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Vorstand
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Gesundheit und Kompetenz in der
Arbeitswelt von morgen
Detlef Gerst, Vorstand, VB 01, Ressort Zukunft der Arbeit
Vortrag auf der Auftaktveranstaltung des BMBF-Förderschwerpunktes „Arbeit 4.0:
Präventiv gestalten, kompetent bewältigen“ am 29. November 2016 in Heidelberg
Vorstand
Detlef Gerst 2
Gesundheit und Kompetenz in der Debatte um die Arbeit 4.0
Häufig gestellte Fragen
Steht der Gesundheitsschutze in der Arbeit 4.0 vor grundlegend neuen Fragen?
Benötigen wir ein neues Gesundheitsmanagement?
Benötigen die Beschäftigten grundlegend neue Kompetenzen?
Benötigen wir neue Berufe?
2
Eine erste Antwort
Wir verfügen über eine solide Ausgangsbasis
Präventiv ausgerichteter Arbeitsschutz: Instrument der Gefährdungsbeurteilung, systemischer Ansatz, integrierter Verbesserungsprozess: Potentiale unzureichend genutzt
Duale Berufsausbildung: Vermittlung von umfassender Handlungskompetenz, Zukunftsorientierte Berufe: Mechatroniker
Erfahrungen mit der Gestaltung lernförderlicher Arbeit
Vorstand
Detlef Gerst 3
Vom traditionellen Arbeitssystem zum hybriden System
3
Technologie als Hilfsmittel
Menschliche Entscheidungen
Traditionelles Arbeitssystem
(Autonome) technologische Entscheidungen
Menschliche Entscheidungen
Hybrides System
Ausnahme: technologisch vermittelte Kontrolle
Industrie 3.0
Industrie 4.0
Technologie als autonomer Akteur und (Mit-) Entscheider
Verteilte Entscheidungen
Techn.
Techn.
Vorstand
Detlef Gerst 4
Digitalisierte Arbeitswelt in Teilbereichen schon heute Realität
Zunahme
Nutzung digitaler Medien und Arbeitsmittel für Produktbearbeitung und
Kommunikation
Programmierung, Gestaltung und Optimierung digitalisierter Prozesse
Modularisierung von Arbeitstätigkeiten
Bedeutung von Internet Plattformen: Analyse und Lenkung von
Kundenwünschen
Selbstvermarktung in sozialen Medien
Vermischung von Privatsphäre und Beruf („bring your own device“,
Anforderungen an die Erreichbarkeit)
Geschwindigkeit des Wandels, Komplexität, Informationsfülle
Abnahme
Direkte menschliche Produktbearbeitung sowie menschliche Steuerung
und Kontrolle von Prozessen
Routinisierbare Tätigkeiten
4
Vorstand
Detlef Gerst 5
Zukunft der Büroarbeit: „Die Automatisierung des Geistes“ (Kurz/Rieger)
5
Büroarbeit heute ist vor allem Arbeit an Schnittstellen
Konstruktion Maschinensteuerung Werkzeugverwaltung …
Kundenauftrag Auftrags- und Kapazitätsplanung Auftragssteuerung Versand
Ziele einer Automatisierung von Büroarbeit
Beseitigung dieser Schnittstellen: Software kommuniziert mit Software, Grundlage: durchgängiges Engineering, Kompatibilität der Programme
Automatisierte Bearbeitung vom Kundendialog bis zur Auslieferung
Konsequenzen (Kurz/Rieger (2013): Arbeitsfrei)
„Ablösung menschlicher Hirntätigkeit durch Software und Algorithmen“: Transportrouten, Lagerbestandsmanagement, Ankauf von Waren, Preisbildung, Verfassen von Berichten, Wiedererkennung von Personen, …
Was bleibt für den Menschen? Korrektur von Vorhersagefehlern der Software, Verhandeln von Rahmenverträgen, Softwareentwicklung (Steigende Zahl programmierungsbedürftiger Systeme)
Mensch als Träger symbolischer Verantwortung
Produktivität verbleibender Wissensarbeit wird massiv steigen
Vorstand
Detlef Gerst 6
Mögliche Arbeitserleichterungen im „hybriden System“
Weniger Routineaufgaben
• Automatisierter Informationsfluss
• Systementscheidungen als technologische Dienstleistung
Bessere Möglichkeiten einer differentiellen Arbeitsgestaltung
Nutzung für die Integration (Kompensation menschlicher
Einschränkungen)
Erweiterte Handlungsspielräume
• Mehr Überwachungsaufgaben, Wachsende Diagnosemöglichkeiten
• Vernetzung mit Kollegen
Bessere Work-Life-Balance durch flexible Arbeitsorganisation und
Mobilität
Erleichtertes Anlernen ( Assistenzsysteme)
Gehaltvollere Arbeit durch erforderliche IT Kompetenz
Weniger direktive, mehr unterstützende Führung
Vorstand
Detlef Gerst 7
Smart Factory 1: Die Maschine spricht mit Maschinen
Ich kann diesen
Samstag arbeiten.
Magazin auffüllen
übernehme ich.
Schalt
mich an!
Magazin leer,
bitte auffüllen! Kapazität bis Freitag
ausgebucht!
Samstag geht
leider nicht.
Muss in 2h am
Warenausgang
sein!
Aufgabe an das Produktionssystem - Kundenauftrag: 500 Stück innerhalb einer Woche
Quelle: Bauer/
IAO
Vorstand
Detlef Gerst 8
Smart Factory 2: Die Maschine spricht mit den Menschen
Ich kann diesen
Samstag arbeiten.
Magazin auffüllen
übernehme ich.
Schalt
mich an!
Magazin leer,
bitte auffüllen! Kapazität bis Freitag
ausgebucht!
Samstag geht
leider nicht.
Muss in 2h am
Warenausgang
sein!
Aufgabe an das Produktionssystem - Kundenauftrag: 500 Stück innerhalb einer Woche
Quelle: in
Anlehnung an
Bauer/ IAO
Du musst am
Wochenende
arbeiten!
Feierabend heute
zwei Stunden
später!
Deine Kollegen
leisten mehr als
Du!
Du arbeitest
morgen in Team
4!
Sei bis 23.00 Uhr
für eventuelle
Wartungsarbeiten
erreichbar!
Du musst Dich
Weiter bilden!
Vorstand
Detlef Gerst 9
Mögliche Belastungen durch Arbeit im hybriden System
Kognitive Überforderung
Große Komplexität und Geschwindigkeit von Systementscheidungen, hohe
Ausbreitungsgeschwindigkeit und Folgen technologischer Fehlentscheidungen
Verlust an Steuerungskompetenz durch Verlust an Erfahrungswissen
Verantwortungszuschreibung trotz eingeschränkter menschlicher
Steuerungsfähigkeit
Verlust an Zeitsouveränität: Die Technik (und Einbindung des eigenen
Arbeitsbereiches in die Wertschöpfungskette) bestimmt die Flexibilität
Technologischer und organisatorischer Wandel als Dauerzustand
Transparenter Mensch als Teil des Informationsflusses: „Panoptische
Kontrolle“.
Entwicklung von digitalen Menschmodellen: Steuert die Technik den Menschen?
Vorstand
Detlef Gerst 10
Schritte auf dem Weg in die Industrie 4.0
Produktionsarbeit
• Ersetzung menschlicher Arbeit
• Mensch-Roboter-Interaktion
• 3 D-Drucker
• Augmented Reality (Tablet / Datenbrillen:
Lernunterstützung / Arbeitsanweisung)
• Tracking des Beschäftigtenverhaltens
• Koordinierung von Arbeitszeit über das Internet
• Plug & Produce Module
• Mobile Mehrmaschinenbedienung
• Fernsteuerung von Produktionsanlagen
Durchgängiges Engineering
• EDV gestützte Simulation
• Beseitigung von Schnittstellen
• Nutzung von Cloud und Crowd
Instandhaltung
• Instandhaltung über räumliche Distanz
• Diagnosehilfen /
Entscheidungsunterstützung
• Sensorik zur Ermittlung von Material-
und Produktzustand
Produktionssteuerung
• RFID als neuer Datenträger
• Traceability von Produkten und
Bauteilen: Digitales Produktgedächtnis
• Verbesserte Steuerung durch
Echtzeitdaten
• Intelligente Behälter (automatisierte
Bestellung
• Optimierung auf Grundlage von BIG
DATA
Vorstand
Detlef Gerst 11
Technologische Modernisierung: Folgen für Arbeit und Beschäftigung
Wandel der Qualifikationsanforderungen (Kombination von Mechatronik +
Fachinformatik, neue Mensch-Maschine Schnittstellen)
Ergonomische Verbesserungen: Ersetzung körperlich schwerer Arbeit
Ergonomische Gefährdungen: Sind die Roboter sicher? Gefährdungen durch
Datenbrillen und Assistenzsystemen? „Technikstress“ durch unzureichende Mensch-
Maschine Schnittstellen?
Veränderte Beschäftigtenstruktur: Entstehung neuer hochqualifizierter Arbeitsplätze
im Umfeld der neuen Technologien, aber auch:
Einfacharbeit durch Einsatz von Assistenzsystemen
Weniger Beschäftigung in Fertigungsberufen
Mehr Beschäftigung in Wissensarbeit und unternehmensnahen Dienstleistungen
Wachsende datentechnische Durchdringung des Beschäftigtenverhaltens:
Erweiterte Möglichkeiten der Leistungs- und Verhaltenskontrolle
Steigender Bedarf an räumlicher und zeitlicher Flexibilität: Gefährdung von
Zeitsouveränität und Regenerationsfähigkeit
Schwindende arbeitspolitische Spielräume der Zulieferbetriebe?
Vorstand
Detlef Gerst 12
Möglichkeit und Grenzen kollektiver Regulierung
Gefährdungen bei mobiler und zeitliche flexibler Arbeit durch
Vernachlässigung von Erholungsbedürfnissen, Vernachlässigung
sozialer Kontakte, unzureichende ergonomische Arbeitsbedingungen
Foto: Pixabay/Photo-Rabe
Notwendige Regulierungsgegenstände /
kollektive Schutzrechte
Ergonomie von Arbeitsmitteln und –ort,
Anerkennung und Erfassung von Arbeitszeit
Definition von Anwesenheitszeiten und
Ruhephasen
Erreichbarkeit und Nicht-Erreichbarkeit
Freiwilligkeit
Arbeitsmöglichkeit im Betrieb
Gewichtung sozial wertvoller Zeit
Belastungsnaher Zeitausgleich
Vorstand
Detlef Gerst 13
Notwendige Ergänzung kollektiver Regulierung
Grenzen kollektiver Schutzrechte bei mobiler
und zeitlich flexibler Arbeit
„Selbst“ gewählte Überlastung, um die Karriere
nicht zu gefährden
Gefährdungen werden von den Beschäftigten
unterbewertet, weil Mobilität und Flexibilität
auch Vorteile bringen
Normalisierung überhöhter Leistungsansprüche
Individualisierter Umgang mit
Leistungsansprüchen
Erschwerte Kontrollierbarkeit individuellen
Leistungsverhaltens
Die begrenzte Wirksamkeit schriftlich fixierter Schutznormen erfordert
ergänzende Maßnahmen: Eine gestärkte Präventionskultur und Gesundheitskompetenz der Beschäftigten.
Foto: Doreen Salcher/Fotolia.com
Vorstand
Detlef Gerst 14
Fazit: Den Wandel in die digitalisierte Arbeitswelt bewältigen
Die Digitalisierung von Arbeit ist gestaltungsoffen, nicht vorherbestimmt,
weder deterministisch noch einheitlich in ihren Arbeitsfolgen.
Für die Beschäftigten bringt die Digitalisierung von Arbeit viele Potentiale,
aber auch Risiken mit sich.
Erst im Gestaltungsprozess wird sich erweisen, ob die Potentiale realisiert
werden können. Hierzu braucht es:
Gesetzgeber / Politik: Entwicklung von Leitplanken und Mindestanforderungen, Schutzregeln für „Modernisierungsverlierer“
Betriebspolitik: Vereinbarte Mindestanforderungen an Arbeit, Prognose und laufende Evaluation der Arbeitsfolgen, Demokratische Beteiligung der Beschäftigten schon im Planungsprozess, flexible und betriebsspezifische Regelungen durch die Sozialpartner
Unterstützende Infrastruktur: Innovationsförderung, Bildung, Beratung
Kulturelle Interventionen: Verbesserte Präventionskultur und Gesundheitskompetenz
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Vorstand
Detlef Gerst 15
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
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Bildnachweis: Plassmann
Vorstand
Detlef Gerst 16 16
Kontakt
Dr. Detlef Gerst
IG Metall, Vorstand
VB 01, Vorstand
Ressort Zukunft der Arbeit
Wilhelm-Leuschner-Str.79
60519 Frankfurt am Main
detlef.gerst@igmetall.de
069-6693-2352
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