ am Laboratory Short Course?«Neue» Lernmethoden sind meistens eine gute Kombination und Weiterentwicklung von existierenden Lernmethoden. Bei den LSC ist es eine Kombination der Leittext und der Werkstattmethode . Die Methodensprache ist Englisch, was die Lese und Schreibkompetenz der Studierenden erweitert und das Fach internationalisiert. Zudem kann das Labormaterial viel effizienter genutzt werden: Von einem Versuchsaufbau werden nicht 40 Stück benötigt, sondern lediglich drei oder vier, da nie alle Studierenden gleichzeitig am gleichen LSC arbeiten. Besonders innovative Studierende haben die Möglichkeit, selber ein funktionstüchtiges LSC zu entwickeln und damit Credits zu sammeln. Die Methode eignet sich also besonders gut für heterogene Gruppen, da der Dozierende Wissenslücken bei einzelnen Studierenden gezielt schliessen kann, ohne die anderen zu langweilen.
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Studierende der Elektrotechnik besprechen mit ihrem Dozenten eine Aufgabe zur Beschleunigungssensorik.
hochschuLdidaktik: web 2.0 auf dem radar der hochschuLLehre
Ein Blick in die Unterrichtsräume der Hochschulen zeigt, dass Computer, Beamer, Leinwand und WLAN mit Breitbandanschluss heutzutage zur technischen Standardausstattung gehören. Ist damit die Lernkultur tatsächlich im 21. Jahrhundert angekommen?
Lehren und Lernen ist ein kommunikativer, interaktiver und sozialer Prozess. Lange Zeit waren das Teilen von Informationen und die Weitergabe von Wissen durch das gesprochene Wort und FacetoFaceInteraktion geprägt.
Technologien und deren Artefakte spielten in der Vermittlung und Aneignung von Wissen immer eine wichtige Rolle. Mit der Erfindung des Buchdrucks und der Nutzung von Büchern traten gemeinsame Aktivitäten des Austauschs und Teilens eher in den Hintergrund. Mit Radio und Fernsehen verschwanden interaktive und soziale Elemente fast ganz. Diese unidirektionale Informations und Wissensvermittlung ist an Hochschulen immer noch eine stark verbreitete Lehrform.
Die aktuelle Studierendengeneration ist geprägt durch das Internet und permanente Verfügbarkeit von Technologien. Der grösste Teil der Studierenden besitzt heute mehrere digitale, webfähige Geräte, die täglich genutzt werden. Ebenso selbstverständlich bewegen sich Studierende im Internet: Sie kommunizieren und tauschen sich über Soziale Netzwer ke aus, googeln und recherchieren Informationen. Dank Web-2.0-Technologien und Social Media erhalten Studierende die Möglichkeit, aktiv, partizipativ und selbstbestimmt jederzeit am weltumspannenden, heterogenen Informations und Wissensnetzwerk teilzuhaben. Wissen ist nicht mehr an eine Ausbildung oder an eine Institution gebunden.
Web 2.0 und Social Media haben Lehren und Lernen wieder näher an die interaktiven und sozialen Ursprungsformen des Wissensaustauschs zurückgeführt. Allerdings braucht es neben innovativen Technologien auch die Vision einer Hochschuldidaktik, die sich mit den veränderten Rahmenbedingungen auseinandersetzt: Wie kann die offene Informations und Wissenskultur, wie das Potential geteilter Intelligenz und kollektivem Wissen an Hochschulen genutzt und mit welchen didaktischen Szenarien können die Bedürfnisse nach aktiver, partizipativer Wissensaneignung abgeholt werden? Diese Fragen gehören unbedingt auf den Radar der Hochschuldidaktik.
Welche Rückmeldungen haben Sie von Studierenden erhalten? Die Rückmeldungen waren durchwegs positiv, auch wenn die Studierenden zu Beginn den Mehraufwand beanstandeten. Nach den ersten LSCEinheiten sind sie aber mit Begeisterung bei der Sache, diskutieren untereinander ihre Lösungen und Erkenntnisse. Der Knackpunkt ist die hohe Selbstverantwortung: Die Studierenden sind es oft nicht gewohnt, Lerninhalte selbstständig zu erarbeiten und zu planen. Es gibt immer wieder Studierende, die meinen, sie könnten die LSC in der letzten Woche vor dem Abgabetermin erledigen, was nicht funktioniert. Damit der Dozierende den Zeitaufwand besser überwachen und gegebenenfalls korrigieren kann, geben die Studierenden die Bearbeitungszeit jeder Sequenz an.
Was sind die Voraussetzungen zur Durchführung eines LSC seitens der Dozierenden?Es braucht keine speziellen Kenntnisse, und die Methode kann sehr flexibel gehandhabt werden. Sie eignet sich für alle Studierenden und technischen Fächer gleichermassen. Ungeeignet ist die Methode für Lerninhalte, bei denen eine dauernde Präsenz des Dozierenden nötig oder deren Labormaterial nicht mobil ist.
Sie arbeiten seit 2009 mit den Laboratory Short Courses. Welches sind Ihre Erfahrungen als Dozent?Der Zeitaufwand für den Dozierenden ist gross: Die Übung will gut vorbereitet sein, denn sie muss funktionieren. Tut sie das nicht, ist nicht nur der Lernerfolg gefährdet, sondern auch die Motivation der Studierenden, sich mit weiteren LSCs zu befassen. Zwischendurch muss das Labormaterial gewartet und ungefähr alle zwei Jahre müssen die Inhalte aktualisiert werden. Aber der Aufwand lohnt sich: Die Durchführung von LSC ist eine echte Bereicherung zum normalen Präsenzunterricht. Und ganz wichtig: Studierende schätzen die Möglichkeit, wichtige Themenbereiche orts und zeitunabhängig vertiefen zu können.
Interview: Franziska Mattle Schaffhauser und Annette Stüdli
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Anita Holdener
Im Fach Informatik Grundlagen feiert eine «Lern-maschine» Premiere. Ein TED-Gerät, eine Art inter-aktive Fernbedienung, erleichtert Studierenden den Zugang zur Informatik. Ein Einblick in eine neue Unterrichtspraxis.
der nürnberger trichter aus horw
«Ein wenig verblüfft bin ich schon», sagt ein Kursteilnehmer des Moduls Informatik Grundlagen. «Zuerst denke ich an einen Nürnberger Trichter. Doch das Ding sieht harmlos aus, wie eine Fernbedienung. Durch die Fragen kommt sofort so etwas wie Prüfungsstress auf. Zum Glück ists ja keine Prüfung.» Was genau hat den Studenten an diesem Morgen im Unterricht so überrascht? Es sind weniger die Fragen zum Thema «Paradigmen von Programmiersprachen». Es ist die Art und Weise der Befragung mit der «Lernmaschine».
Warum eine «Lernmaschine»?Die «Lernmaschine» ist ein Gerät für den TeleDialog (TED). Damit stellt der Dozent Kontrollfragen an alle Studierenden. Es kommt Wettbewerbsstimmung auf. Doch wozu braucht es das? Heute lehren Dozierende oft vor 50 – 100 Studierenden, eine erfreulich hohe Zahl. Die Kehrseite der Entwicklung: In einer Vorlesung kann der Dozent nur einzelne Studierende mit Fragen aktivieren. Aus eigener Erfahrung wissen wir, wie schwer es fällt, eine Frage zu beantworten, wenn viele Leute zuhören. Man könnte sich ja blamieren. Da bleiben die Meisten lieber stumm. Die «Lernmaschine» bietet die Möglichkeit, auch in Vorlesungen mit vielen Studierenden interaktiv zu unterrichten. Dem Ziel, möglichst alle Studierenden einzubeziehen, kommt man auf diese Weise näher.
Interaktives LernenWie muss man sich das genau vorstellen? Zunächst stellt der Dozent Fragen zum behandelten Stoff, die Studieren
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Martin Klaper
den antworten mit dem leihweise erhaltenen Gerät. Unmittelbar nach der Abstimmung werden die Ergebnisse aller Studierenden vom TED auf die Leinwand projiziert. Der Dozent erfährt, was Studierenden Mühe bereitet und wo zusätzliche Erklärungen nötig sind. Auf die OnlineBefragungen folgen massgeschneiderte Erläuterungen. Und wie urteilen die Studierenden? «Die Idee, Fragen mit einer Fernbedienung beantworten zu lassen, ist genial. Man lernt leichter.» Fazit: Mit der «Lernmaschine» kann ein Dozent auch in Veranstaltungen mit vielen Teilnehmenden interaktiv unterrichten und fast alle Studierenden einbeziehen. Er weiss, wo die Studierenden stehen. Und: beiden Seiten macht der Unterricht in einer so engagierten Gruppe mehr Spass.
Die Studierenden des Moduls Informatik Grundlagen antworten mittels TED-Gerät auf Testfragen.
ortsunabhängig im team kommunizieren – die webkonferenz machts mögLich
Die globalisierte Wirtschaft erfordert die rasche und unkomplizierte Zusammenarbeit von Menschen an den verschiedensten Standorten in der Welt. Reisen benötigen viel Zeit, sind teuer. Die Konferenz im virtuellen Raum ermöglicht eine rasche, unkomplizierte und kostengünstige Kommunikation über Grenzen hinweg.
WebKonferenzen eignen sich für alle Sitzungen mit bis zu 10 Teilnehmenden, ganz besonders für stark strukturierte Sitzungen wie Reportings oder InformationsSitzungen. Eine WebKonferenz ersetzt regelmässige Sitzungen vor Ort nicht. Diese verlaufen jedoch effizienter, wenn RoutineGeschäfte bereits im virtuellen Raum erledigt werden können.
Martin Vetter, Programmleiter und Dozent, führt Kursteilnehmer in der Weiterbildung Projektmanagement Technik & Informatik in die Möglichkeiten und Praxis der WebKonferenz ein. Die Technik biete heute kaum mehr Probleme, meint der Dozent. Ein persönlicher Plattformtest vor jedem Meeting sei aber unterlässlich. Hingegen sei es wichtig, die Kursteilnehmer zu sensibilisieren, dass für Sitzungen im Netz ganz besonders gelte, was auch für Meetings im Sitzungszimmer gebräuchlich sei: eine verbindliche Agenda mit Zielen und Zeitrahmen, Vorbereitung, straffe und faire Führung durch die Sitzungsleitung, einen Entscheid pro Agendapunkt. Damit eine solche Sitzung sachlich effizient und persönlich zufriedenstellend verläuft, müssen nebst einem reibungslosen technischen Verlauf auch Regeln der interkulturellen Kommunikation beachtet werden. Idealerweise kennen sich die Teilnehmenden persönlich aus gemeinsamen Projekten.
Die im Rahmen der Innovationsoffensive erarbeitete Lerneinheit über das Thema WebKonferenz beinhaltet neben einer Einführung in die Ziele, Möglichkeiten und Voraussetzungen einer WebKonferenz auch die praktische Erprobung in kleinen Gruppen.
Martin Vetter plädiert dafür, dieses Kommunikationswerkzeug auch als didaktisches Hilfsmittel in der Weiterbildung einzusetzen. Dozierende können Arbeitsgruppen von Kursteilnehmenden an unterschiedlichen Standorten im Rahmen von WebKonferenzen begleiten. Sie reduzieren dadurch den Betreuungsaufwand, Teilnehmende ihre Reisezeit. Ausserdem profitieren alle von den Fragen der anderen Sitzungsteilnehmenden.
departement technik & architektur: die uraLte neue LernkuLtur
Innovation ist ein konstituierendes Element von Hochschulen. Sie fungieren als Innovationsagenturen der Gesellschaft. Innovationen sind häufig das NochnichtMehrheitsfähige. Hochschulen wirken demnach als Inkubatoren des gesellschaftlichen Wandels, die Lernkultur eingeschlossen.
Was ist nun innovativ an der neuen Lernkultur? Der Grundgedanke ist uralt. Besonders schön drückte ihn der arabische Gelehrte Khalil Gibran im goldenen Bagdad des 9. Jahrhunderts aus: «Ein wahrhaft weiser Lehrer lädt dich nicht ein, das Haus seiner Weisheit zu betreten, sondern er führt dich an die Schwelle deines Geistes.» Es gibt heute aber drei starke Argumente, weshalb diese neue Lernkultur so wichtig ist.
Als wissenschaftliche Bildungseinrichtungen sind Hochschulen darauf ausgelegt, nicht für Routinetätigkeiten auszubilden, sondern für berufliche Handlungssituationen, die grundsätzlich durch Ungewissheit und Deutungsoffenheit gekennzeichnet sind. Auf die Bewältigung nichtstandardisierter Situationen müssen die Studierenden vorbereitet werden. Ohne selbstständiges Lernen schafft man dies nicht.
Wenn Lehren im Modus des Lernen erfolgt, also das Lernen immer mit den Augen der Studierenden zu betrachten ist, muss die entscheidende Frage lauten: Wie kognitiv aktivierend ist mein Unterricht? So wird sich automatisch die Aufmerksamkeit von der Präsentation des Wissens auf den Lernprozess verlagern. Die Studierenden werden angeregt, ihr Wissen zu elaborieren und zu organisieren.
Und als Drittes erfolgt Lehren und Lernen heute aus dem Blickwinkel der Passung. Der Begriff meint nichts anderes als der Umgang mit der Heterogenität der Studierenden. Die verschiedenen Lernvoraussetzungen und das unterschiedliche Tempo subjektiver Verstehensprozesse müssen berücksichtigt werden. Eine weitere Herausforderung – bedeutet dies doch ein beständiges Adaptieren der Lernsituation!
Besteht ob aller Dynamik zumindest Gewissheit über die zu lehrenden Inhalte? Nein, denn Hochschulen vermitteln nicht das Wissen der Zukunft. Sie müssen als Brücken dorthin dienen, mitgebaut von denen, die sich an den Hochschulen eingeschrieben haben – unseren Studierenden. Somit schliesst sich der Kreis: Die Interaktion mit den Studierenden ist die Essenz der neuen Lernkultur.
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Brigitta Pfäffli Tanner Beat Mugglin
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«soziaLer Lernraum hochschuLe» – interaktionsformen in der tertiären biLdungsstufe
Im Weiteren fokussieren wir auf diesen «Rest» und behaupten, er umfasst sozial motivierte Lernprozesse, die eine besonders grosse Bedeutung für das Lernen und das Studium haben. Dabei nehmen wir bewusst eine andere Strukturierung vor als die traditionelle Aufteilung in formelle und informelle Lernprozesse. Aufgrund unserer Beobachtung an Hochschulen, lassen sich Interaktionen im Zusammenhang mit diesen Prozessen wie in Abbildung 2 darstellen. Diese Abbildung zeigt, wer Auslöser für soziale Lernprozesse bei Studierenden ist und in welcher Form eine Beeinflussung stattfindet. In den Kreuzungspunkten zwischen Verursachern und Form sind beispielhafte Einflüsse auf soziale Lernprozesse beschrieben. So ist der Projektauftrag von Dozierenden der Startpunkt für die Projektarbeit in Gruppen. Analog dazu können Erwartungen von Mitstudierenden die vertiefte Auseinandersetzung im Rahmen einer gemeinsamen Arbeit verursachen.
2. Bedeutung sozialen Lernens für den WissenserwerbDie Bedeutung sozialer Prozesse in akademischen Bildungskontexten liegt oft in einer der drei folgenden Zielsetzungen:
a) Erwerb sozialer Kompetenz als Zielsetzung im Curricu-lum («soziale Kompetenz»)In den meisten Qualifikationsprofilen von Studiengängen finden sich Zielsetzungen zu sozialen Kompetenzen. Diese sind als «Teamfähigkeit», «Projektmanagement» oder «Kommunikationsfähigkeit» beschrieben. Sie können integriert, durch ergänzende Veranstaltungen, aber auch durch Elemente aller Formalisierungsstufen (Abbildung 2, horizontal) umgesetzt werden. Allerdings ist der Spielraum für die Integration und Anerkennung sozialer Kompetenzen normalerweise klein. Dies liegt insbesondere an den Schwierigkeiten der Überprüfung. Schliesslich zählt im Studium nach wie vor, was bewertet und vor allem zertifiziert wird. Hier ist ein Handlungsfeld für Curriculumsentwicklung.
Soziales Lernen an der Hochschule bedeutet Verschiedenes. Es ist schwierig, die verschiedenen Bedeutungen zu überblicken und sinnvoll einzuordnen. Hinzu kommt, dass wir uns in Jahrzehnten mit rasanten technischen Umbrüchen befinden. Diese reichen von der Allgegenwart der Mobilkommunikation bis zur wachsenden Nutzung sozialer Netzwerke. Diese Entwicklungen beeinflussen unsere sozialen Interaktionen stark und machen eine Einordnung anspruchsvoll.
1. Soziales Lernen im Kontext einer HochschuleWir betrachten hier sämtliche Aktivitäten, bei welchen Studierende zu studienrelevanten inhaltlichen Themen miteinander im Austausch stehen als Prozesse, die zum sozialen Lernen beitragen. In Abbildung 1 wird eine alltägliche Vorstellung der Interaktionsformen innerhalb des Studiums vereinfacht widergegeben: «Lehren» bedeutet hier im Normalfall Wissensvermittlung im Frontalunterricht. Der Rückkanal in Form von Fragen ist meist wenig bedeutsam. Die Vorstellung von «Lernen» wiederum beschränkt sich oft auf einen Prozess des Wissenserwerbs, der durch den Studierenden oder die Studierende alleine bestritten wird.
Sämtliche anderen Interaktionsanlässe und Kommunikationsprozesse gelten erst einmal als «der Rest», da sie inhaltlich nur schwer zu analysieren und mit Lernprozessen in Verbindung zu bringen sind. Die Bereiche Lehren und Lernen nehmen in aller Regel den Grossteil der innerinstitutionellen Diskussion zum Lehrbetrieb an Hochschulen, aber auch der hochschuldidaktischen Auseinandersetzung ein.
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Abbildung 1: Gebräuchliche Vorstellung von Interaktionsformen im Studium.
Konrad Osterwalder und Benno Volk
Dozent/in
«Lehren» «Lernen» «Rest»
Studierende
Studierende/r Studierende/r Studierende/r
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b) Besserer Aufbau der eigenen Wissensstrukturen («sozial vermittelte Effizienz»)Formen sozialen Lernens versprechen einen effizienteren Aufbau der eigenen Wissensstrukturen. Durch die Auseinandersetzung mit «Peers» erfolgt eine aktivere Verarbeitung neuer Konzepte und inhaltlicher Zusammenhänge. Diese Diskussionen bedienen sich einer verständlicheren, da sozial geteilten Sprache, verlaufen dabei aber auch entlang von vorherrschenden Fehlkonzepten. Dozierende als Experten ihres Fachgebiets sind sich dieser Fehlvorstellungen oft nicht mehr bewusst und verwenden ausschliesslich ihre FachFremdsprache zur Beschreibung von Sachverhalten.
c) Höhere Erkenntnis und bessere Produkte als Ziel («soziale Emergenz»)In vielen Fachbereichen hat Teamarbeit hohe Bedeutung. Viele gehen davon aus, dass das Team mehr leisten kann als die Summe der Individuen. Daher werden gerade in höheren Studienstufen vermehrt Projektarbeiten durchgeführt, um durch vielfältige Perspektiven eine tiefere Einsicht in die behandelten Systeme zu gewinnen, praxisorientierte Probleme zu lösen oder bessere Produkte zu entwickeln. Die Berufsbefähigung («Employability») in diesen Fachbereichen hängt somit sehr stark von den jeweiligen Lernformen im Studium ab.
3. Digitale Technologien in Zusammenhang mit sozia-lem LernenWir betrachten nun einige wichtige Lehr und Lerntechnologien an Hochschulen und überlagern diese als Technologieebene in Abbildung 2 (Abbildung 3).
Lernplattformen bilden Portale zur Sammlung und Distribution von Materialien sowie für Kommunikation und Kooperation bei auftragsgesteuerten Gruppenarbeiten. Sie werden als teilvirtuelle «Blended Learning»Angebote seit rund 15 Jahren genutzt. Es sind zwar soziale Funktionen
zwischen Studierenden möglich (Wiki, Forum), die Hauptauslegung unterstützt allerdings Interaktionsformen zwischen Dozent/in und Studierenden, es sind also «Lehrsysteme» mit Bezug zu Abbildung 1.
Innovative technologiebasierte Kommunikations und Lernformen sind zumeist im Bereich des nichtangeleiteten und selbstständigen Handelns zu finden. Hieran zeigt sich, dass heutige Formen des Wissenserwerbs nicht mehr an institu tionellen oder nationalen Grenzen halt machen. Globalisierung findet nicht alleine in politischen oder wirtschaftlichen Kontexten statt, sondern wirkt sich auf soziale Interaktions und Lernprozesse aus. Vielfältige Formen sozialen Lernens finden in zunehmendem Masse netzbasiert und ohne jeglichen institutionellen Rahmen statt. Open Educational Resources (OER) und Massive Open Online Courses (MOOC) , Soziale Netzwerke, Online Communities (um nur einige der aktuellen Themen zu nennen) bieten Informationen, Wissensinhalte, aber auch den gemeinsamen Austausch offen und frei zugänglich für alle im Internet an. Die Verbindlichkeit ist dabei gering und die Teilnehmenden sind in der Lage, sich aus vielen Bereichen zu bedienen und unterschiedlich stark zu engagieren.
4. Veränderung der Rolle der Lehrperson Welche Formen sozialen Lernens im Unterricht an Hochschulen umgesetzt werden, hängt von den Lehrpersonen ab, die als «gate keeper» für nachhaltige Veränderungen in der Hochschullehre verantwortlich sind.
Die Rolle der Lehrperson liegt immer mehr in der Funktion als Moderator und Koordinator von Lernprozessen. Dazu kommt die Strukturierung und Einordnung der Wissensinhalte, um die Studierenden bei der Entwicklung von persönlichen Wissensstrukturen zu unterstützten. Als Coach und Lernbegleiter sind Dozierende im persönlichen Kon
Abbildung 2: Auslösung sozialer Lernprozesse. Vertikal sind Verursacher aufgelistet, horizontal von links nach rechts vier Kategorien zunehmender Formalisierung.
passiert (ohne Rahmen)
Dozent/in
Studierende
Umwelt
stimuliert (Ziel/Erwartung)
angeleitet (Auftrag)
geführt (Veranstaltung)
Form >
Mitstudierende
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Teilnahme an oder Organisation von Austausch und Aktivitäten zu studienbezogenen Themen
Angebot von Aktivitäten / Austausch zu studienbez. Themen
Erwartungen oder Vorgaben von Eltern, Kollegen und dem sozialen Umfeld
Auftrag oder Projekt in der Gruppe oder im Tandem
Blöcke von Gruppenarbeiten oder moderierte Diskussionen
Selbstkonzept / eigene Erwartung an die Zielerreichung und Leistung
Übernahme von Führung und Koordination in Grup penarbeiten und Projekten
Wahrgenommene Leistungsniveaus / Erwartungen in gemeinsamen Arbeiten
Selbstorganisierter (Teil) Auftrag innerhalb einer Gruppenarbeit
Diskussionsbeiträge und Präsentation von Arbeiten
Vorgaben durch Lernziele, Termine oder Niveauerwartung / Begeisterung
indirekt direkt
aktive Beteiligung der Studierenden in der Hochschullehre wird diesbezüglich eine schnelle Veränderung ermöglichen. Der Bedarf an hochschuldidaktischen Konzepten für diesen Kulturwandel ist gross. An der ETH Zürich tragen wir der veränderten Rolle der Studierenden sowohl bei der Entwicklung von neuen Ideen für die Hochschullehre im Studierendenwettbewerb «Innovate Teaching!» (www.innovedum.ethz.ch/icompetition) als auch im Rahmen eines dialogischen Semesterfeedbacks (www.let.ethz.ch/unterricht/evaluation) Rechnung.
Gegenwärtig sehen wir auch den Beginn einer neuen Entwicklung des sozialen Lernens. Die Globalisierung von Bildung in offenen OnlineKursen führt in eine neue Dimension, indem man potenziell mit Personen aus der ganzen Welt in Kontakt steht, gleiche Interessen teilt und in Lernprozessen zusammenarbeitet. Diese Veranstaltungsformen, die als «Massive Open Online Course» (MOOC) bezeichnet werden, bieten akademische Bildung in einem globalen Kontext für alle Menschen mit Zugang zum Internet an.
Auch das Phänomen des «Crowdsourcing» , also die Nutzung der Intelligenz und der Mitarbeit anderer Menschen über Internet eröffnet neue Möglichkeiten. Hierdurch lassen sich Projekte und Forschungsstudien unter Beteiligung von Alumni, aber auch fachfremder Personen umsetzen.
Die Herausforderung für die Hochschulen der Zukunft wird es sein, neue wie auch traditionelle Angebotsformen im Rahmen der Hochschullehre zu integrieren. Den Hochschulen bietet sich dabei die Chance, das eigene Renommée zu verbessern und das Profil als Bildungs und Forschungsinstitution im globalen Bildungsmarkt besser zu konturieren. Wir hoffen, dass damit auch die Vielfalt sozialer Prozesse, die unser Leben prägen, in der Hochschulbildung besser genutzt wird.
takt mit den Studierenden und helfen dabei, Lernschwierigkeiten oder Fehlkonzepte zu überwinden. Sie leiten die Reflexionsphasen und das Feedback zwischen den Studierenden.
Dozierende müssen sich mit der Tatsache arrangieren, dass Studierende umfangreiche Informationen zu fachspezifischen Themen online finden und zudem die Möglichkeit haben, auch in anderen sozialen Kontexten die Inhalte des Studiums zu erlernen. Dies bedeutet, dass Dozierende einerseits die Leistungsanforderungen besser kommunizieren und andererseits gegenüber den Studierenden einen Mehrwert ihrer physischen Anwesenheit ausweisen müssen. Letzteres insbesondere durch situative Anpassung des Unterrichtes, das Einordnen des Stoffes in grössere Zusammenhänge sowie die Vermittlung von emotionalen Bezügen zum Thema.Die Studierenden wiederum sind als aktiver Partner in der Hochschullehre für die Umsetzung der Lernprozesse mitverantwortlich. Lehre an Hochschulen ist demnach keine Weiterführung schulischen Lernens, sondern vielmehr eine Vorbereitung auf die professionelle Tätigkeit in Wissenschaft und Wirtschaft. Die Studierenden haben zudem die Rolle, die Interaktionsprozesse mit anderen Lernenden ausserhalb der Hochschule zu gestalten und gegenüber den Dozierenden zu thematisieren und so in die Hochschule einzubringen.
5. AusblickDurch digitale Medien entstehen neue Formen der Sozialisation, die das Verhältnis von Individuum und netzbasierten Gemeinschaften prägen. Der Mensch als «vernetztes Wesen» hat zur Lerntheorie des Konnektivismus beigetragen, nach der das Lernen von Menschen auf individuellen Netzwerken zu anderen Menschen sowie zu Informationen basiert. Das permanente Verbundensein in sozialen Netzwerken führt momentan noch zu einem «Generationenbruch» zwischen Dozierenden und Studierenden. Die
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Abbildung 3: Lehr- und Lerntechnologien in Bezug zu den unterschiedlichen Ebenen sozialer Lernprozesse.
passiert (ohne Rahmen)
Dozent/in
Studierende
Umwelt
stimuliert (Ziel/Erwartung)
angeleitet (Auftrag)
geführt (Veranstaltung)
Form >
Mitstudierende
Ich/Selber
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ache
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Kursangebote (MOOC)
/
Offene Lernressourcen (OER)
/
Social Communities
Classroom Response Systems (Clicker)
/
BackchannelKommunikations plattformen:
Chat, Mail, Message Clients
/
pers. Lernumgebungen (PLE)
Informationskanäle: Web, Mail, Kursplattform
indirekt direkt
Interaktionsformen und szenarien auf Lernplatt
formen (WIKI, Forum, etc.)
/
kollaborative Lernspiele und Simulationen
Blog ist das Kürzel für Web-Log. Damit ist die virtuelle Form des klassischen Journals gemeint. Ein Arbeitsprozess wird durch schriftliche Reflexionen begleitet und anderen zugänglich gemacht. Architekturdozent Raphael Schmid nutzt den Blog in der Lehre. Im Gespräch nennt er Möglichkeiten und Grenzen dieses Internetmediums.
VieLe akteure, ein bLog
Welche Rückschlüsse erlaubt der Blog den Dozierenden?Man kann beurteilen, wie zielorientiert Studierende vorgehen. Zudem zeigen die Blogeinträge, in welche Richtung die Entwurfsideen gehen.
Sobald Technik im Spiel ist, kann es Pannen geben……Ja, das war bei uns auch der Fall. Aus mir nicht bekannten Gründen war es manchmal schwierig, Bilder hochzuladen. Im Grossen und Ganzen hat jedoch alles gut funktioniert.
Ihr abschliessendes Fazit zum Blog: Spielzeug oder sinnvolles Lerninstrument?Wir werden den Blog auf jeden Fall beibehalten. Ich glaube, die Qualität der Arbeiten ist gestiegen. Zudem hat diese Plattform das Potential zu einem Archiv, in dem alles schnell greifbar ist. Das erlaubt ein nachträgliches Reflektieren. Eine noch ungelöste Frage ist, ob der Blog für alle öffentlich sein soll. Denn wir wollen nicht, dass die nachfolgenden Studierenden Inhalte kopieren. Insgesamt aber ist es ein sehr direktes, sinnvolles Lerninstrument.
Interview: Gregor Imhof
In Ihrem Entwurfsmodul stehen Materialien im Zentrum: Welche und weshalb? Raphael Schmid: Wir haben vier Materialien bestimmt, die man für ein Tragwerk gebrauchen kann. Das sind Backstein, Beton, Stahl und Holz. Die Idee des Moduls ist, dass die Studierenden aus der Logik des Materials heraus entwerfen und konstruieren.
Wie kam der Blog mit ins Spiel?Wir haben das letzte Mal mit Lernjournalen gearbeitet und wollten eine offenere Form. Die Studierenden sollen gegenseitig Einsicht nehmen und von diesem ClusterWissen profitieren können. Vorher war das eine Kommunikation zwischen einem Dozenten und einem Studenten. Das wollten wir aufbrechen.
Die Architektur kennt ja die Tischkritiken, bei denen die Studierenden ihre Entwurfsideen präsentieren. Geht es darum, mit dem Blog den vorangehenden Prozess sichtbar zu machen?Unbedingt. Wochenweise berichtet man darüber, was man macht. Genau das ist adäquat für eine Prozessdarstellung.
Zur Sicht der Studierenden: wie nutzen sie dieses Instru-ment und wie bewerten sie es?Ich hatte den Eindruck, sie haben es schnell angenommen. Teilweise hatten sie Mühe mit der Spontaneität eines solchen Blogs. Einige Studierende haben ausgestaltete Dokumente hochgeladen, was nicht die Idee ist. Andererseits mussten sie sich exponieren – der Blog ist wie ein Schaufenster. Alles, was sie schreiben, wird von anderen gelesen. Und das hat die Hemmschwelle erhöht. Diese zu überwinden, gehört zu unserem Beruf: Oft muss man unausgegorene Ideen überzeugend vertreten.
Konkurrenz belebt das Geschäft – geht es darum?Auch, ja. Wenn man Ideen nur bilateral bespricht, hat man keinen Bezug zu etwas anderem. Wenn man im Plenum diskutiert – und ein Blog ist ein Forum – dann kann das die Qualität heben. Der Vergleich mit anderen macht das möglich.
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Bloggt für die Lehre: Architekturdozent Raphael Schmid.
Mit dem Cyber-Classroom können angehende Ingenieurin-nen und Ingenieure komplexe naturwissenschaftliche Phäno-mene leichter erfassen und besser nachvollziehen.
Lernen in der dritten dimension
«Kräfte sind dreidimensionale Vektoren, deshalb fällt es den meisten Studierenden gerade bei räumlichen Fragestellungen sehr schwer, sie zu begreifen», sagt Ralf Baumann, MaschinentechnikDozent und Verantwortlicher des CyberClassrooms. Das räumliche Vorstellungsvermögen der jüngeren Generation sei in den letzten Jahren zurückgegangen. «Wenn sie das Studium beginnen, fehlt es ihnen an Übung beim Interpretieren von Zeichnungen.»
Eigene Lernmodule entwickelnWenn eine Institution ein Certified CyberClassroom Labor (kurz C3Lab) einrichtet, erhält sie – quasi als Starterkit – bereits einige fertige Module zu naturwissenschaftlichen und technischen Phänomenen. Das Statikmodul allerdings wurde von Assistenten des Kompetenzzentrums Mechanische Systeme speziell für den Unterricht in Horw programmiert. Ebenso wie das Modul zum Physikpraktikum zur HelmholtzSpule. Damit können Magnetfelder nicht nur sichtbar gemacht, sondern auch virtuell verändert werden. Bildungsinstitutionen, die heute ein C3Lab betreiben, finden sich vorwiegend im deutschsprachigen Raum. Sie tauschen selbst kreierte Module aus und diskutieren, wie man sie am sinnvollsten in den Unterricht integriert. In der Schweiz war die Hochschule Luzern die erste Institution, die die virtuelle 3DLern und Lehrumgebung eingesetzt hat.
Eine erste Befragung von Studierenden zeigt, dass diese die neue Methode schätzen. «Ich habe den Stoff schneller begreifen können», bestätigt Silvan von Arx. Aber es sei wichtig gewesen, dass er sich vorher theoretisch damit auseinandergesetzt habe. «Die 3D Anwendung war dann
Statikvorlesung an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur. Heutiges Lernziel ist es, die vektorielle Grösse einer Kraft und ihre Wirkung im Raum zu verstehen. 23 junge Leute stecken ihre Köpfe in die Bücher und studieren die Funktionsweise einer Getriebewelle, wie sie etwa in Autos eingebaut wird. Währenddessen wird ein 60 Zoll grosser Plasmabildschirm ins Zimmer gegenüber gerollt und das Statikmodul gestartet. Der CyberClassroom ist bereit. Student Silvan von Arx legt das Buch zur Seite, geht zum Bildschirm und setzt die ShutterBrille auf. Er sieht jetzt stereoskopisch: Mit beiden Augen nimmt er zwei verschiedene Bilder wahr und erhält so einen dreidimensionalen Eindruck der verschiedenen Komponenten der Welle und der auf sie wirkenden Kräfte. Durch einen Controller kann er mit den dargestellten Objekten interagieren.
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Sarah Nigg und Franziska Mattle Schaffhauser
grundLagen schaffen für den einsatz Von bLended Learning
Ausgehend von der Feststellung, dass es kein allgemeingültiges Blended Learning Modell gibt, wurden im Projekt «Globalkonzept Blended Learning» Grundlagen geschaffen, um das Angebot an Blended Learning Modulen an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur in ein strategisches Konzept einzubinden und sicherzustellen, dass der Aufbau von entsprechenden Angeboten sowohl effektiv als auch kostengünstig erfolgt.
In abteilungsübergreifenden Workshops wurden zwei Haupt erkenntnisse gewonnen:a) Die Vielzahl bereits genutzter Methoden, Werkzeuge
und Anbieter, sowie deren Kombinationsvarianten und technische Entwicklung bietet eine Komplexität, die dazu führt, dass Dozierende ELearningKomponenten in einem eher zufälligen Prozess in ihren Unterricht einbauen. Eine im Workshop erarbeitete Übersicht soll helfen, geeignete Methoden und ELearningTools zu wählen.
b) Die Komplexität des Blended Learning kann mit einem strategischen Entscheid des Departements reduziert werden, indem unter Berücksichtigung der Freiheit der Lehre (und damit der Wahl geeigneter Methoden und Technologien) ein minimales, zentralisiertes Angebot an Plattformen und Software zur Verfügung gestellt wird.
Als wesentliches Resultat des Projekts wurde unter anderem entschieden, dass das Departement Blended Learning in erster Priorität in Modulen und Unterrichtseinheiten einsetzen will, in denen es um die Vermittlung, Aneignung, Vertiefung und Selbstkontrolle von Wissen geht. Dieses Wissen soll online zur Verfügung gestellt werden, – damit andere Aspekte im Präsenzunterricht vertieft ver
mittelt werden können.– damit berufsbegleitende und Teilzeitstudierende Unter
richtselemente online (zeitgleich oder zeitverschoben) mit verfolgen können.
In zweiter Priorität soll Blended Learning – schwächeren Studierenden die Möglichkeit geben, sich
im Selbststudium das notwendige Wissen zu erarbeiten sowie
– Dozierende entlasten, indem Testate oder Modulendprüfungen elektronisch durchgeführt werden können.
Unter Berücksichtigung der geschaffenen Grundlagen soll Blended Learning am Departement Technik & Architektur vermehrt zum Einsatz kommen.
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Twie das Tüpfelchen auf dem i.» Ralf Baumann betont, dass der CyberClassroom den Unterricht durch Dozierende nicht ersetzen kann, er sei aber eine nützliche Ergänzung gerade dort, wo zweidimensionale Unterrichtsmaterialien an ihre Grenzen stossen.
Als Unterrichtsmittel etablierenAufgrund des positiven Feedbacks hat Ralf Baumann ein Nachfolgeprojekt lanciert und mit seinem Team zwei neue Anwendungsbeispiele für eine didaktisch stimmige Lernsequenz entwickelt und programmiert.
Im einen Beispiel geht es darum, die mechanischen Spannungen im Inneren eines Bauteils aufgrund der äusseren Belastung sichtbar zu machen. Die Studierenden können mit einer virtuellen Ebene interaktiv durch das Bauteil schneiden und dabei visuell erfahren, dass sich je nach Lage der Schnitt ebene der darauf projizierte Spannungszustand verändert. Dies gehört zum Grundverständnis für eine sichere Auslegung und Dimensionierung von Bauteilen, ein Gebiet, auf dem sich die Studierenden traditionell sehr schwer tun.
Im zweiten Beispiel geht es um komplexe Strömungen, wie sie zum Beispiel in Turbinen auftreten. Diese Strömungsfelder werden mathematisch durch Vektoren beschrieben. CyberClassroom hilft nun, den räumlichen Strömungszustand in rotierenden Systemen zu visualisieren. Im Herbstsemester 2012 werden die beiden neuen Module im Unterricht erstmals eingesetzt und der CyberClassroom somit als innovativer Bestandteil im Studium etabliert.
Markus Schärli
Zwei angehende Ingenieure erleben im Cyber Classroom der Hochschule Luzern – Technik & Architektur angewandte Statik.
industrie: unternehmen erwarten reLeVantes
Zum Schluss zwei Überlegungen: – Die Hochschulen müssen laufend überprüfen, ob sie für
das Leben und den Beruf wirklich Relevantes vermitteln oder ob Studierende nur Stoff anhäufen.
– Moderne Medien müssen in den Unterricht an der Hochschule integriert werden, die Studierenden diese souverän beherrschen. Wieweit diese Medien dann in den Unternehmungen eingesetzt werden, entscheidet das Unternehmen.
Für alle Studierenden ist heute die freie Verfügbarkeit von Information auf dem Internet selbstverständlich. Für viele Unternehmen ist das aber nicht so, denn die firmeneigenen Informationen und Dokumente sind das Grundkapital der Unternehmung und unterliegen der Vertraulichkeit und dem Schutz. Ein verantwortungsvoller Umgang damit wird erwartet.
Die Unternehmen erwarten heute von gut ausgebildeten Nachwuchskräften, dass sie Probleme selbstständig lösen und Ergebnisse adressatengerecht darstellen können. Dabei kommt den Informationstechnologien, den ITTools und den neuen Medien grosse Bedeutung zu, sie sind aber für die Unternehmen kein Thema an sich, der Umgang damit wird vorausgesetzt. Oberstes Ziel der Hochschule ist und bleibt, eine sehr gute Ausbildung zu vermitteln und ein tiefes und sicheres Verständnis der Grundlagen.
Im Unternehmen müssen Absolventen und Absolventinnen das Gelernte in Nutzen für das Unternehmen umsetzen. Studierende, die während des Studiums möglichst viel Erfahrung in Unternehmen gesammelt haben, sind hier im Vorteil. Denn zukünftig steht der Kunde im Mittelpunkt und es geht um das Lösen von Kundenproblemen. Es geht um Innovation. Innovation erfordert drei Schritte: das Erkennen des Kundenpro blems, die Suche nach einer kosteneffizienten Lösung und die erfolgreiche Einführung der neuen Produkte am Markt.
Selbstständigkeit bei der Analyse und Lösungssuche ist eine sehr wichtige Fähigkeit, die erwartet wird. Nur wenige Studierende sind hier wirklich gut. Das richtige Herangehen an eine Aufgabe, das Setzen des Rahmens und das Ziehen der richtigen Schlüsse beherrschen anfangs nur wenige. Es setzt – zugegeben – auch etwas Erfahrung voraus.
Schliesslich muss das Ergebnis dem Chef oder der Unternehmensleitung vorgetragen werden, und das ist eine weitere wichtige Fähigkeit, die oft auch über das weitere Fortkommen von Mitarbeitenden entscheidet. Gute Reportings sind rar, die Vortragenden beginnen meist irgendwo und kommen nicht auf den Punkt.
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Ulrich Claessen
Unternehmen erwarten von Berufseinsteigern fundierte Grundlagen.
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«ich muss mich am riemen reissen»
Nicole Müller studiert Maschinenbau. Sie fiel im Fach Thermo- und Fluiddynamik-systeme das erste Mal in ihrem Leben durch. Das Scheitern setzte einen tiefgreifenden Er-kenntnisprozess über Studieren in Gang.
Frau Müller, wie kamen Sie zu Ihrer Berufswahl?Nicole Müller: Ich interessierte mich schon immer für Technik. Mein Vater, ein selbstständiger Maschinenbauingenieur, nahm mich bereits als Kind mit zur Arbeit und forderte mich und meinen jüngeren Bruder immer auf, mitzumachen, auszuprobieren. In der Schule fiel mir das Lernen leicht, die naturwissenschaftlichen Fächer hatten es mir besonders angetan. Der Lehrer drängte mich deshalb, die Matura zu machen. Eine Option war, Mathematik zu unterrichten, nicht zuletzt, weil ich eine ganz tolle Mathematiklehrerin hatte. Es zog mich aber definitiv in die Praxis. So absolvierte ich im Rahmen des Projektes «Way up» eine zweijährige Lehre als Konstrukteurin. Von meiner Wahl war ich immer absolut überzeugt. Meine Eltern unterstützten mich. Nach der Lehre nahm ich sofort das Studium auf.
Welche Vorstellungen hatten Sie über das Studium Maschinenbau?Ich wollte mehr wissen, Bauteile berechnen können, Sachen selbstständig machen, aus einer Idee etwas entwickeln können. Mich interessiert das Grobmechanische, Langlebige. Aber so ganz konkrete Vorstellungen habe ich mir eigentlich nicht gemacht.
«Lernen braucht Zeit», Nicole Müller, Maschinenbaustudentin.
Gab es während Ihres Studiums ein ganz besonderes Aha-Erlebnis?Schwierig zu sagen, eigentlich nicht. Ich lernte immer leicht und gerne. Mit dem Fach Thermo und Fluiddynamiksysteme hatte ich Mühe. Das Grundlagenmodul habe ich noch knapp bestanden, das Fortsetzungsmodul nicht, auch die Nachprüfung nicht. Ich war ziemlich durcheinander. Nach einem Jahr klappte es. Ich wiederholte das Modul und checkte im Nachhinein, dass ich dieses Jahr brauchte, um die Inhalte wirklich zu verstehen. Ich realisierte: Lernen braucht Zeit.
Wie erklären Sie sich, dass Sie die Lerninhalte problemlo-ser begreifen konnten?In diesem Jahr hatten wir weniger Grundlagen, dafür mehr Anwendungsmodule. Wir mussten nicht mehr so viel «büffeln». So konnte ich mehr Zeit für Thermodynamik verwenden. Ich versuchte, aktiver am Unterricht teil zu nehmen und realisierte sofort, wenn ich etwas nicht begriff. Ich versuchte, die Hausaufgaben regelmässig zu lösen und so am Ball zu bleiben. Ich sah ein, dass es für mich utopisch ist, neue Inhalte innerhalb der zwei Vorbereitungswochen für die Prüfung aufarbeiten zu können. Ich muss von Anfang an dabei sein und verstehen. Ich muss mich am Riemen reissen. Das gilt vor allem für ein ganz neues Gebiet, wo auch die Berufserfahrungen fehlen.Unser Dozent stellt anspruchsvolle Fragen. Man kann sie
nur beantworten, wenn man die Materie wirklich verstanden hat. Es reicht definitiv nicht, Begriffe, Rezepte oder Tabellen auswendig zu lernen. Man muss die Zusammenhänge erkennen. Lösungen erfordern, dass man überlegt und verschiedenes Wissen kombiniert. Man muss es im Kopf und begriffen haben. Es gibt keine Standardlösungen. Es gibt vielleicht mehrere Wege, die zum Ziel führen.
Können Sie ein Beispiel nennen?Einige Aufgaben handelten vom Thema Perpetum Mobile. Man musste einen Prozess beurteilen, erkennen, ob dieser Prozess überhaupt möglich ist oder nicht. Ob die Energiegleichung auch aufgeht oder ob es sich um ein sogenanntes Perpetum Mobile handelt. Um dies beurteilen zu können, muss man zuerst den Prozess verstehen und erkennen, wo welche Energien fliessen. Erkennt man das nicht, nützen einem die Formelsammlung und der Taschenrechner auch nichts.
Was haben Sie daraus für die Fortsetzung Ihres Studiums gelernt?Ich muss von Anfang an dabei sein, kann nachfragen, wenn ich etwas nicht verstehe. Ich erkannte, dass es manchmal sinnvoll ist, sich eine Aufgabe oder ein Problem von einem Assistenten oder Tutor erklären zu lassen. Persönliche Er klärungen sind sehr hilfreich.
Wie finden Sie sich in der noch immer männerdominierten Technikwelt zurecht?Ich komme besser zu Recht mit Männern als mit Frauen. Mit Männern ist es für mich unkomplizierter. Ich fühle mich total wohl, schwimme sowieso immer gerne ein bisschen gegen den Strom.
Sind Sie zufrieden mit dem Studium?Ja schon. Manchmal wünschte ich mir etwas mehr Praxisbezug, mehr Anschauungsmaterial im Unterricht. Man sieht so viele Symbole im Skript und weiss oft zu lange nicht, was sie eigentlich bedeuten.Sehr interessant finde ich, dass man auch Module besuchen kann, die nicht nur mit dem «klassischen Maschinenbau» zu tun haben, beispielsweise Industriedesign. Man macht einmal etwas ganz anderes, muss mit Farben arbeiten, etwas basteln, Möbel einer Zeitepoche zuordnen. Man lernt, rasch eine einfache Skizze zu machen. Ich finde das spannend, das gehört auch zur Allgemeinbildung. Man muss ein bisschen offen sein, nicht zu rasch denken, das bringt mir nichts. Auch wenn es für uns «effizient» denkende Maschinenbauer manchmal etwas komisch ist, kreativ zu sein, lernt man doch auch einiges.
Wünsche und Ideen für die Zukunft?Mein Studium gefällt mir. Ich denke aber manchmal, dass ich nach dem Studium noch eine ganz andere Richtung einschlagen werde, vielleicht etwas Gestalterisches mache. Es gibt so viele Möglichkeiten.
Interview: Brigitta Pfäffli Tanner
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Nicole Müller
23, ist in Matzendorf, einem kleinen Dorf im solothurnischen Jura aufgewachsen. Nach der Matura hat sie den kompakten Lehrgang mit Berufsabschluss als Konstrukteurin im Rahmen des «Way up»Programms besucht. Das ist ein kompakter Lehrgang, der Maturanden und Maturandinnen einen Berufsabschluss und den Zugang zu Fachhochschulen ermöglicht. Sie studiert im siebten Semester berufsbegleitend Maschinenbau und arbeitet sechzig Prozent als Konstrukteurin. Im Betrieb ist sie verantwortlich für den Bereich Schachtabdeckungen. Sie wohnt in einer Wohngemeinschaft. In der Freizeit spielt sie in einer Big Band Saxophon, betreibt Geräteturnen oder kocht mir ihrer Mutter Holunderbeerensaft.
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wissen kompakt
Blended LearningBlended Learning steht für ein Lernarrangement, in welchem Lernformen im virtuellen Raum und Lernformen vor Ort zielbezogen aufeinander abgestimmt sind. Studierende bearbeiten beispielsweise eine Übung auf der Lernplattform, Dozierende halten die Vorlesung hingegen vor Ort, oder die Projektarbeit findet im Atelier statt, die Reflexionen im Rahmen eines Blogs im virtuellen Raum.
CrowdsourcingCrowdsourcing oder auch Schwarmauslagerung bedeutet, dass mehrere Personen in der Freizeit im Internet an einer Aufgabe arbeiten. Ein Auftraggeber, beispielsweise ein Unternehmen, Dienstleister, eine Webplattform oder Einzelperson generiert ausserhalb der Strukturen des Unternehmens in einem vorher klar definierten Rahmen (Software, Zeitraum, Teilnahmebedingungen, Incentivierung) Wissen oder Problemlösungen. Die vielfältigen Mechanismen des Social Web ermöglichen die Zusammenarbeit der Akteure. http://www.socialnetworkstrategien.de/2010/07/crowdsourcingmehrwertechancendefinition/, gelesen am 12.10.12.
E-LearningELearning steht für Lernarrangements und Lernprozesse, die mit Informations und Kommunikationstechnologien unterstützt werden. ELearning kann einseitig mit dem Computer stattfinden oder durch Interaktion angereichert werden. Dozierende können mit Hilfe der neuen Medien individuelle Denkprozesse anstossen, also die erste interaktive Lernform nach Kirschner (vgl. untenstehende Lerndefinition). Sie können damit auch eine fachliche Diskussion initiieren oder eine aufgabenbezogene Interaktion und Zusammenarbeit anleiten, also die zweite und dritte interaktive Lernform nach Kirschner. ELearning bietet die Möglichkeit für sowohl synchrone wie asynchrone Aktivitäten. Im Rahmen eines Chats oder einer Videokonferenz können beispielsweise Studierende und Dozierende zeitgleich miteinander kommunizieren. Asynchrone Interaktionen können in Diskussionsforen oder im Rahmen von Pod casts stattfinden.
E-Learning BlogEin ELearning Blog ist eine Art öffentliches Tagebuch in Form einer Website, die mit Textbeiträgen, Fotos, Videos gefüllt werden kann. Lernende können mit Hilfe von Blogs Ergebnisse in Bezug auf eine bestimmte Aufgabenstellung darstellen, beispielsweise in Form eines Skizzen oder Lerntagebuchs. Die Kommentarfunktion erlaubt Dozierenden und Mitstudierenden auf Einträge Feedback zu geben. Ein Blog kann über einen längeren Zeitraum geführt werden, die Einträge sind chronologisch nachvollziehbar.
E-Learning PodcastEin ELearning Podcast stellt eine Audiodatei dar, die sich aus verschiedenen Beiträgen über einen zielbezogenen Inhalt zusammensetzt. Die Studierenden können die Audiodatei von einem Server herunterladen und auf dem Computer oder auf einem MP3Player abspielen.ELearning Podcasts unterstützen die Aufnahme und Speicherung von Informationen. Ein guter ELearning Podcast hat eine klare Struktur und vermag auch Emotionen anzusprechen.
E-Learning WikiEin ELearning Wiki ist eine offene Webseite, in welche Studierende und auch Dozierende Texte einspeisen und online ändern. Bilder, Videos und auch andere Web 2.0 Anwendungen können ebenfalls eingefügt werden. Die Studierenden ergänzen und korrigieren gegenseitig die Inhalte. Mit Hilfe eines Wikis können Lernende gemeinsam eine Thematik erarbeiten und sich dabei auf individuelle Aspekte fokussieren.Blog und Wiki sind zwei typische Hilfsmittel des Lernens, welche einen aktiven und selbstbestimmten Lernprozess der Studierenden fördern.
KonnektivismusDie KonnektivismusTheorie wurde im Jahr 2004 von George Siemens veröffentlicht. Sie geht davon aus, dass Wissen in Netzwerken von Menschen, Institutionen, Communities und medialen Inhalten entsteht. «Die Kunst des individuellen Lernens besteht darin, dieses verteilte Wissen für die persönlichen Belange urbar zu machen und konstruktiv einzubinden. Lernen entsteht in diesem Verständnis durch den Aufbau von neutralen, konzeptuellen und sozialen Verbindungen – zu anderen Personen, zu Inhalten, zu anderen Hirnregionen und Zusammenhängen. Und durch die Aktivität eines solch vernetzten Lernens entwickelt sich die Menschheit – sowohl individuell als auch sozial.»Kritiker monieren, der Konnektivismus sei keine eigenständige Lerntheorie, sondern eher eine pädagogische Sichtweise.http://netzwerklernen.wikispaces.com/Hintergrundtext+Was+ist+eigentlich+Konnektivismus#Definition, gelesen am 11.10.12.http://www.hage.net/hinterdenkulissen/372kritikamkonnektivismus.html, gelesen am 12.10.12
LeittexteDie Leittextmethode basiert auf schriftlichen Informationen, Leitfragen und Kontrollbögen (Lösungen), die in der Regel durch die Dozierenden aufbereitet werden. Die Leitfragen steuern den Lern und Arbeitsprozess. Die Studierenden bearbeiten die Aufgaben selbstständig, allein oder in Gruppen und beurteilen auch das Ergebnis selbstständig.
Lernen als InteraktionLernen, aufgefasst als individueller Prozess, beinhaltet die aktive Auseinandersetzung mit vorhandenem Wissen und die Konstruktion von Erkenntnissen und Problemlösungen.Individuelle Denkprozesse und Interaktion sind zwei zentrale Prozesse, die bei Lernenden in einer einzigartigen Wechselwirkung zu neuem Wissen führen.Kirschner (2006) geht von vier Interaktionsformen aus:1 Interaktionen als Gespräche; beispielsweise mit Dozierenden, Mitstudierenden, Experten aus der Praxis (externe Interaktion). 2 Interaktion mit sich selbst; als interner Dialog über Lerninhalte wie auch über den persönlichen Lern und Arbeitsprozess (interne Interaktion).3 Konfrontation zwischen externer (1) und interner (2) Interaktion; beispielsweise wenn Lernende einen verstandenen Inhalt für eine Problemlösung im Team diskutieren und erkennen, dass Adaptionen nötig sind. 4 Interaktion zwischen Lernenden und Lernumgebung; wie beispielsweise mit einer Übungsanlage im echten oder virtuellen Labor, mit Computer, Tablet oder Handy.In einem solchen Lernverständnis haben Lehrimpulse die Funktion, Denkprozesse und Interaktionen zu initiieren und zu begleiten.
LernwerkstattDie Lernwerkstatt ist ein offenes (Über)Angebot von Lernaufgaben, welche die Studierenden selbstständig, einzeln oder in Gruppen lösen. Dozierende können die Arbeitsaufträge als Muss und Kannaufgaben deklarieren. Die Beurteilung kann als Fremdbeurteilung durch Dozierende oder Assistierende, aber auch als Selbstbeurteilung mittels Beispiellösungen erfolgen. Die Werkstatt kann vor Ort oder im virtuellen Raum aufgebaut sein (Gasser, 1992).
Massive Open Online CoursesDas sind kostenlose, frei zugängliche Onlinekurse mit sehr vielen Teilnehmenden, oft aus der ganzen Welt. Anbieter stellen online verfügbare Ressourcen wie Texte oder Videos zu einem Oberthema, sowie einen Zeitplan ins Netz. Die Teilnehmenden entscheiden selbst, ob sie weitere Materialien, etwa in Form von Blogbeiträgen oder Videos beitragen. Alle Teilnehmenden können in der Regel alle Materialien kommentieren, allenfalls erweitern oder sich an Diskussionen beteiligen (vgl. Konnektivismus).
Media Generation Geräte wie iPod, Handy, Computer gehören heute zur Alltagskultur von Studierenden und Dozierenden. Lernende können sich so leicht vernetzen und aktiv lernen. Trotzdem ist die sogenannte Media Generation gemäss mehrerer Untersuchungen gegenüber ELearning zurückhaltend eingestellt (z.B. Akkerman, 2007; Paechter, Fritz, Maier & Manhal, 2007; Oblinger, D. G. & Oblinger, J. L., 2005). Viele Studierende bevorzugen noch immer die Präsenzlehre. Ihre Vorliebe gilt Professoren und Professorinnen, die engagiert und begeistert unterrichten. Unsichere Studierende finden mehr Si
Brigitta Pfäffli Tanner
cherheit im face to face Kontakt. Am Präsenzunterricht schätzen Studierende die Kommunikation mit Dozierenden und die Kontakte mit anderen Studierenden (Paechter, Fritz, Maier & Manhal, 2007). Ein Vorteil von ELearning sei die Unterstützung des individuellen Lernens. Die neuen Medien gelten heute als adäquate Hilfsmittel, um gegebene Ziele zu erreichen. Studierende lassen sich weitgehend problemlos darauf ein. In diesem Sinne kann heute von einer «Media Generation» gesprochen werden. Es ist offen, ob der Umgang mit dem Computer Lernkompetenzen, Einstellungen und Lebensentwürfe zu verändern vermag.
Mobile LearningVon Mobile Learning oder MLearning (auch: «wire less», «nomadic» oder «pervasivelearning») spricht man, wenn mobile, drahtlos vernetzte Endgeräte wie Handys oder Tablets im Lernprozess zum Einsatz kommen. Das MLearning ist eine Ergänzung und Erweiterung des internetbasierten ELearning.Dank dem flexiblen und einfachen Einsatz, sowie dem kommunikativen Potential solcher Geräte
können Dozierende damit gut interaktive Lernprozesse begleiten, beispielsweise während einer Projekt arbeit.Hochschulen sind heute nicht zuletzt deshalb gefordert, die Studierenden auf den Umgang mit digitalen, mobilen Technologien vorzubereiten, weil diese Endgeräte Bestandteil der Arbeitswelt geworden sind.
Open Educational ResourcesDarunter versteht man Lernmaterialien im Netz, die für alle frei zugänglich sind. Alle können sie nutzen und modifizieren.
SelbststudiumIm Selbststudium, einer bedeutsamen Studierform an Fachhochschulen, lernen die Studierenden in einem der Studienphase angepassten Mass selbstbestimmt. Sie können beispielsweise die Dauer und den Ort des Lernens bestimmen, manchmal auch den Umfang der Übungen oder den Lernweg. In Masterstudiengängen und in der Weiterbildung können Studierende gegebenenfalls auch die Lernziele und Inhalte mitbestimmen. Für «selbständiges Lernen» werden auch «selbstgesteuertes», «eigenverantwortliches», «selbstorganisiertes», «selbstbestimmtes», «eigenständiges», «selbstreguliertes», «autonomes» Lernen oder eben der Begriff «Selbststudium» verwendet (vgl. Aeppli 2005).Selbststudium verfolgt neben den fachlichen auch überfachliche Ziele etwa im Bereich von Selbstlern, Team und Medienkompetenzen. Im Selbststudium planen, gestalten und kontrollieren die Studierenden in Gruppen oder alleine den Lernprozess weitgehend selbstständig. Lehrende führen die Studierenden ins Selbststudium ein, bieten Begleitung an, führen Standortgespräche durch (formative Lernkontrolle) und beurteilen die Ergebnisse.Wichtige Erfolgsfaktoren für den Lerngewinn im Rahmen von Selbststudien sind die Lernkompetenzen der Studierenden, die Klarheit über den Auftrag und die formativen Lernkontrollen (vgl. Pfäffli et al., 2007).
Web 2.0 «Web 2.0 bezeichnet die Gesamtheit aller modernen InternetAnwendungen und Angebote, die eine oder mehrere der folgenden Eigenschaften haben: – sozial, also auf das Zusammenwirken zwischen
Benutzern ausgerichtet,– mit von Benutzern selbst erstellten Inhalten ge
füllt, – als OnlineSoftware gebaut, also so, dass ein
Programm nicht heruntergeladen und installiert werden muss.»
http://www.devster.de/blog/wasistweb20web20definitionineinemsatz, gelesen am 10.9.12.Studien zeigen, dass Web2.0 Anwendungen, beispielsweise ein Blog eher selten in Studien angewendet werden. Nach Reinmann (2008) erfordert der lernfördernde Einsatz eine hohe Selbstständigkeit der Lernenden, insbesondere die Bereitschaft zum kooperativen Lernen und einen Willen, Feedback zu geben und zu empfangen. Diese Fähigkeiten sind nicht bei allen Studierenden vorhanden und müssen im Studium oft zuerst aufgebaut werden.
Literatur Akkerman, S. (2007): Nieuwe vormen van onderwijs voor een nieuwe generatie studenten. Utrecht: Ex-pertisecentrum ICT in het Onderwijs, IVLOS, Univer-siteit Utrecht. URL: http://www.uu.nl/ivlos-ictexper-tisecentrum [10.9.12].
Aeppli, J. (2005): Lernstil-Typen, Lernerfolg und Nut-zung von webbasierten Lerneinheiten. Diss. phil., Universität Zürich: Berlinger.
Boschma, J. & Groen, I. (2006): Generatie Einstein, slimmer sneller en socialer: communiceren met jon-geren van de 21ste eeuw. Amsterdam: Pearson Pren-tice Hall NL.
Das A und e. E-Dossier #03/2008, CSPC e-Learning ZFH. http://www.phzh.ch/Documents/phzh.ch/Ueber_uns/DLC/Downloads/CSPC_eDossier_03.pdf
Gasser, P. (1992): Didaktische Impulse. Gerlafingen: Eigenverlag.
Gröhbiel, U. & Pimmer, C. (2008): «Jenseits der Schulbank.» In: Personal 2, S. 18–20.
Kirschner, P. (2006): (Inter)Dependent learning. Lear-ning is interaction. Inaugural address. Spoken upon the acceptance of the position of Professor of Educa-tional Psychology, Utrecht University, March 16.http://www.ou.nl/Docs/Expertise/NELLL/publicaties/(Inter)dependent%20learning%20-%20Lear-ning%20is%20interaction%20-%20Inaugural%20address%20Utrecht%20University.pdf
Oblinger, D. G. & Oblinger, J. L. (2005): Educating the Net Generation, zitiert in: Pfäffli, B. K. (2008): Neu-gierig und beharrlich den besten Weg suchen. In: Die Festschrift Technik & Architektur 1958–2008, S. 267. ISBN: 978-3-033-01601-9.
Paechter, M.; Fritz, B.; Maier, B. & Manhal, S. (2007): eSTUDY – eLearning im Studium: Wie beurteilen und nutzen Studierende eLearning? Projektbericht. Karl-Franzens-Universität Graz. URL: http://www.e-science.at/dokumente/eSTUDY_Endbericht.pdf [12.01.2009].
Pfäffli, B. (2000): Lehren an Hochschulen. Bern, Haupt.
Pfäffli, B.; Imhof, G.; Metzger, M. & Dietrichs, I. (2007): «Gefragt sind hohe Eigeninitiative und Diszi-plin!» Begleitete Selbststudien an der Hochschule Luzern (HSLU) Forschungsbericht. Zentrum für Leh-ren und Lernen. Luzern, 17. August 2007.
Reinmann, G. (2008): Selbstorganisation im Netz – Anstoß zum Hinterfragen impliziter Annahmen und Prämissen. Arbeitsbericht 18. Augsburg: Universität Augsburg, Institut für Medien und Bildungstechnolo-gie. URL: http://www.imb-uni-augsburg.de/files/Ar-beitsbericht_18.pdf [8.11.2008].
Sauter, A.; Sauter, W. & Bender, H. (2003): Blended Learning. Effiziente Integration von E-Learning und Präsenztraining. Neuwied: Luchterhand Verlag.
Siemens, G. (2005): Connectivism: A learning theory for the digital age, International Journal of Instructio-nal Technology and Distance Learning, 2(1), S. 3–10.
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Redaktion und KonzeptBrigitta Pfäffli Tanner
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